Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 36/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 35/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2009 verurteilt, die Umwandlung der Ziffer 32687 EBM in die Ziffer 32151 EBM in den streitigen Fällen rückgängig zu machen und eine entsprechende Nachvergütung an die Kläger vorzunehmen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal II/08.
Die Kläger sind Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in X tätig.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 26.09.2008 sachlich-rechnerische Berichtigungen für das Quartal II/08 durch Umwandlung der EBM-Nr. 32687 (Kulturelle mykologische Untersuchung; 5,10 Euro) in die EBM-Nr. 32151 (Kulturelle bakteriologische und/oder mykologische Untersuchung; 1,15 Euro) in 41 Fällen insgesamt 43mal vor (Differenzbetrag 169,85 Euro). Zur Begründung führte sie aus, dass nach der Anmerkung zur EBM-Nr. 32687 die mykologische Untersuchung von Haut-, Schleimhaut- oder Vaginalabstrichen einschl. von Vaginalsekret nicht nach der EBM-Nr. 32687, sondern nach der EBM-Nr. 32151 berechnungsfähig sei.
Die Kläger legten hiergegen Widerspruch ein und machten geltend, dass sie die Kulturen nicht aus Abstrichen von Haut, Schleimhaut oder Vaginalsekret angelegt hätten, sondern aus Urin. Die Umwandlungen seien daher rückgängig zu machen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2009 zurück. Laut Leistungslegende umfasse die Leistung nach der GOP 32687 die kulturelle mykologische Untersuchung nach Aufbereitung und/oder unter Verwendung von mindestens zwei Nährmedien und/oder als Langzeitkultivierung, ggf. einschl. Keimzahlbestimmung, nachfolgender mikroskopischer Prüfung(en) und Kultur(en), unter Angabe der Art des Untersuchungsmaterials. In der Regel sei die Untersuchung einer Stuhl- oder Urinprobe auf (Hefe-)Pilze mit der GOP 32151 abzurechnen, da der Leistungsinhalt der GOP 32687 hierbei nicht erfüllt werde. Nach Überprüfung sei festgestellt worden, dass in allen relevanten Fällen bei Ansatz der GOP 32687 die Angabe "Urin" erfolgt sei. Die Umwandlung sei daher zu Recht erfolgt.
Die Kläger haben am 26.02.2009 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass die Leistungsziffer 32687 EBM zu Recht angesetzt worden sei. Es habe sich bei dem Untersuchungsmaterial um Urin gehandelt. Ferner seien die weiteren Vorgaben der entsprechenden Leistungslegende ebenfalls erfüllt worden.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2009 zu verurteilen, die Umwandlung der Ziffer 32687 in die Ziffer 32151 EBM in den streitigen Fällen rückgängig zu machen und eine entsprechende Nachvergütung vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die Kläger sind durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn diese Bescheide sind rechtswidrig. Die von der Beklagten vorgenommene Berichtigung erfolgte zu Unrecht.
Die Beklagte ist nach § 106a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V (eingfügt durch Art. 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 01.01.2004 (Art. 37 Abs. 1 GMG) grundsätzlich gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Festzustellen ist hierbei, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, d.h. mit dem Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM), den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert wurden (vgl. BT-Drucksache 15/1525 S. 117 zu § 106a SGB V). Bei Fehlern in der Abrechnung des Vertragsarztes berichtigt die Beklagte dessen Honoraranforderung. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen. Die Ausschlussfrist für die nachgehende Richtigstellung beträgt insoweit vier Jahre seit Erteilung des jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheides (vgl. BSG Urteile vom 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - und vom 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R -). Daneben ergibt sich das Berichtigungsrecht der Beklagten nach wie vor aus den Regelungen der Bundesmantelverträge (§ 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä)).
Die Beklagte war indes vorliegend nicht berechtigt, die von den Klägern in den streitigen Behandlungsfällen angesetzte Ziffer 32687 EBM in die geringer bewertete Leistungsziffer 32151 EBM umzuwandeln.
Nach der Leistungslegende enthält die Ziffer 32687 EBM als obligaten Leistungsinhalt die kulturelle mykologische Untersuchung nach Aufbereitung (z.B. Zentrifugation, Auswachung) und/oder unter Verwendung von mindestens zwei Nährmedien und/oder als Langzeitkultivierung unter Angabe der Art des Untersuchungsmaterials. Als fakultativer Leistungsinhalt sind die Keimzahlbestimmung und die nachfolgende mikroskopische Prüfung und Kultur vorgesehen. Nach dem Zusatz zur Leistungslegende ist die mykologische Untersuchung von Haut-, Schleimhaut- oder Vaginalabstrichen einschl. von Vaginalsekret nicht nach der GOP 32687, sondern nach der GOP 32151 berechnungsfähig. Die GOP 32151 beinhaltet nach ihrer Leistungslegende neben der kulturellen bakteriellen Untersuchung alternativ die kulturelle mykologische Untersuchung unter Verwendung eines Standardnährbodens und/oder eines Trägers mit einem oder mehreren vorgefertigten Nährböden (z.B. Eintauchnährböden).
