L 2 AL 41/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AL 150/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 41/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Berufungskläger führt den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolger seiner am 1. April 2009 verstorbene Ehefrau (im Folgenden als Versicherte bezeichnet) weiter.

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs der Versicherten auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 30. Oktober 2007; ab dem 1. November 2007 bezog die Versicherte Altersrente.

Die Versicherte war ab dem 1. November 2001 als Landschaftsarbeiterin im Rahmen einer geförderten Maßnahme "55 aktiv in Rente" bei der K Ö ... S. mbH in W. (im Folgenden als Arbeitgeberin bezeichnet) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war entsprechend der (mehrfach verlängerten) Dauer der geförderten Maßnahme auf die Zeit bis zum 31. Oktober 2005 befristet. Auf dieses Arbeitsverhältnis fand der zwischen der Arbeitgeberin und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie geschlossene Firmentarifvertrag zur Regelung der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen vom August 2001 Anwendung. Nach § 10 Abs. 1 dieses Tarifvertrages hatten alle Arbeitnehmer nach einer Beschäftigungsdauer von mindestens sechs Monaten Anspruch auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 45% einer Monatsvergütung. § 10 Abs. 2 des Tarifvertrags lautet: "Die Jahressonderzahlung wird im Monat des Maßnahmeendes ausgezahlt." Diese Bestimmung wurde unter Bezugnahme auf den Tarifvertrag in dem zwischen der Versicherten und der Arbeitgeberin abgeschlossenen Arbeitsvertrag wiederholt. Zur Nettovergütung bestimmte § 12 des Tarifvertrages, dass diese monatlich durch bargeldlose Überweisung zu erfolgen hat. In den Jahren 2003 und 2004 erhielt die Versicherte die Jahressonderzahlung jeweils in Höhe von 506,25 EUR Brutto mit dem Gehalt für den Monat Oktober des Jahres. Wegen des genauen Inhalts des in das Verfahren eingeführten Firmentarifvertrages wird auf Blatt 49 bis 63 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Die Versicherte meldete sich am 21. September 2005 zum 1. November 2005 bei der Beklagten arbeitslos. Den ausgefüllten Antrag auf Alg gab die Versicherte dann erst am 14. November 2005 bei der Beklagten ab. Beigefügt war eine von der Arbeitgeberin unter dem Datum vom 10. Oktober 2005 erstellte Arbeitsbescheinigung mit Angaben zum Bruttoarbeitsentgelt der Versicherten für die Beschäftigungszeit vom 1. November 2004 bis zum Ende des Monats Oktober 2005. Für die Monate November 2004 bis September 2005 waren jeweils Arbeitsentgelte in gleichbleibender Höhe von 1.125,00 EUR und für den Monat Oktober 2005 war unter Berücksichtigung einer Einmalzahlung von 506,25 EUR ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von 1.631,24 EUR angegeben. Insgesamt war für den zwölf Monate umfassenden Zeitraum ein Bruttoarbeitsentgelt von 14.006,25 EUR ausgewiesen. Die Angaben für Oktober 2005 und die Gesamtsumme waren dabei erkennbar nachträglich korrigiert worden. Eine Mitarbeiterin der Beklagten fragte daraufhin am 14. November 2005 telefonisch im Lohnbüro der Arbeitgeberin nach und sprach mit einer Mitarbeiterin der Arbeitgeberin. Über den Inhalt des Gesprächs hielt sie fest, die Gesprächspartnerin habe die Auskunft erteilt, der Lohn für Oktober 2005 sei erst im Monat November 2005 abgerechnet worden. Die Gesprächspartnerin habe aber nicht eingesehen, dass der Monat Oktober 2005 dann nicht in der Arbeitsbescheinigung hätte berücksichtigt werden dürfen. In der von der Versicherten vorgelegten Verdienstbescheinigung für Oktober 2005 wurde die Sonderzahlung so wie in der Verdienstbescheinigung angegeben berücksichtigt. Der entsprechende Nettobetrag wurde im November 2005 auf das Konto der Klägerin überwiesen.

