Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 9 R 583/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 350/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).
Die am ... 1951 geborene Klägerin absolvierte nach der Schulausbildung von acht Klassen vom 1. September 1966 bis zum Juli 1968 eine Lehre als Wirtschaftsgehilfe. Sie arbeitete zunächst in diesem Beruf, dann bis September 1988 als Botin, Maschinistin, Sachbearbeiterin, Schreibkraft und Produktionsarbeiterin und zuletzt versicherungspflichtig von Oktober 1988 bis Januar 1991 als Melkerin. Von Mai bis September 2001 war sie im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses in einem Montagebetrieb beschäftigt. In den Jahren 1995/1996 und 2000 nahm die Klägerin zwei Mal an der gleichen Umschulungsmaßnahme zur Krankenpflegerin teil. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt aus der ihrem Ehemann gewähren Rente und Arbeitslosengeld II.
Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt worden.
Nach bestandskräftiger Ablehnung ihrer Rentenanträge vom 26. Oktober 2001 und vom 19. Januar 2004 stellte die Klägerin am 26. August 2004 ihren dem Streitverfahren zugrunde liegenden dritten Rentenantrag bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Die Beklagte zog zunächst die Unterlagen aus dem vorangegangenen Verfahren bei. Aus dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R., Ärztlicher Gutachterdienst der LVA, vom 11. Januar 2002 geht ein Leistungsvermögen der Klägerin von sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hervor. Aus dem Entlassungsbericht vom 18. November 2003 über die zuvor durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme ergibt sich eine Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte bis mittelschwere Arbeiten (im Wechselrhythmus, ohne schweres Heben und Tragen, Überkopfarbeiten, gebückte bzw. gehockte Zwangshaltungen) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von sechs Stunden und mehr täglich.
Die LVA holte auf den dritten Rentenantrag zunächst einen Befundbericht von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. T. vom 16. September 2004 ein, aus dem eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin ca. seit März 2004 zu entnehmen ist. Der Facharzt für Orthopädie Dr. F. erstattete ein Gutachten unter dem 14./16. Dezember 2004. Die Klägerin habe bei einem Gewicht von 112 kg bei 1,67 m Körpergröße ein Gangbild auf kurzer Strecke mit Schmerz- und Entlastungshinken gezeigt. Die von ihr beklagten Beschwerden in der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) seien anamnestisch und radiologisch eindeutig nachvollziehbar und beruhten auf Funktionsbeeinträchtigungen bei Degenerationen und Verspannungen. Unter Zusammenfassung aller Befunde empfehle er die "Erwerbsunfähigkeit" für zunächst ein Jahr. Es bestehe eine erhebliche Beeinträchtigung der Laufbelastbarkeit bei nachvollziehbaren deutlichen Degenerationen im Gelenkkompartiment medial beidseits sowie eine deutliche Retropatellararthrose. Außerdem zeige sich eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung an der linken Schulter ("Frozen shoulder"). Das aktive Heben über 80° sei nicht möglich. Auch die Grifffunktion an der linken Hand sei erheblich reduziert. Es sei u.a. eine erhebliche Gewichtsreduktion erforderlich. Aktuell bestehe kein Leistungsvermögen für eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin sei auch nicht in der Lage, die erforderlichen Wegstrecken zur Arbeit zurückzulegen.
Aus dem Entlassungsbericht der M. Klinik K. vom 9. Mai 2005 über die daraufhin vom 5. bis zum 26. April 2005 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme geht eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel der Haltungsarten und ohne Zwangshaltungen bzw. ständige Kälte oder Nässe hervor. Es sei eine berufliche Neuorientierung zu empfehlen.
Die LVA lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2005 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs verwies die Klägerin im Wesentlichen auf die Feststellungen von Dr. F. in seinem Gutachten vom 14./16. Dezember 2004.
Nach dem Befund der Gemeinschaftspraxis P. und K. über die am 26. bzw. 27. Oktober 2005 durchgeführten Kernspintomografien der HWS bzw. der Brustwirbelsäule (BWS) bestehen bei der Klägerin fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich der HWS und leichte degenerative Veränderungen an der unteren BWS und Bandscheibenprotrusionen bei C 3/4, C4/5 und C 6/7, keine Tumor- oder Entzündungszeichen und paravertebral unauffällige Verhältnisse. Der Befund dieser Praxis über die am 26. Januar 2006 durchgeführte Röntgenuntersuchung der LWS gibt eine leichte spondylarthrotisch bedingte Spondylolisthesis L 3/4 Grad I mit einer Ventraldiskolokation um 5 mm wieder. Aus dem Arztbrief des Arztes für Augenheilkunde Dr. W. vom 23. November 2005 geht ein unterdurchschnittlicher Visus von 0,6 hervor, der durch eine leichte Linsentrübung und eine leichte Angiospastik erklärt werde.
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. F. vom 22. März 2006 ein. Die Klägerin habe bei der Untersuchung nun bei 1,64 m Körpergröße 116 kg gewogen. Sie habe angegeben, mit der Pflege ihres Ehemannes und der Versorgung des Haushaltes "voll und ganz ausgelastet" zu sein. Sie bewohne gemeinsam mit ihrem Rente beziehenden Ehemann, der Unterstützung insbesondere beim Anziehen benötige und Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I erhalte, ein Einfamilienhaus auf dem Lande. Sie leide ständig unter Schmerzen in beiden Kniegelenken und beiden Armen mit Ausstrahlung bis in die Hände sowie im Schulter-Nacken-Bereich sowie im Bereich der LWS. Dennoch nehme sie keine Analgetica ein, im Jahr höchstens zwei Mal eine Schmerztablette.
Offensichtlich seien die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten bei der Klägerin bisher nicht ausgeschöpft worden. Die Visusminderung werde durch eine Gleitsichtbrille gut korrigiert. Die Bewegungsabläufe, bei denen die Klägerin jeweils erhebliche Schmerzen angegeben habe, seien bei erheblicher Adipositas verlangsamt. Das Gangbild der Klägerin im Untersuchungszimmer sei kleinschrittig und unsicher gewesen. Ein höherer Leidensdruck der Klägerin sei nicht erkennbar. Ihre intellektuellen Voraussetzungen lägen im unteren Normbereich mit einer gut entwickelten lebenspraktischen Kompetenz. Die Beschwerdesymptomatik sei psychisch überlagert. Erhebliche emotionale Konflikte und psychosoziale Probleme hätten sicherlich zu einer Schmerzverstärkung beigetragen. Die Kriterien für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung seien nicht erfüllt. Verdeutlichungstendenzen der Klägerin seien nicht krankheitswertig. Aus nervenärztlicher Sicht könne sie leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufige Zwangshaltungen oder Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, vollschichtig verrichten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2006 als unbegründet zurück. Sie könne noch sechs Stunden und mehr täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, ohne Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Hocken, Knien, häufige Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten sowie häufiges Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Mit ihrer am 20. September 2006 bei dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Ihre Halswirbel sowie beide Knie seien kaputt und ihr rechter Lungenflügel sei nur noch zur Hälfte funktionsfähig. Ihr Bein werde häufig dick und richtig hart, sodass sie plötzlich nicht mehr laufen könne und ihr Bein kühlen und hochlagern müsse.