Bei dem in den streitigen Behandlungsfällen untersuchten Material handelte es sich sämtlich um Urin. Dieses ist - wie auch die Beklagte im Widerspruchsbescheid darlegt - auf sämtlichen Behandlungsscheinen vermerkt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger führten sie in den streitigen Fällen eine mykologische Untersuchung nach Aufbereitung in Form der Zentrifugation durch. Ferner seien sowohl mindestens zwei Nährböden verwendet worden als auch eine Langzeitkultivierung erfolgt. Nachdem es sich bei Urin nicht um ein nach dem Zusatz zur GOP 32687 ausgeschlossenes Untersuchungsmaterial handelt, ist die Leistungslegende nach ihrem Wortlaut erfüllt und sind die Kläger zum Ansatz der Gebührenziffer berechtigt.
Soweit die Beklagte die Umwandlung in die Ziffer 32151 EBM im Wesentlichen auf eine Kommentierung zum EBM stützt, trägt dies nach Auffassung der Kammer die sachlich-rechnerische Berichtigung nicht.
Nach dem Kommentar zum EBM von Wezel/Liebold Teil 9 Seite 32 - 68, 21. Lfg. Stand: 01.01.2010 ist in der Regel die Untersuchung einer Stuhl- oder Urinprobe auf (Hefe-)Pilze mit der Ziffer 32151 EBM abzurechnen, da der Leistungsinhalt der Nr. 32687 hierbei nicht erfüllt wird. Ungeachtet der rechtlichen Relevanz schließt diese Kommentierung die streitige Abrechnung bereits deshalb nicht aus, weil die Formulierung "in der Regel" eben auch Ausnahmen zulässt, die jedenfalls nach Auffassung der Kammer dann gegeben sind, wenn der Leistungsinhalt der Nr. 32687 EBM - wie hier - vollständig erbracht wird. Darüber hinaus ist für die Abrechnungsfähigkeit einer Leistungsziffer der Wortlaut des EBM relevant und eine ergänzende Auslegung unter Einbeziehung von Wirtschaftlichkeitsaspekten hierbei nicht möglich. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bei der Auslegung von Vorschriften über die Bewertung ärztlicher Leistungen in den Bewertungsmaßstäben und Gebührenordnungen Zurückhaltung auferlegt. Dies bedeutet, dass für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnungen in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegenden maßgeblich ist. Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen. Es ist in erster Linie Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende erfolgen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (BSG, SozR 3-5533 Nr. 1460 EBM Nr. 1, Nr. 2000 EBM Nr. 1, Nr. 115 EBM Nr. 1 sowie Beschluss vom 20.12.1995 – 6 BKa 26/94 –; Urteil vom 16.05.2001 – B 6 KA 20/00 R –; LSG NRW, Urteile vom 13.03.1996 – L 11 Ka 146/94 – und vom 19.02.1997 – L 11 Ka 79/96 –). Eine ergänzende Auslegung in vorgenanntem Sinne scheidet bereits deshalb aus, weil der Wortlaut der GOP 32687 keine unklare Regelung enthält.
Soweit die vielleicht berechtigte Frage aufgeworfen werden kann, ob die mykologische Untersuchung von Urin nach Maßgabe der GOP 32687 eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechende ärztliche Leistung darstellt, weil die medizinische Sinnhaftigkeit zweifelhaft sein kann, ändert dies nichts an der Abrechenbarkeit der GOP 32687 in den hier streitigen Fällen. Fragen der Wirtschaftlichkeit unterliegen der Prüfung nach § 106 SGB V, die in den Zuständigkeitsbereich der Prüfgremien gehört (vgl. § 106 Abs. 5 SGB V). Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung obliegt der Beklagten lediglich die Prüfung, ob die Vorgaben des EBM eingehalten worden sind. Das ist - wie oben dargestellt - jedoch der Fall, so dass die Umwandlung zu Unrecht erfolgte und demgemäß von der Beklagten rückgängig zu machen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Kammer hat die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Zwar sind die Auslegungskriterien des EBM höchstrichterlich geklärt. Hier ist jedoch die spezielle Abgrenzung zwischen den Ziffern 32151 und 32687 EBM im Zusammenhang mit der Frage der medizinischen Sinnhaftigkeit der Leistungserbringung betroffen. Da diese Ziffern im aktuellen EBM nach wie vor Gültigkeit haben, sah die Kammer den Bedarf für eine Zulassung der Berufung.
