L 5 R 1823/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1322/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1823/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.3.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1975 geborene Klägerin ist Mutter von zwei 2000 und 2003 geborenen Kindern. Ein erstes Kind verstarb 1999 1 Monat nach der Geburt an den Folgen einer Missbildung. Sie hat keinen Beruf erlernt. Sie war als Arbeiterin (Elektromontiererin) versicherungspflichtig beschäftigt und hat diese Tätigkeit zuletzt von Mai bis September 2006 verrichtet. Seitdem war sie arbeitsunfähig krank.

Vom 24.1. bis 14.2.2007 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Rheumaklinik Bad S ... Im Entlassungsbericht vom 16.2.2007 sind die Diagnosen hochgradiger Verdacht auf ein chronisches Schmerzsyndrom vom Typ der Fibromyalgie, eventuell sekundär, anamnestisch unklare Polyarthralgien und Polyarthritiden, aktuell erhöhter CRP-Wert, psychophysischer Erschöpfungszustand, Thorakolumbovertebralsyndrom bei Fehlhaltung und massiven Verspannungszuständen bei bekannter Osteopenie und Adipositas mit Fettstoffwechselstörung festgehalten. Als Elektromontiererin könne die Klägerin sechs Stunden täglich und mehr arbeiten und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) ebenfalls sechs Stunden täglich und mehr verrichten.

Am 30.8.2007 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; sie leide an Depressionen und Rheuma.

Die Beklagte erhob das Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. R. vom 7.11.2007. Der Gutachter fand eine leicht verminderte Schwingungsfähigkeit und eine ausgeglichene Stimmungslage und diagnostizierte ein depressives Zustandsbild sowie Adipositas. Die körperlich-klinische Untersuchung habe abgesehen von der Adipositas und einer Fehlstellung der Wirbelsäule keine wesentlichen Veränderungen erbracht. In psychischer Hinsicht gebe es einzelne Veränderungen im affektiven Bereich. Die Klägerin habe abgesehen von wenigen Konsultationen aber keine psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen. Entsprechende Therapien fänden nicht statt und hätten auch in der Vergangenheit nicht stattgefunden; in der nächsten Woche wolle die Klägerin eine stationäre Behandlung antreten. Die Klägerin könne die zuletzt verrichtete Tätigkeit und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden täglich und mehr verrichten.

Mit Bescheid vom 12.11.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin zog sie den Bericht der Sch.klinik, A., vom 24.1.2008 über eine Behandlung der Klägerin vom 7.11.2007 bis 19.12.2007 bei. Darin sind - bei festgestellter Neigung zur Katastrophisierung und Aggravationstendenzen - u.a. eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere Episode, und ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Man habe die Klägerin in stabilisiertem Zustand entlassen. Das Rentenbegehren im Bezug auf die Schmerzsymptomatik scheine eine wichtige Rolle zu spielen. Angesichts des laufenden Rentenverfahrens erscheine eine nachhaltige Schmerzreduktion derzeit wohl kaum möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.4.2008 wies die Beklagte den Widerspruch (nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. L. vom 29.2.2008) zurück, worauf die Klägerin am 7.5.2008 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhob.

Das Sozialgericht befragte zunächst behandelnde Ärzte. Unter dem 10.7.2008 teilte der Neurologe und Psychiater Dr. St. mit, er habe die Klägerin nur einmal am 13.9.2007 gesehen. Die von ihm erhobenen Befunde stimmten aber mit den Befunden des Verwaltungsgutachtens (Dr. R.) überein. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. gab im Bericht vom 11.7.2008 an, er behandele die Klägerin seit 18.2.2008 und halte sie derzeit nicht für fähig, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Der (im Fach Allgemeinmedizin weitergebildete) Kinder- und Jugendarzt Dr. F. führte unter dem 24.7.2008 aus, die Klägerin werde von ihm seit 1990 regelmäßig behandelt. Leichte Tätigkeiten könne sie verrichten; die vorliegenden Symptome seien aber noch nicht zufriedenstellend behandelt. Der Orthopäde Dr. K. (letzte Vorstellung der Klägerin am 12.6.2008) befand die Klägerin im Bericht vom 28.7.2008 für fähig, leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) zu verrichten. Die Nervenärztin und Psychotherapeutin Dr. A. teilte im Bericht vom 1.8.2008 eine Behandlung der Klägerin vom 21.10.1999 bis 11.2.2000 (kurz nach dem Tod des bald nach der Geburt verstorbenen Kindes) sowie erneut seit 23.4.2008 mit. Wegen eines chronischen Erschöpfungssyndroms bzw. Chronic-Fatigue-Syndroms (ohne Anzeichen einer Major Depression) könne die Klägerin nicht arbeiten. Die Schmerzsymptomatik scheine mit der Belastung durch Elektrosmog/Funk zu korrelieren.

