L 5 R 435/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 1866/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 435/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17.01.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anhebung des Krankenversicherungsbeitrags auf 15,5 Prozent im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner.

Die 1947 geborene Klägerin bezieht seit dem 01.04.2007 abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen, nachdem ihr ab Mai 2001 Rente wegen Erwerbsminderung gewährt worden war. Mit Rentenanpassungsbescheid vom Juni 2008 wurde ab 1.7.2008 die bisher gewährte Rente von 1002,86 EUR auf 1013,93 EUR brutto bzw. von 904,58 EUR auf 912,03 EUR netto erhöht. Der von der Klägerin zu tragende Krankenversicherungsbeitrag belief sich auf insgesamt 82,13 EUR (73,00 EUR zuzüglich 0,9% = 9,13 EUR). Mit Bescheid vom 09.12.2008 setzte die Beklagte den Beitrag für die Krankenversicherung ab 01.01.2009 auf monatlich 83,14 EUR fest (15,5 Prozent des Rentenbetrags). Damit verringerte sich der Auszahlungsbetrag der Rente gegenüber der Zeit bis zum 31.12.2008 um 1,01 EUR auf 911,02 EUR.

Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung am 20.01.2009 Widerspruch ein, den sie mit - nicht näher ausgeführten - verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags begründete. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2009 als unbegründet zurück und verwies auf die Gesetzesbindung der Verwaltung gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG).

Am 14.04.2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben. Die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags auf 15,5 Prozent ab dem 01.01.2009 begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie belaste die Klägerin als Altersrentnerin in unverhältnismäßiger Weise und habe daher enteignenden Charakter. Sie sei auch politisch verfehlt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Gesetze sei mehrfach vom Bundessozialgericht entschieden worden, und zwar im Sinne der angefochtenen Entscheidung. Das SG hat mit Beschluss vom 05.08.2009 die Krankenkasse der Klägerin zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.01.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die mit der Klage angefochtenen Bescheide entsprächen der einfach-gesetzlichen Rechtslage. § 247 SGB V bestimme, dass der Bemessung der aus der Rente zu zahlenden Beiträge der für alle Krankenkassen geltende allgemeine Beitragssatz zugrunde zu legen sei, den die Bundesregierung mit Wirkung ab 01.01.2009 auf 15,5 Prozent festgesetzt habe (GKV-Beitragssatzverordnung vom 29.10.2008, BGBl. I S. 2109). Der bisher vom Rentner allein zu zahlende zusätzliche Beitragssatz von 0,9 Prozent (§ 241 a SGB V in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) sei in diesem Beitragssatz bereits enthalten. § 249a SGB V lege die Höhe der vom Rentenversicherungsträger und vom Rentner jeweils zu tragenden Beitragsanteile fest. Danach habe der Rentenversicherungsträger die Hälfte des Beitrages zu tragen, der sich aus der Anwendung des um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen Beitragssatzes auf die Rente ergebe, also ab dem 01.01.2009 aus einem Beitragssatz von 14,6 Prozent. Der verbleibende - 0,9 Beitragssatzpunkte höhere - Beitragsanteil sei vom Rentner zu tragen. Im Ergebnis habe sich damit an der Verteilung der Beitragslast zwischen Rentner und Rentenversicherungsträger gegenüber der bis 31.12.2008 geltenden Rechtslage nichts geändert. § 255 Abs. 1 SGB V schließlich verpflichte den Rentenversicherungsträger, den vom Rentner zu tragenden Beitragsanteil bei der Zahlung der Rente einzubehalten. Diese von der Beklagten im Fall der Klägerin korrekt angewendeten gesetzlichen Bestimmungen verstießen nach Auffassung des Gerichts auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die von der Klägerin insoweit vorgetragenen Gesichtspunkte seien nicht geeignet, entsprechende Bedenken zu wecken. Der Vortrag der Klägerin erschöpfe sich im Wesentlichen darin, dass sie die - alle Versicherten betreffende - Erhöhung des Beitragssatzes als politisch verfehlt bezeichne und die aus ihrer Sicht zu hohen Verwaltungsausgaben der Krankenkassen beanstande. Diesen Ausführungen fehle es an einer zureichenden rechtlichen Substanz, um beim Gericht ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Regelungen hervorzurufen.

