Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 348/09
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 553/10 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sachliche Mängel eines Gutachtens rechtfertigen grundsätzlich nicht die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 05.11.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Dr. F. besteht.
Der 1947 geborene Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (Az.: S 5 U 348/09) Leistungen für die Zeit nach dem 11.02.2009 aufgrund eines am 10.02.2009 erlittenen Arbeitsunfalls. Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom 03.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2009 abgelehnt.
Mit Beweisanordnung vom 17.02.2010 hat das Sozialgericht den Orthopäden Dr. V. F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben vom 06.03.2010 hat der Bf. den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da dieser ihn in einer Rentenangelegenheit im Jahr 2001 hinsichtlich eines früheren Unfalls begutachtet hatte. Mit Beschluss vom 16.04.2010 hat das Sozialgericht das Gesuch des Bf. auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. F. wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen. Es liege kein Grund zur Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen vor.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Bayer. Landessozialgericht mit Beschluss vom 21.07.2010 zurückgewiesen. Allein die Tatsache, dass Dr. F. in einem früheren Verfahren als Gutachter tätig war, rechtfertige keinen Grund für die Annahme einer Befangenheit. Bei objektiver Betrachtungsweise sei auch die vom Bf. geäußerte Befürchtung, die damalige persönliche Auseinandersetzung mit dem Sachverständigen wegen Zuspätkommens könne seine Unvoreingenommenheit im jetzigen Verfahren rechtfertigen, nicht begründet. Wenn die Situation zu "beleidigenden Äußerungen" geführt haben sollte, wäre ein Antrag auf Besorgnis der Befangenheit im damaligen Klageverfahren angezeigt gewesen. Dies sei gerade nicht der Fall.
Mit Schreiben vom 17.08.2010 wurde Dr. F. daraufhin vom Sozialgericht gebeten, den Gutachtensauftrag gemäß der ergangenen Beweisanordnung auszuführen.
Mit Schreiben vom 07.09.2010 hat der Bf. daraufhin mitgeteilt, dass er dem Sachverständigen keine Fragen beantworten werde, die keinen ersichtlichen Zusammenhang mit dem
Arbeitsunfall vom 10.02.2009 hätten und eine Untersuchung ablehne, die über die der erlittenen Schulterverletzungen hinausgehe.
Der Sachverständige hat nach telefonischer Absprache mit dem Bf. den Untersuchungstermin für den 12.10.2010 festgesetzt. Der Sachverständige hat an diesem Tag bei Gericht angerufen und mitgeteilt, dass der Bf. in Begleitung eines anderen Herrn erschienen sei, den er bei der Untersuchung dabei haben wollte. Dies habe er abgelehnt. Der Versuch, dem Bf. die Hand zu geben, sei gescheitert, da dieser dieselbe in die Hosentasche gesteckt und sich im Übrigen wutentbrannt gezeigt habe. Die Untersuchung habe daraufhin nicht stattgefunden.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten nach Aktenlage genehmigt. Dies hat der Sachverständige am 14.10.2010 erstellt. Ein für einen Rotatorenmanschettenriss (speziell der Supraspinatussehne) geeigneter Unfallhergang habe nicht vorgelegen. Das Verhalten des Bf.s nach dem Unfall spreche eindeutig gegen eine frische traumatische Ruptur der Supraspinatussehne am 10.02.2009. Es habe sich nur um eine Prellverletzung und auch insoweit um einen ungeeigneten Hergang gehandelt. Aus dem Kernspintomogramm sei eine bereits manifeste Vorschädigung ersichtlich. Da der Bf. darauf beharre, dass Vorbefunde nicht verwertet werden dürfen, könne die Ursache der Vorschädigung dahingestellt bleiben.
Mit Schreiben vom 20.10.2010 hat der Bf. ein erneutes Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen gestellt. Es stehe ihm frei, zu entscheiden, ob er jemanden bei der Untersuchung zugegen haben wolle. Er sei auch nicht verpflichtet, einem Sachverständigen die Hand zu geben. Wenn dies Dr. F. als Misstrauenskundgebung aufgefasst habe, so berechtigte ihn diese Auffassung noch nicht zur Ablehnung der Untersuchung. Der Bf. legte zum Beweis eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen M. vor.
