Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 2570/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1003/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen einer von der Beklagten anerkannten Berufskrankheit (BK) Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1961 geborene Kläger war ab 1998 als selbstständiger Pizzabäcker tätig. Diese Tätigkeit gab der Kläger seit März 2005 auf. Es bestand Arbeitsunfähigkeit bis Juni 2006. Die private Krankenkasse zahlte Krankengeld bis 28.06.2006, dem Tag vor Aufnahme der Bürotätigkeit des Klägers.
Am 26.07.2005 zeigte Prof. Dr. K. unter Vorlage eines Befundberichtes vom 20.07.2005 bei der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit beim Kläger ein. Die Beklagte leitete daraufhin ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog medizinische Unterlagen (Befundberichte Prof. Dr. K. vom 08.10.2004, 25.10.2004 und 21.01.2005) sowie einen Auszug aus dem Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers bei. Anschließend holte die Beklagte das internistisch- pneumologisch-allergologische Gutachten von Dr. H. vom 24.02.2006 und vom 27.11.2006 ein. Dr. H. gelangte in seinem Gutachten vom 24.02.2006 zusammenfassend zu der Bewertung, beim Kläger liege eine Berufskrankheit nach Nr. 4301 der BKV vor. Wegen Dauerbeschwerden, einer leichten latenten Funktionsstörung trotz sachgerechter Medikamententherapie schätzte Dr. H. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) derzeit auf 20 v.H. ein. In seinem Gutachten vom 27.11.2006 gelangte Dr. H. zusammenfassend zu der Beurteilung, bei der aktuellen Untersuchung habe der Kläger über eine gute Besserung der ehemaligen Beschwerdesymptomatik berichtet. Es bestünde kein Medikamentenbedarf mehr. Lungenfunktionell könnten eine Obstruktion, Restriktion oder Überblähung nicht nachgewiesen werden. Der Carbachol-Stufentest ergebe den Befund einer mittelgradigen unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität. Der respiratorische Gasaustausch sei durch eine Ventilationsstörung gekennzeichnet und werde unter Belastung ungestört gefunden. Der Kläger fühle sich subjektiv weitgehend beschwerdefrei. Wegen der verbliebenen leichtgradigen Funktionsstörung (unspezifische bronchiale Hyperreagibilität) schätzte Dr. H. die MdE auf unter 20 v.H. ein.
Mit Bescheid vom 12.12.2006 erkannte die Beklagte beim Kläger das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV ab 28.02.2005 sowie als Folgen der Berufskrankheit eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität an. Ein Anspruch auf Rente wurde abgelehnt, da die Berufskrankheit keine MdE in rentenberechtigendem Grade hinterlassen habe. Für die Zeit bis 28.08.2006 gewährte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld.
Gegen den Bescheid vom 12.12.2006 legte der Kläger am 12.01.2007 Widerspruch ein, mit dem er die Gewährung einer Teilrente geltend machte. Die Beklagte holte im Widerspruchsverfahren das pneumologische Gutachten von Dr. R. vom 07.03.2008 ein. Dr. R. gelangte in seinem Gutachten zu der Gesamtbeurteilung, dass nach Angaben des Klägers keine Beschwerden bestünden. Eine medikamentöse Therapie werde seit 2006 nicht mehr durchgeführt. Vorstellungen beim Arzt und Untersuchungen seien seither nicht mehr erfolgt. Eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität liege nicht mehr vor. Klinische Folgen der BK seien aktuell nicht nachweisbar. Es werde lediglich eine schwache IgE-vermittelte Weizenmehlsensibilisierung im RAST nachgewiesen. Die BK Nr. 4301 habe keine Folgen hinterlassen. Es seien auch keine Folgen zu erwarten, wenn keine Exposition gegenüber Mehlen stattfinde. Wegen der BK-Folgen bestehe keine MdE. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2008 wurde daraufhin der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12.12.2006 von der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 26.05.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug zur Begründung vor, er habe Anspruch auf Gewährung einer Teilrente wegen der festgestellten Berufskrankheit. Er leide an einer sehr spezifischen Hyperreagibilität gegen Weizen- und Trockenmehl. Er sei deshalb nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Pizzabäcker in dem von ihm gegründeten Betrieb auszuführen. Auch auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens sei er nicht in der Lage, uneingeschränkt einer Tätigkeit nachzugehen. Es sei derzeit zumindest vorübergehend eine Rentenleistungen in Höhe von 50 v.H. zu bewilligen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG holte von Dr. Ra. von Amts wegen das internistisch-lungenfachärztliche Gutachten vom 10.09.2008 ein. Dr. Ra. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, die technischen Untersuchungen belegten eine normale Lungenfunktion bei jetzt grenzwertiger bronchialer Hyperreagibilität. Die vom Kläger geforderte MdE von 50 v.H. entspreche einem schwerstgradigen unkontrollierten Asthma mit schwerer Lungenfunktionsstörung bei Einnahme aller üblichen Medikamente und trotzdem häufigen Atemproblemen in Ruhe oder anfallsartig. Dies treffe beim Kläger nicht zu. Nach den jetzigen Befunden bestehe eine MdE von weniger als 20 v.H.
