Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 86/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 99/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 14. Juni 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2004 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 12. Januar 2004 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen und im Vorverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bei seinem Verkehrsunfall vom 12. Januar 2004 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der am ... 1957 geborene Kläger war seit 2001 arbeitslos.
Am 12. Januar 2004 war er mit seinem Pkw von zu Hause unterwegs zur Jobbörse der Gesellschaft für M mbH & Co. KG () in Z ... Auf der Landstraße zwischen G und S kam er um 10.45 Uhr mit dem Fahrzeug auf Glatteis ins Schleudern, rutschte in einen Straßengraben und kippte seitlich um. Laut Durchgangsarztbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. B. vom 12. Januar 2004 erlitt er hierbei eine Lendenwirbelkörper (LWK) I-Vorderkantenfraktur und ein stumpfes Bauchtrauma. Der Kläger befand sich deswegen vom 12. bis zum 28. Januar 2004 im Städtischen Klinikum D ... Nach dem Operationsbericht der dortigen Unfallchirurgie vom 16. Januar 2004 erfolgte eine offene Reposition mit Stabilisierung über einen Fixateur interne als Überbrückung zwischen dem Brustwirbelkörper 12 und dem LWK 2. Anschließend befand sich der Kläger zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung vom 28. Januar bis zum 9. März 2004 in der Prof. V. Klinik M. und wurde danach arbeitsun-fähig entlassen.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2004 teilte die Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt Z., der Beklagten mit, der Kläger habe sich am 12. Januar 2004 auf Veranlassung der zur Jobbörse begeben. Eine Einladung oder andere Aufforderung seitens der Agentur für Arbeit Z. sei nicht erfolgt. Die Agentur für Arbeit habe zu ihrer Unterstützung die als Dritte mit Teilaufgaben der Vermittlung Ausbildungs- und Arbeitssuchender beauftragt.
Ausweislich des Bescheides vom 23. Februar 2004 erhielt der Kläger bis zum 22. Februar 2004 Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2004 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger Leistungsan-sprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) ab, da das Ereignis vom 12. Januar 2004 kein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sei. Der Kläger sei von Dritten, hier der , außerhalb eines Lehrgangs betreut worden und unterliege daher grundsätzlich nicht dem Schutz der UV. Es handele sich auch nicht um eine berufliche Aus- und Fortbildung, da der Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit fehle. Der Kläger habe bereits im Dezember 2003 in Form einer Informationsveranstaltung Kontakt mit der gehabt - es sei aber lediglich die erste Kontaktaufnahme aufgrund einer konkreten an den Leistungsbezie-her gerichteten Aufforderung der Agentur für Arbeit vom Versicherungsschutz umfasst.
Mit am 3. Juni 2004 eingegangenem Widerspruchsschreiben vom 2. Juni 2004 trug der Kläger vor, dass für jede weitere Kontaktaufnahme mit der Jobbörse Z. Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII vorliegen müsse, da diese Termine auch Auswir-kungen auf die Leistungsfortzahlung durch die Agentur für Arbeit hätten. Dem Termin vom 12. Januar 2004 sei eine Gruppeninformation am 12. Dezember 2003 im Arbeitsamt Z. vorausgegangen, die von einer Mitarbeiterin der Jobbörse im Auftrag des Arbeitsamtes durchgeführt worden sei. In diesem Termin habe nicht auf jeden Einzelnen eingegangen werden können, daher sei von dieser Mitarbeiterin der Jobbörse der 12. Januar 2004 als Termin für individuelle Einzelgespräche benannt worden, wobei jeder Teilnehmer eine Uhrzeit habe vorschlagen können, zu der er das Einzelgespräch habe wahrnehmen wollen. Er habe sich für 11.00 Uhr eingeschrieben. Er sei verpflichtet gewesen, den Termin am 12. Januar 2004 wahrzunehmen, anderenfalls hätte er mit einer Sperrfrist rechnen müssen. Es sei aus § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII auch nicht erkennbar, dass nur die "erste Kontaktaufnahme" gesetzlichen Unfallversicherungsschutz biete. Die Aufforderung, die Jobbörse aufzusu-chen, sei nicht durch einen Mitarbeiter des Arbeitsamtes, sondern durch einen Mitarbeiter der Jobbörse ausgesprochen worden. Zur Ergänzung des Widerspruchsvorbringens wird auf den Schriftsatz vom 2. Juni 2004 (Bl. 96 ff. der Verwaltungsakte) inhaltlich Bezug genom-men.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2004 als unbegründet zurück. Der Kläger sei zwar auf dem Weg zur gewesen, Grund hierfür sei aber keine besondere an ihn gerichtete Einzelaufforderung der Bundesagentur für Arbeit gewesen. Der Kläger habe bereits im Dezember 2003 in Form einer Informationsveranstaltung Kontakt zur Z. als beauftragtem Dritten aufgenommen. Es habe sich daher bei dem am Unfalltag vereinbarten Termin nicht um die erste Kontaktaufnahme gehandelt; damit stelle der Verkehrsunfall keinen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII dar. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII i.V.m. § 309 Abs. 1 SGB III sei die allgemeine Meldepflicht und die besondere im Einzelfall an den Arbeitslosen gerichtete Aufforderung der Agentur für Arbeit Voraussetzung für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Fehle nur eine dieser Voraussetzungen, sei ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nicht gegeben. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten nicht alle, die während der Arbeitslosigkeit die Agentur für Arbeit oder andere Stellen aufsuchten, unfallversichert sein. Andern-falls wäre ein unkontrollierbarer Unfallversicherungsschutz für alle Arbeitslosen gegeben, die aus eigenem Antrieb oder aufgrund von allgemeinen Empfehlungen oder zur Erfüllung von sonstigen Mitwirkungspflichten tätig seien. Personen, die im Auftrag der Arbeitsverwaltung durch beauftragte Dritte außerhalb von Lehrgängen betreut und vermittelt werden, unterlägen grundsätzlich nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei diesen von der Arbeitsverwaltung initiierten Maßnahmen fehle es an dem Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit. Es liege keine Bildungsmaßnahme nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII vor, daher bestehe auch kein Versicherungsschutz über den beauftragten Dritten. Es liege hier keine erste Kontaktaufnahme aufgrund einer konkreten an den Leistungsbezieher gerichteten Aufforderung der Agentur für Arbeit vor. Der Kläger habe den Termin eigenverantwortlich vereinbart und wahrgenommen.
Der Kläger hat mit der am 28. September 2004 erhobenen Klage beim Sozialgericht Dessau sein Begehren weiterverfolgt und beantragt, den Unfall vom 12. Januar 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen, und nunmehr auch eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbs-fähigkeit (MdE) von 20 v.H. zu bewilligen. Er hat vorgetragen, bei der ersten Infoveranstal-tung am 12. Dezember 2003 seien für den 12. Januar 2004 Einzeltermine vereinbart worden. Es liege hier eine besondere an ihn gerichtete Aufforderung durch einen beauftragten Dritten der Bundesagentur für Arbeit vor, die Jobbörse am 12. Januar 2004 aufzusuchen. Unter Bezugnahme auf die herrschende obergerichtliche Rechtsprechung meint der Kläger, es habe sich für ihn unzweifelhaft ergeben, dass sein persönliches Erscheinen zum ersten Vorstellungsgespräch bei der Jobbörse von der Bundesagentur für Arbeit verlangt worden sei. Im Übrigen habe die Agentur für Arbeit Z. telefonisch bestätigt, dass an ihn eine Einzelaufforderung von der Agentur für Arbeit zur Vorstellung bei der Jobbörse am 12. Januar 2004 ergangen sei.
Das Sozialgericht hat von der Bundesagentur für Arbeit den auf Grundlage von § 37a SGB III a.F. i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X geschlossenen Vertrag zwischen dem ehemaligen Arbeitsamt D. und der für den Zeitraum 6. Oktober 2003 bis zum 31. Januar 2004 beige-zogen: Nach der laufenden Ziffer 1 des Vertrages ergibt sich die Vertragsleistung der beauftragten aus der Anlage Aufgabenbeschreibung, wonach die Unterstützung der alle zweckdienlichen und erforderlichen Tätigkeiten umfasst, die darauf gerichtet seien, die Eigeninitiativen der zugewiesenen Bewerber zu forcieren und sinnvoll zu organisieren. Nach Ziffer 9 übernimmt das Arbeitsamt keine Haftung für Sach- und Personenschäden; die Unfallversicherung der zugewiesenen Personen erfolgt durch den Beauftragten. Zur Ergän-zung wird auf Bl. 41 bis 44 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 29. Juli 2005 hat das Sozialgericht Dessau die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft als der Unfallversicherungsträger der , nach § 75 Abs. 2 Sozialge-richtsgesetz (SGG) beigeladen.
Die Beigeladene hat die Ansicht vertreten, die unter der laufenden Ziffer 9 des vorgenannten Vertrages getroffene Vereinbarung sei unzulässig, da die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung kraft Gesetzes geregelt sei und nicht durch vertragliche Vereinbarung außer Kraft gesetzt werden könne. Eine Zuständigkeit der Beigeladenen sei nur über § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII möglich, allerdings gehe es für die betroffenen Erwerbslosen nicht um ein bestimmtes Ausbildungs- oder Berufsziel, sondern lediglich um deren Wiedereingliede-rung, was originäre Aufgabe der Agentur für Arbeit sei. Zwar könne die Agentur für Arbeit damit auch Dritte beauftragen, aber es verbleibe dann bei dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII.