Das Sozialgericht erhob sodann das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 1.10.2008. Dieser eruierte den Tagesablauf der Klägerin (Aufstehen um 7.00 Uhr, Frühstück für die Kinder, Versorgen des Haushalts, Einkaufen - alles falle ihr schwer -, am Mittag wieder hinlegen, Abends gemeinsames Fernsehen mit der Familie) und fand eine gute affektive Schwingungsfähigkeit ohne Nachweis von Interesseverlust oder Freudlosigkeit. Die Klägerin sei allerdings wegen der Kindheit bei der lieblosen Großmutter verbittert, was offenbar Gegenstand der psychotherapeutischen Behandlung sei. Bei der Exploration hätten sich keine Hinweise auf erhöhte Ermüdbarkeit oder Aktivitätseinschränkungen gezeigt. Auch eine Antriebsminderung gebe es nicht. Insgesamt liege eine tiefergehende depressive Verstimmung nicht vor. Auch die so genannten Tender Points (hinsichtlich einer Fibromyalgieerkrankung) seien bei der ausgesprochen gut beweglichen Klägerin (ohne gravierenden Organbefund) nicht positiv gewesen. Für die geltend gemachten Schmerzen finde sich keinerlei organisches Korrelat. Der Einschätzung der Sch.klinik, wonach das Rentenbegehren im Bezug auf die Schmerzsymptomatik eine wichtige Rolle spiele und eine nachhaltige Schmerzreduktion wegen des Rentenverfahrens kaum möglich sei, werde voll zugestimmt. Eine irgendwie geartete Schmerztherapie finde trotz Angabe starker Schmerzen nicht statt. Der Gutachter diagnostizierte eine Dysthymia, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine Neigung zu Schweißdrüsenabszessen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) und die zuletzt verrichtete Tätigkeit acht Stunden täglich und mehr verrichten. Sie sei auch wegefähig.

Das Sozialgericht erhob sodann auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das medizinisch-psychosomatische Gutachten des PD Dr. C. (Klinik R., P.) vom 29.7.2009. Dieser führte die Exploration und psychologische Testverfahren (Beck-Depressions-Inventar - BDI) durch und diagnostizierte (im Wesentlichen) eine mittelgradige depressive Episode mit chronischem Verlauf, Agoraphobie mit Panikstörung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Die psychotherapeutische Behandlung werde von der Klägerin als wenig effektiv erlebt; konsequente schmerztherapeutische Behandlungen über einen längeren Zeitraum hätten nicht stattgefunden. Die diagnostischen Voraussetzungen eines Fibromyalgiesyndroms seien nicht erfüllt; eine entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn) liege nicht vor. Führend sei die depressive Erkrankung. Die Klägerin könne Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen schwerer Konzentrations-, Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen und starker Ermüdbarkeit infolge des depressiven Zustandsbilds nur unter drei Stunden täglich verrichten. Aus den wesentlich gleichen Gründen sei sie auch nicht wegefähig und benötige alle Stunde Arbeitszeit 15 Minuten Pausen. Dieser Zustand bestehe seit dem Jahr 2001. Eine konsequente schmerztherapeutische Behandlung wäre hilfreich, werde die Leistungseinschränkungen wahrscheinlich aber nicht entfallen lassen. Der Auffassung des Dr. H. werde nicht gefolgt. Auch die Ergebnisse des Selbsteinschätzungsbogens zur Erfassung der depressiven Symptomatik machten die Diagnose einer Dysthymie sehr unwahrscheinlich. Die Angaben der Klägerin, wonach sie zur kompetenten Bewältigung des Alltags nicht in der Lage sei, erschienen durchaus glaubhaft. Das Fehlen einer konsequent ausgebauten Behandlung spreche nicht für einen geringen Schweregrad der Symptomatik; die Klägerin sei nach eigenen Angaben der Therapie nun überdrüssig, was aus dem pessimistischen Zukunftsdenken der depressiven Erkrankung durchaus erklärbar sei.

Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. B. vom 13.10.2009 vor. Dieser stimmte der Auffassung des Dr. H. zu. Der Gutachter habe mit Recht darauf verwiesen, dass trotz der Angabe starker Schmerzen keine Schmerztherapie durchgeführt werde. Das spreche gegen einen schwerwiegenden Leidensdruck. Hinzukomme der dem Entlassungsbericht der Sch.klinik zu entnehmende sekundäre Krankheitsgewinn in Form eines Rentenbegehrens. Der Einschätzung des PD Dr. C. könne nicht gefolgt werden. So bleibe unklar, woraus der Gutachter den Verlust von Interesse und Freude bei der Klägerin entnehme; gleiches gelte für die Annahme verminderter Konzentration und Aufmerksamkeit. Im Übrigen stütze sich der Gutachter, etwa zur erhöhten Ermüdbarkeit, aber auch für die (neu) diagnostizierte Agoraphobie mit Panikstörung, ohne hinreichend kritische Überprüfung auf die subjektiven Angaben der Klägerin. Beim psychopathologischen Befund würden subjektive Beschwerdeschilderungen (etwa zu Klagen über Antriebsarmut) und objektive Befunde unzulässig vermischt. Die Datierung aufgehobenen Leistungsvermögens bereits auf das Jahr 2001 sei nicht nachvollziehbar, nachdem die Nervenärztin Dr. A. über eine Behandlung der Klägerin vom 21.10.99 bis 11.2.2000 und erneut erst wieder ab dem 23.4.08 berichte; auch beim Nervenarzt Dr. B. finde eine Behandlung erst ab dem 18.2.08 statt. Im Jahr 2001 habe eine nervenärztliche Betreuung nicht stattgefunden. Die gebotene kritische inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad S. und der Sch.klinik sowie dem Gutachten des Dr. R. fehle.

Das Sozialgericht erhob die ergänzende Stellungnahme des Dr. H. vom 3.11.2009. Darin ist ausgeführt, ein fassbares organisches Korrelat für die geltend gemachten Beschwerden gebe es nicht. Im psychopathologischen Befund des Gutachtens des PD Dr. C. würden Befunde mit subjektiven Beschwerdeschilderungen vermengt. Das von PD Dr. C. mehrfach erwähnte sehr langsame Schritttempo der Klägerin werde nicht erklärt; die Angabe, man sei sehr müde und es gehe nicht mehr, sei rein subjektiv. Schmerzmittel nehme die Klägerin nicht. Würde die Klägerin tatsächlich unter Schmerzen leiden, würde sie sich wohl durch ein Analgetikum Hilfe verschaffen, was hier ganz offensichtlich nicht der Fall sei. Allein das spreche gegen einen vorhandenen Leidensdruck. Das - zur Therapiekontrolle entwickelte - BDI (Becksche Depressions Inventar), worauf sich PD Dr. C. für die Annahme einer Depression stütze, eigne sich bekanntermaßen nicht für eine Begutachtung. Die Fragen seien so eindeutig, dass selbst ein einfach strukturierter Proband genau wisse, was er ankreuzen müsse, um Rente zu bekommen. Auf das von der Sch.klinik angenommene eindeutige Rentenbegehren gehe der Gutachter nicht ein. Es wäre hier erforderlich gewesen, Tests zur Symptom- bzw. Beschwerdevalidierung einzusetzen, um die Authentizität der Angaben zu überprüfen. Gleichwohl habe sich PD Dr. C. ausschließlich auf das subjektive Vorbringen der Klägerin und auf ihr Schwäche und Hinfälligkeit demonstrierendes, freilich in keiner Weise organisch erklärbares Verhalten verlassen. Eine Agoraphobie könne im Übrigen zeitliche Leistungsminderungen nicht begründen. Die auch der Leistungsbeurteilung zugrunde liegende Testdiagnostik beschränke sich ausschließlich auf die Anwendung von Selbstbeurteilungsskalen. Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis seien überhaupt nicht überprüft worden und die starke Ermüdbarkeit sei rein subjektiv. Die Behauptung, Schmerzen im Rahmen des Schmerzsyndroms würden zunehmen, obgleich weder die Klägerin noch deren Hausarzt eine Behandlung für erforderlich hielten, könne nicht überzeugen. Entsprechendes gelte für die behauptete Einschränkung der Wegefähigkeit und die Notwendigkeit von Arbeitspausen. Insgesamt gingen aus dem Gutachten des PD Dr. C. finale Tendenzen der Klägerin hervor. Gerade bei subjektiven Beschwerden stelle die Therapie ein ganz entscheidendes Kriterium für die Einschätzung des Leidensdruckes dar, was ganz besonders für Schmerzen gelte. Schließlich wäre auch bei einer mittelgradigen depressiven Episode das Leistungsvermögen nicht per se gemindert. Eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Fachklinik sei bisher nie erforderlich gewesen und der Entlassungsbericht der Sch.klinik verweise ausdrücklich auf ein Rentenbegehren. Eine rentenberechtigende Leistungsminderung liege nicht vor.

