Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 330/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 5/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Oktober 2010 aufgehoben.
Das Verfahren wird als Berufung fortgeführt.
Der Streitwert wird auf 4.840,50 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht Marburg (Az.: S 11 KA 330/08) hat die Klägerin am 16. Juli 2008 Klage erhoben und beantragt, den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/04 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die abgesetzten Leistungen zu vergüten. Zur Begründung hatte sie vorgetragen, für das Quartal II/04 seien sieben Behandlungsfälle zur Abrechnung gebracht worden, die im streitgegenständlichen Honorarbescheid jedoch nicht berücksichtigt worden seien. Diesen Vortrag hatte die Beklagte zurückgewiesen und ausgeführt, es seien lediglich "Korrekturen über das Regelwerk erfolgt", die Bestandteil des Honorarbescheids für das Quartal II/04 seien. Der Wert der insoweit abgesetzten Leistungen betrage 168,50 EUR.
Auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2010 hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u. a. ausgeführt, dass die Berufung nicht zuzulassen gewesen sei, da keine grundsätzliche Bedeutung vorliege. Die Rechtsmittelbelehrung lautet: "Dieses Urteil kann nicht mit der Berufung angefochten werden, weil sie gesetzlich ausgeschlossen und vom Sozialgericht nicht zugelassen worden ist. Die Nichtzulassung der Berufung kann mit der Beschwerde angefochten werden. " Ebenfalls am 6. Oktober 2010 hat das Sozialgericht einen Beschluss verkündet, mit dem der Streitwert für das Klageverfahren auf 168,50 EUR festgesetzt worden ist.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 28. Dezember 2010 zugestellten Urteil vom 6. Oktober 2010 hat die Klägerin am 24. Januar 2011 Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Die Klägerin rügt die Verletzung von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, weil die Beschwer bei mehr als 750 EUR liege. Unter Zugrundelegung der Abrechnungsscheine ergäben sich im Quartal II/04 73 von der Beklagten nicht vergütete Behandlungsleistungen, bei einer Vergütung von 64 EUR pro Behandlungstermin errechne sich ein Betrag in Höhe von 4.672,00 EUR. Dieser Wert sei bei der Streitwertfestsetzung durch das Sozialgericht unberücksichtigt geblieben, obgleich Ziel der Klage gewesen sei, die Vergütung der abgesetzten Leistungen zu erreichen. Das Sozialgericht habe ferner gegen den sich aus § 103 SGG ergebenen Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, indem es die auf der Grundlage einer von der Beklagten vorgelegten Patientenliste entschieden habe, statt dem klägerseitigen Beweisangebot zu folgen, die Abrechnungsunterlagen im Bestreitensfalle vorzulegen. Es habe jedenfalls eines rechtlichen Hinweises bedurft, dass das Sozialgericht aufgrund der Patientenliste davon ausgegangen sei, dass die streitgegenständlichen sieben Patienten nicht behandelt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Oktober 2010 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, Zulassungsgründe gemäß § 144 Abs. 2 SGG seien nicht gegeben, wenn sich die Klägerin auf eine Verletzung von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG berufe. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel sei hierdurch nicht ersichtlich. Ein Verfahrensmangel bestehe auch nicht darin, dass das erstinstanzliche Gericht keinen gesonderten Hinweis darauf gegeben habe, dass es von der Nichtbehandlung der sieben Patienten ausgehe. Dies sei bereits ihrem Vortrag – zuletzt im Schriftsatz vom 11. März 2010 – zu entnehmen gewesen. Darüber hinaus sei es erforderlich gewesen, dass die Klägerin den Verstoß gegen § 103 SGG bereits in der mündlichen Verhandlung gerügt hätte. Sie habe es auch unterlassen, ausdrücklich einen diesbezüglichen Beweisantrag zu stellen und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrecht zu erhalten.
Gegen den Streitwertbeschluss vom 6. Oktober 2010 hat die Klägerin Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt (L 4 KA 3/11 B). Mit Beschluss vom 5. April 2011 hat der erkennende Senat den Beschluss des Sozialgerichts abgeändert, den Streitwert für das Klageverfahren auf 4.840,50 EUR festgesetzt und u. a. ausgeführt: "Ausgehend von dem gestellten Klageantrag und unter Berücksichtigung ihres Vortrags zur Begründung der Klage, war das Interesse der Klägerin nicht nur auf die Vergütung der durch "Korrekturen über das Regelwerk" abgesetzten Leistungen in Höhe von 168,50 EUR gerichtet. Vorrangiges Klageziel war vielmehr die Vergütung der nach ihrem Vortrag im Quartal II/04 erbrachten – und abgerechneten - Leistungen in den sieben näher bezeichneten Behandlungsfällen, die nach ihrer Behauptung von der Beklagten bei der Erstellung des Honorarbescheids nicht berücksichtigt wurden. Der Wert der erstrebten Nachvergütung beläuft sich nach der unwidersprochenen Berechnung der Klägerin auf 4.672,00 EUR, so dass der Streitwert insgesamt auf 4.840,50 EUR festzusetzen war."
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Sozialgerichts über die Nichtzulassung der Berufung, denn die Berufung ist kraft Gesetzes nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung u. a. der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Hiervon ist das Sozialgericht zu Unrecht ausgegangen. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes betrifft den mit der Klage geltend gemachten Streitgegenstand, der sich auf die Vergütung sowohl abgesetzter Leistungen in Höhe von 168,50 EUR bezieht als auch auf die klageweise geltend gemachte Vergütung sieben weiterer Behandlungsfälle im Quartal II/04 in Höhe von 4.672,00 EUR. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 5. April 2011 im Verfahren L 4 KA 3/11 B Bezug genommen. Über diesen Streitgegenstand hat das Sozialgericht – wie sich aus dem Tenor und den Entscheidungsgründen seines Urteils ergibt – auch in vollem Umfang im Sinne einer Klageabweisung entschieden.
Durch den Ausspruch in dem Urteil des Sozialgerichts, dass die Berufung nicht zugelassen werde, wäre die Klägerin nicht gehindert gewesen, unmittelbar die danach kraft Gesetzes zulässige Berufung einzulegen (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.9.1991, BVerwGE 89, 27). Dies lässt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung nicht entfallen. Die Entscheidung des Sozialgerichts erweckt den Anschein, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid sei kraft Gesetzes ausgeschlossen und es bedürfe zu ihrer Statthaftigkeit einer besonderen Zulassung durch das Gericht. Dieser Rechtsschein belastet denjenigen, der gegen die Entscheidung Berufung einlegen möchte. Deshalb besteht ein berechtigtes Interesse des potentiellen Rechtsmittelklägers an der Aufhebung des unrichtigen Ausspruchs über die Nichtzulassung der Berufung (Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Mai 2007 – L 9 KR 205/04 NZB; vgl. Hamburgisches OVG Beschluss vom 25. August 1993 – Bs IV 126/93, zitiert nach juris RdNr. 8 unter Hinweis auf VGH ZR., Beschluss v. 23.12.1983, Kommunale Steuerzeitschrift 1984 S. 97; OVG Hamburg, Beschluss v. 18.6.1984, NVwZ 1984 S. 803; VGH YK., Beschluss v. 18.5.1990, NVwZ-RR 1991 S. 28; im Ergebnis ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 144 RdNr. 46a, vgl. auch BSG vom 3. Juni 2004, B 11 AL 75/03 R).
Nach Aufhebung des Ausspruchs über die Nichtzulassung der Berufung wird das Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 145 Abs. 5 Satz 1 SGG als Berufungsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Berufung durch die Klägerin bedarf es nach Halbsatz 2 der genannten Norm nicht. Der abweichenden Meinung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 11. Mai 2007 – L 9 KR 205/04 NZB) folgt der Senat nicht. Die (fehlerhafte) Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts in zulassungsbedürftigen Rechtsstreitigkeiten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist vielmehr durchaus vergleichbar mit dem - hier vorliegenden - Fall, in dem das erstinstanzliche Gericht zu Unrecht die Notwendigkeit der Zulassung eines Rechtsmittels gegen seine Entscheidung angenommen hat. Auch in diesem Fall entspricht es dem in § 145 Abs. 5 Satz 1 SGG zum Ausdruck kommenden Beschleunigungsgedanken, nach Aufhebung der (fehlerhaften) Nichtzulassungsentscheidung das hierauf gerichtete Beschwerdeverfahren unmittelbar als Berufungsverfahren fortzusetzen. Dies entspricht auch dem mit der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde deutlich geäußerten Interesse des Beschwerdeführers an einer erneuten Sachentscheidung durch das Berufungsgericht. Hierdurch werden Rechte der Beteiligten nicht eingeschränkt (vgl. insoweit auch Hamburgisches OVG Beschluss vom 25. August 1993 – Bs IV 126/93, zitiert nach juris RdNr. 9).
Offen bleiben kann nach alledem, ob ein Zulassungsgrund gemäß § 144 Abs. 2 SGG vorliegt.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Das Verfahren wird als Berufung fortgeführt.