Die Beklagte bewilligte der Versicherten mit Bescheid 16. Dezember 2005 Alg ab dem 1. November 2005 für eine Anspruchsdauer von 720 Kalendertagen, wobei sie für die Leistungsberechnung nur das für die Monate November 2004 bis September 2005 angegebene Bruttoeinkommen mit insgesamt 12.375,00 EUR berücksichtigte. Dividiert durch 334 (entsprechend der Anzahl der Kalendertage in diesen Monaten) ergab sich dabei ein Bemessungsentgelt von gerundet 37,05 EUR für den Kalendertag und nach pauschaler Berücksichtigung der Abzugsbeträge ein Leistungssatz von 17,56 EUR für den Kalendertag. Gegen diese Leistungsbewilligung erhob die Versicherte schon am 13. Dezember 2005 Widerspruch und beanstandete die Nichtberücksichtigung der Sonderzahlung bei der Leistungsbemessung. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2006 mit der Begründung zurück, der für die Leistungsberechnung relevante Bemessungszeitraum umfasse (nur) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Demzufolge könne im konkreten Fall das erst im November 2005 abgerechnete Arbeitsentgelt für Oktober 2005 mit der Sonderzahlung keine Berücksichtigung finden.

Die Versicherte hat am 10. März 2006 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse bei der Leistungsbemessung ein volles Jahr der Beschäftigung zugrunde legen, so dass die Sonderzahlung einmal zu berücksichtigen sei. Die Beklagte dürfe sich nicht einerseits auf das sogen. Zuflussprinzip berufen und anderseits dann den Bemessungsrahmen "entgelttechnisch" auf elf Monate verkürzen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 8. Mai 2008 als unbegründet abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Maßgeblich für die Leistungsberechnung sei ein einjähriger Bemessungsrahmen, der vom Ende der letzten beitragspflichtigen Beschäftigung zurückgerechnet werde, so dass im konkreten Fall der Zeitraum vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2005 maßgeblich sei. Der Bemessungszeitraum umfasse dann die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltzeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Es sei nicht notwendig, dass der Bemessungsrahmen dabei voll mit Beschäftigungszeiten ausgefüllt sei. Somit sei hier der erst im November 2005 abgerechnete Monat Oktober 2005 nicht zu berücksichtigen.

Gegen das ihr am 16. Mai 2008 zugestellte Urteil hat die Versicherte am 16. Juni 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen: Es müsse Berücksichtigung finden, dass ihr nach den tarifvertraglichen Bestimmungen die Jahressonderzahlung schon im Oktober 2005 hätte ausgezahlt werden müssen. Bei dem Zufluss erst nach dem Ausscheiden handelte es sich um eine nachträgliche Vertragserfüllung; das in diesem Rahmen gezahlte Entgelt sei in die Leistungsberechnung einzubeziehen.

Der Berufungskläger, der mit der Versicherten verheiratet war und mit ihr in einem Haushalt lebte, hat mit Schriftsatz vom 15 Mai 2009 erklärt, den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolger für die am 1. April 2009 verstorbene Versicherte weiter zu führen. Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Mai 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Versicherten Arbeitslosengeld ab dem 1. November 2005 auf der Grundlage eines im Bemessungszeitraum von zwölf Monaten erzielten Bruttoarbeitsentgelts von 14.006,25 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für richtig und verweist darauf, die Leistungsbemessung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben vorgenommen zu haben. Das Arbeitsentgelt für den Monat Oktober 2005 sei bei Ausscheiden der Versicherten aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht abgerechnet gewesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weitern Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig, weil sie eine laufende Leistung für mehr als ein Jahr betrifft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Klagebegehren ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) aufzufassen, denn in der Sache wird über die Höhe des Anspruchs auf Alg der Versicherten ab dem 1. November 2005 gestritten. Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg lagen ab diesem Zeitpunkt bei der Versicherten vor. Sie war arbeitslos und hatte sich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet sowie die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg erfüllt.

Die Beklagte hat mit ihrem angefochtenen Bewilligungsbescheid den Anspruch in der rechtlich zustehenden Höhe festgesetzt.

Nach § 129 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) beträgt die Höhe des Alg-Anspruchs 60 v. H. (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, dass der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der allgemeine Leistungssatz ist maßgeblich, wenn - wie im Falle der Versicherten - kein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist.

Anwendung finden hier für die Leistungsberechung die §§ 130 ff. SGB III in der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Fassung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848). Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungsrahmen umfasst in der Regel nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Daraus folgt hier, dass für den Bemessungsrahmen von dem letzten Tag vor der Entstehung des Anspruch der Versicherten auf Alg am 1. November 2005 zurückzurechnen ist, so dass sich als Bemessungsrahmen die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2005 ergibt. Der Bemessungszeitraum liegt dann innerhalb dieses Bemessungsrahmens und umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Zeiten vor dem 1. November 2004 konnten somit im konkreten Fall nicht in den Bemessungszeitraum einfließen, weil sie außerhalb des Bemessungsrahmens liegen. Eine Berücksichtigung des Monats Oktober 2005 scheidet aus, weil es sich um keinen bei dem Ausscheiden der Versicherten aus ihrer Beschäftigung abgerechneten Entgeltrechnungszeitraum handelte. Ein abgerechneter Entgeltabrechnungszeitraum liegt vor, wenn das erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet ist, so dass es ohne weiteres an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG -, zuletzt Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 R – zitiert nach juris). Im Falle der Versicherten lag nach dem Ergebnis der schon im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen, das der Senat mangels dagegensprechender Anhaltspunkte als richtig übernehmen kann, bis zum Ausscheiden der Versicherten aus ihrem Beschäftigungsverhältnis Ende Oktober 2005 noch keine Gehaltsabrechnung für den Monat Oktober 2005 vor. Die genaue Abrechnung des für Oktober 2005 zustehenden, Ende dieses Monats fällig werdenden Gehalts und die Überweisung des Zahlbetrages erfolgten erst Anfang des Folgemonats.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Arbeitgeberin bereits Mitte Oktober 2005 in die für die Versicherte ausgestellte Arbeitsbescheinigung das beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt für Oktober 2005 eingetragen hat. Zu diesem Zeitpunkt ging die Arbeitgeberin bei einem im Vergleich zu den Vormonaten unveränderten Monatsgehalt und einem im Vergleich zum Vorjahr unveränderten Anspruch auf die jährliche Sonderzahlung vorausschauend von der bescheinigten Höhe des Bruttoentgelts für den Monat Oktober 2005 aus. Dies reicht aber nach Auffassung noch nicht aus, um einen abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III anzunehmen. Die von der Rechtsprechung formulierte Anforderung, das Arbeitsentgelt müsse vollständig so abgerechnet sein, dass es ohne weitere an den Arbeitgeber ausgezahlt werden könne, könnte zwar bei einer am Sinne und Zweck der § 130 f. SGB III orientierten Auslegung so verstanden werden, dass (nur) das Bruttogehalt errechnet sein muss. Denn das Bruttoarbeitsentgelt (mit allen seinen Bestandteilen wie Provisionen oder andern von bestimmten Faktoren abhängigen variablen Bestandteilen) ist die Grundlage für die Leistungsbemessung. Hat der Arbeitgeber das Bruttoentgelt für einen Monat ermittelt, kann dies dann als feste Größe der Berechnung des konkreten Nettoentgelts zugrunde gelegt werden. Für dessen Berechnung sind nur noch im Wege der automatisierten Entgeltberechnung die Abzüge für Steuern und für die Sozialversicherung nach jeweils feststehenden Prozentsätzen vorzunehmen. Eine solche Abrechnung des Bruttoentgelts muss aber in dem Sinne endgültig sein, dass nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit bei gewöhnlichem Geschehensablauf mit einer bestimmten Entgelthöhe zu rechnen ist. Es muss ausgeschlossen sein, dass noch für die Höhe des Entgelts abrechnungsrelevante Umstände auftreten können. Diese Voraussetzungen lagen bei Erstellung der Entgeltbescheinigung Mitte Oktober 2005 noch nicht vor. Es war nicht auszuschließen, dass bis zum Monatsende noch Umstände auftreten würden, die zu einem veränderten Entgeltanspruch führen würden. So bestimmte etwa § 10 Abs. 4 des Firmentarifvertrages, dass sich der Anteil der Jahressonderzahlung bei unentschuldigten Fehltagen um den jeweiligen Monatsanteil reduziert. Auch wäre denkbar gewesen, dass die Versicherte im Einvernehmen mit der Arbeitgeberin in der zweiten Hälfte des Monats Oktober 2005 bei einem besonderen Anlass um unbezahlten Sonderurlaub nachgesucht hätte. Eine endgültige Abrechnung des Bruttoentgelts für den Monat Oktober 2005 konnte somit Mitte dieses Monats noch nicht erstellt werden.

Die Voraussetzungen für eine Ermittlung des Bemessungsentgelts in einem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen lagen nicht vor. Nach § 130 Abs. 3 SGB III wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn (1.) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder (2.) es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Die erste Alternative für die Erweiterung des Bemessungsrahmens liegt nicht vor, weil auch ohne den Monat Oktober 2005 im Regelbemessungsrahmen ein Bemessungszeitraum mit 334 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt liegt. Auch die Voraussetzungen für eine unbillige Härte entsprechend der zweiten Alternative liegen nicht vor. Eine unbillige Härte in diesem Sinne liegt erst dann vor, wenn ohne Prüfung der individuellen Gründe für die Veränderung der Einkommenshöhe das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das um 10% erhöhte Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungsrahmen übersteigt (BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 30/09 R – zitiert nach juris). Für die Regelbemessung ergibt sich bei einem Bemessungszeitraum mit den Monaten November 2004 bis September 2005 das von der Beklagten errechnete Bemessungsentgelt von 37,05 EUR für den Kalendertag (12.375,00 EUR dividiert durch 334). Für ein um 10% erhöhtes Regelbemessungsentgelt ergibt sich eine Betrag von 40,76 EUR (37,05 EUR plus 3,71 EUR). Als erweiterter Bemessungsrahmen wäre der Zeitraum vom 1. November 2003 bis 31. Oktober 2005 heranzuziehen. Für das erste Jahr des Bemessungszeitraums wäre dann ein Bruttoarbeitsentgelt von 14.006,25 EUR (zwölf mal ein Monatsbetrag von 1,125,00 EUR zuzüglich der Sonderzahlung von 506,25 EUR für Oktober 2004) bei 365 Kalendertagen zugrunde zu legen. Für den zweiten Jahreszeitraum verbleibt es bei dem Arbeitsentgelt von 12.375,00 EUR bei 334 Kalendertagen. Dies ergibt ein Bemessungsentgelt von 37,74 EUR (26.381,25 dividiert durch 699), welches deutlich unter dem erhöhten Regelbemessungsentgelt von 40,76 EUR liegt. Im Übrigen würde auch ein Bemessungsentgelt, das für zwei voll mit Beschäftigungszeiten belegte Jahre berechnet würde, mit 38,37 EUR (14.006,24 EUR mal 2 dividiert durch 730 Tage) deutlich unter dem erhöhten Regelbemessungsentgelt liegen. Es kann somit unter allen erdenklichen Gesichtspunkten nicht davon gesprochen werden, dass die Versicherte bei Zugrundelegung des Regelbemessungsentgelts eine besondere Härte erleidet.

Im Falle der Versicherten führt auch der Umstand, dass sie arbeitsrechtlich einen Anspruch aus Auszahlung der Sonderzahlung bereits im Oktober 2005 hatte und dass die Sonderzahlung dann später tatsächlich im Wege der nachträglichen Vertragserfüllung im November 2005 zugeflossen ist, nicht zu einem Anspruch auf Berücksichtigung der Sonderzahlung beim Bemessungsentgelt. Das BSG hat ausdrücklich betont, dass sich an der Festlegung des Bemessungsrahmens und des Bemessungszeitraums unter Beachtung nur der abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume durch den Wandel der Rechtsprechung zum Zuflussprinzip (von der strengen zur modifizierten Zuflusstheorie, nach der auch Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist, auf dass bereits im Bemessungszeitraum ein Anspruch bestand, der aber erst nach Ende des Bemessungszeitraums erfüllt wird) nichts geändert hat (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 R – zitiert nach juris). Dem stimmt der erkennende Senat zu. Der Wortlaut der oben zitierten Vorschriften ist eindeutig und lässt eine andere Auslegung zu. Deshalb kann der Zufluss von Arbeitsentgelt nach Ende der Beschäftigung nur dann Relevanz für das Bemessungsentgelt haben, wenn die Zahlung (nachträglich) für einen Zeitraum erfolgt, der im Übrigen bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis schon abgerechnet war und deshalb vom Bemessungszeitraum umfasst wurde. Dies war aber - wie oben aufgezeigt - bezogen auf den Monat Oktober 2005, in dem der Anspruch auf die Sonderzahlung fällig wurde, nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine nicht schon von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärten Zweifelsfragen aufwirft.
Rechtskraft
Aus
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