Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 4037/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3828/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.05.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der am 1951 geborene Kläger ist seit dem Jahr 1980 mit kurzen Unterbrechungen bei der E. Aktiengesellschaft (nachfolgend: Firma E. ) beschäftigt. Die Firma stellt Faserzementplatten für Hausdächer her. Bis Ende des Jahres 2005 arbeitete er als Lagerist, seither ist er in der Plattenbearbeitung tätig. Am 15.08.2007 musste der Kläger zusammen mit seinem Arbeitskollegen G. für das Labor der Firma Proben von Platten entnehmen. Beim Suchen einer speziellen Palette mit Platten näherte sich ein Gabelstapler, der vom Zeugen H. gefahren wurde. Der weitere Hergang wird von den Zeugen und vom Kläger im Laufe des Verfahrens unterschiedlich geschildert. Fest steht lediglich, dass der Kläger in einer Drehbewegung zu Boden ging und erhebliche Schmerzen an der rechten Schulter auftraten, die zu einer sofortigen Vorstellung beim Durchgangsarzt Dr. M.-M. führten. Dieser diagnostizierte, nachdem eine Röntgenaufnahme keinen Anhalt für eine Fraktur geliefert hatte, noch am selben Tag eine Schultergelenkszerrung rechts.
Bei fortdauernden Beschwerden diagnostizierte der Facharzt für Chirurgie Dr. H. , der den Kläger schon früher (zuletzt im Januar 2006) wegen rechtsseitiger, zum Jahreswechsel 1996/97 auch zu Arbeitsunfähigkeit führender Schulterbeschwerden behandelt hatte, nach einer Ultraschalluntersuchung am 05.09.2007 eine Rotatorenmanschettenruptur an der rechten Schulter. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich ihm auch eine Muskelverschmächtigung am Oberarm. Der Radiologe Dr. E. bestätigte nach einer MRT-Untersuchung am 18.09.2007 eine großflächige durchgängige Ruptur der Supraspinatussehne und teilweise auch der Infraspinatussehne bei degenerativen Veränderungen, einen Oberarmkopfhochstand sowie Zysten im Tuberculum maius. Untersuchungen und Behandlungen fanden nachfolgend im Universitätsklinikum H. und in der B. Unfallklinik L. statt (siehe u.a. Arztbriefe von Prof. Dr. C. und Prof. Dr. L. von der Universitätsklinik H. Bl. 70 und 78 Verwaltungsakte; Arztbriefe Prof. Dr. W. , Dr. W. und Dr. K. von der B. Klinik L. Bl. 134 und 174 Verwaltungsakte sowie Bl. 38 LSG-Akte). Auf Grund der anhaltenden Beschwerden wurde schließlich am 04.03.2008 in der Orthopädischen Universitätsklinik H. ein operativer Eingriff durchgeführt. Dabei zeigte sich eine Ruptur der langen Bizepssehne, die operativ nicht mehr aufzufinden war. Die Supraspinatus- und Infraspinatussehne wiesen einen großen durchgängigen Defekt auf. Die Sehnenränder waren so weit zurückgezogen, dass sie nicht dargestellt werden konnten. Da eine Rekonstruktion nicht möglich war, wurde lediglich Gewebe entfernt, um den Verkehrsraum der Rotatorenmanschette zu erweitern und lokale Schmerznerven zu zerstören (sogenanntes Debridement). Wegen fortdauernder bzw. wieder auftretender Beschwerden wurde am 16.04.2010 ein weiterer operativer Eingriff durchgeführt, bei dem der Defekt der Rotatorenmanschette durch Teile des benachbarten Deltamuskels, die die Funktion der defekten Rotatorenmanschette wenigstens ansatzweise übernehmen sollten, verschlossen. Auch nach diesem operativen Eingriff besteht an der rechten Schulter eine deutliche Funktionseinschränkung.
Gegenüber der Beklagten führte die Firma E. aus, am 15.08.2007 sei es zu keiner Berührung des Klägers mit dem Gabelstapler gekommen. Hierzu legte sie eine schriftliche, von den Kollegen H. und G. unterzeichnete Erklärung vor. Danach habe sich der Kläger durch eine ungeschickte Drehung die Verletzung selbst zugezogen. Nachdem der beratende Arzt Dr. St.-F. ausführte, der Kläger habe am 15.08.2007 eine Schultergelenkszerrung auf der rechten Seite erlitten, die Veränderungen der Rotatorenmanschetten seien jedoch eindeutig alt und es liege kein Unfallereignis vor, stellte die Beklagte die bislang gewährte Heilbehandlung ein und forderte von der für den Kläger zuständigen Krankenkasse eine Erstattung ihrer bisherigen Aufwendungen. Obwohl der Kläger u.a. angab, er habe versucht, den rückwärtsfahrenden Gabelstapler mit der Hand zu stoppen, sei dabei gestürzt und habe sich an der Schulter verletzt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.08.2008 in der Gestalt des am 10.11.2008 zugestellten Widerspruchsbescheids vom 05.11.2008 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Leistungen seien nicht zu erbringen. Der Nachweis eines Unfallereignisses, hier schon der Nachweis eines Berührungsvorgangs mit dem Gabelstapler, sei nicht geführt.
Deswegen hat der Kläger am 09.12.2008 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Kollegen H. und G. mündlich als Zeugen vernommen. Der Zeuge H. hat ausgeführt, es sei zu keiner Berührung gekommen, dies habe ihm der Kläger telefonisch noch am Unfalltag im Nachhinein bestätigt. Ausschließen könne er eine Berührung jedoch nicht. Der Zeuge G. hat angegeben, auf das Ereignis erst aufmerksam geworden zu sein, als der Kläger bereits mit Schmerzen am Boden lag. Der Kläger hat in seiner Anhörung u.a. ausgeführt, schon als er die Hand gegen den Gabelstapler gehalten habe, habe es "gekracht".
Mit Urteil vom 13.05.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es fehle bereits am Nachweis einer äußere Einwirkung, die zu der Drehbewegung, in deren Folge die Schmerzen aufgetreten seien, geführt habe.