Das Sozialgericht hat zunächst durch Einholung von Befundberichten ermittelt. Die Fachärztin für Orthopädie und Chirotherapie Dr. W. hat in ihrem Befundbericht vom 25. März 2008 angegeben, die Klägerin könne vollschichtig eine überwiegend sitzende und zeitweise im Wechsel von Gehen und Stehen zu verrichtende Tätigkeit ausüben. Zu vermeiden sei ein häufiges Treppensteigen. Der Facharzt für Orthopädie R. hat in seinem Befundbericht vom 26. März 2008 angekreuzt, die Klägerin könne körperlich leichte Arbeiten nicht mehr vollschichtig, aber noch sechs Stunden täglich verrichten. Dipl.-Med. T. (Betriebsmedizin, Allgemeinmedizin, Fliegender Notarzt) hat unter dem 3. April 2008 berichtet, es sei eine Belastbarkeit der Klägerin von weniger als sechs Stunden und auch für weniger, als zum geregelten Lohnerwerb notwendig wäre, medizinisch einzuschätzen. Die in den letzten fünf Jahren konstanten Befunde und Diagnosen bewirkten eine deutliche Minderung der Erwerbsfähigkeit und körperlichen Belastbarkeit. Die Klägerin könne allenfalls leichte körperliche Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, weniger als drei Stunden täglich verrichten. Auch die psychische Belastbarkeit sei erheblich reduziert. Aus dem Arztbrief des A.-klinikums vom 13. Juni 2007 geht eine zwei Tage zuvor durchgeführte Arthroskopie des rechten Knies im Rahmen einer stationären Behandlung mit einem regelgerechten Behandlungsergebnis hervor. Den Befundberichten des Facharztes für Chirurgie Dr. B. vom 6. Mai 2008 und des Angiologen/Hämostaseologen Priv.-Doz. Dr. med. habil. F. vom 13. Mai 2008 ist jeweils aus Sicht des Fachgebietes ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Arbeiten (ohne Zwangshaltungen, ausschließlich im Sitzen) zu entnehmen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. September 2008 abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die ihr zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. November 2008 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ihr Leistungsvermögen sei durch orthopädische Leiden sowie eine Herzleistungsminderung und ein Krampfaderleiden an beiden Beine reduziert. Die Feststellungen in dem Dezember 2004 erstellten Gutachten von Dr. F. hätten weiter Gültigkeit. Ihre Beschwerdesymptomatik habe deutlich zugenommen. Ein Antrag auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit werde nicht verfolgt. Die Klägerin hat dem Senat den Bericht des S. O.-Klinikums über ihre stationäre Behandlung vom 13. bis zum 16. Oktober 2009 übersandt. Sie ist dort wegen eines entgleisten Bluthochdrucks aufgenommen und nach einer geänderten Medikation in stabilem Allgemeinzustand entlassen worden.
Der Senat hat einen Befundbericht von den Fachärzten für Orthopädie Dres. H. und M. vom 4. Dezember 2009 eingeholt, die keine Änderung der Beschwerden der Klägerin angegeben haben. Der Senat hat sodann ein Gutachten von der Fachärztin für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin Dr. B., Oberärztin am Universitätsklinikum H., vom 10. August 2010 erstatten lassen. Die Klägerin habe berichtet, zurzeit am meisten unter Beschwerden an der HWS zu leiden. Im Sitzen finde sie Entspannung. Beim Gehen benutze sei eine Unterarmgehstütze. Nach ca. 500 Metern Gehstrecke müsse sie sich hinsetzen. Sie fahre mit dem Auto oder benutze öffentliche Verkehrsmittel.
Bei der Untersuchung habe die Klägerin (167 cm/117 kg) einen flüssigen, aber - wie alle Bewegungen durch die Schmerzsymptomatik - verlangsamten Gang gezeigt. Sie habe sich nicht in der Lage gesehen, die Fahrradbelastung durchzuführen. Bei der Klägerin lägen folgende Diagnosen vor:
Schmerzsyndrom, muskuläre Dysbalancen bei Abnutzungserscheinungen an der HWS und LWS.
Abnutzungserscheinungen an beiden Kniegelenken.
Abnutzungserscheinungen am Hüftgelenk links.
Chronisches Schmerzsyndrom mit erheblicher psychischer Überlagerung.
Genetisch bedingte Störung der Blutgerinnung (Antithrombin III-Mangel) mit Thrombosen an den Venen der Unterschenkel 1993 und 2001 sowie Lungenembolie 1993 mit geringer Funktionseinschränkung ausgeheilt.
Krampfaderleiden an beiden Beinen, 2009 operative Entfernung.
Bluthochdruck medikamentös behandelt.
Leichtgradige Einschränkung der Pumpfunktion des linken Herzens.
Diabetes mellitus.
Schilddrüsenfunktionsstörung mit Ausgleich durch Schilddrüsenhormon.
Erhebliches Übergewicht.
Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin stünden Schmerzen am Bewegungsapparat. An der HWS habe sie Schmerzen beim Anheben der Arme oder Tätigkeiten in Armvorhalte, die in die Arme ausstrahlten. Die bestehenden degenerativen Abnutzungserscheinungen und muskulären Verspannungen seien für die Klägerin mit Schmerzen und häufig auch Bewegungseinschränkungen verbunden. Insgesamt erklärten aber die Befunde von Seiten der Knie, der Hüfte oder der Wirbelsäule die von der Klägerin angegebene schwere Einschränkung der Gehstrecke und die heftigen Schmerzen bei der Untersuchung nicht ausreichend. Aus Sicht der Sachverständigen bestehe bei der Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom, das erheblich psychisch überlagert und auch durch den Wunsch nach Berentung beeinflusst sei. Auffällig sei auf der einen Seite die starke Schmerzangabe und auf der anderen Seite die völlige Passivität der Klägerin hinsichtlich einer Schmerzmedikation und aktiver Bewegung, die sie erlernt habe und ohne weiteres zu Hause durchführen könnte. Sie nehme überhaupt keine Schmerzmedikamente, obwohl ihr diese gut helfen könnten. Die heftigsten Schmerzangaben bei der Untersuchung seien anhand der Befunde nicht nachvollziehbar und möglicherweise der Begutachtungssituation geschuldet. Es bestünden aber bei den allgemeinen Bewegungen glaubhaft Schmerzen, deren Stärke sich jedoch auf Grund der zuvor beschriebenen Situation schwer einschätzen lasse. Die Durchblutungssituation in den Beinen sei bei den letzten Kontrollen ausreichend gut gewesen. Es bestehe eine leichtgradige Einschränkung der Pumpfunktion am linken Herzen als Folge des bestehenden Bluthochdrucks. Die körperliche Leistungsfähigkeit werde hierdurch mittelgradig eingeschränkt.
Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit der Klägerin sei nicht voll ausgeschlossen. Sie könne noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Zwangshaltungen, ein Tragen schwerer Lasten, Akkord-, Fließband- oder Schichtarbeit verrichten. Die Klägerin sei im Verlauf ihrer Arbeitslosigkeit in eine ausgeprägte Passivität geraten, sodass sie nur noch Arbeiten mit einfachen Anforderungen an das geistige Leistungsvermögen, Aufmerksamkeit, Reaktion und Zuverlässigkeit ausführen könne. Gegen eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr oder Telefonaten bestünden keine Bedenken. Die Befunde von Seiten der Wirbelsäule und der Gelenke seien nicht so ausgeprägt, dass sie die Leistungsfähigkeit für eine leichte sitzende Tätigkeit auf unter sechs Stunden einschränkten. Die Befunde von Seiten der Lunge, des Stoffwechsels und des Kreislaufleidens bedingten keine relevante Leistungseinschränkung. Es bestehe jedoch ein psychisch überlagertes Schmerzsyndrom. Schmerzen könnten zu einer zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen. Die Stärke dieser Schmerzen bei der Klägerin objektiv einzuschätzen, sei gutachterlich schwierig, da die Angaben schwer verwertbar seien und auch ein Rentenwunsch deutlich werde. Die Klägerin bewältige z.B. ihren gesamten Haushalt, wenn auch "in Etappen". Eine relevante psychische Störung liege nicht vor; dies sei gutachterlich abgeklärt worden und entspreche der Einschätzung nach der Untersuchung. Insofern sei auch nicht davon auszugehen, dass die Klägerin z.B. wegen einer depressiven Erkrankung nicht in der Lage sei, sich medizinische Hilfe wegen der Schmerzen zu organisieren. Unter einer adäquaten Therapie (Schmerzmedikation, Physiotherapie, häusliche Bewegungstherapie, Gewichtsreduktion) könne die Klägerin z.B. leichte Sortierarbeiten an fünf Tagen in der Woche für sechs Stunden ausüben; zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Ein Erfolg werde sich hier nicht kurzfristig einstellen; es sei ein Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten anzusetzen. Verbleibe der jetzige Zustand, werde die Klägerin wahrscheinlich einen Arbeitstag von sechs und mehr Stunden nicht bewältigen und vorzeitig abbrechen. Die Frage nach einem unter sechsstündigen Leistungsvermögens entfalle.
