L 4 R 5513/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 346/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5513/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1963 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach eigenen Angaben im Rentenantrag und den im Versicherungsverlauf vom 01. April 2011 gespeicherten Zeiten war sie vom 01. August 1978 bis 30. November 1998 in verschiedenen Tätigkeiten, zuletzt als Haushaltshilfe, versicherungspflichtig beschäftigt, allerdings immer wieder unterbrochen von kürzeren und auch längeren Zeiten der Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft/Mutterschutz und Kindererziehung bzw. zwischen dem 01. Mai 1989 und 10. Februar 1992 keiner gespeicherten Pflichtbeitragszeit. Vom 01. Dezember 1998 bis 19. April 2000 bezog die Klägerin zunächst Krankengeld oder Übergangsgeld, anschließend bis 25. August 2002 - vom 01. April 2002 bis 31. August 2002 neben einer geringfügig versicherungsfreien Beschäftigung als Bedienung - Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war sie bis 31. Juli 2004 arbeitslos ohne Leistungsbezug. Vom 01. August 2004 bis 15. September 2004 bezog sie erneut Arbeitslosengeld und vom 16. September 2004 bis 01. Februar 2006 Krankengeld. Seit 01. Januar 2005 erhält sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Vom 02. bis 23. Oktober 2002 nahm die Klägerin an einer Rehabilitationsmaßnahme in der B.-Klinik in B. K. teil. Nach dem Entlassungsbericht des Dr. K. vom 27. Oktober 2002 bestand ein Zervikalsyndrom und eine Chondropathia patellae rechts. Die Klägerin wurde mit einem über sechsstündigen Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen entlassen.

Am 09. November 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Sie hielt sich wegen verschiedener Krankheitsbilder seit November 1998 für erwerbsunfähig. Die Beklagte erhob daraufhin das Gutachten des Dr. Kl., Ärztliche Untersuchungsstelle O., vom 18. Januar 2005. Dr. Kl., dem Arztbriefe aus den Jahren 2000 bis 2004 vorlagen, stellte folgende Diagnosen: Chronische Sinusitis mit rezidivierender Mucozelenbildung der linken Stirnhöhle und Zustand nach multiplen Operationen, Sinusitis rechts mit geplanter operativer Sanierung, Polyallergie auf Hausstaubmilben, Latex, Pflaster, Tierhaare u.a., muskulär bedingtes Zervicobrachialsyndrom rechts ohne wesentliche Einschränkungen und Sulcus-ulnaris-Syndrom rechts mit positivem Hoffmann-Tinel-Zeichen. Als sonstige Diagnosen nannte er rezidivierende Schmerzzustände der rechten Brustdrüse nach mehrmaliger Probeexzision, derzeit tastbefundlich ohne Befund und ein zeitweiliges Brennen in der Harnröhre und Vaginalcondylomata. Er gelangte zu der Beurteilung, dass die Klägerin noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Frauenarbeit ohne Nachtschicht und ohne schwere Belastung der Psyche sowie unter Ausschluss von Tätigkeiten in Nässe, Kälte oder Zugluft oder verbunden mit regelmäßigem Stress und Arbeitsbereichen, in denen Stoffe, gegen die sie allergisch sei, vorkommen könnten, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auch die letzte Tätigkeit als Haushaltshilfe und Bedienung sei noch über sechs Stunden täglich möglich. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 2005 die Rentengewährung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sie auch an einer erheblichen Einschränkung ihrer Bewegungsfähigkeit und des Allgemeinbefindens sowie an einer mittelgradig schweren, reaktiven Depression mit multiplen funktionellen Beschwerden leide und sich seit 1998 25 Operationen habe unterziehen müssen, ohne dass es durch die Operationen oder die durchgeführte medikamentöse Behandlung zu einer Linderung ihrer Beschwerden gekommen sei. Die Beklagte wandte sich hierauf an den von der Klägerin als behandelnden Arzt benannten Dr. T. mit der Bitte um Überlassung von Befunden ab Januar 2005, worauf dieser unter Beifügung des Arztbriefes des Prof. Dr. Sc., Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik F. vom 15. März 2005 (Diagnose chronische Cephalgie rechts maxillär und links frontal, Zustand nach mehrfacher Nasennebenhöhlenoperation; derzeit keine Indikation für eine erneute Operation gegeben) mitteilte, dass die letzte Vorstellung der Klägerin bei ihm am 25. Mai 2004 erfolgt sei. Im Anschluss daran beauftragte die Beklagte den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. mit der Erstattung eines Gutachtens über die Klägerin. Dr. B. stellte in seinem Gutachten vom 16. August 2005, in dem er die Klägerin als bewusstseinsklar, im Denken formal zwar geordnet, aber immer etwas "chaotisch" (Anführungszeichen im Orginal), gelegentlich ihn "an die Wand" (Anführungszeichen im Original) redend, dabei affektlabil und recht lebendig in der Antriebslage, eher etwas extrovertiert mit recht appellativen Verhaltensattitüden beschrieb, die Diagnosen eines angegebenen Gesichtsschmerzes bei rezidivierender Nebenhöhlenaffektion mit wiederholten Nasennebenhöhlenoperationen, angeblich erneute Operation September 2005 vorgesehen, einer Epocondylitis lateralis rechts, einer funktionellen Überlagerung der somatisch begründeten Beschwerden mit konversionsneurotischer Färbung, einer vorbestehend unreifen, stimmungslabilen, wohl auch leicht histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung und einer in der Vorgeschichte anklingenden soziophobischen Problematik, inzwischen gut kontrolliert ohne weiterreichendes aktives Vermeidungsverhalten. Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne aus nervenärztlicher Sicht wenigstens körperlich leichte Tätigkeiten zu ebener Erde ohne Zeitdruck und ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht vollschichtig verrichten. Die Klägerin legte noch den Entlassungsbericht des Klinikums L.-E. vom 05. Oktober 2005 über die stationäre Behandlung vom 30. September bis 05. Oktober 2005, anlässlich derer eine endonasale Stirnhöhlenmediandrainage komplikationslos durchgeführt wurde und auch der postoperative Verlauf sich unauffällig gestaltete, vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2006 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück, da die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, weshalb ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe.