Mit Urteil vom 09.12.2009 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, dem Kläger stehe eine Rente wegen der anerkannten BK nicht zu, wie sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. Ra. ergebe, der in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Dr. H. in dessen zweitem Gutachten von einer MdE von unter 20 v.H. ausgehe.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.01.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 22.02.2010 beim SG Berufung eingelegt, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg am 01.03.2010 vorgelegt worden ist. Der Kläger hat zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, aufgrund seiner weiterhin bestehenden Mehlstauballergie und der damit einhergehenden bronchialen Hyperreagibilität sei er endgültig und für immer aus seinem erlernten Beruf ausgeschlossen. Er sei auch sonst nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Nachdem es seiner Familie bisher gelungen sei, den Gewerbebetrieb ohne ihn, den Kläger, weiterzuführen, habe der Gewerbebetrieb zum 01.01.2011 abgemeldet werden müssen. Bei Kontakt mit Mehlstaub träten umgehend schwerwiegende bronchiale Hyperreagibilitätserscheinungen auf. Im Übrigen seien Bemühungen der Beklagten zur Rehabilitation und Wiedereingliederung in das Arbeitsleben kläglich gescheitert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2008 zu verurteilen, ihm aufgrund seiner anerkannten Berufskrankheit eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die MdE betrage unter 20 v.H.
Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 27.04.2011 darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann und dass diese Verfahrensweise beabsichtigt ist, und haben Gelegenheit erhalten, sich zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 20.05.2011 zu äußern.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des SG sowie die beim Senat angefallene Akten und auf ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlicher Verfügung hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2008 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen der anerkannten BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV zu.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).
Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; BSG Urteil vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1; Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, Stand 2005, § 56 RdNr 71). Die Feststellung der Höhe der MdE als tatsächliche Feststellung erfordert stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - veröffentlicht in juris m. H. auf BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; Urteil vom 18. März 2003 a.a.O.).
Hiervon ausgehend bedingen beim Kläger die verbliebenen Folgen der anerkannten BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV keine MdE von 20 v.H. Ein Stützrententatbestand liegt beim Kläger nicht vor.