Das am 12. August 2010 bei dem Senat eingegangene Gutachten ist der Klägerin in Kopie als Anlage zum Schreiben des Berichterstatters vom 19. August 2010 - über ihre Prozessbevollmächtigte - übersandt worden. In diesem Zusammenhang ist bei der Klägerin angefragt worden, ob die Berufung zurückgenommen werde. Die Klägerin hat mit ihrem am 22. Oktober 2010 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz unter diesem Datum im Wesentlichen darauf verwiesen, die Sachverständige habe die Auffassung vertreten, verbleibe es bei dem jetzigen Zustand, könne sie einen Arbeitstag von sechs Stunden und mehr nicht mehr bewältigen. Durch das Gutachten würden auch Zweifel begründet, ob sie überhaupt noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden könne. Arbeiten mit einfachen Anforderungen an geistige Fähigkeiten ließen sich nur in geschützten Werkstätten realisieren.
Auf die ihr am 15. Dezember 2010 zugestellte Ladung zur mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2011 hat die Klägerin mit am 20. Dezember 2010 bei dem Senat eingegangenem Schriftsatz unter diesem Datum Ausbildungsnachweise in Kopie übersandt. Sie gehe davon aus, dass die medizinische Sachaufklärung durch den Senat abgeschlossen sei und beantrage "hiermit" die Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie bitte um Zuleitung eines entsprechenden Kostenbeschlusses; ein Gutachter werde umgehend benannt. Der Klägerin ist daraufhin vom Berichterstatter mit ihr am 21. Dezember 2010 per Telefax zugegangenem Schreiben mitgeteilt worden, bisher liege ein vollständiger Antrag im Sinne des § 109 SGG nicht vor, sodass bereits deshalb die Voraussetzungen für die Anforderung eines Kostenvorschusses nicht erfüllt seien. Die Klägerin hat mit am 10. Januar 2011 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz unter demselben Datum den Facharzt für Orthopädie Dr. F. als Arzt, der nach § 109 SGG gehört werden soll, benannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. August 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen, hilfsweise ein Gutachten von Dr. C. F., A.-B.-Str. 32, W., nach § 109 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Der Senat hat auf die anberaumte mündliche Verhandlung in der Sache entscheiden können. Ein ausdrücklicher Antrag auf Verlegung bzw. Vertagung des Termins ist von der Klägerin nicht gestellt worden. Eine Verlegung oder Vertagung ist auch durch den von ihr gestellten Antrag nach § 109 SGG nicht erforderlich geworden, da der Senat diesem Antrag nicht hat entsprechen müssen.
Der am 10. Januar 2011, 14.53 Uhr, von der Klägerin gestellte Antrag, Dr. F. nach § 109 SGG gutachterlich zu hören, war abzulehnen. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachterlich gehört werden. Das Gericht kann einen solchen Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Durch die Zulassung des Antrags, ein Gutachten von Dr. F. einzuholen, wäre die Erledigung des Rechtsstreits verzögert worden, da die Streitsache nicht an dem bereits für den 13. Januar 2011 anberaumten Verhandlungstermin hätte entschieden werden können. Der Antrag ist zudem aus grober Nachlässigkeit nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt worden.
Als angemessene Frist, innerhalb derer ein Antrag nach § 109 SGG zu stellen ist, sind vier bis maximal sechs Wochen zu verstehen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 109 RdNr. 11 m.w.N.). Der rechtskundig vertretenen Klägerin ist bereits mit Richterbrief des Berichterstatters vom 19. August 2010 das Gutachten von Dr. B. zur Stellungnahme - verbunden mit der Anfrage, ob die Berufung zurückgenommen werde - zugeleitet worden. Darauf hat die Klägerin zunächst gar nicht reagiert und auf Erinnerung des Berichterstatters an die ausstehende Stellungnahme erst mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2010 den sich ihrer Auffassung nach aus dem Gutachten von Dr. B. abzuleitenden Rentenanspruch dargelegt. In diesem Zusammenhang ist auf Gesichtspunkte einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für die Klägerin, nicht aber auf das Erfordernis weiterer Ermittlungen des Senats abgestellt worden. Die Klägerin hat mit diesem Schriftsatz, der bei dem Senat am 25. Oktober 2010 und damit mehr als zwei Monate nach Zugang des Gutachtens bei der Klägerin eingegangen ist, zum Ausdruck gebracht, dass sie den Sachverhalt für hinreichend ausermittelt ansehe und sich zur Rücknahme der Berufung nicht entschließen könne, da sich aus dem Gutachten von Dr. B. unter Berücksichtigung der Gegebenheit des Arbeitsmarktes eine rentenrelevante Leistungsminderung ergebe. Die Klägerin hat es sowohl unterlassen, innerhalb eines vertretbaren Zeitraums nach Zugang des Gutachtens von Dr. B. zumindest anzudeuten, dass sie die Ausführungen dieser Sachverständigen für nicht hinreichend eindeutig hält, als auch zu bekunden, dass sie zur Absicherung ihres Rentenanspruchs weitere medizinische Ermittlungen für erforderlich hält. Somit bestand für den Senat auch vor diesem Hintergrund keine Veranlassung für weitere Ermittlungen, weil es sich bei der Frage eines Verschlossenheit des Arbeitsmarktes und der maßgebenden Zumutbarkeitskriterien einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit um einer ärztlichen Begutachtung nicht zugängliche Rechtsfragen handelt, sodass eine Ladung der Sache zur Verhandlung geboten gewesen ist. Erst nach Zugang der Ladung des Senats zur mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2011 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 angekündigt, die Anhörung eines noch zu benennenden Arztes nach § 109 SGG beantragen zu wollen, verbunden mit dem Hinweis, sie gehe davon aus, dass der Senat auf die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. verzichtet habe und die medizinische Sachverhaltsaufklärung abgeschlossen sei. Selbst auf die ihr am 21. Dezember 2010 zugegangene Mitteilung des Berichtererstatters, es liege kein vollständiger Antrag im Sinne des § 109 SGG vor, über den der Senat entscheiden könne, hat die Klägerin fast weitere drei Wochen verstreichen lassen, bevor sie den Antrag vervollständigt hat.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert. Sind sie nicht mehr in der Lage in diesem Rahmen mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind sie nach Absatz 2 Satz 2 dieser Vorschrift voll erwerbsgemindert. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert in diesem Sinne.
Die Klägerin ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel zu verrichten. Zu vermeiden sind Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, in Zwangshaltung, mit einem Bücken, Knien oder Heben bzw. Tragen von nicht nur leichten Gewichten, Arbeiten mit Absturzgefahr (z.B. auf Leitern oder Gerüsten), Überkopfarbeit, Arbeiten unter Zeitdruck (Akkord-, Fließband- oder Schichtarbeit) und solchen mit Einwirkung von Temperaturschwankungen, Nässe oder Zugluft. Die Klägerin ist Arbeiten mit einfachen Anforderungen in Bezug auf die Beanspruchung des Denkvermögens, an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Ausdauer, das Verantwortungsbewusstsein gewachsen. Ihr Seh- und Hörvermögen ist noch hinreichend. Sie bedarf einer Motivation für die tatsächliche Aufnahme und das Aufrechterhalten einer Beschäftigung. Der Senat sieht hier aber keine zunächst von der Beklagten zu bewirkenden Leistungen der Rehabilitation bzw. der Teilhabe am Arbeitsleben für notwendig an. Vielmehr ist die Situation auch wesentlich dem laufenden Rentenverfahren und der Pflege des Ehemannes der Klägerin geschuldet, die die Arbeitskraft der Klägerin in erheblichem Umfang in Anspruch nimmt.
