L 9 U 3841/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1986/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3841/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2007 mit der Maßgabe abgeändert, dass festgestellt wird, dass die Hepatitis C-Infektion der Klägerin eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.

Die 1961 geborene Kl. ist gelernte Zahntechnikerin (Zahntechnische Lehre vom 01.08.1978 bis 28.02.1982, D. GmbH, S.; Zahntechnisches Praktikum 01.03.1982 bis 31.01.1983, F. GmbH, S.). Nach Abschluss ihrer Ausbildung im Januar 1983 (Gesellenprüfung) war sie zunächst als Aushilfe im kaufmännischen Bereich, später nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau als Verkaufssachbearbeiterin (bis März 1990) tätig. Im Dezember 1991 erwarb sie die Fachhochschulreife und begann im März 1993 ein Studium der Versorgungstechnik an der Fachhochschule E. (bis November 1993). Währenddessen begann sie eine Aushilfstätigkeit im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung als Zahntechnikerin bei den Zahnärzten Dres. A., K. (September 1992 bis Februar 1995). Nach einer Fehlgeburt im Juni 1995 und der Geburt eines Sohnes am 16.04.1996 war sie in mehreren Arbeitsstellen im kaufmännischen Bereich tätig, bevor sie im August 2002 eine Tätigkeit als Sekretärin aufnahm.

Mit Schreiben vom 29.08.2002 zeigte sie gegenüber der B. (B.) A. den Verdacht auf das Vorliegen einer beruflich bedingten Virushepatitis-C-Erkrankung an und machte geltend, die am 05.08.2002 während einer stationär durchgeführten Leberbiopsie nachgewiesene chronisch aktive Hepatitis C (Bericht R. Krankenhaus S. vom 26.08.2002) sei auf eine Infektion während ihrer Tätigkeit als Zahntechnikerin zurückzuführen. Die B. gab das Schreiben an die Berufsgenossenschaft für G. (B.) ab, welche sodann das Ermittlungsverfahren einleitete.

Gegenüber der B. gab die Klägerin an, erstmals ca. 1989/1990 Beschwerden verspürt zu haben. Es sei auffällig häufig zu Infekten gekommen (hartnäckige Sinusitis, Grippe, ), sie habe sich grundlos schlapp gefühlt und nur schlecht wieder erholt. Im M. S. seien ihr im Zusammenhang mit der Fehlgeburt 1995 bzw. der Geburt ihres Sohnes 1996 jeweils eine Rhesogam-Spritze verabreicht worden. Bereits 1995, während der Schwangerschaft, seien in der Gemeinschaftspraxis Dr. M. "leicht erhöhte Leberwerte" festgestellt worden. Die behandelnde Internistin habe sie aber nach Hause geschickt, weil dies ihrer Ansicht nach nichts Bedenkliches sei. Darüber hinaus legte sie für die nicht mehr existenten Arbeitgeber, die D. GmbH und die F. GmbH nach Aufforderung durch die B. Arbeitsplatzbeschreibungen vor. Sie führte aus, zu ihren Aufgaben hätten die gesamte Arbeitsvorbereitung und die Edelmetallarbeiten während ihrer Zahntechniker-Lehre beim D. gehört. Die Abdrücke seien teilweise im blut- und wundsekretverschmierten Zustand dem Patientenmund entnommen und in eine Plastikschachtel gelegt worden, worin zum Feuchthalten der Abdrücke Tempotaschentücher in Wasser gelegen hätten. Das Wasser sei normales Hahnenwasser gewesen, ohne Desinfektionszusätze. Der nächste Arbeitsschritt, die sogenannte "Arbeitsvorbearbeitung", sei dann im Labor erledigt worden. Die sehr unappetitliche Angelegenheit sei regelmäßig an den Lehrling des ersten Lehrjahres delegiert worden. Sie habe das Reinigen der Abdrücke (wieder nur kaltes Wasser aus dem Wasserhahn) und danach das Ausgießen mit verschiedenen Gipssorten sowie das Entfernen (Abziehen) eines Abdrucklöffels und das Beschleifen der Gipssockel umfasst. Die Abdrücke seien vorher nicht desinfiziert worden, die Arbeiten seien ohne Handschuhe ausgeführt worden. Darüber hinaus habe ein täglicher Umgang mit scharfen Messern, Bohrern, Skalpellen bestanden, so dass die Hände oft verletzt gewesen seien. Die Edelmetallarbeiten umfassten die Fertigstellung eingepasster Arbeiten wie Kronen und Brücken. Diese würden bei der Einpassung unter den Rand des Zahnfleisches gedrückt, weshalb hier immer die Schleimhaut reiße und Blut austrete. Während der Tätigkeit bei der F. habe sie im Übrigen keine Aufgaben in der Arbeitsvorbereitung auszuführen gehabt, weil sie dort mit den fertiggestellten Modellen und Arbeiten aus Edelmetall und Stahl zu tun gehabt habe.

Die B. befragte die Frauenärztin Dr. K. (während der dortigen Behandlung sei keine Hepatitis C diagnostiziert worden und daher auch nicht bekannt, am 5.3.1996 in der 36. Schwangerschaftswoche ein Test auf Hepatitis-B-Antigen mit negativem Befund), den Internisten Dr. M. (Untersuchung der Klägerin Ende April und Anfang Mai 1995 wegen einer Candidamykose, die im Labor vom 2.5.1995 festgestellten Leberwertveränderungen sollten weiter abgeklärt werden. Zu einer weiteren Konsultation der Klägerin sei es aber nicht mehr gekommen, eine abdominelle Sonographie vom 9.5.1995 habe einen Normalbefund der Oberbauchorgane, insbesondere keine Leberveränderung ergeben) und den Internisten Dr. von E. (erstmalige Konsultation 22.8.02, Diagnose Hepatitis C mit niedriger Viruslast Typ 1A mit Verweis auf die Befunde des R.-Krankenhauses). Darüber hinaus zog die B. ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der A. S. sowie bei der G. bei. Der von der Beklagten hinzugezogene Arzt für Arbeitsmedizin Dr. R. wies daraufhin, dass die Zahntechnikertätigkeit mit hohem manipulativem Aufwand verbunden sei, wobei zahlreiche Instrumentarien zur Anwendung kämen. Die rotierenden Geräte könnten Geschwindigkeiten bis zu 400.000 Umdrehungen pro Minute erreichen, wobei bei dem Fassen der feinen Prothetikteile leicht ein Abrutschen der rotierenden Geräte möglich und damit eine Verletzungsgefahr der Finger gegeben sei. Dasselbe gelte für die vielen anderen Instrumente, welche zum Teil sehr spitz und scharf seien. Das Verletzungsrisiko der Finger und Hände im zahntechnischen Beruf schätze er daher sehr hoch ein. Davon zu unterscheiden sei jedoch die Einschätzung des HCV-Infektionsrisikos. Dabei müsse nach Tätigkeiten in einem zahntechnischen Labor ohne direkten Patientenkontakt und einem zahnärztlichen Labor mit direktem Patientenkontakt unterschieden werden. Im Gegensatz zu einer Tätigkeit der Zahntechniker in einer Zahnarztpraxis, bei welcher zum Einsetzen und Korrigieren prothetischen Materials direkt am Patienten manipuliert werde, werde das vom Patienten entnommene Material in zahntechnischen Labors in der Regel in Desinfektionswannen gelegt, in denen es dann zum Labor transportiert werde. Neben der Desinfektion verstreiche auch ein größerer Zeitraum, bevor der Zahntechniker in Kontakt mit dem Material komme, so dass bereits von einer Abklingrate einer möglichen Virusaktivität auszugehen sei.