PD Dr. C. legte auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG die ergänzende Stellungnahme vom 27.01.2010 vor. Darin heißt es, das Kernsymptom der depressiven Episode (wie Interesseverlust) sei in der Exploration erfragt und von der Klägerin bejaht worden. Die Feststellung erhöhter Ermüdbarkeit beruhe u.a. auf den Schilderungen der Klägerin und auf deren Gähnen sowie dem mehrmaligem Einfordern von Untersuchungspausen. Auch die Diagnose einer Agoraphobie mit Panikstörung beruhe selbstverständlich auf den subjektiven Angaben der Klägerin; eine klare Objektivierung sei hier methodisch nicht möglich. Die Datierung der Leistungseinschränkung auf das Jahr 2001 resultiere (ebenfalls) aus den Angaben der Klägerin; das Fehlen einer nervenärztlichen Betreuung stehe dem nicht entgegen, zumal die Klägerin ihre Beschwerden erst im Jahr 2006 als Depression habe einordnen können. Er habe sich mit den Vorgutachten und Arztberichten hinreichend auseinandergesetzt und könne insbesondere dem Bericht der Sch.klinik ein Rentenbegehren nicht schlüssig entnehmen. Bei der Klägerin bestehe klarer Behandlungsbedarf; auch in Anbetracht des Schweregrads der psychischen Erkrankungen sei die Behandlung bislang als nicht adäquat einzuschätzen. Das spreche aber nicht gegen einen entsprechenden Leidensdruck, da gerade psychisch Kranke notwendige Behandlungen vielfach nicht einfordern könnten oder aus pessimistischer Grundhaltung für nicht erfolgversprechend ansähen. Hohe Werte im BDI könnten durchaus auf Aggravationstendenzen beruhen; das scheine bei der Klägerin jedoch nicht der Fall zu sein. An der Annahme eines (seit 2001) aufgehobenen Leistungsvermögens werde festgehalten.

Die Beklagte legte abschließend die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 15.2.2010 vor. Darin ist ergänzend ausgeführt, die Klägerin sei im Jahr 1999 zur Inanspruchnahme psychotherapeutischer Hilfe imstande gewesen, weswegen die Erklärungen des PD Dr. C. zum Fehlen einer adäquaten Therapie der behaupteten Beschwerden seit 2001 nicht überzeugen könnten. Der Auffassung des Dr. H. sei zuzustimmen.

Mit Urteil vom 24.3.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne zumindest mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich und mehr verrichten und sei deshalb nicht erwerbsgemindert i. S. d. § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Das gehe insbesondere aus dem Gutachten des Dr. H. hervor. Dessen Auffassung stehe auch in Einklang mit der Einschätzung des Verwaltungsgutachters Dr. R. und dem Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad S ... Die abweichende Auffassung der behandelnden Nervenärzte Dr. B. und Dr. A. und des Gutachters PD Dr. C. könne demgegenüber nicht überzeugen, zumal die Klägerin trotz behaupteter starker Beschwerden nur unzureichend medizinische Hilfe in Anspruch nehme, was gegen einen stärkeren Leidensdruck spreche. PD Dr. C. habe sich maßgeblich und unkritisch nur auf subjektive Angaben der Klägerin gestützt und zwischen subjektiven Angaben und objektiven Befunden nicht klar getrennt. Sein Gutachten könne auch deshalb nicht überzeugen, weil er den Leistungsfall (mit aufgehobenem Leistungsvermögen) auf das Jahr 2001 datiert habe, obwohl die Klägerin noch im Jahr 2006 von Mai bis September einer versicherungspflichtigen Tätigkeit als Arbeiterin nachgegangen sei.