Dieses Leistungsbild ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen von Dr. B. in ihrem Gutachten vom 10. August 2010, das die Feststellungen in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dipl.-Med. F. vom 22. März 2006 verwertet hat.
Im Vordergrund stehen bei der Klägerin Gesundheitseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Die degenerativen Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule und den Gelenken - vor allem an der HWS - der Klägerin führen für sich genommen nicht zu einem quantitativ geminderten Leistungsvermögen. Vielmehr ist diesen Beschwerden durch die Beschränkung auf körperlich leichte Arbeiten Rechnung zu tragen. Die Befunde an der Wirbelsäule und den Gelenken sind mäßiggradig ausgeprägt. Das trifft auch für degenerativen Veränderungen an den Knie- und Hüftgelenken zu. Die Indikation für einen operativen Kniegelenksersatz ist von Dr. B. angezweifelt worden. Diese Frage bedarf aber keiner abschließenden Klärung. Denn es steht fest, dass die Klägerin im Sitzen kaum Beschwerden hat. Auch ein gelegentlicher Haltungswechsel ist für sie nicht ausgeschlossen, vielmehr ist ein kurzzeitiges Aufstehen und Laufen wegen der muskulären Verspannungen und des Venenleidens der Klägerin sogar wünschenswert. Die degenerativen Veränderungen bedingen gleichzeitig die notwendige Vermeidung von Arbeiten in Zwangshaltungen und einer Belastung mit schwereren Gewichten bei einem Heben oder Tragen. Auf Grund der Instabilität und des Übergewichts sind auch weitere belastende Einwirkungen durch äußere Einflüsse oder schwierige Bewegungen - wie z.B. das Ersteigen von Leitern - im Regelfall auszuschließen.
Die Leiden der Klägerin auf internistischem Fachgebiet, die in den Folgeerkrankungen einer genetisch bedingten Blutgerinnungsstörung bestehen, limitieren das Leistungsvermögen der Klägerin mittelgradig, führen aber ebenfalls nicht zu einer zeitlichen Beschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Die Beschwerden der Klägerin sind insoweit medikamentös ausreichend behandelt.
Anhaltspunkte für eine die Erwerbsfähigkeit der Klägerin beeinträchtigende seelische Erkrankung bestehen nicht. Die Klägerin verfügt über eine lebenspraktische Intelligenz, die sie befähigt hat, ihr Erwerbsleben in Arbeiten mit teilweise geringen Anforderungen an die intellektuellen Fähigkeiten zu bewältigen. Die diesbezüglichen Ausführungen von Dipl.-Med. F. in ihrem Gutachten vom 22. März 2006 sind überzeugend und werden von Dr. B. in ihrem Gutachten vom 10. August 2010 bestätigt. Die psychisch überlagerte Schmerzstörung ist für den Senat bereits deshalb nur eingeschränkt einem Leistungsbild zugrunde zu legen, da Dr. B. insoweit die vollständige Verwertbarkeit der Angaben der Klägerin nicht bestätigt hat. Unter Berücksichtigung der faktischen Pflegetätigkeit der Klägerin ist kaum einzuschätzen, wie sich ihre Situation entwickeln würde, wenn sie auf eine Arbeit angewiesen wäre, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass sie sich selbst, wie sie Dipl.-Med. F. gegenüber angegeben hat, als durch ihre Pflegetätigkeit ausgelastet sieht. Während der Senat die Einnahme starker, insbesondere opioidhaltiger Analgetica als nicht uneingeschränkt dem Versicherten zur Abwendung eines Rentenanspruchs zumutbar erachtet, gilt dies für die Einnahme einfacher, nicht opioidhaltiger Schmerzmedikamente nicht. Insoweit ist die Leistungsbeurteilung hier auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Klägerin weder die ihr im Rahmen einer von der Beklagten getragenen Rehabilitationsmaßnahme vermittelten Übungen umsetzt noch sich um eine Eingrenzung des Schmerzes durch eine adäquate Medikation bemüht. Die Perspektive einer Änderung des Verhaltens sieht der Senat bei einer Rentenbewilligung auch innerhalb eines Jahres nicht.
Bei der Klägerin liegen deshalb auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, das Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Der Senat vermag dauerhafte Einschränkungen der Klägerin, solche leichten Arbeiten, die nur einfache Anforderungen an psychische Fähigkeiten stellen, zu verrichten, wenn sie dies denn wollen würde, nicht zu erkennen. Die Klägerin entzieht die Ausführungen von Dr. B. zur Beweisfrage 5 der maßgebenden Beweisanordnung mit der von ihr vorgenommenen Auslegung eines erst nach mehr als sechs Monaten wieder zu erreichenden Leistungsvermögens für einfache Sortierarbeiten dem Zusammenhang mit der in dem Gutachten genannten fehlenden Mitwirkung. Der Senat vermag die von Dr. B. aufgeführten Aspekte einer erforderlichen Mitwirkung der Klägerin nicht vollständig unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit der Sphäre der Beklagten zuzuordnen. Insbesondere das tatsächliche Aufsuchen einer Arbeitsstelle und das dortige Verbleiben erfordert eine (zumutbare) Willensanstrengung. Das Rentenbegehren der Klägerin und die mit einfachen, d.h. nicht opiathaltigen Schmerzmitteln und der ihr im Rahmen der von der Beklagten getragenen Rehabilitation vermittelten ausgleichenden Bewegungstherapie wesentlich zu bessernden Schmerzen begründen insoweit eine Unzumutbarkeit nicht.
Auch liegt im Fall der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, GS, a.a.O.,= S. 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die sog. Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats derzeit in der Lage, die erforderlichen Wegstrecken in der vorgenannten Zeitdauer viermal täglich zurückzulegen. Diese Fähigkeit hat zuletzt Dr. B. in ihrem Gutachten vom 10. August 2010 bestätigt.
Anlass für weitere Ermittlungen haben für den Senat nicht bestanden. Der Sachverhalt ist durch den Senat auch abschließend ermittelt worden. Das Gutachten von Dr. B. ist in sich schlüssig und überzeugend. Die Sachverständige hat sich differenziert mit dem Erkrankungsbild der Klägerin auseinandergesetzt und in diesem Rahmen auch die für die tatsächliche Arbeitsaufnahme der Klägerin bestehenden realistischen Grenzen aufgezeigt. Die von der Klägerin vorgenommene Interpretation des Ergebnisses der Begutachtung durch die aus dem Kontext herausgenommene Bewertung des letzten Satzes zur Beweisfrage 5 der Beweisanordnung des Senats vom 22. März 2010 führt aus Sicht des Senats nicht zur Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung. Im Zusammenhang der Beantwortung der Beweisfrage 5 und der Antwort zur Beweisfrage 6 ist die Aussage von Dr. B. nicht unklar oder erläuterungsbedürftig. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass das vom Senat zugrunde gelegte Leistungsbild auch dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der Feststellungen der behandelnden Ärzte (mit Ausnahme von Dipl.-Med. T.) und der Rehabilitationseinrichtung M. Klinik in dem dort erstellten Entlassungsbericht vom 9. Mai 2005 entspricht, der zeitnah zu dem hier maßgebenden Rentenantrag erstellt worden ist. Auch Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 14./16. Dezember 2004, das der Senat insgesamt für nicht völlig überzeugend hält, eine "Erwerbsunfähigkeit" zunächst nur für ein Jahr befürwortet
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).
