L 1 U 83/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1287/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 83/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts R. vom 27.09.2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Berufskrankheiten (BKen) nach der Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung) und der Nr. 4201 (exogen-allergische Alveolitis) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) im Streit.

Der 1938 geborene Kläger erlernte den Beruf des Müllers und war seit dem 01.09.1960 als Kommanditist der Röhm KG, R.-Mittelstadt, als Müllermeister beschäftigt. Am 02.05.1997 wurde beim Kläger eine Bypass-Operation durchgeführt. Am 31.12.1998 gab der Kläger seine Tätigkeit auf. Er bezieht seitdem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Am 04.11.2005 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass bei ihm eine beruflich bedingte Erkrankung der Lunge durch Mehlstaub bestehe. Er verwies auf Angaben von Prof. Dr. B., welche dieser als Sachverständiger vor dem Landgericht T. im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses gemacht habe. Der Kläger hatte in einem Verfahren vor dem Landgericht T. (LG) als Folge der 1997 durchgeführten Bypass-Operation eine Schädigung des Zwerchfellnervs beklagt; die Klage beim LG wurde vom Kläger zurückgenommen (Az. 8 U 15/04). Die Beklagte zog Befundberichte bei, zu denen auch das Gutachten des Prof. Dr. B. vom 23.03.2004 und weitere Unterlagen betreffend die Bypass-Operation des Klägers gehörten. Nach diesen Unterlagen war der Kläger im April 1997 mit unklaren Angina pectoris-Symptomen im Krankenhaus R. aufgenommen und zur weiteren Diagnostik in die Universitätsklinik T. überwiesen worden. Dort war eine koronare Herzerkrankung bei langjährigem Nikotinkonsum diagnostiziert und die Bypass-Operation durchgeführt worden. Prof. Dr. B. stellte dabei fest, dass die beim Kläger aufgetretene Schädigung des Zwerchfellnervs eine typische Komplikation des beim Kläger vorgenommenen Eingriffs sei, welche sich nicht immer vermeiden lasse. Außerdem teilte Prof. Dr. B. eine schwere chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit belastungsabhängiger Atemnot mit.

In einem Bericht vom 07.02.2006 führte Dr. N. aus, dass beim Kläger eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung ohne Hinweise auf eine allergische Diathese bestehe. In einem früheren Bericht vom 26.09.2005 hatte Dr. N. darauf hingewiesen, dass der Kläger bis zu seinem Herzinfarkt 1997 starker Zigarettenraucher gewesen sei. Mit Bericht vom 30.05.2003 hatte Dr. N. 25 sogenannte "pack-years" ("Packungsjahr", welches in statistischen oder medizinischen Veröffentlichungen die inhalierte Rauch-Dosis beschreibt; ein Packungsjahr bedeutet den Konsum einer Zigarettenschachtel mit ca. 20 Zigaretten pro Tag über den Zeitraum eines Jahres) mitgeteilt. Der Kläger habe Allergien verneint, auch habe im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit keine Asbest- oder Quarzstaubbelastung bestanden.

Dr. W. teilte hierzu in einem Bericht vom 15.02.2006 mit, dass der Kläger einen Zigarettenkonsum von ca. zwei Schachteln Zigaretten pro Tag über den Zeitraum von 1953 bis 1997 angegeben habe. Der Kläger habe berichtet, jahrzehntelangen Kontakt mit Mehl- und Getreidestaub gehabt zu haben, wobei er auch mit der Vergasung von Mehlwürmern beauftragt gewesen sei. Beschwerden seien bei seiner beruflichen Tätigkeit deswegen nicht aufgetreten.

Ausweislich eines Berichts von Prof. H. und Dr. M. von den Asklepios Fachkliniken in München habe der Kläger einen Zigarettenkonsum von 2 Schachteln pro Tag über 40 Jahre angegeben; seit 1997 sei er nach eigenen Angaben Nichtraucher.

Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. B. vertrat am 28.03.2006 und 10.05.2006 die Auffassung, dass eine BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV nicht vorliege, weil kein Zusammenhang zwischen der obstruktiven Atemwegserkrankung und der früheren beruflichen Tätigkeit als Müller bestehe. Der staatliche Gewerbearzt vertrat mit Stellungnahme vom 30.05.2006 dieselbe Ansicht.

Mit Bescheid vom 16.06.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung der beim Kläger bestehenden Erkrankung als BK sowie die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Aufgrund der vorhandenen Berichte könne eine durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung (einschließlich Rhinopathie) nicht festgestellt werden. Eine Sensibilisierung auf Berufsstoffe habe sich nicht gezeigt. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass die Symptomatik nach Aufgabe der Tätigkeit weiter bestehe. Auch die Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach § 3 Abs. 1 BKV lägen nicht vor.