Mit Urteil vom 14. Juni 2006 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht unter dem Schutz der UV gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII gestanden habe, als sich der Verkehrsunfall ereignete. Bei Betreuung durch von der Arbeitsverwaltung beauftrag-te Dritte bestehe grundsätzlich kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. Es fehle hier an einer Aufforderung der Agentur für Arbeit gegenüber dem Kläger als Voraussetzung für ein Eingreifen der UV. Nach dem Gesetz sei nicht beabsichtigt, alle Arbeitssuchenden auf dem Weg zur Agentur für Arbeit zu versichern, denn es fehle an dem Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit. Es liege auch keine berufliche Bildungsmaßnahme vor, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII für Lernende Versicherungsschutz bieten könnte.
Gegen das ihm am 28. Juni 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. Juli 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe zum Unfallzeitpunkt Arbeitslosengeld bezogen und habe der Meldepflicht unterlegen. Das Arbeitsamt D. habe mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 zu einer Informationsveranstaltung am 12. Dezember 2003 in das Arbeitsamt eingeladen. Hier sei er gemäß § 309 SGB III aufgefordert worden, sich in eine Liste für Einzelgespräche am 12. Januar 2004 einzutragen. Wäre er dieser Aufforderung nicht gefolgt, hätte er mit Sanktionen der Arbeitsverwaltung rechnen müssen.
Im Erörterungstermin vom 19. Mai 2008 hat der Kläger erklärt, als er am 12. Januar 2004 zur Jobbörse gefahren sei, habe er gedacht und gehofft, ihm werde ein Job angeboten, und es finde eine Auswertung statt. Er wisse aber nicht, was an dem Termin am 12. Januar 2004 besprochen werden sollte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 14. Juni 2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 12. Januar 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für richtig und verteidigt es.
Der Senat hat über den Berichterstatter die Zeuginnen D H und B Z zum Beweisthema "Organisation und Inhalt der Informationsveranstaltung beim Arbeitsamt D., Geschäftsstelle Z., am 12. Dezember 2003" im Erörterungstermin vom 22. Februar 2011 vernommen.
Die Zeugin H. hat mitgeteilt, sie sei 2003 als Sozialarbeiterin bei der beschäftigt gewesen. Die habe damals im Auftrag der Arbeitsverwaltung Info-Veranstaltungen, unter anderem auch in Z. in den Räumen der Agentur für Arbeit, durchgeführt. In diesen Info-Veranstaltungen habe sie die Arbeitssuchenden über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt und darauf hingewiesen, wie sie sich verhalten sollten. Es seien auch Fragen zu Bewerbungen, zur Qualifikation und zum zumutbaren Arbeitsweg erörtert worden. Regelmäßig sei es so gewesen, dass sie sich morgens vor der Veranstaltung bei einer Mitarbeiterin der Arbeits-verwaltung gemeldet habe, die ihr dann den entsprechenden Veranstaltungsraum aufgeschlossen habe. Bei der Informationsveranstaltung habe sie immer darauf hingewiesen, dass sie keine Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit sei, aber in deren Auftrag die Veranstaltung durchführe. Sie habe mit den Teilnehmern auch einen neuen Termin für ein Einzelgespräch vereinbaren müssen, um zu überprüfen, ob die Bewerbungsbemühungen erledigt worden seien. Es sei ihr nicht bekannt, ob die Agentur für Arbeit noch zusätzlich zu dem Folgetermin eingeladen habe. Sie wisse, dass Anwesenheitslisten herumgereicht worden seien, könne sich aber nicht daran erinnern, wie die Folgetermine konkret vereinbart worden seien. Die Zeugin ist der Meinung gewesen, wenn ein Teilnehmer im Folgetermin zum Einzelgespräch ausgeblieben sei, habe sie dies der Agentur für Arbeit melden müssen. Während ihrer Mitarbeit im Projekt "job office" habe sie nicht mitbekommen, dass gegen einen Arbeitssuchenden eine Sanktion verhängt worden wäre, weil er nicht zu einem Termin erschienen ist.
Die Zeugin Z. hat dargelegt, sie habe wie der Kläger den Termin am 12. Dezember 2003 wahrgenommen. Bei dieser Veranstaltung seien sie zunächst von einer Dame vom Arbeitsamt begrüßt worden und dann an Frau H. weitergegeben worden. Am Ende der Veran-staltung sei ein Plan ausgelegt worden und jeder habe sich für ein künftiges Einzelgespräch einen Termin aussuchen müssen. Hätte sie sich nicht für einen Termin eingetragen, wäre sie ihrer Ansicht nach "gemeldet" worden. Sie habe sich verpflichtet gefühlt, zum Folgetermin zu erscheinen, um sich keinen Ärger einzuhandeln. Gesonderte Einladungen seien für den Folgetermin am 12. Januar 2004 nicht verschickt worden, es habe nur die Terminsvereinba-rung mit den ausgelegten Listen bei der Informationsveranstaltung gegeben.
Die Beteiligten haben im Termin vom 22. Februar 2011 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwal-tungsakten der Beklagten (hier: Unfallakte mit Az. ), die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 SGG statthafte und nach § 151 SGG im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
Das Begehren des Klägers ist trotz des im Wortlaut auf Abänderung des Urteils des Sozial-gerichts gerichteten Antrags auf dessen Aufhebung gerichtet. Das Urteil des Sozialgerichts enthält keinen der Klage zusprechenden oder dem Kläger sonst günstigen Teil, der ange-sichts seines Begehrens erhalten bleiben müsste oder auch nur könnte. Insofern geht die gegen den Hinweis des Berichterstatters gewählte Formulierung "abzuändern" ins Leere.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Verkehrsunfalls vom 12. Januar 2004 als Arbeitsunfall. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Das Ereignis vom 12. Januar 2004 ist ein Arbeitsunfall, da der Kläger die Fahrt zur Jobbörse nach Z. nach seiner verständigen Vorstellung aufgrund einer besonderen Aufforderung unternahm, um damit seiner Meldepflicht gegenüber der Arbeitsverwaltung nachzukommen.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicher-ten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Tätigkeit den Unfall hervorgerufen (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R - UV-Recht Aktuell 2008, 142; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - B 2 U 6/02 R - NZS 2003, 268).
Der Verkehrsunfall vom 12. Januar 2004 ist ein Arbeitsunfall in Form eines Wegeunfalls im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da der Kläger auf dem Weg zu einem Einzelgespräch bei der "Jobbörse" als versicherter Tätigkeit verunglückte. Die Fahrt zur "Jobbörse" ist durch die Mitteilungen der Bundesagentur für Arbeit an die Beklagte vom 22. Januar 2004 – in Form einer Telefonnotiz – und vom 9. Februar 2004 belegt.
Zu dieser Zeit gehörte der Kläger zum gesetzlich versicherten Personenkreis nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Zum Zeitpunkt des Ereignisses am 12. Januar 2004 waren nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) mit Gültigkeit bis zum 5. August 2004 Personen kraft Gesetzes versichert, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) oder des Bundessozialhilfegesetzes der Meldepflicht unterlagen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Auffor-derung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit nachkamen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen.
Rechtsgrund für diesen Versicherungsschutz sind das Rechtsverhältnis zur Arbeitsverwal-tung und die sich aus diesem Rechtsverhältnis ergebenden Pflichten. Den meldepflichtigen Personen soll bei der Erfüllung der im Interesse einer geordneten Arbeitsvermittlung liegen-den Meldepflicht und bei Herstellung der von der Verwaltung für erforderlich gehaltenen persönlichen Kontakte Unfallversicherungsschutz in gleicher Weise gewährt werden, wie ihn ein Arbeitnehmer in Bezug auf den Weg zum und den Aufenthalt am Arbeitsplatz hat (BSG vom 8. Dezember 1994 - 2 RU 4/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr. 32). Es handelt sich quasi um das Korrelat zu den rechtlichen Nachteilen, die ein Arbeitsloser erfährt, wenn er sich der Meldepflicht entzieht (vgl. Becker, Sozialrecht aktuell 2009, 95 ff.). Ein allgemeiner Versiche-rungsschutz für Arbeitslose und Arbeitssuchende ist damit allerdings nicht gewollt, zumal die Erlangung eines Arbeitsplatzes vor allem auch im Interesse des Arbeitslosen steht. Ausge-nommen vom Versicherungsschutz sind daher nach der Gesetzesbegründung allgemeine Hinweise, Empfehlungen und die Aushändigung von Merkblättern (BT-Drs.13/2204 S. 75).
Der Kläger unterlag zum Zeitpunkt des Unfalls der Meldepflicht und handelte infolge einer besonderen Aufforderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Die Pkw-Fahrt zu diesem Termin stand nach der Handlungstendenz des Klägers auch im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und der Unfall war nach der Theorie der wesentlichen Bedin-gung kausal für die erlittenen Verletzungen. Die allgemeinen Grundsätze des § 8 Abs. 1 SGB VII über den ursächlichen Zusammenhang, die Nichtversicherung eigenwirtschaftlicher Handlungen, die Lösung vom Betrieb u.s.w. gelten auch hier in vollem Umfang.
Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III hat sich der Arbeitslose während der Zeit, für die er Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psycho-logischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit ihn dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Der Arbeitslose hat sich bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle zu melden. [ ] Für den Kläger galt die allgemeine Meldepflicht nach § 309 Abs. 1 SGB III, da er zur Zeit des Ereignisses von der Agentur für Arbeit Arbeits-losenhilfe bezog (vgl. deren Bescheid vom 23. Februar 2004).
Zunächst sieht der Senat schon in der Aufforderung des Arbeitsamtes D. vom 4. Dezember 2003, zur Informationsveranstaltung am 12. Dezember 2003 zu erscheinen, die maßgebliche Aufforderung, weil ihr eine Fortsetzungswirkung auch für die nachfolgende Veranstaltung am 12. Januar 2004 zukommt. Nach dem zugrunde liegenden Aufforderungsschreiben sollte mit dem Kläger am 12. Dezember 2003 über sein "Bewerberangebot" und seine "berufliche Situation" gesprochen werden, wobei ausdrücklich auf die Sanktionsmaßnahmen bei einem Meldeversäumnis hingewiesen wurde. Tatsächlich hat bei der Veranstaltung am 12. Dezem-ber 2003 niemand gerade mit dem Kläger über dessen berufliche Situation gesprochen, sondern ist diese Aufgabe dem für den 12. Januar 2004 geplante Gespräch vorbehalten geblieben. Die Aufforderung vom 4. Dezember 2003 hat sich danach nicht in der Informati-onsveranstaltung vom 12. Dezember 2003 erschöpft, sondern war dem Inhalt des erwarteten Verhaltens nach auch auf den Termin vom 12. Januar 2004 zu beziehen. Mithin wirkte die Einladung vom 4. Dezember 2003 ihrem Inhalt nach über die Informationsveranstaltung fort auf den weiteren Termin am 12. Januar 2004 und ist als "Aufforderung" i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII anzusehen.
Die Terminsvereinbarung mit der GfM für den 12. Januar 2004 stellt ebenfalls eine "Aufforderung" i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII dar. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII vom Gesetzgeber vorgenommene nähere Kennzeichnung der aus § 539 Abs. 1 Nr. 4 lit. b Reichsversiche-rungsordnung (RVO) übernommenen "Aufforderung" als "besondere" und "im Einzelfall" an den Arbeitslosen gerichtet, hat am Inhalt des Begriffs der Aufforderung selbst nichts geändert, so dass die zur Auslegung der Vorgängervorschrift ergangene Rechtsprechung des BSG weiterhin herangezogen werden kann, zumal das BSG in seinen hierzu ergangenen Entscheidungen auch keine von dieser "Präzisierung" abweichende Auslegung vertreten hat (vgl. BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R -, SozR 3-2700 § 2 Nr. 3, Rn. 18 in juris).
Zur "Aufforderung" ist eine Willenserklärung einer der im Gesetz genannten Stellen erforder-lich, die im Zusammenhang mit deren Aufgaben steht und die erkennen lässt, dass ein bestimmtes Verhalten, z. B. die persönliche Vorsprache oder Meldung, vom Arbeitslosen erwartet wird (BSG, 8. Dezember 1994 - 2 RU 4/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr. 32; BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 11, Rn. 22 in juris). Die Form der Aufforderung ist unerheblich; sie kann schriftlich, mündlich oder telefonisch erfolgen und muss nicht mit dem Begriff "Aufforderung" umschrieben sein. Selbst eine mit einer Bitte oder Empfehlung umschriebene Äußerung der Arbeitsverwaltung kann eine Aufforderung darstel-len, sofern der Eindruck vermittelt wird, dass das Erscheinen notwendig ist und erwartet wird (BSG, Urteil vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - SozR 3-2700 § 2 Nr. 3 m.w.N.); der Begriff der "Einladung" entspricht dieser weniger schroffen Form der "Aufforderung" (BSG vom 5. Februar 2008 - B 2 U 25/06 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 11). Die Aufforderung muss auch nicht unbedingt persönlich ergehen, sondern kann durch einen Dritten übermittelt werden (vgl. Becker, a.a.O. S. 97).
Das Erfordernis der "persönlichen Aufforderung" schließt auch eine größere Anzahl gleichlautender Aufforderungen an mehrere Personen, z.B. für eine Gruppeninformationsveranstaltung, nicht aus (vgl. Becker, a.a.O. S. 97). Es ist unter einer Aufforderung aber mehr als ein stillschweigendes Einverständnis oder eine Anregung zu verstehen.
Der Senat ist mit den glaubhaften Angaben des Klägers überzeugt, dass die Teilnehmer der Veranstaltung vom 12. Dezember 2003 von der Veranstaltungsleiterin Frau H. aufgefordert wurden, am ihnen vorgegebenen Tag, dem 12. Januar 2004, Einzelbesprechungstermine in den Räumen der wahrzunehmen. Die Angaben des Klägers werden nämlich mittelbar durch die Zeugin H. bestätigt, die angegeben hat, mit jedem der Teilnehmer einen Termin vereinbart zu haben und der Auffassung ist, eine solche Vereinbarung habe sie aus ihrer Verpflichtung gegenüber der (bis zum Jahresende 2003 noch so bezeichneten) Bundesanstalt für Arbeit heraus auch treffen müssen. Dass sie den Eindruck einer verpflichtenden, zumindest aber erwünschten Wahrnehmung des Termins am 12. Januar 2004 auch gegen-über den Teilnehmern der Veranstaltung vom 12. Dezember 2003 vermittelt hat, bestätigt die Zeugin Z ... Diese hielt sich nach ihren Angaben für verpflichtet, eine Uhrzeit am 12. Januar 2004 auszusuchen und glaubte, bei einem Nichterscheinen der Arbeitsverwaltung gemeldet zu werden. Ihre Formulierung, sie sei zu den Einzelgesprächen gegangen, "um sich keinen Ärger einzuhandeln", ist dahingehend zu verstehen, dass sie bei einem Nichterscheinen mit Sanktionen rechnete. Der Umstand, dass die dem Kläger keinen Termin zum Einzelge-spräch schriftlich vorgegeben hat, ist für die Qualifizierung als "Aufforderung" ohne Bedeu-tung, da die Form, wie der Termin zu Stande kommt, keine Rolle spielt. Im Übrigen war der Termin zumindest insoweit vorgegeben, als von der Mitarbeiterin der H der 12. Januar 2004 einseitig bestimmt worden ist. Es ist auch unschädlich, dass der Termin nicht nur dem Kläger persönlich, sondern im Rahmen einer Informationsveranstaltung einer Mehrzahl von Teilnehmern vermittelt worden ist, die alle an einem vorbestimmten Tag erscheinen sollten.
Irrelevant ist, ob die beschriebene Aufforderung selbst rechtmäßig erfolgt ist, da dem Meldepflichtigen nicht zuzumuten ist, die Rechtmäßigkeit einer an ihn gerichteten Aufforde-rung zutreffend zu beurteilen (vgl. BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III K § 309 Rn. 35). Es ist daher für die Frage des Vorliegens von Unfallversicherungsschutz nicht notwendig, dass es sich um rechtswirksame Meldeauf-forderungen handelt, so dass sich eine diesbezügliche Prüfung erübrigt. Welche Zwecke von der Meldeaufforderung umfasst werden, ist in § 309 Abs. 2 SGB III geregelt, allerdings ist der verfolgte Zweck für den Unfallversicherungsschutz irrelevant, da § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII keine Einschränkung hinsichtlich der Gründe und des Zwecks der Aufforderung enthält und der generelle Zweck der Vermittlung in Ausbildung und Arbeit sehr weit gefasst ist.
Die Aufforderung des Klägers durch Frau H. ist im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII eine solche einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit, weil sie dem Arbeitsamt D. als sein Verhalten zuzurechnen ist. Denn die Teilnehmer an der Versammlung am 12. Dezember 2003 konnten die Gesamtsituation auch durch das Verhalten des Arbeitsamtes so verstehen, dass die berechtigt war, ihnen gegenüber die allgemeine Meldepflicht zu konkretisieren und dabei eine Verpflichtung zur Teilnahme an den Einzelgesprächen am 12. Januar 2004 zu begründen.
Maßstab der Auslegung des Verwaltungshandelns, ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat, nicht jedoch eine Absicht der Behörde, die von diesem "Empfängerhorizont" aus nicht erkennbar ist (vgl. BSG vom 28. Juni 1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; BSG vom 8. Dezember 1993 - 10 RKg 19/92 - BSG SozR 3-1300 § 34 Nr. 2 m.w.N.). Maßgebend sind dabei die gesamten Begleitumstände im Einzelfall, zu denen auch die Auffassung der als Empfänger in Betracht kommenden Kreise zählt (BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris). Zu fragen ist, ob der Meldepflichtige nach den Umständen des Einzelfalls billiger-weise annehmen durfte, die Aufforderung entspreche seiner Meldepflicht (vgl. SGB VII, Brackmann/Kruschinsky § 2 Rn. 701). Entsprechendes gilt auch für den von der Beklagten als wesentlich angesehenen Umstand, dass konkret keine Konsequenzen für den Fall des Nichterscheinens angedroht worden waren. Die Androhung von Sanktionen oder sonstigen Nachteilen ist für die Annahme einer den Bürger bindenden Weisung aus dessen Sicht jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die möglichen Nachteile einer Nichtbeachtung - wie die Verzögerung oder sogar Ablehnung des Arbeitslosenhilfeantrages - als mögliche Konse-quenz dann zumindest erst später aufklärbarer Anspruchsvoraussetzungen ohne weiteres ersichtlich sind (BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris).
