Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 76/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 37/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I/06 und II/06 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2007 ver- urteilt, über das vertragsärztliche Honorar der Kläger in den Quartalen I/06 und II/06 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des vertragsärztlichen Honorars der Kläger in den Quartalen I/06 und II/06.
Die Kläger sind Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin und in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in L tätig. Die Honorarberechnung erfolgte nach Maßgabe des § 7 Honorarverteilungsvertrages (HVV). Danach stand den Klägern als individuelles, maximal abrechenbares Punktzahlvolumen (Individualbudget) der doppelte Grenzwert der Fachgruppe in Höhe von 2.494.698,0 Punkten zur Verfügung. Bei einer anerkannten Leistungsanforderung von 1.802,640,0 Punkten im Quartal I/06 und von 1.680.310,0 Punkten im Quartal II/06 erfolgte jeweils keine Kürzung nach § 7 HVV. Die Bewertung der abgerechneten Punkte erfolgte nach Fachgruppenquoten in Höhe von 67,5572% bzw. in Höhe von 65,9528%. Danach verblieben im Quartal I/06 insgesamt 1.217.822,7 Punkte und im Quartal II/06 insgesamt 1.108.220,9 Punkte, die mit einem Punktwert in Höhe von 5,11 Cent vergütet worden sind. Auf dieser Berechnungsgrundlage erhielten die Kläger mit Bescheid vom 25.07.2006 ein Gesamthonorar in Höhe von 88.089,69 Euro (Quartal I/06) und mit Bescheid vom 24.10.2006 ein Gesamthonorar in Höhe von 71.755,17 Euro (Quartal II/06).
Gegen die vorgenannten Quartalsabrechnungsbescheide legten die Kläger jeweils Widerspruch ein. Diese begründeten sie im Wesentlichen wie folgt: Die Fachgruppe der Ärzte für Physikalisch-Rehabilitative Medizin sei bis zum Quartal I/05 nicht budgetiert gewesen und habe im EBM kein eigenes Leistungskapitel gehabt. Im EBM 2000 plus sei erstmals ein fachspezifisches eigenes Leistungskapitel eingeführt worden, mit dem eine Besserstellung dieser Fachgruppe bezweckt gewesen sei. Durch die ungerechte Budgetierung würde jedoch das abrechenbare Punktzahlvolumen stark eingeschränkt. Das Punktebudget werde auf Basis von Quartalen mit schlechten Bedingungen berechnet. Dadurch werde die Punktzahlanforderung willkürlich um 35% beschnitten. Altpraxen würden gegenüber jüngeren Praxen benachteiligt, weil letztere entsprechend der neuen Bedingungen im EBM 2000 plus wachsen dürften. Ferner werde durch die vorgenommene Bemessung des Honorartopfes die zuvor bestehende Benachteiligung der Fachgruppe fortgesetzt. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass mit dem neuen EBM ein eigenes Kapitel mit völlig neuen Leistungen und Bewertungen eingeführt worden sei. Durch die vielfach jungen Praxen werde es zu weiteren Umverteilungen im Honorar kommen. Es sei daher an die Werte der Fachgruppe der Orthopäden anzuknüpfen. Mit dem neuen EBM sei eine betriebswirtschaftliche Berechnungsgrundlage für die einzelnen Leistungen auf der kalkulatorischen Grundlage von 5,11 Cent pro Punkt geschaffen worden. Da aufgrund der geschilderten Situation kein Gewinn zugeteilt werde, gebe es keine Existenzgrundlage als Vertragsarzt. Gleichzeitig missachte die Beklagte die verbindlichen Vorgaben des Bewertungsausschusses zu den Regelleistungsvolumina (RLV). Eine Ausnahme habe der Bewertungsausschuss nur bei Vorliegen vergleichbarer Steuerungselemente zugelassen, die in Nordrhein nicht vorliegen würden.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2007 zurück. Die Fortführung der Individualbudgetregelung gemäß § 7 HVV in der jeweils geltenden Fassung sei vom Beschluss des Bewertungsausschusses aus der 93. Sitzung vom 29.10.2004 gedeckt. Danach könnten solche Steuerungselemente, die bereits zum 31.03.2005 in den Honorarverteilungsmaßstäben der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen vorhanden waren, in einer Übergangszeit fortgeführt werden, wenn sie in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien. Die Individualbudgetregelung sei ein vergleichbares Steuerungselement. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen.
Die Kläger haben am 18.04.2007 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dass zu den wesentlichen Elementen der Honorarverteilung RLV mit festen Punktwerten gehören. Der den hier streitbefangenen Abrechnungsbescheiden zugrunde liegende HVV enthalte weder RLV noch feste Punktwerte, weswegen eine § 85 Abs. 4 SGB V widersprechende Honorarverteilung vorliege. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 führe zu keinem anderen Ergebnis. Dem Bewertungsausschuss komme nicht die Kompetenz zu, sich über eindeutig im Gesetz geregelte Vorgaben hinwegzusetzen. Unabhängig davon habe die Beklagte aber auch dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit und dem darin enthaltenen Differenzierungsgebot nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin sei eine so genannte "Mini-Fachgruppe", der zum damaligen Zeitpunkt etwa 10 Fachärzte angehörten. Ein eigenständiges Leistungskontingent sei erstmals zum Quartal II/05 gebildet worden. Bis dahin habe es keinen eigenen Honorartopf für Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin gegeben, vielmehr seien sie der Fachgruppe der Orthopäden zugeordnet gewesen. Zum 01.04.2005 seien neue Leistungsinhalte im EBM etabliert worden. Die dort ausgewiesenen Leistungsinhalte seien mit dem bisherigen Leistungsspektrum nicht vergleichbar gewesen. Die Topfbildung habe zu deutlichen Honorareinbußen in der klägerischen Praxis geführt. Es sei nicht gerechtfertigt, die Quotierung der Leistungen der Orthopäden höher anzusetzen als diejenige ihrer Fachgruppe. Die Beklagte habe dem steigenden Leistungsbedarf und den Besonderheiten der Fachgruppe nicht Rechnung getragen. Sie werde daher den Anforderungen an die Beobachtungs- und Reaktionspflicht des Normgebers nicht gerecht. Das gelte umso mehr, wenn - wie hier - die Zahl der Ärzte gering sei, die dem Topf angehörten. Dass der Honorartopf unzureichend bemessen sei, ergebe sich aus der Aufstellung der Abrechnungsergebnisse für das Quartal IV/07. Danach habe die vorläufige Quote ihrer Fachgruppe lediglich 39,46% betragen. Erst durch Umverteilungs- bzw. Stützungsmaßnahmen werde eine Quote von 70,13% festgelegt. Alle anderen Fachgruppen (mit Ausnahme der Laborärzte) hätten bereits eine vorläufige Quote zwischen 63% und 86% gehabt. Insofern habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, wie sich der Honorartopf der klägerischen Fachgruppe zusammensetze. Unstreitig seien auch Fachärzte anderer Fachgruppen (Laborarzt) in die seinerzeit neu eingeführte Fachgruppe 63 aufgenommen worden.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.03.2010 – B 6 KA 43/08 R – tragen die Kläger ergänzend vor:
Der HVV der Beklagten werden den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V nicht gerecht. Ob der HVV dieselben Ziele wie die vorgenannte Regelung verfolge, sei nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung könne den Mangel nicht ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 4 S. 7 SGB V erforderlichen Regelungen – feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte – fehle. Eine Fortführung bereits vorhandener Steuerungselemente (hier: Zuordnung von Individualbudgets und damit verbundener Punktwert-Regelungen), deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien, seien nicht gegeben.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I/06 und II/06 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2007 zu verurteilen, die vertragsärztlichen Vergütungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Im Hinblick auf den Einwand nicht eingeführter Regelleistungsvolumina verweise sie auf den Widerspruchsbescheid. Die Gesetzesbegründung zu § 85 Abs. 4 SGB V decke sich nahezu wortgleich mit den Begründungen der Beklagten zur Einführung der Individualbudgetierung ab dem Quartal III/99, so dass bereits aus diesem Grund die Vergleichbarkeit der Steuerungselemente bestehe. Eine Vergütung überschreitender Leistungsmengen mit abgestaffelten Punktwerten sehe der HVV in der für das Quartal II/05 geltenden Fassung vor. Sie verweist ferner darauf, dass in den streitigen Quartalen keine Kürzungen im Rahmen der Individualbudgetierung erfolgten. Die klägerische Fachgruppe sei der Arztgruppe 63 zuzuordnen, wie sie sich aus der Anlage 4 des Schlüsselverzeichnisses zum Bundesarztregister-Datensatz (BAR-Code-Tabelle) ergebe. Dieses Schlüsselverzeichnis werde seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aufgrund der Weiterbildungsordnungen der einzelnen Arztkammern erstellt. Mit der Einführung eines eigenen Leistungskapitels im EBM zum 01.04.2005 sei eine Topfbildung erforderlich geworden. Die Topfbildung sei unter der Prämisse erfolgt, dass ein Schutz vor Leistungsmengenausweitungen zu Lasten der Fachgruppe unterbunden werden sollte. Ferner sollte eine angemessene Teilhabe an der vertragsärztlichen Versorgung weiterhin gesichert werden. Als Basis für die Bildung des Honorartopfes seien die Quartale III/03 bis II/04 zugrunde gelegt worden. Ärzte anderer Fachrichtungen seien entgegen der Behauptung der Kläger nicht eingebunden worden. Bei Topfbildungen von kleineren oder inhomogenen Fachgruppen, komme ihr eine erhöhte Beobachtungspflicht zu. Eine Eingriffsverpflichtung bestehe aber nur, wenn eine unangemessene Vergütung bestehe, welche keinen Anreiz mehr zur weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung biete. Dies sei bei einem Punktwert von durchschnittlich 3,50 Cent in den streitigen Quartalen nicht der Fall.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.03.2010 – B 6 KA 43/08 R – trägt die Beklagte ergänzend vor:
Das BSG stelle klar, dass Kernpunkt der Bestimmung in § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V zwei Vorgaben seien, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, und gemäß Satz 8 lediglich hinzukomme, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen seien. Der vom BSG zu beurteilende HVV habe die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt. Dessen Steuerungselemente seien jedoch erst mit Wirkung zum Quartal II/05 eingeführt und nicht fortgeführt worden, so dass die Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 nicht einschlägig gewesen sei. Daher sei der dort streitbefangene HVV durch das BSG als rechtswidrig beurteilt worden. Im Bereich der Beklagten sei die Regelung über die Individualbudgets jedoch fortgeführt worden. Es sei daher allein zu prüfen, ob die Fortführung der Individualbudgets durch die Übergangsregelung des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 gedeckt sei. Die Regelungen des HVV seien im relevanten Zeitraum nahezu unverändert geblieben. Lediglich § 6 Abs. 5 HVV, der einen Abstaffelungspunktwert für im Einzelfall das Individualbudget übersteigende Punktmengen vorsehe, sei eine Änderung in Bezug auf die Individualbudgetierung. Diese Regelung führe jedoch näher an die gesetzlichen Vorgaben heran, weswegen die Änderung zulässig gewesen sei. Darüber hinaus seien auch die Auswirkungen der Individualbudgetierung mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar. Sowohl Individualbudgetierung als auch RLV dienten ihrem Sinn und Zweck nach der Kalkulationssicherheit und Punktwertstabilisierung. Für die RLV ergebe sich dies aus der Gesetzesbegründung; für die Individualbudgets habe die Beklagte dies seit Einführung derselben begründet, was letztlich durch das BSG mit Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R - bestätigt worden sei. Der Vergütungspunktwert sei in den Zeiten der Geltung der Individualbudgets einer der höchsten und stabilsten im Vergleich zu Regelungen in anderen KV-Bereichen gewesen und habe maßgeblich zur Ermittlung des bundesweiten Orientierungswertes für den Zeitraum ab I/09 beigetragen. Die Kontinuität der Honorarvolumen je Quartal und Praxis sei über einen sehr langen Zeitraum gewährleistet gewesen. Damit sei nach Einschätzung der Beklagten die Vergleichbarkeit in den Auswirkungen bereits zu bejahen. Ferner seien selbst die als Kernpunkte der gesetzlichen Vorgaben geforderten arztgruppenspezifischen Grenzwerte und festen Punktwerte vergleichbar geregelt. Die Zuordnung der Individualbudgets beruhe auf dem festen Punktwert in Höhe von 5,11 Cent nach § 7 Abs. 2 HVV. Der Einwand einer lediglich rechnerischen Größe überzeuge daher nicht. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass angesichts einer gedeckelten Gesamtvergütung ein fester Vergütungspunktwert eher sog. Augenwischerei bedeute. Auch unter den Bedingungen der RLV seit dem 01.01.2009 zeigten die Erfahrungswerte der letzten 6 Quartale, dass feste Vergütungspunktwerte in Höhe des Orientierungswertes auf der anderen Seite schwankende Fallwerte nach sich ziehen. Unter den gesetzgeberischen Bedingungen des gedeckelten Budgets müsse es zwangsläufig bei einem floatenden Element verbleiben. Die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte sei im HVV in Form eines fachgruppenspezifischen Punktzahlvolumens normiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil sich beide Beteiligte zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist begründet.