Gegen das ihm am 22.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.08.2009 Berufung eingelegt. Er trägt vor, zu der maßgeblichen Verletzung sei es offensichtlich während der Arbeitszeit gekommen. Selbst wenn eine Ungeschicklichkeit seinerseits Ursache gewesen sei, handle es sich um einen Arbeitsunfall. Eine solche Verletzung trete nicht von selbst ein. Ein Kontakt mit dem Gabelstapler sei jedenfalls nicht unwahrscheinlich. Im November 1996 habe er sich bei einem Verkehrsunfall zwar eine erhebliche Verletzung im Bereich der rechten Schulter, jedoch - so der damalige Bericht von Dr. H. (Bl. 116 LSG-Akte) - keinen Abriss der Rotatorenmanschette zugezogen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.05.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 12.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2008 festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 15.08.2007 um einen Arbeitsunfall handelte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Prof. Dr. L. und Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Prof. Dr. L. hat sich nicht in der Lage gesehen, zur Zusammenhangsfrage Stellung zu nehmen. Dr. H. hat über Behandlungen des Klägers wegen Beschwerden an der rechten Schulter, die ihn in der Arbeitsausübung und bei der Anhebung des Arms beeinträchtigt und auf einem degenerativen Schulterleiden beruht hätten, in den Jahren 1996, 1997, 1998, 2002, 2003 und 2006 berichtet. Seit dem Ereignis vom 15.08.2007 sei es zu einer Verschlimmerung der bereits vorbestehenden Schulterbeschwerden gekommen.
Der Senat hat ferner Dr. H. (Orthopädisches Forschungsinstitut S. ) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Nach Untersuchung des Klägers im Januar 2011 und unter Berücksichtigung der medizinischen Unterlagen hat Dr. H. keinen Zweifel daran gesehen, dass bereits vor dem Ereignis vom 15.08.2007 deutliche degenerative Veränderungen nebst einer Teilrissbildung der Rotatorenmanschette vorlagen. Hinreichend gesichert sei aber auch, dass sich der Zustand des Klägers nach dem 15.08.2007 in Bezug auf die Funktion der rechten Schulter verschlechtert habe. Eine Spontandrehung ohne Kontakt mit dem Gabelstapler halte er selbst unter Berücksichtigung eines degenerativen Vorschadens nicht für geeignet, die Rotatorenmanschette wie geschehen zu zerreißen. Auch im Hinblick auf den vom Kläger geschilderten Unfallhergang falle es schwer, eine Überlastung vor allem der Supraspinatus- und der Infraspinatussehne abzuleiten. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen gehe er davon aus, dass angesichts der Vorschädigung vermutlich eine abrupte Anhebung der rechten Hand Überkopf (z.B. um einen Kellner im Restaurant auf sich aufmerksam zu machen) ausgereicht hätte, um die Rissbildung so zu erweitern, dass der Zustand nach dem Ereignis vom 15.08.2007 erreicht worden wäre. Sofern die Wesentlichkeit des Unfalles aus juristischer Sicht bejaht werde, gehe er von einer MdE um 20 v.H. aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines prozessualen Begehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen - weil diese andernfalls bei zu treffender Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden - sowie - weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Arbeitsunfall eingetreten sei - die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalles. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des ursprünglich schriftsätzlich gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zu der gleichgelagerten Konstellation der Verneinung eines Arbeitsunfalles wegen fehlenden Versicherungsschutzes BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) und der Kläger hat ihn folgerichtig in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt.
Das SG hat es zu Recht abgelehnt, einen Arbeitsunfall festzustellen. Auch der Senat kann sich keine Überzeugung vom Vorliegen eines Arbeitsunfalls verschaffen.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non - naturwissenschaftliche Ursache), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat unter Berücksichtigung dieser Kriterien zu der Überzeugung gelangt, dass hinsichtlich des Ereignisses vom 15.08.2007 zwar trotz der verbliebenen Unklarheiten zum konkreten Unfallhergang von einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Form einer Ausweichbewegung eventuell mit (leichter) Berührung des Gabelstaplers ausgegangen werden kann, in deren Folge Beschwerden an der rechten Schulter als Gesundheitserstschaden auftraten (naturwissenschaftliche Ursache). Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls scheitert jedoch daran, dass das Ereignis vom 15.08.2007 nicht als zumindest wesentliche Mitursache für diesen Schaden angesehen werden kann.
Wie schon für das SG und für die Beklagte bleibt auch für den Senat der konkrete Unfallhergang unklar. Der Kläger hat hierzu unterschiedliche Angaben gemacht. Bei der anamnestischen Befragung durch Dr. H. hat sich zwar - nach mehrmaligen Versuchen - ein bestimmter Unfallmechanismus - leichte Berührung am linken Schultergelenk, Drehung, Anprall mit der rechten Hand gegen den Gabelstapler - "herauskristallisiert". Der Senat vermag sich jedoch angesichts der abweichenden Angaben der Zeugen und der unterschiedlichen Darstellungen des Klägers von dem von Dr. H. herausgearbeiteten Hergang nicht in vollem Umfang zu überzeugen. Für den Senat steht insoweit in der Zusammenschau der Angaben des Klägers, der Firma E. sowie der Zeugen lediglich fest, dass der Kläger im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit angesichts des herannahenden Gabelstaplers, der vom Zeugen H. gefahren wurde, eine wie auch immer gelagerte Ausweichbewegung vornahm, in deren Folge Beschwerden auftraten. Ein gravierender Anprallvorgang ist nicht nachgewiesen. Der Zeuge H. hat ausgeschlossen, dass er den Kläger mit dem Stapler "getroffen" hat. Plastisch hat er ausgeführt, dass er sich nach dem Vorfall gleich gedacht hat: "wenn man da so steht und erzählt, dann kommt der Stapler rückwärts (ohne Warnton), dann wird es wohl so gewesen sein, dass er (der Kläger) sich erschrocken hat und sich dann eben so gedreht hat". Zudem hat der Zeuge H. angegeben, dass ihm der Kläger noch am Nachmittag des Unfalltages bestätigte, dass er ihn mit dem Stapler nicht getroffen oder berührt hat. Soweit der Zeuge auf Nachfrage eingeräumt hat, eine Berührung des Staplers mit dem Kläger nicht ausschließen zu können, spricht dies für seine Glaubwürdigkeit, belegt aber keinesfalls einen erheblichen Anprallvorgang oder dergleichen. Von einer massiven Einwirkung geht im Übrigen auch der Kläger nicht aus, schränkt er doch sein Vorbringen im Berufungsverfahren sogar dahingehend ein, ein Kontakt mit dem Gabelstapler sei "nicht unwahrscheinlich". Wäre es zu einer massiven Einwirkung gekommen, wäre damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger von Anbeginn an entsprechende, klare Angaben gemacht hätte und dass auch den Zeugen der Vorfall nicht verborgen geblieben wäre. Mithin steht für den Senat - wie bereits ausgeführt - nur fest, dass es zu einer Ausweichbewegung kam, die fraglich mit einem - sicher nicht gravierenden - Berührungsvorgang verbunden war. Im Hinblick auf den Berührungsvorgang sind weitere Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nicht ersichtlich.
