L 1 R 286/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 14 R 79/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 286/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 04. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens umstritten, ob der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Dezember 1993 bis zum 31. Juli 1997 eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und für den anschließenden Zeitraum vom 01. August 1997 bis zum 31. Dezember 1998 eine höhere Altersrente zusteht.

Die am ... 1937 geborene Klägerin war seit 1963 bis zum 31. August 1990 beim Rat des Kreises B. tätig, seit dem 01. Juni 1971 als Kaderleiter und ab 01. Juni 1979 als Sekretärin des Rates des Kreises. Danach war sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Seit 1971 gehörte die Klägerin der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung der Mitarbeiter des Staatsapparates an. Die eingezahlten Beiträge ließ sie sich im Juni 1990 erstatten.

Die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger stellte mit Bescheiden vom 09. November 1994 bzw. 05. Februar 1996 die Zeit vom 15. Juli 1963 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates fest. Für die Zeit vom 01. März 1971 bis zum 30. Juni 1990 seien die Beiträge zum Zusatzversorgungssystem erstattet worden. Deshalb sei nur das gegebenenfalls zu begrenzende Entgelt zur Sozialpflichtversicherung zu berücksichtigen. Den gegen den zuletzt genannten Bescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Mai 1996 zurück. Klage gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin nicht.

Mit Bescheid vom 13. Februar 1995 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01. Dezember 1993 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf der Grundlage von 34,4496 persönlichen Entgeltpunkten (Ost). Auf Antrag der Klägerin gewährte ihr die Beklagte ab dem 01. August 1997 auf der Basis der genannten Entgeltpunkte mit Bescheid vom 19. August 1997 eine Altersrente für Frauen ... Einen dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1998 zurück. Auch hiergegen erhob die Klägerin keine Klage.

Auf den am 17. Juni 2003 beim Zusatzversorgungsträger gestellten Antrag stellte dieser die erzielten Entgelte mit Bescheid vom 04. September 2003 neu fest. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 02. Oktober 2003 ab dem 01. Januar 1999 Altersrente für Frauen. unter Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Entgelte auf der Grundlage von 51,8508 persönlichen Entgeltpunkten. Die Klägerin erhielt für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 30. November 2003 eine Nachzahlung in Höhe von 22.372,65 Euro.

Am 26. Juli 2005 beantragte die Klägerin unter Berufung auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Zahlung der höheren Rente auch für den Zeitraum vom 01. Dezember 1993 bis zum 31. Dezember 1998 sowie – jetzt nicht mehr im Streit – die Ermittlung einer Vergleichsrente nach § 307b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Mit Bescheid vom 15. September 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Abänderung des Rentenbescheides vom 02. Oktober 2003 ab. Bei Erlass dieses Bescheides sei weder das Recht unrichtig angewandt worden noch sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Am 28. April 1999 seien sowohl der Überführungsbescheid als auch der Rentenbescheid bestandskräftig gewesen, so dass bei der am 17. Juni 2003 beantragten Neufeststellung der Rente gemäß § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) Leistungen ab dem 01. Januar 1999 zu zahlen waren. Dagegen legte die Klägerin am 26. September 2005 Widerspruch ein. Bis zur Antragstellung sei sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt aufgefordert worden, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Es sei deshalb nicht ihr Verschulden, dass sie den Antrag so spät gestellt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.

Daraufhin hat die Klägerin am 16. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau (SG) erhoben und zur Begründung angegeben, dass der Beklagten ihr gegenüber eine Informationspflicht oblegen habe. Sie sei seit 1994 mindestens einmal im Jahr in der Beratungsstelle der Beklagten in B. vorstellig geworden, um sich nach ihrer konkreten Rentensituation zu erkundigen. Denn sie sei mit ihrer geringen Rentenleistung nicht einverstanden gewesen. Mit Urteil vom 04. Juli 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Rentenbescheid vom 02. Oktober 2003 sei rechtmäßig, so dass die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt habe. Die Neufeststellung der Altersrente der Klägerin habe auf § 48 Absatz 1 Satz 1 und 2 SGB X beruht. Durch den Bescheid des Zusatzversorgungsträgers, an den die Beklagte gebunden gewesen sei, hätten sich die dem Rentenbescheid vom 19. August 1997 zugrunde liegenden Verhältnisse geändert. Nach § 48 Absatz 4 SGB X gelte die vierjährige Ausschlussfrist des § 44 Absatz 4 SGB X entsprechend, so dass Leistungen – wie geschehen - ab dem 01. Januar 1999 zu erbringen gewesen seien. Auch aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) vom 27. Juli 2001 ergebe sich keine weitere Nachzahlung. Weil sowohl der Überführungsbescheid als auch der Rentenbescheid am 28. April 1999 bestandskräftig gewesen seien, komme auch eine Nachzahlung für die Zeit von 1993 bis Dezember 1996 nicht in Betracht. Auch aus den Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergebe sich ein Anspruch der Klägerin nicht. Die Auskunfts- und Beratungspflichten der §§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) seien nicht verletzt worden. Ein konkreter Anlass zur Beratung habe im Falle der Klägerin nicht bestanden bzw. sei von ihr nicht belegt worden.

Gegen das am 05. August 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04. September 2008 Berufung beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingelegt, das das Rechtsmittel an das Landessozialgericht weitergeleitet hat. Zur Begründung beruft sie sich auf ein Fehlverhalten der Behörde und eine Verletzung der Informationspflicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 04. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2006 zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 02. Oktober 2003 abzuändern und ihr unter Berücksichtigung der in diesem Bescheid festgestellten Zeiten und Entgelte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 1993 und die Altersrente für Frauen. ab dem 01. August 1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 04. Juli 2008 zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte hat bei Erlass des Rentenbescheides vom 02. Oktober 2003 weder das Recht unrichtig angewendet noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der Antrag der Klägerin nach § 44 Absatz 1 SGB X ist deshalb zu Recht abgelehnt worden, so dass diese nicht in ihren Rechten im Sinne von § 54 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt ist.

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Urteil vom 04. Juli 2008 und macht sie sich zu eigen (§ 153 Absatz 2 SGG).

Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass auch bei einer unterstellen Verletzung einer Informationspflicht der Beklagten und einem daraus möglicherweise resultierenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nach der Rechtsprechung des BSG die Vierjahresfrist des § 44 Absatz 4 SGB X anzuwenden wäre (vgl. Beschluss vom 25. August 2009 – B 3 KS 1/09 B –, zitiert nach juris, Rdnr. 17f. mit weiteren Nachweisen).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Absatz 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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