Auf Anfrage der B. verneinte Dr. A. einen direkten Patientenkontakt der Klägerin während ihrer beruflichen Tätigkeit dort. Sie sei weder beim Einsetzen noch beim Korrigieren prothetischer Materialien direkt am Patienten beteiligt gewesen und es sei auch kein unmittelbar entnommenes prothetisches Material vom Zahntechniker weiterverarbeitet worden, ohne dass es vorher ausreichend desinfiziert worden sei.

Der staatliche Gewerbearzt Dr. K. hat in seiner gewerbeärztlichen Feststellung vom 29.7.2003 eine BK gemäß Nummer 3101 der Anlage 1 zur BKV nicht zur Anerkennung vorgeschlagen, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung nicht wahrscheinlich gemacht werden könne.

Mit Bescheid vom 25.9.2003 stellte die Beklagte fest, dass die Virushepatitis C-Erkrankung keine Berufskrankheit sei und die Klägerin deshalb auch "keinen Anspruch auf Leistungen" habe. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei im Rahmen ihrer Tätigkeit als Zahntechnikerin in einer Zahnarztpraxis weder nach der Art der Einrichtung noch der Art der Tätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Eine Infektion mit einem Hepatitis C-Virus könne deshalb ohne weiteren Nachweis einer konkreten Infektionsquelle nicht angenommen werden.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die B. lege das falsche Arbeitsverhältnis zu Grunde. Es stehe außer Zweifel, dass sie in dem Zeitraum 1979 bis 1982 während ihrer zahntechnischen Lehre mit Hepatitis C infiziert worden sei. Nur in diesem Zeitraum habe sie täglich die Gefahr der Infektion "in den Händen" gehabt. Zu einem späteren Zeitpunkt sei sie in ein ganz anderes Berufsfeld hinein gewechselt, wo eine Infektion quasi unmöglich gewesen sei.

Der technische Aufsichtsbeamte (TAB) N. führte unter dem 20.1.2004 ergänzend aus, dass seines Erachtens im fraglichen Zeitraum (1978 bis 1982 während der Tätigkeit im zahntechnischen Labor R.) ein erhöhtes Infektionsrisiko bei der Durchführung der Arbeiten bestanden habe. Denn das aus dem Patientenmund entnommene prothetische Material sei ohne vorhergehende ausreichende Desinfektion in das zahntechnische Labor gelangt und sei dort gegebenenfalls unmittelbar verarbeitet worden. Im Rahmen der Ausbildung in der Zeit von 1978 bis 1982 habe die Klägerin auch als nicht geübte Person zum Teil mit scharfkantigen oder schnell-rotierenden Werkzeugen umgehen müssen. In dieser Lernphase sei es häufiger als bei ausgebildeten Kolleginnen zu Verletzungen an den Händen gekommen, welche dann Eintrittspforten für Blut oder Sekret darstellten. Auf Anfrage der B. und unter Vorlage einer schriftlichen Aussage des Zeugen R., einem ehemaligen Arbeitskollegen der Klägerin bei der Firma D., teilte die Präventionsabteilung der Berufsgenossenschaft der F. (B. - die Rechtsvorgängerin der Beklagten des vorliegenden Verfahrens), Dipl.-Ing. H., mit, dass Herr R. im Wesentlichen die Aussagen der Klägerin bestätige und deshalb davon ausgegangen werden müsse, dass die Klägerin Kontakt zu nicht desinfizierten blutverschmierten Abdrücken gehabt habe. Eine Gefährdung im Sinne einer BK 3101 habe daher vorgelegen. In einer ergänzenden Stellungnahme führte der T. N. aus, dass nach seinen Ermittlungen in der Zahnarztpraxis Dres. A. am 19.8.2004 eine Infektionsgefahr für die Klägerin unter Berücksichtigung der beschriebenen Tätigkeiten nicht erkennbar sei. Auch während der Tätigkeit für die F. sei eine Infektionsgefährdung nicht zu erkennen, zumal die Klägerin angegeben habe, dort keine Aufgaben der Arbeitsvorbereitung, sondern an fertiggestellten Modellen durch Arbeiten an Edelmetall und Stahl ausgeführt zu haben. Mit Schreiben vom 30.9.2004 zeigte daraufhin die B. der Klägerin gegenüber an, das Verfahren von der B. übernommen zu haben. In der von der Beklagten veranlassten arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 14.12.2004 führte Dr. W. aus, dass die Hepatitis C-Erkrankung überwiegend asymptomatisch verlaufe und die meisten Fälle bei einer Routinetestung zufällig festgestellt würden. Die Verursachung der Erkrankung sei sehr häufig unbekannt. Bis Anfang der 1990iger Jahre sei die Übertragung des Hepatitis C Virus überwiegend transfusionsbedingt oder durch die Gabe von gepoolten Humanseren erfolgt. Seit Anfang der 90er Jahre sei die Infektionsrate durch die Testung auf HCV zurückgegangen. Aber erst nach Einführung der Testung von Spenderblut sei es möglich gewesen, die Infektionsrate zu verringern. Als hochrisikobehaftet gälten Serumprodukte, die aus vielen verschiedenen Spendern (Spenderpool) hergestellt würden. Bei Spenderpool-Serumprodukten erfolge auch jetzt noch eine seltene Übertragung von Hepatitis C. Die Übertragung geschehe vor allem perkutan: Durch die intakte Haut hindurch, bei Nadelstichverletzungen durch Einbringen von Blutbestandteilen durch Hineinspritzen. Die reine Exposition zu Blut oder Blutprodukten auf der äußeren Haut (auch bei Risswunden) reiche für eine Infektion wahrscheinlich nicht aus. Das Risiko sei hier deutlich geringer als bei einer Nadelstichverletzung, bei der durch die Nadel Blutbestandteile in den Körper durch Hineinspritzen gelangten. Bei solchen Nadelstichverletzungen werde eine Übertragungswahrscheinlichkeit bei medizinischem Personal von ca. 3% beschrieben. Die Wahrscheinlichkeit einer sexuellen oder perinatalen Übertragung betrage 5%. Ein Risiko eines nur oberflächlichen Hautkontaktes mit kontaminierten Flüssigkeiten reiche nicht aus. Besondere Verletzungs- oder Inokulationsrisiken auf Grund der Tätigkeit in einem zahntechnischen Labor seien aus arbeitsmedizinischer Sicht überwiegend nicht wahrscheinlich. Daher sei die Tätigkeit der Klägerin im Dentallabor R. von 1978 bis 1982 als überwiegend nicht hinreichend wahrscheinlich für die Verursachung der Erkrankung anzusehen. Eine Gefährdung durch Einbringen von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn sei auch bei den nachvollziehbaren und glaubhaften hygienischen Verhältnissen zur damaligen Zeit überwiegend eher unwahrscheinlich. Die Anerkennung einer BK 3101 werde daher nicht empfohlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8.3.2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.9.2003 zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine berufsbedingte Infektion sei nicht nachweisbar. Ob sich die Klägerin während Ihrer Ausbildung zur Zahntechnikerin infiziert habe, sei nicht feststellbar. Vor August 2004 sei sie nämlich nicht nur beruflichen Infektionsrisiken ausgesetzt gewesen. Daneben hätten außerberufliche Infektionsrisiken im Zusammenhang mit der zweimaligen Verabreichung von Rhesogam bestanden. Es handele sich dabei um ein Anti-D-Immunglobulin, welches aus den Blutseren zahlreicher Spender hergestellt werde. Dessen Verabreichung sei mit einem hohen Risiko einhergegangen, sich mit dem Erreger der Virushepatitis C zu infizieren.