Deswegen erhob die Klägerin am 20. Januar 2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Sie begehrte unter Wiederholung ihres Widerspruchsvorbringens Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ergänzend wies sie darauf hin, dass sie an einer Heliobacter assoziierten Gastritis leide und bei ihr der Verdacht auf ein Sjörgen-Syndrom gestellt worden sei. Die Ausführungen von Dr. St. (hierzu im Folgenden) seien eindeutig. Sie sei gegenwärtig nicht in der Lage, irgendeiner Tätigkeit nachzugehen. Sie legte den Arztbrief des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin, Psychotherapie, Psychoanalyse und Innere Medizin Dr. Dr. N., Klinikum L.-E., vom 21. August 2006 über die stationäre Behandlung vom 09. bis 21. August 2006 (Diagnose: Somatisierungsstörung, multiple spezifische Allergien; Indikation für eine längere stationäre Psychotherapie; vorzeitige Beendigung der Behandlung auf eigenen Wunsch der Klägerin aus finanziellen Gründen) und den Entlassungsbericht der Internistin Dr. G., Rheumazentrum B.-B., über den stationären Aufenthalt vom 19. bis 28. Dezember 2007 (Diagnose: u.a. Fibromyalgiesyndrom; unter antibiotischer Behandlung angegebene Beschwerdelinderung) vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Gi. führte in einer beratungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 15. Januar 2008 aus, dass Dr. St. (hierzu im Folgenden), Dr. B. und Dr. Ba. (hierzu im Folgenden) in ihren Gutachten einen ähnlich lautenden Befund zeichneten. Dr. St. ergehe sich dann jedoch in psychodynamischen Erwägungen und komme so zu dem Ergebnis, dass die Klägerin seit Ende Juli 2004 nicht mehr in der Lage sein solle, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit den von ihm erhobenen Befunden habe er sich nicht auseinandergesetzt. Das Gutachten von Dr. St. habe deshalb die Ausführungen von Dr. B. und Dr. Ba. nicht in Zweifel ziehen können.