Auf das ihr am 31.3.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.4.2010 Berufung eingelegt; das Gutachten des PD Dr. C. sei, anders als das Gutachten des Dr. H., überzeugend. Ergänzend hat sie ein Attest der Dr. A. vom 1.4.2010 vorgelegt. Diese verweist auf ihre Berichte im sozialgerichtlichen Verfahren, gibt Beschwerdeschilderungen der Klägerin wieder und führt ergänzend aus, es hätten sich zwischenzeitlich keinerlei Änderungen ergeben. Behandlungstermine fänden teils in größeren Abständen statt. Aus Laborbefunden entnehme sie einen Verdacht auf Borreliose Stadium II oder III. Ihre Diagnose eines Chronic-Fatigue-Syndroms dürfte darauf zurückzuführen sein. Die Klägerin sei beruflich nicht leistungsfähig; der Rentenantrag werde unterstützt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.3.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.4.2008 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.08.2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 11.05.2010 vorgelegt. Darin heißt es, Angaben zur Häufigkeit der - teils in größeren Abständen stattfindenden - Vorstellungen und zur letzten Vorstellung der Klägerin fänden sich im Attest der Dr. A. vom 1.4.2010 nicht. Änderungen in dem (subjektiven) Befinden der Klägerin hätten sich nach Auffassung der Dr. A. nicht ergeben; der psychische Befund solle den in der Vergangenheit erhobenen Befunden entsprechen. Erwähnt werde ein Lymphozytentransformationstest (LTT) auf Borrelien vom 24.2.2010, den die Klägerin offensichtlich auf eigene Kosten habe durchführen lassen. Dieser Test werde in der wissenschaftlichen medizinischen Literatur weitgehend übereinstimmend als keineswegs beweisend für den von der Nervenärztin angenommenen Zusammenhang angesehen; die Kosten würden deswegen auch nicht von der Krankenkasse übernommen. Ein Zusammenhang zwischen einem als positiv beschriebenen Test mit einer Borreliose im Stadium II oder III sei wissenschaftlich in keiner Weise belegt. Welche klinischen Auswirkungen die postulierte Borreliose im Stadium II oder III haben solle, werde in dem Attest auch nicht ansatzweise erläutert. Die Diagnose einer chronischen Borreliose mit Chronic-Fatigue-Syndrom werde nur behauptet, aber durch nichts belegt.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG das nervenärztliche Gutachten der Dr. P.-U. vom 20.01.2011 erhoben. Darin ist ausgeführt, die Klägerin habe angegeben, obwohl ein größerer Teil ihrer Beschwerden schon früher vorgelegen habe, habe sich das meiste so vor vier bis fünf Jahren richtig verschlimmert. Das gelte vor allem auch für die Schmerzen. Diese hätten sich nach Beginn vor etwa vier Jahren über die Jahre zunächst verschlimmert. Seit Anfang letzten Jahres nehme sie Antibiotika, die ihr Dr. A. verschreibe; diese suche sie etwa einmal im Monat auf. Seit der Antibiotika-Behandlung seien die Schmerzen besser geworden. Auch die Müdigkeit habe zusammen mit den Schmerzen angefangen; seit der Antibiotika-Behandlung Anfang 2010 sei es besser. Die Gutachterin hat die Merkfähigkeit der Klägerin leicht und die Konzentrationsfähigkeit mäßig eingeschränkt befunden. Aus dem Bericht der Klägerin über vegetative Angstäquivalente (Schwindel, Zittern, Herzrasen) ergäben sich Hinweise auf Panikattacken, vor allem in agoraphoben Situationen. Die Stimmung sei durchgehend mittelgradig depressiv. Antrieb und Psychomotorik erschienen vermindert. Bei einem Test mit einem validierten Selbstbeurteilungsfragebogen hätten sich Hinweise auf eine starke Depression ergeben, wie sie sich klinisch aber nicht ganz so wiederfinde und mit (auch testpsychologisch festgestellten) Verdeutlichungstendenzen zusammenhänge. Diese seien kulturspezifisch als Ausdruck der Bedürftigkeit zu interpretieren. Die Gutachterin hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Agoraphobie mit Panikstörung, eine mittelschwere depressive Episode und Neurasthenie bei frühstruktureller Störung diagnostiziert. Nach Abbruch einer stufenweisen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben habe der langjährig behandelnde Arzt Dr. F. im April 2007 zunehmende psychische Beschwerden beschrieben. Die Behandlungsmöglichkeiten seien fraglos noch in keiner Weise ausgeschöpft. Vorrangig wäre hier eine engmaschige psychiatrische Behandlung. Eine gezielte verhaltenstherapeutische Psychotherapie mit sehr langsamer Steigerung der Alltagsbelastbarkeit sowie Einsatz von Angst- und Schmerzbewältigungstechniken wäre grundsätzlich wünschenswert. Die Klägerin könne auch leichte und psychisch in keiner Weise belastende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bis auf Weiteres nicht mehr drei Stunden, allenfalls zwei Stunden täglich verrichten. Außerdem wären besondere Arbeitsbedingungen mit der Notwendigkeit von Pausen nach jeweils ein bis zwei Stunden und der Möglichkeit zum Hinlegen notwendig. Die Leistungseinschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung.

Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 28.2.2011 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, wie aus dem Gutachten der Frau Dr. P.-U. hervorgehe, nehme die Klägerin keinerlei Psychopharmaka bzw. keinerlei Antidepressiva ein. Sie werde in zeitlich weiten Abständen psychiatrisch behandelt. Auch Dr. P.-U. habe festgestellt, dass die Behandlungsmöglichkeiten in keinster Weise ausgeschöpft seien. Das spreche gegen einen großen Leidensdruck. Dr. P.-U. stütze ihre Leistungseinschätzung auch auf testpsychologische Verfahren. Diese seien jedoch für die Begutachtungssituation nicht validiert und spiegelten eine in Wahrheit nicht gegebene Objektivität vor. Die Gutachterin berufe sich außerdem vor allem auf die subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin, die großen Raum im Gutachten einnähmen. Demgegenüber falle der Versuch einer Objektivierung dieser Angaben sehr knapp aus. Es bleibe bei der bisherigen Leistungseinschätzung.