Hiergegen richtete sich die am 7.4.2005 zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass eine noch vor der ersten Rhesogam-Gabe durchgeführte Blutuntersuchung vom 2.5.1995 Leberwerte aufgewiesen habe, die als Indikatoren für eine schon damals stattfindenden entzündlichen Prozess in der Leber gewertet werden müsse. Bereits vor 1995 habe sie darüber hinaus bereits unter Abgeschlagenheit gelitten, welche aber damals nicht auf eine Virushepatitis C-Erkrankung zurückgeführt worden sei, sondern auf eine allgemeine Erschöpfung. Eine Virushepatitis C-Infektion auf Grund der Rhesogam-Gaben sei darüber hinaus unwahrscheinlich. Der Hersteller habe ihr mitgeteilt, dass für die Herstellung von Rhesogam auch 1996 ausschließlich Plasmen von gesunden Spendern verwendet worden seien.

In der daraufhin von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. W. daran festgehalten, dass das Risiko eines nur oberflächlichen Hautkontaktes mit kontaminierten, angetrockneten Flüssigkeiten nicht für eine wahrscheinliche Infektion mit Hepatitis C ausreiche.

Das SG hat Beweis erhoben durch eine Anfrage an den Hersteller von Rhesogam, an die Z. GmbH, M ... Diese hat unter dem 1.3.2006 mitgeteilt, dass die internen Recherchen ergeben hätten, dass für die Herstellung der in Frage stehenden Rhesogam Chargen (welche vom M. S. mitgeteilt worden sind) auch sogenannte Plasmapools verwendet worden seien, die keiner HCV PCR-Testung unterzogen worden seien. In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hinzuweisen, dass die Diskussion über die Einführung der HCV PCR-Testung bei dem zuständigen Arzneimittelspezialitätenausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur erst im Jahre 1997 begonnen habe, die PCR-Testung also im fraglichen Produktionszeitraum noch nicht vorgesehen gewesen sei, sondern erst später flächendeckend eingeführt worden sei. Die im fraglichen Zeitpunkt angewendeten Sicherheitsvorkehrungen hätten jedoch ein ganzes Netz von Maßnahmen umfasst, von der Auswahl der Plasmaspender bis zur endgültigen Freigabe der Produkte.

In der von der Beklagten vorgelegten, weiteren Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. W. wird ausgeführt, dass die Stellungnahme ihre Aussage bestätige, wonach die in der Literatur bekannte Infektionsgefährdung durch gepoolte Plasmaspenden bestanden habe.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen von Dr. M. (vgl. Bl. 50 der Akten), Dr. T. (vgl. Bl. 52) und Dr. von E. (vgl. Bl. 56). Wegen des Inhalts wird auf die schriftlichen Aussagen verwiesen. Ergänzend hat die Z. unter dem 13.10.2006 auf eine Anfrage des SG u.a. mitgeteilt, dass für den Zeitraum von Januar 1991 bis 13.10.2006 keinerlei Meldungen über Verdachtsfälle von HCV Infektionsübertragungen mit möglichem, wahrscheinlichem oder gesicherten Kausalzusammenhang für das pasteurisierte Rhesogam vorlägen.

In einem Schreiben des staatlichen Gewerbearztes Dr. B. vom 24.7.2006 an die Beklagte wird gebeten, zu prüfen, ob eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SG VII) anerkannt werden könne. Die Klägerin hat darüber hinaus eine von ihr und dem Zeugen R. unterschriebene "Bezeugung über die Arbeitsverhältnisse/Hygiene im Dentallabor R., R.str. in S." vorgelegt. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 79f. der Akte verwiesen.