Gegen diesen der Klägerin am 20.01.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 31.01.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und geltend gemacht, es gehe um eine weitere Belastung im Reigen der Zusatzbelastung der Rentner, wie sie seit 10 Jahren anhalte. Die dauernden zusätzlichen Belastungen der Rentner seien als unverhältnismäßig und somit als verfassungswidrig anzusehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund als der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überhaupt nicht greifen könne, da die Maßnahmen im Einzelnen alle nicht zum Erfolg führten. Man müsse die Fragenkomplexe dieser ganzen Einzelgesetze (Salamitaktik, Politik der kleinen Schritte) in einen Gesamtkontext stellen und erst dann ergebe sich ein Bild des Horrors, was die Absenkung des Rentenniveaus und die Kürzungen und die Aushöhlung der Rentenanwartschaften angehe. Das Ganze beginne bereits damit, dass man das Rentenniveau durch Änderungen der Berechnungsvorschriften auf einen Status Quo 1995 eingefroren habe. Es seien also folgende Maßnahmen getroffen worden in den letzten 15 Jahren, die zu einer eklatanten Belastung geführt hätten, und die wiederum dazu zwängen, die Gesamtheit der Maßnahmen zu betrachten, und nicht bloß irgendwelche Einzelmaßnahmen:

"1. Einfrieren des Rentenniveaus auf dem Status Quo 1995 durch permanente und stakkatoartige Änderungen der rentenrechtlichen Vorschriften, was die Rentenberechnung angeht. 2. Einführung versicherungsmathematischer Abschläge bei Altersrenten und bei Hinterbliebenenrenten. 3. Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge von 1,7 % auf 1,95 % bzw. 2,25 %. 4. Einführung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 0,9 %. 5. Anhebung der allgemeinen, generellen Beitragssätze von rund 13,3 %/13,5 % auf 15,5 % innerhalb eines Jahres (Gesundheitsfonds). 6. Einführung der Zulässigkeit der Erhebung von Zusatzbeiträgen. 7. Einführung der Versteuerung der gesetzlichen Renten. 8. Prognostisch die politischen Äußerungen, dass bereits jetzt klar ist, dass die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wieder nicht reichen und weitere Maßnahmen erforderlich sind. 9. Unterlassung einer ordnungsgemäßen Dynamisierung der Rentenansprüche im Sinne eines Inflationsausgleiches und damit indirekte Entwertung der Rentenbeträge."

Es werde davon ausgegangen, wenn man sich diesen Gruselkatalog betrachte, dass man nicht die 5,00 EUR zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag isoliert sehen könne, sondern dass man die Gesamtheit der Maßnahmen betrachten müsse. Man könne sich ausrechnen, wie viel Euro die Klägerin in ihrem Rentenanspruch durch diese Maßnahmen verloren habe. Es könne beim besten Willen nicht akzeptiert werden, dass es nun heiße, die paar Euro Krankenversicherung nach dem Motto, das würde sie ja nicht in ihrer Existenz betreffen. Wenn man alle Maßnahmen zusammenrechne, dann seien der Klägerin in ihrem Rentenanspruch mit Sicherheit rund 20 % ihrer erwirtschafteten und durch Beiträge aufgebauten Rentenanwartschaften kaputt gemacht worden. Das überschreite das Maß der Verhältnismäßigkeit im verfassungsrechtlichen Sinne. Die Rechtsprechung werde eine Grenzziehung vornehmen müssen in den nächsten Jahren, und deshalb sei eine Konfrontation mit diesen Rechtsfragen zwingend erforderlich. Die Regelungen seien im Einzelnen und insgesamt unverhältnismäßig. Sie seien deshalb unverhältnismäßig, weil man gerade am Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sehr gut sehen könne, dass es völlig egal sei, was der Gesetzgeber an zusätzlichen Belastungen einführe, das System sei nicht konsolidierbar. So als ob in den Haushaltskassen der Krankenkassen schwarze Löcher vorhanden wären, verschwinde das Geld, ohne dass man sich erklären könne, wie das vonstatten gehen könne, wo doch seit 25 Jahren eine extreme Verbreiterung der Beitragsbemessungsgrundlagen für die Krankenkassen eingeführt worden sei, bei gleichzeitiger drastischer Kürzung der Leistungen und zwar von Jahr zu Jahr. Das Gleiche betreffe natürlich die Pflegeversicherung. Es sei doch schon 1993 bei Einführung der Pflegeversicherung bekannt und offensichtlich gewesen, dass bei entsprechender fehlstrukturierter Ökonomie der anderen Sozialversicherungszweige mit der Pflegeversicherung ein Versicherungszweig eingeführt wird, der notleidend werden würde. Für einen Fachmann, wie insbesondere auch dem Bevollmächtigten, sei es von vornherein klar gewesen, dass die Pflegeversicherung, finanziert in der Art und Weise, wie die anderen Versicherungszweige, genauso notleidend werden würde, wie die anderen Versicherungszweige. Da die Maßnahmen, nämlich Beitragsanhebungen und Kürzungen der Leistungen im Bereich der Kranken/Pflegeversicherung alle nicht gegriffen hätten, sei die engere Zweckmittelrelation nicht gewährleistet. Aus diesem Gesichtspunkt heraus seien diese Eingriffe unverhältnismäßig. Wenn man aber innerhalb von 3 Monaten, nämlich im Zeitraum von Oktober 2008 bis Dezember 2008, 600 Milliarden Euro in die freie Wirtschaft pumpen könne wegen der "notleidenden" Banken, dann sei das System nicht in Gefahr, wenn es solche Summen aufbringen könne. Nur ein Bruchteil dieser Beträge hätte vollständig ausgereicht, um die Sozialversicherungssysteme zu konsolidieren und weiterhin zu stabilisieren und zu einer Absenkung der Beiträge beizutragen. Damit sei offensichtlich, dass hier die gesetzlichen Vorschriften, die in Rede stünden, unverhältnismäßig seien.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17.01.2011 aufzuheben und den Bescheid vom 09.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, die Rente ohne angehobenen Krankenversicherungsbeitrag zu berechnen und auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.

Mit Schriftsätzen vom 16.02.2011, 14.03.2011 und 03.05.2011 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß den §§ 153 Abs.1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist unbegründet.

Hinsichtlich der ihrer Ansicht nach zu hohen Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge kann die Klägerin ihr Begehren zulässig mit der Anfechtungsklage verfolgen (BSG, Urteile vom 29.11.2006 - B 12 RJ 4/05 R -, BSGE 97, 292 und vom 18.07.2007 - B 12 R 21/06 R , SozR 4-2500 § 241a Nr. 1). Das SG hat diese Klage zu Recht abgewiesen.

Die Beklagte war für die Entscheidung über die Höhe der von der Klägerin zu tragenden Krankenversicherungsbeiträge sachlich zuständig (vgl. BSG, Urteile vom 18.12.2001 - B 12 RA 2/01 R -, SozR 3-2500 § 247 Nr. 2, und vom 18.07.2007 - B 12 R 21/06 R - SozR 4-2500 § 241a Nr. 1). Die Träger der Rentenversicherung haben gemäß § 255 Abs. 1 SGB V Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen, bei der Zahlung der Rente einzubehalten und an die in § 255 Abs. 1 SGB V benannten Stellen abzuführen.