Die Klägerin hat abschließend ein (weiteres) Attest der Dr. A. vom 5.4.2011 vorgelegt. Darin ist zu Beschwerden und Vorgeschichte auf frühere Stellungnahmen verwiesen. Außerdem bezieht sich die Ärztin (erneut) auf den von ihr angenommenen (auf den am 24.2.2010 durchgeführten LTT gestützten) Verdacht einer Borreliose; der LTT Befund passe zu den Symptomen der Klägerin, die vermutlich großenteils einer Neuroborreliose zuzuordnen seien. Eine weitere Diagnostik werde als nicht zielführend indessen nicht veranlasst, da die einschlägigen Leitlinien der Fachgesellschaften den Begriff der Neuroborreliose einengten und viele schwerwiegende Störungen ausgrenzten. Eine Antibiotikabehandlung werde fortgesetzt. Ein Teil der depressiven Verstimmung sei wahrscheinlich durch die Borreliose bedingt und es werde empfohlen abzuwarten, wie die Therapie im weiteren Verlauf anschlage. Das Gutachten der Dr. P.-U. werde der Klägerin eher gerecht als frühere Gutachten. Die Klägerin könne nicht drei Stunden täglich arbeiten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG)

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:

Auch der Senat ist der Auffassung, dass die Klägerin (jedenfalls) leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das geht vor allem aus dem Verwaltungsgutachten des Dr. R. und dem Gerichtsgutachten des Dr. H. überzeugend hervor. Der abweichenden Auffassung behandelnder Ärzte und des PD Dr. C. in dessen auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten kann sich der Senat nicht anschließen; er teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Entsprechendes gilt für das im Berufungsverfahren (ebenfalls) gemäß § 109 SGG erhobene Gutachten der Dr. P.-U ...

In orthopädischer Hinsicht liegen rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht vor. Das geht schon aus dem Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. K. vom 28.7.2008 hervor. Dieser hielt die Klägerin für fähig, leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig zu verrichten. Zu einer entsprechenden Leistungseinschätzung waren die Ärzte in der Rheumaklinik Bad S. gelangt, wo die Klägerin vom 24.1. bis 14.2.2007 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung absolviert hatte; im Entlassungsbericht vom 16.2.2007 war sie für vollschichtig (sechs Stunden täglich und mehr) leistungsfähig hinsichtlich der zuletzt verrichteten Tätigkeit als Arbeiterin (Elektromontiererin) sowie hinsichtlich leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts befunden worden. Auch Dr. R. und Dr. H. konnten im Verwaltungsgutachten vom 7.11.2007 bzw. im Gerichtsgutachten vom 1.10.2008 keine wesentlichen orthopädischen Einschränkungen (bei der ausgesprochen gut beweglichen Klägerin – Gutachten Dr. H.) finden.

Die Klägerin stützt ihr Rentenbegehren in erster Linie auf Erkrankungen des psychiatrischen Fachgebiets. Rentenberechtigende Leistungseinschränkungen sind aber auch insoweit nicht festzustellen. Das ergibt sich bereits aus dem Verwaltungsgutachten des Dr. R. vom 7.11.2007. Dieser fand in psychiatrischer Hinsicht eine nur leicht verminderte Schwingungsfähigkeit und eine ausgeglichene Stimmungslage. Dr. H. diagnostizierte sodann im Gerichtsgutachten vom 1.10.2008 bei guter affektiver Schwingungsfähigkeit ohne Interesseverlust oder Freudlosigkeit und ohne Antriebsminderung und ohne Hinweise auf erhöhte Ermüdbarkeit oder Aktivitätseinschränkungen im Wesentlichen eine Dsythymia. Eine tiefergehende depressive Verstimmung fand er hingegen nicht. Er gelangte demzufolge schlüssig zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich und mehr verrichten kann. Daran ist sie auch durch die von Dr. H. ebenfalls diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung (ohne jegliches organisches Korrelat für die geklagten Schmerzen) nicht gehindert.

