Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 3311/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 156/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Dezember 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Karlsruhe zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mittels intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) als Sachleistung zu gewähren.
Die am 24. Oktober 1975 geborene Klägerin zu 1 ist Mitglied der beklagten Krankenkasse, der am 12. April 1967 geborene Kläger zu 2 ist der Ehemann der Klägerin zu 1. Der Kläger zu 2 hatte aus einer früheren Beziehung bereits drei Kinder, als er im Jahr 1999 an Hodenkrebs erkrankte. Die Krankheit wurde mit Chemotherapie und Semikastration links behandelt. Im Jahre 2001 ließ er sich sterilisieren. Nachdem er mit der Klägerin zu 1 eine neue Beziehung eingegangen war, ließ er am 17. Juli 2006 auf eigene Kosten eine Vasovasostomie links durchführen. Dabei handelt es sich um ein mikrochirurgisches Verfahren, bei dem die bei der Sterilisation (Vasektomie) durchtrennten Samenleiter wieder verbunden werden. Die dadurch erhoffte Fruchtbarkeit blieb jedoch aus.
Deshalb beantragten die Kläger am 27. Januar 2010 bei der Beklagten unter Vorlage eines Behandlungsplans vom 13. Januar 2010 der Dres P.-K., T. und S. (Gesamtsumme 3020,18 EUR für die Klägerin zu 1 und 47,38 EUR für den Kläger zu 2, jeweils pro Zyklus) die Erteilung einer Genehmigung für eine ICSI gemäß Nr 10.5 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für künstliche Befruchtung. Dem Antrag war - neben dem Behandlungsplan - nur noch der Operationsbericht vom 17. Juli 2006 über die Vasovasostomie links beigefügt. Diese Unterlagen übersandte die Beklagte dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Bitte um Beratung, welche Maßnahmen ärztlicherseits vorgeschlagen würden. Der MDK bat zunächst um Vorlage von zwei aktuellen Spermiogrammen im Abstand von mindestens 12 Wochen, mit den in den Richtlinien angegebenen Grenzwerten sowie um Angaben darüber, was beim Kläger zu 2 vorgelegen habe und weshalb es 2001 zur Vasektomie gekommen sei. Hierüber informierte die Beklagte die Kläger. Diese veranlassten dann, dass ein Andrologiefragebogen vom Kinderwunschzentrum H. vom 13. Januar 2010, Spermiogramme des Klägers zu 2 vom 13. Januar 2010 und vom 8. Mai 2009 sowie ein Schreiben des Klägers zu 2 unmittelbar dem MDK zugeleitet wurden. In ihrem sozialmedizinischen Gutachten vom 5. März gab Dr. d. R.-W. folgende Beurteilung ab:
"Nach vorliegenden Unterlagen war die ED des Hoden-Carcinoms 1999 mit damals durchgeführter Chemotherapie und Semikastratio links. Die Vasektomie selbst wurde erst 2001 durchgeführt. Zum damaligen Zeitpunkt hatte der Versicherte bereits 3 Kinder. Eine Vasektomie aus Krankheitsgründen ist bei den vorliegenden Diagnosen Hoden-Carcinom, Status nach Chemotherapie 1999 und dann Vasovasektomie 2001 medizinisch nicht nachvollziehbar. Somit erfolgte einerseits die Sterilisation und auch die Re-Anastomosierung - Vasovasostomie- ohne medizinische Indikation. Bei der vorausgegangenen nicht med. begründeten Sterilisation ist eine Kostenübernahme der künstlichen Befruchtung zu Lasten der GKV ausgeschlossen. Die vorgelegten Spermiogramme belegen, dass - trotz Vasovasostomie - nicht das gewünschte Resultat der Fruchtbarkeit bei dem Versicherten gegeben ist. Unter Würdigung der vorgelegten Unterlagen bei medizinisch nicht notwendiger Sterilisation 2 Jahre nach der Chemotherapie, ist die intrazytoplasmatische Spermieninjektion zu Lasten der GKV ausgeschlossen."
Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 9. März 2010 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass ihr im Hinblick auf die Beurteilung des MDK eine Kostenbeteiligung an der beantragten künstlichen Befruchtung nicht möglich sei.
Dagegen legten die Kläger am 24. März 2010 "Einspruch" ein. Sie führten im Wesentlichen aus, beim Kläger zu 2 sei allein von der Diagnose (Krebs) bis zum Abschluss der Chemobehandlung über ein Jahr vergangen, zuzüglich Anschlussheilbehandlung und Wiedereingliederung in den Beruf. Nach einer Chemobehandlung und der Entfernung eines Hodens stehe einem nicht unmittelbar der Sinn nach Beischlaf. Nachdem der damalige Urologe und Nachsorgearzt mit dem Kläger zu 2 und seiner damaligen Frau ein Aufklärungsgespräch geführt habe und zur Vasektomie geraten hat, habe der Kläger zu 2 diese unverzüglich durchführen lassen. Somit ergebe sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Erkrankung und Vasektomie und, was noch viel wichtiger sei, die Vasektomie sei auf Empfehlung des nachsorgenden Urologen Dr. S. durchgeführt worden. Zu diesen Ausführungen hörte die Beklagte erneut den MDK an. Im Kurzgutachten vom 7. April 2010 (Dr. F.) wird ausgeführt, aus den vorliegenden Unterlagen sei nicht erkennbar, dass die erfolgte Vasektomie 2001 auf dem Hintergrund einer medizinischen Indikation erfolgt sei. Im Vordergrund des durchgeführten Eingriffs habe - bei abgeschlossener Familienplanung - die Verhinderung weiterer Schwangerschaften im Sinne der Familienplanung gestanden. Vor diesem Hintergrund handele es sich bei der durchgeführten Vasektomie um keine Leistung, die zu Lasten der GKV zu erbringen sei. Ebenso wenig seien die bei erneutem Kinderwunsch erforderlichen Eingriffe und Behandlungen somit zu Lasten der GKV zu erbringen. Bei der bestehenden Infertilitätsstörung des Klägers zu 2 handele es sich um einen Zustand, der infolge einer Entscheidung des Klägers zu 2 aus dem Jahre 2001 eingetreten sei und für den zum damaligen Zeitpunkt - wie zum aktuellen Zeitpunkt - keine medizinische Notwendigkeit bestanden habe. Aus sozialmedizinischer Sicht könne die Kostenübernahme für die beantragte Leistung nicht empfohlen werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2010 als unbegründet zurück. Die 2001 durchgeführte Vasektomie sei ursächlich für die bestehende Fertilitätsstörung. Zwar habe der Kläger zu 2 zuvor unter einem Hodenkarzinom gelitten, aus den Stellungnahme des MDK gehe jedoch hervor, dass die Vasektomie nicht aufgrund einer medizinischen Indikation durchgeführt worden sei. Im Vordergrund des Eingriffs habe bei abgeschlossener Familienplanung die Verhinderung weiterer Schwangerschaften gestanden.
