Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2228/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1301/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Unfallversicherungsträger hat keinen Erstattungsanspruch als unzuständiger Leistungsträger gegen den Rentenversicherungsträger, wenn sich nachträglich herausstellt, dass er einem Versicherten zu Unrecht Verletztenrente gezahlt hat, die der Rentenversicherungsträger auf die dem Versicherten gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit angerechnet hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 109.087,08 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung des Betrags (EUR 109.087,08), um den die dem am 1930 geborenen und am 2006 verstorbenen Versicherten von der Beklagten bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Regelaltersrente aufgrund der dem Versicherten von der Klägerin geleisteten Verletztenrente von der Beklagten gemäß § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis 31. Juli 2006 gekürzt wurde.
Die Beklagte bewilligte dem Versicherten mit Bescheid vom 07. Mai 1992 ab 01. Juni 1991 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die sie ab 23. Oktober 1991 zahlte. Die Klägerin gewährte dem Versicherten mit Bescheid vom 28. Juli 1992 ab 29. September 1990 wegen einer als Berufskrankheit anerkannten durch die Einwirkungen von Asbest verursachten Bauchfellerkrankung bis 31. Juli 2006 eine Dauerrente in Höhe von 100 v.H ... Wegen des Zusammentreffens der Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Verletztenrente aus der Unfallversicherung berechnete die Beklagte die dem Versicherten mit Bescheid vom 07. Mai 1992 bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 23. Oktober 1991 neu (Bescheide vom 01. Dezember 1992 und 05. Januar 1993). Anstelle der bisherigen Nettorente in Höhe von DM 2.026,74 belief sich der monatliche Zahlbetrag ab 01. November 1991 nur noch auf DM 471,29. Die Beklagte machte gegenüber der Klägerin einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 23. Oktober 1991 bis 31. Januar 1993 geltend, den die Klägerin für die Zeit bis 31. Januar 1993 erfüllte. Des Weiteren nahm die Beklagte den Bescheid vom 07. Mai 1992 zurück (Bescheid vom 28. Juli 1993) und berechnete die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen Änderung des Zahlbetrages der Verletztenrente neu (Bescheid vom 05. Januar 1995). Sie bewilligte dem Versicherten mit Bescheid vom 18. Juli 1995 ab 1. August 1995 Regelaltersrente, die sie ebenfalls wegen des Zusammentreffens mit der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung minderte. Die nach dem Tod durchgeführte Obduktion des Versicherten ergab, dass dieser nicht an der von der Klägerin anerkannten Berufskrankheit gelitten hatte. Hierauf lehnte die Klägerin mit Bescheid vom 25. Januar 2007 einen Anspruch auf Leistungen bei Tod gegenüber der Witwe des Versicherten ab. Eine Berufskrankheit liege nicht vor. In der Begründung des Bescheides heißt es weiter, dass der anerkannte Versicherungsfall und die gleichzeitige Gewährung einer Verletztenrente rückblickend betrachtet nicht rechtmäßig gewesen sei. Der Bescheid vom 28. Juli 1992 über die Anerkennung einer Berufskrankheit könne jedoch nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches nicht mehr zurückgenommen werden. Eine Rückforderung bisher an den Versicherten erbrachter Leistungen erfolge nicht.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2007 meldete die Klägerin der Beklagten gegenüber einen Erstattungsanspruch an. Sie erhob Anspruch auf die einbehaltenen Rentenleistungen infolge des Zusammentreffens mit der Verletztenrente. Die Beklagte lehnte die Erstattung ab.
Hierauf erhob die Klägerin am 03. Juli 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Sie hätte in der falschen Annahme ihrer Leistungsverpflichtung Verletztenrente gezahlt. Ohne diese Annahme wäre sie von der Leistung frei gewesen. Die Beklagte hätte stattdessen eine um die Kürzung nach § 93 SGB VI höhere Rente zahlen müssen. Dieser Forderung könne die Beklagte keine Vertrauensschutzerwägungen für den Versicherten bzw. die Hinterbliebenen, die vom internen Ausgleich der Versicherungsträger nicht tangiert würden, entgegenhalten. Eine Bindungswirkung ihrer gegenüber der Witwe des Versicherten nicht mehr zurücknehmbaren Entscheidung vom 28. Juli 1992 für die Beklagte sei nicht erkennbar.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ein Erstattungsanspruch nach § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei nicht entstanden. Durch § 105 SGB X begründe sich allein ein Erstattungsanspruch des unzuständigen Trägers, der ohne Kenntnis von der kongruenten Verpflichtung des zuständigen Trägers in der irrigen Annahme seiner Zuständigkeit Sozialleistungen erbracht habe. Die Vorschrift betreffe infolge mangelnder kompentenzieller Verantwortung von vornherein rechtswidrig erbrachte Leistungen. Beruhe die Rechtswidrigkeit der Leistung jedoch nicht oder nicht nur auf der Unzuständigkeit des Leistungsträgers, sondern auf einem Widerspruch zum materiellen Recht, finde dagegen § 105 SGB X keine Anwendung. Die Klägerin habe als Unfallversicherungsträger nicht in der irrigen Annahme einer Verpflichtung zur Leistung einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ihre Leistung erbracht. Es liege insoweit auch keine kongruente Verpflichtung (Fettdruck jeweils im Original) vor. Die Klägerin sei als Träger der Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung weder dazu berechtigt noch verpflichtet, Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringen. Nur weil der Klägerin die Möglichkeit einer Rückforderung vom Versicherten nicht gegeben gewesen sei, sei deshalb noch kein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X entstanden. Der erstattungsberechtigte Leistungsträger habe kein Wahlrecht zwischen einer Rückforderung vom Berechtigten und einem Erstattungsanspruch gegenüber einem anderen Leistungsträger.