Das SG vernahm zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen. Dr. Gn., Arzt für Psychotherapie und Rehabilitationswesen, gab unter dem 10. Juli 2006 an, die Klägerin habe sich bei ihm vom 20. Mai 2003 bis 13. Mai 2004 in einer ambulanten Kurzzeittherapie befunden. Diagnostisch handele es sich bei der Klägerin um rezidivierende agitierte depressive Verstimmungszustände mit funktionellen Beschwerden im Rahmen einer Anpassungsstörung bei zwanghaft-phobisch teilkompensierter depressiv-narzisstischer Persönlichkeit. Während seiner psychotherapeutischen Behandlung sei keine nachhaltige Verbesserung der psychischen und der körperlichen Verfassung festzustellen gewesen. Nach zweijähriger Pause sei die Klägerin jetzt erneut zu ihm gekommen und habe unverändert über dieselben psychosomatischen Beschwerden berichtet. Eine aktuelle Einschätzung ihrer Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit sei ihm derzeit jedoch nicht möglich. Dies auch deshalb, weil die Klägerin aus unterschiedlichen Gründen häufig den Terminen fernbleibe. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Sch. teilte unter dem 15. August 2006 mit, die Klägerin sei vom Sommer 1990 bis zu seiner Praxisaufgabe im Dezember 2005 regelmäßig in seiner ärztlichen Behandlung gewesen. Im Wesentlichen seien immer wieder Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule angegeben worden, ohne dass ein wesentlicher Befund habe erhoben werden können. 1998 sei dann ein psychovegetatives Syndrom mit Absenkung der Schmerzschwelle festgestellt worden. Außerdem hätten immer wieder Beschwerden von Seiten des Magendarmtraktes bestanden und operative Eingriffe an der Stirnhöhle stattgefunden. Bezogen auf die Zeit bis Dezember 2005 habe die Klägerin seines Erachtens leichte bis mittelschwere Arbeiten von sechs Stunden Dauer täglich ausüben können. Ärztin für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde Dr. D. führte unter dem 03. September 2006 aus, sie habe bei der Klägerin einen Zustand nach mehrfacher Nasennebenhöhlenoperation bei rezidivierender Sinusitis, frontotemporale Cephalgien, einen rezidivierenden Tubenkatarrh, einen Tinnitus sowie eine Anaesthetika- und Medikamentenallergie diagnostiziert. Aus hals-nasen-ohrenärztlicher Sicht könne die Klägerin mit Funktionseinschränkungen regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Extra bewertet werden sollte die psychische Komponente. Die Ärztin fügte an sie bzw. ihren Praxisvorgänger gerichtete Arztbriefe des Klinikums L. bzw. L.-E., der Radiologin Dr. O. und eigene Arztbriefe bei. Dr. Dr. N. gab unter dem 24. Oktober 2006 an, dass er die Klägerin vom 09. August 2006 bis 21. August 2006 stationär behandelt habe. Dabei sei eine Somatisierungsstörung mit hypochondrischer Entwicklung und eine leichtgradige depressive Störung diagnostiziert worden. Während des sehr kurzen Aufenthalts sei es zu einem leichten Rückgang der Beschwerden gekommen. Zur Zeit sei die Klägerin erwerbsunfähig.

Sodann erhob das SG über die Klägerin Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ba. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. St ... Dr. Ba. führte in seinem von Amts wegen erstatteten Gutachten vom 06. März 2007 aus, der Antrieb der Klägerin sei lebhaft, der Affekt adäquat, sie sei formal geordnet, ausgeprägt extrovertiert und habe eine Tendenz zur Dramatisierung. Die allgemeinmedizinische Untersuchung der Klägerin zeige bis auf die Spuren wiederholter operativer Eingriffe und Folgen einer Splitterverletzung im Gesichtsbereich keine weiteren Befundauffälligkeiten. Die geschilderten Kopfschmerzen seien diagnostisch nicht zuordenbar. Der angegebene Schmerzmittelgebrauch entspreche, wenn er glaubwürdig wäre, in Bezug auf Kopfschmerzen einem Schmerzmittelmissbrauch. Die Angaben hierzu seien jedoch wenig schlüssig gewesen, sodass nur ein Verdacht auf einen Schmerzmittelmissbrauch möglich sei. Die Bewegungsunruhe in den Beinen sei ohne verbleibende Leistungsminderung leicht behandelbar. Die kaum zählbaren körperlichen Beschwerden seien als Somatisierungsstörung einzuordnen. Bezüglich des Vorliegens einer Depression fehle jedweder Hinweis. Psychopathologisch habe eine Extraversion mit sehr positivem Selbstbild und appellativ überzeichnetem Verhalten imponiert. Es habe der Eindruck eines doch sehr geringen Leidensdrucks im Sinne einer histrionischen Persönlichkeit bestanden. Insgesamt liege bei der Klägerin eine Somatisierungsstörung, histrionische Persönlichkeit, ein mögliches Restless-Legs-Syndrom und ein möglicher Schmerzmittelmissbrauch vor. Zumindest leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne beständiges Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, ohne Zeitdruck und Schicht- und Nachtarbeit sowie Tätigkeiten in Kälte, Nässe, im Freien, unter Wärmeeinfluss und unter Einwirkung von Staub und Gasen seien der Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Dr. St. beschrieb in seinem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten Gutachten vom 14. Oktober 2007 die Klägerin als freundlich-adäquat, stimmungsmäßig ausreichend ausgeglichen und streckenweise sehr agitiert. Er fand eine Dysthymia und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung auf dem Boden einer primären neurotischen Störung bzw. differentialdiagnostisch zu erwägenden emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Er führte aus, bei der Klägerin hätten seit Kindheit neurotische Mechanismen eine kreativitätshemmende Dominanz über ihre bewussten psychischen Funktionen genommen. Sie sei in einem häuslichen Klima der maximalen Gewalt aufgewachsen, ihr Selbstwertgefühl sei von den Eltern bewusst negativ konnotiert worden. Ihre frühere "Hauptbeschäftigung", unbewusst alles zu tun, um die elterliche, speziell väterliche, negative Einstellung ihr gegenüber doch noch zum Positiven zu wenden, sei von einer inneren Resignation und den unbewusst auf den eigenen Körper gerichteten aggressiven Affekten abgelöst worden. Die früher dominierenden neurotischen Wünsche würden gewissermaßen abgelöst und aufgegeben, verbunden mit der unbewussten Anerkennung, die Eltern hätten doch "Recht" gehabt, dass sie "nichts wert sei und kein Recht auf Liebe und Zuwendung habe" (Anführungszeichen und Fettdruck im Original). Soziale und häusliche Aktivitäten könnten, soweit überhaupt noch möglich, nur in stark eingeschränktem Maß ausgeführt werden. Einer Tätigkeit könne die Klägerin nicht mehr nachgehen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könne angenommen werden, dass die Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bereits am 31. Juli 2004 bestanden hätten.