Für die Teilnehmer der Veranstaltung vom 12. Dezember 2003 war zunächst deutlich, dass hier das zuständige Arbeitsamt zu seiner Unterstützung die als einen privaten Dritten mit der Vermittlung Ausbildungs- oder Arbeitssuchender oder mit Teilaufgaben ihrer Vermittlung nach dem bis zum 31. Dezember 2003 gültigen § 37a Abs. 1 Satz 1 SGB III beauftragt hatte. Dies ergab sich für die Teilnehmer daraus, dass sie – wie die Zeugin Z. plastisch formuliert hat – nach einer Begrüßung durch eine Dame vom Arbeitsamt an Frau H. "weitergegeben wurden". Nach dem von den Zeugen und dem Kläger geschilderten Ablauf der Informationsveranstaltung mit Begrüßung durch eine Mitarbeiterin der Arbeitsverwaltung und anschlie-ßender Verantwortungsübergabe an Frau H. durfte ein verständiger Teilnehmer in der konkreten Situation des Klägers zu Recht davon ausgehen, dass er den Aufforderungen der Mitarbeiter in der ebenso Folge zu leisten hat, als wären sie unmittelbar von einem Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung ausgesprochen worden. Entsprechend konnte er anneh-men, dass er bei einem Fernbleiben vom vereinbarten Termin mit Sanktionen zu rechnen hat.
Eine Aufklärung in dem Sinne, die könne eine Konkretisierung der gegenüber dem Ar-beitsamt bestehenden Meldepflicht nicht vornehmen, erfolgte nicht. Anderenfalls hätte bei der Zeugin Z. nämlich nicht der Eindruck entstehen können, wenn man sich "keinen Ärger einhandeln" wolle, müsse man zu dem Folgetermin erscheinen. Vielmehr wurde durch die Verflechtung der Aufgabenwahrnehmung der Eindruck bestärkt, die handle in vollem Umfang an Stelle des Arbeitsamtes. Dies folgt etwa daraus, dass Frau H. im Rahmen solcher Veranstaltungen wie derjenigen am 12. Dezember 2003 auch über die Pflichten der Arbeitslosen informierte. Dies hat sie mit ihrer Zeugenaussage bekundet. Es ist für Laien nicht nahe liegend, dass jemand, der grundsätzlich in offensichtlicher organisatorischer Verflechtung mit dem Arbeitsamt handelt, über Pflichten gegenüber dem Arbeitsamt infor-mieren darf, zu denen er selbst keinen Bezug hat. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Teilnehmer an der Veranstaltung insoweit auf Unterschiede hingewiesen worden sind. Jedenfalls mussten die Veranstaltungsteilnehmer davon ausgehen, unter-schiedslos einer gleichen Kontrolle zu unterliegen. So hat Frau H. die – nicht sichere – Erinnerung, die Anwesenheit bzw. das Erscheinen bei Veranstaltungen sei kontrolliert worden und sie gehalten gewesen, ausbleibende Personen dem Arbeitsamt zu melden. Für eine richtige Erinnerung spricht dabei der Umstand, dass der vereinbarte Folgetermin einer Kontrolle von Bewerbungsbemühungen der erfassten Personen dienen sollte. Eine Kontrolle macht wenig Sinn, wenn sie nicht vor dem Hintergrund ggf. zu verhängender Nachteile erfolgt. Rein freiwillige Tätigkeiten werden typischerweise auch ohne Kontrolle verrichtet. Jedenfalls musste auch diese Kontrollaufgabe der bei den Betroffenen den Eindruck wecken, sie unterlägen gegenüber der GfM der Meldepflicht.
Da auch auf Seiten der Arbeitsverwaltung keine Rechtsklarheit herrschte, konnte eine solche auch den Betroffenen nicht vermittelt werden. Dass selbst Mitarbeiter des Arbeitsamtes keine klare Vorstellung davon hatten, inwieweit die Betroffenen Anregungen der folgen mussten, zeigt die Antwort der Agentur für Arbeit Z. vom 31. Juli 2007 auf eine gerichtliche Anfrage. Darin wird nämlich die Verhängung einer Sanktion bei einem Fernbleiben am 12. Januar 2004 nicht ausgeschlossen. Der Verfasser bezeichnet selbst die Einladung zu der Vorstellung am 12. Januar 2004 als Aufforderung, die am 12. Dezember 2003 ergangen sei. Sodann teilt er mit, ein Fernbleiben hätte zumindest ein Gespräch zur Sachverhaltsaufklärung nach sich gezogen. Eine Sperrzeit schließt er nur für den Fall aus, dass für das Fernbleiben ein wichtiger Grund vorlag. Diese Auskunft ist auch für das Verständnis zur Zeit der in Rede stehenden Veranstaltung wesentlich, weil die Auskunft der gleiche Verfasser erteilt hat, der schon am 22. Januar 2004 fernmündlich und am 9. Februar 2004 schriftlich den jeweils tätigen Unfallversicherungsträgern Auskünfte erteilt hat.
Der Kläger konnte insgesamt zu Recht davon ausgehen, dass seine persönliche Vorsprache bei der am 12. Januar 2004 von der Arbeitsverwaltung erwartet wurde (zu der Bedeutung vgl. BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris).
Der Auslegung, wonach die maßgebliche Aufforderung auch durch einen Dritten erfolgen kann, wenn sie sich bei verständiger Betrachtung des Betroffenen als vom Arbeitsamt veranlasste Aufforderung darstellt, steht der Wortlaut der Norm nicht entgegen. Dies hat der Gesetzgeber bei Erlass des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2130) selbst so gesehen. Bei dieser Gelegenheit hat er nämlich eine ausdrückliche Einfügung des Zusatzes "oder eines beauftragten Dritten nach § 37 des Dritten Buches" (bezogen auf die Aufforderung) in § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII als Klarstellung bezeichnet. Die Begründung des Gesetzentwurfs lautet insoweit:
"Mit der Ergänzung des Abs. 1 Nr. 14 wird klargestellt, dass auch solche Arbeitssuchende in den Unfallversicherungsschutz einbezogen sind, die nicht unmittelbar einer Aufforderung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit, sondern der Aufforderung eines von der Bundesagentur nach dem Dritten Buch beauftragten Dritten nachkommen." (BT-Drs. 16/9154 S. 25)
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rückänderung mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 (BGBl. I Seite 1129), mit der die Einfügung wieder gestrichen worden ist. Denn dies beruht darauf, dass die Einschaltung privater Dritter nicht mehr und nicht allein in § 37 SGB III geregelt war. Zur Begründung dafür heißt es insoweit:
"Es handelt sich um die Beseitigung eines Redaktionsversehens. Das Gesetz zur Neuaus-richtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 hat das Konstrukt des ‚beauftragten Dritten’ im bisherigen Sinne aus dem Arbeitsförderungsrecht entfernt. Bisher einzeln geregelte Instrumente, um die Eingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt zu fördern, sind in den Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung aufgegangen. Maßnahmeträger werden durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Vergabe-rechts beauftragt und vertraglich verpflichtet, den Unfallversicherungsschutz der zugewiese-nen Teilnehmer sicherzustellen."
Soweit in dieser Begründung auch der Gedanke anklingt, Risiken von der gesetzlichen Unfallversicherung auf einen privaten Versicherungsschutz zu übertragen, den die privaten Dritten sicherstellen sollen, ist dieser Gedanke gegenüber der Begründung aus dem Jahre 2008 jedenfalls neu und nicht für die Auslegung vorher geltender Rechtslagen maßgeblich. Vor dieser Neuregelung wurde zumindest auch nach der Gesetzesbegründung aus dem Jahre 2008 ein Bedürfnis gesehen, Arbeitslose, die Maßnahmeträgern nach § 37 SGB III zugewiesen waren, dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen.
Die hier vertretene Möglichkeit einer zurechenbaren Aufforderung durch Dritte entspricht schließlich dem Sinn und Zweck des Unfallversicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Soll nämlich – wie oben dargelegt – eine Absicherung für den Fall geschaffen werden, dass Betroffene sich gegenüber der Arbeitsverwaltung zu einer bestimmten Verhaltensweise verpflichtet fühlen dürfen, macht die Person des unmittelbar Auffordernden keinen Unterschied. Auch könnten sich zufällige Ergebnisse zeigen. So kann eine jedenfalls ausreichende Aufforderung unmittelbar durch eine Dienststelle der Arbeitsagenturen leicht dadurch zu Stande kommen, dass ein Betroffener ihr gegenüber andeutet, der Aufforderung eines Dritten nicht nachkommen zu wollen. Solche Umstände können für den Umfang des Unfallversicherungsschutzes nicht maßgeblich sein, weil sie im Verhältnis zum Zweck dieses Schutzes nur zufällig sind.
Nach § 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ist die Unfallkasse des Bundes zuständiger Unfallversiche-rungsträger.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Umfang des Unfallversicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII bei Einschaltung Dritter ist nicht geklärt.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen und im Vorverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bei seinem Verkehrsunfall vom 12. Januar 2004 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der am ... 1957 geborene Kläger war seit 2001 arbeitslos.