Tatbestand:
Streitig ist eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal II/08.
Die Kläger sind Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in X tätig.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 26.09.2008 sachlich-rechnerische Berichtigungen für das Quartal II/08 durch Umwandlung der EBM-Nr. 32687 (Kulturelle mykologische Untersuchung; 5,10 Euro) in die EBM-Nr. 32151 (Kulturelle bakteriologische und/oder mykologische Untersuchung; 1,15 Euro) in 41 Fällen insgesamt 43mal vor (Differenzbetrag 169,85 Euro). Zur Begründung führte sie aus, dass nach der Anmerkung zur EBM-Nr. 32687 die mykologische Untersuchung von Haut-, Schleimhaut- oder Vaginalabstrichen einschl. von Vaginalsekret nicht nach der EBM-Nr. 32687, sondern nach der EBM-Nr. 32151 berechnungsfähig sei.
Die Kläger legten hiergegen Widerspruch ein und machten geltend, dass sie die Kulturen nicht aus Abstrichen von Haut, Schleimhaut oder Vaginalsekret angelegt hätten, sondern aus Urin. Die Umwandlungen seien daher rückgängig zu machen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2009 zurück. Laut Leistungslegende umfasse die Leistung nach der GOP 32687 die kulturelle mykologische Untersuchung nach Aufbereitung und/oder unter Verwendung von mindestens zwei Nährmedien und/oder als Langzeitkultivierung, ggf. einschl. Keimzahlbestimmung, nachfolgender mikroskopischer Prüfung(en) und Kultur(en), unter Angabe der Art des Untersuchungsmaterials. In der Regel sei die Untersuchung einer Stuhl- oder Urinprobe auf (Hefe-)Pilze mit der GOP 32151 abzurechnen, da der Leistungsinhalt der GOP 32687 hierbei nicht erfüllt werde. Nach Überprüfung sei festgestellt worden, dass in allen relevanten Fällen bei Ansatz der GOP 32687 die Angabe "Urin" erfolgt sei. Die Umwandlung sei daher zu Recht erfolgt.
Die Kläger haben am 26.02.2009 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass die Leistungsziffer 32687 EBM zu Recht angesetzt worden sei. Es habe sich bei dem Untersuchungsmaterial um Urin gehandelt. Ferner seien die weiteren Vorgaben der entsprechenden Leistungslegende ebenfalls erfüllt worden.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2009 zu verurteilen, die Umwandlung der Ziffer 32687 in die Ziffer 32151 EBM in den streitigen Fällen rückgängig zu machen und eine entsprechende Nachvergütung vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die Kläger sind durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn diese Bescheide sind rechtswidrig. Die von der Beklagten vorgenommene Berichtigung erfolgte zu Unrecht.
Die Beklagte ist nach § 106a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V (eingfügt durch Art. 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 01.01.2004 (Art. 37 Abs. 1 GMG) grundsätzlich gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Festzustellen ist hierbei, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, d.h. mit dem Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM), den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert wurden (vgl. BT-Drucksache 15/1525 S. 117 zu § 106a SGB V). Bei Fehlern in der Abrechnung des Vertragsarztes berichtigt die Beklagte dessen Honoraranforderung. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen. Die Ausschlussfrist für die nachgehende Richtigstellung beträgt insoweit vier Jahre seit Erteilung des jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheides (vgl. BSG Urteile vom 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - und vom 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R -). Daneben ergibt sich das Berichtigungsrecht der Beklagten nach wie vor aus den Regelungen der Bundesmantelverträge (§ 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä)).
Die Beklagte war indes vorliegend nicht berechtigt, die von den Klägern in den streitigen Behandlungsfällen angesetzte Ziffer 32687 EBM in die geringer bewertete Leistungsziffer 32151 EBM umzuwandeln.
Nach der Leistungslegende enthält die Ziffer 32687 EBM als obligaten Leistungsinhalt die kulturelle mykologische Untersuchung nach Aufbereitung (z.B. Zentrifugation, Auswachung) und/oder unter Verwendung von mindestens zwei Nährmedien und/oder als Langzeitkultivierung unter Angabe der Art des Untersuchungsmaterials. Als fakultativer Leistungsinhalt sind die Keimzahlbestimmung und die nachfolgende mikroskopische Prüfung und Kultur vorgesehen. Nach dem Zusatz zur Leistungslegende ist die mykologische Untersuchung von Haut-, Schleimhaut- oder Vaginalabstrichen einschl. von Vaginalsekret nicht nach der GOP 32687, sondern nach der GOP 32151 berechnungsfähig. Die GOP 32151 beinhaltet nach ihrer Leistungslegende neben der kulturellen bakteriellen Untersuchung alternativ die kulturelle mykologische Untersuchung unter Verwendung eines Standardnährbodens und/oder eines Trägers mit einem oder mehreren vorgefertigten Nährböden (z.B. Eintauchnährböden).