Seinen deswegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, das Prof. Dr. B. ausdrücklich auf eine durch den Kontakt mit Mehl entstandene Staublunge hingewiesen habe. Da der Mehlstaub in der Lunge verbleibe, sei aufgrund der früheren beruflichen Tätigkeit die Erkrankung als BK anzuerkennen.

Im Auftrag der Beklagten erstattete der Lungenfacharzt Dr. S. am 13.11.2006 ein Sachverständigengutachten. Der Kläger habe nach eigenen Angaben bis 1997 alle anfallenden Arbeiten beschwerdefrei ausüben können, und er sei auch beschwerdefrei geblieben, wenn eine maximale Staubbelastung bei der Kornanlieferung (Befüllen der Mehlsäcke) aufgetreten sei. Er habe nie in Folge einer akuten Dyspnoe-Symptomatik den Arbeitsplatz fluchtartig verlassen müssen. Eine BK liege beim Kläger nicht vor, insbesondere nicht eine solche nach der Nr. 4301 der Anlage zur BKV. Mehlstäube seien nicht fibrogen und könnten damit keine Staublunge hervorrufen, welche der allgemein geltenden Definition entspreche. Es sei ausgeschlossen, dass der Kläger an einer beruflich verursachten Inhalationsallergie erkrankt sei und während der beruflichen Tätigkeit von 1953 bis 1997 keine Beschwerden am Arbeitsplatz hätten beobachtet werden können. Bei einer Sensibilisierung auf Mehlstäube wäre es nicht erst 1998, sondern bereits Jahre zuvor zu Beschwerden gekommen. Typische Symptome hierfür seien Rhinokonjunktivitis-Beschwerden, Husten und Hustenattacken und insbesondere Asthma-Beschwerden. Solche Symptome seien jedoch vom Kläger nicht bestätigt worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die obstruktive Atemwegserkrankung im Zusammenhang mit dem inhalativen Zigarettenrauchen über einen Zeitraum von 40 Jahren mit bis zu 40 Zigaretten täglich stehe. Hierfür sprächen auch die lungenfunktionsanalytischen Untersuchungen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da weder eine BK nach der Nr. 4301 noch nach der Nr. 4201 der Anlage zur BKV vorliege.

Der Kläger hat am 02.04.2007 Klage beim Sozialgericht R. (SG) erhoben. Zwar habe er in der Vergangenheit geraucht, doch sei der Zigarettenkonsum geringer als von der Beklagten angenommen gewesen. Im Übrigen hat er auf die Ausführungen des Sachverständigen in dem Zivilprozess vor dem Landgericht T. verwiesen.

Das SG hat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers ein Gutachten bei dem Lungenfacharzt Dr. L. eingeholt. In dem Gutachten vom 22.05.2008 ist angegeben, dass beim Kläger das klassische Bild einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung vorliege, welche durch eine als Operationskomplikation entstandene Zwerchfellparese links überlagert werde. Das plötzliche Auftreten von Atembeschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit der Herzoperation sei auf diese Zwerchfellparese zurückzuführen. Es bestehe eine schwere obstruktive Ventilationsstörung durch entzündungsbedingte Verengung der Bronchen, die durch Medikamente nicht zu beeinflussen sei. Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung sei eine typische Raucherkrankheit. Der Kläger habe auch sicher in einem Umfang geraucht, welcher die Entstehung einer solchen Erkrankung zwanglos erkläre; bei der Begutachtung habe der Kläger nunmehr keine genauen Angaben mehr zu seinem Zigarettenkonsum machen können. An berufsbedingten Erkrankungen kämen prinzipiell eine obstruktive Atemwegserkrankung nach der Nr. 4301 sowie eine Lungenfibrose durch organische Stäube nach der Nr. 4201 der Anlage zur BKV in Betracht. Eine obstruktive Atemwegserkrankung nach der Nr. 4302 der Anlage zur BKV scheide aus, da eine Exposition gegen über irritativ-toxischen Stoffen nicht stattgefunden habe. In diesem Zusammenhang sei zu betonen, dass der Begriff Staublunge nur Erkrankungen umfasse, die durch fibrogene Stäube verursacht seien, deren physikalische und chemische Eigenschaften zu einer Bindegewebsvermehrung in der Lunge führten. Es handele sich um silicogene Feinstäube, bestimmte Metallstäube oder Asbeststäube. Organstäube könnten demgegenüber eine Staublunge nicht verursachen, allerdings eine exogen-allergische Alveolitis (z. B. Farmerlunge als Berufskrankheit nach der Nr. 4201). Gegen das Vorliegen von BKen der Nrn. 4201 und 4301 der Anlage zur BKV spreche jedoch die völlige Abwesenheit von Atembeschwerden oder auch Husten während der gesamten beruflichen Laufbahn. Der Kläger habe nach den Unterlagen in den Akten erstmalig Atembeschwerden nach dem Herzinfakt 1997 angegeben. Ferner spreche gegen eine BK der langjährige Nikotinkonsum sowie der fehlende Nachweis einer allergischen Sensibilisierung gegen Mehlstäube und die Abwesenheit anderer allergischer Symptome wie Niesanfälle, Schnupfen oder Augentränen wegen der Arbeit. Eine exogen-allergische Alveolitis nach der Nr. 4201 der Anlage zur BKV scheide auch deswegen aus, da für diese Erkrankung der typische Lungenbefund nicht vorliege.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27.09.2010 abgewiesen, wozu es sich auf die aktuelle Begutachtung unterstützt hat. Insoweit hätten auch Dr. N. und Prof. Dr. B. entgegen den Angaben des Klägers eine anders lautende Beurteilung in ihren früheren ärztlichen Aussagen nicht vorgenommen. Das Urteil des SG ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 06.12.2010 zugestellt worden.