Die Kläger sind durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn diese Bescheide sind rechtswidrig. Den Honorarbescheiden für die Quartale I/06 und II/06 fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage die Honorarbescheide ergangen sind, verstoßen gegen höherrangiges Recht.
Nach § 85 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GKV-GMG vom 14.11.2003, BGBl. S. 2190; in Kraft getreten zum 01.01.2004) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte. Sie wendet dabei ab dem 01.07.2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen (KKn) gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an (§ 85 Abs. 4 Satz 2, 1. Halbsatz SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung des Grenzwertes ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 5 bis 8 SGB V).
Entsprechend der Regelung in § 85 Abs. 4 Satz 2, 1. Halbsatz SGB V haben die Beklagte und die nordrheinischen KKn gemeinsam und einheitlich den zum 01.01.2006 geltenden HVV beschlossen (HVV vom 21.11.2005 veröffentlicht in: Rhein. Ärzteblatt 1/2006, S. 63ff und fortgeführt mit HVV vom 31.01.2006 für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 veröffentlicht in: Rhein. Ärzteblatt 3/2006, S. 68ff). Nach der Präambel des HVV vertraten die Vertragspartner gemeinsam die Auffassung, dass im Hinblick auf den zum 01.04.2005 in Kraft getretenen neuen EBM 2000 plus eine Überarbeitung der Inhalte des Honorarverteilungsvertrages frühestens zum 01.04.2006 realisierbar sei. Auf Grund dessen komme für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.03.2006 der am 31.12.2005 geltende HVV in der nachstehenden Fassung zur Anwendung. Eine entsprechende Präambel enthielt die Fassung für den nachfolgenden Zeitraum des Quartals II/06. In § 7 Abs. 1 HVV ist vorgesehen, dass jede vertragsärztliche Praxis bzw. jedes ab dem 01.07.2004 nach § 95 Abs. 1 SGB V zugelassene Medizinische Versorgungszentrum und jeder ermächtigte Arzt für punktzahlbewertete Leistungen ein maximal abrechenbares individuelles Punktzahlvolumen (Individualbudget) erhalten. Leistungen, die eine vertragsärztliche Praxis, ein Medizinisches Versorgungszentrum und ein ermächtigter Arzt über das jeweils zugeordnete maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen hinaus abrechnen, unterliegen nach § 7 Abs. 2 HVV der Kürzung auf dieses Punktzahlvolumen. Die nach der Kürzung verbleibenden punktzahlbewerteten Leistungen einer vertragsärztlichen Praxis werden mit einem rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Höhe der Gesamtvergütung bewertet mit der Folge, dass sich quartalsweise eine Fachgruppenquote ergibt, die auf das maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen anzuwenden ist, § 7 Abs. 2 Satz 2 HVV.
Damit sind die in der Zeit bis zum 31.03.2005 geltenden Regelungen zum Individualbudget, welche bereits in dem Zeitraum vom 01.04.2005 bis zum 31.12.2005 fortgeführt worden sind (vgl. Urteil der Kammer vom 23.03.2011 - S 14 KA 266/06 -), auch in dem streitgegenständlichen Zeitraum zur Anwendung gekommen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.03.2010 – B 6 KA 43/08 R –) entsprechen Individualbudgets nicht den Vorgaben des § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V und sind daher keine Regelleistungsvolumina im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Denn Kernpunkt dieser Bestimmung sind zwei Vorgaben: arztgruppenspezifische Grenzwerte und feste Punktwerte. Ferner sind für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen nach § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V abgestaffelte Punktwerte vorzusehen. Insbesondere der Vorgabe fester Punktwerte misst das BSG besonderes Gewicht bei. Nach den Begründungen zum Gesetzentwurf vom 16.06.2003 (BT-Drucks 15/1170 S. 79) und vom 08.09.2003 (BT-Drucks 15/1525 S. 101) sei Ziel der Regelung, den Ärzten Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und –einkommen zu geben. Für das hiermit bezeichnete Ziel, stabile Punktwerte zu gewährleisten und den Ärzten dadurch zu ermöglichen, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen, stelle das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) eine zentrale und strikte Vorgabe dar. Bei dem Begriff "feste Punktwerte" sei kein Spielraum denkbar (vgl. BSG a.a.O). Demgegenüber ergibt sich unter den Regelungen der Individualbudgets nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 HVV im Ergebnis ein sog. floatender Punktwert. Denn danach wird den punktzahlbewerteten Leistungen des Vertragsarztes zwar ein rechnerischer Punktwert von 5,11 Cent zugrunde gelegt. Der endgültige Auszahlungspunktwert ist jedoch abhängig vom Abrechnungsverhalten der Fachgruppe. Je nach dem welche Leistungsmenge die Fachgruppe abrechnet und in welchem Verhältnis dies zu dem für die Fachgruppe zur Verfügung stehenden Honorartopf steht, errechnet sich eine höhere oder niedrigere Fachgruppenquote mit der Folge, dass sich ein dem entsprechender Auszahlungspunktwert ergibt. Darüber hinaus reicht es nach Auffassung des BSG für die Vorgabe arztgruppenspezifischer Grenzwerte nicht aus, wenn jeder Arztgruppe ein gemeinschaftliches Honorarkontingent (sog. Honorartopf) zugeordnet wird. Das Merkmal arztgruppenspezifischer Grenzwerte erfordere, dass in die Regelung jedenfalls auch ein Element arztgruppeneinheitlicher Festlegung einfließe. Hierzu müsse die Regelung z.B. jedenfalls auf arztgruppeneinheitlichen Fallpunktzahlen aufbauen (vgl. BSG a.a.O.). Nachdem die Individualbudgets nach Maßgabe des HVV der Beklagten somit weder feste Punktwerte noch arztgruppenspezifische Grenzwerte enthalten, genügen sie nicht den Anforderungen des § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V und sind daher keine RLV.
Das wird im Ergebnis von der Beklagten auch nicht geltend gemacht, wenn sie ausführt, dass sie keinen Zweifel daran gelassen habe, dass im streitbefangenen Zeitraum Individualbudgets und eben nicht RLV als Steuerungsinstrumente im HVV normiert waren. Demgemäß stützt sie die von ihr und den KKn im HVV normierten Individualbudgets auch auf die Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004, die nach Teil IV des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V aus der 4. Sitzung vom 16. Dezember 2005 auch in dem Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 Gültigkeit hatte. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat in seinem Beschluss festgelegt, dass die im Beschluss vom 29.10.2004 in Teil III für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis zum 31.12.2005 getroffene Regelung für die Bildung von RLV auch im Jahre 2006 anzuwenden sei. Die in diesem Beschluss getroffenen Vorgaben zur Steuerung arztgruppenspezifischer Auswirkungen und zur Ermittlung und Anwendung von RLV sollten weiter bis zum 31.12.2006 gelten (s. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, 09. Januar 2006, A76).
Die in dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 enthaltene Übergangsregelung ist nach der Rechtsprechung des BSG rechtmäßig. Aufgrund der Ermächtigung des § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Teilsatz i.V.m. Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V hat der Bewertungsausschuss eine solche Übergangsregelung normieren dürfen. Dem Bewertungsausschuss ist bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung des Inhalts der gemäß § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Dabei ist es Sinn dieser Ermächtigung, dass der Bewertungsausschuss den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Diesen Anforderungen wird die Übergangsvorschrift in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht, wenn sie gestattet, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar sind, fortgeführt werden (vgl. BSG a.a.O.).
Auch für den streitbefangenen Zeitraum begegnet die - fortgeführte - Übergangsregelung keinen rechtlichen Bedenken, denn aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten bestand nach wie vor Bedarf für eine lediglich allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat in seinem Beschluss vom 16.12.2005 (a.a.O.) festgestellt, dass aufgrund der noch unzureichenden Datenlage weder der gesetzliche Zeitrahmen zur Umsetzung der Einführung morbiditätsbezogener Regelleistungsvolumen gemäß §§ 85a-d SGB V eingehalten werden könne, noch die bestehenden Vorgaben zur Festlegung von Regelleistungsvolumen nach § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung ab 01.01.2006 in sinnvoller Weise weiterzuentwickeln seien, noch die Möglichkeit zu einer validen Überprüfung und ggf. Änderung des RLV-Beschlusses vom 13.05.2004 im Sinne des Teil IV. des RLV-Beschlusses vom 29.10.2004 bestehe (s. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, 09.01.2006, A 75). Die im Bewertungsausschuss vertretenen Institutionen haben daher den Gesetzgeber um eine Anpassung der gesetzlichen Zeitvorgaben gebeten (s. Teil I Satz 2 des Beschlusses vom 16.12.2005, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, 09.01.2006, A 76).