Auf Anfrage des SG bezifferte die Beklagte die Differenz zwischen der dem Versicherten ab 01. Januar 1992 bis 31. Juli 2006 tatsächlich gezahlten gesetzlichen Renten und der ohne Anwendung des § 93 SGB VI zu zahlenden Renten auf EUR 109.087,08. Da die Beklagte für die Zeit vom 23. Oktober bis 31. Dezember 1991 keine Berechnung mehr vornehmen konnte, verzichtete die Klägerin auf ihren Erstattungsanspruch für diesen Zeitraum.
Mit Urteil vom 14. Januar 2010 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei nicht im Sinne des § 105 SGB X unzuständig gewesen. Für die Erbringung von Leistungen anlässlich einer Berufskrankheit im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei sie die zuständige Leistungsträgerin gewesen. Für die Zahlung der Versichertenrente im Sinne des SGB VI, auf den die Leistung der Klägerin gemäß § 93 SGB VI angerechnet worden sei, sei die Beklagte originär zuständig. Folglich liege im vorliegenden Fall die typische Konstellation des § 105 SGB X nicht vor. Beide Beteiligte hätten ihre Leistungen als zuständige Leistungsträger erbracht. Soweit die Klägerin nunmehr darauf rekurriere, dass sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass sie nicht zur Zahlung einer Verletztenrente verpflichtet gewesen sei, sei dies keine Frage der (Un-)Zuständigkeit, sondern eine Frage des für sie maßgeblichen Leistungsrechts. Ein Erstattungsanspruch lasse sich in einer solchen Konstellation lediglich gemäß §§ 45, 50 SGB X gegenüber dem Versicherten realisieren. Dementsprechend habe die Beklagte zu Recht den Einwand erhoben, dass Voraussetzung eines Anspruchs gemäß § 105 SGB X die rechtmäßige Leistungserbringung des unzuständigen Leistungsträgers sei. Gerade eine solche rechtmäßige Leistung der Klägerin sei vorliegend nicht gegeben. Ihr Bescheid über die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Bewilligung einer Verletztenrente sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Erstattungsansprüche aus §§ 102, 103, 104 SGB X bestünden ebenfalls nicht. Deshalb sei der Auffassung des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 14. Dezember 2009 - S 25 U 16/09 -), der Anwendungsbereich des § 105 SGB X erstrecke sich über die bloße Zuständigkeitsproblematik hinaus auch auf die Rückabwicklung materiell rechtmäßige Entscheidungen, nicht zu folgen.
Gegen das der Klägerin am 11. März 2010 zugestellte Urteil hat diese am 17. März 2010 Berufung eingelegt. Das SG gehe fehlerhaft von einem nur eingeschränkten Anwendungsbereich der Erstattungsansprüche zwischen Versicherungsträgern aus. Diese Einschränkung sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Beispielhaft sei auf die Fälle verwiesen, in denen Unfallversicherungsträger nach Ablehnung eines Arbeitsunfalls bis dahin in ihrem Auftrag erbrachte Geldleistungen nach § 105 SGB X von den Krankenversicherungsträgern (bis zu deren Leistungshöhe) zurückerhielten. Sie habe, nachdem sich nachträglich herausgestellt habe, dass sie niemals materiell-rechtlich verpflichtet gewesen sei, eine Verletztenrente zu zahlen, als unzuständiger Träger Rentenleistungen erbracht, die die Beklagte in Höhe der Forderungssumme entlasteten. Ein Erstattungsanspruch sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung vorliege. Dies folge nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. April 1989 (4/11a RK 4/87 in Juris). Die Entscheidung des BSG besage nur, dass der im Zeitpunkt des Sozialleistungszuflusses entstandene Erstattungsanspruch des unzuständigen, also nach materieller Rechtslage nicht sachbefugten Leistungsklägers, an der zeitlichen Hürde des § 111 SGB X scheitere. Die Urteile des BSG vom 22. Mai 1985 (1 RA 33/84 in Juris) und vom 22. Juli 1987 (1 RA 63/85 in Juris) besagten lediglich, dass die Rechtsprechung nur der früheren verbindlichen Ablehnung des Leistungsanspruchs die Wirkung einer Vorentscheidung über die Zuständigkeit im Sinne von § 105 SGB X beimesse. Auf den Fall der ursprünglichen Bewilligung seien diese Erwägungen nicht zu übertragen. Sonst hinge der Erstattungsanspruch von der verwaltungsverfahrensrechtlichen Aufhebung des Bewilligungsbescheids ab, also u.a. vom Vertrauensschutz des Versicherten. Dies wäre mit Wortlaut und Sinn des § 105 SGB X nicht zu vereinbaren. Die Regelung des § 105 SGB X bezwecke den nachträglichen Ausgleich zwischen den Leistungsträgern, um den Zustand herzustellen, wie er bei einer von Anfang an korrekten Handlungsweise bestanden hätte. Er sei dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund einer - im Nachhinein - materiell-rechtswidrigen Entscheidung des einen Leistungsträgers Sozialleistungen erbracht worden seien, die ganz oder teilweise durch einen anderen hätten erbracht werden müssen. Um einen solchen Fall handele es sich hier.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr EUR 109.087,08 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die Akte des SG sowie die von der Klägerin und der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch sonst zulässige Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, hat keinen Erfolg. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung eines Betrags in Höhe von EUR 109.087,08.