Eine weitere Aufklärung ist aber auch nicht erforderlich. Denn hinsichtlich des nach der oben dargestellten Definition des Arbeitsunfalles notwendigen, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Alltägliche Vorgänge wie Stolpern usw. genügen. Selbst eine außergewöhnliche Anstrengung in einer Stresssituation, gegebenenfalls sogar nur eine starke Sonneneinstrahlung oder eine rein geistig-seelische Einwirkung wurden in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als ausreichende äußere Ereignisse anerkannt (BSG Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Die beschriebene Ausweichbewegung des Klägers stellt vor diesem Hintergrund ein ausreichendes äußeres Ereignis dar.
Hier geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass die Ausweichbewegung naturwissenschaftliche Ursache der Ruptur der Rotatorenmanschette bzw. - im Falle einer schon vorbestehenden Läsion - deren Vergrößerung war. Hierfür sprechen vor allem jene Indizien, die auf deren Substanzschädigung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinweisen. Dr. H. hat es, für den Senat überzeugend, aus orthopädisch-gutachterlicher Sicht als hinreichend gesichert angesehen, dass sich der Zustand der rechten Schulter des Klägers in der Folge des Ereignisses vom 15.08.2007 verschlechterte. Seine Annahme wird durch das Krankenkassenregister, in dem sich im engeren zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Beschwerden an der rechten Schulter finden, gestützt. Zudem ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. H. , dass die letzte schulterspezifische Behandlung des Klägers im August 2007 bereits über 1,5 Jahre zurücklag. Für eine (mit)ursächliche Bedeutung des Ereignisses sprechen zudem die unstreitig plötzlich aufgetretenen Schmerzen, die im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung führten.
Doch obwohl der Senat mithin entgegen dem SG von einem jedenfalls im Ansatz ausreichend nachgewiesenen äußeren Ereignis und auch von einem naturwissenschaftlichen Zusammenhang dieses Ereignisses mit der nachfolgend festgestellten Schädigung ausgeht, kommt die Feststellung eines Arbeitsunfalls nicht in Betracht, denn das Unfallereignis ist nicht als zumindest wesentliche Mitursache für die nachfolgend festgestellte Schädigung der Rotatorenmanschette anzusehen.
Als Gesundheitserstschaden kommen im vorliegenden Fall ausschließlich die sonographisch am 05.09.2007 und im Rahmen einer MRT- Untersuchung am 18.09.2007 festgestellten Schädigungen im Bereich der Rotatorenmanschette in Betracht. Eine sonstige Primärschädigung, wie beispielsweise Abschürfungen oder Prellungen, die für die Bejahung einer für die Feststellung eines (Arbeits)Unfalls erforderlichen gesundheitlichen Schädigung ausreichen würde (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 15.03.2007, L 10 U 353/04), ist nicht erkennbar. Die Schmerzzustände nach dem Vorfall vom 15.08.2007 stehen ausschließlich mit der Schädigung der Rotatorenmanschette im Zusammenhang, daneben sind keine weiteren Schädigungen ersichtlich, die unter Außerachtlassung der Frage des Zusammenhangs der Ruptur der Rotatorenmanschette mit dem Unfallereignis die Feststellung eines Arbeitsunfalls rechtfertigen würden. Dr. M.-M. stellte am Unfalltag insbesondere kein Hämatom oder dergleichen fest. Auch eine Fraktur konnte röntgenologisch ausgeschlossen werden. Nicht nachvollziehbar sind insoweit die Angaben von Prof. Dr. W. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen) im Krankheitsbericht vom 15.11.2007 (Bl. 124 Verwaltungsakte), in dem er von einer schweren Schulterprellung mit dem kernspintomographischen Korrelat einer Knochenkontusion berichtete. Für eine schwere Schulterprellung bieten aber - wie dargestellt - nicht einmal die Angaben des Klägers zum Unfallhergang im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren Anhaltspunkte. Die Ärzte der B. Unfallklinik L. haben an der eben genannten Sachverhaltsdarstellung, wie sich aus dem Abschlussbericht von Dr. K. (Bl. 134 Verwaltungsakte), in dem ohne weitere Begründung angesichts des degenerativen Vorschadens an der Supraspinatussehne von keinem Zusammenhang mehr ausgegangen wurde, ergibt, nachfolgend auch nicht festgehalten.
Da eine massive Einwirkung auf das Schultergelenk bei dem Unfall nicht nachgewiesen ist, überzeugt auch die im ersten Durchgangsarztbericht von Dr. M.-M. gestellte Diagnose einer Schultergelenkszerrung, sofern sie als eine von der nachfolgend festgestellten Schädigung der Rotatorenmanschette losgelöste Diagnose verstanden wird, nicht.
Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass beim Kläger am Unfalltag bereits eine erhebliche Vorschädigung der Rotatorenmanschette vorlag, die durch das Unfallereignis, das jedoch nicht von erheblicher Art war, ausgeweitet wurde. Das Unfallereignis stellte hierfür jedoch nur eine rechtlich nicht wesentliche Gelegenheitsursache dar.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R).
Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Ist eine erhebliche Vorschädigung der durch den Unfall betroffenen Körperstelle, die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu der in Rede stehenden strukturellen Schädigung geführt hätte, nicht nachgewiesen, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden, oben dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 23/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 22).
Vorliegend steht für den Senat fest, dass die Rotatorenmanschette des Klägers zum Unfallzeitpunkt bereits deutliche degenerative Veränderungen, die sogar bereits zu einer Teilrissbildung geführt hatten, aufwies. Dafür sprechen - so Dr. H. - insbesondere die bereits am Unfalltag und zuvor auf konventionellen Aufnahmen festgestellte diskrete Zystenformation am Tuberculum maius i.V.m. Sklerosierungen, der Nachweis einer umfassenden Zerreißung der Rotatorenmanschette mit massivem Rückzug der Sehnenenden schon kurz nach dem Unfallereignis und der schon in den Jahren vor dem Unfall zunehmend nativ-radiologisch nachweisbare Oberarmkopfhochstand. Auch die von Dr. H. schon Anfang September 2007 beschriebene Muskelverschmächtigung lässt auf eine deutliche, vorbestehende Schädigung schließen. Hierzu hat Dr. H. auf eine japanische Arbeit aus dem Jahr 2004 in "Journal of Bone and Joint Surgery" hingewiesen, in der sich andeutete, dass Muskelverschmächtigungen erst sechs bis zwölf Monate nach chirurgischen Eingriffen an der Schulter deutlich werden.
Soweit der Kläger unter Hinweis auf einen im Zusammenhang mit seinem Verkehrsunfall im Jahr 1996 erstellten Bericht von Dr. H. betont, es habe damals kein Abriss der Rotatorenmanschette vorgelegen ("kein Hinweis auf Rotatorenmanschettendefekt"), stellt dies die Ausführungen von Dr. Hepp, der den damaligen Bericht von Dr. H. nicht vorliegen hatte, nicht in Frage. Dr. H. hat das Vorliegen von Vorschäden in keiner Weise mit einer Schädigung im Rahmen des Verkehrsunfalls erklärt. Es kann unterstellt werden, dass zum Jahreswechsel 1996/97 noch kein (Teil)Riss an der Rotatorenmanschette vorlag, denn Dr. H. begründet die Teilrissbildung mit degenerativen und nicht traumatischen Veränderungen, nachvollziehbar anhand eines zunehmenden Oberarmkopfhochstands ab dem Jahr 2003 - also deutlich nach dem Verkehrsunfall.
Der nachgewiesene Vorschaden an der Rotatorenmanschette war bis zum Unfallereignis auch nicht klinisch stumm. Vielmehr führte er, wie sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. H. zur Überzeugung des Senats ergibt, zu laufenden Behandlungen in den Jahren 2002 (in diesem Jahr nur einmalig), 2003 und zuletzt Januar 2006. Soweit der Kläger im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. behauptet hat, die Behandlungen seien nicht im Zusammenhang mit Schulterschmerzen, sondern im Zusammenhang mit Nacken- und Rückenschmerzen erfolgt, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. H. hat ausdrücklich angegeben, dass es sich um die Behandlung von Schulterbeschwerden handelte und hierzu sogar ergänzt, dass der Kläger in diesem Zusammenhang Probleme bei der Arbeitsausübung und bei der Anhebung des Armes angab. Dass dies gleichwohl nicht zu Arbeitsunfähigkeitszeiten führte, wie sich aus der von der Beklagten beigezogenen Leistungsübersicht der Krankenkasse ergibt und was Dr. H. in seinem Gutachten berücksichtigt hat, ist ohne Belang; auf die vom Kläger noch vorgelegten Übersichten der Abwesenheitszeiten kommt es daher nicht an.
Die Vorschädigung war für das am 15.08.2007 aufgetretene Beschwerdebild zur Überzeugung des Senats von überragender Bedeutung. Der Vorfall an diesem Tag stellt sich nur als sogenannte Gelegenheitsursache dar. Dr. H. hat dies unter Hinweis auf die eben dargestellten Befunde nachvollziehbar damit begründet, dass zum Unfallzeitpunkt nicht nur deutliche degenerative Vorschäden der Rotatorenmanschette, sondern auch eine bereits eingetretene Rissbildung vorlagen. Die Unfallfolge beschrieb er dem entsprechend lediglich als "Vergrößerung eines vorbestehenden Risses". Aus den unterschiedlichsten Unfallschilderungen hat er keine massive Belastung der Supraspinatus- oder Infraspinatussehne ableiten können und er ist auch vor diesem Hintergrund nachvollziehbar davon ausgegangen, dass unfallunabhängige Ursachen von überragender Bedeutung waren. Plastisch und nachvollziehbar hat er dargestellt, dass die Vorschädigung so massiv war, dass bereits eine abrupte Anhebung der rechten Hand Überkopf, z.B. um einen Kellner im Restaurant auf sich aufmerksam zu machen, ausgereicht hätte, um die Rissbildung so zu erweitern, dass der Zustand nach dem Ereignis vom 15.08.2007 erreicht worden wäre. Bei diesem Vorgang (Anhebung der rechten Hand) handelt es sich jedoch um ein alltäglich vorkommendes Ereignis (zum Begriff "alltägliches Ereignis" vgl. Urteil des Senats vom 15.10.2009, L 10 U 2011/09).
Die Ausweitung des bereits bestehenden Risses der Rotatorenmanschette am 15.08.2007 kann mithin nicht rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis zurückgeführt werden - auch nicht im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung. Mangels eines unfallbedingten Gesundheitserstschadens kann somit schon kein Arbeitsunfall festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der am 1951 geborene Kläger ist seit dem Jahr 1980 mit kurzen Unterbrechungen bei der E. Aktiengesellschaft (nachfolgend: Firma E. ) beschäftigt. Die Firma stellt Faserzementplatten für Hausdächer her. Bis Ende des Jahres 2005 arbeitete er als Lagerist, seither ist er in der Plattenbearbeitung tätig. Am 15.08.2007 musste der Kläger zusammen mit seinem Arbeitskollegen G. für das Labor der Firma Proben von Platten entnehmen. Beim Suchen einer speziellen Palette mit Platten näherte sich ein Gabelstapler, der vom Zeugen H. gefahren wurde. Der weitere Hergang wird von den Zeugen und vom Kläger im Laufe des Verfahrens unterschiedlich geschildert. Fest steht lediglich, dass der Kläger in einer Drehbewegung zu Boden ging und erhebliche Schmerzen an der rechten Schulter auftraten, die zu einer sofortigen Vorstellung beim Durchgangsarzt Dr. M.-M. führten. Dieser diagnostizierte, nachdem eine Röntgenaufnahme keinen Anhalt für eine Fraktur geliefert hatte, noch am selben Tag eine Schultergelenkszerrung rechts.
Bei fortdauernden Beschwerden diagnostizierte der Facharzt für Chirurgie Dr. H. , der den Kläger schon früher (zuletzt im Januar 2006) wegen rechtsseitiger, zum Jahreswechsel 1996/97 auch zu Arbeitsunfähigkeit führender Schulterbeschwerden behandelt hatte, nach einer Ultraschalluntersuchung am 05.09.2007 eine Rotatorenmanschettenruptur an der rechten Schulter. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich ihm auch eine Muskelverschmächtigung am Oberarm. Der Radiologe Dr. E. bestätigte nach einer MRT-Untersuchung am 18.09.2007 eine großflächige durchgängige Ruptur der Supraspinatussehne und teilweise auch der Infraspinatussehne bei degenerativen Veränderungen, einen Oberarmkopfhochstand sowie Zysten im Tuberculum maius. Untersuchungen und Behandlungen fanden nachfolgend im Universitätsklinikum H. und in der B. Unfallklinik L. statt (siehe u.a. Arztbriefe von Prof. Dr. C. und Prof. Dr. L. von der Universitätsklinik H. Bl. 70 und 78 Verwaltungsakte; Arztbriefe Prof. Dr. W. , Dr. W. und Dr. K. von der B. Klinik L. Bl. 134 und 174 Verwaltungsakte sowie Bl. 38 LSG-Akte). Auf Grund der anhaltenden Beschwerden wurde schließlich am 04.03.2008 in der Orthopädischen Universitätsklinik H. ein operativer Eingriff durchgeführt. Dabei zeigte sich eine Ruptur der langen Bizepssehne, die operativ nicht mehr aufzufinden war. Die Supraspinatus- und Infraspinatussehne wiesen einen großen durchgängigen Defekt auf. Die Sehnenränder waren so weit zurückgezogen, dass sie nicht dargestellt werden konnten. Da eine Rekonstruktion nicht möglich war, wurde lediglich Gewebe entfernt, um den Verkehrsraum der Rotatorenmanschette zu erweitern und lokale Schmerznerven zu zerstören (sogenanntes Debridement). Wegen fortdauernder bzw. wieder auftretender Beschwerden wurde am 16.04.2010 ein weiterer operativer Eingriff durchgeführt, bei dem der Defekt der Rotatorenmanschette durch Teile des benachbarten Deltamuskels, die die Funktion der defekten Rotatorenmanschette wenigstens ansatzweise übernehmen sollten, verschlossen. Auch nach diesem operativen Eingriff besteht an der rechten Schulter eine deutliche Funktionseinschränkung.
Gegenüber der Beklagten führte die Firma E. aus, am 15.08.2007 sei es zu keiner Berührung des Klägers mit dem Gabelstapler gekommen. Hierzu legte sie eine schriftliche, von den Kollegen H. und G. unterzeichnete Erklärung vor. Danach habe sich der Kläger durch eine ungeschickte Drehung die Verletzung selbst zugezogen. Nachdem der beratende Arzt Dr. St.-F. ausführte, der Kläger habe am 15.08.2007 eine Schultergelenkszerrung auf der rechten Seite erlitten, die Veränderungen der Rotatorenmanschetten seien jedoch eindeutig alt und es liege kein Unfallereignis vor, stellte die Beklagte die bislang gewährte Heilbehandlung ein und forderte von der für den Kläger zuständigen Krankenkasse eine Erstattung ihrer bisherigen Aufwendungen. Obwohl der Kläger u.a. angab, er habe versucht, den rückwärtsfahrenden Gabelstapler mit der Hand zu stoppen, sei dabei gestürzt und habe sich an der Schulter verletzt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.08.2008 in der Gestalt des am 10.11.2008 zugestellten Widerspruchsbescheids vom 05.11.2008 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Leistungen seien nicht zu erbringen. Der Nachweis eines Unfallereignisses, hier schon der Nachweis eines Berührungsvorgangs mit dem Gabelstapler, sei nicht geführt.
Deswegen hat der Kläger am 09.12.2008 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Kollegen H. und G. mündlich als Zeugen vernommen. Der Zeuge H. hat ausgeführt, es sei zu keiner Berührung gekommen, dies habe ihm der Kläger telefonisch noch am Unfalltag im Nachhinein bestätigt. Ausschließen könne er eine Berührung jedoch nicht. Der Zeuge G. hat angegeben, auf das Ereignis erst aufmerksam geworden zu sein, als der Kläger bereits mit Schmerzen am Boden lag. Der Kläger hat in seiner Anhörung u.a. ausgeführt, schon als er die Hand gegen den Gabelstapler gehalten habe, habe es "gekracht".
Mit Urteil vom 13.05.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es fehle bereits am Nachweis einer äußere Einwirkung, die zu der Drehbewegung, in deren Folge die Schmerzen aufgetreten seien, geführt habe.