Der Streitwert wird auf 4.840,50 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht Marburg (Az.: S 11 KA 330/08) hat die Klägerin am 16. Juli 2008 Klage erhoben und beantragt, den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal II/04 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die abgesetzten Leistungen zu vergüten. Zur Begründung hatte sie vorgetragen, für das Quartal II/04 seien sieben Behandlungsfälle zur Abrechnung gebracht worden, die im streitgegenständlichen Honorarbescheid jedoch nicht berücksichtigt worden seien. Diesen Vortrag hatte die Beklagte zurückgewiesen und ausgeführt, es seien lediglich "Korrekturen über das Regelwerk erfolgt", die Bestandteil des Honorarbescheids für das Quartal II/04 seien. Der Wert der insoweit abgesetzten Leistungen betrage 168,50 EUR.
Auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2010 hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u. a. ausgeführt, dass die Berufung nicht zuzulassen gewesen sei, da keine grundsätzliche Bedeutung vorliege. Die Rechtsmittelbelehrung lautet: "Dieses Urteil kann nicht mit der Berufung angefochten werden, weil sie gesetzlich ausgeschlossen und vom Sozialgericht nicht zugelassen worden ist. Die Nichtzulassung der Berufung kann mit der Beschwerde angefochten werden. " Ebenfalls am 6. Oktober 2010 hat das Sozialgericht einen Beschluss verkündet, mit dem der Streitwert für das Klageverfahren auf 168,50 EUR festgesetzt worden ist.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 28. Dezember 2010 zugestellten Urteil vom 6. Oktober 2010 hat die Klägerin am 24. Januar 2011 Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Die Klägerin rügt die Verletzung von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, weil die Beschwer bei mehr als 750 EUR liege. Unter Zugrundelegung der Abrechnungsscheine ergäben sich im Quartal II/04 73 von der Beklagten nicht vergütete Behandlungsleistungen, bei einer Vergütung von 64 EUR pro Behandlungstermin errechne sich ein Betrag in Höhe von 4.672,00 EUR. Dieser Wert sei bei der Streitwertfestsetzung durch das Sozialgericht unberücksichtigt geblieben, obgleich Ziel der Klage gewesen sei, die Vergütung der abgesetzten Leistungen zu erreichen. Das Sozialgericht habe ferner gegen den sich aus § 103 SGG ergebenen Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, indem es die auf der Grundlage einer von der Beklagten vorgelegten Patientenliste entschieden habe, statt dem klägerseitigen Beweisangebot zu folgen, die Abrechnungsunterlagen im Bestreitensfalle vorzulegen. Es habe jedenfalls eines rechtlichen Hinweises bedurft, dass das Sozialgericht aufgrund der Patientenliste davon ausgegangen sei, dass die streitgegenständlichen sieben Patienten nicht behandelt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Oktober 2010 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, Zulassungsgründe gemäß § 144 Abs. 2 SGG seien nicht gegeben, wenn sich die Klägerin auf eine Verletzung von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG berufe. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel sei hierdurch nicht ersichtlich. Ein Verfahrensmangel bestehe auch nicht darin, dass das erstinstanzliche Gericht keinen gesonderten Hinweis darauf gegeben habe, dass es von der Nichtbehandlung der sieben Patienten ausgehe. Dies sei bereits ihrem Vortrag – zuletzt im Schriftsatz vom 11. März 2010 – zu entnehmen gewesen. Darüber hinaus sei es erforderlich gewesen, dass die Klägerin den Verstoß gegen § 103 SGG bereits in der mündlichen Verhandlung gerügt hätte. Sie habe es auch unterlassen, ausdrücklich einen diesbezüglichen Beweisantrag zu stellen und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrecht zu erhalten.
Gegen den Streitwertbeschluss vom 6. Oktober 2010 hat die Klägerin Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt (L 4 KA 3/11 B). Mit Beschluss vom 5. April 2011 hat der erkennende Senat den Beschluss des Sozialgerichts abgeändert, den Streitwert für das Klageverfahren auf 4.840,50 EUR festgesetzt und u. a. ausgeführt: "Ausgehend von dem gestellten Klageantrag und unter Berücksichtigung ihres Vortrags zur Begründung der Klage, war das Interesse der Klägerin nicht nur auf die Vergütung der durch "Korrekturen über das Regelwerk" abgesetzten Leistungen in Höhe von 168,50 EUR gerichtet. Vorrangiges Klageziel war vielmehr die Vergütung der nach ihrem Vortrag im Quartal II/04 erbrachten – und abgerechneten - Leistungen in den sieben näher bezeichneten Behandlungsfällen, die nach ihrer Behauptung von der Beklagten bei der Erstellung des Honorarbescheids nicht berücksichtigt wurden. Der Wert der erstrebten Nachvergütung beläuft sich nach der unwidersprochenen Berechnung der Klägerin auf 4.672,00 EUR, so dass der Streitwert insgesamt auf 4.840,50 EUR festzusetzen war."
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Sozialgerichts über die Nichtzulassung der Berufung, denn die Berufung ist kraft Gesetzes nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung u. a. der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Hiervon ist das Sozialgericht zu Unrecht ausgegangen. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes betrifft den mit der Klage geltend gemachten Streitgegenstand, der sich auf die Vergütung sowohl abgesetzter Leistungen in Höhe von 168,50 EUR bezieht als auch auf die klageweise geltend gemachte Vergütung sieben weiterer Behandlungsfälle im Quartal II/04 in Höhe von 4.672,00 EUR. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 5. April 2011 im Verfahren L 4 KA 3/11 B Bezug genommen. Über diesen Streitgegenstand hat das Sozialgericht – wie sich aus dem Tenor und den Entscheidungsgründen seines Urteils ergibt – auch in vollem Umfang im Sinne einer Klageabweisung entschieden.
Durch den Ausspruch in dem Urteil des Sozialgerichts, dass die Berufung nicht zugelassen werde, wäre die Klägerin nicht gehindert gewesen, unmittelbar die danach kraft Gesetzes zulässige Berufung einzulegen (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.9.1991, BVerwGE 89, 27). Dies lässt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung nicht entfallen. Die Entscheidung des Sozialgerichts erweckt den Anschein, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid sei kraft Gesetzes ausgeschlossen und es bedürfe zu ihrer Statthaftigkeit einer besonderen Zulassung durch das Gericht. Dieser Rechtsschein belastet denjenigen, der gegen die Entscheidung Berufung einlegen möchte. Deshalb besteht ein berechtigtes Interesse des potentiellen Rechtsmittelklägers an der Aufhebung des unrichtigen Ausspruchs über die Nichtzulassung der Berufung (Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Mai 2007 – L 9 KR 205/04 NZB; vgl. Hamburgisches OVG Beschluss vom 25. August 1993 – Bs IV 126/93, zitiert nach juris RdNr. 8 unter Hinweis auf VGH ZR., Beschluss v. 23.12.1983, Kommunale Steuerzeitschrift 1984 S. 97; OVG Hamburg, Beschluss v. 18.6.1984, NVwZ 1984 S. 803; VGH YK., Beschluss v. 18.5.1990, NVwZ-RR 1991 S. 28; im Ergebnis ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 144 RdNr. 46a, vgl. auch BSG vom 3. Juni 2004, B 11 AL 75/03 R).
Nach Aufhebung des Ausspruchs über die Nichtzulassung der Berufung wird das Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 145 Abs. 5 Satz 1 SGG als Berufungsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Berufung durch die Klägerin bedarf es nach Halbsatz 2 der genannten Norm nicht. Der abweichenden Meinung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 11. Mai 2007 – L 9 KR 205/04 NZB) folgt der Senat nicht. Die (fehlerhafte) Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts in zulassungsbedürftigen Rechtsstreitigkeiten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist vielmehr durchaus vergleichbar mit dem - hier vorliegenden - Fall, in dem das erstinstanzliche Gericht zu Unrecht die Notwendigkeit der Zulassung eines Rechtsmittels gegen seine Entscheidung angenommen hat. Auch in diesem Fall entspricht es dem in § 145 Abs. 5 Satz 1 SGG zum Ausdruck kommenden Beschleunigungsgedanken, nach Aufhebung der (fehlerhaften) Nichtzulassungsentscheidung das hierauf gerichtete Beschwerdeverfahren unmittelbar als Berufungsverfahren fortzusetzen. Dies entspricht auch dem mit der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde deutlich geäußerten Interesse des Beschwerdeführers an einer erneuten Sachentscheidung durch das Berufungsgericht. Hierdurch werden Rechte der Beteiligten nicht eingeschränkt (vgl. insoweit auch Hamburgisches OVG Beschluss vom 25. August 1993 – Bs IV 126/93, zitiert nach juris RdNr. 9).
Offen bleiben kann nach alledem, ob ein Zulassungsgrund gemäß § 144 Abs. 2 SGG vorliegt.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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