Am 9. August 2010 haben die Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie haben vorgetragen, mit der Sterilisation habe eine Schwangerschaft verhindert werden sollen, in der die erhöhte Gefahr einer Missbildung bestanden habe. Die Sterilisation habe im direkten Zusammenhang mit der Tumorerkrankung bestanden. Das SG hat die Beklagte in mehreren Schreiben (22. Oktober 2010, 10. November 2010 und 30. November 2010) darauf hingewiesen, dass es nach dem Schreiben der Kläger vom März 2010 erforderlich gewesen wäre, ergänzende Ermittlungen zu der Frage, weshalb es 2001 zur Vasektomie gekommen sei, durchzuführen. Da die Beklagte dies unterlassen habe, sei eine Entscheidung nach § 131 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beabsichtigt. Die Beklagte hat erwidert, sie habe, nachdem der MDK weitere Unterlagen für notwendig erachtet gehabt habe, diese auch bei den Klägern angefordert. Diese Unterlagen seien dann direkt an den MDK übermittelt worden. Sodann sei dieser zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Vasektomie aus Krankheitsgründen medizinisch nicht nachvollziehbar sei. Dieses Ergebnis habe auch der Zweitgutachter des MDK bestätigt. Für die abschließende Prüfung im Verwaltungsverfahren sei es nicht notwendig gewesen zu ermitteln, welche nichtmedizinischen Gründe den Kläger zu 2 letztlich zu seiner Entscheidung bewogen hätten.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Dezember 2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des SG zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe vorliegend durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs 1 SGG entscheiden können, weil die Klage im Sinne der Vorschrift des § 131 Abs 5 SGG begründet sei. Gemäß § 131 Abs 5 Satz 1 SGG könne das SG, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich halte, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich seien und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich sei. Zwar lasse § 105 Abs 1 SGG den Gerichtsbescheid nur zu, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt sei. Jedoch stelle § 131 Abs 5 SGG das Gericht unter eng gefassten Voraussetzungen von der Pflicht zur Herbeiführung der Spruchreife des Rechtsstreits frei und ermögliche ein Sachurteil, nämlich die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Der Begriff der Spruchreife in § 131 Abs 5 SGG sei dahingehend modifiziert, dass das Gericht, wenn es weitere Sachaufklärung für erforderlich halte, die angefochtenen Bescheide aufheben könne, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art und Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich seien und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich sei. Zur Entscheidung darüber, ob ein Anspruch auf Kostenübernahme gemäß § 27 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wie von den Klägern beantragt, bestehe, sei eine weitere Sachaufklärung erforderlich. Dies deshalb, weil die Beklagte weder bei Erlass des angefochtenen Ausgangsbescheides noch während des Widerspruchsverfahrens und mithin bei Erlass des angefochtenen Widerspruchsbescheides dem Vortrag der Kläger nachgegangen sei, dass die Vasektomie 2001 nach zuvor erfolgter Chemotherapie auf Empfehlung des seinerzeit behandelnden Urologen erfolgt sei. Eine diesbezügliche Sachverhaltsaufklärung sei nicht erfolgt. Es sei lediglich der MDK um Stellungnahme gebeten worden. Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, ob die Vasektomie aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen, mithin die Zeugungsunfähigkeit nicht durch eine freiwillige Sterilisation herbeigeführt worden sei, sei vollständig unterblieben. Die hierfür erforderlichen Ermittlungen seien nach Auffassung der Kammer erheblich. Es bedürfe einer Abklärung des Vortrags des Klägers zu 2 durch Befragung der seinerzeit behandelnden Ärzte, insbesondere des den Kläger zu 2 behandelnden Urologen. Auf der Grundlage der Auskunft des behandelnden Urologen bedürfe es möglicherweise der zusätzlichen Prüfung, ob zwei Jahre nach Abschluss der Chemotherapie medizinisch objektiv die Notwendigkeit bestanden habe, die Sterilisation vorzunehmen, um Missbildungen bei einer erneuten Schwangerschaft der Klägerin auszuschließen. Sollte sich zusätzlich die Notwendigkeit einer medizinischen Beurteilung ergeben, könne diese zügiger durch Befragung des MDK als durch eine Begutachtung im Klageverfahren erfolgen. Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten mittels Empfangsbekenntnis am 3. Januar 2011 zugestellt worden.