Das Sozialgericht hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 05.11.2010 zurückgewiesen. Die Besorgnis der Befangenheit sei nicht dadurch begründet, dass Dr. F. die Teilnahme Dritter an der Untersuchung verweigert habe. Die Teilnahme Dritter im Verwaltungsverfahren bzw. an Gerichtsverhandlungen, was analog auch bezüglich einer Untersuchung durch einen vom Gericht bestimmten Sachverständigen herangezogen werden könne, sei vom Gesetzgeber nur in Sonderfällen normiert worden. Ein solcher läge hier nicht vor. Der Bf. habe auch selbst eingeräumt, dass er seine Hand nicht aus der Hosentasche genommen habe. Dies könne ein Grund für den Sachverständigen gewesen sein, dass der Bf. ihm misstraue und sich bei der Untersuchung entsprechend nicht kooperativ verhalten werde.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, dass er ein Recht habe, jemanden bei der Untersuchung dabei zu haben. Es stehe ihm auch frei, einen Bevollmächtigten zu benennen. Sein Freund hätte in keiner Weise in die Untersuchung eingegriffen. Die Untersuchung sei nach seiner Ansicht Voraussetzung und wesentlicher Bestandteil der Gutachtenerstellung. Die Tatsache, dass Dr. F. es abgelehnt habe seinen Reisekostenantrag zu unterschreiben, sei für ihn eindeutig. Dr. F. habe damit gezeigt, dass die Angelegenheit erledigt sei und er jegliche weitere Tätigkeit insoweit ablehne. Es wäre seine Pflicht gewesen, ihn darüber zu informieren, dass er trotzdem ein Gutachten erstellen werde. Die Tatsache, dass der Sachverständige am Untersuchungstag bei Gericht angerufen habe, zeige, dass er von Anfang an ein Gutachten nach Aktenlage erstellen wollte. Dass er Dr. F. nicht die Hand gegeben habe, sei zu Unrecht als aggressives Verhalten dargestellt worden. Im Übrigen bestätige das Ergebnis des Gutachtens die Befangenheit des Sachverständigen.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet. Nach § 118 Abs. 1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach § 406 Abs. 2 Satz 1, § 411 Abs. 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder dem Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen - zu einem späteren Zeitpunkt nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur dann, wenn der Antragsteller Gründe nennen kann, dass er die Befangenheit ohne sein Verschulden erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen konnte. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn erst aus dem schriftlich abgefassten Gutachten der Ablehnungsgrund ersichtlich wird. In diesem Fall endet die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht den Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat. Zweck dieser Regelung ist die Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens. Da sich vorliegend die geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit aus der Untersuchungssituation vom 12.10.2010 ergibt, war das am 26.10.2010 eingegangene Ablehnungsgesuch fristgemäß.
Nach § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers scheiden aus (Thomas Putzo, ZPO, 30 Aufl., § 42 Rn. 9).
Der Bf. begründet die Beschwerde vor allem damit, dass Dr. F. seine Untersuchung am 12.10.2010 aus nicht akzeptablen Gründen abgelehnt habe. Die Untersuchung sei aber wesentlicher Bestandteil der Gutachtenerstellung. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Sozialgericht am 12.10.2010 die Beweisanordnung dahingehend abgeändert hat, dass ein Gutachten nach Aktenlage genehmigt wurde. Der Sachverständige hat somit nicht beliebig einen Teil des Gutachtensauftrags herausgesucht, sondern nach Anweisung des Gerichts gehandelt. Er war auch verpflichtet, das Gericht über die Vorgänge bei der Untersuchung zu informieren. Ohne eine angemessene Mitwirkung des Klägers bei der Untersuchung fördert diese nicht die Aufklärung des Sachverhalts.
Auch die Tatsache, dass Dr. F. die Teilnahme des Begleiters an der Untersuchung ablehnte, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Der Kläger weist darauf hin, dass er auf die Anwesenheit seines Freundes bei der Untersuchung selbst verzichtet hat. Auf die Frage, ob er den Zeugen M. gemäß § 73 SGG hätte bevollmächtigen können und dieser dann an der Teilnahme zur Untersuchung berechtigt gewesen wäre, braucht deshalb nicht eingegangen zu werden.
Im Übrigen würden sachliche Mängel eines Gutachtens, wie sie vom Bf. vorgebracht werden, eine Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen. Eventuelle Unzulänglichkeiten treffen beide Parteien und können lediglich dazu führen, die Rechte des Prozessrechts in Anspruch zu nehmen, insbesondere ein neues Gutachten einzuholen (vgl. § 412 ZPO). Derartige Mängel eines Gutachtens können allenfalls ein Gutachten entwerten. Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1
Satz 1 SGG) und kann nicht in ein Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit vorgezogen werden.
Das Sozialgericht hat damit zutreffend den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. F. zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Dr. F. besteht.
Der 1947 geborene Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (Az.: S 5 U 348/09) Leistungen für die Zeit nach dem 11.02.2009 aufgrund eines am 10.02.2009 erlittenen Arbeitsunfalls. Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom 03.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2009 abgelehnt.
Mit Beweisanordnung vom 17.02.2010 hat das Sozialgericht den Orthopäden Dr. V. F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben vom 06.03.2010 hat der Bf. den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da dieser ihn in einer Rentenangelegenheit im Jahr 2001 hinsichtlich eines früheren Unfalls begutachtet hatte. Mit Beschluss vom 16.04.2010 hat das Sozialgericht das Gesuch des Bf. auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. F. wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen. Es liege kein Grund zur Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen vor.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Bayer. Landessozialgericht mit Beschluss vom 21.07.2010 zurückgewiesen. Allein die Tatsache, dass Dr. F. in einem früheren Verfahren als Gutachter tätig war, rechtfertige keinen Grund für die Annahme einer Befangenheit. Bei objektiver Betrachtungsweise sei auch die vom Bf. geäußerte Befürchtung, die damalige persönliche Auseinandersetzung mit dem Sachverständigen wegen Zuspätkommens könne seine Unvoreingenommenheit im jetzigen Verfahren rechtfertigen, nicht begründet. Wenn die Situation zu "beleidigenden Äußerungen" geführt haben sollte, wäre ein Antrag auf Besorgnis der Befangenheit im damaligen Klageverfahren angezeigt gewesen. Dies sei gerade nicht der Fall.
Mit Schreiben vom 17.08.2010 wurde Dr. F. daraufhin vom Sozialgericht gebeten, den Gutachtensauftrag gemäß der ergangenen Beweisanordnung auszuführen.
Mit Schreiben vom 07.09.2010 hat der Bf. daraufhin mitgeteilt, dass er dem Sachverständigen keine Fragen beantworten werde, die keinen ersichtlichen Zusammenhang mit dem
Arbeitsunfall vom 10.02.2009 hätten und eine Untersuchung ablehne, die über die der erlittenen Schulterverletzungen hinausgehe.
Der Sachverständige hat nach telefonischer Absprache mit dem Bf. den Untersuchungstermin für den 12.10.2010 festgesetzt. Der Sachverständige hat an diesem Tag bei Gericht angerufen und mitgeteilt, dass der Bf. in Begleitung eines anderen Herrn erschienen sei, den er bei der Untersuchung dabei haben wollte. Dies habe er abgelehnt. Der Versuch, dem Bf. die Hand zu geben, sei gescheitert, da dieser dieselbe in die Hosentasche gesteckt und sich im Übrigen wutentbrannt gezeigt habe. Die Untersuchung habe daraufhin nicht stattgefunden.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten nach Aktenlage genehmigt. Dies hat der Sachverständige am 14.10.2010 erstellt. Ein für einen Rotatorenmanschettenriss (speziell der Supraspinatussehne) geeigneter Unfallhergang habe nicht vorgelegen. Das Verhalten des Bf.s nach dem Unfall spreche eindeutig gegen eine frische traumatische Ruptur der Supraspinatussehne am 10.02.2009. Es habe sich nur um eine Prellverletzung und auch insoweit um einen ungeeigneten Hergang gehandelt. Aus dem Kernspintomogramm sei eine bereits manifeste Vorschädigung ersichtlich. Da der Bf. darauf beharre, dass Vorbefunde nicht verwertet werden dürfen, könne die Ursache der Vorschädigung dahingestellt bleiben.
Mit Schreiben vom 20.10.2010 hat der Bf. ein erneutes Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen gestellt. Es stehe ihm frei, zu entscheiden, ob er jemanden bei der Untersuchung zugegen haben wolle. Er sei auch nicht verpflichtet, einem Sachverständigen die Hand zu geben. Wenn dies Dr. F. als Misstrauenskundgebung aufgefasst habe, so berechtigte ihn diese Auffassung noch nicht zur Ablehnung der Untersuchung. Der Bf. legte zum Beweis eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen M. vor.
Das Sozialgericht hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 05.11.2010 zurückgewiesen. Die Besorgnis der Befangenheit sei nicht dadurch begründet, dass Dr. F. die Teilnahme Dritter an der Untersuchung verweigert habe. Die Teilnahme Dritter im Verwaltungsverfahren bzw. an Gerichtsverhandlungen, was analog auch bezüglich einer Untersuchung durch einen vom Gericht bestimmten Sachverständigen herangezogen werden könne, sei vom Gesetzgeber nur in Sonderfällen normiert worden. Ein solcher läge hier nicht vor. Der Bf. habe auch selbst eingeräumt, dass er seine Hand nicht aus der Hosentasche genommen habe. Dies könne ein Grund für den Sachverständigen gewesen sein, dass der Bf. ihm misstraue und sich bei der Untersuchung entsprechend nicht kooperativ verhalten werde.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, dass er ein Recht habe, jemanden bei der Untersuchung dabei zu haben. Es stehe ihm auch frei, einen Bevollmächtigten zu benennen. Sein Freund hätte in keiner Weise in die Untersuchung eingegriffen. Die Untersuchung sei nach seiner Ansicht Voraussetzung und wesentlicher Bestandteil der Gutachtenerstellung. Die Tatsache, dass Dr. F. es abgelehnt habe seinen Reisekostenantrag zu unterschreiben, sei für ihn eindeutig. Dr. F. habe damit gezeigt, dass die Angelegenheit erledigt sei und er jegliche weitere Tätigkeit insoweit ablehne. Es wäre seine Pflicht gewesen, ihn darüber zu informieren, dass er trotzdem ein Gutachten erstellen werde. Die Tatsache, dass der Sachverständige am Untersuchungstag bei Gericht angerufen habe, zeige, dass er von Anfang an ein Gutachten nach Aktenlage erstellen wollte. Dass er Dr. F. nicht die Hand gegeben habe, sei zu Unrecht als aggressives Verhalten dargestellt worden. Im Übrigen bestätige das Ergebnis des Gutachtens die Befangenheit des Sachverständigen.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet. Nach § 118 Abs. 1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach § 406 Abs. 2 Satz 1, § 411 Abs. 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder dem Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen - zu einem späteren Zeitpunkt nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur dann, wenn der Antragsteller Gründe nennen kann, dass er die Befangenheit ohne sein Verschulden erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen konnte. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn erst aus dem schriftlich abgefassten Gutachten der Ablehnungsgrund ersichtlich wird. In diesem Fall endet die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht den Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat. Zweck dieser Regelung ist die Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens. Da sich vorliegend die geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit aus der Untersuchungssituation vom 12.10.2010 ergibt, war das am 26.10.2010 eingegangene Ablehnungsgesuch fristgemäß.
Nach § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers scheiden aus (Thomas Putzo, ZPO, 30 Aufl., § 42 Rn. 9).
Der Bf. begründet die Beschwerde vor allem damit, dass Dr. F. seine Untersuchung am 12.10.2010 aus nicht akzeptablen Gründen abgelehnt habe. Die Untersuchung sei aber wesentlicher Bestandteil der Gutachtenerstellung. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Sozialgericht am 12.10.2010 die Beweisanordnung dahingehend abgeändert hat, dass ein Gutachten nach Aktenlage genehmigt wurde. Der Sachverständige hat somit nicht beliebig einen Teil des Gutachtensauftrags herausgesucht, sondern nach Anweisung des Gerichts gehandelt. Er war auch verpflichtet, das Gericht über die Vorgänge bei der Untersuchung zu informieren. Ohne eine angemessene Mitwirkung des Klägers bei der Untersuchung fördert diese nicht die Aufklärung des Sachverhalts.
Auch die Tatsache, dass Dr. F. die Teilnahme des Begleiters an der Untersuchung ablehnte, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Der Kläger weist darauf hin, dass er auf die Anwesenheit seines Freundes bei der Untersuchung selbst verzichtet hat. Auf die Frage, ob er den Zeugen M. gemäß § 73 SGG hätte bevollmächtigen können und dieser dann an der Teilnahme zur Untersuchung berechtigt gewesen wäre, braucht deshalb nicht eingegangen zu werden.
Im Übrigen würden sachliche Mängel eines Gutachtens, wie sie vom Bf. vorgebracht werden, eine Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen. Eventuelle Unzulänglichkeiten treffen beide Parteien und können lediglich dazu führen, die Rechte des Prozessrechts in Anspruch zu nehmen, insbesondere ein neues Gutachten einzuholen (vgl. § 412 ZPO). Derartige Mängel eines Gutachtens können allenfalls ein Gutachten entwerten. Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1
Satz 1 SGG) und kann nicht in ein Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit vorgezogen werden.
Das Sozialgericht hat damit zutreffend den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. F. zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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