Das SG hat Prof. Dr. S., Universitätsklinikum H. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Er hat ausgeführt, dass Hepatitis C-Viren in einem hohen Prozentsatz im Speichel von Hepatitis C infizierten Patienten nachweisbar seien. Im Rahmen der geschilderten Bagatellverletzungen sei es also theoretisch möglich, dass eine Inokulation von Hepatits C-Viren stattgefunden habe. Eine Übertragung von Hepatitis C durch Immunglobulin-Präparationen aus gepoolten Plasmaspenden sei zwar sehr unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, zumal im fraglichen Zeitraum ein PCR-Test noch nicht durchgeführt worden sei. Die erhöhten Leberwerte in der Zeit zwischen der zahntechnischen Ausbildung und der Infusion der Rhesusimmunglobuline könnten ein Hinweis auf eine bereits damals bestehende Infektion sein, seien hierfür aber keinesfalls beweisend. Es sei darauf hinzuweisen, dass ein plausibler Infektionsweg bei etwa 1/3 der mit HCV infizierten Patienten nicht eruiert werden könne und somit der kryptogenen Infektion ein erheblicher Stellenwert zukomme. Die Risiken der beruflichen Einwirkungen überwögen seines Erachtens die Risiken, die sich aus der Gabe von Rhesusimmunglobulinen ergäben. Beide möglichen Infektionswege seien jedoch für sich genommen unwahrscheinlich. Die Hepatitis C-Infektion könne nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin zurückgeführt werden, die Ursache der Infektion bleibe letztlich unbekannt.

Mit Urteil vom 21.5.2007 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Virushepatitis C-Erkrankung der Klägerin als Berufskrankheit nach der Nr. 3101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und der Klägerin Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Tätigkeit der Klägerin im Dentallabor Renk vergleichbar sei mit Tätigkeiten der Berufsgruppen wie Feuerwehr, Polizei, Strafvollzug, Drogenberatung sowie Ärzten und Krankenpflegepersonal mit ausschließlich nicht invasiver Tätigkeit. Grundsätzlich sei zwar ein oberflächlicher Hautkontakt mit infektiösen Flüssigkeiten für die Infektion von Hepatitis C nicht ausreichend, jedoch müsse bezüglich der Möglichkeit der Übertragung einer Blutinokulation die Tatsache beachtet werden, dass die Klägerin während ihrer Lehrlingszeit grundsätzlich ohne Handschuhe mit scharfkantigen Gegenständen und Schleifwerkzeugen gearbeitet habe und in Folge dessen einem erhöhten Verletzungsrisiko ihrer Hände ausgesetzt gewesen sei. Es sei daher für die Kammer nachvollziehbar und wahrscheinlich, dass durch diese nach den nicht zu beanstandenden Angaben der Klägerin oftmals verletzte Haut auch die Möglichkeit zu einem nicht nur oberflächlichen Hautkontakt bestanden habe. Es seien auch regelmäßig 30 bis 40 Abdrücke täglich zwei Jahre lang verarbeitet worden. Im Ergebnis sei die Klägerin daher einer erhöhten beruflichen Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Die Alternativursache einer Ansteckung durch die Gabe von Rhesusimmunglobulingabe sei weit weniger wahrscheinlich als die Ansteckung durch die hygienischen Zustände im Dentallabor Renk. Nach Abwägung aller relevanter Umstände und eingehender Auswertung des medizinischen und arbeitstechnischen Sachverhalts sei die Kammer daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die beruflichen Einwirkungen die außerberuflichen Ursachen wesentlich überwögen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung lägen damit vor.

Gegen das der Beklagten am 19.07.2007 zugestellte Urteil hat diese am 6.8.2007 Berufung eingelegt.

Sie hält das Urteil für rechtswidrig, weil es bei der Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität in entscheidungsrelevanter Weise von den Vorgaben des Bundessozialgerichts abweiche. Das SG verkenne, dass es für den Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität nicht ausreiche, irgendwann einmal in Folge der beruflichen Tätigkeiten einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen zu sein. Entscheidend sei, dass die berufsbedingte Infektionsgefahr in der potenziellen Ansteckungszeit bestanden habe. Auf die Prüfung, ob hiervon im Falle der Klägerin ausgegangen werden könne, habe die Kammer ohne erkennbaren Grund verzichtet. Sie hätte jedoch erkennen müssen, dass eine berufsbedingte Infektionsgefahr während der potenziellen Ansteckungszeit im Falle der Klägerin gerade nicht erkennbar sei. Fest stehe allein, dass sich die Klägerin in der Zeit vor dem 5.8.2002 mit dem Erreger der Virushepatitis C infiziert haben müsse. Genauer sei der Infektionszeitraum bislang nicht eingrenzbar. Folglich sei es prinzipiell zwar denkbar, dass die Klägerin sich in der Zeit von August 1978 bis Februar 1982 infiziert habe. Ebenso gut denkbar sei aber eine Infektion in der Zeit ab März 1982 in der die Klägerin keinen berufsbedingten Infektionsrisiken mehr ausgesetzt gewesen sei. Ausgeschlossen sei eine Infektion im letztgenannten Zeitraum keinesfalls. Prof. Dr. S. führe in seinem Gutachten aus, dass "ein plausibler Infektionsweg bei etwa 1/3 (!) der mit HCV infizierten Patienten nicht eruiert werden könne und damit der "kryptogenen" Infektion ein erheblicher Stellenwert zukomme". Auch der Hinweis darauf, dass bereits im Jahr 1995 und damit vor der Gabe von Rhesusimmunglobulin erhöhte Leberwerte festgestellt worden seien, sei dies ebenso zutreffend wie für die rechtliche Beurteilung irrelevant. Erhöhte Leberwerte ließen allein nämlich nicht zwingend auf eine Infektion mit dem Erreger der Virushepatitis C schließen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass bei der Klägerin eine Infektion mit dem Erreger der Virushepatitis C bereits am 2.5.1995 bestanden habe, würde dies nicht weiterhelfen. Offen wäre dann immer noch die Frage, warum sich die Infektion ausgerechnet in der Zeit von August 1978 bis Februar 1982 ereignet habe und warum eine Infektion in der Zeit ab März 1982, in der die Klägerin keinen berufsbedingten Infektionsrisiken mehr ausgesetzt gewesen sei, ausgeschlossen sein solle.