Dier Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil die Klägerin und die Beklagte sich gleichgeordnet gegenüberstehen. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 18. September 2008 - B 3 KR 15/07 R - in Juris).
Einer Beiladung der Witwe des Versicherten nach § 75 Abs. 2 Alternative 1 SGG bedurfte es nicht, weil die Entscheidung über den Erstattungsanspruch zwischen der Klägerin und der Beklagten keine Auswirkungen auf deren Rechtsposition hat und die Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X nicht von der Rechtsposition des Versicherten abgeleitete, sondern eigenständige Ansprüche sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2010 - B 2 U 4/09 R - m.w.N. in Juris).
Streitgegenstand ist, nachdem die Klägerin auf die Erstattung für die Zeit vom 23. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 verzichtet hat, nur die Erstattung des Betrags, um den die Versichertenrente wegen der dem Versicherten gewährten Verletztenrente für die Zeit vom 01. Januar 1992 bis 31. Juli 2006 ruhte.
§§ 102, 103 und 104 SGB X scheiden als Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch aus. Nach § 102 SGB X ist der zur Leistung verpflichtete Sozialleistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein anderer Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Erforderlich ist, dass der zuerst angegangene Träger praktisch im Vorgriff die Leistung erkennbar für einen anderen Träger erbringt (BSG, Urteil vom 14. Mai 1985 - 4a RJ 13/84 -, in Juris). Dies war nicht der Fall. Die Klägerin hat als Unfallversicherungsträger an den Versicherten originär Verletztenrente geleistet. Sie war auch im Verhältnis zur Beklagten nicht gesetzlich zur vorläufigen Erbringung von Verletztenrente an den Versicherten verpflichtet. § 103 SGB X, der die Erstattungspflicht bei nachträglichem Entfallen regelt, kommt hier ebenso wenig in Betracht wie § 104 SGB X, der die Erstattungspflicht des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers normiert.
Ein Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 105 SGB X. Nach § 105 Abs. 1 SGB X ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, der zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch ebenfalls nicht gegeben.
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X - wie dargelegt - nicht vor.
Auch steht dem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht ihr an den Versicherten gerichteter Bescheid vom 28. Juli 1992 entgegen, wonach diesem ab 29. September 1990 Dauerrente in Höhe der Vollrente bewilligt wurde. Durch einen Bescheid gegenüber dem Leistungsempfänger ist der den Bescheid erlassende Träger nicht gehindert, sich im Rahmen von § 105 SGB X auf seine Unzuständigkeit zu berufen. Denn wenn darin eine verbindliche Entscheidung über die Zuständigkeit läge, hinge der Erstattungsanspruch von der verwaltungsverfahrensrechtlichen Aufhebung des Bewilligungsbescheids ab, also u.a. vom Vertrauensschutz des Leistungsempfängers. Dies wäre mit Wortlaut und Sinn des Erstattungsanspruchs nach § 105 SGB X nicht zu vereinbaren (BSG, Urteil vom 20. November 2001 - B 1 KR 31/99 R - in Juris).