Dem gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten des PD Dr. C. vom 29.7.2009 kann sich der Senat nicht anschließen; er teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. So verwies Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.10.2009 zu Recht darauf, dass trotz der Behauptung starker Schmerzen eine Schmerztherapie nicht stattfindet (und nie stattfand), was im Übrigen auch PD Dr. C. konstatiert hatte, ohne daraus freilich die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Das Fehlen einer krankheitsadäquaten und möglichen Therapie indiziert das Fehlen eines entsprechenden Leidensdrucks und infolgedessen auch einer sozialmedizinisch beachtlichen Schmerzerkrankung mit rentenberechtigenden Leistungseinschränkungen. Hinzukommen die Erkenntnisse der Ärzte der Sch.klinik, die bei einer Behandlung der Klägerin vom 7.11.2007 bis 19.12.2007 ein Rentenbegehren gesehen und den offensichtlichen sekundären Krankheitsgewinn betont hatten, weswegen eine Reduktion der (behaupteten) Schmerzen während des Verfahrens kaum möglich sein werde (Bericht vom 24.1.2008). PD Dr. C. hat seine nicht überzeugende Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode außerdem auf psychologische Testverfahren (wie das BDI) gestützt, die für die sozialmedizinische Begutachtung in Rentenverfahren nicht validiert und nicht aussagekräftig und in der Begutachtungssituation durch bewusste Falschangaben leicht manipulierbar sind (vgl. auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. H. vom 3.11.2001), und im Übrigen die subjektiven Beschwerdebehauptungen der Klägerin im Wesentlichen ungeprüft und unkritisch übernommen. Zu einer kritischen Prüfung wäre aber umso mehr Anlass gewesen, als bereits in der Vergangenheit ein Rentenbegehren mit Aggravationstendenz festgestellt worden war (Bericht der Sch.klinik vom 24.1.2008) und das Fehlen jeglicher Schmerztherapie und auch einer adäquaten Therapie der geltend gemachten Depressionserkrankung (erhebliche) Zweifel am Vorbringen der Klägerin wecken musste. Auch Dr. P.-U. hat in ihrem im Berufungsverfahren erhobenen Gutachten Verdeutlichungstendenzen erkannt. Der schlichte Hinweis des Gutachters, die Angaben der Klägerin erschienen glaubhaft, kann angesichts dessen für eine fundierte sozialmedizinische Begutachtung nicht ausreichen.

Wenn (tatsächlich) eine sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Erkrankung des depressiven Formenkreises vorliegt, finden – schon wegen des entsprechenden Leidensdrucks – angemessene psychopharmakologische, psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlungen statt; darauf hat Dr. E.-D. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.2.2011 zu Recht hingewiesen. Depressionserkrankungen führen auch nicht unbesehen zur Berentung; sie sind vielmehr behandelbar und auch zu behandeln, bevor Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI angenommen werden kann. Das Gutachten des PD Dr. C. weist auch im Übrigen erhebliche Mängel auf; insbesondere fehlt ein die Diagnostik hinreichend stützender, sozialmedizinisch einwandfreier psychopathologischer Befund, was Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 13.10.2009 ebenfalls zutreffend moniert hat. Schließlich ist die Datierung der angenommenen Leistungseinschränkung auf das Jahr 2001 nicht nachvollziehbar und unschlüssig. Weder in der Rheumaklinik Bad S. noch bei der Begutachtung durch Dr. R. waren hinreichend gewichtige psychopathologische Auffälligkeiten festzustellen. Eine (wenn auch dem behaupteten Krankheitsbild nicht adäquate) nervenärztliche Behandlung fand erst wieder ab 23.4.2008 statt. Die Klägerin kann auch durchaus um Therapie nachsuchen, wenn sie das will und für notwendig hält, wie die (kurzzeitige) Behandlung bei der Nervenärztin Dr. A. vom 21.10.1999 bis 11.2.2000 zeigt. Die Annahme des PD Dr. C. eines seit 2001 aufgehobenen Leistungsvermögens entspricht auch nicht der Erwerbsbiographie der Klägerin und deren eigenen Angaben. Sie hatte nämlich zuletzt noch von Mai bis September 2006 gearbeitet und bei der Begutachtung durch Dr. P.-U. behauptet, ihre Beschwerden (Schmerzen und Müdigkeit) hätten sich im Wesentlichen nach Beginn vor etwa vier Jahren (also 2007) über die Jahre verschlimmert. Schließlich hat Dr. P.-U. den Leistungsfall in deutlicher Diskrepanz zu PD Dr. C. auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung (im August 2007) festgelegt.

Dr. H. hielt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3.11.2009 daher überzeugend an seiner bisherigen Leistungseinschätzung fest. Er wies darin - wie Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.10.2009 - zu Recht auf das Fehlen jeglicher Schmerztherapie hin; offensichtlich besteht und bestand hierfür (und sei es auch nur für die Einnahme von Schmerzmitteln) keinerlei Bedarf. Außerdem wurden zutreffend (erneut) die Mängel des Gutachtens des PD Dr. C. hinsichtlich eines sozialmedizinisch überzeugenden psychopathologischen Befundes und der unkritischen Heranziehung der Behauptungen der Klägerin betont. Demgegenüber bestätigte PD Dr. C. in seiner (gemäß § 109 SGG erhobenen) ergänzenden Stellungnahme vom 27.01.2010 im Kern die berechtigten Vorwürfe der Dres. B. und H., indem er sich im Wesentlichen erneut auf die unkritisch akzeptierten subjektiven Angaben der Klägerin berief.