Die Beklagten beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach ist die Beklagte verpflichtet, die Virushepatitis C Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen. Es habe bei ihr keine konkurrierenden Infektionsrisiken im außerberuflichen Bereich gegeben. Die beiden Immunglobulin-Gaben im Jahr 1995/1996 seien in einem Zeitraum verabreicht worden, in welchem die Arzneimittelsicherheit absolut unanfechtbar gegeben gewesen sei.

Auf den Hinweis des Berichterstatters des Senats hat die Klägerin ihre Klage, soweit sie das Begehren betraf, "Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren", zurückgenommen und den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens beim Diplomchemiker und Facharzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. Dr. H ... In seinem Gutachten vom 26.10.2010 vertritt er die Auffassung, dass die Klägerin nachweislich zumindest zwei Jahre lang regelmäßig in Kontakt mit Abdrücken von Zahnmedizinpatienten gekommen sei und zwar in einer Frequenz von 30 bis 40 Abdrücken pro Tag. Dies bedeute, dass bei 80 Arbeitswochen in zwei Jahren eine Exposition an 400 Tagen stattgefunden haben müsse, was mindestens eine Abdruckzahl von 12.000 bedeute. Rechne man sehr konservativ mit einer halben Million HCV-positiver Personen in der Bevölkerung, dann komme man auf 72 Kontakte mit infektiösem Material während des genannten Zeitraums. Bei einem durchschnittlich bei 1,9% liegenden Übertragungsrisiko sei damit eine Infektion als sehr wahrscheinlich anzusehen, zumal die genannten 1,9% sich auf Kollektive beziehe, bei denen mit Handschuhen gearbeitet worden sei, was im Falle der Klägerin nicht der Fall gewesen sei. Im medizinischen Bereich sei bei etwa 11% der Beschäftigten mit erhöhtem Serum-Transaminasen auch mit einer HCV-Infektion zu rechnen, insofern ergebe sich eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Infektion schon vor Gabe von Rhesusimmunglobulin vorhanden gewesen sein müsse, was gleichzeitig bedeute, dass die Erhöhung der Serum-Transaminasen eher der beruflichen Sphäre zuzuordnen sei. Die Krankheit sei erstmals im Jahre 2002 gesichert nachgewiesen worden, jedoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit indirekt schon am 25.4.1995 durch den Nachweis der Erhöhung der Gama-GT. Zeitpunkt der Infektion und der beruflichen Tätigkeit stimmten überein. Der Verlauf der Erkrankung, welcher schon Jahre vor der Diagnose im Jahre 2002 entstanden sein müsse, entspreche der beruflichen Expositionsdauer. Andere dem privaten Lebensbereich zuzuordnende Infektionsrisiken hätten nach Aktenlage nicht bestanden, weil die Rhesusimmunglobulingabe erst nach Feststellung der erhöhten Leberwerte eingeleitet worden sei und insofern nur die berufliche Exposition als Belastung in Frage komme. Ergänzend hat er ausgeführt, dass die Virushepatitis C mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erst viele Jahre nach der Infektion bzw. der Erkrankung diagnostiziert worden sei. Dies liege daran, dass der pathologischen "Leberwert"-Erhöhung, welche 1995 festgestellt worden sei, nicht weiter nach gegangen worden sei. Der Befund vom 25.4.1995 sei ein reiner Zufallsbefund, weshalb die Frage nach der Inkubationszeit irrelevant sei. Hätte man zu diesem Zeitpunkt nach Hepatitis C Virusmarkern gesucht, wäre man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fündig geworden. Für eine beruflich bedingte Erkrankung spreche, dass das Risiko für Zahntechniker, eine HCV-Infektion zu akquirieren, erhöht sei und die Risikofaktoren für eine HCV-Infektion im außerberuflichen Bereich (Drogenmissbrauch, Prostitution) bei der Versicherten keine Rolle spielten. Aus diesem Grund spreche mehr für eine berufsbedingte Erkrankung als dagegen. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme führte er aus, dass die akute Infektion bei den meisten Betroffenen asymptomatisch verlaufe, also ohne dass man eine "Infektionskrankheit" diagnostizieren könne. Aus der akuten Infektion entwickle sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine chronische Infektion. Definitionsgemäß spreche man von chronisch, wenn die Infektion mehr als sechs Monate bestehe. Diese "chronische Infektion" gehe mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nach 10 bis 12 (gemeint waren 20) Jahren in eine CAH/CPH, also in eine chronische aktive oder chronisch persistierende Hepatitis über. Während der "chronischen Infektion" finde man im Allgemeinen nur HCV sowie die Antikörper (Anti HCV). Dies bedeute, dass notwendigerweise auch keine Erhöhung der Serum-Transaminasen (im vorliegenden Fall Gama GT) vorliegen müsse. Ständig erhöhte Serum-Transaminasen-Entzündungsparameter würden dann erst den Begriff Hepatitis (Entzündung der Leber) ausfüllen. Bei der Klägerin müsse der Zeitraum für die Infektionen in den Jahre 1978 bis 1982 gesucht werden. 1995 sei rein zufällig eine erhöhte Serum-Gama GT (erste Anzeichen für das Bestehen einer Hepatitis) gefunden worden. Er habe bereits aufgezeigt, dass bei ca. 10% der im medizinischen Bereich Beschäftigten anlässlich einer Verifizierung von erhöhten Serum-Transaminasen auch Zeichen einer HCV Infektion gefunden würden. Im umgekehrten Fall, also wenn zu irgendeinem Zeitpunkt erhöhte Serum-Transaminasen gefunden würden und später bei einer Serum-Transaminasenerhöhung im selben Bereich auch Anti-HCV, könne daraus geschlossen werden, dass das Anti-HCV auch schon bei der ersten Bestimmung positiv gewesen sein müsse. Im Übrigen halte er es für einen Kunstfehler, wenn man bei einem Vorliegen von Laborwerten, wie dies 1995 der Fall gewesen sei, unter Berücksichtigung der Berufsanamnese nicht weiter nach den Gründen für den erhöhten Wert suche. Die Inkubationszeit für die Hepatitis liege unter Berücksichtigung von Berufsanamnese und serologischen Befund im Jahre 1995 im vorliegenden Fall bei 13 bis 17 Jahren. Dies sei ohne weiteres mit den geschilderten Tatsachen in Einklang zu bringen. Der Verlauf der Infektion könne durchaus zwei Jahrzehnte betragen. Deutlich werde dies, wenn man einen Blick auf die medizinische Fachliteratur werfe: Ungefähr sechs Millionen Ägypter litten an einer chronischen Hepatitis C, einer Leberzirrhose oder einem Leberkrebs, weil sie durch ärztliche Maßnahmen mit HCV infiziert worden seien. Die Komplikationen wie z.B. die chronische Hepatitis seien häufig erst 20 Jahre nach den entsprechenden Injektionen entdeckt worden. Ähnlich lang sei auch die Inkubationszeit für die chronische Hepatitis bei Frauen in der DDR gewesen, die eine sogenannte Anti-D-Prophylaxe erhalten hätten.

