L 10 R 1217/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1864/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1217/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24.02.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Rentenstammrecht der Klägerin ("Bruttorente") ab dem 01.11.2008 neu zu berechnen ist.

Die Beklagte gewährte der im Jahr 1952 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 23.12.2005 eine auf die Zeit vom 01.11.2005 bis 31.10.2008 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (damaliger Rentenbruttobetrag 871,99 EUR, Stand November 2005).

Auf den Weitergewährungsantrag vom Januar 2008 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.05.2008 der Klägerin ab dem 01.11.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer, längstens bis zum 31.05.2018 (Erreichen der Regelaltersgrenze). Hinsichtlich der Berechnung der Rente führte sie aus, es gelte weiterhin der Bescheid vom 23.12.2005 unter Berücksichtigung der Rentenanpassung (Bruttobetrag ab 01.11.2008: 886,34 EUR). Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit dem Ziel einer Neuberechnung der Rente. Sie führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die für Altfälle noch anzuwenden sei, liege hinsichtlich der Weitergewährung ein neuer Rentenbeginn vor, so dass eine Neuberechnung vorzunehmen sei. Diese müsste sich beim versicherungsmathematischen Abschlag auswirken.

Mit dem Rentenbescheid vom 04.08.2008 führte die Beklagte eine "Neuberechnung der Rente" ab 01.10.2008 wegen einer Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung durch. Der Rentenbruttobetrag blieb unverändert. Diesen Bescheid hat die Klägerin ebenfalls angefochten. Auf das zwischenzeitlich beim Senat anhängige Parallelverfahren L 10 R 1092/10 wird Bezug genommen. Mit weiterem Bescheid vom 09.12.2008 führte die Beklagte im Hinblick auf die Einführung des gesetzlichen Gesundheitsfonds und einer damit wiederum verbundenen Änderung der Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit ab dem 01.01.2009 eine neue Berechnung des Anteils der Klägerin an dem aus ihrer Rente zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrag durch.

Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 27.05.2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2009 zurück. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 24.10.1996 (B 4 RA 31/96 in SozR 3-2600 § 300 Nr. 8) wirke sich nur auf Weitergewährungen bis zum 30.04.2007 aus. Der Gesetzgeber habe mit Wirkung ab dem 01.05.2007 die Regelungen über die Verlängerung und Weiterzahlung von befristeten Renten wegen Erwerbsminderung neu gefasst. Der Ablauf der ursprünglichen Befristung der Rente der Klägerin liege nach diesem Zeitpunkt.

Deswegen hat die Klägerin am 14.04.2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und unter anderem behauptet, nach dem Besprechungsergebnis einer Sitzung der Arbeitsgruppe des Fachausschusses für Versicherung und Rente (AGFAVR) vom Dezember 2008 sei die Neufassung des § 102 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei Weitergewährungsanträgen nur in Fallkonstellationen anzuwenden, in denen der Rentenbeginn nach dem 30.04.2007 liege.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Weitergewährung einer befristeten Rente - auch als nunmehr unbefristete Rente - stelle keinen neuen Leistungsfall dar, so dass die Rente nicht neu zu berechnen sei. Dies ergebe sich aus dem mit Wirkung zum 01.05.2007 neu gefassten § 102 Abs. 2 SGB VI. Mit der Neufassung des § 102 SGB VI habe der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BSG reagiert, das in der Weitergewährung einer Rente im Anschluss an eine zunächst befristete Rente einen neuen Leistungsfall gesehen habe. Nach der Grundregel des § 300 Abs. 1 SGB V sei die Neufassung des § 102 SGB VI ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auch anzuwenden. Der gesetzlichen Neuregelung könne nicht entnommen werden, dass sie auf Renten, die nach dem 30.04.2007 beginnen, begrenzt sein solle. Es könne dahingestellt bleiben, ob die AGFAVR hierzu eine für das Gericht nicht bindende andere Auffassung geäußert habe.

Gegen den ihr am 26.0.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11.03.2010 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das SG übergehe das Besprechungsergebnis der AGFAVR und legt hierzu einen Ausdruck "rechtliche Arbeitsanweisungen" vom 11.03.2010 (Bl. 5 LSG-Akte) vor. Ferner verweist sie auf einen "Parallelfall" der DRV Bayern Süd, zu dem sie die Mehrfertigung eines Anerkenntnisschreibens (Bl. 6 LSG-Akte) einreicht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24.02.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2009 zu verurteilen, die Rente beginnend mit dem 01.11.2008 neu (höher) zu berechnen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Streitgegenstand des Verfahrens ist allein die Höherbewertung des Rentenstammrechts der Klägerin ("Bruttorente"). Nicht Streitgegenstand sind die zum Teil unter dem irreführenden Wortlaut "Neuberechnung der Rente" in den Bescheiden vom 04.08.2008 und 09.12.2008 getroffenen Feststellungen der Beklagten zu den aus der Rente zu berechnenden Krankenversicherungsbeiträgen, die als solche nicht zu einer Veränderung des Rentenstammrechts führten. Hierzu ist das Parallelverfahren L 10 R 1092/10 anhängig.

Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid umfassend und zutreffend dargestellt, dass eine Neuberechnung der ab dem 01.11.2008 gewährten Bruttorente nicht vorzunehmen war. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Dem von der Klägerin vorgelegten Auszug "rechtliche Arbeitsanweisungen und Gesetzestexte", der Ausführungen zu Besprechungsergebnissen der AGFAVR enthält, kann der Senat schon keine Ausführungen dahingehend entnehmen, dass die Neufassung des § 102 SGB VI nur bei einem (erstmaligen) Rentenbeginn nach dem 30.04.2007 anzuwenden wäre. Vielmehr wird danach § 102 in der neuen Fassung offensichtlich in den Fällen angewandt, in denen die Weitergewährung der Rente nach dem 30.04.2007 beginnt, was hier der Fall ist. Dies belegt gerade auch der von der Klägerin herangezogene angebliche "Parallelfall" der DRV Bayern Süd. Dieser Fall betraf eine Weitergewährung ab dem 01.08.2006, also gerade vor dem 30.04.2007. Im Übrigen hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass interne Arbeitsanweisungen der Rentenversicherungsträger für Gerichte keinerlei bindende Wirkung haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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