Die am ... 1951 geborene Klägerin absolvierte nach der Schulausbildung von acht Klassen vom 1. September 1966 bis zum Juli 1968 eine Lehre als Wirtschaftsgehilfe. Sie arbeitete zunächst in diesem Beruf, dann bis September 1988 als Botin, Maschinistin, Sachbearbeiterin, Schreibkraft und Produktionsarbeiterin und zuletzt versicherungspflichtig von Oktober 1988 bis Januar 1991 als Melkerin. Von Mai bis September 2001 war sie im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses in einem Montagebetrieb beschäftigt. In den Jahren 1995/1996 und 2000 nahm die Klägerin zwei Mal an der gleichen Umschulungsmaßnahme zur Krankenpflegerin teil. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt aus der ihrem Ehemann gewähren Rente und Arbeitslosengeld II.
Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt worden.
Nach bestandskräftiger Ablehnung ihrer Rentenanträge vom 26. Oktober 2001 und vom 19. Januar 2004 stellte die Klägerin am 26. August 2004 ihren dem Streitverfahren zugrunde liegenden dritten Rentenantrag bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Die Beklagte zog zunächst die Unterlagen aus dem vorangegangenen Verfahren bei. Aus dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R., Ärztlicher Gutachterdienst der LVA, vom 11. Januar 2002 geht ein Leistungsvermögen der Klägerin von sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hervor. Aus dem Entlassungsbericht vom 18. November 2003 über die zuvor durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme ergibt sich eine Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte bis mittelschwere Arbeiten (im Wechselrhythmus, ohne schweres Heben und Tragen, Überkopfarbeiten, gebückte bzw. gehockte Zwangshaltungen) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von sechs Stunden und mehr täglich.
Die LVA holte auf den dritten Rentenantrag zunächst einen Befundbericht von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. T. vom 16. September 2004 ein, aus dem eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin ca. seit März 2004 zu entnehmen ist. Der Facharzt für Orthopädie Dr. F. erstattete ein Gutachten unter dem 14./16. Dezember 2004. Die Klägerin habe bei einem Gewicht von 112 kg bei 1,67 m Körpergröße ein Gangbild auf kurzer Strecke mit Schmerz- und Entlastungshinken gezeigt. Die von ihr beklagten Beschwerden in der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) seien anamnestisch und radiologisch eindeutig nachvollziehbar und beruhten auf Funktionsbeeinträchtigungen bei Degenerationen und Verspannungen. Unter Zusammenfassung aller Befunde empfehle er die "Erwerbsunfähigkeit" für zunächst ein Jahr. Es bestehe eine erhebliche Beeinträchtigung der Laufbelastbarkeit bei nachvollziehbaren deutlichen Degenerationen im Gelenkkompartiment medial beidseits sowie eine deutliche Retropatellararthrose. Außerdem zeige sich eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung an der linken Schulter ("Frozen shoulder"). Das aktive Heben über 80° sei nicht möglich. Auch die Grifffunktion an der linken Hand sei erheblich reduziert. Es sei u.a. eine erhebliche Gewichtsreduktion erforderlich. Aktuell bestehe kein Leistungsvermögen für eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin sei auch nicht in der Lage, die erforderlichen Wegstrecken zur Arbeit zurückzulegen.
Aus dem Entlassungsbericht der M. Klinik K. vom 9. Mai 2005 über die daraufhin vom 5. bis zum 26. April 2005 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme geht eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel der Haltungsarten und ohne Zwangshaltungen bzw. ständige Kälte oder Nässe hervor. Es sei eine berufliche Neuorientierung zu empfehlen.
Die LVA lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2005 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs verwies die Klägerin im Wesentlichen auf die Feststellungen von Dr. F. in seinem Gutachten vom 14./16. Dezember 2004.
Nach dem Befund der Gemeinschaftspraxis P. und K. über die am 26. bzw. 27. Oktober 2005 durchgeführten Kernspintomografien der HWS bzw. der Brustwirbelsäule (BWS) bestehen bei der Klägerin fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich der HWS und leichte degenerative Veränderungen an der unteren BWS und Bandscheibenprotrusionen bei C 3/4, C4/5 und C 6/7, keine Tumor- oder Entzündungszeichen und paravertebral unauffällige Verhältnisse. Der Befund dieser Praxis über die am 26. Januar 2006 durchgeführte Röntgenuntersuchung der LWS gibt eine leichte spondylarthrotisch bedingte Spondylolisthesis L 3/4 Grad I mit einer Ventraldiskolokation um 5 mm wieder. Aus dem Arztbrief des Arztes für Augenheilkunde Dr. W. vom 23. November 2005 geht ein unterdurchschnittlicher Visus von 0,6 hervor, der durch eine leichte Linsentrübung und eine leichte Angiospastik erklärt werde.
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. F. vom 22. März 2006 ein. Die Klägerin habe bei der Untersuchung nun bei 1,64 m Körpergröße 116 kg gewogen. Sie habe angegeben, mit der Pflege ihres Ehemannes und der Versorgung des Haushaltes "voll und ganz ausgelastet" zu sein. Sie bewohne gemeinsam mit ihrem Rente beziehenden Ehemann, der Unterstützung insbesondere beim Anziehen benötige und Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I erhalte, ein Einfamilienhaus auf dem Lande. Sie leide ständig unter Schmerzen in beiden Kniegelenken und beiden Armen mit Ausstrahlung bis in die Hände sowie im Schulter-Nacken-Bereich sowie im Bereich der LWS. Dennoch nehme sie keine Analgetica ein, im Jahr höchstens zwei Mal eine Schmerztablette.
Offensichtlich seien die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten bei der Klägerin bisher nicht ausgeschöpft worden. Die Visusminderung werde durch eine Gleitsichtbrille gut korrigiert. Die Bewegungsabläufe, bei denen die Klägerin jeweils erhebliche Schmerzen angegeben habe, seien bei erheblicher Adipositas verlangsamt. Das Gangbild der Klägerin im Untersuchungszimmer sei kleinschrittig und unsicher gewesen. Ein höherer Leidensdruck der Klägerin sei nicht erkennbar. Ihre intellektuellen Voraussetzungen lägen im unteren Normbereich mit einer gut entwickelten lebenspraktischen Kompetenz. Die Beschwerdesymptomatik sei psychisch überlagert. Erhebliche emotionale Konflikte und psychosoziale Probleme hätten sicherlich zu einer Schmerzverstärkung beigetragen. Die Kriterien für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung seien nicht erfüllt. Verdeutlichungstendenzen der Klägerin seien nicht krankheitswertig. Aus nervenärztlicher Sicht könne sie leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufige Zwangshaltungen oder Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, vollschichtig verrichten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2006 als unbegründet zurück. Sie könne noch sechs Stunden und mehr täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, ohne Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Hocken, Knien, häufige Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten sowie häufiges Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Mit ihrer am 20. September 2006 bei dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Ihre Halswirbel sowie beide Knie seien kaputt und ihr rechter Lungenflügel sei nur noch zur Hälfte funktionsfähig. Ihr Bein werde häufig dick und richtig hart, sodass sie plötzlich nicht mehr laufen könne und ihr Bein kühlen und hochlagern müsse.