Deswegen haben die Bevollmächtigten des Klägers am 07.01.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt (der 06.01.2011 war in Baden-Württemberg ein Feiertag). Der Kläger weist in seiner Berufungsbegründung darauf hin, dass er insbesondere während seiner Lehrzeit laufend Mühlsteine habe bearbeiten müssen, welche aus Natursteinen bestanden hätten, wodurch eine massive Staubbelastung wie bei einem Steinmetz aufgetreten sei. Außerdem habe er bei der zuvor ausgeübten Tätigkeit in einer Futtermühle vom 08.01.1957 bis zum 28.06.1958 keinerlei Arbeitsschutz gegen die damalige massive Staubbelastung gehabt. Unzutreffend sei ferner, vom Fehlen von Lungenproblemen auf das Fehlen einer Erkrankung zu schließen, da Lunge und Herz ein System bildeten und die bei dem Kläger aufgetretenen Herzprobleme auch auf die Belastung seiner Lunge zurückzuführen seien. Es sei daher völlig unverständlich, wenn das SG darauf abstelle, dass der Kläger subjektiv keine Atembeschwerden angegeben habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts R. vom 27.09.2010 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 16.06.2006 in der Ge- stalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2007 zu verurteilen, die bei ihm be- stehende Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach der Nr. 4201 bzw. der Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Feststellungen in den Entscheidungsgründen beruhten auf den übereinstimmenden fachärztlichen Bewertungen durch Dr. S. in dessen lungenfachärztlich-allergologischem Gutachten vom 13.11.2006 und in dem internistisch-pneumologischen Gutachten des Dr. L. vom 22.05.2008. Die vom Kläger nunmehr hervorgehobenen Punkte in seiner früheren Erwerbsbiographie seien bereits in der Befragung durch Dr. L. Gegenstand der Untersuchung vom 19.05.2008 gewesen und hätten der Beurteilung zugrunde gelegen. Es stehe fest, dass der Kläger über Jahrzehnte hinweg gegenüber pflanzlichen Allergenen exponiert bzw. Staub ausgesetzt gewesen sei. Jedoch spreche ganz deutlich gegen das Vorliegen einer BK die bei den Befragungen durch Dr. L. und Dr. S. erfolgte Erklärung, er habe vor 1997 keine Atembeschwerden gehabt bzw. keine Beschwerden wahrgenommen, die für ein Lungenleiden und eine Bronchialerkrankung sprechen könnten. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 02.03.2011 mitgeteilt habe, es müsse so gewesen sein, dass die Lungenfunktion immer mehr zurückgegangen sei, hätten sich entsprechende Beschwerden bereits früher für den Kläger wahrnehmbar einstellen müssen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Senat hat über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweise vom 28.03.2001, 19.05.2011 und 27.05.2011) haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze der MdE zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wobei die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII).

Für die Anerkennung einer BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Sowohl hinsichtlich der haftungsbegründenden als auch hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286), d.h. es müssen die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112; BSG, Urteil vom 28.03.2003 B 2 U 33/03 R -).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die beim Kläger aufgetretenen Lungenbeschwerden und Atemprobleme nicht als BKen nach der Ziff. 4201 oder der Ziff. 4301 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.

Eine BK Nr. 4201 (exogen-allergische Alveolitis) der Anlage 1 zur BKV liegt insbesondere deshalb nicht vor, weil die radiologischen Befunde des Klägers diese nicht wiedergeben. Zwar können organische Stäube wie Mehlstaub grundsätzlich eine exogen-allergische Alveolitis verursachen. Allergietestungen haben beim Kläger jedoch nie den Nachweis einer Mehl(staub)allergie erbracht. Auch hätte es insofern nach den schlüssigen Ausführungen der im vorliegenden Verfahren gehörten Gutachter wahrscheinlich schon während des langjährigen Umgangs des Klägers mit Mehl seit den 50er Jahre und nicht erst 1997 zu einem Auftreten von Symptomen kommen müssen. Entsprechend den Ausführungen in dem Gutachten des Dr. S. vom 13.11.2006 sind beim Kläger während seines Arbeitslebens aber nie die für eine exogen-allergische Alveolitis typischen Symptome Rhinokonjunktivitis-Beschwerden, Husten, Hustenattacken oder Asthma-Beschwerden aufgetreten.