Der Erstattungsanspruch ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte) bereits selbst in Unkenntnis der anderen Leistung geleistet hätte. Die Beklagte hat die Rente, soweit sie wegen des Zusammentreffens mit der Verletztenrente ruhte, nicht an den Versicherten geleistet.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass es sich bei der Klägerin im Hinblick auf die Erbringung der Verletztenrente an den Versicherten nicht um einen im Sinne des § 105 SGB X unzuständigen Leistungsträger gehandelt hat. Unzuständig ist ein Leistungsträger dann, wenn er die Sozialleistung unter Verstoß gegen Regelungen der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit erbracht hat (von Wulffen/Roos, SGB X, § 105 Rdziff. 7; Kasseler Kommentar-Kater § 105 SGB X Rd. 12 bis 14; Böttiger in LPK, SGB X, § 105 Rd. 11, 12; BSG, Urteil vom 26. Oktober 1998 - B 2 U 34/97 R - in Juris). Unzuständig ist danach der sachlich nicht befugte Leistungsträger, d.h. die Klägerin müsste, um sich auf einen Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X berufen zu können, für die Erbringung der Verletztenrente an den Versicherten sachlich nicht zuständig gewesen sein. Eine sachliche Unzuständigkeit, die hier allein zu prüfen ist, da eine örtliche Unzuständigkeit nicht im Raum steht, liegt nicht vor. Die Klägerin als Unfallversicherungsträger war zuständig für die Leistung der Verletztenrente an den Versicherten. Sie war hinsichtlich der Verletztenrente der sachlich befugte Leistungsträger (bis 31. Dezember 1996: §§ 537 Nr. 2 Buchst. b), 580 Reichsversicherungsordnung (RVO); seit 01. Januar 1997: §§ 1 Nr. 2, 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)). Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Versicherte - wie sich im Nachhinein herausstellte - keinen Anspruch auf die Verletztenrente hatte, da die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nicht vorlagen. Dies hat zwar zur Folge, dass eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung erbracht wurde. Dass die Klägerin sachlich nicht zur Erbringung der Verletztenrente zuständig gewesen wäre, bedeutet dies jedoch nicht. Wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten, wäre die Klägerin allein passiv sachbefugt gewesen. Diese passive Legitimation führt zur Zuständigkeit des Leistungsträgers und schließt den Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X aus. Dies folgt - wie das SG zu Recht ausgeführt hat - auch aus dem Urteil des BSG vom 25. April 1989 (a.a.O.). Das BSG hat in diesem Urteil klargestellt, dass zuständig im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X der im Blick auf den erhobenen Anspruch nach materiellem Recht richtigerweise anzugehende, d.h. sachlich befugte (passiv legitimierte) Leistungsträger sei. Hieraus folgt, dass unzuständig nur derjenige ist, der nicht sachlich befugt ist, d.h. nicht für die beanspruchte Leistung zuständig ist. Unzuständig wäre die Klägerin damit nur dann gewesen, wenn sie für die Gewährung der Verletztenrente nicht der zuständige Leistungsträger gewesen wäre. Auf die materielle Richtigkeit des zugrunde liegenden Anspruchs kommt es im Hinblick auf die Zuständigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht an. Liegt eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung vor, ist § 105 SGB X nicht anwendbar (Roos, Kater und Böttiger jeweils a.a.O.; a.A.: SG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2009 - S 25 U 16/09 -). Insoweit kommt lediglich ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger in Betracht. Fehler, die der Klägerin im Bereich der materiellen Rechtsanwendung unterlaufen sind, können nicht über einen Erstattungsanspruch gegenüber einem anderen Leistungsträger korrigiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 20. November 2001 (B 1 KR 31/99 R, in Juris). Zwar hat das BSG dort ausgeführt, dass es für einen Erstattungsanspruch nicht darauf ankommt, ob die Vorleistung des unzuständigen Leistungsträgers auf einem Rechtsirrtum oder auf fehlender Tatsachenkenntnis beruht. Vorausgesetzt wird dabei jedoch, dass es sich um einen unzuständigen Leistungsträger handelt. Die Vorleistung, nicht die Zuständigkeit, muss auf einem Rechtsirrtum oder fehlender Tatsachenkenntnis beruhen. Der Anspruch der Klägerin lässt sich schließlich auch nicht darauf stützen, dass in den Fällen, in denen Unfallversicherungsträger nach Ablehnung eines Arbeitsunfalls bis dahin in ihrem Auftrag erbrachte Geldleistungen nach § 105 SGB X von den Krankenversicherungsträgern (bis zu deren Leistungshöhe) zurückerhalten würden. Im zu entscheidenden Fall hat weder die Klägerin noch die Beklagte im Auftrag des jeweils anderen Leistungsträgers gehandelt. Die Leistungspflicht für die Klägerin ergab sich aus den zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 28. Juli 1992 geltenden §§ 551, 580, 581, 1585 Reichsversicherungsordnung in Verbindung mit der Berufskrankheiten-Verordnung, diejenige der Beklagten aus den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und ab 01. Januar 1992 aus den Vorschriften des SGB VI. Das (teilweise) Ruhen der Leistung der Beklagten trat gemäß § 55 AVG bzw. ab 01. Januar 1992 gemäß § 93 SGB VI kraft Gesetzes ein. Alle Erstattungsansprüche der §§ 102 ff SGB X setzen voraus, dass anstelle des letztlich verpflichteten Leistungsträgers ein anderer Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Zu keinem Erstattungsanspruch führt es dagegen, wenn zwei zuständige Leistungsträger Sozialleistungen erbracht haben, zu denen sie jeweils im Zeitpunkt der Leistung verpflichtet waren. Dann hat nicht ein Träger anstelle des anderen geleistet. Entfällt in einem solchen Fall später die Leistungspflicht eines der Leistungsträger, ist es (allein) dessen Aufgabe, seine Leistung vom scheinbar Berechtigten zurückzufordern: Er steht der Rückforderung näher als der andere Leistungsträger, der seine Pflichten kompetenzgemäß erfüllt hat. Er darf sein damit verknüpftes Rückforderungsrisiko nicht mittels eines Erstattungsanspruchs nach §§ 102 ff SGB X auf den anderen Leistungsträger verlagern, der rechtmäßig geleistet hat und nicht dazu berechtigt war, seine Leistung im Hinblick auf die weitere erbrachte Sozialleistung zurückzuhalten (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 - B 1 KR 21/09 R - in Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahrens folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs.1 Gerichtskostengesetz.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 109.087,08 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung des Betrags (EUR 109.087,08), um den die dem am 1930 geborenen und am 2006 verstorbenen Versicherten von der Beklagten bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Regelaltersrente aufgrund der dem Versicherten von der Klägerin geleisteten Verletztenrente von der Beklagten gemäß § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis 31. Juli 2006 gekürzt wurde.
Die Beklagte bewilligte dem Versicherten mit Bescheid vom 07. Mai 1992 ab 01. Juni 1991 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die sie ab 23. Oktober 1991 zahlte. Die Klägerin gewährte dem Versicherten mit Bescheid vom 28. Juli 1992 ab 29. September 1990 wegen einer als Berufskrankheit anerkannten durch die Einwirkungen von Asbest verursachten Bauchfellerkrankung bis 31. Juli 2006 eine Dauerrente in Höhe von 100 v.H ... Wegen des Zusammentreffens der Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Verletztenrente aus der Unfallversicherung berechnete die Beklagte die dem Versicherten mit Bescheid vom 07. Mai 1992 bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 23. Oktober 1991 neu (Bescheide vom 01. Dezember 1992 und 05. Januar 1993). Anstelle der bisherigen Nettorente in Höhe von DM 2.026,74 belief sich der monatliche Zahlbetrag ab 01. November 1991 nur noch auf DM 471,29. Die Beklagte machte gegenüber der Klägerin einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 23. Oktober 1991 bis 31. Januar 1993 geltend, den die Klägerin für die Zeit bis 31. Januar 1993 erfüllte. Des Weiteren nahm die Beklagte den Bescheid vom 07. Mai 1992 zurück (Bescheid vom 28. Juli 1993) und berechnete die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen Änderung des Zahlbetrages der Verletztenrente neu (Bescheid vom 05. Januar 1995). Sie bewilligte dem Versicherten mit Bescheid vom 18. Juli 1995 ab 1. August 1995 Regelaltersrente, die sie ebenfalls wegen des Zusammentreffens mit der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung minderte. Die nach dem Tod durchgeführte Obduktion des Versicherten ergab, dass dieser nicht an der von der Klägerin anerkannten Berufskrankheit gelitten hatte. Hierauf lehnte die Klägerin mit Bescheid vom 25. Januar 2007 einen Anspruch auf Leistungen bei Tod gegenüber der Witwe des Versicherten ab. Eine Berufskrankheit liege nicht vor. In der Begründung des Bescheides heißt es weiter, dass der anerkannte Versicherungsfall und die gleichzeitige Gewährung einer Verletztenrente rückblickend betrachtet nicht rechtmäßig gewesen sei. Der Bescheid vom 28. Juli 1992 über die Anerkennung einer Berufskrankheit könne jedoch nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches nicht mehr zurückgenommen werden. Eine Rückforderung bisher an den Versicherten erbrachter Leistungen erfolge nicht.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2007 meldete die Klägerin der Beklagten gegenüber einen Erstattungsanspruch an. Sie erhob Anspruch auf die einbehaltenen Rentenleistungen infolge des Zusammentreffens mit der Verletztenrente. Die Beklagte lehnte die Erstattung ab.
Hierauf erhob die Klägerin am 03. Juli 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Sie hätte in der falschen Annahme ihrer Leistungsverpflichtung Verletztenrente gezahlt. Ohne diese Annahme wäre sie von der Leistung frei gewesen. Die Beklagte hätte stattdessen eine um die Kürzung nach § 93 SGB VI höhere Rente zahlen müssen. Dieser Forderung könne die Beklagte keine Vertrauensschutzerwägungen für den Versicherten bzw. die Hinterbliebenen, die vom internen Ausgleich der Versicherungsträger nicht tangiert würden, entgegenhalten. Eine Bindungswirkung ihrer gegenüber der Witwe des Versicherten nicht mehr zurücknehmbaren Entscheidung vom 28. Juli 1992 für die Beklagte sei nicht erkennbar.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ein Erstattungsanspruch nach § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei nicht entstanden. Durch § 105 SGB X begründe sich allein ein Erstattungsanspruch des unzuständigen Trägers, der ohne Kenntnis von der kongruenten Verpflichtung des zuständigen Trägers in der irrigen Annahme seiner Zuständigkeit Sozialleistungen erbracht habe. Die Vorschrift betreffe infolge mangelnder kompentenzieller Verantwortung von vornherein rechtswidrig erbrachte Leistungen. Beruhe die Rechtswidrigkeit der Leistung jedoch nicht oder nicht nur auf der Unzuständigkeit des Leistungsträgers, sondern auf einem Widerspruch zum materiellen Recht, finde dagegen § 105 SGB X keine Anwendung. Die Klägerin habe als Unfallversicherungsträger nicht in der irrigen Annahme einer Verpflichtung zur Leistung einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ihre Leistung erbracht. Es liege insoweit auch keine kongruente Verpflichtung (Fettdruck jeweils im Original) vor. Die Klägerin sei als Träger der Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung weder dazu berechtigt noch verpflichtet, Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringen. Nur weil der Klägerin die Möglichkeit einer Rückforderung vom Versicherten nicht gegeben gewesen sei, sei deshalb noch kein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X entstanden. Der erstattungsberechtigte Leistungsträger habe kein Wahlrecht zwischen einer Rückforderung vom Berechtigten und einem Erstattungsanspruch gegenüber einem anderen Leistungsträger.
Auf Anfrage des SG bezifferte die Beklagte die Differenz zwischen der dem Versicherten ab 01. Januar 1992 bis 31. Juli 2006 tatsächlich gezahlten gesetzlichen Renten und der ohne Anwendung des § 93 SGB VI zu zahlenden Renten auf EUR 109.087,08. Da die Beklagte für die Zeit vom 23. Oktober bis 31. Dezember 1991 keine Berechnung mehr vornehmen konnte, verzichtete die Klägerin auf ihren Erstattungsanspruch für diesen Zeitraum.
Mit Urteil vom 14. Januar 2010 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei nicht im Sinne des § 105 SGB X unzuständig gewesen. Für die Erbringung von Leistungen anlässlich einer Berufskrankheit im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei sie die zuständige Leistungsträgerin gewesen. Für die Zahlung der Versichertenrente im Sinne des SGB VI, auf den die Leistung der Klägerin gemäß § 93 SGB VI angerechnet worden sei, sei die Beklagte originär zuständig. Folglich liege im vorliegenden Fall die typische Konstellation des § 105 SGB X nicht vor. Beide Beteiligte hätten ihre Leistungen als zuständige Leistungsträger erbracht. Soweit die Klägerin nunmehr darauf rekurriere, dass sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass sie nicht zur Zahlung einer Verletztenrente verpflichtet gewesen sei, sei dies keine Frage der (Un-)Zuständigkeit, sondern eine Frage des für sie maßgeblichen Leistungsrechts. Ein Erstattungsanspruch lasse sich in einer solchen Konstellation lediglich gemäß §§ 45, 50 SGB X gegenüber dem Versicherten realisieren. Dementsprechend habe die Beklagte zu Recht den Einwand erhoben, dass Voraussetzung eines Anspruchs gemäß § 105 SGB X die rechtmäßige Leistungserbringung des unzuständigen Leistungsträgers sei. Gerade eine solche rechtmäßige Leistung der Klägerin sei vorliegend nicht gegeben. Ihr Bescheid über die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Bewilligung einer Verletztenrente sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Erstattungsansprüche aus §§ 102, 103, 104 SGB X bestünden ebenfalls nicht. Deshalb sei der Auffassung des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 14. Dezember 2009 - S 25 U 16/09 -), der Anwendungsbereich des § 105 SGB X erstrecke sich über die bloße Zuständigkeitsproblematik hinaus auch auf die Rückabwicklung materiell rechtmäßige Entscheidungen, nicht zu folgen.
Gegen das der Klägerin am 11. März 2010 zugestellte Urteil hat diese am 17. März 2010 Berufung eingelegt. Das SG gehe fehlerhaft von einem nur eingeschränkten Anwendungsbereich der Erstattungsansprüche zwischen Versicherungsträgern aus. Diese Einschränkung sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Beispielhaft sei auf die Fälle verwiesen, in denen Unfallversicherungsträger nach Ablehnung eines Arbeitsunfalls bis dahin in ihrem Auftrag erbrachte Geldleistungen nach § 105 SGB X von den Krankenversicherungsträgern (bis zu deren Leistungshöhe) zurückerhielten. Sie habe, nachdem sich nachträglich herausgestellt habe, dass sie niemals materiell-rechtlich verpflichtet gewesen sei, eine Verletztenrente zu zahlen, als unzuständiger Träger Rentenleistungen erbracht, die die Beklagte in Höhe der Forderungssumme entlasteten. Ein Erstattungsanspruch sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung vorliege. Dies folge nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. April 1989 (4/11a RK 4/87 in Juris). Die Entscheidung des BSG besage nur, dass der im Zeitpunkt des Sozialleistungszuflusses entstandene Erstattungsanspruch des unzuständigen, also nach materieller Rechtslage nicht sachbefugten Leistungsklägers, an der zeitlichen Hürde des § 111 SGB X scheitere. Die Urteile des BSG vom 22. Mai 1985 (1 RA 33/84 in Juris) und vom 22. Juli 1987 (1 RA 63/85 in Juris) besagten lediglich, dass die Rechtsprechung nur der früheren verbindlichen Ablehnung des Leistungsanspruchs die Wirkung einer Vorentscheidung über die Zuständigkeit im Sinne von § 105 SGB X beimesse. Auf den Fall der ursprünglichen Bewilligung seien diese Erwägungen nicht zu übertragen. Sonst hinge der Erstattungsanspruch von der verwaltungsverfahrensrechtlichen Aufhebung des Bewilligungsbescheids ab, also u.a. vom Vertrauensschutz des Versicherten. Dies wäre mit Wortlaut und Sinn des § 105 SGB X nicht zu vereinbaren. Die Regelung des § 105 SGB X bezwecke den nachträglichen Ausgleich zwischen den Leistungsträgern, um den Zustand herzustellen, wie er bei einer von Anfang an korrekten Handlungsweise bestanden hätte. Er sei dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund einer - im Nachhinein - materiell-rechtswidrigen Entscheidung des einen Leistungsträgers Sozialleistungen erbracht worden seien, die ganz oder teilweise durch einen anderen hätten erbracht werden müssen. Um einen solchen Fall handele es sich hier.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr EUR 109.087,08 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die Akte des SG sowie die von der Klägerin und der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch sonst zulässige Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, hat keinen Erfolg. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung eines Betrags in Höhe von EUR 109.087,08.
Dier Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil die Klägerin und die Beklagte sich gleichgeordnet gegenüberstehen. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 18. September 2008 - B 3 KR 15/07 R - in Juris).
Einer Beiladung der Witwe des Versicherten nach § 75 Abs. 2 Alternative 1 SGG bedurfte es nicht, weil die Entscheidung über den Erstattungsanspruch zwischen der Klägerin und der Beklagten keine Auswirkungen auf deren Rechtsposition hat und die Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X nicht von der Rechtsposition des Versicherten abgeleitete, sondern eigenständige Ansprüche sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2010 - B 2 U 4/09 R - m.w.N. in Juris).
Streitgegenstand ist, nachdem die Klägerin auf die Erstattung für die Zeit vom 23. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 verzichtet hat, nur die Erstattung des Betrags, um den die Versichertenrente wegen der dem Versicherten gewährten Verletztenrente für die Zeit vom 01. Januar 1992 bis 31. Juli 2006 ruhte.
§§ 102, 103 und 104 SGB X scheiden als Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch aus. Nach § 102 SGB X ist der zur Leistung verpflichtete Sozialleistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein anderer Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Erforderlich ist, dass der zuerst angegangene Träger praktisch im Vorgriff die Leistung erkennbar für einen anderen Träger erbringt (BSG, Urteil vom 14. Mai 1985 - 4a RJ 13/84 -, in Juris). Dies war nicht der Fall. Die Klägerin hat als Unfallversicherungsträger an den Versicherten originär Verletztenrente geleistet. Sie war auch im Verhältnis zur Beklagten nicht gesetzlich zur vorläufigen Erbringung von Verletztenrente an den Versicherten verpflichtet. § 103 SGB X, der die Erstattungspflicht bei nachträglichem Entfallen regelt, kommt hier ebenso wenig in Betracht wie § 104 SGB X, der die Erstattungspflicht des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers normiert.
Ein Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 105 SGB X. Nach § 105 Abs. 1 SGB X ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, der zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch ebenfalls nicht gegeben.
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X - wie dargelegt - nicht vor.
Auch steht dem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht ihr an den Versicherten gerichteter Bescheid vom 28. Juli 1992 entgegen, wonach diesem ab 29. September 1990 Dauerrente in Höhe der Vollrente bewilligt wurde. Durch einen Bescheid gegenüber dem Leistungsempfänger ist der den Bescheid erlassende Träger nicht gehindert, sich im Rahmen von § 105 SGB X auf seine Unzuständigkeit zu berufen. Denn wenn darin eine verbindliche Entscheidung über die Zuständigkeit läge, hinge der Erstattungsanspruch von der verwaltungsverfahrensrechtlichen Aufhebung des Bewilligungsbescheids ab, also u.a. vom Vertrauensschutz des Leistungsempfängers. Dies wäre mit Wortlaut und Sinn des Erstattungsanspruchs nach § 105 SGB X nicht zu vereinbaren (BSG, Urteil vom 20. November 2001 - B 1 KR 31/99 R - in Juris).
Der Erstattungsanspruch ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte) bereits selbst in Unkenntnis der anderen Leistung geleistet hätte. Die Beklagte hat die Rente, soweit sie wegen des Zusammentreffens mit der Verletztenrente ruhte, nicht an den Versicherten geleistet.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass es sich bei der Klägerin im Hinblick auf die Erbringung der Verletztenrente an den Versicherten nicht um einen im Sinne des § 105 SGB X unzuständigen Leistungsträger gehandelt hat. Unzuständig ist ein Leistungsträger dann, wenn er die Sozialleistung unter Verstoß gegen Regelungen der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit erbracht hat (von Wulffen/Roos, SGB X, § 105 Rdziff. 7; Kasseler Kommentar-Kater § 105 SGB X Rd. 12 bis 14; Böttiger in LPK, SGB X, § 105 Rd. 11, 12; BSG, Urteil vom 26. Oktober 1998 - B 2 U 34/97 R - in Juris). Unzuständig ist danach der sachlich nicht befugte Leistungsträger, d.h. die Klägerin müsste, um sich auf einen Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X berufen zu können, für die Erbringung der Verletztenrente an den Versicherten sachlich nicht zuständig gewesen sein. Eine sachliche Unzuständigkeit, die hier allein zu prüfen ist, da eine örtliche Unzuständigkeit nicht im Raum steht, liegt nicht vor. Die Klägerin als Unfallversicherungsträger war zuständig für die Leistung der Verletztenrente an den Versicherten. Sie war hinsichtlich der Verletztenrente der sachlich befugte Leistungsträger (bis 31. Dezember 1996: §§ 537 Nr. 2 Buchst. b), 580 Reichsversicherungsordnung (RVO); seit 01. Januar 1997: §§ 1 Nr. 2, 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)). Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Versicherte - wie sich im Nachhinein herausstellte - keinen Anspruch auf die Verletztenrente hatte, da die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nicht vorlagen. Dies hat zwar zur Folge, dass eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung erbracht wurde. Dass die Klägerin sachlich nicht zur Erbringung der Verletztenrente zuständig gewesen wäre, bedeutet dies jedoch nicht. Wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten, wäre die Klägerin allein passiv sachbefugt gewesen. Diese passive Legitimation führt zur Zuständigkeit des Leistungsträgers und schließt den Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X aus. Dies folgt - wie das SG zu Recht ausgeführt hat - auch aus dem Urteil des BSG vom 25. April 1989 (a.a.O.). Das BSG hat in diesem Urteil klargestellt, dass zuständig im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X der im Blick auf den erhobenen Anspruch nach materiellem Recht richtigerweise anzugehende, d.h. sachlich befugte (passiv legitimierte) Leistungsträger sei. Hieraus folgt, dass unzuständig nur derjenige ist, der nicht sachlich befugt ist, d.h. nicht für die beanspruchte Leistung zuständig ist. Unzuständig wäre die Klägerin damit nur dann gewesen, wenn sie für die Gewährung der Verletztenrente nicht der zuständige Leistungsträger gewesen wäre. Auf die materielle Richtigkeit des zugrunde liegenden Anspruchs kommt es im Hinblick auf die Zuständigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht an. Liegt eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung vor, ist § 105 SGB X nicht anwendbar (Roos, Kater und Böttiger jeweils a.a.O.; a.A.: SG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2009 - S 25 U 16/09 -). Insoweit kommt lediglich ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger in Betracht. Fehler, die der Klägerin im Bereich der materiellen Rechtsanwendung unterlaufen sind, können nicht über einen Erstattungsanspruch gegenüber einem anderen Leistungsträger korrigiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 20. November 2001 (B 1 KR 31/99 R, in Juris). Zwar hat das BSG dort ausgeführt, dass es für einen Erstattungsanspruch nicht darauf ankommt, ob die Vorleistung des unzuständigen Leistungsträgers auf einem Rechtsirrtum oder auf fehlender Tatsachenkenntnis beruht. Vorausgesetzt wird dabei jedoch, dass es sich um einen unzuständigen Leistungsträger handelt. Die Vorleistung, nicht die Zuständigkeit, muss auf einem Rechtsirrtum oder fehlender Tatsachenkenntnis beruhen. Der Anspruch der Klägerin lässt sich schließlich auch nicht darauf stützen, dass in den Fällen, in denen Unfallversicherungsträger nach Ablehnung eines Arbeitsunfalls bis dahin in ihrem Auftrag erbrachte Geldleistungen nach § 105 SGB X von den Krankenversicherungsträgern (bis zu deren Leistungshöhe) zurückerhalten würden. Im zu entscheidenden Fall hat weder die Klägerin noch die Beklagte im Auftrag des jeweils anderen Leistungsträgers gehandelt. Die Leistungspflicht für die Klägerin ergab sich aus den zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 28. Juli 1992 geltenden §§ 551, 580, 581, 1585 Reichsversicherungsordnung in Verbindung mit der Berufskrankheiten-Verordnung, diejenige der Beklagten aus den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und ab 01. Januar 1992 aus den Vorschriften des SGB VI. Das (teilweise) Ruhen der Leistung der Beklagten trat gemäß § 55 AVG bzw. ab 01. Januar 1992 gemäß § 93 SGB VI kraft Gesetzes ein. Alle Erstattungsansprüche der §§ 102 ff SGB X setzen voraus, dass anstelle des letztlich verpflichteten Leistungsträgers ein anderer Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Zu keinem Erstattungsanspruch führt es dagegen, wenn zwei zuständige Leistungsträger Sozialleistungen erbracht haben, zu denen sie jeweils im Zeitpunkt der Leistung verpflichtet waren. Dann hat nicht ein Träger anstelle des anderen geleistet. Entfällt in einem solchen Fall später die Leistungspflicht eines der Leistungsträger, ist es (allein) dessen Aufgabe, seine Leistung vom scheinbar Berechtigten zurückzufordern: Er steht der Rückforderung näher als der andere Leistungsträger, der seine Pflichten kompetenzgemäß erfüllt hat. Er darf sein damit verknüpftes Rückforderungsrisiko nicht mittels eines Erstattungsanspruchs nach §§ 102 ff SGB X auf den anderen Leistungsträger verlagern, der rechtmäßig geleistet hat und nicht dazu berechtigt war, seine Leistung im Hinblick auf die weitere erbrachte Sozialleistung zurückzuhalten (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 - B 1 KR 21/09 R - in Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahrens folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs.1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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