Nach dem von Dr. Ra. in seinem an das SG erstatteten Gutachten vom 10.09.2008 besteht beim Kläger eine normale Lungenfunktion (keine wesentliche Obstruktion, eine lediglich fragliche grenzwertige Restriktion und keine Überblähung) bei leichten Sensibilisierungen gegen Weizen- und Roggenmehl. Bis auf eine grenzwertige Hyperventilation mit metabolisch kompensierter respiratorischer Alkalose bestehen in Ruhe normale Blutgase. Unter Belastung erfolgt ein guter Anstieg des Sauerstoffdrucks ohne wesentliche metabolische Azidose als Hinweis auf ein Überschreiten der anaeroben Schwelle. Eine Diffusionsstörung besteht nicht. Das Lungenvolumen ist nicht wesentlich ventiliert. Eine Restriktion besteht nicht. Die Atemmuskelfunktion ist nicht eingeschränkt. Klinisch fanden sich lediglich Hinweise auf eine leichte bronchiale Hyperreagibilität als grenzwertiger Befund. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von Dr. H. in seinem an die Beklagte erstatteten Gutachten vom 27.11.2006 mitgeteilten Untersuchungsbefunde, der beim Kläger lediglich eine geringgradige Funktionsstörung in Form einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität festgestellt hat. Dr. R. hat in seinem an die Beklagte erstatteten Gutachten vom 07.03.2008 eine durch die anerkannte BK hervorgerufene Funktionsstörung beim Kläger nicht festgestellt (insbesondere kein Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität). Danach besteht beim Kläger keine MdE von 20 v.H. Zu diesen übereinstimmenden Bewertungen sind Dr. Ra. in seinem Gutachten vom 10.09.2008, Dr. H. in seinem Gutachten vom 27.11.2006 und Dr. R. in seinem Gutachten vom 07.03.2008 gelangt. Ihren Bewertungen schließt sich der Senat an. Sie entsprechen den anerkannten unfallversicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Erfahrungssätzen. Danach bedingt die beim Kläger bestehende unspezifische bronchiale Hyperreagibilität ohne Funktionsstörung der Lunge allenfalls eine MdE von 10 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 1072 ff). Auch unter Berücksichtigung der beim Kläger diagnostizierten Sensibilisierung und Verbreitung des Allergens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., Seite 1073) ist eine höhere MdE nicht zu rechtfertigen. Es besteht nur eine schwach positive allergische Reaktion nach RAST-Klasse 2 (bei Klassifizierung von Klasse 0 bis 6) auf Weizen- und Roggenmehl (vgl. Gutachten von Dr. H. vom 27.11.2006 und von Dr. Ra. vom 10.09.2008). Die Atemwegserkrankung ist auch auf ein geringes allergenes Spektrum begrenzt, da nur zwei Mehlsorten als Allergene getestet sind und die Mehlstauballergie generell nur einen engen Ausschnitt von Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für den Kläger verschließt.
Soweit Dr. H. in seinem Gutachten vom 24.02.2006 beim Kläger die MdE auf 20 v.H. geschätzt hat, kann der Kläger hieraus keinen Anspruch auf - zeitweise - Bewilligung einer Verletztenrente herleiten. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII wird Verletztenrente an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, vorliegend mithin frühestens ab 29.08.2006. Dass zu diesem Zeitpunkt beim Kläger wegen der anerkannten BK eine MdE von 20 v.H. vorgelegen hat, kann dem vor diesem Zeitpunkt erstatteten Gutachten von Dr. H. vom 24.02.2006 - und den danach erstatteten Gutachten - nicht entnommen werden. Nach den im Gutachten von Dr. H. vom 27.11.2006 wiedergegebenen Angaben des Klägers ist vielmehr nach dem Gutachten vom 24.02.2006 eine deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik beim Kläger eingetreten.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass der Kläger seine Tätigkeit als Pizzabäcker hat dauerhaft aufgeben müssen, ist Voraussetzung für die Anerkennung der BK Nr. 4301. Entsprechendes gilt für das Vorbringen des Klägers, es liege weiterhin eine Mehlstauballergie vor. Diese Umstände haben jedoch nach den oben dargestellten Grundsätzen keine erhöhende Auswirkung auf die MdE. Dass beim Kläger bei Kontaktaufnahme mit Mehlstaub umgehend schwerwiegende bronchiale Hyperreagibilitätserscheinungen auftreten, wie er weiter geltend macht, ist nicht relevant. Das Ausmaß der verbliebenen Folgen der BK ist vielmehr nach Aufgabe der schädigenden Tätigkeit des Klägers als Pizzabäcker (ohne Kontakt mit Mehlstaub) zu bemessen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch die von der Beklagten vom SG eingeholten Gutachten geklärt. Dass im Gesundheitszustand des Klägers Veränderungen eingetreten sind, ist nicht ersichtlich und wird von ihm im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen einer von der Beklagten anerkannten Berufskrankheit (BK) Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1961 geborene Kläger war ab 1998 als selbstständiger Pizzabäcker tätig. Diese Tätigkeit gab der Kläger seit März 2005 auf. Es bestand Arbeitsunfähigkeit bis Juni 2006. Die private Krankenkasse zahlte Krankengeld bis 28.06.2006, dem Tag vor Aufnahme der Bürotätigkeit des Klägers.