Mit Urteil vom 24. Juli 2008 wies das SG die Klage ab. Es führte aus, die Klägerin sei gestützt auf die eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte und Gutachten, insbesondere des Sachverständigen Dr. Ba., noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Die Überzeugungskraft des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Ba. werde auch nicht durch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. St. erschüttert. Zwar schließe dieser auf ein vollständig aufgehobenes Leistungsvermögen der Klägerin vor dem Hintergrund einer Dysthymia, einer undifferenzierten Somatisierungsstörung auf dem Boden einer primären neurotischen Störung bzw. einer differenzialdiagnostisch zu erwägenden emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Diese Schlussfolgerung finde in seinem Gutachten im Übrigen jedoch keine ausreichende Stütze. Überlegungen dazu, welche körperlichen oder geistigen Funktionsbeeinträchtigungen bei der Klägerin vorlägen, fänden sich im Gutachten nicht. Auch die Diagnose einer Fibromyalgie und die Verdachtsdiagnose eines so genannten Sjörgensyndroms ändere an der Leistungseinschätzung nichts. Denn auch durch diese Erkrankungen seien Funktionsbeeinträchtigungen nicht beschrieben.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. November 2008 Berufung eingelegt. Sie begehrt weiterhin Rente wegen voller hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. November 2004 und beruft sich insbesondere auf das von Dr. St. erstattete Gutachten. Hierbei handele es sich um das aktuellste Gutachten, das ihren tatsächlichen Gesundheitszustand realistisch widerspiegele, Dr. St. habe aufgrund umfassender Anamnese das wesentliche Krankheitsgeschehen erfasst und die gesamte biographische und soziale Anamnese in sein Gutachten einfließen lassen, außerdem sei er nicht nur Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, sondern darüber hinaus auch Psychotherapeut. Aktuell (April 2009) befinde sie sich nicht in neurologisch-psychiatrischer Behandlung. Sie leide auch an einem Restless-Leg-Syndrom, einer Eisenmangelanämie und einer Insomnie. Problematisch seien die multiplen Allergien, weswegen sich kein Krankenhaus bzw. Arzt finde, das bzw. der bereit wäre, sie medikamentös zu behandeln. Auch von der Elena-Klinik in Kassel, Zentrum für Parkinson-Syndrom und Bewegungsstörungen, sei sie wieder nach Hause geschickt worden, da man befürchtet habe, dass sie durch eine angedachte Eiseninfusion einen Schock erleide. Zur Unterstützung ihres Begehrens hat die Klägerin Entlassungsberichte des Prof. Dr. Ri., Universitätsklinik F., Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, über die stationäre Behandlung vom 15. bis 17. Oktober 2008 im Schlaflabor (reduzierte Schlafeffizienz, teilweise erhöhte Anzahl an nächtlichen periodischen Beinbewegungen, leichtes depressives Erleben; empfohlene Mitbetreuung durch Psychiater) und des Dr. Fe., O.-Klinikum A., über die stationäre Behandlung vom 18. bis 21. Januar 2011 (Diagnosen: rezidivierende, Helicobacter-Pyroli-positive Gastritis, Refluxerkrankung, Restless legs-Syndrom, grenzwertige arterielle Hypertonie, Cervicokraniales Syndrom, Verdacht auf Somatisierungsstörung; u.a. im Tagesprofil grenzwertige systolische Blutdruckwerte, grenzwertig erniedrigtes Eisen bei normalem Ferritin), das ärztliche Attest des Internisten Dr. J. vom 09. Januar 2010, wonach im Rahmen des chronischen Eisenmangels, Insomnie und Schmerzsyndroms, die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit deutlich vermindert sei, den Kurzbrief der Parkinsonklinik W. über ihren stationären Aufenthalt vom 29. Juni bis 06. Juli 2010 (Besserung der Beinunruhe, allerdings ausgeprägtes Sodbrennen), den Arztbrief der PD Dr. Sä., Fachärztin für Neurologie, vom 07. April 2011 (Diagnosen: rezidivierend depressive Störung, aktuell mittelgradige Depression bei posttraumatischer Belastungsstörung mit Restless-legs-Syndrom, Polyallergie, chronischer Eisenmangel; von Belastbarkeit für normalen Arbeitstag nach wie vor weit entfernt), das ärztliche Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Schi. vom 07. April 2011 (Nennung mehrerer "Dauerdiagnosen"), die Bescheinigung des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin Dr. Buc. vom 04. Mai 2011 (diagnostisch handle es sich um komplexes Krankheitsgeschehen, welches im Zusammenhang mit einer posttraumatische Belastungsstörung im Kontext von sexuellem Missbrauch stehe) und den Bescheid des Landratsamts O. vom 17. Februar 2011 mit der Feststellung eines Grades der Behinderung von 60 seit 01. Oktober 2008 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2006 zu verurteilen, ihr ab 01. November 2004 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen lasse sich eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens nicht ableiten. Sie hat den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vom 17. Dezember 2009 mit Bescheid vom 20. Januar 2010/Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2010 abgelehnt und die hierzu angefallenen Unterlagen vorgelegt, u.a. Entlassungsberichte des Dr. Fe., O.-klinikum L.-E. vom 14. Mai 2009 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 17. bis 25. April 2009 zur interdisziplinären Schmerztherapie, den die Klägerin auf eigenen Wunsch und gegen ärztlichen Rat abgebrochen hat, und des Dr. Fe., O.-klinikum A. vom 29. Juni 2009 über den stationären Aufenthalt vom 13. bis 15. Juni 2009 (grippaler Infekt und psychosomatische Aggravierung) sowie Arztbriefe des Internisten und Rheumatologen Dr. A. vom 06. Oktober 2009 (Kollagenose vom Typ Sjörgren habe sich nicht nachweisen lassen), der Neurologin Dr. Sä. vom 20. Oktober 2009 (Diagnose: symptomatisches Restless-Legs-Syndrom bei Eisenmangelanämien, Tablettenverordnung), des Dr. J. vom 10. November 2009 (erheblicher Eisenmangel), des Radiologen Dr. Die. vom 05. November 2009 über ein Computertomogramm der Lendenwirbelsäule (Foramenstenose L5/S1 beidseits, angedeutete Bandscheibenprotrusion L5/S1 ohne sichere Beeinträchtigung von Nervenwurzeln oder Duralsack, Foramenstenose L4/L5 beidseits und Bandscheibenprotrusion insgesamt nach dorsal, Spondylarthrose auch in L2/L3 und L3/L4, jedoch ohne Einengung des Spinalkanals oder der Neuroforamina) und des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Spieker vom 15. Dezember 2009 (Lumboischialgie rechts). Ferner hat die Beklagte die Stellungnahme der Internistin Dr. Pf. vom 15. März 2011 vorgelegt, wonach sich unter Berücksichtigung der vorgelegten und beigezogenen Unterlagen keine Änderung der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung ergebe.