Das Sozialgericht hat zunächst durch Einholung von Befundberichten ermittelt. Die Fachärztin für Orthopädie und Chirotherapie Dr. W. hat in ihrem Befundbericht vom 25. März 2008 angegeben, die Klägerin könne vollschichtig eine überwiegend sitzende und zeitweise im Wechsel von Gehen und Stehen zu verrichtende Tätigkeit ausüben. Zu vermeiden sei ein häufiges Treppensteigen. Der Facharzt für Orthopädie R. hat in seinem Befundbericht vom 26. März 2008 angekreuzt, die Klägerin könne körperlich leichte Arbeiten nicht mehr vollschichtig, aber noch sechs Stunden täglich verrichten. Dipl.-Med. T. (Betriebsmedizin, Allgemeinmedizin, Fliegender Notarzt) hat unter dem 3. April 2008 berichtet, es sei eine Belastbarkeit der Klägerin von weniger als sechs Stunden und auch für weniger, als zum geregelten Lohnerwerb notwendig wäre, medizinisch einzuschätzen. Die in den letzten fünf Jahren konstanten Befunde und Diagnosen bewirkten eine deutliche Minderung der Erwerbsfähigkeit und körperlichen Belastbarkeit. Die Klägerin könne allenfalls leichte körperliche Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, weniger als drei Stunden täglich verrichten. Auch die psychische Belastbarkeit sei erheblich reduziert. Aus dem Arztbrief des A.-klinikums vom 13. Juni 2007 geht eine zwei Tage zuvor durchgeführte Arthroskopie des rechten Knies im Rahmen einer stationären Behandlung mit einem regelgerechten Behandlungsergebnis hervor. Den Befundberichten des Facharztes für Chirurgie Dr. B. vom 6. Mai 2008 und des Angiologen/Hämostaseologen Priv.-Doz. Dr. med. habil. F. vom 13. Mai 2008 ist jeweils aus Sicht des Fachgebietes ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Arbeiten (ohne Zwangshaltungen, ausschließlich im Sitzen) zu entnehmen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. September 2008 abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die ihr zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. November 2008 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ihr Leistungsvermögen sei durch orthopädische Leiden sowie eine Herzleistungsminderung und ein Krampfaderleiden an beiden Beine reduziert. Die Feststellungen in dem Dezember 2004 erstellten Gutachten von Dr. F. hätten weiter Gültigkeit. Ihre Beschwerdesymptomatik habe deutlich zugenommen. Ein Antrag auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit werde nicht verfolgt. Die Klägerin hat dem Senat den Bericht des S. O.-Klinikums über ihre stationäre Behandlung vom 13. bis zum 16. Oktober 2009 übersandt. Sie ist dort wegen eines entgleisten Bluthochdrucks aufgenommen und nach einer geänderten Medikation in stabilem Allgemeinzustand entlassen worden.
Der Senat hat einen Befundbericht von den Fachärzten für Orthopädie Dres. H. und M. vom 4. Dezember 2009 eingeholt, die keine Änderung der Beschwerden der Klägerin angegeben haben. Der Senat hat sodann ein Gutachten von der Fachärztin für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin Dr. B., Oberärztin am Universitätsklinikum H., vom 10. August 2010 erstatten lassen. Die Klägerin habe berichtet, zurzeit am meisten unter Beschwerden an der HWS zu leiden. Im Sitzen finde sie Entspannung. Beim Gehen benutze sei eine Unterarmgehstütze. Nach ca. 500 Metern Gehstrecke müsse sie sich hinsetzen. Sie fahre mit dem Auto oder benutze öffentliche Verkehrsmittel.
Bei der Untersuchung habe die Klägerin (167 cm/117 kg) einen flüssigen, aber - wie alle Bewegungen durch die Schmerzsymptomatik - verlangsamten Gang gezeigt. Sie habe sich nicht in der Lage gesehen, die Fahrradbelastung durchzuführen. Bei der Klägerin lägen folgende Diagnosen vor:
Schmerzsyndrom, muskuläre Dysbalancen bei Abnutzungserscheinungen an der HWS und LWS.
Abnutzungserscheinungen an beiden Kniegelenken.
Abnutzungserscheinungen am Hüftgelenk links.
Chronisches Schmerzsyndrom mit erheblicher psychischer Überlagerung.
Genetisch bedingte Störung der Blutgerinnung (Antithrombin III-Mangel) mit Thrombosen an den Venen der Unterschenkel 1993 und 2001 sowie Lungenembolie 1993 mit geringer Funktionseinschränkung ausgeheilt.
Krampfaderleiden an beiden Beinen, 2009 operative Entfernung.
Bluthochdruck medikamentös behandelt.
Leichtgradige Einschränkung der Pumpfunktion des linken Herzens.
Diabetes mellitus.
Schilddrüsenfunktionsstörung mit Ausgleich durch Schilddrüsenhormon.
Erhebliches Übergewicht.
Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin stünden Schmerzen am Bewegungsapparat. An der HWS habe sie Schmerzen beim Anheben der Arme oder Tätigkeiten in Armvorhalte, die in die Arme ausstrahlten. Die bestehenden degenerativen Abnutzungserscheinungen und muskulären Verspannungen seien für die Klägerin mit Schmerzen und häufig auch Bewegungseinschränkungen verbunden. Insgesamt erklärten aber die Befunde von Seiten der Knie, der Hüfte oder der Wirbelsäule die von der Klägerin angegebene schwere Einschränkung der Gehstrecke und die heftigen Schmerzen bei der Untersuchung nicht ausreichend. Aus Sicht der Sachverständigen bestehe bei der Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom, das erheblich psychisch überlagert und auch durch den Wunsch nach Berentung beeinflusst sei. Auffällig sei auf der einen Seite die starke Schmerzangabe und auf der anderen Seite die völlige Passivität der Klägerin hinsichtlich einer Schmerzmedikation und aktiver Bewegung, die sie erlernt habe und ohne weiteres zu Hause durchführen könnte. Sie nehme überhaupt keine Schmerzmedikamente, obwohl ihr diese gut helfen könnten. Die heftigsten Schmerzangaben bei der Untersuchung seien anhand der Befunde nicht nachvollziehbar und möglicherweise der Begutachtungssituation geschuldet. Es bestünden aber bei den allgemeinen Bewegungen glaubhaft Schmerzen, deren Stärke sich jedoch auf Grund der zuvor beschriebenen Situation schwer einschätzen lasse. Die Durchblutungssituation in den Beinen sei bei den letzten Kontrollen ausreichend gut gewesen. Es bestehe eine leichtgradige Einschränkung der Pumpfunktion am linken Herzen als Folge des bestehenden Bluthochdrucks. Die körperliche Leistungsfähigkeit werde hierdurch mittelgradig eingeschränkt.
Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit der Klägerin sei nicht voll ausgeschlossen. Sie könne noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Zwangshaltungen, ein Tragen schwerer Lasten, Akkord-, Fließband- oder Schichtarbeit verrichten. Die Klägerin sei im Verlauf ihrer Arbeitslosigkeit in eine ausgeprägte Passivität geraten, sodass sie nur noch Arbeiten mit einfachen Anforderungen an das geistige Leistungsvermögen, Aufmerksamkeit, Reaktion und Zuverlässigkeit ausführen könne. Gegen eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr oder Telefonaten bestünden keine Bedenken. Die Befunde von Seiten der Wirbelsäule und der Gelenke seien nicht so ausgeprägt, dass sie die Leistungsfähigkeit für eine leichte sitzende Tätigkeit auf unter sechs Stunden einschränkten. Die Befunde von Seiten der Lunge, des Stoffwechsels und des Kreislaufleidens bedingten keine relevante Leistungseinschränkung. Es bestehe jedoch ein psychisch überlagertes Schmerzsyndrom. Schmerzen könnten zu einer zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen. Die Stärke dieser Schmerzen bei der Klägerin objektiv einzuschätzen, sei gutachterlich schwierig, da die Angaben schwer verwertbar seien und auch ein Rentenwunsch deutlich werde. Die Klägerin bewältige z.B. ihren gesamten Haushalt, wenn auch "in Etappen". Eine relevante psychische Störung liege nicht vor; dies sei gutachterlich abgeklärt worden und entspreche der Einschätzung nach der Untersuchung. Insofern sei auch nicht davon auszugehen, dass die Klägerin z.B. wegen einer depressiven Erkrankung nicht in der Lage sei, sich medizinische Hilfe wegen der Schmerzen zu organisieren. Unter einer adäquaten Therapie (Schmerzmedikation, Physiotherapie, häusliche Bewegungstherapie, Gewichtsreduktion) könne die Klägerin z.B. leichte Sortierarbeiten an fünf Tagen in der Woche für sechs Stunden ausüben; zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Ein Erfolg werde sich hier nicht kurzfristig einstellen; es sei ein Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten anzusetzen. Verbleibe der jetzige Zustand, werde die Klägerin wahrscheinlich einen Arbeitstag von sechs und mehr Stunden nicht bewältigen und vorzeitig abbrechen. Die Frage nach einem unter sechsstündigen Leistungsvermögens entfalle.