Die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hat kein anderes Bild ergeben. Das von der Klägerin (zunächst) vorgelegte Attest der Dr. A. vom 1.4.2010 enthält keine neuen sozialmedizinisch relevanten Befunde. Die Ärztin, die von der Klägerin nur in größeren Abständen – etwa einmal im Monat - aufgesucht wird, hat auf ihre Angaben im sozialgerichtlichen Verfahren verwiesen und im Wesentlichen (erneut) Beschwerdeangaben der Klägerin geschildert. Dr. B. hat hierauf in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 11.05.2010 zutreffend hingewiesen. Der von Dr. A. außerdem erwähnte Labortest auf Borrelien wird, wie Dr. B. überzeugend dargelegt hat, in der medizinischen Wissenschaft weitgehend nicht als Nachweis für das Vorliegen einer Borreliose anerkannt. Außerdem sind für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente Leistungseinschränkungen und nicht Laborwerte oder Diagnosen maßgeblich. Für die Behauptung eines Chronic-Fatigue-Syndroms und darauf beruhender rentenrechtlich beachtlicher Leistungseinschränkungen ist aber – so Dr. B. in der Stellungnahme vom 11.05.2010 - nichts ersichtlich.

Das gemäß § 109 SGG erhobene Gutachten der Dr. P.-U. vom 20.01.2011 kann ebenfalls nicht überzeugen. Auch diese Gutachterin hat sich, nicht anders als PD Dr. C., wesentlich auf die subjektiven Angaben der Klägerin gestützt, weswegen ihre Auffassung den gleichen Einwendungen begegnen muss wie die Einschätzung des PD Dr. C ... Außerdem hat Dr. P.-U. (nunmehr) nur eine leichte bzw. mäßig eingeschränkte Merk- und Konzentrationsfähigkeit gefunden. Bei einem für die sozialmedizinische Begutachtung in Rentenverfahren (wiederum) nicht hinreichend aussagekräftigen Selbstbeurteilungstest haben sich Hinweise auf eine starke Depression gezeigt, die die Gutachterin freilich bei der klinischen Begutachtung nicht hat vorfinden können. Darin liegt – wie Dr. P.-U. mit dem Hinweis auf testpsychologisch festgestellte Verdeutlichungstendenzen selbst andeutet - ein (weiterer) Hinweis auf bewusste Falschangaben der Klägerin. Mit kulturellen Spezifika als Ausdruck der Bedürftigkeit (so die Gutachterin) ist das nicht abzutun. Vielmehr belegt diese Feststellung zusätzlich, dass die subjektiven Angaben der Klägerin nicht kritiklos übernommen und ungeprüft einer sozialmedizinischen Leistungseinschätzung zu Grunde gelegt werden dürfen. Wie Dr. P.-U., die im Übrigen die Behandlungsmöglichkeiten ebenfalls in keiner Weise als ausgeschöpft ansieht, nach alledem auf ein Leistungsvermögen von allenfalls zwei Stunden täglich kommen, ist nicht nachvollziehbar. Das hat die Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. E.-D. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.2.2011 überzeugend dargelegt.

Das von der Klägerin zuletzt vorgelegte (weitere Attest) der Dr. A. vom 5.4.2011 enthält weder neue Befunde noch neue Erkenntnisse. Die Ärztin bezieht sich vielmehr auf ihre zuvor erstatteten Berichte und die von ihr behauptete (Verdachts-)Diagnose einer Borrelioseerkrankung, der die von der Klägerin vorgebrachten Beschwerden vermutlich zuzuordnen seien. Dass der hierfür herangezogene LTT-Test für sich nur eingeschränkt aussagekräftig ist, ist bereits dargelegt worden. Auch im Übrigen ist die Auffassung der Dr. A. nicht überzeugend, weil die Ärztin selbst auf eine weiterführende Diagnostik der postulierten Neuroborreliose verzichtet hat und die von ihr eingeleitete medikamentöse Behandlung noch nicht abgeschlossen ist. Ihre Leistungseinschätzung entbehrt jeglicher sozialmedizinischer Grundlage und ist insgesamt nicht nachvollziehbar.

Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf. Da auch das abschließend vorgelegte Attest der Dr. A. vom 5.4.2001 Neues nicht enthält, ist eine erneute Befassung des beratungsärztlichen Dienstes der Beklagten mit der Auffassung dieser Ärztin entbehrlich.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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