Den von der Beklagten dennoch unter dem 15. Februar 2010 unterbreiteten Vergleichsvorschlag bezüglich der Gewährung eines stationären psychosomatisch-orthopädischen Heilverfahrens in der Z.-klinik St. Bl. hat die Klägerin abgelehnt.

Der Senat hat über den Arzt für Allgemeinmedizin Kienzle Arztbriefe von Prof. Dr. Tr., Ärztin für Neurologie, Chefärztin, P. E.-Klinik K. über die ambulante Vorstellung der Klägerin am 26. März 2009 (Diagnosen: Restless-Legs-Syndrom und Eisenmangelanämie; Ablehnung der stationären Behandlung durch die Klägerin), Dr. Bra., Chefarzt der Frauenklinik O.-G., über die am 21. Januar 2009 durchgeführte Hysterektomie, Prof. Dr. K., Leiter des Interdisziplinären Schmerzzentrums des Universitätsklinikums F., vom 10. Dezember 2008 mit dem Angebot einer intravenösen Eisensubstitution, Dr. Ro., Chefarzt des O.-klinikums O. über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 06. bis 10. Juli 2008 wegen multipler Gelenkschmerzen, Cephalgie, Übelkeit und epigastrischen Beschwerden, eines labilen Hypertonus und multipler Medikamentenunverträglichkeiten/Allergien, Dr. M., O.-klinikum O.-G. (Untersuchung am 15. Juli 2008, kein Hinweis für eine Refluxösophagitis, mäßiggradige Antrumgastritis), Chirurgen Dr. W., O.-klinikum A., über die ambulante Vorstellung der Klägerin am 11. Juli 2008 (Diagnose Reizverschleißknie beidseits), Orthopäden Dr. H. vom 27. November 2007 (Schmerzproblematik), Prof. Dr. Schu., O.-klinikum L.-E., über die ambulante Untersuchung am 08. November 2007 (Diagnosen Spannungskopfschmerz, Lumboischialgie beidseits, somatoforme Schmerzstörung) und Dres. Schul., Kn., R. über ein am 09. November 2007 durchgeführtes Zwei-Phasen-Ganzkörper-Skelettszintigramm (kein Nachweis entzündlicher Veränderungen, jedoch Zeichen degenerativer Veränderungen im linken Kniegelenk medial und im rechten Hüftgelenk) sowie den pathologisch-anatomischen Befund des Prof. Dr. Tietze vom 21. Juli 2008 (Diagnose: mäßiggradige chronische, mäßig aktive HP-assoziierte Antrumgastritis) beigezogen. Außerdem hat der Senat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Wl. als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat am 06. August 2009 angegeben, dass die Klägerin wegen eines Restless-Legs-Syndroms und eines Fibromyalgiesyndroms am 15. Mai 2009 einmalig in seiner Praxis gewesen sei und seither telefonischer Kontakt bestehe. Bei der Behandlung am 15. Mai 2009 sei eine Implantat-Ohr-Akupunktur durchgeführt worden. Ein durchschlagender Erfolg sei bis heute nicht eingetreten. Ferner hat Dr. J. bei seiner schriftlichen Befragung durch den Senat unter dem 07. Februar 2010 ausgeführt, dass er die Klägerin insbesondere wegen des chronischen Eisenmangels behandelt habe. Wegen der schlechten Verträglichkeit sei ein stationärer Aufenthalt empfohlen worden. Schließlich hat der Senat den Entlassungsbericht des Dr. Dr. N. vom 02. November 2010 über die zweitägige stationäre Behandlung der Klägerin vom 27. bis 28. Oktober 2010 beigezogen. Danach habe bei der Klägerin bereits bei Aufnahme eine ausgeprägte Ambivalenz gegenüber der stationären Psychotherapie bestanden. Es sei mit ihr besprochen worden, dass sie zunächst in einem intensivierten Einzelsetting ohne Teilnahme an Gruppenveranstaltungen behandelt werde. Dennoch habe sie sich zum Abbruch der Therapie entschieden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 24. Juli 2008 ist nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2006 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine Erwerbsminderung liegt bei der Klägerin nicht vor. Sie ist vielmehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich bei einer Fünftagewoche erwerbstätig zu sein.