Auch eine BK Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen) ist nicht nachgewiesen. Es ist auch hier auf das Fehlen einer allergischen Reaktion des Klägers auf berufliche Stoffe und das Fehlen der typischen Symptome während des Berufslebens des Klägers hinzuweisen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in dem erheblichen Zigarettenkonsum des Klägers in der Vergangenheit eine ausreichende Erklärungsmöglichkeit für die bei ihm festgestellte obstruktive Atemwegserkrankung vorliegt, welche allein auf außerberuflichen Einflüssen beruht. Zusätzlich kann auch ein Teil der Atembeschwerden des Klägers auf die Folgen der Bypass-Operationen im Jahr 1997 zurückgeführt werden (vgl. das auf Antrag des Klägers erstellte Gutachten des Dr. L. vom 22.05.2008).

Zur Vermeidung von Wiederholungen zum Nichtvorliegen dieser beiden BKen wird nach § 153 Abs. 2 SGG im Übrigen auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.

Unzutreffend ist der Vortrag des Klägers, dass der vor dem LG T. gehörte Sachverständige Prof. Dr. B. (Gutachten vom 23.03.2004) eine berufliche Verursachung schlüssig begründet habe. Dieses Gutachten befasst sich hauptsächlich mit der Frage des Vorliegens eines Arztfehlers bei der Operation im Jahr 1997. Der Einfluss der beruflichen Exposition des Klägers gegenüber bestimmten Stoffen wird in dem Gutachten nicht thematisiert. Sofern der Gutachter bei seiner Erläuterung des Gutachtens vor dem LG einen entsprechenden Verdacht mündlich geäußert haben sollte (vgl. Bl. 31 der Verwaltungsakte), handelt es sich um einen bloßen Verdacht ohne nähere Begründung, der durch die nachfolgenden Begutachtungen widerlegt worden ist. Insbesondere ist insoweit auch keinerlei Auseinandersetzung mit dem langjährigen und erheblichen Nikotinkonsum des Klägers erfolgt, der alleine bereits geeignet ist, die Beschwerden des Klägers zu erklären.

Auch der weitere Vortrag des Klägerbevollmächtigten im Berufungsverfahren rechtfertigt keine vom SG abweichende Entscheidung. Die angeführten Arbeitszeiten in der Ausbildung des Klägers und in seiner beruflichen Anfangszeit waren Gegenstand der in den Akten enthaltenen Gutachten, mit denen das Vorliegen der geltend gemachten BKen überzeugend abgelehnt worden ist. Sofern mit dem Vortrag im Berufungsverfahren auf die Exposition gegenüber anderen Stoffen als Mehl (Futtermittel, Steinstaub von bearbeiteten Mühlsteinen) abgestellt wird, sind weitere Ermittlungen entbehrlich. Bezüglich des Futtermittels als organischem Stoff fehlt es ebenfalls an einer nachgewiesenen Allergie oder eines typischen Krankheitssymptoms. Der zitierte Steinstaub von Mühlsteinen ist nicht allergen und damit nicht Gegenstand des vorliegend auf die beiden genannten BKen beschränkten Streitgegenstands.

Sofern auf den Arztbericht der Dres. H. und B. vom 13.12.1988 hingewiesen wird, kann hierdurch ebenfalls nicht der Nachweis einer allergischen Reaktion geführt werden. Außerdem sind die genannten Befunde ("mäßig ausgeprägte Peribronchitis") auch mit den später beschriebenen Befunden vereinbar und ebenso möglicherweise auf den Nikotinkonsum des Klägers zurückzuführen. Insbesondere wird durch diesen Bericht weiterhin nicht erklärt, weshalb der Kläger bis 1988 in seinem Beruf ohne die beim Vorliegen einer der geltend gemachten BKen zu erwartenden Symptome hat arbeiten können.

Der Hinweis des Klägerbevollmächtigten auf die langjährige erhebliche Mehlexposition des Klägers allein vermag nicht für die Annahme einer BK auszureichen. Der Schluss von einer ggf. ausreichenden beruflichen Belastung auf die Verursachung durch die berufliche Belastung ist ohne das Hinzutreten weiterer Indizien für eine berufliche Belastung unzulässig. Das BSG hat zutreffend entschieden, dass selbst beim Fehlen konkurrierender Ursachen die Schlussfolgerung der Kausalität aus den erfüllten arbeitstechnischen Ursachen nicht zulässig ist (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - und vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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