Das am 12. August 2010 bei dem Senat eingegangene Gutachten ist der Klägerin in Kopie als Anlage zum Schreiben des Berichterstatters vom 19. August 2010 - über ihre Prozessbevollmächtigte - übersandt worden. In diesem Zusammenhang ist bei der Klägerin angefragt worden, ob die Berufung zurückgenommen werde. Die Klägerin hat mit ihrem am 22. Oktober 2010 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz unter diesem Datum im Wesentlichen darauf verwiesen, die Sachverständige habe die Auffassung vertreten, verbleibe es bei dem jetzigen Zustand, könne sie einen Arbeitstag von sechs Stunden und mehr nicht mehr bewältigen. Durch das Gutachten würden auch Zweifel begründet, ob sie überhaupt noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden könne. Arbeiten mit einfachen Anforderungen an geistige Fähigkeiten ließen sich nur in geschützten Werkstätten realisieren.
Auf die ihr am 15. Dezember 2010 zugestellte Ladung zur mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2011 hat die Klägerin mit am 20. Dezember 2010 bei dem Senat eingegangenem Schriftsatz unter diesem Datum Ausbildungsnachweise in Kopie übersandt. Sie gehe davon aus, dass die medizinische Sachaufklärung durch den Senat abgeschlossen sei und beantrage "hiermit" die Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie bitte um Zuleitung eines entsprechenden Kostenbeschlusses; ein Gutachter werde umgehend benannt. Der Klägerin ist daraufhin vom Berichterstatter mit ihr am 21. Dezember 2010 per Telefax zugegangenem Schreiben mitgeteilt worden, bisher liege ein vollständiger Antrag im Sinne des § 109 SGG nicht vor, sodass bereits deshalb die Voraussetzungen für die Anforderung eines Kostenvorschusses nicht erfüllt seien. Die Klägerin hat mit am 10. Januar 2011 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz unter demselben Datum den Facharzt für Orthopädie Dr. F. als Arzt, der nach § 109 SGG gehört werden soll, benannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. August 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen, hilfsweise ein Gutachten von Dr. C. F., A.-B.-Str. 32, W., nach § 109 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Der Senat hat auf die anberaumte mündliche Verhandlung in der Sache entscheiden können. Ein ausdrücklicher Antrag auf Verlegung bzw. Vertagung des Termins ist von der Klägerin nicht gestellt worden. Eine Verlegung oder Vertagung ist auch durch den von ihr gestellten Antrag nach § 109 SGG nicht erforderlich geworden, da der Senat diesem Antrag nicht hat entsprechen müssen.
Der am 10. Januar 2011, 14.53 Uhr, von der Klägerin gestellte Antrag, Dr. F. nach § 109 SGG gutachterlich zu hören, war abzulehnen. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachterlich gehört werden. Das Gericht kann einen solchen Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Durch die Zulassung des Antrags, ein Gutachten von Dr. F. einzuholen, wäre die Erledigung des Rechtsstreits verzögert worden, da die Streitsache nicht an dem bereits für den 13. Januar 2011 anberaumten Verhandlungstermin hätte entschieden werden können. Der Antrag ist zudem aus grober Nachlässigkeit nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt worden.
Als angemessene Frist, innerhalb derer ein Antrag nach § 109 SGG zu stellen ist, sind vier bis maximal sechs Wochen zu verstehen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 109 RdNr. 11 m.w.N.). Der rechtskundig vertretenen Klägerin ist bereits mit Richterbrief des Berichterstatters vom 19. August 2010 das Gutachten von Dr. B. zur Stellungnahme - verbunden mit der Anfrage, ob die Berufung zurückgenommen werde - zugeleitet worden. Darauf hat die Klägerin zunächst gar nicht reagiert und auf Erinnerung des Berichterstatters an die ausstehende Stellungnahme erst mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2010 den sich ihrer Auffassung nach aus dem Gutachten von Dr. B. abzuleitenden Rentenanspruch dargelegt. In diesem Zusammenhang ist auf Gesichtspunkte einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für die Klägerin, nicht aber auf das Erfordernis weiterer Ermittlungen des Senats abgestellt worden. Die Klägerin hat mit diesem Schriftsatz, der bei dem Senat am 25. Oktober 2010 und damit mehr als zwei Monate nach Zugang des Gutachtens bei der Klägerin eingegangen ist, zum Ausdruck gebracht, dass sie den Sachverhalt für hinreichend ausermittelt ansehe und sich zur Rücknahme der Berufung nicht entschließen könne, da sich aus dem Gutachten von Dr. B. unter Berücksichtigung der Gegebenheit des Arbeitsmarktes eine rentenrelevante Leistungsminderung ergebe. Die Klägerin hat es sowohl unterlassen, innerhalb eines vertretbaren Zeitraums nach Zugang des Gutachtens von Dr. B. zumindest anzudeuten, dass sie die Ausführungen dieser Sachverständigen für nicht hinreichend eindeutig hält, als auch zu bekunden, dass sie zur Absicherung ihres Rentenanspruchs weitere medizinische Ermittlungen für erforderlich hält. Somit bestand für den Senat auch vor diesem Hintergrund keine Veranlassung für weitere Ermittlungen, weil es sich bei der Frage eines Verschlossenheit des Arbeitsmarktes und der maßgebenden Zumutbarkeitskriterien einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit um einer ärztlichen Begutachtung nicht zugängliche Rechtsfragen handelt, sodass eine Ladung der Sache zur Verhandlung geboten gewesen ist. Erst nach Zugang der Ladung des Senats zur mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2011 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 angekündigt, die Anhörung eines noch zu benennenden Arztes nach § 109 SGG beantragen zu wollen, verbunden mit dem Hinweis, sie gehe davon aus, dass der Senat auf die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. verzichtet habe und die medizinische Sachverhaltsaufklärung abgeschlossen sei. Selbst auf die ihr am 21. Dezember 2010 zugegangene Mitteilung des Berichtererstatters, es liege kein vollständiger Antrag im Sinne des § 109 SGG vor, über den der Senat entscheiden könne, hat die Klägerin fast weitere drei Wochen verstreichen lassen, bevor sie den Antrag vervollständigt hat.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert. Sind sie nicht mehr in der Lage in diesem Rahmen mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind sie nach Absatz 2 Satz 2 dieser Vorschrift voll erwerbsgemindert. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert in diesem Sinne.
Die Klägerin ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel zu verrichten. Zu vermeiden sind Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, in Zwangshaltung, mit einem Bücken, Knien oder Heben bzw. Tragen von nicht nur leichten Gewichten, Arbeiten mit Absturzgefahr (z.B. auf Leitern oder Gerüsten), Überkopfarbeit, Arbeiten unter Zeitdruck (Akkord-, Fließband- oder Schichtarbeit) und solchen mit Einwirkung von Temperaturschwankungen, Nässe oder Zugluft. Die Klägerin ist Arbeiten mit einfachen Anforderungen in Bezug auf die Beanspruchung des Denkvermögens, an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Ausdauer, das Verantwortungsbewusstsein gewachsen. Ihr Seh- und Hörvermögen ist noch hinreichend. Sie bedarf einer Motivation für die tatsächliche Aufnahme und das Aufrechterhalten einer Beschäftigung. Der Senat sieht hier aber keine zunächst von der Beklagten zu bewirkenden Leistungen der Rehabilitation bzw. der Teilhabe am Arbeitsleben für notwendig an. Vielmehr ist die Situation auch wesentlich dem laufenden Rentenverfahren und der Pflege des Ehemannes der Klägerin geschuldet, die die Arbeitskraft der Klägerin in erheblichem Umfang in Anspruch nimmt.