Bei der Klägerin besteht vorrangig eine Somatisierungsstörung, die sich in einem komplexen Beschwerdebild insbesondere mit Schmerzen im Kopf, Gesicht, der Wirbelsäule und Missempfindungen in den Händen äußert, und eine Persönlichkeitsstörung verbunden mit rezidivierenden depressiven Störungen. Es fand deshalb bereits vom 20. Mai 2003 bis 13. Mai 2004 eine ambulante Kurzzeittherapie bei Dr. Gn. statt, die nach den Ausführungen von Dr. Gn. zu keiner nachhaltigen Verbesserung der psychischen und der körperlichen Verfassung der Klägerin führte. Erneut konsultiert hat die Klägerin Dr. Gn. aber erst wieder nach einer zweijährigen Pause, wobei sie Terminen aus unterschiedlichen Gründen häufig fern blieb. Vom 09. bis 21. August 2006 wurde die Klägerin insoweit von Dr. Dr. N. im Klinikum L.-E. stationär behandelt. Während dieses Aufenthalts kam es zu einem leichten Rückgang der Beschwerden. Die Klägerin beendete die Behandlung jedoch vorzeitig. Eine zwischen dem 17. und 25. April 2009 durchgeführte interdisziplinäre Schmerztherapie bei Dr. Frei im O.-klinikum L.-E. brach die Klägerin ebenfalls auf eigenen Wunsch und gegen ärztlichen Rat ab. Ebenso verhielt es sich im Zusammenhang mit einer psychotherapeutischen Behandlung der Klägerin bei Dr. Dr. N. im O.-klinikum O-G- vom 27. bis 28. Oktober 2010. Auch insoweit entschied sich die Klägerin zum Abbruch der Therapie. Wesentliche Bewegungseinschränkungen infolge der Somatisierungsstörung bestehen bei der Klägerin nicht. Bei der Untersuchung durch Dr. Kl. am 04. Januar 2005 war die Wirbelsäule der Klägerin im Wesentlichen frei beweglich und ohne Beschwerden. Der Fingerbodenabstand wurde mit zwölf cm gemessen. Auch die Schulter-, Hüft- und Kniebeweglichkeit war ohne Einschränkungen. Bei der Untersuchung durch Dr. Ba. am 05. März 2007 wurde ein Fingerbodenabstand von bis 20 cm gemessen, die Wurzeldehnungszeichen waren negativ. Auch Dr. St. fand im Oktober 2007 lediglich eine Klopfempfindlichkeit im Halswirbelsäulenbereich. Dem entspricht auch der Befund der Computertomographie-Untersuchung der Lendenwirbelsäule vom 05. November 2009, der keine Einengung des Spinalkanals oder der Neuroforamina und nur Bandscheibenprotrusionen, jedoch noch keinen Prolaps zeigte und der in diesem Zusammenhang erhobene Untersuchungsbefund von Dr. Spieker vom 06. November 2009, wonach ein Fingerbodenabstand von 20 cm gemessen und keine Beeinträchtigung der Sensibilität festgestellt wurde. Hiervon weicht auch der Untersuchungsbefund des Dr. Dr. N., O.-klinikum O-G-, vom Oktober 2010 nicht ab. Es bestand ein Klopfschmerz im Halswirbelsäulenbereich. Der Fingerbodenabstand betrug 20 cm. Sonst waren alle Gelenke frei beweglich und die orientierende neurologische Untersuchung unauffällig. Bezüglich der psychischen Auffälligkeiten wird die Klägerin im Verhalten als lebhaft und extrovertiert beschrieben. Medikamente wegen einer Depression nimmt sie nicht ein. Sie befindet sich auch nicht in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung. Diagnostiziert wurde von Dr. Ba. keine Depression, von Dr. St. eine Dysthymia, von Dr. Gn. rezidivierende agitierte Verstimmungszustände, von Dr. Dr. N. eine leichtgradige depressive Störung und aktuell von der Neurologin Dr. Sä. am 06. April 2011 eine rezidivierend depressive Störung, aktuell mittelgradige Depression. Dies Alles ergibt sich insbesondere aus den Gutachten von Dr. Kl. vom 18. Januar 2005 und Dr. B. vom 16. August 2005, die der Senat urkundenbeweislich verwerten kann, und den Gutachten von Dr. Ba. vom 06. März 2007 und Dr. St. vom 14. Oktober 2007 sowie den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. Gn. vom 10. Juli 2006 und von Dr. Dr. N. vom 02. November 2007 aber auch dem von Dr. Fe. gefertigten Entlassungsbericht vom 14. Mai 2009 und den Arztbriefen von Dr. Sä. vom 07. April 2011 und Dr. Spi. vom 15. Dezember 2009. Zugleich folgt daraus, dass sich im Gesundheitszustand der Klägerin insoweit seit Stellung des Rentenantrags keine Änderung eingetreten ist.