Der Bescheid der Beklagten vom 9.12.2008 mit dem Zahlbetrag für die bewilligte Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zutreffend hat die Beklagte dabei ihre bisherige Feststellung des Krankenversicherungsbeitrags insoweit aufgehoben und die neuen Krankenversicherungsbeiträge festgesetzt sowie den sich daraus ergebenden veränderten Zahlbetrag der Altersrente festgestellt. Die Klägerin, deren Beitragssatz für die Krankenversicherung vor dem 01.01.2009 für die Beigeladene zuletzt 14,4 v.H. betrug, wovon sie einschließlich des Zusatzbeitrags aus der Rente 7,65 v.H. (RV-Träger 6,75 %) aufzubringen hatte, hat keinen Anspruch darauf, dass die ab dem 01.01.2009 geltende Rechtsänderung und damit der allgemeine Beitragssatz von 15,5 v.H., von dem die Klägerin 8,2 v.H. aufzubringen hat, auf sie keine Anwendung findet.

Die Beklagte hat in Anwendung der ab dem 01.01.2009 geltenden Vorschriften des SGB V jeweils zutreffend den von der Klägerin zu tragenden Krankenversicherungsbeitrag ermittelt. § 241 SGB V regelt die bundeseinheitliche Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes durch Rechtsverordnung der Bundesregierung. Gemäß § 1 dieser Verordnung zur Festlegung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Beitragssatzverordnung - GKV-BSV- vom 29.10.2008 - BGBl. I S. 2109 - in der vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 geltenden Fassung) betrug der paritätisch finanzierte Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung 14,6 v.H. Der allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V ist der um 0,9 Beitragssatzpunkte erhöhte paritätisch finanzierte Beitragssatz. Er belief sich ab 1.1.2009 auf 15,5 %. Vom allgemeinen Beitragssatz in der Krankenversicherung tragen Arbeitgeber bzw. Rentenversicherungsträger gem. §§ 247, 249a Abs. 1 SGB V 7,3 Beitragssatzpunkte und Arbeitnehmer bzw. Rentner 8,2 Beitragssatzpunkte.

Einer Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bedurfte es nicht, weil der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften in ihrer Anwendung auf die Klägerin überzeugt ist. Bis Ende 2008 wurde der allgemeine Beitragssatz in der Satzung jeder einzelnen Krankenkasse für ihre Mitglieder festgesetzt (§ 241 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F.). Dies führte von Kasse zu Kasse zeitweise zu erheblichen Unterschieden in der Höhe des allgemeinen Beitragssatzes. Mit den Ursachen hierfür und der Frage, ob eine Angleichung verfassungsrechtlich geboten ist, hat sich die Rechtsprechung wiederholt befasst (BSGE SozR 2200 § 385 Nr. 14 und anschließend BVerfGE 89, 365; BSGE 90, 231, 236 = SozR 4 – 2500 § 266 Nr. 1 S. 6). Zusätzlich zu den paritätisch auf der Grundlage der unterschiedlichen allgemeinen Beitragssätze aufzubringenden Beiträgen wurde dann mit Wirkung zum 01.07.2005 ein Zusatzbeitrag u.a. für Rentner eingeführt. Den zusätzlichen Beitrag von 0,9 v.H. musste der Rentenberechtigte jedoch gem. § 249a SGB V alleine aufbringen. Zeitgleich mit der Einführung des zusätzlichen Beitragssatzes verminderte sich zwar der allgemeine Beitragssatz zum 1. Juli um 0,9 v.H. Der Krankenversicherungsbeitrag des Rentners aus der gesetzlichen Rente erhöhte sich durch die Gesetzesänderung zum 01.07.2005 damit aber um insgesamt 0,45 v.H. Denn die gleichzeitige Verminderung des allgemeinen Beitragssatzes um 0,9 v.H. senkte den Beitragsanteil des Rentners nur um 0,45 v.H., da der Rentenversicherungsträger und er den allgemeinen Beitragssatz jeweils zur Hälfte trugen. In seiner Entscheidung zu diesem Zusatzbeitrag hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 18.07.2007 - B 12 R 21/06 R -, veröffentlicht in Juris) diesen für verfassungsgemäß angesehen. Die Gesetzesänderung zum 01.07.2005 führe zu einer weiteren Belastung von 0,45 v.H. des jeweiligen Rentenbetrags und bewirke bei einem für Juli 2005 ermittelten Betrag der monatlichen Standardrente von brutto rd. 1.176 EUR in den alten bzw. 1.034 EUR in den neuen Bundesländern eine Minderung, d.h. faktische Kürzung, des monatlichen Rentenbetrags um 5,29 EUR bzw. 4,65 EUR. Die Folgen der veränderten Gesetzeslage seien für sich gesehen nicht derart gravierend, dass sie die von ihr betroffenen Personen in der GKV nicht tragen könnten. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach die Beitragslast der versicherten Rentner nicht höher sein dürfe als der sich nach dem halben Beitragssatz ergebende Betrag, lasse sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten. Soweit Personen aufgrund des für sie geltenden niedrigen allgemeinen Beitragssatzes durch die Neuregelungen relativ stark belastet würden, begegne das ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber sei bei Einführung des zusätzlichen Beitrags nicht gehalten, die kassenindividuellen Besonderheiten nachzubilden und alle Versicherten relativ zum bisherigen individuellen Beitragssatz gleichmäßig zusätzlich zu belasten. Im Einzelnen hat das BSG hierzu ausgeführt, wegen des fixen Prozentsatzes des zusätzlichen Beitrags sei die relative Belastung, d.h. dessen Anteil an der gesamten Beitragslast des Mitglieds in Abhängigkeit von der Höhe des jeweils geltenden allgemeinen Beitragssatzes, unterschiedlich. Die prozentuale Mehrbelastung im Verhältnis zum bisherigen Beitrag sei umso höher, je niedriger der kassenindividuelle allgemeine Beitragssatz sei. Die Neuregelungen führten deshalb zu einer prozentual höheren Belastung bei Versicherten, auf die ein Beitragssatz zur Anwendung komme, der unter dem durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz liege. Umgekehrt gelte, dass alle Versicherten, deren Beitragsbemessung sich nach einem Beitragssatz richte, der über dem durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz liege, durch die Gesetzesänderung prozentual weniger belastet würden. Die Verteilungswirkung der Gesetzesänderung werde in besonderem Maße bei einer an den jeweiligen Anteil an der Beitragstragungslast anknüpfenden Betrachtungsweise deutlich. So werde der hälftige Beitragsanteil des Arbeitgebers oder Rentenversicherungsträgers bei einem allgemeinen Beitragssatz von 14,2 v.H. nominell um etwa 3,17 v.H. auf etwa 46,83 v.H. gesenkt, während derjenige des Versicherten um etwa 3,17 v.H. auf etwa 53,17 v.H. angehoben wird. Bei einem Versicherten mit dem niedrigeren allgemeinen Beitragssatz von 13,7 v.H. betrage der Unterschied aber schon etwa 3,28 v.H.

Mit der zum 01.01.2009 wirksam gewordenen Änderung des § 241 SGB V sind die unterschiedlichen Beitragssätze durch einen einheitlichen allgemeinen Beitragssatz ersetzt worden, wobei der paritätisch zu finanzierende Beitragssatz weiterhin 0,9 v.H. niedriger ist. Damit ist nun in der Regel für alle Versicherten der gleiche Beitragssatz maßgeblich. Die zusätzliche Belastung derjenigen, für die, wie für die Klägerin, bisher ein gegenüber dem neuen einheitlichen allgemeinen Beitragssatz günstigerer kassenindividueller allgemeiner Beitragssatz galt, rechtfertigt sich bereits aus Gleichbehandlungsgrundsätzen. Anhaltspunkte dafür, dass die erstmalige Festsetzung des einheitlichen allgemeinen Beitragssatzes auf 15,5 v.H. das Regelungsziel, insbesondere die Vorgabe, den allgemeinen Beitragssatz so zu bemessen, dass die voraussichtlichen Beitragseinnahmen zusammen mit der Beteiligung des Bundes nach § 221 SGB V und den voraussichtlichen sonstigen Einnahmen des Gesundheitsfonds die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen sowie den vorgeschriebenen Aufbau der Liquiditätsreserve für den Gesundheitsfonds nach § 271 SGB V decken, grob verfehlt hätte, kann der Senat nicht erkennen. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus der Tatsache, dass bereits zum 01.07.2009 eine Senkung des einheitlichen Beitragssatzes erfolgte. Denn diese auf einer Änderung des § 1 S. 1 GKV-BSV durch Art. 14 Nr. 1 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland beruhende Minderung der Beitragseinnahmen ist nicht auf eine Überdeckung, sondern auf eine Erhöhung des Bundeszuschusses zurückzuführen. Mit der Änderung von § 221 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch Art. 13 Nr. 1 Buchst a) des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland hatte der Bund zur Abgeltung versicherungsfremder Leistungen nunmehr 7,2 Mrd. EUR für das Jahr 2009 und 11,8 Mrd. EUR für das Jahr 2010 zu leisten. Mit dieser Erhöhung des Bundeszuschusses wurde die Absenkung des Beitragssatzes ermöglicht (vgl. die Begr. des Entw. BT-Drucks. 16/11740 S. 33 – zu Art. 11 Nr. 1). Auch eine sachfremde Bestimmung des genannten Finanzierungsziels, insbesondere die Abgrenzung der aus den Beiträgen zu finanzierenden Aufgaben, ist nicht erkennbar.

Die Argumentation der Klägerin, die Summierung rentenrechtlicher Änderungen mit nachteiligen Auswirkungen auf den Auszahlungsbetrag sei verfassungswidrig, greift ebenfalls nicht durch. Dies hat der Senat bereits entschieden (Urteil des Senats vom 26.01.2011 - L 5 R 1521/09 -) und hierzu dargelegt, dass das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 21.01.2009 (B 12 R 11/06 R) zu den dort geltend gemachten Verschlechterungen im Beitragsrecht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in den Jahren 2004 und 2005 und deren Auswirkungen auf die monatlichen Rentenzahlungen anknüpfend an sein Urteil vom 18.07.2007 (B 12 R 21/06 R) festgestellt hat, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen, die durch eine Erhöhung der Beitragslast zur Minderung der Nettorente geführt hätten, auch nach der verfassungsrechtlich gebotenen kumulativen Betrachtungsweise nicht als so gewichtig und derart niveausenkend anzusehen gewesen seien, dass dadurch die Rente ihre prinzipielle Struktur und ihre Funktion als freiheits- und existenzsichernde Leistung verlieren würde. Im zu entscheidenden Fall sei zu den Beitragserhöhungen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung das Unterbleiben von Rentenanpassungen in den Jahren 2004 und 2005 hinzugekommen. Selbst vor dem Hintergrund einer Minderung des Nettobetrages der Rente habe das Bundessozialgericht jedoch keine unverhältnismäßige Überforderung der Rentner angenommen.

Damit kann auch die Klägerin hier mit ihrem Einwand der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht durchdringen. Denn in Folge der Rentenanpassungen in den Jahren 2007 bis 2008 ist der Nettobetrag ihrer Altersrente von 899,76 EUR auf 912,03 EUR zum 01.07.2008 gestiegen. Die zum 01.01.2009 aufgrund der Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages von 14,4 % auf 15,5 % erfolgte Erhöhung ihrer Abzüge hat sich nur in einem Umfang von 1,01 EUR zu Lasten der Klägerin ausgewirkt. Dass eine Verringerung des Nettobetrages der Rente um einen derart geringen Betrag die Dispositionsbefugnis der Klägerin über ihre monatlichen Einnahmen in existentieller Weise beschränken und zu einer wesentlichen Einschränkung in ihrer privaten Lebensführung zwingen könnte, ist eine eher fernliegende Annahme (vgl. Urteil des Senats vom 26.01.2011 - L 5 R 1521/09 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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