Am 26.07.2005 zeigte Prof. Dr. K. unter Vorlage eines Befundberichtes vom 20.07.2005 bei der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit beim Kläger ein. Die Beklagte leitete daraufhin ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog medizinische Unterlagen (Befundberichte Prof. Dr. K. vom 08.10.2004, 25.10.2004 und 21.01.2005) sowie einen Auszug aus dem Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers bei. Anschließend holte die Beklagte das internistisch- pneumologisch-allergologische Gutachten von Dr. H. vom 24.02.2006 und vom 27.11.2006 ein. Dr. H. gelangte in seinem Gutachten vom 24.02.2006 zusammenfassend zu der Bewertung, beim Kläger liege eine Berufskrankheit nach Nr. 4301 der BKV vor. Wegen Dauerbeschwerden, einer leichten latenten Funktionsstörung trotz sachgerechter Medikamententherapie schätzte Dr. H. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) derzeit auf 20 v.H. ein. In seinem Gutachten vom 27.11.2006 gelangte Dr. H. zusammenfassend zu der Beurteilung, bei der aktuellen Untersuchung habe der Kläger über eine gute Besserung der ehemaligen Beschwerdesymptomatik berichtet. Es bestünde kein Medikamentenbedarf mehr. Lungenfunktionell könnten eine Obstruktion, Restriktion oder Überblähung nicht nachgewiesen werden. Der Carbachol-Stufentest ergebe den Befund einer mittelgradigen unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität. Der respiratorische Gasaustausch sei durch eine Ventilationsstörung gekennzeichnet und werde unter Belastung ungestört gefunden. Der Kläger fühle sich subjektiv weitgehend beschwerdefrei. Wegen der verbliebenen leichtgradigen Funktionsstörung (unspezifische bronchiale Hyperreagibilität) schätzte Dr. H. die MdE auf unter 20 v.H. ein.
Mit Bescheid vom 12.12.2006 erkannte die Beklagte beim Kläger das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV ab 28.02.2005 sowie als Folgen der Berufskrankheit eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität an. Ein Anspruch auf Rente wurde abgelehnt, da die Berufskrankheit keine MdE in rentenberechtigendem Grade hinterlassen habe. Für die Zeit bis 28.08.2006 gewährte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld.
Gegen den Bescheid vom 12.12.2006 legte der Kläger am 12.01.2007 Widerspruch ein, mit dem er die Gewährung einer Teilrente geltend machte. Die Beklagte holte im Widerspruchsverfahren das pneumologische Gutachten von Dr. R. vom 07.03.2008 ein. Dr. R. gelangte in seinem Gutachten zu der Gesamtbeurteilung, dass nach Angaben des Klägers keine Beschwerden bestünden. Eine medikamentöse Therapie werde seit 2006 nicht mehr durchgeführt. Vorstellungen beim Arzt und Untersuchungen seien seither nicht mehr erfolgt. Eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität liege nicht mehr vor. Klinische Folgen der BK seien aktuell nicht nachweisbar. Es werde lediglich eine schwache IgE-vermittelte Weizenmehlsensibilisierung im RAST nachgewiesen. Die BK Nr. 4301 habe keine Folgen hinterlassen. Es seien auch keine Folgen zu erwarten, wenn keine Exposition gegenüber Mehlen stattfinde. Wegen der BK-Folgen bestehe keine MdE. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2008 wurde daraufhin der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12.12.2006 von der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 26.05.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug zur Begründung vor, er habe Anspruch auf Gewährung einer Teilrente wegen der festgestellten Berufskrankheit. Er leide an einer sehr spezifischen Hyperreagibilität gegen Weizen- und Trockenmehl. Er sei deshalb nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Pizzabäcker in dem von ihm gegründeten Betrieb auszuführen. Auch auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens sei er nicht in der Lage, uneingeschränkt einer Tätigkeit nachzugehen. Es sei derzeit zumindest vorübergehend eine Rentenleistungen in Höhe von 50 v.H. zu bewilligen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG holte von Dr. Ra. von Amts wegen das internistisch-lungenfachärztliche Gutachten vom 10.09.2008 ein. Dr. Ra. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, die technischen Untersuchungen belegten eine normale Lungenfunktion bei jetzt grenzwertiger bronchialer Hyperreagibilität. Die vom Kläger geforderte MdE von 50 v.H. entspreche einem schwerstgradigen unkontrollierten Asthma mit schwerer Lungenfunktionsstörung bei Einnahme aller üblichen Medikamente und trotzdem häufigen Atemproblemen in Ruhe oder anfallsartig. Dies treffe beim Kläger nicht zu. Nach den jetzigen Befunden bestehe eine MdE von weniger als 20 v.H.