Außerdem leidet die Klägerin an einem Restless-Legs-Syndrom, das teilweise eine erhöhte Anzahl an nächtlichen periodischen Beinbewegungen zur Folge hat und auf eine Eisenmangelanämie zurückzuführen ist, wobei bei der letzten diesbezüglichen Untersuchung der Klägerin durch Dr. Fe., O.-klinikum A., anlässlich des stationären Aufenthalts der Klägerin im Januar 2011 bei normalem Ferritin nur ein grenzwertig erniedrigtes Eisen festgestellt wurde. Eine Behandlung der Eisenmangelanämie brach die Klägerin in der Vergangenheit stets ab bzw. lehnte wegen befürchteter Allergien eine solche von vornherein ab. Auch die von Prof. Dr. K. angebotene intravenöse Eisensubstitution hat die Klägerin ebenso wie die von Prof. Dr. Tr. empfohlene Eisensubstitution unter intensiver medizinischer Aufsicht nicht durchgeführt. Insoweit stützt sich der Senat auf die Untersuchung der Klägerin durch Prof. Dr. Ri. im Schlaflabor der Universitätsklinik Freiburg im Oktober 2008 und die Entlassungsberichte von Prof. Dr. Tr., Paracelsus-Elena-Klinik und Dr. Fe., O.-klinikum A., sowie die sachverständigen Zeugenauskünfte von Dr. Wl. vom 06. August 2009 und Dr. J. vom 07. Februar 2010.

Überzeugt ist der Senat auch vom Vorliegen von Allergien bei der Klägerin sowohl gegen Medikamente als auch Anästhetika sowie Milben und Tierhaare. Dies ergibt sich aus dem von Dr. Kl. erstatteten Gutachten und der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. D. 03. September 2006.

Des Weiteren besteht bei der Klägerin eine rezidivierende mäßiggradige Gastritis und eine Refluxerkrankung wie aus dem Arztbrief des Dr. M. über die Untersuchung am 15. Juli 2008 und dem Entlassungsbericht des Dr. Fe. vom 08. März 2011 hervorgeht.

Außerdem leidet die Klägerin an Schlafstörungen in Form einer reduzierten Schlafeffizienz wie Prof. Dr. Ri. in seinem Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung im Oktober 2008 im Schlaflabor ausführt. Über Tagesmüdigkeit berichtete die Klägerin im Schlaflabor nicht. Nach dem Arztbrief von Dr. Sä. vom 07. April 2011 besteht ein Früherwachen mit Morgentief.

Dem von Dr. Kl. diagnostizierten Sulcus-ulnaris-Syndrom, dem von Dr. Wesch am 11. Juli 2008 diagnostizierten Reizverschleißknie beidseits und der zuletzt von Dr. Fe. erwähnten grenzwertigen arteriellen Hypertonie kommt keine wesentliche Bedeutung zu.