Gegen das ihm am 22.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.08.2009 Berufung eingelegt. Er trägt vor, zu der maßgeblichen Verletzung sei es offensichtlich während der Arbeitszeit gekommen. Selbst wenn eine Ungeschicklichkeit seinerseits Ursache gewesen sei, handle es sich um einen Arbeitsunfall. Eine solche Verletzung trete nicht von selbst ein. Ein Kontakt mit dem Gabelstapler sei jedenfalls nicht unwahrscheinlich. Im November 1996 habe er sich bei einem Verkehrsunfall zwar eine erhebliche Verletzung im Bereich der rechten Schulter, jedoch - so der damalige Bericht von Dr. H. (Bl. 116 LSG-Akte) - keinen Abriss der Rotatorenmanschette zugezogen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.05.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 12.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2008 festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 15.08.2007 um einen Arbeitsunfall handelte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Prof. Dr. L. und Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Prof. Dr. L. hat sich nicht in der Lage gesehen, zur Zusammenhangsfrage Stellung zu nehmen. Dr. H. hat über Behandlungen des Klägers wegen Beschwerden an der rechten Schulter, die ihn in der Arbeitsausübung und bei der Anhebung des Arms beeinträchtigt und auf einem degenerativen Schulterleiden beruht hätten, in den Jahren 1996, 1997, 1998, 2002, 2003 und 2006 berichtet. Seit dem Ereignis vom 15.08.2007 sei es zu einer Verschlimmerung der bereits vorbestehenden Schulterbeschwerden gekommen.
Der Senat hat ferner Dr. H. (Orthopädisches Forschungsinstitut S. ) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Nach Untersuchung des Klägers im Januar 2011 und unter Berücksichtigung der medizinischen Unterlagen hat Dr. H. keinen Zweifel daran gesehen, dass bereits vor dem Ereignis vom 15.08.2007 deutliche degenerative Veränderungen nebst einer Teilrissbildung der Rotatorenmanschette vorlagen. Hinreichend gesichert sei aber auch, dass sich der Zustand des Klägers nach dem 15.08.2007 in Bezug auf die Funktion der rechten Schulter verschlechtert habe. Eine Spontandrehung ohne Kontakt mit dem Gabelstapler halte er selbst unter Berücksichtigung eines degenerativen Vorschadens nicht für geeignet, die Rotatorenmanschette wie geschehen zu zerreißen. Auch im Hinblick auf den vom Kläger geschilderten Unfallhergang falle es schwer, eine Überlastung vor allem der Supraspinatus- und der Infraspinatussehne abzuleiten. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen gehe er davon aus, dass angesichts der Vorschädigung vermutlich eine abrupte Anhebung der rechten Hand Überkopf (z.B. um einen Kellner im Restaurant auf sich aufmerksam zu machen) ausgereicht hätte, um die Rissbildung so zu erweitern, dass der Zustand nach dem Ereignis vom 15.08.2007 erreicht worden wäre. Sofern die Wesentlichkeit des Unfalles aus juristischer Sicht bejaht werde, gehe er von einer MdE um 20 v.H. aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines prozessualen Begehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen - weil diese andernfalls bei zu treffender Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden - sowie - weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Arbeitsunfall eingetreten sei - die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalles. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des ursprünglich schriftsätzlich gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zu der gleichgelagerten Konstellation der Verneinung eines Arbeitsunfalles wegen fehlenden Versicherungsschutzes BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) und der Kläger hat ihn folgerichtig in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt.
Das SG hat es zu Recht abgelehnt, einen Arbeitsunfall festzustellen. Auch der Senat kann sich keine Überzeugung vom Vorliegen eines Arbeitsunfalls verschaffen.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non - naturwissenschaftliche Ursache), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat unter Berücksichtigung dieser Kriterien zu der Überzeugung gelangt, dass hinsichtlich des Ereignisses vom 15.08.2007 zwar trotz der verbliebenen Unklarheiten zum konkreten Unfallhergang von einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis in Form einer Ausweichbewegung eventuell mit (leichter) Berührung des Gabelstaplers ausgegangen werden kann, in deren Folge Beschwerden an der rechten Schulter als Gesundheitserstschaden auftraten (naturwissenschaftliche Ursache). Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls scheitert jedoch daran, dass das Ereignis vom 15.08.2007 nicht als zumindest wesentliche Mitursache für diesen Schaden angesehen werden kann.
Wie schon für das SG und für die Beklagte bleibt auch für den Senat der konkrete Unfallhergang unklar. Der Kläger hat hierzu unterschiedliche Angaben gemacht. Bei der anamnestischen Befragung durch Dr. H. hat sich zwar - nach mehrmaligen Versuchen - ein bestimmter Unfallmechanismus - leichte Berührung am linken Schultergelenk, Drehung, Anprall mit der rechten Hand gegen den Gabelstapler - "herauskristallisiert". Der Senat vermag sich jedoch angesichts der abweichenden Angaben der Zeugen und der unterschiedlichen Darstellungen des Klägers von dem von Dr. H. herausgearbeiteten Hergang nicht in vollem Umfang zu überzeugen. Für den Senat steht insoweit in der Zusammenschau der Angaben des Klägers, der Firma E. sowie der Zeugen lediglich fest, dass der Kläger im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit angesichts des herannahenden Gabelstaplers, der vom Zeugen H. gefahren wurde, eine wie auch immer gelagerte Ausweichbewegung vornahm, in deren Folge Beschwerden auftraten. Ein gravierender Anprallvorgang ist nicht nachgewiesen. Der Zeuge H. hat ausgeschlossen, dass er den Kläger mit dem Stapler "getroffen" hat. Plastisch hat er ausgeführt, dass er sich nach dem Vorfall gleich gedacht hat: "wenn man da so steht und erzählt, dann kommt der Stapler rückwärts (ohne Warnton), dann wird es wohl so gewesen sein, dass er (der Kläger) sich erschrocken hat und sich dann eben so gedreht hat". Zudem hat der Zeuge H. angegeben, dass ihm der Kläger noch am Nachmittag des Unfalltages bestätigte, dass er ihn mit dem Stapler nicht getroffen oder berührt hat. Soweit der Zeuge auf Nachfrage eingeräumt hat, eine Berührung des Staplers mit dem Kläger nicht ausschließen zu können, spricht dies für seine Glaubwürdigkeit, belegt aber keinesfalls einen erheblichen Anprallvorgang oder dergleichen. Von einer massiven Einwirkung geht im Übrigen auch der Kläger nicht aus, schränkt er doch sein Vorbringen im Berufungsverfahren sogar dahingehend ein, ein Kontakt mit dem Gabelstapler sei "nicht unwahrscheinlich". Wäre es zu einer massiven Einwirkung gekommen, wäre damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger von Anbeginn an entsprechende, klare Angaben gemacht hätte und dass auch den Zeugen der Vorfall nicht verborgen geblieben wäre. Mithin steht für den Senat - wie bereits ausgeführt - nur fest, dass es zu einer Ausweichbewegung kam, die fraglich mit einem - sicher nicht gravierenden - Berührungsvorgang verbunden war. Im Hinblick auf den Berührungsvorgang sind weitere Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nicht ersichtlich.
Eine weitere Aufklärung ist aber auch nicht erforderlich. Denn hinsichtlich des nach der oben dargestellten Definition des Arbeitsunfalles notwendigen, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Alltägliche Vorgänge wie Stolpern usw. genügen. Selbst eine außergewöhnliche Anstrengung in einer Stresssituation, gegebenenfalls sogar nur eine starke Sonneneinstrahlung oder eine rein geistig-seelische Einwirkung wurden in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als ausreichende äußere Ereignisse anerkannt (BSG Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Die beschriebene Ausweichbewegung des Klägers stellt vor diesem Hintergrund ein ausreichendes äußeres Ereignis dar.
Hier geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass die Ausweichbewegung naturwissenschaftliche Ursache der Ruptur der Rotatorenmanschette bzw. - im Falle einer schon vorbestehenden Läsion - deren Vergrößerung war. Hierfür sprechen vor allem jene Indizien, die auf deren Substanzschädigung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinweisen. Dr. H. hat es, für den Senat überzeugend, aus orthopädisch-gutachterlicher Sicht als hinreichend gesichert angesehen, dass sich der Zustand der rechten Schulter des Klägers in der Folge des Ereignisses vom 15.08.2007 verschlechterte. Seine Annahme wird durch das Krankenkassenregister, in dem sich im engeren zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Beschwerden an der rechten Schulter finden, gestützt. Zudem ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. H. , dass die letzte schulterspezifische Behandlung des Klägers im August 2007 bereits über 1,5 Jahre zurücklag. Für eine (mit)ursächliche Bedeutung des Ereignisses sprechen zudem die unstreitig plötzlich aufgetretenen Schmerzen, die im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung führten.
Doch obwohl der Senat mithin entgegen dem SG von einem jedenfalls im Ansatz ausreichend nachgewiesenen äußeren Ereignis und auch von einem naturwissenschaftlichen Zusammenhang dieses Ereignisses mit der nachfolgend festgestellten Schädigung ausgeht, kommt die Feststellung eines Arbeitsunfalls nicht in Betracht, denn das Unfallereignis ist nicht als zumindest wesentliche Mitursache für die nachfolgend festgestellte Schädigung der Rotatorenmanschette anzusehen.
Als Gesundheitserstschaden kommen im vorliegenden Fall ausschließlich die sonographisch am 05.09.2007 und im Rahmen einer MRT- Untersuchung am 18.09.2007 festgestellten Schädigungen im Bereich der Rotatorenmanschette in Betracht. Eine sonstige Primärschädigung, wie beispielsweise Abschürfungen oder Prellungen, die für die Bejahung einer für die Feststellung eines (Arbeits)Unfalls erforderlichen gesundheitlichen Schädigung ausreichen würde (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 15.03.2007, L 10 U 353/04), ist nicht erkennbar. Die Schmerzzustände nach dem Vorfall vom 15.08.2007 stehen ausschließlich mit der Schädigung der Rotatorenmanschette im Zusammenhang, daneben sind keine weiteren Schädigungen ersichtlich, die unter Außerachtlassung der Frage des Zusammenhangs der Ruptur der Rotatorenmanschette mit dem Unfallereignis die Feststellung eines Arbeitsunfalls rechtfertigen würden. Dr. M.-M. stellte am Unfalltag insbesondere kein Hämatom oder dergleichen fest. Auch eine Fraktur konnte röntgenologisch ausgeschlossen werden. Nicht nachvollziehbar sind insoweit die Angaben von Prof. Dr. W. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen) im Krankheitsbericht vom 15.11.2007 (Bl. 124 Verwaltungsakte), in dem er von einer schweren Schulterprellung mit dem kernspintomographischen Korrelat einer Knochenkontusion berichtete. Für eine schwere Schulterprellung bieten aber - wie dargestellt - nicht einmal die Angaben des Klägers zum Unfallhergang im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren Anhaltspunkte. Die Ärzte der B. Unfallklinik L. haben an der eben genannten Sachverhaltsdarstellung, wie sich aus dem Abschlussbericht von Dr. K. (Bl. 134 Verwaltungsakte), in dem ohne weitere Begründung angesichts des degenerativen Vorschadens an der Supraspinatussehne von keinem Zusammenhang mehr ausgegangen wurde, ergibt, nachfolgend auch nicht festgehalten.
Da eine massive Einwirkung auf das Schultergelenk bei dem Unfall nicht nachgewiesen ist, überzeugt auch die im ersten Durchgangsarztbericht von Dr. M.-M. gestellte Diagnose einer Schultergelenkszerrung, sofern sie als eine von der nachfolgend festgestellten Schädigung der Rotatorenmanschette losgelöste Diagnose verstanden wird, nicht.
Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass beim Kläger am Unfalltag bereits eine erhebliche Vorschädigung der Rotatorenmanschette vorlag, die durch das Unfallereignis, das jedoch nicht von erheblicher Art war, ausgeweitet wurde. Das Unfallereignis stellte hierfür jedoch nur eine rechtlich nicht wesentliche Gelegenheitsursache dar.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R).
Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Ist eine erhebliche Vorschädigung der durch den Unfall betroffenen Körperstelle, die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu der in Rede stehenden strukturellen Schädigung geführt hätte, nicht nachgewiesen, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden, oben dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 23/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 22).
Vorliegend steht für den Senat fest, dass die Rotatorenmanschette des Klägers zum Unfallzeitpunkt bereits deutliche degenerative Veränderungen, die sogar bereits zu einer Teilrissbildung geführt hatten, aufwies. Dafür sprechen - so Dr. H. - insbesondere die bereits am Unfalltag und zuvor auf konventionellen Aufnahmen festgestellte diskrete Zystenformation am Tuberculum maius i.V.m. Sklerosierungen, der Nachweis einer umfassenden Zerreißung der Rotatorenmanschette mit massivem Rückzug der Sehnenenden schon kurz nach dem Unfallereignis und der schon in den Jahren vor dem Unfall zunehmend nativ-radiologisch nachweisbare Oberarmkopfhochstand. Auch die von Dr. H. schon Anfang September 2007 beschriebene Muskelverschmächtigung lässt auf eine deutliche, vorbestehende Schädigung schließen. Hierzu hat Dr. H. auf eine japanische Arbeit aus dem Jahr 2004 in "Journal of Bone and Joint Surgery" hingewiesen, in der sich andeutete, dass Muskelverschmächtigungen erst sechs bis zwölf Monate nach chirurgischen Eingriffen an der Schulter deutlich werden.
Soweit der Kläger unter Hinweis auf einen im Zusammenhang mit seinem Verkehrsunfall im Jahr 1996 erstellten Bericht von Dr. H. betont, es habe damals kein Abriss der Rotatorenmanschette vorgelegen ("kein Hinweis auf Rotatorenmanschettendefekt"), stellt dies die Ausführungen von Dr. Hepp, der den damaligen Bericht von Dr. H. nicht vorliegen hatte, nicht in Frage. Dr. H. hat das Vorliegen von Vorschäden in keiner Weise mit einer Schädigung im Rahmen des Verkehrsunfalls erklärt. Es kann unterstellt werden, dass zum Jahreswechsel 1996/97 noch kein (Teil)Riss an der Rotatorenmanschette vorlag, denn Dr. H. begründet die Teilrissbildung mit degenerativen und nicht traumatischen Veränderungen, nachvollziehbar anhand eines zunehmenden Oberarmkopfhochstands ab dem Jahr 2003 - also deutlich nach dem Verkehrsunfall.
Der nachgewiesene Vorschaden an der Rotatorenmanschette war bis zum Unfallereignis auch nicht klinisch stumm. Vielmehr führte er, wie sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. H. zur Überzeugung des Senats ergibt, zu laufenden Behandlungen in den Jahren 2002 (in diesem Jahr nur einmalig), 2003 und zuletzt Januar 2006. Soweit der Kläger im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. behauptet hat, die Behandlungen seien nicht im Zusammenhang mit Schulterschmerzen, sondern im Zusammenhang mit Nacken- und Rückenschmerzen erfolgt, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. H. hat ausdrücklich angegeben, dass es sich um die Behandlung von Schulterbeschwerden handelte und hierzu sogar ergänzt, dass der Kläger in diesem Zusammenhang Probleme bei der Arbeitsausübung und bei der Anhebung des Armes angab. Dass dies gleichwohl nicht zu Arbeitsunfähigkeitszeiten führte, wie sich aus der von der Beklagten beigezogenen Leistungsübersicht der Krankenkasse ergibt und was Dr. H. in seinem Gutachten berücksichtigt hat, ist ohne Belang; auf die vom Kläger noch vorgelegten Übersichten der Abwesenheitszeiten kommt es daher nicht an.
Die Vorschädigung war für das am 15.08.2007 aufgetretene Beschwerdebild zur Überzeugung des Senats von überragender Bedeutung. Der Vorfall an diesem Tag stellt sich nur als sogenannte Gelegenheitsursache dar. Dr. H. hat dies unter Hinweis auf die eben dargestellten Befunde nachvollziehbar damit begründet, dass zum Unfallzeitpunkt nicht nur deutliche degenerative Vorschäden der Rotatorenmanschette, sondern auch eine bereits eingetretene Rissbildung vorlagen. Die Unfallfolge beschrieb er dem entsprechend lediglich als "Vergrößerung eines vorbestehenden Risses". Aus den unterschiedlichsten Unfallschilderungen hat er keine massive Belastung der Supraspinatus- oder Infraspinatussehne ableiten können und er ist auch vor diesem Hintergrund nachvollziehbar davon ausgegangen, dass unfallunabhängige Ursachen von überragender Bedeutung waren. Plastisch und nachvollziehbar hat er dargestellt, dass die Vorschädigung so massiv war, dass bereits eine abrupte Anhebung der rechten Hand Überkopf, z.B. um einen Kellner im Restaurant auf sich aufmerksam zu machen, ausgereicht hätte, um die Rissbildung so zu erweitern, dass der Zustand nach dem Ereignis vom 15.08.2007 erreicht worden wäre. Bei diesem Vorgang (Anhebung der rechten Hand) handelt es sich jedoch um ein alltäglich vorkommendes Ereignis (zum Begriff "alltägliches Ereignis" vgl. Urteil des Senats vom 15.10.2009, L 10 U 2011/09).
Die Ausweitung des bereits bestehenden Risses der Rotatorenmanschette am 15.08.2007 kann mithin nicht rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis zurückgeführt werden - auch nicht im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung. Mangels eines unfallbedingten Gesundheitserstschadens kann somit schon kein Arbeitsunfall festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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