Die Beklagte wendet hiergegen ein, die Differenzierung des Begriffes Inkubationszeit scheine höchst beliebig und entspringe mehr der persönlichen Sichtweise des Sachverständigen als gesicherter medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis. Jedenfalls sei den Hinweisen des Sachverständigen keine Publikation zu entnehmen, welcher seine Auslegung des Begriffes tragen könnten. Persönlichen Sichtweisen, die nicht vom aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft getragen seien, seien indessen "höchst unbeachtlich" und könnten Entscheidungsrelevanz für sich nicht in Anspruch nehmen. Richtig sei, dass die Inkubationszeit definiert sei als Zeitraum, beginnend mit dem Eindringen des Krankheitserregers in den Körper und endend mit der Manifestation erster Symptome. Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehende Inkubationszeit erstrecke sich über einen Zeitraum von 2 bis 26 Wochen. Unter keinem Gesichtspunkt könne als nachgewiesen gelten, dass dieser Zeitraum sich überschneide mit der Zeit, während der die Klägerin infolge beruflicher Tätigkeit einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei. Dazu sei bereits mehrfach dezidiert vorgetragen worden. Die tatsächliche Vorgehensweise des Sachverständigen lege nahe, dass es ihm einzig darum gehe, seine offensichtlich unzutreffende Beurteilung auf irgendeine Weise zu rechtfertigen. Hierzu hat die Klägerin nochmals Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Denn der Bescheid der Beklagten vom 25.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.3.2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Das Urteil des SG war - auch nachdem die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hat, als die Beklagte zur Gewährung von Leistungen verurteilt wurde - lediglich mit der Maßgabe abzuändern, dass festzustellen ist, dass die Hepatitis C-Infektion der Klägerin eine BK nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur BKV ist. Gegenstand des Rechtsstreits ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG), mit der die Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten und die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die geltend gemachte Erkrankung eine Berufskrankheit ist (vgl. hierzu BSG Urteil v. 2.4.2009, B 2 U 30/07 R in Juris).

Der Verordnungsgeber hat die BK 3101 wie folgt bezeichnet: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Die Hepatitis C-Infektion ist eine durch einen Virus hervorgerufene und von Mensch zu Mensch übertragbare Erkrankung, mithin eine Infektionskrankheit. Sie ist erstmals im Rahmen einer im Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart am 5.8.2002 durchgeführten Leberbiopsie gesichert nachgewiesen worden. Ausgehend vom Nachweis der von der geltend gemachten Berufskrankheit umfassten Erkrankung im August 2002, welche zu diesem Zeitpunkt auch erstmals behandlungsbedürftig war, ist Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII), das hier gemäß § 212 SGB VII Anwendung findet. Danach sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben lassen sich - wie das BSG in ständiger Rechtsprechung ausführt (a.a.O. und mit weiteren Nachweisen) bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggfs. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit.

Bei der BK 3101 tritt aufgrund der Nachweisschwierigkeit eines konkreten Infektionsvorgangs - so das BSG a.a.O. - die Infektionsgefahr an die Stelle der Einwirkungen, die entsprechend den Anforderungen an das Merkmal der Einwirkungen im Vollbeweis nachzuweisen ist. Ob im Einzelfall eine erhöhte Infektionsgefahr gegeben ist, hängt davon ab, ob der Versicherte durch seine versicherte Tätigkeit einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt war. Die besondere Gefahrenexposition kann sich aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit, nämlich des Personenkreises oder der Objekte, mit oder an denen zu arbeiten ist, und der Übertragungsgefährlichkeit der ausgeübten Verrichtungen ergeben, die sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit und nach der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährlichen Handlungen bestimmt. Die Durchseuchungsgefahr des Arbeitsumfeldes auf der einen Seite und die Übertragungsgefahr auf der anderen stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der Infektion behaftet sind, umso mehr gelangt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung. Dabei genügt nicht eine schlichte Infektionsgefahr, vielmehr setzt die BK 3101 eine im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung im besonderen Maße erhöhte Infektionsgefahr voraus (vgl. zu Begriff und Prüfung der erhöhten Infektionsgefahr: BSG a.a.O.).

Liegt eine erhöhte Infektionsgefahr vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass bei Vorliegen einer Krankheit die haftungsbegründende Kausalität grundsätzlich gegeben ist. Diese Typisierung kann aber nicht Platz greifen, wenn ausgeschlossen ist, dass die Infektion während oder aufgrund der versicherten Tätigkeit eingetreten ist. Nach Sinn und Zweck des Tatbestands der BK 3101, der von der beruflichen Gefahrenexposition auf die Verursachung einer Infektionserkrankung schließt, ist das Vorliegen einer BK 3101 zu verneinen, wenn der unterstellte Ursachenzusammenhang nicht eingetreten sein kann. Ein Ausschluss des unterstellten Ursachenzusammenhangs zwischen beruflicher Infektionsgefahr und Krankheit liegt vor, wenn die Infektion unter Berücksichtigung der Inkubationszeit der Krankheit nicht während der Dauer der beruflichen Gefahrenexposition erfolgt sein kann. Es darf also nicht ausgeschlossen sein, dass sich der Versicherte während der Dauer der Ausübung der gefährdenden Tätigkeit infiziert hat. Ebenso ist der Zusammenhang ausgeschlossen, wenn die Erkrankung durch eine Infektion in den unversicherten Lebensbereichen verursacht worden ist. Anlass zur Prüfung dieses Ausschlusstatbestandes besteht insbesondere dann, wenn der Versicherte sich auch in anderen als den beruflichen Gefahrenbereichen bewegt hat. Die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen dieser Ausschlussgründe müssen nachgewiesen sein. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung tragen insoweit die objektive Beweislast. Der Senat stellt zunächst fest, dass die Klägerin während ihrer Ausbildung zur Zahntechnikerin in der D. GmbH gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (welche gem. § 135 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII vorgeht) vom 1.8.1978 bis 28.2.1982 eine grundsätzlich versicherte Tätigkeit ausübte. Diese Tätigkeit ist auch noch unter den Bereich des Gesundheitsdienstes zu subsummieren, da die Einrichtung der Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes, wenn auch in vorbereitender oder ergänzender Weise, dient. In diesem Zeitraum und insbesondere während der ersten beiden Jahre ihrer Ausbildung war sie zwar keinem übermäßigen Durchseuchungsumfeld (denn die Materialien, welche es zu bearbeiten galt, stammten nicht aus Einrichtungen, die vornehmlich besonders infektiöse oder gar HCV-positive Personen behandelten) aber einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt, weshalb die haftungsbegründende Kausalität anzuerkennen und die 2002 festgestellte Hepatitis C Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen ist. Weder der zwischen Einwirkung und Feststellung der Erkrankung liegende Zeitraum, noch die 1995 und 1996 verabreichten Rhesogam-Gaben vermögen hingegen eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

Dass die Klägerin während ihrer ersten beiden Lehrjahre einer besonderen, weit über der Allgemeinbevölkerung liegenden Gefahr ausgesetzt gewesen war, sich mit dem HC-Virus anzustecken und daran zu erkranken, folgert der Senat aus den Feststellungen der Technischen Sachverständigen der B. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie den vorliegenden Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Dr. H ... Danach steht eine erhebliche Übertragungsgefahr aufgrund der auszuführenden Tätigkeiten fest. Bereits der T. stellte in seinem Bericht vom 20.1.2004 fest, dass aufgrund des direkt vom Patientenmund entnommenen prothetischen Materials, welches ohne vorhergehende ausreichende Desinfektion ins zahntechnische Labor gelangte und dort unmittelbar verarbeitet worden ist, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin als damals noch ungeübte Auszubildende Umgang mit scharfkantigen und schnellrotierenden Werkzeugen hatte und es dabei häufiger zu Verletzungen an den Händen kam, welche dann Eintrittspforten für Blut oder Sekret darstellten, ein erhöhtes Infektionsrisiko anzuerkennen ist. Die Arbeiten wurden zudem ohne Schutzhandschuhe ausgeführt. Eine Gefährdung im Hinblick auf eine Übertragungsgefahr bestätigte daraufhin auch die Präventionsabteilung der B. (Dipl.-Ing. H., 11.2.2004) unter Berücksichtigung der bei einem ehemaligen Mitarbeiter der Klägerin durchgeführten Ermittlungen, welche einen Kontakt zu blutverschmierten, nicht desinfizierten Abdrücken bestätigt haben. Prof Dr. S. wies darauf hin, dass Hepatitis C-Viren in einem hohen Prozentsatz im Speichel infizierter Patienten nachweisbar sind und deshalb nicht ausgeschlossen ist, dass es im Rahmen einer Bagatellverletzung zu einer Inokulation von Hepatitis C-Viren gekommen ist. Auch wenn die Übertragungsgefahr für einen einzelnen Kontakt seiner Ansicht nach nicht als besonders hoch einzustufen ist, kommen der Häufigkeit der ausgeübten Tätigkeit und der Dauer dieser Tätigkeiten sowie der Durchseuchung des Arbeitsumfeldes nach Überzeugung des Senats besondere Bedeutung zu. Schon Dr. R. hat in seiner Stellungnahme für die B. auf ein hohes Verletzungsrisiko der Finger und Hände bei den von ihm im Einzelnen aufgelisteten Tätigkeiten hingewiesen. Ausgehend von den von der Klägerin angegebenen 30 bis 40 Abdrücken pro Arbeitstag ergibt dies unter Annahme von 400 Schichten in zwei Jahren - wie Prof. Dr. Dr. H. ausgeführt hat - einen Kontakt zu mindestens 12000 (bzw. bis zu 16000) Abdrücken. Geht man von etwa einer halben Million HCV-positiver Personen in der Bevölkerung (= 0,6 %) aus, dann ergibt das statistisch betrachtet einen Kontakt zu wenigstens 72 infektiösen Materialien während des gesamten Zeitraumes. Mit Prof. Dr. Dr. H. besteht bei dem von ihm beschriebenen Übertragungsrisiko von 1,9 %, welches sich jedoch auf Kollektive bezieht, das Handschuhe getragen hat (vgl. insoweit die Aufstellung Blatt 7 seines Gutachtens zu Nadelstichverletzungen und HCV-Infektion), eine erhebliche Gefahr für eine Infektion. Dies zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel (Schriftsatz vom 24.11.2010).

Sie verkennt jedoch, dass mit dem Nachweis einer besonderen Infektionsgefahr der Verordnungsgeber typisierend annimmt, dass bei Vorliegen einer Krankheit die haftungsbegründende Kausalität grundsätzlich anzuerkennen ist. Wie bereits ausgeführt, kann dies nur dann nicht Platz greifen, wenn ausgeschlossen ist, dass die Infektion während oder aufgrund der versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Infektion unter Berücksichtigung der Inkubationszeit der Krankheit nicht während der Dauer der beruflichen Gefahrenexposition erfolgt sein kann. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da dies gerade nicht ausgeschlossen werden kann.