Dass die Klägerin heute noch an Nasennebenhöhlenentzündungen leidet, kann der Senat nicht feststellen. Die letzte Operation fand insoweit im September/Oktober 2005 statt. Auch der derzeitige Hausarzt der Klägerin Dr. J. berichtete in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 07. Februar 2010 nicht mehr über eine entsprechende Diagnose. Der Verdacht auf eine Kollagenose vom Typ Sjörgren ließ sich nach dem Arztbrief des Dr. A. vom 06. Oktober 2009 nicht nachweisen.

Diese Erkrankungen führen zweifelsohne zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin in qualitativer Hinsicht. Die Klägerin ist nur noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht und Schichtarbeit und unter Vermeidung von Tätigkeiten, die mit regelmäßigem Stress, Nässe, Kälte oder Zugluft verbunden sind, zu verrichten. Ausgeschlossen sind auch Tätigkeiten mit Arbeitsbereichen, in denen Stoffe, gegen die sie allergisch ist, vorkommen, und die mit beständigem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, Wärmeeinfluss und Einwirkung von Staub sowie Gasen verbunden sind. Unter Beachtung dieser Einschränkungen ist die Klägerin aber noch in der Lage täglich mindestens sechs Stunden zu arbeiten. Wie das SG folgt auch der Senat der schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung des Dr. Ba. im Gutachten vom 06. März 2007 sowie den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. Sch. vom 15. August 2006 und Dr. D. vom 03. September 2006, die auch heute noch gelten, nachdem der Gesundheitszustand der Klägerin mit Ausnahme des neu aufgetretenen Restless-Legs-Syndroms und des Abklingens von Nasennebenhöhlenentzündungen im Wesentlichen gleichbleibend ist. Damit in Einklang steht auch das von Dr. Kl. bereits am 18. Januar 2005 erstattete Gutachten sowie der Entlassungsbericht über die von der Klägerin im Oktober 2002 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme, die ebenfalls jeweils ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen der Klägerin bejahen.

Der hiervon abweichenden Leistungseinschätzung sowohl von Dr. St. als auch von Dr. Dr. N. und Dr. Sä. vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Wie das SG in seinem Urteil insoweit zu Recht ausgeführt hat, berichtet Dr. St. in seinem Gutachten detailliert über die Lebensentwicklung der Klägerin und stützt hierauf seine Leistungseinschätzung. Der von ihm erhobene körperliche und psychische Befund steht hiermit jedoch nicht im Einklang. Insoweit beschrieb er mit Ausnahme einer im Halswirbelsäulenbereich klopfempfindlichen Wirbelsäule keine körperlichen Beschwerden. Psychisch schildert er die Klägerin als freundlich, adäquat, stimmungsmäßig ausreichend ausgeglichen, vom Antrieb und der Psychomotorik ungestört, etwas ängstlich und streckenweise sehr agitiert. Dies stützt die von ihm aus der Lebensentwicklung der Klägerin geschlossene Leistungsbeurteilung nicht. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf die Einschätzung von Dr. Dr. N., der in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 24. Oktober 2006 zwar angab, dass die Klägerin zur Zeit erwerbsunfähig sei. Eine Begründung hierfür liefert er jedoch nicht. Auch er führt aus, dass die körperliche Untersuchung sowie orientierende neurologischen Untersuchung im Wesentlichen unauffällig sei. Hinsichtlich des psychischen Befunds gibt er an, die Klägerin sei wach, bewusstseinsklar, zur Situation, Ort und Person orientiert, die mnestischen Funktionen seien unauffällig, das Denken formal geordnet, die Stimmung zeitweise inadäquat heiter, Schwingungsfähigkeit erhalten und Psychomotorik unauffällig. Die Behandlung hat nach der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Dr. N. zu einem leichten Rückgang der diagnostizierten Somatisierungsstörung mit hypochondrischer Entwicklung und leichtgradigen depressiven Störungen geführt. Sie wurde von der Klägerin auf eigenen Wunsch vorzeitig abgebrochen. Dies stützt die Einschätzung, dass die Klägerin zur Zeit erwerbsunfähig sei, nicht. Auch der von Dr. Sä. erhobene Befund lässt nicht den Schluss darauf zu, dass die Klägerin von einer Belastbarkeit für einen normalen Arbeitstag weit entfernt sei. Gegen diese Leistungseinschätzung spricht auch, dass bei der Klägerin kein massiver Leidensdruck vorzuliegen scheint. Dies wird daraus deutlich, dass sie seit Jahren Behandlungen abbricht bzw. nicht aufnimmt. Dies gilt nicht nur für die psychotherapeutischen Behandlungen, sondern auch für die begonnene Schmerztherapie und die Behandlung der Eisenmangelanämie, obwohl man der Klägerin in der Regel durch die angebotene Behandlung (z.B. Einzelsetting O.-klinikum bzw. stationäre Behandlung des Eisenmangels zur Vermeidung von Allergien) entgegenkam.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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