Am 12. Januar 2004 war er mit seinem Pkw von zu Hause unterwegs zur Jobbörse der Gesellschaft für M mbH & Co. KG () in Z ... Auf der Landstraße zwischen G und S kam er um 10.45 Uhr mit dem Fahrzeug auf Glatteis ins Schleudern, rutschte in einen Straßengraben und kippte seitlich um. Laut Durchgangsarztbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. B. vom 12. Januar 2004 erlitt er hierbei eine Lendenwirbelkörper (LWK) I-Vorderkantenfraktur und ein stumpfes Bauchtrauma. Der Kläger befand sich deswegen vom 12. bis zum 28. Januar 2004 im Städtischen Klinikum D ... Nach dem Operationsbericht der dortigen Unfallchirurgie vom 16. Januar 2004 erfolgte eine offene Reposition mit Stabilisierung über einen Fixateur interne als Überbrückung zwischen dem Brustwirbelkörper 12 und dem LWK 2. Anschließend befand sich der Kläger zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung vom 28. Januar bis zum 9. März 2004 in der Prof. V. Klinik M. und wurde danach arbeitsun-fähig entlassen.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2004 teilte die Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt Z., der Beklagten mit, der Kläger habe sich am 12. Januar 2004 auf Veranlassung der zur Jobbörse begeben. Eine Einladung oder andere Aufforderung seitens der Agentur für Arbeit Z. sei nicht erfolgt. Die Agentur für Arbeit habe zu ihrer Unterstützung die als Dritte mit Teilaufgaben der Vermittlung Ausbildungs- und Arbeitssuchender beauftragt.
Ausweislich des Bescheides vom 23. Februar 2004 erhielt der Kläger bis zum 22. Februar 2004 Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2004 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger Leistungsan-sprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) ab, da das Ereignis vom 12. Januar 2004 kein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sei. Der Kläger sei von Dritten, hier der , außerhalb eines Lehrgangs betreut worden und unterliege daher grundsätzlich nicht dem Schutz der UV. Es handele sich auch nicht um eine berufliche Aus- und Fortbildung, da der Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit fehle. Der Kläger habe bereits im Dezember 2003 in Form einer Informationsveranstaltung Kontakt mit der gehabt - es sei aber lediglich die erste Kontaktaufnahme aufgrund einer konkreten an den Leistungsbezie-her gerichteten Aufforderung der Agentur für Arbeit vom Versicherungsschutz umfasst.
Mit am 3. Juni 2004 eingegangenem Widerspruchsschreiben vom 2. Juni 2004 trug der Kläger vor, dass für jede weitere Kontaktaufnahme mit der Jobbörse Z. Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII vorliegen müsse, da diese Termine auch Auswir-kungen auf die Leistungsfortzahlung durch die Agentur für Arbeit hätten. Dem Termin vom 12. Januar 2004 sei eine Gruppeninformation am 12. Dezember 2003 im Arbeitsamt Z. vorausgegangen, die von einer Mitarbeiterin der Jobbörse im Auftrag des Arbeitsamtes durchgeführt worden sei. In diesem Termin habe nicht auf jeden Einzelnen eingegangen werden können, daher sei von dieser Mitarbeiterin der Jobbörse der 12. Januar 2004 als Termin für individuelle Einzelgespräche benannt worden, wobei jeder Teilnehmer eine Uhrzeit habe vorschlagen können, zu der er das Einzelgespräch habe wahrnehmen wollen. Er habe sich für 11.00 Uhr eingeschrieben. Er sei verpflichtet gewesen, den Termin am 12. Januar 2004 wahrzunehmen, anderenfalls hätte er mit einer Sperrfrist rechnen müssen. Es sei aus § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII auch nicht erkennbar, dass nur die "erste Kontaktaufnahme" gesetzlichen Unfallversicherungsschutz biete. Die Aufforderung, die Jobbörse aufzusu-chen, sei nicht durch einen Mitarbeiter des Arbeitsamtes, sondern durch einen Mitarbeiter der Jobbörse ausgesprochen worden. Zur Ergänzung des Widerspruchsvorbringens wird auf den Schriftsatz vom 2. Juni 2004 (Bl. 96 ff. der Verwaltungsakte) inhaltlich Bezug genom-men.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2004 als unbegründet zurück. Der Kläger sei zwar auf dem Weg zur gewesen, Grund hierfür sei aber keine besondere an ihn gerichtete Einzelaufforderung der Bundesagentur für Arbeit gewesen. Der Kläger habe bereits im Dezember 2003 in Form einer Informationsveranstaltung Kontakt zur Z. als beauftragtem Dritten aufgenommen. Es habe sich daher bei dem am Unfalltag vereinbarten Termin nicht um die erste Kontaktaufnahme gehandelt; damit stelle der Verkehrsunfall keinen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII dar. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII i.V.m. § 309 Abs. 1 SGB III sei die allgemeine Meldepflicht und die besondere im Einzelfall an den Arbeitslosen gerichtete Aufforderung der Agentur für Arbeit Voraussetzung für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Fehle nur eine dieser Voraussetzungen, sei ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nicht gegeben. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten nicht alle, die während der Arbeitslosigkeit die Agentur für Arbeit oder andere Stellen aufsuchten, unfallversichert sein. Andern-falls wäre ein unkontrollierbarer Unfallversicherungsschutz für alle Arbeitslosen gegeben, die aus eigenem Antrieb oder aufgrund von allgemeinen Empfehlungen oder zur Erfüllung von sonstigen Mitwirkungspflichten tätig seien. Personen, die im Auftrag der Arbeitsverwaltung durch beauftragte Dritte außerhalb von Lehrgängen betreut und vermittelt werden, unterlägen grundsätzlich nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei diesen von der Arbeitsverwaltung initiierten Maßnahmen fehle es an dem Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit. Es liege keine Bildungsmaßnahme nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII vor, daher bestehe auch kein Versicherungsschutz über den beauftragten Dritten. Es liege hier keine erste Kontaktaufnahme aufgrund einer konkreten an den Leistungsbezieher gerichteten Aufforderung der Agentur für Arbeit vor. Der Kläger habe den Termin eigenverantwortlich vereinbart und wahrgenommen.
Der Kläger hat mit der am 28. September 2004 erhobenen Klage beim Sozialgericht Dessau sein Begehren weiterverfolgt und beantragt, den Unfall vom 12. Januar 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen, und nunmehr auch eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbs-fähigkeit (MdE) von 20 v.H. zu bewilligen. Er hat vorgetragen, bei der ersten Infoveranstal-tung am 12. Dezember 2003 seien für den 12. Januar 2004 Einzeltermine vereinbart worden. Es liege hier eine besondere an ihn gerichtete Aufforderung durch einen beauftragten Dritten der Bundesagentur für Arbeit vor, die Jobbörse am 12. Januar 2004 aufzusuchen. Unter Bezugnahme auf die herrschende obergerichtliche Rechtsprechung meint der Kläger, es habe sich für ihn unzweifelhaft ergeben, dass sein persönliches Erscheinen zum ersten Vorstellungsgespräch bei der Jobbörse von der Bundesagentur für Arbeit verlangt worden sei. Im Übrigen habe die Agentur für Arbeit Z. telefonisch bestätigt, dass an ihn eine Einzelaufforderung von der Agentur für Arbeit zur Vorstellung bei der Jobbörse am 12. Januar 2004 ergangen sei.
Das Sozialgericht hat von der Bundesagentur für Arbeit den auf Grundlage von § 37a SGB III a.F. i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X geschlossenen Vertrag zwischen dem ehemaligen Arbeitsamt D. und der für den Zeitraum 6. Oktober 2003 bis zum 31. Januar 2004 beige-zogen: Nach der laufenden Ziffer 1 des Vertrages ergibt sich die Vertragsleistung der beauftragten aus der Anlage Aufgabenbeschreibung, wonach die Unterstützung der alle zweckdienlichen und erforderlichen Tätigkeiten umfasst, die darauf gerichtet seien, die Eigeninitiativen der zugewiesenen Bewerber zu forcieren und sinnvoll zu organisieren. Nach Ziffer 9 übernimmt das Arbeitsamt keine Haftung für Sach- und Personenschäden; die Unfallversicherung der zugewiesenen Personen erfolgt durch den Beauftragten. Zur Ergän-zung wird auf Bl. 41 bis 44 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 29. Juli 2005 hat das Sozialgericht Dessau die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft als der Unfallversicherungsträger der , nach § 75 Abs. 2 Sozialge-richtsgesetz (SGG) beigeladen.
Die Beigeladene hat die Ansicht vertreten, die unter der laufenden Ziffer 9 des vorgenannten Vertrages getroffene Vereinbarung sei unzulässig, da die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung kraft Gesetzes geregelt sei und nicht durch vertragliche Vereinbarung außer Kraft gesetzt werden könne. Eine Zuständigkeit der Beigeladenen sei nur über § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII möglich, allerdings gehe es für die betroffenen Erwerbslosen nicht um ein bestimmtes Ausbildungs- oder Berufsziel, sondern lediglich um deren Wiedereingliede-rung, was originäre Aufgabe der Agentur für Arbeit sei. Zwar könne die Agentur für Arbeit damit auch Dritte beauftragen, aber es verbleibe dann bei dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII.