Mit Urteil vom 09.12.2009 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, dem Kläger stehe eine Rente wegen der anerkannten BK nicht zu, wie sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. Ra. ergebe, der in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Dr. H. in dessen zweitem Gutachten von einer MdE von unter 20 v.H. ausgehe.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.01.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 22.02.2010 beim SG Berufung eingelegt, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg am 01.03.2010 vorgelegt worden ist. Der Kläger hat zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, aufgrund seiner weiterhin bestehenden Mehlstauballergie und der damit einhergehenden bronchialen Hyperreagibilität sei er endgültig und für immer aus seinem erlernten Beruf ausgeschlossen. Er sei auch sonst nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Nachdem es seiner Familie bisher gelungen sei, den Gewerbebetrieb ohne ihn, den Kläger, weiterzuführen, habe der Gewerbebetrieb zum 01.01.2011 abgemeldet werden müssen. Bei Kontakt mit Mehlstaub träten umgehend schwerwiegende bronchiale Hyperreagibilitätserscheinungen auf. Im Übrigen seien Bemühungen der Beklagten zur Rehabilitation und Wiedereingliederung in das Arbeitsleben kläglich gescheitert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2008 zu verurteilen, ihm aufgrund seiner anerkannten Berufskrankheit eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die MdE betrage unter 20 v.H.
Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 27.04.2011 darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann und dass diese Verfahrensweise beabsichtigt ist, und haben Gelegenheit erhalten, sich zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 20.05.2011 zu äußern.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des SG sowie die beim Senat angefallene Akten und auf ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlicher Verfügung hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2008 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen der anerkannten BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV zu.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).
Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; BSG Urteil vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1; Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, Stand 2005, § 56 RdNr 71). Die Feststellung der Höhe der MdE als tatsächliche Feststellung erfordert stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - veröffentlicht in juris m. H. auf BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; Urteil vom 18. März 2003 a.a.O.).
Hiervon ausgehend bedingen beim Kläger die verbliebenen Folgen der anerkannten BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV keine MdE von 20 v.H. Ein Stützrententatbestand liegt beim Kläger nicht vor.
Nach dem von Dr. Ra. in seinem an das SG erstatteten Gutachten vom 10.09.2008 besteht beim Kläger eine normale Lungenfunktion (keine wesentliche Obstruktion, eine lediglich fragliche grenzwertige Restriktion und keine Überblähung) bei leichten Sensibilisierungen gegen Weizen- und Roggenmehl. Bis auf eine grenzwertige Hyperventilation mit metabolisch kompensierter respiratorischer Alkalose bestehen in Ruhe normale Blutgase. Unter Belastung erfolgt ein guter Anstieg des Sauerstoffdrucks ohne wesentliche metabolische Azidose als Hinweis auf ein Überschreiten der anaeroben Schwelle. Eine Diffusionsstörung besteht nicht. Das Lungenvolumen ist nicht wesentlich ventiliert. Eine Restriktion besteht nicht. Die Atemmuskelfunktion ist nicht eingeschränkt. Klinisch fanden sich lediglich Hinweise auf eine leichte bronchiale Hyperreagibilität als grenzwertiger Befund. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von Dr. H. in seinem an die Beklagte erstatteten Gutachten vom 27.11.2006 mitgeteilten Untersuchungsbefunde, der beim Kläger lediglich eine geringgradige Funktionsstörung in Form einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität festgestellt hat. Dr. R. hat in seinem an die Beklagte erstatteten Gutachten vom 07.03.2008 eine durch die anerkannte BK hervorgerufene Funktionsstörung beim Kläger nicht festgestellt (insbesondere kein Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität). Danach besteht beim Kläger keine MdE von 20 v.H. Zu diesen übereinstimmenden Bewertungen sind Dr. Ra. in seinem Gutachten vom 10.09.2008, Dr. H. in seinem Gutachten vom 27.11.2006 und Dr. R. in seinem Gutachten vom 07.03.2008 gelangt. Ihren Bewertungen schließt sich der Senat an. Sie entsprechen den anerkannten unfallversicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Erfahrungssätzen. Danach bedingt die beim Kläger bestehende unspezifische bronchiale Hyperreagibilität ohne Funktionsstörung der Lunge allenfalls eine MdE von 10 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 1072 ff). Auch unter Berücksichtigung der beim Kläger diagnostizierten Sensibilisierung und Verbreitung des Allergens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., Seite 1073) ist eine höhere MdE nicht zu rechtfertigen. Es besteht nur eine schwach positive allergische Reaktion nach RAST-Klasse 2 (bei Klassifizierung von Klasse 0 bis 6) auf Weizen- und Roggenmehl (vgl. Gutachten von Dr. H. vom 27.11.2006 und von Dr. Ra. vom 10.09.2008). Die Atemwegserkrankung ist auch auf ein geringes allergenes Spektrum begrenzt, da nur zwei Mehlsorten als Allergene getestet sind und die Mehlstauballergie generell nur einen engen Ausschnitt von Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für den Kläger verschließt.
Soweit Dr. H. in seinem Gutachten vom 24.02.2006 beim Kläger die MdE auf 20 v.H. geschätzt hat, kann der Kläger hieraus keinen Anspruch auf - zeitweise - Bewilligung einer Verletztenrente herleiten. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII wird Verletztenrente an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, vorliegend mithin frühestens ab 29.08.2006. Dass zu diesem Zeitpunkt beim Kläger wegen der anerkannten BK eine MdE von 20 v.H. vorgelegen hat, kann dem vor diesem Zeitpunkt erstatteten Gutachten von Dr. H. vom 24.02.2006 - und den danach erstatteten Gutachten - nicht entnommen werden. Nach den im Gutachten von Dr. H. vom 27.11.2006 wiedergegebenen Angaben des Klägers ist vielmehr nach dem Gutachten vom 24.02.2006 eine deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik beim Kläger eingetreten.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass der Kläger seine Tätigkeit als Pizzabäcker hat dauerhaft aufgeben müssen, ist Voraussetzung für die Anerkennung der BK Nr. 4301. Entsprechendes gilt für das Vorbringen des Klägers, es liege weiterhin eine Mehlstauballergie vor. Diese Umstände haben jedoch nach den oben dargestellten Grundsätzen keine erhöhende Auswirkung auf die MdE. Dass beim Kläger bei Kontaktaufnahme mit Mehlstaub umgehend schwerwiegende bronchiale Hyperreagibilitätserscheinungen auftreten, wie er weiter geltend macht, ist nicht relevant. Das Ausmaß der verbliebenen Folgen der BK ist vielmehr nach Aufgabe der schädigenden Tätigkeit des Klägers als Pizzabäcker (ohne Kontakt mit Mehlstaub) zu bemessen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch die von der Beklagten vom SG eingeholten Gutachten geklärt. Dass im Gesundheitszustand des Klägers Veränderungen eingetreten sind, ist nicht ersichtlich und wird von ihm im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved