L 2 AL 23/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AL 378/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 23/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Antragsgegnerin die Meldung von Anrechnungszeiten an die Beigeladene, um die Voraussetzungen für eine Rente wegen Arbeitslosigkeit zu erfüllen.

Der am 1950 geborene Antragsteller meldete sich am 24. Oktober 2005 bei der Antragsgegnerin zum 1. November 2005 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Der Antragsteller stand in einem mit Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 31. Oktober 2005 beendeten Arbeitsverhältnis mit der E ... A (Arbeitgeberin). In dem Aufhebungsvertrag ist in § 2 geregelt, dass sich der Antragsteller am ersten Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Antragsgegnerin arbeitslos meldet, Arbeitslosengeld bzw. –hilfe beantragt und bei der Antragsgegnerin arbeitslos gemeldet bleibt. Ferner besteht die Verpflichtung des Antragstellers, zum frühestmöglichen Termin einen Antrag auf Altersrente bei Arbeitslosigkeit oder auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu stellen. Ausweichlich § 3 des Aufhebungsvertrages gewährt die Arbeitgeberin dem Antragsteller ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit – längstens bis zum 60. Lebensjahr – 58 % der monatlichen Bemessungsgrundlage nach der A ... -Betriebsvereinbarung als Abfindung. Hierauf sind die Leistungen der Arbeitsverwaltung oder diesbezügliche Ersatzleistungen anzurechnen.

Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller – unter Berücksichtigung einer Sperrzeit – Arbeitslosengeld ab dem 24. Januar 2006 bis 7. September 2007.

Nach dem Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld meldete sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin vierteljährlich, zuletzt am 9. Mai 2008, und erneuerte seinen Vermittlungswunsch. Die Antragsgegnerin lud den Antragsteller am 25. Juni 2008 zum Nachweis seiner Eigenbemühungen zu einem Gespräch am 14. Juli 2008 ein. Bei dieser Vorsprache des Antragstellers bei einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin am 14. Juli 2008 fertigte dieser einen Vermerk, dass "mit AN ausgiebig Rechtssinn –Zweck von MAZ iVm Bemühungen zur Beschäftigungssuche erörtert" wurden; "AN sucht keine Beschäftigung. Zzt befindet AN sich in der Freizeitphase des Vorruhestandes. Beiträge zur RV/KV/PV werden weiter vom AG abgeführt. Insofern ist auch MAZ nicht mehr erforderlich. Mit AN einvernehmlich Abmeldung aus AV vereinbart." Die Antragsgegnerin führte den Antragsteller daraufhin nicht mehr als arbeitsuchend.

Am 9. August 2010 meldete sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin, weil er eine ablehnende Mitteilung der Beigeladenen zu seinem Antrag auf Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erhalten habe und fragte nach einer Meldung der anrechenbaren Zeiten ab dem 15. Juli 2008 nach. Nach einem hierüber gefertigten Vermerk informierte eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin den Antragsteller über die Absprache vom 14. Juli 2008 und übergab dem Antragsteller einen Ausdruck des Vermerks.

Am 17. August 2010 sprach der Antragsteller erneut bei der Antragsgegnerin vor und erhielt eine schriftlich mit dem Datum vom 17. August 2010 ohne Rechtsbehelfsbelehrung gefertigte Ablehnung zur Meldung von Anrechnungszeiten ab dem 15. Juli 2008: Es liege ab dem 15. Juli 2008 bis heute keine Arbeitslosigkeit vor, weil der Antragsteller keine Eigenbemühungen entfaltet und der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe.

Mit Schreiben vom 19. August 2010 bzw. bei einer Vorsprache bei der Antragsgegnerin am 6. September 2010 widersprach der Antragsteller, da der Antragsgegnerin seit fünf Jahren der Aufhebungsvertrag mit der Arbeitgeberin vorliege und die Antragsgegnerin daher über die Arbeitslosigkeit informiert gewesen sei. Ihm fehle lediglich die Bestätigung dessen gegenüber dem Rentenversicherungsträger. Zudem sei ihm durch die Arbeitsvermittlung am 14. Juli 2008 gesagt worden, dass er nicht mehr alle drei Monate in der Arbeitsvermittlung vorsprechen müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2010 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück: Eine Meldung sei für die Zeiten ab dem 15. Juli 2008 nicht zu fertigen, weil der Antragsteller ab dann nicht mehr arbeitslos gewesen sei. Bei einem etwaigen Beratungsverschulden könne die fehlende Arbeitslosigkeit nicht mehr von ihr hergestellt werden.