Mit Urteil vom 14. Juni 2006 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht unter dem Schutz der UV gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII gestanden habe, als sich der Verkehrsunfall ereignete. Bei Betreuung durch von der Arbeitsverwaltung beauftrag-te Dritte bestehe grundsätzlich kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. Es fehle hier an einer Aufforderung der Agentur für Arbeit gegenüber dem Kläger als Voraussetzung für ein Eingreifen der UV. Nach dem Gesetz sei nicht beabsichtigt, alle Arbeitssuchenden auf dem Weg zur Agentur für Arbeit zu versichern, denn es fehle an dem Bezug zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit. Es liege auch keine berufliche Bildungsmaßnahme vor, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII für Lernende Versicherungsschutz bieten könnte.
Gegen das ihm am 28. Juni 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. Juli 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe zum Unfallzeitpunkt Arbeitslosengeld bezogen und habe der Meldepflicht unterlegen. Das Arbeitsamt D. habe mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 zu einer Informationsveranstaltung am 12. Dezember 2003 in das Arbeitsamt eingeladen. Hier sei er gemäß § 309 SGB III aufgefordert worden, sich in eine Liste für Einzelgespräche am 12. Januar 2004 einzutragen. Wäre er dieser Aufforderung nicht gefolgt, hätte er mit Sanktionen der Arbeitsverwaltung rechnen müssen.
Im Erörterungstermin vom 19. Mai 2008 hat der Kläger erklärt, als er am 12. Januar 2004 zur Jobbörse gefahren sei, habe er gedacht und gehofft, ihm werde ein Job angeboten, und es finde eine Auswertung statt. Er wisse aber nicht, was an dem Termin am 12. Januar 2004 besprochen werden sollte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 14. Juni 2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 12. Januar 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für richtig und verteidigt es.
Der Senat hat über den Berichterstatter die Zeuginnen D H und B Z zum Beweisthema "Organisation und Inhalt der Informationsveranstaltung beim Arbeitsamt D., Geschäftsstelle Z., am 12. Dezember 2003" im Erörterungstermin vom 22. Februar 2011 vernommen.
Die Zeugin H. hat mitgeteilt, sie sei 2003 als Sozialarbeiterin bei der beschäftigt gewesen. Die habe damals im Auftrag der Arbeitsverwaltung Info-Veranstaltungen, unter anderem auch in Z. in den Räumen der Agentur für Arbeit, durchgeführt. In diesen Info-Veranstaltungen habe sie die Arbeitssuchenden über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt und darauf hingewiesen, wie sie sich verhalten sollten. Es seien auch Fragen zu Bewerbungen, zur Qualifikation und zum zumutbaren Arbeitsweg erörtert worden. Regelmäßig sei es so gewesen, dass sie sich morgens vor der Veranstaltung bei einer Mitarbeiterin der Arbeits-verwaltung gemeldet habe, die ihr dann den entsprechenden Veranstaltungsraum aufgeschlossen habe. Bei der Informationsveranstaltung habe sie immer darauf hingewiesen, dass sie keine Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit sei, aber in deren Auftrag die Veranstaltung durchführe. Sie habe mit den Teilnehmern auch einen neuen Termin für ein Einzelgespräch vereinbaren müssen, um zu überprüfen, ob die Bewerbungsbemühungen erledigt worden seien. Es sei ihr nicht bekannt, ob die Agentur für Arbeit noch zusätzlich zu dem Folgetermin eingeladen habe. Sie wisse, dass Anwesenheitslisten herumgereicht worden seien, könne sich aber nicht daran erinnern, wie die Folgetermine konkret vereinbart worden seien. Die Zeugin ist der Meinung gewesen, wenn ein Teilnehmer im Folgetermin zum Einzelgespräch ausgeblieben sei, habe sie dies der Agentur für Arbeit melden müssen. Während ihrer Mitarbeit im Projekt "job office" habe sie nicht mitbekommen, dass gegen einen Arbeitssuchenden eine Sanktion verhängt worden wäre, weil er nicht zu einem Termin erschienen ist.
Die Zeugin Z. hat dargelegt, sie habe wie der Kläger den Termin am 12. Dezember 2003 wahrgenommen. Bei dieser Veranstaltung seien sie zunächst von einer Dame vom Arbeitsamt begrüßt worden und dann an Frau H. weitergegeben worden. Am Ende der Veran-staltung sei ein Plan ausgelegt worden und jeder habe sich für ein künftiges Einzelgespräch einen Termin aussuchen müssen. Hätte sie sich nicht für einen Termin eingetragen, wäre sie ihrer Ansicht nach "gemeldet" worden. Sie habe sich verpflichtet gefühlt, zum Folgetermin zu erscheinen, um sich keinen Ärger einzuhandeln. Gesonderte Einladungen seien für den Folgetermin am 12. Januar 2004 nicht verschickt worden, es habe nur die Terminsvereinba-rung mit den ausgelegten Listen bei der Informationsveranstaltung gegeben.
Die Beteiligten haben im Termin vom 22. Februar 2011 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwal-tungsakten der Beklagten (hier: Unfallakte mit Az. ), die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 SGG statthafte und nach § 151 SGG im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
Das Begehren des Klägers ist trotz des im Wortlaut auf Abänderung des Urteils des Sozial-gerichts gerichteten Antrags auf dessen Aufhebung gerichtet. Das Urteil des Sozialgerichts enthält keinen der Klage zusprechenden oder dem Kläger sonst günstigen Teil, der ange-sichts seines Begehrens erhalten bleiben müsste oder auch nur könnte. Insofern geht die gegen den Hinweis des Berichterstatters gewählte Formulierung "abzuändern" ins Leere.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Verkehrsunfalls vom 12. Januar 2004 als Arbeitsunfall. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Das Ereignis vom 12. Januar 2004 ist ein Arbeitsunfall, da der Kläger die Fahrt zur Jobbörse nach Z. nach seiner verständigen Vorstellung aufgrund einer besonderen Aufforderung unternahm, um damit seiner Meldepflicht gegenüber der Arbeitsverwaltung nachzukommen.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicher-ten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Tätigkeit den Unfall hervorgerufen (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R - UV-Recht Aktuell 2008, 142; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - B 2 U 6/02 R - NZS 2003, 268).
Der Verkehrsunfall vom 12. Januar 2004 ist ein Arbeitsunfall in Form eines Wegeunfalls im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da der Kläger auf dem Weg zu einem Einzelgespräch bei der "Jobbörse" als versicherter Tätigkeit verunglückte. Die Fahrt zur "Jobbörse" ist durch die Mitteilungen der Bundesagentur für Arbeit an die Beklagte vom 22. Januar 2004 – in Form einer Telefonnotiz – und vom 9. Februar 2004 belegt.
Zu dieser Zeit gehörte der Kläger zum gesetzlich versicherten Personenkreis nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Zum Zeitpunkt des Ereignisses am 12. Januar 2004 waren nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) mit Gültigkeit bis zum 5. August 2004 Personen kraft Gesetzes versichert, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) oder des Bundessozialhilfegesetzes der Meldepflicht unterlagen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Auffor-derung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit nachkamen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen.
Rechtsgrund für diesen Versicherungsschutz sind das Rechtsverhältnis zur Arbeitsverwal-tung und die sich aus diesem Rechtsverhältnis ergebenden Pflichten. Den meldepflichtigen Personen soll bei der Erfüllung der im Interesse einer geordneten Arbeitsvermittlung liegen-den Meldepflicht und bei Herstellung der von der Verwaltung für erforderlich gehaltenen persönlichen Kontakte Unfallversicherungsschutz in gleicher Weise gewährt werden, wie ihn ein Arbeitnehmer in Bezug auf den Weg zum und den Aufenthalt am Arbeitsplatz hat (BSG vom 8. Dezember 1994 - 2 RU 4/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr. 32). Es handelt sich quasi um das Korrelat zu den rechtlichen Nachteilen, die ein Arbeitsloser erfährt, wenn er sich der Meldepflicht entzieht (vgl. Becker, Sozialrecht aktuell 2009, 95 ff.). Ein allgemeiner Versiche-rungsschutz für Arbeitslose und Arbeitssuchende ist damit allerdings nicht gewollt, zumal die Erlangung eines Arbeitsplatzes vor allem auch im Interesse des Arbeitslosen steht. Ausge-nommen vom Versicherungsschutz sind daher nach der Gesetzesbegründung allgemeine Hinweise, Empfehlungen und die Aushändigung von Merkblättern (BT-Drs.13/2204 S. 75).
Der Kläger unterlag zum Zeitpunkt des Unfalls der Meldepflicht und handelte infolge einer besonderen Aufforderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Die Pkw-Fahrt zu diesem Termin stand nach der Handlungstendenz des Klägers auch im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und der Unfall war nach der Theorie der wesentlichen Bedin-gung kausal für die erlittenen Verletzungen. Die allgemeinen Grundsätze des § 8 Abs. 1 SGB VII über den ursächlichen Zusammenhang, die Nichtversicherung eigenwirtschaftlicher Handlungen, die Lösung vom Betrieb u.s.w. gelten auch hier in vollem Umfang.
Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III hat sich der Arbeitslose während der Zeit, für die er Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psycho-logischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit ihn dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Der Arbeitslose hat sich bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle zu melden. [ ] Für den Kläger galt die allgemeine Meldepflicht nach § 309 Abs. 1 SGB III, da er zur Zeit des Ereignisses von der Agentur für Arbeit Arbeits-losenhilfe bezog (vgl. deren Bescheid vom 23. Februar 2004).
Zunächst sieht der Senat schon in der Aufforderung des Arbeitsamtes D. vom 4. Dezember 2003, zur Informationsveranstaltung am 12. Dezember 2003 zu erscheinen, die maßgebliche Aufforderung, weil ihr eine Fortsetzungswirkung auch für die nachfolgende Veranstaltung am 12. Januar 2004 zukommt. Nach dem zugrunde liegenden Aufforderungsschreiben sollte mit dem Kläger am 12. Dezember 2003 über sein "Bewerberangebot" und seine "berufliche Situation" gesprochen werden, wobei ausdrücklich auf die Sanktionsmaßnahmen bei einem Meldeversäumnis hingewiesen wurde. Tatsächlich hat bei der Veranstaltung am 12. Dezem-ber 2003 niemand gerade mit dem Kläger über dessen berufliche Situation gesprochen, sondern ist diese Aufgabe dem für den 12. Januar 2004 geplante Gespräch vorbehalten geblieben. Die Aufforderung vom 4. Dezember 2003 hat sich danach nicht in der Informati-onsveranstaltung vom 12. Dezember 2003 erschöpft, sondern war dem Inhalt des erwarteten Verhaltens nach auch auf den Termin vom 12. Januar 2004 zu beziehen. Mithin wirkte die Einladung vom 4. Dezember 2003 ihrem Inhalt nach über die Informationsveranstaltung fort auf den weiteren Termin am 12. Januar 2004 und ist als "Aufforderung" i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII anzusehen.
Die Terminsvereinbarung mit der GfM für den 12. Januar 2004 stellt ebenfalls eine "Aufforderung" i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII dar. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII vom Gesetzgeber vorgenommene nähere Kennzeichnung der aus § 539 Abs. 1 Nr. 4 lit. b Reichsversiche-rungsordnung (RVO) übernommenen "Aufforderung" als "besondere" und "im Einzelfall" an den Arbeitslosen gerichtet, hat am Inhalt des Begriffs der Aufforderung selbst nichts geändert, so dass die zur Auslegung der Vorgängervorschrift ergangene Rechtsprechung des BSG weiterhin herangezogen werden kann, zumal das BSG in seinen hierzu ergangenen Entscheidungen auch keine von dieser "Präzisierung" abweichende Auslegung vertreten hat (vgl. BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R -, SozR 3-2700 § 2 Nr. 3, Rn. 18 in juris).
Zur "Aufforderung" ist eine Willenserklärung einer der im Gesetz genannten Stellen erforder-lich, die im Zusammenhang mit deren Aufgaben steht und die erkennen lässt, dass ein bestimmtes Verhalten, z. B. die persönliche Vorsprache oder Meldung, vom Arbeitslosen erwartet wird (BSG, 8. Dezember 1994 - 2 RU 4/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr. 32; BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 11, Rn. 22 in juris). Die Form der Aufforderung ist unerheblich; sie kann schriftlich, mündlich oder telefonisch erfolgen und muss nicht mit dem Begriff "Aufforderung" umschrieben sein. Selbst eine mit einer Bitte oder Empfehlung umschriebene Äußerung der Arbeitsverwaltung kann eine Aufforderung darstel-len, sofern der Eindruck vermittelt wird, dass das Erscheinen notwendig ist und erwartet wird (BSG, Urteil vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - SozR 3-2700 § 2 Nr. 3 m.w.N.); der Begriff der "Einladung" entspricht dieser weniger schroffen Form der "Aufforderung" (BSG vom 5. Februar 2008 - B 2 U 25/06 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 11). Die Aufforderung muss auch nicht unbedingt persönlich ergehen, sondern kann durch einen Dritten übermittelt werden (vgl. Becker, a.a.O. S. 97).
Das Erfordernis der "persönlichen Aufforderung" schließt auch eine größere Anzahl gleichlautender Aufforderungen an mehrere Personen, z.B. für eine Gruppeninformationsveranstaltung, nicht aus (vgl. Becker, a.a.O. S. 97). Es ist unter einer Aufforderung aber mehr als ein stillschweigendes Einverständnis oder eine Anregung zu verstehen.
Der Senat ist mit den glaubhaften Angaben des Klägers überzeugt, dass die Teilnehmer der Veranstaltung vom 12. Dezember 2003 von der Veranstaltungsleiterin Frau H. aufgefordert wurden, am ihnen vorgegebenen Tag, dem 12. Januar 2004, Einzelbesprechungstermine in den Räumen der wahrzunehmen. Die Angaben des Klägers werden nämlich mittelbar durch die Zeugin H. bestätigt, die angegeben hat, mit jedem der Teilnehmer einen Termin vereinbart zu haben und der Auffassung ist, eine solche Vereinbarung habe sie aus ihrer Verpflichtung gegenüber der (bis zum Jahresende 2003 noch so bezeichneten) Bundesanstalt für Arbeit heraus auch treffen müssen. Dass sie den Eindruck einer verpflichtenden, zumindest aber erwünschten Wahrnehmung des Termins am 12. Januar 2004 auch gegen-über den Teilnehmern der Veranstaltung vom 12. Dezember 2003 vermittelt hat, bestätigt die Zeugin Z ... Diese hielt sich nach ihren Angaben für verpflichtet, eine Uhrzeit am 12. Januar 2004 auszusuchen und glaubte, bei einem Nichterscheinen der Arbeitsverwaltung gemeldet zu werden. Ihre Formulierung, sie sei zu den Einzelgesprächen gegangen, "um sich keinen Ärger einzuhandeln", ist dahingehend zu verstehen, dass sie bei einem Nichterscheinen mit Sanktionen rechnete. Der Umstand, dass die dem Kläger keinen Termin zum Einzelge-spräch schriftlich vorgegeben hat, ist für die Qualifizierung als "Aufforderung" ohne Bedeu-tung, da die Form, wie der Termin zu Stande kommt, keine Rolle spielt. Im Übrigen war der Termin zumindest insoweit vorgegeben, als von der Mitarbeiterin der H der 12. Januar 2004 einseitig bestimmt worden ist. Es ist auch unschädlich, dass der Termin nicht nur dem Kläger persönlich, sondern im Rahmen einer Informationsveranstaltung einer Mehrzahl von Teilnehmern vermittelt worden ist, die alle an einem vorbestimmten Tag erscheinen sollten.
Irrelevant ist, ob die beschriebene Aufforderung selbst rechtmäßig erfolgt ist, da dem Meldepflichtigen nicht zuzumuten ist, die Rechtmäßigkeit einer an ihn gerichteten Aufforde-rung zutreffend zu beurteilen (vgl. BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III K § 309 Rn. 35). Es ist daher für die Frage des Vorliegens von Unfallversicherungsschutz nicht notwendig, dass es sich um rechtswirksame Meldeauf-forderungen handelt, so dass sich eine diesbezügliche Prüfung erübrigt. Welche Zwecke von der Meldeaufforderung umfasst werden, ist in § 309 Abs. 2 SGB III geregelt, allerdings ist der verfolgte Zweck für den Unfallversicherungsschutz irrelevant, da § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII keine Einschränkung hinsichtlich der Gründe und des Zwecks der Aufforderung enthält und der generelle Zweck der Vermittlung in Ausbildung und Arbeit sehr weit gefasst ist.
Die Aufforderung des Klägers durch Frau H. ist im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII eine solche einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit, weil sie dem Arbeitsamt D. als sein Verhalten zuzurechnen ist. Denn die Teilnehmer an der Versammlung am 12. Dezember 2003 konnten die Gesamtsituation auch durch das Verhalten des Arbeitsamtes so verstehen, dass die berechtigt war, ihnen gegenüber die allgemeine Meldepflicht zu konkretisieren und dabei eine Verpflichtung zur Teilnahme an den Einzelgesprächen am 12. Januar 2004 zu begründen.
Maßstab der Auslegung des Verwaltungshandelns, ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat, nicht jedoch eine Absicht der Behörde, die von diesem "Empfängerhorizont" aus nicht erkennbar ist (vgl. BSG vom 28. Juni 1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; BSG vom 8. Dezember 1993 - 10 RKg 19/92 - BSG SozR 3-1300 § 34 Nr. 2 m.w.N.). Maßgebend sind dabei die gesamten Begleitumstände im Einzelfall, zu denen auch die Auffassung der als Empfänger in Betracht kommenden Kreise zählt (BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris). Zu fragen ist, ob der Meldepflichtige nach den Umständen des Einzelfalls billiger-weise annehmen durfte, die Aufforderung entspreche seiner Meldepflicht (vgl. SGB VII, Brackmann/Kruschinsky § 2 Rn. 701). Entsprechendes gilt auch für den von der Beklagten als wesentlich angesehenen Umstand, dass konkret keine Konsequenzen für den Fall des Nichterscheinens angedroht worden waren. Die Androhung von Sanktionen oder sonstigen Nachteilen ist für die Annahme einer den Bürger bindenden Weisung aus dessen Sicht jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die möglichen Nachteile einer Nichtbeachtung - wie die Verzögerung oder sogar Ablehnung des Arbeitslosenhilfeantrages - als mögliche Konse-quenz dann zumindest erst später aufklärbarer Anspruchsvoraussetzungen ohne weiteres ersichtlich sind (BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris).