Am 12. Januar 2011 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Urteilsgründe könnten nicht überzeugen. Eine Zurückverweisung an die Verwaltung sei regelmäßig nur sachdienlich, wenn die begründete Möglichkeit bestehe, dass die noch erforderlichen erheblichen Ermittlungen, insbesondere wegen der personellen und sachlichen Ausstattung der Behörde (etwa mit eigenem ärztlichen Dienst), inhaltlich besser oder schneller vonstatten gingen als bei Gericht. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheides bzw des Widerspruchsbescheides seien danach nicht erfüllt. Das SG halte eine weitere Sachaufklärung für erforderlich. Die Beklagte sei weder bei Erlass des angefochtenen Ausgangsbescheides noch während des Widerspruchsverfahrens dem Vortrag der Kläger nachgegangen, dass die Vasektomie 2001 nach zuvor erfolgter Chemotherapie auf Empfehlung des seinerzeit behandelnden Urologen erfolgt sei. Es sei "lediglich" der MDK um Stellungnahme gebeten worden. Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, ob die Vasektomie aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen sei, mithin die Zeugungsunfähigkeit nicht durch eine freiwillige Sterilisation herbeigeführt worden ist, sei daher "vollständig unterblieben". Diese Argumentation des Sozialgerichts sei keinesfalls nachvollziehbar. Außer Frage stehe, dass für sie der Amtsermittlungsgrundsatz gelte. Die Grenzen der Amtsermittlung lägen darin, dass die Behörde nur die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln habe. Soweit vorliegend tatsächlich die Frage einer medizinischen Indikation der Vasektomie entscheidungserheblich gewesen sei, habe sie sich entsprechend an den MDK gewandt. Ein solches Vorgehen im Rahmen der Ermittlungen sei auch rechtlich zulässig (vgl § 275 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Bei Durchführung der Ermittlungen bezüglich medizinischer Fragestellungen dürfe die Krankenkasse erwarten, dass der in die Ermittlungen einbezogene MDK ggf auf die Notwendigkeit weiterer medizinischer Angaben bzw Vorlage entsprechender Daten hinweise. Dies sei vorliegend auch geschehen. Nachdem der MDK mit Schreiben vom 3. Februar 2010 auf die Notwendigkeit der Vorlage weiterer Unterlagen hingewiesen habe, habe sie diese mit Schreiben vom 8. Februar 2010 bei der Klägerin zu 1 angefordert. Diese Unterlagen seien dann direkt (also nicht über die Beklagte) an den MDK gegeben worden, wie aus der Mitteilung vom 22. Februar 2010 hervorgehe. Es sei sodann ein erneuter Begutachtungsauftrag mit Schreiben vom 24. Februar 2010 erfolgt. In seiner sozialmedizinischen Beurteilung vom 5. März 2010 sei der MDK schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Vasektomie aus Krankheitsgründen bei den vorliegenden Diagnosen Hodenkarzinom, Status nach Chemotherapie 1999 und dann Vasovasektomie 2001 medizinisch nicht nachvollziehbar sei. Somit seien einerseits die Sterilisation und auch die Re-Anastomisierung ohne medizinische Indikation erfolgt. Dieses Ergebnis habe auch der Zweitgutachter des MDK in seinem Gutachten vom 7. April 2010 bestätigt. Allein die Formulierung, der behandelnde Urologe habe die Sterilisation empfohlen, ermögliche demgegenüber keine andere Beurteilung. Die Kläger argumentierten mit einer Gefahr einer Missbildung aufgrund der bekannten Chemotherapie. So führten sie in ihrer Klageschrift aus: "Diese Gefahr einer Missbildung bei einer Schwangerschaft geht 10 Jahre nach Chemotherapie fast gegen null zurück." Die medizinischen Umstände, also die Durchführung einer Chemotherapie aufgrund des Hodenkrebses, seien im Rahmen der Prüfung durch den MDK bekannt gewesen bzw seien von diesem entsprechend auch gewürdigt worden. Gleichwohl habe der MDK eine medizinische Indikation für die Durchführung der Sterilisation nicht bestätigen können. Nach Auffassung der Beklagten müsste ggf zunächst seitens der Kläger substantiiert dargelegt werden, warum die Sterilisation medizinisch notwendig gewesen sein soll. Die Chemotherapie als solche habe nach Beurteilung des MDK die dauerhafte Sterilisation jedenfalls nicht medizinisch erforderlich gemacht. Entsprechende medizinische Belege müssten entweder von den Klägern selbst vorgelegt werden oder durch das SG bei den entsprechend von den Klägern zu benennenden Ärzten angefordert werden.
Die Beklagte beantragt,
der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Dezember 2010 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen (sinngemäß),
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie tragen weiterhin vor, dass die Erkrankung des Klägers zu 2 der Grund für die Sterilisation im Jahr 2001 gewesen sei und nicht eine abgeschlossene Familienplanung.
Der Senatsvorsitzende hat die Kläger mit Schreiben vom 30. März 2011 darauf hingewiesen, dass der Senat die Absicht habe, der Berufung der Beklagten stattzugeben. Daraufhin haben sich Kläger und Beklagte mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten 9. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2010 zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des SG zu bescheiden.
Nach § 159 Abs 1 Nr 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil eine Entscheidung des SG aufheben und zur erneuten Verhandlung an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das SG eine Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache zu entscheiden. Diese Regelung ist entsprechend anzuwenden, wenn das SG einen Verwaltungsakt zu Unrecht aus formalen Gründen bzw ohne Sachentscheidung aufgehoben hat, der Klage also - wie hier - teilweise stattgegeben wurde (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. März 2010, L 8 R 145/09, Juris, unter Hinweis auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 159 Rdnr. 2b). Auf die Berufung der Beklagten ist danach der angefochtene Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Das SG hat die Bescheide der Beklagten zu Unrecht aufgehoben, ohne in der Sache zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung des Rechtsstreits nach § 131 Abs 5 SGG liegen nicht vor. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das Sozialgericht vorliegend durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs 1 SGG entscheiden konnte.
Nach § 131 Abs 5 Sätze und 1 und 5 SGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art 8 Nr 2 Buchst b) Zweites Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl I S 2933) kann das SG, sofern es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs 4 SGG (§ 131 Abs 5 Satz 2 Hs 1 SGG). In einem solchen Fall ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 131 Abs 5 Satz 2 Hs 2 SGG). Die Regelung in § 131 Abs 5 Satz 1 SGG ist eine Ausnahmevorschrift, die nur in besonders gelagerten Fällen Anwendung finden soll. Deshalb sind die Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen (BSG, Urteil vom 17. April 2007, B 5 RJ 30/05 R, SozR 4-1500 § 131 Nr 2).
Zwar hat das Sozialgericht innerhalb von 6 Monaten nach Eingang der Behördenakten entschieden, denn die Verwaltungsakten sind am 25. August 2010 beim SG eingegangen und der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 3. Januar 2011 zugestellt worden. Die übrigen Voraussetzungen des § 131 Abs 5 Satz 1 SGG liegen jedoch nicht vor. Hierbei ist die Frage, ob die drei Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG, nämlich noch erforderliche Ermittlungen, Erheblichkeit der Ermittlungen und Sachdienlichkeit der Zurückverweisung, auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten vorliegen, uneingeschränkt vom Rechtsmittelgericht überprüfbar (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. März 2010, L 8 R 145/09, Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 2006, L 4 SB 24/06, Juris).
Ausgehend hiervon liegen hier die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nicht vor. Die noch ausstehenden Ermittlungen sind nicht erheblich im Sinne der Vorschrift. Die Erheblichkeit der noch durchzuführenden Ermittlungen kann sich aus Zeitdauer, Umfang und den personellen Möglichkeiten, aber auch aus besonders hohen Kosten ergeben (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2009, L 4 R 1519/08, Juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 Rn 19). Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Allein die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist für das Gericht nicht mit einem erheblichem Aufwand im Sinne des § 131 Abs 5 SGG verbunden. Gleiches gilt erst Recht für die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte (LSG Berlin-Brandenburg aaO). Vorliegend hat das SG die Erheblichkeit weiterer Ermittlungen damit begründet, es bedürfe noch einer Abklärung des Vortrags des Klägers zu 2 durch Befragung der seinerzeit behandelnden Ärzte, insbesondere des den Kläger zu 2 behandelnden Urologen. Auf der Grundlage der Auskunft des behandelnden Urologen bedürfe es möglicherweise der zusätzlichen Prüfung, ob zwei Jahre nach Abschluss der Chemotherapie medizinisch objektiv die Notwendigkeit bestanden habe, die Sterilisation vorzunehmen, um Missbildungen bei einer erneuten Schwangerschaft der früheren Ehefrau des Klägers zu 2 auszuschließen. Diese Befragungen hätte das SG unschwer selbst vornehmen können. Hinzukommt, dass der Kläger zu 2 die Gefahr einer Missbildung infolge der vorangegangenen Chemotherapie erstmals im Klageverfahren erwähnt hat. Ein neues Vorbringen im Klageverfahren kann aber die Erheblichkeit von Ermittlungen bereits durch die Verwaltung nicht begründen. Die Tatsache, dass der Kläger zu 2 an Hodenkrebs erkrankt war und eine Chemotherapie durchgeführt hat, war - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - dem MDK bekannt und wurde von diesem in Rahmen seiner Stellungnahmen auch berücksichtigt. Im Verwaltungsverfahren hat der Kläger zu 2 in dem am 24. März 2010 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben lediglich ausgeführt, dass sein Urologe ihm und seiner damaligen Frau in einem Aufklärungsgespräch zur Vasektomie geraten habe. Dieser Rat kann unschwer auch im Hinblick auf eine möglichst effektive Verhütungsmethode erteilt worden sein. Zu Anlass und Inhalt des Aufklärungsgesprächs hat der Kläger zu 2 keine näheren Angaben gemacht. Im Übrigen hat die Beklagte mit Schreiben vom 8. Februar 2010 die Kläger ausdrücklich um Angaben darüber gebeten, was beim Kläger zu 2 vorgelegen habe und weshalb es 2001 zur Vasektomie gekommen sei. Hierauf haben die Kläger die Vorlage weiterer Unterlagen - darunter auch ein (nicht in der Verwaltungsakte befindlicher) Andrologiebogen vom Kinderwunschzentrum H. vom 13. Januar - direkt an den MDK veranlasst. Nachdem der MDK diese Unterlagen für eine abschließende Stellungnahme als ausreichend erachtet hatte, bestand für die Beklagte gar keine Notwendigkeit mehr zu weiteren Ermittlungen. Sollte es außerdem zur Bewertung der Beweggründe des Klägers zu 2 für die 2001 vorgenommene Vasektomie (auch) auf eine Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit ankommen, dürfte ohnehin eine persönliche Anhörung des Klägers durch das SG unumgänglich sein.
Der angegriffene Gerichtsbescheid ist daher aufzuheben. Der Senat verweist den Rechtsstreit im Rahmen des ihm in § 159 SGG eingeräumten Ermessens zurück, weil das SG als erste Tatsacheninstanz den Beteiligten erhalten bleiben soll. Dabei war insbesondere das Interesse der Beklagten an einer Sachentscheidung durch die erste Instanz zu berücksichtigen, welches sie durch ihren Zurückverweisungsantrag zum Ausdruck gebracht hat. Dieses Interesse der Beklagten muss hinter dem Grundsatz der Prozessökonomie zurücktreten, da sowohl die Beklagte, aber auch die Kläger ansonsten eine Instanz verlieren würden. Hier ist insbesondere von Bedeutung, dass das SG nach eigener Einschätzung noch Ermittlungen durchzuführen hat (vgl LSG Berlin-Brandenburg aaO).
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht gegeben. Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mittels intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) als Sachleistung zu gewähren.
Die am 24. Oktober 1975 geborene Klägerin zu 1 ist Mitglied der beklagten Krankenkasse, der am 12. April 1967 geborene Kläger zu 2 ist der Ehemann der Klägerin zu 1. Der Kläger zu 2 hatte aus einer früheren Beziehung bereits drei Kinder, als er im Jahr 1999 an Hodenkrebs erkrankte. Die Krankheit wurde mit Chemotherapie und Semikastration links behandelt. Im Jahre 2001 ließ er sich sterilisieren. Nachdem er mit der Klägerin zu 1 eine neue Beziehung eingegangen war, ließ er am 17. Juli 2006 auf eigene Kosten eine Vasovasostomie links durchführen. Dabei handelt es sich um ein mikrochirurgisches Verfahren, bei dem die bei der Sterilisation (Vasektomie) durchtrennten Samenleiter wieder verbunden werden. Die dadurch erhoffte Fruchtbarkeit blieb jedoch aus.
Deshalb beantragten die Kläger am 27. Januar 2010 bei der Beklagten unter Vorlage eines Behandlungsplans vom 13. Januar 2010 der Dres P.-K., T. und S. (Gesamtsumme 3020,18 EUR für die Klägerin zu 1 und 47,38 EUR für den Kläger zu 2, jeweils pro Zyklus) die Erteilung einer Genehmigung für eine ICSI gemäß Nr 10.5 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für künstliche Befruchtung. Dem Antrag war - neben dem Behandlungsplan - nur noch der Operationsbericht vom 17. Juli 2006 über die Vasovasostomie links beigefügt. Diese Unterlagen übersandte die Beklagte dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Bitte um Beratung, welche Maßnahmen ärztlicherseits vorgeschlagen würden. Der MDK bat zunächst um Vorlage von zwei aktuellen Spermiogrammen im Abstand von mindestens 12 Wochen, mit den in den Richtlinien angegebenen Grenzwerten sowie um Angaben darüber, was beim Kläger zu 2 vorgelegen habe und weshalb es 2001 zur Vasektomie gekommen sei. Hierüber informierte die Beklagte die Kläger. Diese veranlassten dann, dass ein Andrologiefragebogen vom Kinderwunschzentrum H. vom 13. Januar 2010, Spermiogramme des Klägers zu 2 vom 13. Januar 2010 und vom 8. Mai 2009 sowie ein Schreiben des Klägers zu 2 unmittelbar dem MDK zugeleitet wurden. In ihrem sozialmedizinischen Gutachten vom 5. März gab Dr. d. R.-W. folgende Beurteilung ab:
"Nach vorliegenden Unterlagen war die ED des Hoden-Carcinoms 1999 mit damals durchgeführter Chemotherapie und Semikastratio links. Die Vasektomie selbst wurde erst 2001 durchgeführt. Zum damaligen Zeitpunkt hatte der Versicherte bereits 3 Kinder. Eine Vasektomie aus Krankheitsgründen ist bei den vorliegenden Diagnosen Hoden-Carcinom, Status nach Chemotherapie 1999 und dann Vasovasektomie 2001 medizinisch nicht nachvollziehbar. Somit erfolgte einerseits die Sterilisation und auch die Re-Anastomosierung - Vasovasostomie- ohne medizinische Indikation. Bei der vorausgegangenen nicht med. begründeten Sterilisation ist eine Kostenübernahme der künstlichen Befruchtung zu Lasten der GKV ausgeschlossen. Die vorgelegten Spermiogramme belegen, dass - trotz Vasovasostomie - nicht das gewünschte Resultat der Fruchtbarkeit bei dem Versicherten gegeben ist. Unter Würdigung der vorgelegten Unterlagen bei medizinisch nicht notwendiger Sterilisation 2 Jahre nach der Chemotherapie, ist die intrazytoplasmatische Spermieninjektion zu Lasten der GKV ausgeschlossen."
Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 9. März 2010 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass ihr im Hinblick auf die Beurteilung des MDK eine Kostenbeteiligung an der beantragten künstlichen Befruchtung nicht möglich sei.
Dagegen legten die Kläger am 24. März 2010 "Einspruch" ein. Sie führten im Wesentlichen aus, beim Kläger zu 2 sei allein von der Diagnose (Krebs) bis zum Abschluss der Chemobehandlung über ein Jahr vergangen, zuzüglich Anschlussheilbehandlung und Wiedereingliederung in den Beruf. Nach einer Chemobehandlung und der Entfernung eines Hodens stehe einem nicht unmittelbar der Sinn nach Beischlaf. Nachdem der damalige Urologe und Nachsorgearzt mit dem Kläger zu 2 und seiner damaligen Frau ein Aufklärungsgespräch geführt habe und zur Vasektomie geraten hat, habe der Kläger zu 2 diese unverzüglich durchführen lassen. Somit ergebe sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Erkrankung und Vasektomie und, was noch viel wichtiger sei, die Vasektomie sei auf Empfehlung des nachsorgenden Urologen Dr. S. durchgeführt worden. Zu diesen Ausführungen hörte die Beklagte erneut den MDK an. Im Kurzgutachten vom 7. April 2010 (Dr. F.) wird ausgeführt, aus den vorliegenden Unterlagen sei nicht erkennbar, dass die erfolgte Vasektomie 2001 auf dem Hintergrund einer medizinischen Indikation erfolgt sei. Im Vordergrund des durchgeführten Eingriffs habe - bei abgeschlossener Familienplanung - die Verhinderung weiterer Schwangerschaften im Sinne der Familienplanung gestanden. Vor diesem Hintergrund handele es sich bei der durchgeführten Vasektomie um keine Leistung, die zu Lasten der GKV zu erbringen sei. Ebenso wenig seien die bei erneutem Kinderwunsch erforderlichen Eingriffe und Behandlungen somit zu Lasten der GKV zu erbringen. Bei der bestehenden Infertilitätsstörung des Klägers zu 2 handele es sich um einen Zustand, der infolge einer Entscheidung des Klägers zu 2 aus dem Jahre 2001 eingetreten sei und für den zum damaligen Zeitpunkt - wie zum aktuellen Zeitpunkt - keine medizinische Notwendigkeit bestanden habe. Aus sozialmedizinischer Sicht könne die Kostenübernahme für die beantragte Leistung nicht empfohlen werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2010 als unbegründet zurück. Die 2001 durchgeführte Vasektomie sei ursächlich für die bestehende Fertilitätsstörung. Zwar habe der Kläger zu 2 zuvor unter einem Hodenkarzinom gelitten, aus den Stellungnahme des MDK gehe jedoch hervor, dass die Vasektomie nicht aufgrund einer medizinischen Indikation durchgeführt worden sei. Im Vordergrund des Eingriffs habe bei abgeschlossener Familienplanung die Verhinderung weiterer Schwangerschaften gestanden.
Am 9. August 2010 haben die Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie haben vorgetragen, mit der Sterilisation habe eine Schwangerschaft verhindert werden sollen, in der die erhöhte Gefahr einer Missbildung bestanden habe. Die Sterilisation habe im direkten Zusammenhang mit der Tumorerkrankung bestanden. Das SG hat die Beklagte in mehreren Schreiben (22. Oktober 2010, 10. November 2010 und 30. November 2010) darauf hingewiesen, dass es nach dem Schreiben der Kläger vom März 2010 erforderlich gewesen wäre, ergänzende Ermittlungen zu der Frage, weshalb es 2001 zur Vasektomie gekommen sei, durchzuführen. Da die Beklagte dies unterlassen habe, sei eine Entscheidung nach § 131 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beabsichtigt. Die Beklagte hat erwidert, sie habe, nachdem der MDK weitere Unterlagen für notwendig erachtet gehabt habe, diese auch bei den Klägern angefordert. Diese Unterlagen seien dann direkt an den MDK übermittelt worden. Sodann sei dieser zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Vasektomie aus Krankheitsgründen medizinisch nicht nachvollziehbar sei. Dieses Ergebnis habe auch der Zweitgutachter des MDK bestätigt. Für die abschließende Prüfung im Verwaltungsverfahren sei es nicht notwendig gewesen zu ermitteln, welche nichtmedizinischen Gründe den Kläger zu 2 letztlich zu seiner Entscheidung bewogen hätten.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Dezember 2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des SG zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe vorliegend durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs 1 SGG entscheiden können, weil die Klage im Sinne der Vorschrift des § 131 Abs 5 SGG begründet sei. Gemäß § 131 Abs 5 Satz 1 SGG könne das SG, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich halte, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich seien und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich sei. Zwar lasse § 105 Abs 1 SGG den Gerichtsbescheid nur zu, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt sei. Jedoch stelle § 131 Abs 5 SGG das Gericht unter eng gefassten Voraussetzungen von der Pflicht zur Herbeiführung der Spruchreife des Rechtsstreits frei und ermögliche ein Sachurteil, nämlich die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Der Begriff der Spruchreife in § 131 Abs 5 SGG sei dahingehend modifiziert, dass das Gericht, wenn es weitere Sachaufklärung für erforderlich halte, die angefochtenen Bescheide aufheben könne, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art und Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich seien und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich sei. Zur Entscheidung darüber, ob ein Anspruch auf Kostenübernahme gemäß § 27 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wie von den Klägern beantragt, bestehe, sei eine weitere Sachaufklärung erforderlich. Dies deshalb, weil die Beklagte weder bei Erlass des angefochtenen Ausgangsbescheides noch während des Widerspruchsverfahrens und mithin bei Erlass des angefochtenen Widerspruchsbescheides dem Vortrag der Kläger nachgegangen sei, dass die Vasektomie 2001 nach zuvor erfolgter Chemotherapie auf Empfehlung des seinerzeit behandelnden Urologen erfolgt sei. Eine diesbezügliche Sachverhaltsaufklärung sei nicht erfolgt. Es sei lediglich der MDK um Stellungnahme gebeten worden. Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, ob die Vasektomie aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen, mithin die Zeugungsunfähigkeit nicht durch eine freiwillige Sterilisation herbeigeführt worden sei, sei vollständig unterblieben. Die hierfür erforderlichen Ermittlungen seien nach Auffassung der Kammer erheblich. Es bedürfe einer Abklärung des Vortrags des Klägers zu 2 durch Befragung der seinerzeit behandelnden Ärzte, insbesondere des den Kläger zu 2 behandelnden Urologen. Auf der Grundlage der Auskunft des behandelnden Urologen bedürfe es möglicherweise der zusätzlichen Prüfung, ob zwei Jahre nach Abschluss der Chemotherapie medizinisch objektiv die Notwendigkeit bestanden habe, die Sterilisation vorzunehmen, um Missbildungen bei einer erneuten Schwangerschaft der Klägerin auszuschließen. Sollte sich zusätzlich die Notwendigkeit einer medizinischen Beurteilung ergeben, könne diese zügiger durch Befragung des MDK als durch eine Begutachtung im Klageverfahren erfolgen. Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten mittels Empfangsbekenntnis am 3. Januar 2011 zugestellt worden.
Am 12. Januar 2011 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Urteilsgründe könnten nicht überzeugen. Eine Zurückverweisung an die Verwaltung sei regelmäßig nur sachdienlich, wenn die begründete Möglichkeit bestehe, dass die noch erforderlichen erheblichen Ermittlungen, insbesondere wegen der personellen und sachlichen Ausstattung der Behörde (etwa mit eigenem ärztlichen Dienst), inhaltlich besser oder schneller vonstatten gingen als bei Gericht. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheides bzw des Widerspruchsbescheides seien danach nicht erfüllt. Das SG halte eine weitere Sachaufklärung für erforderlich. Die Beklagte sei weder bei Erlass des angefochtenen Ausgangsbescheides noch während des Widerspruchsverfahrens dem Vortrag der Kläger nachgegangen, dass die Vasektomie 2001 nach zuvor erfolgter Chemotherapie auf Empfehlung des seinerzeit behandelnden Urologen erfolgt sei. Es sei "lediglich" der MDK um Stellungnahme gebeten worden. Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, ob die Vasektomie aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen sei, mithin die Zeugungsunfähigkeit nicht durch eine freiwillige Sterilisation herbeigeführt worden ist, sei daher "vollständig unterblieben". Diese Argumentation des Sozialgerichts sei keinesfalls nachvollziehbar. Außer Frage stehe, dass für sie der Amtsermittlungsgrundsatz gelte. Die Grenzen der Amtsermittlung lägen darin, dass die Behörde nur die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln habe. Soweit vorliegend tatsächlich die Frage einer medizinischen Indikation der Vasektomie entscheidungserheblich gewesen sei, habe sie sich entsprechend an den MDK gewandt. Ein solches Vorgehen im Rahmen der Ermittlungen sei auch rechtlich zulässig (vgl § 275 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Bei Durchführung der Ermittlungen bezüglich medizinischer Fragestellungen dürfe die Krankenkasse erwarten, dass der in die Ermittlungen einbezogene MDK ggf auf die Notwendigkeit weiterer medizinischer Angaben bzw Vorlage entsprechender Daten hinweise. Dies sei vorliegend auch geschehen. Nachdem der MDK mit Schreiben vom 3. Februar 2010 auf die Notwendigkeit der Vorlage weiterer Unterlagen hingewiesen habe, habe sie diese mit Schreiben vom 8. Februar 2010 bei der Klägerin zu 1 angefordert. Diese Unterlagen seien dann direkt (also nicht über die Beklagte) an den MDK gegeben worden, wie aus der Mitteilung vom 22. Februar 2010 hervorgehe. Es sei sodann ein erneuter Begutachtungsauftrag mit Schreiben vom 24. Februar 2010 erfolgt. In seiner sozialmedizinischen Beurteilung vom 5. März 2010 sei der MDK schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Vasektomie aus Krankheitsgründen bei den vorliegenden Diagnosen Hodenkarzinom, Status nach Chemotherapie 1999 und dann Vasovasektomie 2001 medizinisch nicht nachvollziehbar sei. Somit seien einerseits die Sterilisation und auch die Re-Anastomisierung ohne medizinische Indikation erfolgt. Dieses Ergebnis habe auch der Zweitgutachter des MDK in seinem Gutachten vom 7. April 2010 bestätigt. Allein die Formulierung, der behandelnde Urologe habe die Sterilisation empfohlen, ermögliche demgegenüber keine andere Beurteilung. Die Kläger argumentierten mit einer Gefahr einer Missbildung aufgrund der bekannten Chemotherapie. So führten sie in ihrer Klageschrift aus: "Diese Gefahr einer Missbildung bei einer Schwangerschaft geht 10 Jahre nach Chemotherapie fast gegen null zurück." Die medizinischen Umstände, also die Durchführung einer Chemotherapie aufgrund des Hodenkrebses, seien im Rahmen der Prüfung durch den MDK bekannt gewesen bzw seien von diesem entsprechend auch gewürdigt worden. Gleichwohl habe der MDK eine medizinische Indikation für die Durchführung der Sterilisation nicht bestätigen können. Nach Auffassung der Beklagten müsste ggf zunächst seitens der Kläger substantiiert dargelegt werden, warum die Sterilisation medizinisch notwendig gewesen sein soll. Die Chemotherapie als solche habe nach Beurteilung des MDK die dauerhafte Sterilisation jedenfalls nicht medizinisch erforderlich gemacht. Entsprechende medizinische Belege müssten entweder von den Klägern selbst vorgelegt werden oder durch das SG bei den entsprechend von den Klägern zu benennenden Ärzten angefordert werden.
Die Beklagte beantragt,
der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Dezember 2010 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen (sinngemäß),
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie tragen weiterhin vor, dass die Erkrankung des Klägers zu 2 der Grund für die Sterilisation im Jahr 2001 gewesen sei und nicht eine abgeschlossene Familienplanung.
Der Senatsvorsitzende hat die Kläger mit Schreiben vom 30. März 2011 darauf hingewiesen, dass der Senat die Absicht habe, der Berufung der Beklagten stattzugeben. Daraufhin haben sich Kläger und Beklagte mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten 9. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2010 zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des SG zu bescheiden.
Nach § 159 Abs 1 Nr 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil eine Entscheidung des SG aufheben und zur erneuten Verhandlung an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das SG eine Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache zu entscheiden. Diese Regelung ist entsprechend anzuwenden, wenn das SG einen Verwaltungsakt zu Unrecht aus formalen Gründen bzw ohne Sachentscheidung aufgehoben hat, der Klage also - wie hier - teilweise stattgegeben wurde (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. März 2010, L 8 R 145/09, Juris, unter Hinweis auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 159 Rdnr. 2b). Auf die Berufung der Beklagten ist danach der angefochtene Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Das SG hat die Bescheide der Beklagten zu Unrecht aufgehoben, ohne in der Sache zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung des Rechtsstreits nach § 131 Abs 5 SGG liegen nicht vor. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das Sozialgericht vorliegend durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs 1 SGG entscheiden konnte.
Nach § 131 Abs 5 Sätze und 1 und 5 SGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art 8 Nr 2 Buchst b) Zweites Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl I S 2933) kann das SG, sofern es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs 4 SGG (§ 131 Abs 5 Satz 2 Hs 1 SGG). In einem solchen Fall ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 131 Abs 5 Satz 2 Hs 2 SGG). Die Regelung in § 131 Abs 5 Satz 1 SGG ist eine Ausnahmevorschrift, die nur in besonders gelagerten Fällen Anwendung finden soll. Deshalb sind die Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen (BSG, Urteil vom 17. April 2007, B 5 RJ 30/05 R, SozR 4-1500 § 131 Nr 2).
Zwar hat das Sozialgericht innerhalb von 6 Monaten nach Eingang der Behördenakten entschieden, denn die Verwaltungsakten sind am 25. August 2010 beim SG eingegangen und der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 3. Januar 2011 zugestellt worden. Die übrigen Voraussetzungen des § 131 Abs 5 Satz 1 SGG liegen jedoch nicht vor. Hierbei ist die Frage, ob die drei Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG, nämlich noch erforderliche Ermittlungen, Erheblichkeit der Ermittlungen und Sachdienlichkeit der Zurückverweisung, auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten vorliegen, uneingeschränkt vom Rechtsmittelgericht überprüfbar (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. März 2010, L 8 R 145/09, Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 2006, L 4 SB 24/06, Juris).
Ausgehend hiervon liegen hier die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nicht vor. Die noch ausstehenden Ermittlungen sind nicht erheblich im Sinne der Vorschrift. Die Erheblichkeit der noch durchzuführenden Ermittlungen kann sich aus Zeitdauer, Umfang und den personellen Möglichkeiten, aber auch aus besonders hohen Kosten ergeben (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2009, L 4 R 1519/08, Juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 Rn 19). Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Allein die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist für das Gericht nicht mit einem erheblichem Aufwand im Sinne des § 131 Abs 5 SGG verbunden. Gleiches gilt erst Recht für die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte (LSG Berlin-Brandenburg aaO). Vorliegend hat das SG die Erheblichkeit weiterer Ermittlungen damit begründet, es bedürfe noch einer Abklärung des Vortrags des Klägers zu 2 durch Befragung der seinerzeit behandelnden Ärzte, insbesondere des den Kläger zu 2 behandelnden Urologen. Auf der Grundlage der Auskunft des behandelnden Urologen bedürfe es möglicherweise der zusätzlichen Prüfung, ob zwei Jahre nach Abschluss der Chemotherapie medizinisch objektiv die Notwendigkeit bestanden habe, die Sterilisation vorzunehmen, um Missbildungen bei einer erneuten Schwangerschaft der früheren Ehefrau des Klägers zu 2 auszuschließen. Diese Befragungen hätte das SG unschwer selbst vornehmen können. Hinzukommt, dass der Kläger zu 2 die Gefahr einer Missbildung infolge der vorangegangenen Chemotherapie erstmals im Klageverfahren erwähnt hat. Ein neues Vorbringen im Klageverfahren kann aber die Erheblichkeit von Ermittlungen bereits durch die Verwaltung nicht begründen. Die Tatsache, dass der Kläger zu 2 an Hodenkrebs erkrankt war und eine Chemotherapie durchgeführt hat, war - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - dem MDK bekannt und wurde von diesem in Rahmen seiner Stellungnahmen auch berücksichtigt. Im Verwaltungsverfahren hat der Kläger zu 2 in dem am 24. März 2010 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben lediglich ausgeführt, dass sein Urologe ihm und seiner damaligen Frau in einem Aufklärungsgespräch zur Vasektomie geraten habe. Dieser Rat kann unschwer auch im Hinblick auf eine möglichst effektive Verhütungsmethode erteilt worden sein. Zu Anlass und Inhalt des Aufklärungsgesprächs hat der Kläger zu 2 keine näheren Angaben gemacht. Im Übrigen hat die Beklagte mit Schreiben vom 8. Februar 2010 die Kläger ausdrücklich um Angaben darüber gebeten, was beim Kläger zu 2 vorgelegen habe und weshalb es 2001 zur Vasektomie gekommen sei. Hierauf haben die Kläger die Vorlage weiterer Unterlagen - darunter auch ein (nicht in der Verwaltungsakte befindlicher) Andrologiebogen vom Kinderwunschzentrum H. vom 13. Januar - direkt an den MDK veranlasst. Nachdem der MDK diese Unterlagen für eine abschließende Stellungnahme als ausreichend erachtet hatte, bestand für die Beklagte gar keine Notwendigkeit mehr zu weiteren Ermittlungen. Sollte es außerdem zur Bewertung der Beweggründe des Klägers zu 2 für die 2001 vorgenommene Vasektomie (auch) auf eine Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit ankommen, dürfte ohnehin eine persönliche Anhörung des Klägers durch das SG unumgänglich sein.
Der angegriffene Gerichtsbescheid ist daher aufzuheben. Der Senat verweist den Rechtsstreit im Rahmen des ihm in § 159 SGG eingeräumten Ermessens zurück, weil das SG als erste Tatsacheninstanz den Beteiligten erhalten bleiben soll. Dabei war insbesondere das Interesse der Beklagten an einer Sachentscheidung durch die erste Instanz zu berücksichtigen, welches sie durch ihren Zurückverweisungsantrag zum Ausdruck gebracht hat. Dieses Interesse der Beklagten muss hinter dem Grundsatz der Prozessökonomie zurücktreten, da sowohl die Beklagte, aber auch die Kläger ansonsten eine Instanz verlieren würden. Hier ist insbesondere von Bedeutung, dass das SG nach eigener Einschätzung noch Ermittlungen durchzuführen hat (vgl LSG Berlin-Brandenburg aaO).
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht gegeben. Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved