L 4 KR 4528/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 137/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4528/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04. August 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er seit 11. September 2008 der Versicherungspflicht bei der Beklagten nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) unterliege.

Der am 1959 geborene Kläger war bis zum 03. September 2007 als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert. Vom 01. August 2007 bis 11. September 2008 befand er sich in Strafhaft. Noch am Entlassungstag, dem 11. September 2008, sprach er beim Landratsamt O. Amt für Soziales und Versorgung - in Of. vor und beantragte die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit ab Haftentlassung (Aktenvermerk des Landratsamtes O. vom 16. September 2008). Mit Bescheiden vom 06. Oktober 2008 und 08. Juli 2009 bewilligte das Landratsamt des O. dem Kläger laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit ab 11. September 2008 bis auf Weiteres. Weiter wird in dem Bescheid ausgeführt, der Kläger sei nicht krankenversichert. Für den Fall, dass eine ärztliche Behandlung erforderlich sei, bevor die Frage der Krankenversicherung geklärt sei, solle er - gegebenenfalls mit Hilfe eines Rechtsanwalts - eine einstweilige Anordnung gegen die Beklagte erwirken.

Mit Bescheiden vom 04. September 2009 bewilligte das Landratsamt O. laufende Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Zeit ab 11. September 2008 bis 31. August 2009. Mit Bescheiden vom 03. September 2009 und 02. September 2010 bewilligte die Universitätsstadt Landau in der Pfalz Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. September 2009 bis 31. August 2011.

Nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten beantragte der Kläger ebenfalls bereits am Entlassungstag aus der Haft, also am 11. September 2008, die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (und nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)) bei der Beklagten. In einem hierzu ausgefüllten und am 12. September 2008 bei der Beklagten eingegangenen Fragebogen beantwortete er die Frage, ob er Leistungen von Sozialhilfeträgern beziehe bzw. Leistungen beantragt habe mit ja.

Mit Bescheid vom 12. September 2008 lehnte es die Beklagte ab, eine Mitgliedschaft bei ihr festzustellen. Der Kläger habe sich bis 11. September 2008 in Haft befunden. In dieser Zeit habe er Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG) gehabt, d.h. es habe eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestanden. Da es sich hierbei nicht um eine gesetzliche Krankenversicherung gehandelt habe, seien die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht erfüllt.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 25. September 2008, bei der Beklagten eingegangen am 26. September 2008, Widerspruch ein. Die Gesundheitsfürsorge nach dem StVollzG habe mit der Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt geendet. Er müsse seine Angaben im Antragsformular korrigieren. Er habe, als er den Antrag auf Pflichtversicherung bei der Beklagten gestellt habe, noch keine Leistungen des Sozialhilfeträgers beantragt gehabt. Diese habe er erst nach der Vorsprache bei der Beklagten am selben Tag beantragt. Er habe somit mit dem Zeitpunkt der Haftentlassung keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 15. Dezember 2008 wurde der Widerspruch des Klägers nach dessen erneuter Anhörung zurückgewiesen. Zwischen dem Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung und der begehrten Krankenversicherungspflicht habe eine anderweitige Absicherung in Form des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach § 58 StVollzG bestanden. Die Voraussetzung "zuletzt gesetzlich krankenversichert" für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V sei daher nicht erfüllt.

Am 12. Januar 2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Tatbestandsvoraussetzungen der sogenannten Auffangversicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seien vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention, unzumutbare Versicherungslücken zu schließen, dahin auszulegen, dass auch der gesetzliche Anspruch auf Krankenversicherung während des Strafvollzugs davon erfasst werde. Der Gesetzgeber habe zwar vermeiden wollen, dass Personen, die zuletzt privat versichert gewesen seien, über § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in den Schutzbereich der oftmals kostengünstigeren gesetzlichen Krankenversicherung gelangten. Dies gelte aber nicht für den Personenkreis, der zuletzt freie Heilfürsorge für Inhaftierte erhalten habe. Die rückwirkende Bewilligung von Sozialhilfeleistungen wirke sich nicht aus, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten auf Feststellung der Versicherungspflicht gerade noch keine Sozialhilfe beantragt oder erhalten habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ergänzend zu der Begründung der angefochtenen Bescheide wies sie darauf hin, der Gesetzgeber habe verhindern wollen, dass eine Kostenverschiebung von den Sozialhilfeträgern hin zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung erfolge. Der Bezug von Sozialhilfeleistungen schließe nach § 5 Abs. 8a SGB V eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus. Aus der Haft entlassene Menschen seien ausreichend dadurch geschützt, dass sie entweder über den Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende versicherungspflichtig seien oder aber Leistungen über den Sozialhilfeträger erhielten.

Mit Urteil vom 04. August 2009 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei nicht versicherungspflichtig, da er seit seiner Entlassung aus der Haft am 11. September 2008 Leistungen nach dem SGB XII, zunächst nach dem Dritten und dann nach dem Vierten Kapitel erhalte. Dem stehe nicht entgegen, dass die Leistungen mit Bescheid vom 06. Oktober 2008 rückwirkend ab dem 11. September 2008 bewilligt worden seien. Zwar spreche § 5 Abs. 8a SGB V von "Empfängern laufender Leistungen". Es könne aber die Versicherungspflicht nicht von der Bearbeitungszeit der SGB XII-Träger abhängen. Jedenfalls dann, wenn keine Unklarheiten bezüglich der Anspruchsvoraussetzungen bestünden und eine Leistungsgewährung alsbald erfolge, sei von einem Empfang laufender Leistungen im Sinne des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V auszugehen. Es könne auch keinen Einfluss haben, dass der Kläger zuerst den Antrag bei der Beklagten und erst einige Stunden später den Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII gestellt habe. Leistungen nach dem SGB XII würden tageweise und nicht stundenweise bewilligt, sodass der Kläger für den gesamten 11. September 2008 Leistungen nach dem SGB XII erhalten habe. Im Übrigen lege § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V fest, dass die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall beginne. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei der Krankenkasse könne es daher nicht ankommen, sondern allein auf die Frage, ob Leistungen nach dem SGB XII bezogen worden seien.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 07. September 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02. Oktober 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Gesetzgeber habe gerade den lückenlosen Schutz im Krankheitsfall für die gesamte Bevölkerung in Deutschland gewährleisten und auch diejenigen Personen unter den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung bringen wollen, die nach früherer Regelung hiervon ausgeschlossen gewesen seien. Sein (des Klägers) Ausscheiden aus dem Schutz der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung während der Haftzeit habe nicht auf einem freiwilligen Entschluss beruht, sondern sich aus dem Gesetz aufgrund der Inhaftierung ergeben. Es werde durch das erneute Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Haftende lediglich der Versicherungszustand hergestellt, der ohne die Haftzeit bestanden habe und ohne die Haft bestanden hätte. Im vorliegenden Fall seien der Beginn des Leistungsanspruches nach dem SGB XII und der Beginn der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung zeitgleich am 11. September 2008, weshalb er sich von dem dem Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 06. Oktober 2010 (B 12 KR 25/09 R, in Juris) zugrundeliegenden Sachverhalt unterscheide, wo diese Zeitpunkte auseinander gefallen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2008 aufzuheben und festzustellen, dass er seit dem 11. September 2008 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das System der gesetzlichen Krankenversicherung knüpfe als Versicherung kraft Gesetzes an das Vorliegen bestimmter im Gesetz im Einzelnen geregelter Tatbestandsvoraussetzungen an. Anknüpfungspunkt für das Bestehen einer Versicherung sei, wie sich etwa auch an den Regelungen zur Krankenversicherung der Rentner zeige, nicht allein die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Personenkreises, sondern daneben auch, dass der Betreffende selbst in Zeiten einer Mitgliedschaft in der Vergangenheit eigene Beiträge zum System der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet habe. Mögliche Ansprüche gegenüber dem Träger der Sozialhilfe auf Krankenhilfe oder die Anmeldung nach § 264 SGB V stellten eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall dar. Der Zeitpunkt der Antragstellung auf Sozialhilfe einerseits bzw. Feststellung der Krankenversicherungspflicht andererseits könne nicht entscheidend sein, zumal § 5 Abs. 8a SGB V in Satz 3 ausdrücklich bestimme, dass der Ausschluss der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auch dann gelte, wenn ein Anspruch auf die dort angeführten Leistungen (u.a. diejenigen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII) für weniger als einen Monat unterbrochen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2008 zu Recht festgestellt, dass der Kläger nicht pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist. Das SG hat die hiergegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2008 ist rechtmäßig.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 12. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2008, soweit er die Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung regelt. Gegen die ebenfalls in den Entscheidungen der Beklagten enthaltene Feststellung, dass er nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI versicherungspflichtig sei, hat sich der Kläger bereits mit seinem Klageantrag vor dem SG und auch mit seinem Berufungsantrag nicht gewandt.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung, wie die im folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 01. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26. März 2007, (BGBl. I, S. 378), sind seit dem 01. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den in § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b). Gemäß § 5 Abs. 8a SGB V ist nach Abs. 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 (SGB V) versichert ist (Satz 1). Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (Satz 2). Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird (Satz 3). § 186 Abs. 11 SGB V regelt den Beginn der Mitgliedschaft bei Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig sind. Nach Satz 1 beginnt deren Mitgliedschaft mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. § 190 Abs. 13 SGB V enthält Bestimmungen über das Ende der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtiger. Die Mitgliedschaft dieser Personen endet danach u.a. mit Ablauf des Vortages, an dem ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall begründet wird (Satz 1 Nr. 1). Das gilt indessen nicht für Mitglieder, die Empfänger von Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII sind (Satz 2).

Der Senat kann offenlassen, ob angesichts der zwischenzeitlichen Haftzeit des Klägers und der in dieser Zeit erfolgten Gesundheitsfürsorge nach dem StVollzG die Tatbestandsvoraussetzung "zuletzt gesetzlich krankenversichert" erfüllt ist, denn jedenfalls fehlt es an der weiteren Voraussetzung für beide Varianten des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, dass kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestehen darf. Denn der Kläger hat seit 11. September 2008 wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB XII nach § 264 SGB V einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall.

Wie die weite Fassung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ("Absicherung im Krankheitsfall") erkennen lässt, kann dem Eintritt der Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift nicht nur ein anderweitiger Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung oder ein solcher in der privaten Krankenversicherung entgegenstehen, sondern können auch Absicherungen außerhalb einer Versicherung diesen Versicherungspflichttatbestand "verdrängen." Dies wird im Hinblick auf eine Absicherung über Leistungen nach dem SGB XII durch § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V konkretisiert. Hier werden ausdrücklich die "Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches" als nicht versicherungspflichtig genannt. § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V ist auch nicht nur eine Übergangsregelung für Altfälle, sondern gilt auch für solche Personen, die erst nach dem 01. April 2007 zu Leistungsempfängern nach dem SGB XII werden (BSG, Urteil vom 06. Oktober 2010, a.a.O.).

Im Sinne des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V "empfangen" werden laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Sozialhilfe in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden. Entscheidend ist also nicht der tatsächliche Bezug, sondern der Anspruch auf die Leistung. Mit der vom Sozialhilfeträger getroffenen Bestimmung über den Beginn des Leistungsanspruchs steht gleichzeitig fest, ob Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eintritt oder ausgeschlossen ist. Diese Auslegung folgt aus dem Bedeutungszusammenhang der Norm und aus dem Zweck der Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als sogenannte Auffangversicherungspflicht. Der Wortlaut des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht dem nicht entgegen (BSG a.a.O.). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung des BSG. Eine einmal begründete Versicherungspflicht aufgrund des § 5 Abs. 1 SGB V oder eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt zwar grundsätzlich trotz (späteren) Empfangs von Sozialhilfeleistungen bestehen. Wer allerdings (ohne Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) nicht versichert ist und laufende Sozialhilfeleistungen empfängt, ist im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 i.V.m. § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V im Krankheitsfall anderweitig abgesichert und nicht nach dieser Vorschrift versicherungspflichtig. Die Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist subsidiär gegenüber der Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung nach Maßgabe des § 264 SGB V in der ebenfalls seit 01. April 2007 geltenden Fassung, die wiederum der Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 SGB XII nach deren Satz 2 vorgeht. Die Krankenbehandlung des Klägers als eines Empfängers von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII wird nach § 264 Abs. 2 Satz 1 SGB V von der Krankenkasse übernommen, deren Aufwendungen der Sozialhilfeträger gemäß § 264 Abs. 7 SGB V zu erstatten hat.

Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegenüber allen anderen Absicherungen im Krankheitsfall, zu denen auch die Absicherung nach § 264 SGB V zählt, sichert die Bestimmung des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V. Mit der Regelung in Satz 2 soll erreicht werden, dass der Sozialhilfeträger weiterhin für die Krankenbehandlung der Empfänger von Leistungen nach dem "Dritten bis Neunten Kapitel" des SGB XII oder von laufenden Leistungen nach § 2 AsylbLG zuständig bleibt (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 94). Demgemäß nennt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung § 264 SGB V als eine solche Absicherung. Zwar sah die im ursprünglichen Gesetzesentwurf genannte Fassung des § 5 Abs. 8a SGB V den Ausschluss der Versicherungspflicht für Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII vor. Es ist aber fraglich, ob der Gesetzgeber allein auf Grund der im Laufe der Beratung gemachten Einschränkung auf Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII, die dann auch beschlossen wurde, etwas an der Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, die nur diejenigen erfassen soll, die überhaupt keinen Versicherungsschutz im Krankheitsfall haben, ändern wollte. Denn zu der insoweit gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgenommenen Änderung führte der Bericht des Ausschusses für Gesundheit aus, (§ 5 Abs. 8a) Satz 2 (SGB V) präzisiere die Regelung zum Vorrang der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers, um sie für diesen leichter umsetzbar zu machen (Bundestags-Drucksache 16/4247, S. 29). Eine Änderung dieser bisherigen Kostentragungspflicht und die finanzielle Belastung durch die mit Einführung der Versicherungspflicht verbundene Beitragspflicht hätte einer eigenständigen Regelung bedurft und war auch nicht beabsichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juni 2007 - B 12 KR 29/06 R -, Juris).

Vorliegend kann dahinstehen, ob die vor Haftantritt bestehende freiwillige Versicherung des Klägers bei der Beklagten geendet hat oder nicht (vgl. § 191 SGB V). Sollte Sie fortbestehen, so stünde sie als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall der Versicherungspflicht entgegen. Sollte sie geendet haben, so wäre der Kläger am Tag der Haftentlassung, dem 11. September 2008, zwar zunächst ohne Absicherung im Krankheitsfall gewesen. Diese Absicherung im Krankheitsfall hat er aber durch die ab diesem Tag bewilligten Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII erworben. Dabei handelt es sich nach den obigen Ausführungen um eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall, die die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließt. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung kommt es dabei schon deshalb nicht an, weil die Leistungen nach dem SGB XII nicht uhrzeitgenau, sondern für ganze Tage bewilligt werden und damit unmittelbar im Anschluss an das Ende der Gesundheitsfürsorge nach dem StVollzG die Absicherung im Krankheitsfall über den Leistungsbezug nach dem SGB XII sichergestellt war. Eine "Versicherungslücke", in der die Auffangversicherungspflicht bei der Beklagten hätte eingreifen können, ist daher gerade nicht eingetreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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