Maßgeblich für die Beurteilung sind insoweit nicht der Zeitpunkt der Infektion und der Nachweis der Infektion innerhalb der angegebenen Inkubationszeit. Diese Vorstellung geht davon aus, dass nach einer akuten Infektion innerhalb oder unmittelbar nach der Inkubationszeit auch körperliche Symptome auftreten und nachweisbar sein müssen. Die Hepatitis C-Infektion verläuft zu 85 % der Fälle aber asymptomatisch oder als akute Hepatitis C zu 15 % mit 2 bis 12-Wochen dauernden Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Schwäche und Ikterus. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 50-90 % der Fälle kommt es in unbehandelt gebliebenen Fällen zur Viruspersistenz. Die Unterscheidung zwischen akuter und chronischer HCV-Infektion kann daher häufig nur mit Hilfe der Anamnese, Symptomatik und evtl. anhand einer HCV-Serokonversion gestellt werden (vgl. Greten/Rinninger/Greten, Innere Medizin 13. Auflage, Georg Thieme Verlag Stuttgart New York, 2010, 810 f.). Auch Fritze/Mehrhoff (Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl., S. 415), beschreiben, dass 60-80 % der akuten Infektionen einen chronischen Verlauf nähmen, der durch ein meist langjähriges symptomfreies Intervall gekennzeichnet sei. Eine chronische Hepatitis C kann daher wie eine Hepatitis B asymptomatisch oder verbunden mit wenigen Beschwerden (vgl. Duale Reihe, Innere Medizin, 2. Aufl. 2009, Thieme Verlag, Stuttgart, S. 595) verlaufen, was in 85% aller Fälle der Fall ist. Doerr und Gerlich (Medizinische Virologie, Thieme Verlag Stuttgart, 1. Aufl. 2002, S. 222) geben an, dass 70-80% der Infektionen in einen chronischen Verlauf übergingen, der ebenfalls weitgehend unauffällig bleibe. Nur rund ein Drittel aller chronisch HCV-Infizierten suche wegen unspezifischer Beschwerden überhaupt medizinische Beratung und Hilfe, sodass die Diagnose oft eher zufällig gestellt werde. In 20 % dieser Fälle geht die chronische HCV-Infektion nach 20 oder mehr Jahren in eine Leberzirrhose über. Unter Berücksichtigung dessen sind die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. H. schlüssig und nachvollziehbar, dass die angegebenen Inkubationszeiten (mehrere Wochen für die Infektion, mehr als 6 Monate für eine chronische Infektion) kein Ausschlusskriterium für eine im Zeitraum 1978 bis 1982 erfolgte beruflich bedingte Infektion sein können. Der beruflichen Verursachung der vom R. Krankenhaus S. diagnostizierten chronischen aktiven Hepatitis C steht der Nachweis erst im Jahr 2002 damit nicht entgegen.

Ebenso wenig kann eine Infektion im unversicherten Lebensbereich als mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen angesehen werden. Zwar ist belegt, dass der Klägerin im Juni 1995 und April 1996 Rhesogam, ein Immunglobulin, verabreicht wurde. Dabei kann zwar eine Infektion mit dem HC-Virus von vorn herein nicht ausgeschlossen werden. Eine solche ist jedoch nicht wahrscheinlich, wie der Senat den schlüssigen Ausführungen von Dr. B. in dessen gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 24.07.2006, den Einlassungen der Herstellerfirma sowie dem Gutachten von Prof. Dr. S. entnimmt. Der staatliche Gewerbearzt führte insoweit aus, dass für Deutschland wegen der Anwendung von HCV-Antikörper-Nachweissystemen seit April 1991 ein Restrisiko für Vollbluttransfusionen und zellulären Blutpräparaten, welche nicht aktivierbar und nicht längere Zeit lagerbar seien, von 1:200.000 angegeben werde. Aus den Angaben des Herstellers folgt nichts anderes, denn dieser gab an, dass zwar für die in Frage stehenden Rhesogam-Chargen auch sogenannte Plasmapools verwendet wurden, die keiner HCV PCR-Testung unterzogen worden waren. Die Sicherstellung optimaler Sicherheit habe aber bei der strengen Auswahl der Plasmaspender begonnen. Neben einer gründlichen Befragung der Spender vor allem mit Schwerpunkt auf Risikoverhalten/-Faktoren bezüglich Hepatitis und HIV Infektionen seien Plasmaspenden auch serologisch auf das Vorliegen von Antikörpern gegen Hepatitis C-Virus sowie auf andere Virusmarker getestet worden. Diese serologische Testung sei schon ab 1990/91 mit Zulassung des ersten Anti-HCV-Tests durchgeführt worden. Darüber hinaus umfasse der Herstellungsprozess mehrere unterschiedliche Schritte zur effektiven Inaktivierung und/oder Eliminierung theoretisch noch vorhandener pathogener Erreger. So habe für Rhesogam ein Gesamtvirusreduktionsfaktor von &8805; 14.0 Log10 für ein Modelvirus von HCV nachgewiesen werden können. Seit März 1991 sind der Z. darüber hinaus keinerlei Verdachtsfälle von HCV Infektionsübertragungen mit möglichem, wahrscheinlichem oder gesichertem Kausalzusammenhang für das pasteurisierte Rhesogam bekannt geworden. Insoweit hat Prof. Dr. S. eine Infektion hierdurch als sehr unwahrscheinlich und aus seiner Sicht noch weniger wahrscheinlich als eine Infektion durch berufliche Einwirkungen angesehen. Anhaltpunkte dafür, die Anlass geben könnten dafür, in den 1995 und 1996 verabreichten Immunglobulinen die rechtlich wesentliche Ursache für die 2002 festgestellte Hepatitis C anzunehmen, liegen aufgrund dieser Umstände nicht vor. Wobei auch für den Senat viel dafür spricht, dass die vor der Rhesogam-Gabe 1995 schon festgestellte Serum-Transaminasenerhöhung für eine Infektion durch die beruflichen Einwirkungen spricht, auch wenn diese zum damaligen Zeitpunkt, weil diesem Befund nicht weiter nachgegangen wurde, noch nicht den Nachweis von HCV sowie von Antikörpern (anti HCV) erbracht hat. Kann aber nicht einmal mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit von einer rechtlich wesentlichen Verursachung durch außerberufliche Einwirkungen ausgegangen werden, ist die HCV-Erkrankung als BK 3101 anzuerkennen. Die berufliche Verursachung kann auch nicht schon deshalb als ausgeschlossen gelten, weil - wie Prof. Dr. S. ausführte - ein plausibler Infektionsweg bei etwa 1/3 der mit HCV infizierten Patienten nicht eruiert werden kann. Denn schon über die Wahrscheinlichkeit einer kryptogenen Infektion waren ihm keine Angaben möglich (Antwort zu 3a)). Weitere konkurrierende Ursachen sind insoweit weder vorgebracht worden, noch ersichtlich.

Nachdem das SG die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben hat, und die hier vorgenommene Feststellung zu treffen war, war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Hierauf und auf den Umstand, dass die Klägerin letztlich mit ihrer Klage erfolgreich war, beruht die Kostenscheidung nach § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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