Am 18. Oktober 2010 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage (S 14 AL 326/10) und 1. Dezember 2010 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat er die vorläufige Anordnung der Meldung seines Status als Arbeitsloser ab dem 14. Juli 2008 begehrt: Seit Oktober 2010 erhalte er keine Leistungen der Arbeitgeberin mehr. Die Beigeladene habe mit Bescheid vom 9. November 2010 die Gewährung einer Rente wegen Arbeitslosigkeit abgelehnt. Ihm drohe ein Nachteil, wenn er Arbeitslosengeld II beantragen müsse, weil er dann seine Rücklagen aufzubrauchen habe, welche er dann auch nicht mehr wiederherstellen könne.

Der Antragsteller hat gegen den Bescheid der Beigeladenen über die Ablehnung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vom 9. November 2010 Widerspruch erhoben, über den im Hinblick auf die anhängigen Verfahren noch nicht entschieden ist.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 4. Februar 2011 zurückgewiesen: Der Antrag des Antragstellers sei unzulässig. Die Meldung der Antragsgegnerin entfalte noch keine Rechtswirkungen, sondern diene nur dazu, Informationen für die spätere Entscheidung an die Beigeladene weiterzuleiten. Eine Klage gegen die Antragsgegnerin sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, wenn bereits ein Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger betrieben werde, mit dem das eigentliche Rechtsschutzziel, nämlich die Anerkennung von Anrechnungszeiten, verfolgt werde. Das Verfahren gegen den beigeladenen Rentenversicherungsträger sei schneller und dort sei gegebenenfalls durch Vernehmung der Mitarbeiter der Antragsgegnerin auch eine notwendige Aufklärung möglich. Der Antragsteller führe derzeit noch ein Widerspruchsverfahren gegen die ablehnende Bescheidung seines Rentenantrages. Darüber hinaus bestehe auch keine Bindung der Beigeladenen an die Meldung durch die Antragsgegnerin.

Gegen den ihm am 9. Februar 2011 förmlich zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 4. März 2011 Beschwerde erhoben und diese bislang trotz Ankündigung und Hinweis auf die fehlende Glaubhaftmachung des Eilbedürfnisses nicht weiter begründet.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgericht Magdeburg vom 4. Februar 2011 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache als ab dem 14. Juli 2008 arbeitslos zu führen und dies der Beigeladenen zu melden.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist nicht erfolgreich.

Die Beschwerde ist zwar fristgerecht im Sinne des § 173 S. 1 des Sozialgerichtsgerichtsgesetzes (SGG) erhoben und wegen des nicht auf eine Geldleistung gerichteten Begehrens auch im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. § 144 Abs. 1 SGG zulässig.

Die Beschwerde ist aber nicht begründet.

Das SG hat es zu Recht abgelehnt, eine vorläufige Anordnung zu treffen.

Der Erlass der vom Antragsteller begehrten vorläufigen Anordnung beurteilt sich nach § 86b Abs. 2 SGG.

Nach § 86b Abs. 2 SGG ist das Begehren des Antragstellers als auf eine Regelungsanordnung gerichteter Antrag statthaft, weil in der Hauptsache keine reine Anfechtungsklage zu erheben war. Das Begehren des Antragstellers ist in der Hauptsache auf eine Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet, so dass statthafte Klageart eine Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG ist.

Das Gericht der Hauptsache kann dann gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO).

Der Antragsteller hat keinen Anspruch glaubhaft gemacht, nach dem die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten ist, dem Rentenversicherungsträger versicherungsrechtlich relevante Zeiten ab dem 14. Juli 2008 als Anrechnungszeiten zu melden.

Für die Klage und auch für das einstweilige Rechtsschutzverfahren gegen die Antragsgegnerin mit dem Ziel der Änderung der Meldungen zur Sozialversicherung fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis.

Voraussetzung der Zulässigkeit jeder Klage bzw. jeden einstweiligen Verfügungsverfahrens ist, dass ein Rechtsschutzsuchender ein schutzwürdiges Interesse (Rechtsschutzinteresse) an der begehrten Entscheidung des Gerichts hat und das Gericht nicht für unnütze Zwecke in Anspruch nimmt (vgl. BSG v. 18.12.1974 - 12 RJ 162/73 - SozR 2200 § 1251 Nr. 8 m.w.N). Dabei ist zwar kein strenger Maßstab anzulegen. Das Rechtsschutzinteresse fehlt jedoch, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei nennenswerte Vorteile bringen kann oder wenn der Kläger das mit der Klage verfolgte Ziel auf andere, einfachere Weise erreichen kann (BSG SozR 2200 § 1251 Nr. 8 S. 26).

So liegt es hier, weil das eigentliche Rechtsschutzziel des Antragstellers in der Gewährung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 60. Lebensjahr liegt und die angestrebte Korrektur der Meldung der Antragsgegnerin zur Sozialversicherung nicht gewährleistet, dass der Antragsteller tatsächlich die von ihm erstrebte Rente erlangt.

Zwar bewirkt die Meldung der Antragsgegnerin keine unmittelbare Bindung der Beigeladenen, eine Bestätigung über die Zeiten der Arbeitslosigkeit kann aber ggf. als öffentliche Urkunde gemäß § 418 der Zivilprozessordnung von der Beigeladenen zu beachten sein. Es ist nicht auszuschließen, dass ein Versicherungsträger, ohne rechtlich gebunden zu sein, von weiteren eigenen Ermittlungen absieht, wenn ihm eine öffentliche Urkunde eines anderen Versicherungsträgers vorgelegt wird, in der mit entsprechender Beweiskraft Aussagen über bestimmte tatsächliche Umstände enthalten sind (vgl. BSG v. 27.02.1991 - 5 RJ 90/89 - BSGE 68, 163, 166).

Allerdings ist, wie schon das SG ausgeführt hat, die unmittelbare Inanspruchnahme des Rentenversicherungsträgers vorrangig. Ist wie hier bereits ein Rechtsbehelfsverfahren wegen des eigentlichen Anspruchsziels anhängig und können in diesem Verfahren die Voraussetzungen des Anspruchs insgesamt geklärt werden, fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis für weitere gerichtliche (Feststellungs-) Verfahren, in denen nur einzelne Elemente bzw. rechtliche Vorfragen des Anspruchs geklärt werden sollen (vgl. BSG v. 09.02.1994 - 11 RAr 49/93 – Juris Rn. 23). Hier betrifft das Verfahren nur die Frage der Anrechnungszeiten, die für die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) maßgeblich sind. Für diese Form der gesetzlichen Rente sind hingegen nicht nur die Anrechnungszeiten, sondern auch noch weitere versicherungsrechtliche Voraussetzungen festzustellen bzw. zu klären. Im Übrigen ist auch denkbar, dass unabhängig von dem Inhalt der Meldung der Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren durch die Beigeladene bzw. im gerichtlichen Verfahren die Leistungsvoraussetzungen geklärt werden können, weil die Meldung bei der Antragsgegnerin nicht zwingende Voraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslosigkeit ist (vgl. BSG v. 21.03.1996 – B 5 RJ 27/05 R – Juris). Das Rechtsbehelfsverfahren bzw. der Rechtsstreit gegen die Beigeladene kann daher aufgrund der dort notwendigen umfassenden Aufklärung schneller und einfacher zu dem eigentlichen Anspruchsziel des Antragstellers führen, so dass für zusätzliche Rechtsstreitigkeiten mit der Antragsgegnerin kein Raum ist.

Damit kann auch offenbleiben, ob der Antragsteller einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Die Kostenentscheidung folgt entsprechend aus § 193 SGG.

Die Entscheidung ist endgültig, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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