Bei dem in den streitigen Behandlungsfällen untersuchten Material handelte es sich sämtlich um Urin. Dieses ist - wie auch die Beklagte im Widerspruchsbescheid darlegt - auf sämtlichen Behandlungsscheinen vermerkt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger führten sie in den streitigen Fällen eine mykologische Untersuchung nach Aufbereitung in Form der Zentrifugation durch. Ferner seien sowohl mindestens zwei Nährböden verwendet worden als auch eine Langzeitkultivierung erfolgt. Nachdem es sich bei Urin nicht um ein nach dem Zusatz zur GOP 32687 ausgeschlossenes Untersuchungsmaterial handelt, ist die Leistungslegende nach ihrem Wortlaut erfüllt und sind die Kläger zum Ansatz der Gebührenziffer berechtigt.
Soweit die Beklagte die Umwandlung in die Ziffer 32151 EBM im Wesentlichen auf eine Kommentierung zum EBM stützt, trägt dies nach Auffassung der Kammer die sachlich-rechnerische Berichtigung nicht.
Nach dem Kommentar zum EBM von Wezel/Liebold Teil 9 Seite 32 - 68, 21. Lfg. Stand: 01.01.2010 ist in der Regel die Untersuchung einer Stuhl- oder Urinprobe auf (Hefe-)Pilze mit der Ziffer 32151 EBM abzurechnen, da der Leistungsinhalt der Nr. 32687 hierbei nicht erfüllt wird. Ungeachtet der rechtlichen Relevanz schließt diese Kommentierung die streitige Abrechnung bereits deshalb nicht aus, weil die Formulierung "in der Regel" eben auch Ausnahmen zulässt, die jedenfalls nach Auffassung der Kammer dann gegeben sind, wenn der Leistungsinhalt der Nr. 32687 EBM - wie hier - vollständig erbracht wird. Darüber hinaus ist für die Abrechnungsfähigkeit einer Leistungsziffer der Wortlaut des EBM relevant und eine ergänzende Auslegung unter Einbeziehung von Wirtschaftlichkeitsaspekten hierbei nicht möglich. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bei der Auslegung von Vorschriften über die Bewertung ärztlicher Leistungen in den Bewertungsmaßstäben und Gebührenordnungen Zurückhaltung auferlegt. Dies bedeutet, dass für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnungen in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegenden maßgeblich ist. Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen. Es ist in erster Linie Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende erfolgen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (BSG, SozR 3-5533 Nr. 1460 EBM Nr. 1, Nr. 2000 EBM Nr. 1, Nr. 115 EBM Nr. 1 sowie Beschluss vom 20.12.1995 – 6 BKa 26/94 –; Urteil vom 16.05.2001 – B 6 KA 20/00 R –; LSG NRW, Urteile vom 13.03.1996 – L 11 Ka 146/94 – und vom 19.02.1997 – L 11 Ka 79/96 –). Eine ergänzende Auslegung in vorgenanntem Sinne scheidet bereits deshalb aus, weil der Wortlaut der GOP 32687 keine unklare Regelung enthält.
Soweit die vielleicht berechtigte Frage aufgeworfen werden kann, ob die mykologische Untersuchung von Urin nach Maßgabe der GOP 32687 eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechende ärztliche Leistung darstellt, weil die medizinische Sinnhaftigkeit zweifelhaft sein kann, ändert dies nichts an der Abrechenbarkeit der GOP 32687 in den hier streitigen Fällen. Fragen der Wirtschaftlichkeit unterliegen der Prüfung nach § 106 SGB V, die in den Zuständigkeitsbereich der Prüfgremien gehört (vgl. § 106 Abs. 5 SGB V). Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung obliegt der Beklagten lediglich die Prüfung, ob die Vorgaben des EBM eingehalten worden sind. Das ist - wie oben dargestellt - jedoch der Fall, so dass die Umwandlung zu Unrecht erfolgte und demgemäß von der Beklagten rückgängig zu machen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Kammer hat die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Zwar sind die Auslegungskriterien des EBM höchstrichterlich geklärt. Hier ist jedoch die spezielle Abgrenzung zwischen den Ziffern 32151 und 32687 EBM im Zusammenhang mit der Frage der medizinischen Sinnhaftigkeit der Leistungserbringung betroffen. Da diese Ziffern im aktuellen EBM nach wie vor Gültigkeit haben, sah die Kammer den Bedarf für eine Zulassung der Berufung.
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