Für die Teilnehmer der Veranstaltung vom 12. Dezember 2003 war zunächst deutlich, dass hier das zuständige Arbeitsamt zu seiner Unterstützung die als einen privaten Dritten mit der Vermittlung Ausbildungs- oder Arbeitssuchender oder mit Teilaufgaben ihrer Vermittlung nach dem bis zum 31. Dezember 2003 gültigen § 37a Abs. 1 Satz 1 SGB III beauftragt hatte. Dies ergab sich für die Teilnehmer daraus, dass sie – wie die Zeugin Z. plastisch formuliert hat – nach einer Begrüßung durch eine Dame vom Arbeitsamt an Frau H. "weitergegeben wurden". Nach dem von den Zeugen und dem Kläger geschilderten Ablauf der Informationsveranstaltung mit Begrüßung durch eine Mitarbeiterin der Arbeitsverwaltung und anschlie-ßender Verantwortungsübergabe an Frau H. durfte ein verständiger Teilnehmer in der konkreten Situation des Klägers zu Recht davon ausgehen, dass er den Aufforderungen der Mitarbeiter in der ebenso Folge zu leisten hat, als wären sie unmittelbar von einem Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung ausgesprochen worden. Entsprechend konnte er anneh-men, dass er bei einem Fernbleiben vom vereinbarten Termin mit Sanktionen zu rechnen hat.
Eine Aufklärung in dem Sinne, die könne eine Konkretisierung der gegenüber dem Ar-beitsamt bestehenden Meldepflicht nicht vornehmen, erfolgte nicht. Anderenfalls hätte bei der Zeugin Z. nämlich nicht der Eindruck entstehen können, wenn man sich "keinen Ärger einhandeln" wolle, müsse man zu dem Folgetermin erscheinen. Vielmehr wurde durch die Verflechtung der Aufgabenwahrnehmung der Eindruck bestärkt, die handle in vollem Umfang an Stelle des Arbeitsamtes. Dies folgt etwa daraus, dass Frau H. im Rahmen solcher Veranstaltungen wie derjenigen am 12. Dezember 2003 auch über die Pflichten der Arbeitslosen informierte. Dies hat sie mit ihrer Zeugenaussage bekundet. Es ist für Laien nicht nahe liegend, dass jemand, der grundsätzlich in offensichtlicher organisatorischer Verflechtung mit dem Arbeitsamt handelt, über Pflichten gegenüber dem Arbeitsamt infor-mieren darf, zu denen er selbst keinen Bezug hat. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Teilnehmer an der Veranstaltung insoweit auf Unterschiede hingewiesen worden sind. Jedenfalls mussten die Veranstaltungsteilnehmer davon ausgehen, unter-schiedslos einer gleichen Kontrolle zu unterliegen. So hat Frau H. die – nicht sichere – Erinnerung, die Anwesenheit bzw. das Erscheinen bei Veranstaltungen sei kontrolliert worden und sie gehalten gewesen, ausbleibende Personen dem Arbeitsamt zu melden. Für eine richtige Erinnerung spricht dabei der Umstand, dass der vereinbarte Folgetermin einer Kontrolle von Bewerbungsbemühungen der erfassten Personen dienen sollte. Eine Kontrolle macht wenig Sinn, wenn sie nicht vor dem Hintergrund ggf. zu verhängender Nachteile erfolgt. Rein freiwillige Tätigkeiten werden typischerweise auch ohne Kontrolle verrichtet. Jedenfalls musste auch diese Kontrollaufgabe der bei den Betroffenen den Eindruck wecken, sie unterlägen gegenüber der GfM der Meldepflicht.
Da auch auf Seiten der Arbeitsverwaltung keine Rechtsklarheit herrschte, konnte eine solche auch den Betroffenen nicht vermittelt werden. Dass selbst Mitarbeiter des Arbeitsamtes keine klare Vorstellung davon hatten, inwieweit die Betroffenen Anregungen der folgen mussten, zeigt die Antwort der Agentur für Arbeit Z. vom 31. Juli 2007 auf eine gerichtliche Anfrage. Darin wird nämlich die Verhängung einer Sanktion bei einem Fernbleiben am 12. Januar 2004 nicht ausgeschlossen. Der Verfasser bezeichnet selbst die Einladung zu der Vorstellung am 12. Januar 2004 als Aufforderung, die am 12. Dezember 2003 ergangen sei. Sodann teilt er mit, ein Fernbleiben hätte zumindest ein Gespräch zur Sachverhaltsaufklärung nach sich gezogen. Eine Sperrzeit schließt er nur für den Fall aus, dass für das Fernbleiben ein wichtiger Grund vorlag. Diese Auskunft ist auch für das Verständnis zur Zeit der in Rede stehenden Veranstaltung wesentlich, weil die Auskunft der gleiche Verfasser erteilt hat, der schon am 22. Januar 2004 fernmündlich und am 9. Februar 2004 schriftlich den jeweils tätigen Unfallversicherungsträgern Auskünfte erteilt hat.
Der Kläger konnte insgesamt zu Recht davon ausgehen, dass seine persönliche Vorsprache bei der am 12. Januar 2004 von der Arbeitsverwaltung erwartet wurde (zu der Bedeutung vgl. BSG vom 11. September 2001 - B 2 U 5/01 R - juris).
Der Auslegung, wonach die maßgebliche Aufforderung auch durch einen Dritten erfolgen kann, wenn sie sich bei verständiger Betrachtung des Betroffenen als vom Arbeitsamt veranlasste Aufforderung darstellt, steht der Wortlaut der Norm nicht entgegen. Dies hat der Gesetzgeber bei Erlass des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2130) selbst so gesehen. Bei dieser Gelegenheit hat er nämlich eine ausdrückliche Einfügung des Zusatzes "oder eines beauftragten Dritten nach § 37 des Dritten Buches" (bezogen auf die Aufforderung) in § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII als Klarstellung bezeichnet. Die Begründung des Gesetzentwurfs lautet insoweit:
"Mit der Ergänzung des Abs. 1 Nr. 14 wird klargestellt, dass auch solche Arbeitssuchende in den Unfallversicherungsschutz einbezogen sind, die nicht unmittelbar einer Aufforderung einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit, sondern der Aufforderung eines von der Bundesagentur nach dem Dritten Buch beauftragten Dritten nachkommen." (BT-Drs. 16/9154 S. 25)
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rückänderung mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 (BGBl. I Seite 1129), mit der die Einfügung wieder gestrichen worden ist. Denn dies beruht darauf, dass die Einschaltung privater Dritter nicht mehr und nicht allein in § 37 SGB III geregelt war. Zur Begründung dafür heißt es insoweit:
"Es handelt sich um die Beseitigung eines Redaktionsversehens. Das Gesetz zur Neuaus-richtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 hat das Konstrukt des ‚beauftragten Dritten’ im bisherigen Sinne aus dem Arbeitsförderungsrecht entfernt. Bisher einzeln geregelte Instrumente, um die Eingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt zu fördern, sind in den Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung aufgegangen. Maßnahmeträger werden durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Vergabe-rechts beauftragt und vertraglich verpflichtet, den Unfallversicherungsschutz der zugewiese-nen Teilnehmer sicherzustellen."
Soweit in dieser Begründung auch der Gedanke anklingt, Risiken von der gesetzlichen Unfallversicherung auf einen privaten Versicherungsschutz zu übertragen, den die privaten Dritten sicherstellen sollen, ist dieser Gedanke gegenüber der Begründung aus dem Jahre 2008 jedenfalls neu und nicht für die Auslegung vorher geltender Rechtslagen maßgeblich. Vor dieser Neuregelung wurde zumindest auch nach der Gesetzesbegründung aus dem Jahre 2008 ein Bedürfnis gesehen, Arbeitslose, die Maßnahmeträgern nach § 37 SGB III zugewiesen waren, dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen.
Die hier vertretene Möglichkeit einer zurechenbaren Aufforderung durch Dritte entspricht schließlich dem Sinn und Zweck des Unfallversicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Soll nämlich – wie oben dargelegt – eine Absicherung für den Fall geschaffen werden, dass Betroffene sich gegenüber der Arbeitsverwaltung zu einer bestimmten Verhaltensweise verpflichtet fühlen dürfen, macht die Person des unmittelbar Auffordernden keinen Unterschied. Auch könnten sich zufällige Ergebnisse zeigen. So kann eine jedenfalls ausreichende Aufforderung unmittelbar durch eine Dienststelle der Arbeitsagenturen leicht dadurch zu Stande kommen, dass ein Betroffener ihr gegenüber andeutet, der Aufforderung eines Dritten nicht nachkommen zu wollen. Solche Umstände können für den Umfang des Unfallversicherungsschutzes nicht maßgeblich sein, weil sie im Verhältnis zum Zweck dieses Schutzes nur zufällig sind.
Nach § 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ist die Unfallkasse des Bundes zuständiger Unfallversiche-rungsträger.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Umfang des Unfallversicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII bei Einschaltung Dritter ist nicht geklärt.
Rechtskraft
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