Dieses Leistungsbild ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen von Dr. B. in ihrem Gutachten vom 10. August 2010, das die Feststellungen in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dipl.-Med. F. vom 22. März 2006 verwertet hat.
Im Vordergrund stehen bei der Klägerin Gesundheitseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Die degenerativen Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule und den Gelenken - vor allem an der HWS - der Klägerin führen für sich genommen nicht zu einem quantitativ geminderten Leistungsvermögen. Vielmehr ist diesen Beschwerden durch die Beschränkung auf körperlich leichte Arbeiten Rechnung zu tragen. Die Befunde an der Wirbelsäule und den Gelenken sind mäßiggradig ausgeprägt. Das trifft auch für degenerativen Veränderungen an den Knie- und Hüftgelenken zu. Die Indikation für einen operativen Kniegelenksersatz ist von Dr. B. angezweifelt worden. Diese Frage bedarf aber keiner abschließenden Klärung. Denn es steht fest, dass die Klägerin im Sitzen kaum Beschwerden hat. Auch ein gelegentlicher Haltungswechsel ist für sie nicht ausgeschlossen, vielmehr ist ein kurzzeitiges Aufstehen und Laufen wegen der muskulären Verspannungen und des Venenleidens der Klägerin sogar wünschenswert. Die degenerativen Veränderungen bedingen gleichzeitig die notwendige Vermeidung von Arbeiten in Zwangshaltungen und einer Belastung mit schwereren Gewichten bei einem Heben oder Tragen. Auf Grund der Instabilität und des Übergewichts sind auch weitere belastende Einwirkungen durch äußere Einflüsse oder schwierige Bewegungen - wie z.B. das Ersteigen von Leitern - im Regelfall auszuschließen.
Die Leiden der Klägerin auf internistischem Fachgebiet, die in den Folgeerkrankungen einer genetisch bedingten Blutgerinnungsstörung bestehen, limitieren das Leistungsvermögen der Klägerin mittelgradig, führen aber ebenfalls nicht zu einer zeitlichen Beschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Die Beschwerden der Klägerin sind insoweit medikamentös ausreichend behandelt.
Anhaltspunkte für eine die Erwerbsfähigkeit der Klägerin beeinträchtigende seelische Erkrankung bestehen nicht. Die Klägerin verfügt über eine lebenspraktische Intelligenz, die sie befähigt hat, ihr Erwerbsleben in Arbeiten mit teilweise geringen Anforderungen an die intellektuellen Fähigkeiten zu bewältigen. Die diesbezüglichen Ausführungen von Dipl.-Med. F. in ihrem Gutachten vom 22. März 2006 sind überzeugend und werden von Dr. B. in ihrem Gutachten vom 10. August 2010 bestätigt. Die psychisch überlagerte Schmerzstörung ist für den Senat bereits deshalb nur eingeschränkt einem Leistungsbild zugrunde zu legen, da Dr. B. insoweit die vollständige Verwertbarkeit der Angaben der Klägerin nicht bestätigt hat. Unter Berücksichtigung der faktischen Pflegetätigkeit der Klägerin ist kaum einzuschätzen, wie sich ihre Situation entwickeln würde, wenn sie auf eine Arbeit angewiesen wäre, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass sie sich selbst, wie sie Dipl.-Med. F. gegenüber angegeben hat, als durch ihre Pflegetätigkeit ausgelastet sieht. Während der Senat die Einnahme starker, insbesondere opioidhaltiger Analgetica als nicht uneingeschränkt dem Versicherten zur Abwendung eines Rentenanspruchs zumutbar erachtet, gilt dies für die Einnahme einfacher, nicht opioidhaltiger Schmerzmedikamente nicht. Insoweit ist die Leistungsbeurteilung hier auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Klägerin weder die ihr im Rahmen einer von der Beklagten getragenen Rehabilitationsmaßnahme vermittelten Übungen umsetzt noch sich um eine Eingrenzung des Schmerzes durch eine adäquate Medikation bemüht. Die Perspektive einer Änderung des Verhaltens sieht der Senat bei einer Rentenbewilligung auch innerhalb eines Jahres nicht.
Bei der Klägerin liegen deshalb auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, das Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Der Senat vermag dauerhafte Einschränkungen der Klägerin, solche leichten Arbeiten, die nur einfache Anforderungen an psychische Fähigkeiten stellen, zu verrichten, wenn sie dies denn wollen würde, nicht zu erkennen. Die Klägerin entzieht die Ausführungen von Dr. B. zur Beweisfrage 5 der maßgebenden Beweisanordnung mit der von ihr vorgenommenen Auslegung eines erst nach mehr als sechs Monaten wieder zu erreichenden Leistungsvermögens für einfache Sortierarbeiten dem Zusammenhang mit der in dem Gutachten genannten fehlenden Mitwirkung. Der Senat vermag die von Dr. B. aufgeführten Aspekte einer erforderlichen Mitwirkung der Klägerin nicht vollständig unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit der Sphäre der Beklagten zuzuordnen. Insbesondere das tatsächliche Aufsuchen einer Arbeitsstelle und das dortige Verbleiben erfordert eine (zumutbare) Willensanstrengung. Das Rentenbegehren der Klägerin und die mit einfachen, d.h. nicht opiathaltigen Schmerzmitteln und der ihr im Rahmen der von der Beklagten getragenen Rehabilitation vermittelten ausgleichenden Bewegungstherapie wesentlich zu bessernden Schmerzen begründen insoweit eine Unzumutbarkeit nicht.
Auch liegt im Fall der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, GS, a.a.O.,= S. 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die sog. Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats derzeit in der Lage, die erforderlichen Wegstrecken in der vorgenannten Zeitdauer viermal täglich zurückzulegen. Diese Fähigkeit hat zuletzt Dr. B. in ihrem Gutachten vom 10. August 2010 bestätigt.
Anlass für weitere Ermittlungen haben für den Senat nicht bestanden. Der Sachverhalt ist durch den Senat auch abschließend ermittelt worden. Das Gutachten von Dr. B. ist in sich schlüssig und überzeugend. Die Sachverständige hat sich differenziert mit dem Erkrankungsbild der Klägerin auseinandergesetzt und in diesem Rahmen auch die für die tatsächliche Arbeitsaufnahme der Klägerin bestehenden realistischen Grenzen aufgezeigt. Die von der Klägerin vorgenommene Interpretation des Ergebnisses der Begutachtung durch die aus dem Kontext herausgenommene Bewertung des letzten Satzes zur Beweisfrage 5 der Beweisanordnung des Senats vom 22. März 2010 führt aus Sicht des Senats nicht zur Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung. Im Zusammenhang der Beantwortung der Beweisfrage 5 und der Antwort zur Beweisfrage 6 ist die Aussage von Dr. B. nicht unklar oder erläuterungsbedürftig. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass das vom Senat zugrunde gelegte Leistungsbild auch dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der Feststellungen der behandelnden Ärzte (mit Ausnahme von Dipl.-Med. T.) und der Rehabilitationseinrichtung M. Klinik in dem dort erstellten Entlassungsbericht vom 9. Mai 2005 entspricht, der zeitnah zu dem hier maßgebenden Rentenantrag erstellt worden ist. Auch Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 14./16. Dezember 2004, das der Senat insgesamt für nicht völlig überzeugend hält, eine "Erwerbsunfähigkeit" zunächst nur für ein Jahr befürwortet
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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