Der Gesetzgeber ist diesem Wunsch nach Anpassung der gesetzlichen Zeitvorgaben nachgekommen. § 85a Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-GMG sah noch vor, dass abweichend von § 85 Abs. 1, 2 und 3 für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ab dem 01.01.2007 die in den Absätzen 2 bis 6 getroffenen Regelungen gelten sollen. Hierzu war den Vertragsparteien des Gesamtvertrages nach § 83 SGB V insbesondere aufgegeben worden, den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf, die Aufteilung der Leistungsmenge nach Nummer 1 auf die jeweiligen Arztgruppen (arztgruppenbezogene RLV) sowie den für die Vergütung der im Rahmen des jeweiligen RLV erbrachten Leistungen anzuwendenden Punktwert zu vereinbaren, § 85a Abs. 2 Satz 2 SGB V. Ferner war in § 85b Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-GMG geregelt, dass abweichend von § 85 Abs. 4 und 4a die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01.01.2007 von der KÄV im Rahmen von arztbezogenenen RLV auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (§ 87 Abs. 1) vergütet werden. Mit diesen Regelungen bezweckte der Gesetzgeber, die auf mitgliederbezogenen Kopfpauschalen basierenden Honorarbudgets abzuschaffen und das finanzielle Risiko einer morbiditätsbedingten Mengenausweitung der abgerechneten ärztlichen Leistungen auf die Krankenkassen zu verlagern (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 102). Dabei sollte die Einführung der RLV in zwei Schritten erfolgen: Im Jahr 2006 hatten die Krankenkassen die RLV nach § 85a zu vereinbaren. Als Obergrenze für das Vergütungsvolumen sollte dabei die jeweils parallel gemäß § 85 zu vereinbarende Gesamtvergütung gelten; deshalb galt im Jahr 2006 die in § 85a Abs. 3 vorgesehene Abstaffelungsregelung für die Vergütung von über das RLV hinausgehende Leistungsmengen noch nicht. Krankenkassen, welche die Gesamtvergütungen bisher nach dem sog. Kassensitzprinzip vereinbart hatten, sollten die Gesamtvergütungen im Jahr 2006 erstmals nach dem Wohnortprinzip vereinbaren (vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 104 zu § 85c SGB V).
Nachdem diese gesetzlichen Vorgaben nach Angabe des Bewertungsausschusses nicht in dem vorgegebenen Zeitrahmen umzusetzen waren, hat der Gesetzgeber zunächst mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze – VändG – vom 22.12.2006, BGBl I 3439) mit Wirkung zum 01.01.2007 § 85c Abs. 1 und 3 SGB V sowie § 85d SGB V und mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung((GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I 378) mit Wirkung zum 01.04.2007 schließlich die §§ 85a und 85b SGB V aufgehoben. Als Begründung hat der Gesetzgeber ausgeführt: "Durch die Änderung des § 85c und die Aufhebung des § 85d werden die Regelungen der GMG-Vergütungsreform, die sich auf die konkrete Umsetzung dieser Reform in den Jahren 2006 (Erprobungsphase) und 2007 (Echtphase) beziehen, gestrichen. Da die GMG-Regelung so nicht mehr und die neue Vergütungsreform erst zum 01.01.2009 umgesetzt werden wird, können diese Regelungen entfallen" (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16/2474 – vom 25.10.2006, BT-Drucksache 16/3157, S. 16 zu §§ 85a bis 85d). In der Gesetzesbegründung zum GKV-WSG heißt es sodann wie folgt: "Ab dem 01. Januar 2009 tritt das neue vertragsärztliche Vergütungssystem in Kraft (s. §§ 85a und 85b sowie die Begründungen dazu). In der Zwischenzeit, d.h. in den Jahren 2007 und 2008, gilt das bestehende vertragsärztliche Vergütungssystem weiter. An diesem bestehenden Vergütungssystem werden hier noch die Anpassungen getroffen, die erforderlich sind, um einen möglichst reibungslosen Übergang zum neuen Vergütungssystem zu gewährleisten. Diese Anpassungen bei der Honorarverteilung werden faktisch nur in den Jahren 2007 und 2008 wirksam, da ab dem 01. Januar 2009 für den vertragsärztlichen Bereich die Honorarverteilung in seiner heutigen Form abgeschafft wird. Die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vorgesehenen Regelungen zur Ablösung der vertragsärztlichen Gesamtvergütungen durch (morbiditätsbezogene) Regelleistungsvolumina zum 01. Januar 2007 nach den §§ 85a und 85b (alt) können nicht greifen, da der Bewertungsausschuss die von ihm bis Mitte des Jahres 2005 zu vereinbarenden zentralen Grundsatzbeschlüsse nicht getroffen hat. Deshalb werden die Vergütungsregelungen nunmehr weiter vereinfacht und entbürokratisiert" (BT-Drucks. 16/3100, S. 118f zu Nummer 54 (§ 85) und zu Nummer 55(§§ 85a und 85b)).
Im Hinblick hierauf ist festzustellen, dass die Rahmenbedingungen für die Umstrukturierung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2006, wie sie noch das GKV-GMG vorgesehen hatte, nicht bzw. nur teilweise geschaffen worden waren und der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund einerseits eine strukturelle Veränderung der Vergütungsreform und andererseits eine zeitliche Verschiebung für deren verbindliche Einführung auf den 01.01.2009 vorgenommen hat. Lediglich § 85 Abs. 4 SGB V, in seiner Fassung, wie er sie durch das GKV-GMG erhalten hat, ist hierbei unverändert geblieben. Damit galt im Zeitraum des Jahres 2006 grundsätzlich die verbindliche Vorgabe fort, in den Honorarverteilungsmaßstäben nach § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind, mithin RLV festzulegen. Angesichts des oben geschilderten Verlaufs in der Strukturierung der Rahmenbedingungen durch Bewertungsausschuss und Gesetzgeber ist es nach Auffassung der Kammer dabei nicht zu beanstanden, wenn die im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 in Teil III Nr. 2.2 vorgesehene Übergangsregelung seitens des Erweiterten Bewertungsausschusses für den streitgegenständlichen Zeitraum weiter fortgeschrieben wird. Die komplexen Veränderungen, die der Gesetzgeber mit dem GKV-GMG hat einführen wollen und die in der vorgegebenen Zeitschiene nur teilweise umgesetzt worden sind (oder auch umsetzbar waren), zeigen, dass Anpassungen an und Übergänge zu neuen Verteilungsregelungen aus Gründen der Kontinuität des Honorarumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität einen nicht unerheblichen Zeitrahmen verlangen. Es ist daher von der Gestaltungsfreiheit des Erweiterten Bewertungsausschusses umfasst, wenn er eine Übergangsregelung beschließt, die auf mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbare Steuerungselemente abstellt (vgl. BSG Urteil vom 17.03.2010 - B 6 KA 43/08 R -).
Damit bemisst sich die Rechtmäßigkeit der im streitigen Zeitraum von der Beklagten vorgenommenen Honorarverteilung an den Vorgaben der Regelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004. Diese hat folgenden Inhalt: "Sofern in einer Kassenärztlichen Vereinigung zum 31. März 2005 bereits Steuerungselemente vorhanden sind, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar sind, können diese bis zum 31. Dezember 2005 fortgeführt werden, wenn die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene das Einvernehmen hierzu herstellen. Wird kein Einvernehmen durch die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene hergestellt oder sind solche Steuerungselemente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar sind, nicht vorhanden, finden Regelleistungsvolumen gemäß 3. mit Wirkung zum 1. April 2005 Anwendung." Die Rechtmäßigkeit ist daher davon abhängig, ob eine Fortführung von Steuerungselementen vorlag und ob diese in ihren Auswirkungen mit den Vorgaben in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V vergleichbar sind.
Die Fortführung von Steuerungselementen ist nach Auffassung der Kammer ohne weiteres zu bejahen. Zwar weist der streitgegenständliche HVV gegenüber dem bis zum 31.03.2005 geltenden HVV einige Änderungen auf, behält die wesentliche Struktur der Honorarverteilung in Form von arztgruppenspezifischen Honorartöpfen und Individualbudgets, also das bisherige Steuerungselement, jedoch bei. Soweit z.B. in § 6 Abs. 5 HVV in den seit 01.04.2005 geltenden HVVen eine Regelung enthalten ist, wonach zur Feststellung eines Abstaffelungspunktwertes für im Einzelfall das Individualbudget übersteigende Punktmengen die unterschiedliche Vergütungszahlung der Primär- und Ersatzkassen zu Grunde gelegt wird, bleibt das Steuerungselement "Individualbudget" dennoch erhalten. Darüber hinaus stellt diese Regelung angesichts des in § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V vorgegebenen Abstaffelungspunktwerts eine Modifizierung dar, die sich nicht von den Vorgaben des § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V weiter entfernt, sondern auf diese hinführt.
Ferner sind RLV und Individualbudgets nach Auffassung der Kammer in ihrer Zielsetzung sowohl hinsichtlich der Kalkulationssicherheit als auch hinsichtlich der Leistungsmengensteuerung vergleichbar. Regelleistungsvolumen sind arztgruppenspezifische Grenzwerte, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (vgl. Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 Ziffer III. 2.1). Nach der Gesetzesbegründung zu § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V soll durch diese Regelung erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und –einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (BT-Drucksache 15/1525, S. 101). Zu den Individualbudgets hat das BSG in seinen Urteilen vom 10.12.2003 (vgl. u.a. B 6 KA 54/02 R) ausgeführt, dass Honorarbegrenzungsregelungen dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung sowie dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit widersprechen könnten, weil Honorarkürzungen bei Überschreitung sog. individueller Leistungsbudgets zur Folge haben, dass sich das Honorar vermindert, obwohl auch die Leistungen, die nicht in die Vergütung mit einbezogen sind, der Leistungsbeschreibung im EBM entsprechend erbracht worden sind. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung handele es sich jedoch nur um einen Grundsatz. Von diesem dürfe abgewichen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung damit andere billigenswerte Zwecke verfolgt. Solche anerkennenswerte Zielsetzungen könnten in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise den Vertragsärzten für einen bestimmten Anteil des vertragsärztlichen Honorars eine gewisse Kalkulationssicherheit gewährleistet werde (BSG a.a.O.). Bereits bei der Einführung sog. Honorarkontingente war die sachliche Rechtfertigung in dem Ziel gesehen worden, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (BSG Urteil vom 21.10.1998 SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 S. 205f). Entsprechendes gilt für die Individualbudgets. Auch für diese ist es als billigenswertes Ziel angenommen worden, dass die Beklagte eine Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes und damit eine gewisse finanzielle Kalkulationssicherheit erreichen wollte (BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R-).
Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann jedoch nicht den Mangel ausgleichen, der entsteht, wenn die Steuerungselemente in ihren Auswirkungen nicht vergleichbar sind.
Das LSG NRW hat in seinen Entscheidungen vom 08.09.2010 (u.a. L 11 KA 60/07) hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Auswirkungen der beiden Steuerungselemente wie folgt ausgeführt:
"Das Steuerungsinstrument IB ist in seinen "Auswirkungen" mit den normativen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V und damit jenen des RLV nicht vergleichbar.
(a) Der Terminus "Wirkung" beschreibt ein Geschehen oder Handeln bzw. deren Ergebnis, das nach einem Kausalurteil in einem Kausalzusammenhang mit einem anderen voraufgehenden Geschehen oder Ereignis bzw. Sachverhalt steht oder stehen soll (Meyers, Enzyklopädisches Lexikon, 9. Auflage, 1981, S. 420 zum Stichwort "Wirkung") bzw. eine durch verursachende Kraft bewirkte Veränderung (Duden, 1983, S. 1446 zum Stichwort "Wirkung"). Die Begrifflichkeit "Wirkung" wird somit durch drei Elemente bestimmt, nämlich Geschehen (Ereignis), Kausalverlauf und Ergebnis (Erfolg). Hingegen umschreibt die Begrifflichkeit "Auswirkung" nach allgemeinem Sprachverständnis, mit welcher Intensität der durch das Ereignis initiierte Geschehensablauf auf das Ergebnis einwirkt und welche Folgen hierdurch entstehen.
Das bedeutet: Wenn das Ziel des Einsatzes der Steuerungsinstrumente RLV und Individualbugetierung gleichermaßen u.a. darin liegt, dem Vertragsarzt Kalkulationssicherheit zu geben, so sind die Auswirkungen beider Steuerungsinstrumente dann identisch, wenn lediglich danach gefragt wird, ob der Einsatz des jeweiligen Steuerungsinstruments dieses Ziel realisiert. Das Ziel (Kalkulationssicherheit) wäre jeweils erreicht. Die auf dieses Ergebnis (Erfolg) bezogenen Auswirkungen wären mit dem Ziel identisch, denn das Geschehen (Einsatz des Steuerungsinstruments) führt jeweils (Kausalzusammenhang) zu erhöhter Kalkulationssicherheit (Auswirkung). Dieser gedankliche Ansatz greift indessen zu kurz. Sind zwar die Ziele beider Steuerungsinstrumente identisch, können die Auswirkungen sehr wohl unterschiedlich sein. Auswirkungen hat der Einsatz der Steuerungsinstrumente nicht nur insoweit, dass ggf. die damit verbundenen Ziele erreicht werden. Die durch den Geschehensablauf (kausal) bewirkten Änderungen gehen weiter. Individualbudgetierung und RLV werden nicht um ihrer selbst Willen eingefügt, vielmehr handelt es sich um Steuerungsinstrumente, die auf das Leistungs- und Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes einwirken sollen. Bezugspunkt des Wirkmechanismus ist daher nicht die Frage, ob das zuvor definierte Ziel erreicht wird (z.B. Kalkulationssicherheit), sondern wie sich die Zielerreichung (Geschehen) kausal auf das Leistungs- und Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes auswirkt (Ergebnis).
In Anwendung des Steuerungsinstruments RLV steht vor Leistungserbringung fest, wie die jeweilige ärztliche Leistung vergütet wird. Demgegenüber bewirkt das Steuerungsinstrument IB, dass der Vertragsarzt bei ungefähr gleich bleibenden Behandlungsfällen und -voraussetzungen zu Beginn eines Quartals die Höhe des zu erwartenden Honorars im Gegensatz zu früheren Regelungen (lediglich) sicherer abschätzen (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R -) und insofern im vorhinein sein Leistungs- und Abrechnungsverhalten bezogen auf den zu erwartenden praxisbezogenen Umsatz und der zu erwartenden Fachgruppenquote mengenbegrenzend anpassen kann. Zur Bewertung der punktzahlbewerteten Leistungen mit einem - gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Höhe der Gesamtvergütung - rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent wird kein fester Punktwert für die im Rahmen des maximalen Punktzahlvolumens abgerechneten Punkte bestimmt, sondern zur Bestimmung der Quoten (vgl. auch Abs. 2) lediglich eine Rechengröße festgelegt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 08.03.2006 - L 10 KA 22/05 -). Mit § 7 HVV erfolgt die Berechnung eines individuellen Punktwertes für den anerkannten Leistungsbedarf, der, soweit der Arzt das für seine Praxis maximal abrechenbare Punktzahlvolumen nicht überschreitet, der sogenannten Fachgruppen-Quote entspricht und im Falle einer Überschreitung eine entsprechende Reduzierung erfährt, ausgewiesen als praxisindividuelle Quote. Unabhängig von der in § 7 Abs. 2 HVM erwähnten unterschiedlichen Höhe der jeweils zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung ergeben sich in den jeweiligen Arztgruppen von dem 5,11 Cent-"Wert" bereits aus der Bildung von arztgruppenbezogenen Honorartöpfen gemäß § 6 Abs. 4 HVM Abweichungen. Die Fachgruppenquote entspricht demnach lediglich dem sich aus der Topfbildung für jede Arztgruppe ergebenden Punktwert, der vor allem durch Änderungen der Leitungsmengen - also dem Leistungsverhalten der Fachgruppe - gegenüber dem entsprechenden Bezugszeitraum beeinflusst wird. Im Rahmen der Ermittlung des individuellen Punktwertes jeder Praxis erweist sich die dem Punktwert einer Arztgruppe entsprechende Fachgruppenquote daher ihrerseits nur als ein - vom Leistungsverhalten der Arztgruppe abhängiger - Berechnungsfaktor, dessen tatsächliche Höhe erst nach Leistung und Abrechnung errechnet werden kann. Während also der Vertragsarzt nach Maßgabe der Individualbudgetierung aufgrund der Kombination von Individualbudgets und floatendem Element auf Schätzungen angewiesen ist, hat er in Anwendung des Steuerungsinstruments RLV angesichts fester Punktwerte grundsätzlich Kenntnis von der Höhe der Vergütung für jede einzelnen ärztliche Leistung. Das wiederum bedeutet, dass er unter Geltung der RLV sein Leistungsverhalten, soweit es dem Grunde nach steuerbar ist, situationsadäquat anpassen kann und insoweit nicht auf (ungewisse) Schätzungen angewiesen ist.
(b) Im Übrigen: Durch die Individualbudgetierung wird der "Umsatz" gesteuert, denn dieser ist maßgebender Anknüpfungspunkt für die Berechnung des IBs (vgl. § 7 Ziffer 1 HVV n.F.). Demgegenüber setzt das RLV-System entscheidend bei den Fallzahlen an (vgl. hierzu KVNO aktuell 7+8, 2004, Seit 2 f.), denn die Höhe des RLV ergibt sich aus der Multiplikation der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal (vgl. Teil III 3.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses). Mithin sind die Auswirkungen beider Steuerungsinstrumente auch insoweit unterschiedlich ("nicht vergleichbar"). Unter Geltung der Individualbudgetierung ist der Vertragsarzt gehalten, seinen Umsatz den Vorgaben des IB anzupassen, hingegen bewirkt das RLV-System, dass er mittels der Fallzahlen sein Leistungsgeschehen steuern muss." (Zitat Ende)
Sofern danach die Vergleichbarkeit der Auswirkungen der beiden Steuerungselemente wesentlich davon abhängt, ob der Vertragsarzt in gleicher Weise eine sichere Abschätzung seines vertragsärztlichen Honorars treffen kann, und der Vergleichsmaßstab damit auf die gesetzliche Vorgabe in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V – insbesondere Kalkulationssicherheit aufgrund fester Punktwerte – reduziert wird, kann die Vergleichbarkeit der Auswirkungen von Individualbudgets und RLV nach Auffassung der Kammer nicht bejaht werden. Das gilt auch angesichts der Fallwertschwankungen, die sich seit Einführung der RLV zum 01.01.2009 ergeben haben. Denn ungeachtet der sich verändernden Fallwerte stand für den Vertragsarzt jeweils vor Beginn des Quartals fest, mit welchem Punktwert das ihm zugewiesene RLV und mit welchem abgestaffelten Punktwert die das zugewiesene RLV übersteigende Leistungsmenge vergütet werden.
Soweit die Kammer in früheren Entscheidungen (vgl. u.a. Urteil vom 25.07.2007 – S 14 KA 151/06 – zum Quartal II/05) hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Auswirkungen einen weiteren Auslegungsspielraum zur Anwendung gebracht hat, hält die Kammer hieran angesichts der obigen Ausführungen nicht mehr fest.
Die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 werden daher mit den streitgegenständlichen HVVen nicht erfüllt. Die angefochtenen Honorarbescheide beruhen somit auf einer rechtswidrigen Honorarverteilung, nachdem sich die Regelungen des HVV auch nicht im Zusammenhang mit der Einführung des EBM 2000 plus unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen lassen (vgl. für das Quartal II/05 u.a. LSG NRW Urteil vom 08.09.2010 – L 11 KA 60/07 –).
Im Hinblick auf die obigen Feststellungen kann schließlich dahinstehen, ob die Beklagte in ihren HVVen gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit dadurch verstoßen hat, dass sie den Honorartopf für die Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin – wie die Kläger vortragen – nicht ausreichend bemessen hat. Sind die Honorarverteilungsregelungen bereits aufgrund ihrer Systematik dem Grunde nach rechtswidrig, ist diese Frage nicht mehr entscheidungsrelevant. Denn bei einer neugeregelten Honorarverteilung, die den oben ausgeführten Anforderungen genügt, haben auch die Honorartöpfe des streitgegenständlichen Zeitraums keinen Bestand. Insofern erübrigen sich Überlegungen dazu, ob der Fachgruppentopf der klägerischen Fachgruppe zu gering bemessen war, ob dieser deshalb von Anfang an rechtswidrig war oder ob lediglich eine Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht der Beklagten bestand und ob sie dieser in ausreichender Weise nachgekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des vertragsärztlichen Honorars der Kläger in den Quartalen I/06 und II/06.
Die Kläger sind Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin und in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in L tätig. Die Honorarberechnung erfolgte nach Maßgabe des § 7 Honorarverteilungsvertrages (HVV). Danach stand den Klägern als individuelles, maximal abrechenbares Punktzahlvolumen (Individualbudget) der doppelte Grenzwert der Fachgruppe in Höhe von 2.494.698,0 Punkten zur Verfügung. Bei einer anerkannten Leistungsanforderung von 1.802,640,0 Punkten im Quartal I/06 und von 1.680.310,0 Punkten im Quartal II/06 erfolgte jeweils keine Kürzung nach § 7 HVV. Die Bewertung der abgerechneten Punkte erfolgte nach Fachgruppenquoten in Höhe von 67,5572% bzw. in Höhe von 65,9528%. Danach verblieben im Quartal I/06 insgesamt 1.217.822,7 Punkte und im Quartal II/06 insgesamt 1.108.220,9 Punkte, die mit einem Punktwert in Höhe von 5,11 Cent vergütet worden sind. Auf dieser Berechnungsgrundlage erhielten die Kläger mit Bescheid vom 25.07.2006 ein Gesamthonorar in Höhe von 88.089,69 Euro (Quartal I/06) und mit Bescheid vom 24.10.2006 ein Gesamthonorar in Höhe von 71.755,17 Euro (Quartal II/06).
Gegen die vorgenannten Quartalsabrechnungsbescheide legten die Kläger jeweils Widerspruch ein. Diese begründeten sie im Wesentlichen wie folgt: Die Fachgruppe der Ärzte für Physikalisch-Rehabilitative Medizin sei bis zum Quartal I/05 nicht budgetiert gewesen und habe im EBM kein eigenes Leistungskapitel gehabt. Im EBM 2000 plus sei erstmals ein fachspezifisches eigenes Leistungskapitel eingeführt worden, mit dem eine Besserstellung dieser Fachgruppe bezweckt gewesen sei. Durch die ungerechte Budgetierung würde jedoch das abrechenbare Punktzahlvolumen stark eingeschränkt. Das Punktebudget werde auf Basis von Quartalen mit schlechten Bedingungen berechnet. Dadurch werde die Punktzahlanforderung willkürlich um 35% beschnitten. Altpraxen würden gegenüber jüngeren Praxen benachteiligt, weil letztere entsprechend der neuen Bedingungen im EBM 2000 plus wachsen dürften. Ferner werde durch die vorgenommene Bemessung des Honorartopfes die zuvor bestehende Benachteiligung der Fachgruppe fortgesetzt. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass mit dem neuen EBM ein eigenes Kapitel mit völlig neuen Leistungen und Bewertungen eingeführt worden sei. Durch die vielfach jungen Praxen werde es zu weiteren Umverteilungen im Honorar kommen. Es sei daher an die Werte der Fachgruppe der Orthopäden anzuknüpfen. Mit dem neuen EBM sei eine betriebswirtschaftliche Berechnungsgrundlage für die einzelnen Leistungen auf der kalkulatorischen Grundlage von 5,11 Cent pro Punkt geschaffen worden. Da aufgrund der geschilderten Situation kein Gewinn zugeteilt werde, gebe es keine Existenzgrundlage als Vertragsarzt. Gleichzeitig missachte die Beklagte die verbindlichen Vorgaben des Bewertungsausschusses zu den Regelleistungsvolumina (RLV). Eine Ausnahme habe der Bewertungsausschuss nur bei Vorliegen vergleichbarer Steuerungselemente zugelassen, die in Nordrhein nicht vorliegen würden.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2007 zurück. Die Fortführung der Individualbudgetregelung gemäß § 7 HVV in der jeweils geltenden Fassung sei vom Beschluss des Bewertungsausschusses aus der 93. Sitzung vom 29.10.2004 gedeckt. Danach könnten solche Steuerungselemente, die bereits zum 31.03.2005 in den Honorarverteilungsmaßstäben der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen vorhanden waren, in einer Übergangszeit fortgeführt werden, wenn sie in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien. Die Individualbudgetregelung sei ein vergleichbares Steuerungselement. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen.
Die Kläger haben am 18.04.2007 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dass zu den wesentlichen Elementen der Honorarverteilung RLV mit festen Punktwerten gehören. Der den hier streitbefangenen Abrechnungsbescheiden zugrunde liegende HVV enthalte weder RLV noch feste Punktwerte, weswegen eine § 85 Abs. 4 SGB V widersprechende Honorarverteilung vorliege. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 führe zu keinem anderen Ergebnis. Dem Bewertungsausschuss komme nicht die Kompetenz zu, sich über eindeutig im Gesetz geregelte Vorgaben hinwegzusetzen. Unabhängig davon habe die Beklagte aber auch dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit und dem darin enthaltenen Differenzierungsgebot nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin sei eine so genannte "Mini-Fachgruppe", der zum damaligen Zeitpunkt etwa 10 Fachärzte angehörten. Ein eigenständiges Leistungskontingent sei erstmals zum Quartal II/05 gebildet worden. Bis dahin habe es keinen eigenen Honorartopf für Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin gegeben, vielmehr seien sie der Fachgruppe der Orthopäden zugeordnet gewesen. Zum 01.04.2005 seien neue Leistungsinhalte im EBM etabliert worden. Die dort ausgewiesenen Leistungsinhalte seien mit dem bisherigen Leistungsspektrum nicht vergleichbar gewesen. Die Topfbildung habe zu deutlichen Honorareinbußen in der klägerischen Praxis geführt. Es sei nicht gerechtfertigt, die Quotierung der Leistungen der Orthopäden höher anzusetzen als diejenige ihrer Fachgruppe. Die Beklagte habe dem steigenden Leistungsbedarf und den Besonderheiten der Fachgruppe nicht Rechnung getragen. Sie werde daher den Anforderungen an die Beobachtungs- und Reaktionspflicht des Normgebers nicht gerecht. Das gelte umso mehr, wenn - wie hier - die Zahl der Ärzte gering sei, die dem Topf angehörten. Dass der Honorartopf unzureichend bemessen sei, ergebe sich aus der Aufstellung der Abrechnungsergebnisse für das Quartal IV/07. Danach habe die vorläufige Quote ihrer Fachgruppe lediglich 39,46% betragen. Erst durch Umverteilungs- bzw. Stützungsmaßnahmen werde eine Quote von 70,13% festgelegt. Alle anderen Fachgruppen (mit Ausnahme der Laborärzte) hätten bereits eine vorläufige Quote zwischen 63% und 86% gehabt. Insofern habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, wie sich der Honorartopf der klägerischen Fachgruppe zusammensetze. Unstreitig seien auch Fachärzte anderer Fachgruppen (Laborarzt) in die seinerzeit neu eingeführte Fachgruppe 63 aufgenommen worden.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.03.2010 – B 6 KA 43/08 R – tragen die Kläger ergänzend vor:
Der HVV der Beklagten werden den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V nicht gerecht. Ob der HVV dieselben Ziele wie die vorgenannte Regelung verfolge, sei nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung könne den Mangel nicht ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 4 S. 7 SGB V erforderlichen Regelungen – feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte – fehle. Eine Fortführung bereits vorhandener Steuerungselemente (hier: Zuordnung von Individualbudgets und damit verbundener Punktwert-Regelungen), deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar seien, seien nicht gegeben.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I/06 und II/06 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2007 zu verurteilen, die vertragsärztlichen Vergütungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Im Hinblick auf den Einwand nicht eingeführter Regelleistungsvolumina verweise sie auf den Widerspruchsbescheid. Die Gesetzesbegründung zu § 85 Abs. 4 SGB V decke sich nahezu wortgleich mit den Begründungen der Beklagten zur Einführung der Individualbudgetierung ab dem Quartal III/99, so dass bereits aus diesem Grund die Vergleichbarkeit der Steuerungselemente bestehe. Eine Vergütung überschreitender Leistungsmengen mit abgestaffelten Punktwerten sehe der HVV in der für das Quartal II/05 geltenden Fassung vor. Sie verweist ferner darauf, dass in den streitigen Quartalen keine Kürzungen im Rahmen der Individualbudgetierung erfolgten. Die klägerische Fachgruppe sei der Arztgruppe 63 zuzuordnen, wie sie sich aus der Anlage 4 des Schlüsselverzeichnisses zum Bundesarztregister-Datensatz (BAR-Code-Tabelle) ergebe. Dieses Schlüsselverzeichnis werde seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aufgrund der Weiterbildungsordnungen der einzelnen Arztkammern erstellt. Mit der Einführung eines eigenen Leistungskapitels im EBM zum 01.04.2005 sei eine Topfbildung erforderlich geworden. Die Topfbildung sei unter der Prämisse erfolgt, dass ein Schutz vor Leistungsmengenausweitungen zu Lasten der Fachgruppe unterbunden werden sollte. Ferner sollte eine angemessene Teilhabe an der vertragsärztlichen Versorgung weiterhin gesichert werden. Als Basis für die Bildung des Honorartopfes seien die Quartale III/03 bis II/04 zugrunde gelegt worden. Ärzte anderer Fachrichtungen seien entgegen der Behauptung der Kläger nicht eingebunden worden. Bei Topfbildungen von kleineren oder inhomogenen Fachgruppen, komme ihr eine erhöhte Beobachtungspflicht zu. Eine Eingriffsverpflichtung bestehe aber nur, wenn eine unangemessene Vergütung bestehe, welche keinen Anreiz mehr zur weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung biete. Dies sei bei einem Punktwert von durchschnittlich 3,50 Cent in den streitigen Quartalen nicht der Fall.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.03.2010 – B 6 KA 43/08 R – trägt die Beklagte ergänzend vor:
Das BSG stelle klar, dass Kernpunkt der Bestimmung in § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V zwei Vorgaben seien, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, und gemäß Satz 8 lediglich hinzukomme, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen seien. Der vom BSG zu beurteilende HVV habe die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt. Dessen Steuerungselemente seien jedoch erst mit Wirkung zum Quartal II/05 eingeführt und nicht fortgeführt worden, so dass die Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 nicht einschlägig gewesen sei. Daher sei der dort streitbefangene HVV durch das BSG als rechtswidrig beurteilt worden. Im Bereich der Beklagten sei die Regelung über die Individualbudgets jedoch fortgeführt worden. Es sei daher allein zu prüfen, ob die Fortführung der Individualbudgets durch die Übergangsregelung des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 gedeckt sei. Die Regelungen des HVV seien im relevanten Zeitraum nahezu unverändert geblieben. Lediglich § 6 Abs. 5 HVV, der einen Abstaffelungspunktwert für im Einzelfall das Individualbudget übersteigende Punktmengen vorsehe, sei eine Änderung in Bezug auf die Individualbudgetierung. Diese Regelung führe jedoch näher an die gesetzlichen Vorgaben heran, weswegen die Änderung zulässig gewesen sei. Darüber hinaus seien auch die Auswirkungen der Individualbudgetierung mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar. Sowohl Individualbudgetierung als auch RLV dienten ihrem Sinn und Zweck nach der Kalkulationssicherheit und Punktwertstabilisierung. Für die RLV ergebe sich dies aus der Gesetzesbegründung; für die Individualbudgets habe die Beklagte dies seit Einführung derselben begründet, was letztlich durch das BSG mit Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R - bestätigt worden sei. Der Vergütungspunktwert sei in den Zeiten der Geltung der Individualbudgets einer der höchsten und stabilsten im Vergleich zu Regelungen in anderen KV-Bereichen gewesen und habe maßgeblich zur Ermittlung des bundesweiten Orientierungswertes für den Zeitraum ab I/09 beigetragen. Die Kontinuität der Honorarvolumen je Quartal und Praxis sei über einen sehr langen Zeitraum gewährleistet gewesen. Damit sei nach Einschätzung der Beklagten die Vergleichbarkeit in den Auswirkungen bereits zu bejahen. Ferner seien selbst die als Kernpunkte der gesetzlichen Vorgaben geforderten arztgruppenspezifischen Grenzwerte und festen Punktwerte vergleichbar geregelt. Die Zuordnung der Individualbudgets beruhe auf dem festen Punktwert in Höhe von 5,11 Cent nach § 7 Abs. 2 HVV. Der Einwand einer lediglich rechnerischen Größe überzeuge daher nicht. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass angesichts einer gedeckelten Gesamtvergütung ein fester Vergütungspunktwert eher sog. Augenwischerei bedeute. Auch unter den Bedingungen der RLV seit dem 01.01.2009 zeigten die Erfahrungswerte der letzten 6 Quartale, dass feste Vergütungspunktwerte in Höhe des Orientierungswertes auf der anderen Seite schwankende Fallwerte nach sich ziehen. Unter den gesetzgeberischen Bedingungen des gedeckelten Budgets müsse es zwangsläufig bei einem floatenden Element verbleiben. Die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte sei im HVV in Form eines fachgruppenspezifischen Punktzahlvolumens normiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil sich beide Beteiligte zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist begründet.
Die Kläger sind durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn diese Bescheide sind rechtswidrig. Den Honorarbescheiden für die Quartale I/06 und II/06 fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage die Honorarbescheide ergangen sind, verstoßen gegen höherrangiges Recht.
Nach § 85 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GKV-GMG vom 14.11.2003, BGBl. S. 2190; in Kraft getreten zum 01.01.2004) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte. Sie wendet dabei ab dem 01.07.2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen (KKn) gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an (§ 85 Abs. 4 Satz 2, 1. Halbsatz SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung des Grenzwertes ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 5 bis 8 SGB V).
Entsprechend der Regelung in § 85 Abs. 4 Satz 2, 1. Halbsatz SGB V haben die Beklagte und die nordrheinischen KKn gemeinsam und einheitlich den zum 01.01.2006 geltenden HVV beschlossen (HVV vom 21.11.2005 veröffentlicht in: Rhein. Ärzteblatt 1/2006, S. 63ff und fortgeführt mit HVV vom 31.01.2006 für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 veröffentlicht in: Rhein. Ärzteblatt 3/2006, S. 68ff). Nach der Präambel des HVV vertraten die Vertragspartner gemeinsam die Auffassung, dass im Hinblick auf den zum 01.04.2005 in Kraft getretenen neuen EBM 2000 plus eine Überarbeitung der Inhalte des Honorarverteilungsvertrages frühestens zum 01.04.2006 realisierbar sei. Auf Grund dessen komme für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.03.2006 der am 31.12.2005 geltende HVV in der nachstehenden Fassung zur Anwendung. Eine entsprechende Präambel enthielt die Fassung für den nachfolgenden Zeitraum des Quartals II/06. In § 7 Abs. 1 HVV ist vorgesehen, dass jede vertragsärztliche Praxis bzw. jedes ab dem 01.07.2004 nach § 95 Abs. 1 SGB V zugelassene Medizinische Versorgungszentrum und jeder ermächtigte Arzt für punktzahlbewertete Leistungen ein maximal abrechenbares individuelles Punktzahlvolumen (Individualbudget) erhalten. Leistungen, die eine vertragsärztliche Praxis, ein Medizinisches Versorgungszentrum und ein ermächtigter Arzt über das jeweils zugeordnete maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen hinaus abrechnen, unterliegen nach § 7 Abs. 2 HVV der Kürzung auf dieses Punktzahlvolumen. Die nach der Kürzung verbleibenden punktzahlbewerteten Leistungen einer vertragsärztlichen Praxis werden mit einem rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Höhe der Gesamtvergütung bewertet mit der Folge, dass sich quartalsweise eine Fachgruppenquote ergibt, die auf das maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen anzuwenden ist, § 7 Abs. 2 Satz 2 HVV.
Damit sind die in der Zeit bis zum 31.03.2005 geltenden Regelungen zum Individualbudget, welche bereits in dem Zeitraum vom 01.04.2005 bis zum 31.12.2005 fortgeführt worden sind (vgl. Urteil der Kammer vom 23.03.2011 - S 14 KA 266/06 -), auch in dem streitgegenständlichen Zeitraum zur Anwendung gekommen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.03.2010 – B 6 KA 43/08 R –) entsprechen Individualbudgets nicht den Vorgaben des § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V und sind daher keine Regelleistungsvolumina im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Denn Kernpunkt dieser Bestimmung sind zwei Vorgaben: arztgruppenspezifische Grenzwerte und feste Punktwerte. Ferner sind für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen nach § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V abgestaffelte Punktwerte vorzusehen. Insbesondere der Vorgabe fester Punktwerte misst das BSG besonderes Gewicht bei. Nach den Begründungen zum Gesetzentwurf vom 16.06.2003 (BT-Drucks 15/1170 S. 79) und vom 08.09.2003 (BT-Drucks 15/1525 S. 101) sei Ziel der Regelung, den Ärzten Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und –einkommen zu geben. Für das hiermit bezeichnete Ziel, stabile Punktwerte zu gewährleisten und den Ärzten dadurch zu ermöglichen, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen, stelle das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) eine zentrale und strikte Vorgabe dar. Bei dem Begriff "feste Punktwerte" sei kein Spielraum denkbar (vgl. BSG a.a.O). Demgegenüber ergibt sich unter den Regelungen der Individualbudgets nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 HVV im Ergebnis ein sog. floatender Punktwert. Denn danach wird den punktzahlbewerteten Leistungen des Vertragsarztes zwar ein rechnerischer Punktwert von 5,11 Cent zugrunde gelegt. Der endgültige Auszahlungspunktwert ist jedoch abhängig vom Abrechnungsverhalten der Fachgruppe. Je nach dem welche Leistungsmenge die Fachgruppe abrechnet und in welchem Verhältnis dies zu dem für die Fachgruppe zur Verfügung stehenden Honorartopf steht, errechnet sich eine höhere oder niedrigere Fachgruppenquote mit der Folge, dass sich ein dem entsprechender Auszahlungspunktwert ergibt. Darüber hinaus reicht es nach Auffassung des BSG für die Vorgabe arztgruppenspezifischer Grenzwerte nicht aus, wenn jeder Arztgruppe ein gemeinschaftliches Honorarkontingent (sog. Honorartopf) zugeordnet wird. Das Merkmal arztgruppenspezifischer Grenzwerte erfordere, dass in die Regelung jedenfalls auch ein Element arztgruppeneinheitlicher Festlegung einfließe. Hierzu müsse die Regelung z.B. jedenfalls auf arztgruppeneinheitlichen Fallpunktzahlen aufbauen (vgl. BSG a.a.O.). Nachdem die Individualbudgets nach Maßgabe des HVV der Beklagten somit weder feste Punktwerte noch arztgruppenspezifische Grenzwerte enthalten, genügen sie nicht den Anforderungen des § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V und sind daher keine RLV.
Das wird im Ergebnis von der Beklagten auch nicht geltend gemacht, wenn sie ausführt, dass sie keinen Zweifel daran gelassen habe, dass im streitbefangenen Zeitraum Individualbudgets und eben nicht RLV als Steuerungsinstrumente im HVV normiert waren. Demgemäß stützt sie die von ihr und den KKn im HVV normierten Individualbudgets auch auf die Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004, die nach Teil IV des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V aus der 4. Sitzung vom 16. Dezember 2005 auch in dem Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 Gültigkeit hatte. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat in seinem Beschluss festgelegt, dass die im Beschluss vom 29.10.2004 in Teil III für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis zum 31.12.2005 getroffene Regelung für die Bildung von RLV auch im Jahre 2006 anzuwenden sei. Die in diesem Beschluss getroffenen Vorgaben zur Steuerung arztgruppenspezifischer Auswirkungen und zur Ermittlung und Anwendung von RLV sollten weiter bis zum 31.12.2006 gelten (s. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, 09. Januar 2006, A76).
Die in dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 enthaltene Übergangsregelung ist nach der Rechtsprechung des BSG rechtmäßig. Aufgrund der Ermächtigung des § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Teilsatz i.V.m. Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V hat der Bewertungsausschuss eine solche Übergangsregelung normieren dürfen. Dem Bewertungsausschuss ist bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung des Inhalts der gemäß § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Dabei ist es Sinn dieser Ermächtigung, dass der Bewertungsausschuss den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Diesen Anforderungen wird die Übergangsvorschrift in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht, wenn sie gestattet, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar sind, fortgeführt werden (vgl. BSG a.a.O.).
Auch für den streitbefangenen Zeitraum begegnet die - fortgeführte - Übergangsregelung keinen rechtlichen Bedenken, denn aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten bestand nach wie vor Bedarf für eine lediglich allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat in seinem Beschluss vom 16.12.2005 (a.a.O.) festgestellt, dass aufgrund der noch unzureichenden Datenlage weder der gesetzliche Zeitrahmen zur Umsetzung der Einführung morbiditätsbezogener Regelleistungsvolumen gemäß §§ 85a-d SGB V eingehalten werden könne, noch die bestehenden Vorgaben zur Festlegung von Regelleistungsvolumen nach § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung ab 01.01.2006 in sinnvoller Weise weiterzuentwickeln seien, noch die Möglichkeit zu einer validen Überprüfung und ggf. Änderung des RLV-Beschlusses vom 13.05.2004 im Sinne des Teil IV. des RLV-Beschlusses vom 29.10.2004 bestehe (s. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, 09.01.2006, A 75). Die im Bewertungsausschuss vertretenen Institutionen haben daher den Gesetzgeber um eine Anpassung der gesetzlichen Zeitvorgaben gebeten (s. Teil I Satz 2 des Beschlusses vom 16.12.2005, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, 09.01.2006, A 76).
Der Gesetzgeber ist diesem Wunsch nach Anpassung der gesetzlichen Zeitvorgaben nachgekommen. § 85a Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-GMG sah noch vor, dass abweichend von § 85 Abs. 1, 2 und 3 für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ab dem 01.01.2007 die in den Absätzen 2 bis 6 getroffenen Regelungen gelten sollen. Hierzu war den Vertragsparteien des Gesamtvertrages nach § 83 SGB V insbesondere aufgegeben worden, den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf, die Aufteilung der Leistungsmenge nach Nummer 1 auf die jeweiligen Arztgruppen (arztgruppenbezogene RLV) sowie den für die Vergütung der im Rahmen des jeweiligen RLV erbrachten Leistungen anzuwendenden Punktwert zu vereinbaren, § 85a Abs. 2 Satz 2 SGB V. Ferner war in § 85b Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-GMG geregelt, dass abweichend von § 85 Abs. 4 und 4a die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01.01.2007 von der KÄV im Rahmen von arztbezogenenen RLV auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (§ 87 Abs. 1) vergütet werden. Mit diesen Regelungen bezweckte der Gesetzgeber, die auf mitgliederbezogenen Kopfpauschalen basierenden Honorarbudgets abzuschaffen und das finanzielle Risiko einer morbiditätsbedingten Mengenausweitung der abgerechneten ärztlichen Leistungen auf die Krankenkassen zu verlagern (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 102). Dabei sollte die Einführung der RLV in zwei Schritten erfolgen: Im Jahr 2006 hatten die Krankenkassen die RLV nach § 85a zu vereinbaren. Als Obergrenze für das Vergütungsvolumen sollte dabei die jeweils parallel gemäß § 85 zu vereinbarende Gesamtvergütung gelten; deshalb galt im Jahr 2006 die in § 85a Abs. 3 vorgesehene Abstaffelungsregelung für die Vergütung von über das RLV hinausgehende Leistungsmengen noch nicht. Krankenkassen, welche die Gesamtvergütungen bisher nach dem sog. Kassensitzprinzip vereinbart hatten, sollten die Gesamtvergütungen im Jahr 2006 erstmals nach dem Wohnortprinzip vereinbaren (vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 104 zu § 85c SGB V).
Nachdem diese gesetzlichen Vorgaben nach Angabe des Bewertungsausschusses nicht in dem vorgegebenen Zeitrahmen umzusetzen waren, hat der Gesetzgeber zunächst mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze – VändG – vom 22.12.2006, BGBl I 3439) mit Wirkung zum 01.01.2007 § 85c Abs. 1 und 3 SGB V sowie § 85d SGB V und mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung((GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I 378) mit Wirkung zum 01.04.2007 schließlich die §§ 85a und 85b SGB V aufgehoben. Als Begründung hat der Gesetzgeber ausgeführt: "Durch die Änderung des § 85c und die Aufhebung des § 85d werden die Regelungen der GMG-Vergütungsreform, die sich auf die konkrete Umsetzung dieser Reform in den Jahren 2006 (Erprobungsphase) und 2007 (Echtphase) beziehen, gestrichen. Da die GMG-Regelung so nicht mehr und die neue Vergütungsreform erst zum 01.01.2009 umgesetzt werden wird, können diese Regelungen entfallen" (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16/2474 – vom 25.10.2006, BT-Drucksache 16/3157, S. 16 zu §§ 85a bis 85d). In der Gesetzesbegründung zum GKV-WSG heißt es sodann wie folgt: "Ab dem 01. Januar 2009 tritt das neue vertragsärztliche Vergütungssystem in Kraft (s. §§ 85a und 85b sowie die Begründungen dazu). In der Zwischenzeit, d.h. in den Jahren 2007 und 2008, gilt das bestehende vertragsärztliche Vergütungssystem weiter. An diesem bestehenden Vergütungssystem werden hier noch die Anpassungen getroffen, die erforderlich sind, um einen möglichst reibungslosen Übergang zum neuen Vergütungssystem zu gewährleisten. Diese Anpassungen bei der Honorarverteilung werden faktisch nur in den Jahren 2007 und 2008 wirksam, da ab dem 01. Januar 2009 für den vertragsärztlichen Bereich die Honorarverteilung in seiner heutigen Form abgeschafft wird. Die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vorgesehenen Regelungen zur Ablösung der vertragsärztlichen Gesamtvergütungen durch (morbiditätsbezogene) Regelleistungsvolumina zum 01. Januar 2007 nach den §§ 85a und 85b (alt) können nicht greifen, da der Bewertungsausschuss die von ihm bis Mitte des Jahres 2005 zu vereinbarenden zentralen Grundsatzbeschlüsse nicht getroffen hat. Deshalb werden die Vergütungsregelungen nunmehr weiter vereinfacht und entbürokratisiert" (BT-Drucks. 16/3100, S. 118f zu Nummer 54 (§ 85) und zu Nummer 55(§§ 85a und 85b)).
Im Hinblick hierauf ist festzustellen, dass die Rahmenbedingungen für die Umstrukturierung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2006, wie sie noch das GKV-GMG vorgesehen hatte, nicht bzw. nur teilweise geschaffen worden waren und der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund einerseits eine strukturelle Veränderung der Vergütungsreform und andererseits eine zeitliche Verschiebung für deren verbindliche Einführung auf den 01.01.2009 vorgenommen hat. Lediglich § 85 Abs. 4 SGB V, in seiner Fassung, wie er sie durch das GKV-GMG erhalten hat, ist hierbei unverändert geblieben. Damit galt im Zeitraum des Jahres 2006 grundsätzlich die verbindliche Vorgabe fort, in den Honorarverteilungsmaßstäben nach § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind, mithin RLV festzulegen. Angesichts des oben geschilderten Verlaufs in der Strukturierung der Rahmenbedingungen durch Bewertungsausschuss und Gesetzgeber ist es nach Auffassung der Kammer dabei nicht zu beanstanden, wenn die im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 in Teil III Nr. 2.2 vorgesehene Übergangsregelung seitens des Erweiterten Bewertungsausschusses für den streitgegenständlichen Zeitraum weiter fortgeschrieben wird. Die komplexen Veränderungen, die der Gesetzgeber mit dem GKV-GMG hat einführen wollen und die in der vorgegebenen Zeitschiene nur teilweise umgesetzt worden sind (oder auch umsetzbar waren), zeigen, dass Anpassungen an und Übergänge zu neuen Verteilungsregelungen aus Gründen der Kontinuität des Honorarumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität einen nicht unerheblichen Zeitrahmen verlangen. Es ist daher von der Gestaltungsfreiheit des Erweiterten Bewertungsausschusses umfasst, wenn er eine Übergangsregelung beschließt, die auf mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbare Steuerungselemente abstellt (vgl. BSG Urteil vom 17.03.2010 - B 6 KA 43/08 R -).
Damit bemisst sich die Rechtmäßigkeit der im streitigen Zeitraum von der Beklagten vorgenommenen Honorarverteilung an den Vorgaben der Regelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004. Diese hat folgenden Inhalt: "Sofern in einer Kassenärztlichen Vereinigung zum 31. März 2005 bereits Steuerungselemente vorhanden sind, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar sind, können diese bis zum 31. Dezember 2005 fortgeführt werden, wenn die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene das Einvernehmen hierzu herstellen. Wird kein Einvernehmen durch die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene hergestellt oder sind solche Steuerungselemente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 4 SGB V vergleichbar sind, nicht vorhanden, finden Regelleistungsvolumen gemäß 3. mit Wirkung zum 1. April 2005 Anwendung." Die Rechtmäßigkeit ist daher davon abhängig, ob eine Fortführung von Steuerungselementen vorlag und ob diese in ihren Auswirkungen mit den Vorgaben in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V vergleichbar sind.
Die Fortführung von Steuerungselementen ist nach Auffassung der Kammer ohne weiteres zu bejahen. Zwar weist der streitgegenständliche HVV gegenüber dem bis zum 31.03.2005 geltenden HVV einige Änderungen auf, behält die wesentliche Struktur der Honorarverteilung in Form von arztgruppenspezifischen Honorartöpfen und Individualbudgets, also das bisherige Steuerungselement, jedoch bei. Soweit z.B. in § 6 Abs. 5 HVV in den seit 01.04.2005 geltenden HVVen eine Regelung enthalten ist, wonach zur Feststellung eines Abstaffelungspunktwertes für im Einzelfall das Individualbudget übersteigende Punktmengen die unterschiedliche Vergütungszahlung der Primär- und Ersatzkassen zu Grunde gelegt wird, bleibt das Steuerungselement "Individualbudget" dennoch erhalten. Darüber hinaus stellt diese Regelung angesichts des in § 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V vorgegebenen Abstaffelungspunktwerts eine Modifizierung dar, die sich nicht von den Vorgaben des § 85 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 SGB V weiter entfernt, sondern auf diese hinführt.
Ferner sind RLV und Individualbudgets nach Auffassung der Kammer in ihrer Zielsetzung sowohl hinsichtlich der Kalkulationssicherheit als auch hinsichtlich der Leistungsmengensteuerung vergleichbar. Regelleistungsvolumen sind arztgruppenspezifische Grenzwerte, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (vgl. Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 Ziffer III. 2.1). Nach der Gesetzesbegründung zu § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V soll durch diese Regelung erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und –einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (BT-Drucksache 15/1525, S. 101). Zu den Individualbudgets hat das BSG in seinen Urteilen vom 10.12.2003 (vgl. u.a. B 6 KA 54/02 R) ausgeführt, dass Honorarbegrenzungsregelungen dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung sowie dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit widersprechen könnten, weil Honorarkürzungen bei Überschreitung sog. individueller Leistungsbudgets zur Folge haben, dass sich das Honorar vermindert, obwohl auch die Leistungen, die nicht in die Vergütung mit einbezogen sind, der Leistungsbeschreibung im EBM entsprechend erbracht worden sind. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung handele es sich jedoch nur um einen Grundsatz. Von diesem dürfe abgewichen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung damit andere billigenswerte Zwecke verfolgt. Solche anerkennenswerte Zielsetzungen könnten in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise den Vertragsärzten für einen bestimmten Anteil des vertragsärztlichen Honorars eine gewisse Kalkulationssicherheit gewährleistet werde (BSG a.a.O.). Bereits bei der Einführung sog. Honorarkontingente war die sachliche Rechtfertigung in dem Ziel gesehen worden, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (BSG Urteil vom 21.10.1998 SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 S. 205f). Entsprechendes gilt für die Individualbudgets. Auch für diese ist es als billigenswertes Ziel angenommen worden, dass die Beklagte eine Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes und damit eine gewisse finanzielle Kalkulationssicherheit erreichen wollte (BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R-).
Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann jedoch nicht den Mangel ausgleichen, der entsteht, wenn die Steuerungselemente in ihren Auswirkungen nicht vergleichbar sind.
Das LSG NRW hat in seinen Entscheidungen vom 08.09.2010 (u.a. L 11 KA 60/07) hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Auswirkungen der beiden Steuerungselemente wie folgt ausgeführt:
"Das Steuerungsinstrument IB ist in seinen "Auswirkungen" mit den normativen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V und damit jenen des RLV nicht vergleichbar.
(a) Der Terminus "Wirkung" beschreibt ein Geschehen oder Handeln bzw. deren Ergebnis, das nach einem Kausalurteil in einem Kausalzusammenhang mit einem anderen voraufgehenden Geschehen oder Ereignis bzw. Sachverhalt steht oder stehen soll (Meyers, Enzyklopädisches Lexikon, 9. Auflage, 1981, S. 420 zum Stichwort "Wirkung") bzw. eine durch verursachende Kraft bewirkte Veränderung (Duden, 1983, S. 1446 zum Stichwort "Wirkung"). Die Begrifflichkeit "Wirkung" wird somit durch drei Elemente bestimmt, nämlich Geschehen (Ereignis), Kausalverlauf und Ergebnis (Erfolg). Hingegen umschreibt die Begrifflichkeit "Auswirkung" nach allgemeinem Sprachverständnis, mit welcher Intensität der durch das Ereignis initiierte Geschehensablauf auf das Ergebnis einwirkt und welche Folgen hierdurch entstehen.
Das bedeutet: Wenn das Ziel des Einsatzes der Steuerungsinstrumente RLV und Individualbugetierung gleichermaßen u.a. darin liegt, dem Vertragsarzt Kalkulationssicherheit zu geben, so sind die Auswirkungen beider Steuerungsinstrumente dann identisch, wenn lediglich danach gefragt wird, ob der Einsatz des jeweiligen Steuerungsinstruments dieses Ziel realisiert. Das Ziel (Kalkulationssicherheit) wäre jeweils erreicht. Die auf dieses Ergebnis (Erfolg) bezogenen Auswirkungen wären mit dem Ziel identisch, denn das Geschehen (Einsatz des Steuerungsinstruments) führt jeweils (Kausalzusammenhang) zu erhöhter Kalkulationssicherheit (Auswirkung). Dieser gedankliche Ansatz greift indessen zu kurz. Sind zwar die Ziele beider Steuerungsinstrumente identisch, können die Auswirkungen sehr wohl unterschiedlich sein. Auswirkungen hat der Einsatz der Steuerungsinstrumente nicht nur insoweit, dass ggf. die damit verbundenen Ziele erreicht werden. Die durch den Geschehensablauf (kausal) bewirkten Änderungen gehen weiter. Individualbudgetierung und RLV werden nicht um ihrer selbst Willen eingefügt, vielmehr handelt es sich um Steuerungsinstrumente, die auf das Leistungs- und Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes einwirken sollen. Bezugspunkt des Wirkmechanismus ist daher nicht die Frage, ob das zuvor definierte Ziel erreicht wird (z.B. Kalkulationssicherheit), sondern wie sich die Zielerreichung (Geschehen) kausal auf das Leistungs- und Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes auswirkt (Ergebnis).
In Anwendung des Steuerungsinstruments RLV steht vor Leistungserbringung fest, wie die jeweilige ärztliche Leistung vergütet wird. Demgegenüber bewirkt das Steuerungsinstrument IB, dass der Vertragsarzt bei ungefähr gleich bleibenden Behandlungsfällen und -voraussetzungen zu Beginn eines Quartals die Höhe des zu erwartenden Honorars im Gegensatz zu früheren Regelungen (lediglich) sicherer abschätzen (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R -) und insofern im vorhinein sein Leistungs- und Abrechnungsverhalten bezogen auf den zu erwartenden praxisbezogenen Umsatz und der zu erwartenden Fachgruppenquote mengenbegrenzend anpassen kann. Zur Bewertung der punktzahlbewerteten Leistungen mit einem - gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Höhe der Gesamtvergütung - rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent wird kein fester Punktwert für die im Rahmen des maximalen Punktzahlvolumens abgerechneten Punkte bestimmt, sondern zur Bestimmung der Quoten (vgl. auch Abs. 2) lediglich eine Rechengröße festgelegt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 08.03.2006 - L 10 KA 22/05 -). Mit § 7 HVV erfolgt die Berechnung eines individuellen Punktwertes für den anerkannten Leistungsbedarf, der, soweit der Arzt das für seine Praxis maximal abrechenbare Punktzahlvolumen nicht überschreitet, der sogenannten Fachgruppen-Quote entspricht und im Falle einer Überschreitung eine entsprechende Reduzierung erfährt, ausgewiesen als praxisindividuelle Quote. Unabhängig von der in § 7 Abs. 2 HVM erwähnten unterschiedlichen Höhe der jeweils zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung ergeben sich in den jeweiligen Arztgruppen von dem 5,11 Cent-"Wert" bereits aus der Bildung von arztgruppenbezogenen Honorartöpfen gemäß § 6 Abs. 4 HVM Abweichungen. Die Fachgruppenquote entspricht demnach lediglich dem sich aus der Topfbildung für jede Arztgruppe ergebenden Punktwert, der vor allem durch Änderungen der Leitungsmengen - also dem Leistungsverhalten der Fachgruppe - gegenüber dem entsprechenden Bezugszeitraum beeinflusst wird. Im Rahmen der Ermittlung des individuellen Punktwertes jeder Praxis erweist sich die dem Punktwert einer Arztgruppe entsprechende Fachgruppenquote daher ihrerseits nur als ein - vom Leistungsverhalten der Arztgruppe abhängiger - Berechnungsfaktor, dessen tatsächliche Höhe erst nach Leistung und Abrechnung errechnet werden kann. Während also der Vertragsarzt nach Maßgabe der Individualbudgetierung aufgrund der Kombination von Individualbudgets und floatendem Element auf Schätzungen angewiesen ist, hat er in Anwendung des Steuerungsinstruments RLV angesichts fester Punktwerte grundsätzlich Kenntnis von der Höhe der Vergütung für jede einzelnen ärztliche Leistung. Das wiederum bedeutet, dass er unter Geltung der RLV sein Leistungsverhalten, soweit es dem Grunde nach steuerbar ist, situationsadäquat anpassen kann und insoweit nicht auf (ungewisse) Schätzungen angewiesen ist.
(b) Im Übrigen: Durch die Individualbudgetierung wird der "Umsatz" gesteuert, denn dieser ist maßgebender Anknüpfungspunkt für die Berechnung des IBs (vgl. § 7 Ziffer 1 HVV n.F.). Demgegenüber setzt das RLV-System entscheidend bei den Fallzahlen an (vgl. hierzu KVNO aktuell 7+8, 2004, Seit 2 f.), denn die Höhe des RLV ergibt sich aus der Multiplikation der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal (vgl. Teil III 3.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses). Mithin sind die Auswirkungen beider Steuerungsinstrumente auch insoweit unterschiedlich ("nicht vergleichbar"). Unter Geltung der Individualbudgetierung ist der Vertragsarzt gehalten, seinen Umsatz den Vorgaben des IB anzupassen, hingegen bewirkt das RLV-System, dass er mittels der Fallzahlen sein Leistungsgeschehen steuern muss." (Zitat Ende)
Sofern danach die Vergleichbarkeit der Auswirkungen der beiden Steuerungselemente wesentlich davon abhängt, ob der Vertragsarzt in gleicher Weise eine sichere Abschätzung seines vertragsärztlichen Honorars treffen kann, und der Vergleichsmaßstab damit auf die gesetzliche Vorgabe in § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V – insbesondere Kalkulationssicherheit aufgrund fester Punktwerte – reduziert wird, kann die Vergleichbarkeit der Auswirkungen von Individualbudgets und RLV nach Auffassung der Kammer nicht bejaht werden. Das gilt auch angesichts der Fallwertschwankungen, die sich seit Einführung der RLV zum 01.01.2009 ergeben haben. Denn ungeachtet der sich verändernden Fallwerte stand für den Vertragsarzt jeweils vor Beginn des Quartals fest, mit welchem Punktwert das ihm zugewiesene RLV und mit welchem abgestaffelten Punktwert die das zugewiesene RLV übersteigende Leistungsmenge vergütet werden.
Soweit die Kammer in früheren Entscheidungen (vgl. u.a. Urteil vom 25.07.2007 – S 14 KA 151/06 – zum Quartal II/05) hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Auswirkungen einen weiteren Auslegungsspielraum zur Anwendung gebracht hat, hält die Kammer hieran angesichts der obigen Ausführungen nicht mehr fest.
Die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 werden daher mit den streitgegenständlichen HVVen nicht erfüllt. Die angefochtenen Honorarbescheide beruhen somit auf einer rechtswidrigen Honorarverteilung, nachdem sich die Regelungen des HVV auch nicht im Zusammenhang mit der Einführung des EBM 2000 plus unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen lassen (vgl. für das Quartal II/05 u.a. LSG NRW Urteil vom 08.09.2010 – L 11 KA 60/07 –).
Im Hinblick auf die obigen Feststellungen kann schließlich dahinstehen, ob die Beklagte in ihren HVVen gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit dadurch verstoßen hat, dass sie den Honorartopf für die Fachgruppe der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin – wie die Kläger vortragen – nicht ausreichend bemessen hat. Sind die Honorarverteilungsregelungen bereits aufgrund ihrer Systematik dem Grunde nach rechtswidrig, ist diese Frage nicht mehr entscheidungsrelevant. Denn bei einer neugeregelten Honorarverteilung, die den oben ausgeführten Anforderungen genügt, haben auch die Honorartöpfe des streitgegenständlichen Zeitraums keinen Bestand. Insofern erübrigen sich Überlegungen dazu, ob der Fachgruppentopf der klägerischen Fachgruppe zu gering bemessen war, ob dieser deshalb von Anfang an rechtswidrig war oder ob lediglich eine Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht der Beklagten bestand und ob sie dieser in ausreichender Weise nachgekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
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