Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3629/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4514/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. September 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2006 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom Dezember 2006 vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1950 geborene Kläger kam 1971 aus S. in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war vom 22. Februar 1971 bis 9. April 2002 bei der Firma R. GmbH als Gießereiarbeiter (zunächst 15 Jahre als Druckgießer, dann als Einrichter von Druckgussmaschinen - Formen ab- und aufbauen -) beschäftigt. Hierbei handelte es sich um angelernte Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten (Auskünfte der Firma R. vom 12. Februar 2002 und 10. September 2003). Seit 19. September 2001 war der Kläger arbeitsunfähig. Am 1. Oktober 2001 wurde ein Bandscheibenvorfall in Höhe L5/S1 rechts operativ entfernt. Vom 11. Dezember 2001 bis 29. Dezember 2001 absolvierte der Kläger ein Heilverfahren, aus dem er arbeitsfähig entlassen wurde. Bis 22. Oktober 2002 war der Kläger noch beschäftigt; seitdem bestand Arbeitsunfähigkeit. Wegen der bis 3. Januar 2006 vorliegenden rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 16. Februar 2006 zum Bescheid vom selben Tag in den Rentenakten verwiesen.
Rentenanträge des Klägers vom Juli 2002 und April 2003 hatten keinen Erfolg.
Am 12. Januar 2006 beantragte der Kläger, der nach dem Bezug von Krankengeld und Arbeitslosengeld seit 4. Januar 2006 Arbeitslosengeld II bezieht, unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger begutachten. Der Chirurg Dr. G. stellte beim Kläger im Gutachten vom 15. Februar 2006 auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen: • Postnukleotomiesyndrom mit beidseitigen Lumboischialgien und Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung, Zustand nach Nucleotomie L5/S1 rechts im August 2001, jetzt medio-lateraler Rezidiv-Bandscheibenvorfall L5/S1, Vernarbungen • Mäßiggradige Coxarthrose beidseits mit endgradiger Funktionseinschränkung • Beginnende bis mäßiggradige Gonarthrose links ) rechts, degenerativer Kniebinnenschaden links. Ferner liege beim Kläger eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie (ausreichend eingestellt) vor. Als Arbeiter in einer Druckgießerei sei der Kläger auf Dauer nicht mehr einsetzbar. Leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben über 10 kg, ohne langes Stehen, häufiges Bücken, Knien und Hocken, sowie ohne häufige Überkopfarbeiten könne der Kläger 6 Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. G. vom 20. März 2006 mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Mai 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt hat. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf orthopädischem Gebiet eingeholt.
Die Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. haben unter dem 7. Juli 2006 über Behandlungen des Klägers vom 24. August 2001 bis 8. Juni 2006 berichtet und sich der Beurteilung von Dr. G. angeschlossen. Der Internist Dr. B. hat am 10. Juli 2006 angegeben, die maßgeblichen Beschwerden lägen auf orthopädischem Gebiet. Bis zur Behebung der Kniebeschwerden seien auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich. Der Urologe Dr. D. hat am 23. Juli 2006 mitgeteilt, er habe den Kläger lediglich am 2. Dezember 2005 untersucht und eine ausgeprägte Drangsymptomatik diagnostiziert, weswegen er ein Medikament verschrieben habe. Dr. S. aus der Praxis für Diagnostische Radiologie hat am 25. Juli 2006 Befundberichte vorgelegt und erklärt, die erhobenen Befunde stimmten im Wesentlichen mit dem Gutachten von Dr. G. überein. Dabei müsse darauf hingewiesen werden, dass eine Beurteilung des Leistungsvermögens allein aufgrund bildgebender Verfahren nicht möglich sei. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit dürfte vornehmlich durch die degenerativen Veränderungen im Kniegelenk links sowie durch den Rezidiv-Prolaps in Höhe von L5/S1 bedingt sein. Der Neurologe und Psychiater Dr. F. hat am 31. Juli 2006 erklärt, er habe den Kläger einmalig wegen einer Blasenfunktionsstörung untersucht. Der Beurteilung im Gutachten von Dr. G. schließe er sich an. Der HNO-Arzt Dr. K. hat am 7. August 2006 über Untersuchungen des Klägers seit 6. Juni 1983 berichtet. Die mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits, mit der Notwendigkeit ein Hörgerät beidseits zu tragen, hindere den Kläger nicht an leichten Tätigkeiten bis 6 Stunden täglich.
Der Orthopäde Dr. A. hat im Gutachten vom 28. November 2006 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Rezidivbandscheibenvorfall L5/S1 rechts, Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 rechts 2001 mit Sensibilitätsminderung im Ausbreitungsgebiet der Wurzel S1 rechts • Chronisches Halswirbelsäulenschmerzsyndrom • Beginnende Arthrose beider Hüftgelenke mit leichter Einschränkung der Innenrotation • Impingementsyndrom beider Schultergelenke mit Einschränkung der Abduktion auf 120° • Arthrose beider Kniegelenke mit Befall des inneren Kniegelenkspalts und der Retro-patellarfläche • Fersensporn beidseits • Morbus Dupuytren Grad I nach Iselin mit Befall beider Hände ohne funktionelle Einschränkung. Er ist zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 8 Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg, überwiegendes Gehen, Stehen und Sitzen, Überkopftätigkeiten, gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Treppensteigen, häufiges Bücken, Steigen auf Leitern, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Nachtschicht, Kälte und Zugluft. Relevante Abweichungen zum Vorgutachten von Dr. G. bestünden nicht. Der Kläger sei in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG den Orthopäden Dr. Z. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 29. März 2007 ausgeführt, der Kläger klage in erster Linie über Beschwerden der Knie und der Schienenbeine sowie über Beschwerden des linken Unterschenkels bei Zustand nach Wadenbeinfraktur vom Dezember 2006, in deren Folge es zu einer größeren Wundinfektion gekommen sei, die im Februar 2007 in Narkose revidiert worden sei. Dr. Z. hat beim Kläger folgende Diagnosen gestellt: • Zustand nach distaler Wadenbeinfraktur linksseitig mit Belastungsinsuffizienz vom Dezember 2006 • Bandscheibenvorfallrezidiv L5/S1 rechtsseitig mit Sensibilitätsstörung im Segment S1 rechts bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 mit degenerativen Veränderungen • Impingement-Syndrom beider Schultergelenke mit Schultereckgelenksarthrose • Varusgonarthrose beider Kniegelenke mit Instabilitätszeiten • Beginnende Arthrose beider Hüftgelenke • Chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen • Morbus Dupuytren Grad I nach Iselin ohne funktionelle Einschränkung. Er hat ausgeführt, "zum jetzigen Zeitpunkt" könne der Kläger auch leichte Tätigkeit nicht durchführen, da er auf die Benutzung von zwei Unterarmstützen zum Gehen angewiesen sei. Eine Gehstrecke von 500 m könne der Kläger nicht bewältigen. Grundsätzlich sollte er leichte Tätigkeiten 6 bis 8 Stunden täglich verrichten können, wenn die Problematik der Schultergelenke mit den Reizzuständen beseitigt sei. Das derzeitige Leistungsvermögen bestehe seit der Wadenbeinfraktur vom Dezember 2006. Nach Ablauf von ca. 3 bis 6 Monaten und nach entsprechender Therapie sollte gegebenenfalls ein neues Gutachten eingeholt werden.
Der Chirurg Dr. R. hat am 20. August 2007 angegeben, er habe den Kläger vom 12. Februar bis 4. Juli 2007 behandelt. Nach der Wundrevision und Hauttransplantation in der Zentralklinik W. habe er den Kläger ab 2. März 2007 ambulant weiter behandelt. Vom 13. Februar bis 4. Juli 2007 sei der Kläger arbeitsunfähig gewesen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger ab September 2007 leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich durchführen.
Die Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. haben unter den 24. August 2007 erklärt, körperlich leichte Tätigkeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten. In den letzten 12 Monaten hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 15. August bis 26. September 2006 nach stattgehabter Arthroskopie des Kniegelenks mit Innenmeniskusteilresektion und Knorpelglättung und aufgrund des stationären Aufenthalts vom 13. Februar bis 2. März 2007 vorgelegen.
Der Kläger hat Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen von Dr. R., ausgestellt für die A. Baden-Württemberg am 26. Oktober 2007 und 30. November 2007 vorgelegt, in der Arbeitsunfähigkeitszeiten seit 13. Februar 2007 bis voraussichtlich 9. November 2007 bzw. 14. Dezember 2007 bescheinigt sind, sowie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, ausgestellt von Dr. H./W./Dr. Z. am 16. Oktober und 2. November 2007, in denen Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 8. Oktober bis 4. November 2007 bzw. bis 30. November 2007 bescheinigt sind.
Wegen eines Rezidivbandscheibenvorfalls L5/S1 rechts wurden am 15. Januar 2008 eine micro-chirurgische Radikulolyse und Sequestrektomie durchgeführt. Vom 30. Januar bis 20. Februar 2008 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren im Gesundheitszentrum Bad W ... Von dort wurde er als arbeitsunfähig entlassen. Im Entlassungsbericht vom 21. Februar 2008 wurde ausgeführt, unter der Voraussetzung eines komplikationslosen Heilungsverlaufs könne der Kläger aus orthopädischer Sicht leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten.
Der Neurochirurg Dr. B. hat unter dem 30. Mai 2008 die Ansicht vertreten, aufgrund der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule mit chronischem Schmerzsyndrom sei der Kläger auch für leichte Tätigkeiten nicht einsetzbar.
Mit Urteil vom 4. September 2008 hat das SG den Bescheid vom 16. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Juli 2008 befristet bis 31. Juni 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das SG stütze seine Überzeugung auf den Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W ... Daraus gehe hervor, dass die Annahme einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit nur unter der Prognose eines komplikationslosen Heilungsverlaufs getroffen worden sei. Die Befunde, die bei Entlassung des Klägers mitgeteilt worden seien, seien dagegen nicht geeignet, das Wiedererreichen einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit anzunehmen. Die Zeugenaussage von Dr. B. belege, dass bisher nach der Operation eine Besserung der Symptomatik nicht eingetreten sei, weswegen derzeit auch nicht von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Das SG sehe es deswegen als angemessen an, auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 15. Januar 2008 dem Kläger, insbesondere wegen der Schmerzsymptomatik und der Einschränkung der Gehfähigkeit, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, befristet ab 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009, zu gewähren. Die Befristung beruhe auf der Tatsache, dass bei Durchführung konsequenter Krankengymnastik sowie einer adäquaten Schmerztherapie mit einer Besserung der Symptomatik zu rechnen sei. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf des Jahres wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen erreicht werde. Soweit der Kläger dagegen die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung auf Dauer begehre, sei die Klage abzuweisen gewesen. Das SG stütze seine Überzeugung auf die orthopädischen Gutachten von Dr. G., Dr. A. und Dr. Z ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 16. September 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. September 2008 Berufung eingelegt. Der Kläger hat gegen das ihm am 15. September 2008 zugestellte Urteil am 8. Oktober 2008 Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, die Entscheidung des SG sei schon deswegen fehlerhaft, weil - ausgehend von einem Leistungsfall am 15. Januar 2008 - der Rentenbeginn gemäß § 101 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI am 1. August 2008 gewesen wäre. Auch das genannte Rentenende sei falsch. Im Gegensatz zum SG sehe sie eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als bewiesen an. Aus der Auskunft von Dr. B. seien keine klinischen Untersuchungsbefunde zu entnehmen. Auch die Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung von Dr. B. schon einen Monat nicht mehr in dessen Behandlung gestanden habe, werte sie als Indiz dafür, dass das Leistungsvermögen nicht so eingeschränkt gewesen sei, wie Dr. B. und das SG angenommen hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. September 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. September 2008 sowie den Bescheid vom 16. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen habe er einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er seit 2006 auf Dauer außer Stande sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach der ärztlichen Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 10. Juli 2006 sei er aufgrund der Wirbelsäulenbeschwerden und der hinzugekommenen Kniebeschwerden schon damals auch für leichte Tätigkeiten nicht einsetzbar gewesen. Inzwischen sei es zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gekommen. Dem Gutachten von Dr. Z. vom 29. März 2007 sei zu entnehmen, dass er zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen durch die im Dezember 2006 erlittene Wadenbeinfraktur linksseitig mit Belastungsinsuffizienz nicht in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten auszuüben und Gehstrecken von mehr als 500 m zurückzulegen. Darüber hinaus sei Dr. Z. davon ausgegangen, dass wegen der Probleme im Schulter- und Nackenbereich eine Erwerbsfähigkeit nicht gegeben sei. Zu Unrecht habe das SG die Gewährung einer Rente auf Dauer abgelehnt und diese bis 30. Juni 2009 befristet.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein kardiologisch-internistisches Gutachten eingeholt.
Der Orthopäde W. hat im März 2009 mitgeteilt, der Kläger habe ihn seit Juli 2007 mehrmals im Monat aufgesucht. Bis auf die Kniebeschwerden seit ca. April 2008 hätten alle anderen Beschwerden schon vor Juli 2007 bestanden. Von wann bis wann der Kläger auf die Benutzung von Unterarmgehstützen angewiesen gewesen sei, sei ihm nicht bekannt. Seine Unterlagen wiesen Schulterbeschwerden des Klägers nicht aus.
Der Arzt für Anästhesiologie B. hat unter dem 7. April 2009 erklärt, der Kläger habe sich lediglich am 14. November 2008 wegen einer Narkose vorgestellt und sei dementsprechend prämediziert und anästhesiert worden. Aus sonstiger medizinischer Sicht sei ihm wenig bekannt.
Dr. M., Leitende Oberärztin der Abteilung für Radiologie und Radiologische Schmerzbehandlung, hat unter dem 9. November 2009 ausgesagt, beim Kläger sei vom 15. Mai bis 27. August 2009 (sechsmal) eine CT-gesteuerte Schmerztherapie mit gezielter Nervenwurzelinfiltration in Höhe L5/S1 rechts durchgeführt worden. Die Therapie sei abgebrochen worden, weil sich kein Erfolg eingestellt habe. Die Gründe hierfür seien unklar.
Die Ärztin für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Dr. S. hat unter dem 8. Januar 2010 erklärt, sie habe dem Kläger vom 25. September bis 21. Dezember 2009 (viermal) behandelt. Sie habe eine medikamentöse Einstellung ohne wesentliche Besserung vorgenommen. Gründe dafür seien, dass es sich beim Kläger um eine Spinalkanalstenose nach zweifacher Operation an der Lendenwirbelsäule handele.
Dr. F., Arzt für Orthopädie und spezielle Schmerztherapie, hat im Gutachten vom 10. Mai 2010 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/S1 mit radikulären Residuen • Kniegelenksarthrose beidseits • Beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits • Chronisches zervikobrachiales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen • Impingementsyndrom beider Schultern • Morbus Dupuytren links ) rechts. Er hat ausgeführt, im Vordergrund stehe ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit Ausstrahlung in das rechte Bein hinein und verbliebenen Nervenwurzelreizerscheinungen, persistierenden Wurzelstörungen im Sinne einer Sensibilitätsverminderung, einer Missempfindung und einem Reflexausfall sowie einer Nervenwurzelreizung. Die seit mehreren Monaten begonnene Opiatbehandlung bringe nur eine gewisse Linderung der permanenten Schmerzen. Insofern habe sich bereits eine deutliche Chronifizierung eingestellt. Das Gangbild sei hinkend; für längere Strecken benutze der Kläger zwei Unterarmstöcke. Ein Gehen ohne Unterarmstützen sei aber durchaus möglich. Die Schultergelenke seien in der Beweglichkeit frei mit einer endgradigen Schmerzhaftigkeit. Aufgrund der oben genannten Gesundheitsstörungen resultierten folgende Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit: • keine schweren oder mittelschweren körperlichen Arbeiten • kein Heben und Tragen von Lasten über 5 kp • keine gebückten Tätigkeiten • keine knienden oder hockenden Tätigkeiten • keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten • keine Überkopfarbeiten • Vermeidung von Nässe- und Kälteeinfluss. Damit sei eine Leistungsfähigkeit für eine Tätigkeit als Gießereiarbeiter nicht mehr gegeben. Leichte körperliche Arbeiten, möglichst im selbst bestimmten Wechsel zwischen Sitzen und Stehen, seien mindestens 6 Stunden täglich möglich. Eine Wegstrecke von 500 m könne der Kläger viermal täglich zurücklegen. Für eine Strecke von 500 m benötige er ca. 15 Minuten. Er könne auch zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten benutzen. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe mindestens seit dem Jahr 2006.
Der Kläger hat u. a. einen Arztbrief der Klinik für Kardiologie der R.-Klinik vom 1. Juli 2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29. Juni bis 1. Juli 2010 vorgelegt. Bei der dort durchgeführten Herzkatheteruntersuchung wurde eine koronare Eingefäßerkrankung mit einer ca. 60 %-igen hämodynamisch nicht relevanten RIM-Abgangsstenose und nur geringen Wandunregelmäßigkeiten des RCX festgestellt. Es wurde eine hypertensive Herzerkrankung diagnostiziert ohne Notwendigkeit einer koronaren Intervention und mit der Empfehlung einer konservativen-medikamentösen Therapie. Ferner hat der Kläger Arztbriefe von Dr. R. vom 20. August 2010 vorgelegt, der wegen eines akuten Meniskusrisses links eine Arthroskopie und Resektion einer Zyste vorgeschlagen hat.
Prof. Dr. S., Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin 3 am R.-Krankenhaus, hat im auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 15. Februar 2011 auf seinem Fachgebiet eine koronare Eingefäßerkrankung diagnostiziert. Er hat ausgeführt, die Leistung während der Ergometrie (75 Watt, 100 Watt seien nur 29 Sekunden leistbar gewesen) lasse leichte Tätigkeiten zu. Führendes Problem seien die generalisierten Schmerzen des Klägers. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit beruhe vor allem auf der orthopädischen Schmerzsymptomatik. Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Arbeiten mit gleichförmiger Körperhaltung, auf Leitern und Gerüsten, mit Treppensteigen, unter starkem Kälte- oder Wärmeeinfluss oder unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen sowie Fließband- und Akkordarbeiten seien dem Kläger nicht zumutbar bzw. ungeeignet. Leichte Arbeiten könnten 3 bis 6 Stunden pro Tag verrichtet werden. Selbstständige Lagewechsel und regelmäßige Pausen (beispielsweise stündlich über 10 Minuten) sollten möglich sein. Objektiv könne der Kläger einmalig eine Wegstrecke von 500 m zu Fuß zurücklegen; das Zurücklegen dieser Strecke viermal täglich sei dem Kläger nicht zumutbar.
Dr. B. hat in der Stellungnahme vom 25. März 2011 ausgeführt, im kardiologisch-internistischen Gutachten werde an erster Stelle eine diffuse koronare Herzkrankheit mit hämodynamisch nicht relevanter Stenose eines Seitenastes der Herzkranzgefäße genannt. Auch hätten im kardialen Stress-Kernspintomogramm keine Belastungsischämien gesehen werden können. Dieser Untersuchung komme insofern eine besondere Bedeutung zu, als diese als die zuverlässigste Untersuchungsmethode der hier im Vordergrund stehenden Herzerkrankung anzusehen sei. Eine funktionelle Beeinträchtigung durch die subjektiven kardialen Beschwerden sei somit nicht belegt oder auch nur wahrscheinlich gemacht. Bei der objektiv dokumentierten Belastbarkeit (Belastungs-EKG von 75 Watt und einer Dauerbelastbarkeit von ca. 50 Watt) sei somit von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen. Weshalb der Gutachter von einem 3 bis 6-stündigen Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten ausgehe, sei nicht nachvollziehbar und werde auch nicht begründet. Auch die Ausführungen des Gutachters hinsichtlich der Pausen und der Wegstrecke sowie der sonstigen Einschränkungen bezögen sich offensichtlich ausschließlich und allein auf die orthopädischen Leiden. Die entsprechenden Einschränkungen würden von dem Gutachter auch nicht mit Leiden aus seinem Fachgebiet begründet. Eine Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung ergebe sich aus internistisch-kardiologischer Sicht nicht. Es sei weiterhin von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten auszugehen.
Der Kläger hat einen Entlassungsbericht der Sportklinik S. über einen Aufenthalt vom 25. bis 26. März 2011 vorgelegt, bei dem eine Facettengelenksdenervation/Radiofrequenz-Thermo-koagulation durchgeführt worden ist. Die Operation und der postoperative Verlauf gestalteten sich danach komplikationslos. Weiter hat der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgenbescheinigung) des Orthopäden W. vom 11. April 2011 vorgelegt, der eine Arbeitsunfähigkeit bis 24. April 2011 bescheinigt und als Beginn der Arbeitsunfähigkeit den 26. Oktober 2010 nennt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegten Berufungen der Beklagten und des Klägers sind zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger war, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats bis zu seiner Wadenbeinfraktur im Dezember 2006 nicht erwerbsgemindert. Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats bis zur Wadenbeinfraktur im Dezember 2006 nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, des Gutachtens des Chirurgen Dr. G. vom 15. Februar 2006, der sachverständigen Zeugenaussage der Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. vom 7. Juli 2006 sowie der insoweit übereinstimmenden Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. A. vom 28. November 2006 sowie des Orthopäden Dr. Z. vom 29. März 2007, der das Gutachten auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erstattet hat.
Die beim Kläger bis Dezember 2006 im Vordergrund stehenden Gesundheitsstörungen (Rezidivbandscheibenvorfall bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1, Halswirbelsäulen- (HWS)-Syndrom, Gonarthrose links ) rechts, beginnende Arthrose beider Hüftgelenke, Impingementsyndrom beider Schultergelenke) führten lediglich zu qualitativen Einschränkungen (keine körperlich schweren und mittelschweren Tätigkeiten, kein Heben/Tragen von Lasten über 10 kg, kein überwiegendes/langes Stehen, keine Überkopfarbeiten, keine gleichförmigen Körperhaltungen, kein häufiges Bücken, Knien, Hocken, kein häufiges Treppensteigen, Steigen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Akkord- und Fließbandarbeiten, keine Arbeiten an gefährdenden Maschinen, unter Kälte und Zugluft, keine Nachtschichtarbeiten). Der Kläger war damit jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender bzw. wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde in normaltemperierten Räumen zur Normalarbeitszeit mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen des Chirurgen Dr. G. sowie der Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. sowie Dr. Abel und Dr. Z ... Die hiervon abweichende - fachfremde - Beurteilung des Internisten Dr. B. ist durch die übereinstimmenden Beurteilungen der Orthopäden und insbesondere durch die Sachverständigengutachten von Dr. A. und Dr. Z. widerlegt. Dr. B. räumt selbst ein, dass die maßgeblichen Beschwerden beim Kläger nicht auf seinem - dem internistischem - Fachgebiet, sondern auf orthopädischem Gebiet liegen.
Aufgrund der Wadenbeinfraktur und den sich anschließenden Erkrankungen war der Kläger nach Überzeugung des Senats ab dem Zeitpunkt der Fraktur (Ende Dezember 2006) bis Dezember 2009 nicht in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens des Orthopäden Dr. Z., der sachverständigen Zeugenaussage des Chirurgen Dr. R. vom 20. August 2007, den von Dr. R. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die A. Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2007 und 30. November 2007, aus denen sich eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit vom 13. Februar 2007 bis 9. November 2007 bzw. 14. Dezember 2007 ergibt, sowie den von den Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, dem Arztbrief über die Operation des Rezidivbandscheibenvorfalls am 15. Januar 2008, dem Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W. vom 21. Februar 2008, der sachverständigen Zeugenaussage des Orthopäden W. vom 2. März 2009, der über Kniebeschwerden des Klägers seit April 2008 berichtet hat, die im November 2008 zu einer Arthroskopie führten, sowie der sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. und Dr. S., die den Kläger vom 15. Mai bis 27. August 2009 bzw. 25. September bis 21. Dezember 2009 schmerztherapeutisch behandelt haben.
Ausgehend vom Eintritt eines Leistungsfalls im Dezember 2006 steht dem Kläger, der die allgemeine Wartezeit erfüllt und in dem dem Leistungsfall vorausgehenden maßgeblichen Fünfjahreszeitraum mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet hat (insofern wird auf den Versicherungsverlauf vom 16. Februar 2006 verwiesen), gemäß § 101 Abs. 1 SGB VI ab 1. Juli 2007, dem Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit, Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Aufgrund der Wadenbeinfraktur war der Kläger zunächst einige Wochen arbeitsunfähig. Wegen der eingetretenen Wundinfektion mit der Notwendigkeit einer operativen Revision schlossen sich der Krankenhausaufenthalt vom 13. Februar bis 2. März 2007 sowie weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten bis Dezember 2007 an, wie der Senat der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. R. sowie den von ihm sowie den Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entnimmt. Angesichts der seit Dezember 2006 durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit liegt keine vorübergehende, nicht länger als sechs Monate dauernde Arbeitsunfähigkeit, sondern eine Erwerbsminderung vor. Diese dauerte auch danach noch an, da der Kläger im Januar 2008 wegen des Rezidivbandscheibenvorfalls operativ behandelt wurde und sich anschließend bis 20. Februar 2008 im Heilverfahren befand, aus dem er arbeitsunfähig entlassen wurde. Angesichts dessen und des Umstandes, dass seit ca. April 2008 Kniebeschwerden hinzukamen, die im November 2008 eine Arthroskopie erforderlich machten, die CT-gesteuerte Schmerztherapie vom 15. Mai bis 27. August 2009 erfolglos war und erst nach der Schmerztherapie mit Opiatgabe vom 25. September bis 21. Dezember 2009 eine gewisse Besserung einsetzte, sieht der Senat einen mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bis Dezember 2009 nicht als gegeben an.
Eine Erwerbsminderung, d.h. ein Leistungsvermögen von unter 6 Stunden, vermag der Senat jedoch ab Januar 2010 beim Kläger nicht mehr festzustellen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Gutachtens des Arztes für Orthopädie und spezielle Schmerztherapie von Dr. F., der den Kläger im Mai 2010 untersucht hat. Danach führen die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen (vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/S1 mit radikulären Residuen, Kniegelenksarthrose beidseits, beginnende Hüftarthrose beidseits, chronisches zervikobrachiales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen, Impingementsyndrom beider Schultern) zwar zu qualitativen Einschränkungen (keine schweren und mittelschweren Arbeiten, kein Heben/Tragen von Lasten über 5 kg, keine gebückten, knienden oder hockenden Tätigkeiten, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, unter Kälte und Nässeeinfluss, keine Überkopfarbeiten), hindern den Kläger jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder oder überwiegend sitzender Körperhaltung 6 Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger ist auch in der Lage, viermal täglich mehr als 500 m in zumutbarer Zeit (500 m in ca. 15 Minuten) zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen.
Durch die beim Kläger diagnostizierte koronare Eingefäßerkrankung, die lediglich eine medikamentöse Therapie und kardiologische Verlaufskontrolle erfordert, wird das Leistungsvermögen des Klägers nicht weitergehend eingeschränkt, wie Dr. B. für den Senat nachvollziehbar und überzeugend in den beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 28. Juli 2010 und vom 25. März 2011 ausgeführt hat.
Der hiervon abweichenden Beurteilung von Prof. Dr. S. im Gutachten vom 15. Februar 2011 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn dieser hat keine weiteren Gesundheitsstörungen als die Eingefäßerkrankung auf seinem Fachgebiet beim Kläger diagnostiziert. Signifikante EKG-Veränderungen hat er verneint und auch im kardialen Stress-Kernspintomogramm fand sich kein Nachweis einer Belastungsischämie. Prof. Dr. S. räumt selbst ein, dass anhand der vorliegenden Befunde kein Hinweis für eine hämodynamisch Relevanz der bekannten Stenose des Ramus intermedius vorhanden ist. Angesichts dessen vermag der Senat - wie Dr. B. - keine weiteren Einschränkungen aufgrund der internistischen Befunde festzustellen und insbesondere keine Befunde, die angesichts einer Belastbarkeit bis 75 Watt Pausen bei leichten sechsstündigen Tätigkeiten erforderten. Auch vermag der Senat nicht zu erkennen, warum der Kläger nicht in der Lage sein soll, viermal täglich eine Wegstrecke von über 500 m zurückzulegen, zumal er in dem von Prof. Dr. S. durchgeführten Gehstreckentest für 500 m 16:32 Minuten benötigte. Eine Begründung für seine Beurteilung hat Prof. Dr. S. nicht abgegeben. Der Senat folgt deswegen den übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. A. und Dr. F., die keine Einschränkung der Wegefähigkeit angenommen haben, zumal Prof. Dr. S. die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen als führend für die Einschränkung der Leistungsfähigkeit angesehen hat und auf internistischem Gebiet keine Gesundheitsstörungen ersichtlich sind, die zu einer Einschränkung des Gehvermögens führen würden.
Der Umstand, dass der Orthopäde W. den Kläger seit 26. Oktober 2010 als arbeitsunfähig angesehen hat, belegt keine wesentliche Verschlechterung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. S. vom 15. Februar 2011. Denn bei den dortigen Untersuchungen im Dezember 2010 und Januar 2011 berichtete der Kläger über eine lange orthopädische Vorgeschichte und nicht über eine wesentliche Verschlimmerung seit Ende Oktober 2010 bzw. seit dem orthopädischem Gutachten vom Mai 2010. Die am 25. bzw. 26. März 2011 erfolgte Facettengelenksdenervation sowie der postoperative Verlauf gestalteten sich komplikationslos, wie dem Entlassungsbericht der Sportklinik vom 28. März 2011 zu entnehmen ist, so dass sich auch daraus keine wesentliche und dauerhafte Verschlechterung ableiten lässt.
Nach alledem waren das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom Dezember 2006 bereits vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten war insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger teilweise Erfolg hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom Dezember 2006 vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1950 geborene Kläger kam 1971 aus S. in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war vom 22. Februar 1971 bis 9. April 2002 bei der Firma R. GmbH als Gießereiarbeiter (zunächst 15 Jahre als Druckgießer, dann als Einrichter von Druckgussmaschinen - Formen ab- und aufbauen -) beschäftigt. Hierbei handelte es sich um angelernte Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten (Auskünfte der Firma R. vom 12. Februar 2002 und 10. September 2003). Seit 19. September 2001 war der Kläger arbeitsunfähig. Am 1. Oktober 2001 wurde ein Bandscheibenvorfall in Höhe L5/S1 rechts operativ entfernt. Vom 11. Dezember 2001 bis 29. Dezember 2001 absolvierte der Kläger ein Heilverfahren, aus dem er arbeitsfähig entlassen wurde. Bis 22. Oktober 2002 war der Kläger noch beschäftigt; seitdem bestand Arbeitsunfähigkeit. Wegen der bis 3. Januar 2006 vorliegenden rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 16. Februar 2006 zum Bescheid vom selben Tag in den Rentenakten verwiesen.
Rentenanträge des Klägers vom Juli 2002 und April 2003 hatten keinen Erfolg.
Am 12. Januar 2006 beantragte der Kläger, der nach dem Bezug von Krankengeld und Arbeitslosengeld seit 4. Januar 2006 Arbeitslosengeld II bezieht, unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger begutachten. Der Chirurg Dr. G. stellte beim Kläger im Gutachten vom 15. Februar 2006 auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen: • Postnukleotomiesyndrom mit beidseitigen Lumboischialgien und Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung, Zustand nach Nucleotomie L5/S1 rechts im August 2001, jetzt medio-lateraler Rezidiv-Bandscheibenvorfall L5/S1, Vernarbungen • Mäßiggradige Coxarthrose beidseits mit endgradiger Funktionseinschränkung • Beginnende bis mäßiggradige Gonarthrose links ) rechts, degenerativer Kniebinnenschaden links. Ferner liege beim Kläger eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie (ausreichend eingestellt) vor. Als Arbeiter in einer Druckgießerei sei der Kläger auf Dauer nicht mehr einsetzbar. Leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben über 10 kg, ohne langes Stehen, häufiges Bücken, Knien und Hocken, sowie ohne häufige Überkopfarbeiten könne der Kläger 6 Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. G. vom 20. März 2006 mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Mai 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt hat. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf orthopädischem Gebiet eingeholt.
Die Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. haben unter dem 7. Juli 2006 über Behandlungen des Klägers vom 24. August 2001 bis 8. Juni 2006 berichtet und sich der Beurteilung von Dr. G. angeschlossen. Der Internist Dr. B. hat am 10. Juli 2006 angegeben, die maßgeblichen Beschwerden lägen auf orthopädischem Gebiet. Bis zur Behebung der Kniebeschwerden seien auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich. Der Urologe Dr. D. hat am 23. Juli 2006 mitgeteilt, er habe den Kläger lediglich am 2. Dezember 2005 untersucht und eine ausgeprägte Drangsymptomatik diagnostiziert, weswegen er ein Medikament verschrieben habe. Dr. S. aus der Praxis für Diagnostische Radiologie hat am 25. Juli 2006 Befundberichte vorgelegt und erklärt, die erhobenen Befunde stimmten im Wesentlichen mit dem Gutachten von Dr. G. überein. Dabei müsse darauf hingewiesen werden, dass eine Beurteilung des Leistungsvermögens allein aufgrund bildgebender Verfahren nicht möglich sei. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit dürfte vornehmlich durch die degenerativen Veränderungen im Kniegelenk links sowie durch den Rezidiv-Prolaps in Höhe von L5/S1 bedingt sein. Der Neurologe und Psychiater Dr. F. hat am 31. Juli 2006 erklärt, er habe den Kläger einmalig wegen einer Blasenfunktionsstörung untersucht. Der Beurteilung im Gutachten von Dr. G. schließe er sich an. Der HNO-Arzt Dr. K. hat am 7. August 2006 über Untersuchungen des Klägers seit 6. Juni 1983 berichtet. Die mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits, mit der Notwendigkeit ein Hörgerät beidseits zu tragen, hindere den Kläger nicht an leichten Tätigkeiten bis 6 Stunden täglich.
Der Orthopäde Dr. A. hat im Gutachten vom 28. November 2006 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Rezidivbandscheibenvorfall L5/S1 rechts, Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 rechts 2001 mit Sensibilitätsminderung im Ausbreitungsgebiet der Wurzel S1 rechts • Chronisches Halswirbelsäulenschmerzsyndrom • Beginnende Arthrose beider Hüftgelenke mit leichter Einschränkung der Innenrotation • Impingementsyndrom beider Schultergelenke mit Einschränkung der Abduktion auf 120° • Arthrose beider Kniegelenke mit Befall des inneren Kniegelenkspalts und der Retro-patellarfläche • Fersensporn beidseits • Morbus Dupuytren Grad I nach Iselin mit Befall beider Hände ohne funktionelle Einschränkung. Er ist zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 8 Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg, überwiegendes Gehen, Stehen und Sitzen, Überkopftätigkeiten, gleichförmige Körperhaltungen, häufiges Treppensteigen, häufiges Bücken, Steigen auf Leitern, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Nachtschicht, Kälte und Zugluft. Relevante Abweichungen zum Vorgutachten von Dr. G. bestünden nicht. Der Kläger sei in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG den Orthopäden Dr. Z. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 29. März 2007 ausgeführt, der Kläger klage in erster Linie über Beschwerden der Knie und der Schienenbeine sowie über Beschwerden des linken Unterschenkels bei Zustand nach Wadenbeinfraktur vom Dezember 2006, in deren Folge es zu einer größeren Wundinfektion gekommen sei, die im Februar 2007 in Narkose revidiert worden sei. Dr. Z. hat beim Kläger folgende Diagnosen gestellt: • Zustand nach distaler Wadenbeinfraktur linksseitig mit Belastungsinsuffizienz vom Dezember 2006 • Bandscheibenvorfallrezidiv L5/S1 rechtsseitig mit Sensibilitätsstörung im Segment S1 rechts bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 mit degenerativen Veränderungen • Impingement-Syndrom beider Schultergelenke mit Schultereckgelenksarthrose • Varusgonarthrose beider Kniegelenke mit Instabilitätszeiten • Beginnende Arthrose beider Hüftgelenke • Chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen • Morbus Dupuytren Grad I nach Iselin ohne funktionelle Einschränkung. Er hat ausgeführt, "zum jetzigen Zeitpunkt" könne der Kläger auch leichte Tätigkeit nicht durchführen, da er auf die Benutzung von zwei Unterarmstützen zum Gehen angewiesen sei. Eine Gehstrecke von 500 m könne der Kläger nicht bewältigen. Grundsätzlich sollte er leichte Tätigkeiten 6 bis 8 Stunden täglich verrichten können, wenn die Problematik der Schultergelenke mit den Reizzuständen beseitigt sei. Das derzeitige Leistungsvermögen bestehe seit der Wadenbeinfraktur vom Dezember 2006. Nach Ablauf von ca. 3 bis 6 Monaten und nach entsprechender Therapie sollte gegebenenfalls ein neues Gutachten eingeholt werden.
Der Chirurg Dr. R. hat am 20. August 2007 angegeben, er habe den Kläger vom 12. Februar bis 4. Juli 2007 behandelt. Nach der Wundrevision und Hauttransplantation in der Zentralklinik W. habe er den Kläger ab 2. März 2007 ambulant weiter behandelt. Vom 13. Februar bis 4. Juli 2007 sei der Kläger arbeitsunfähig gewesen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger ab September 2007 leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich durchführen.
Die Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. haben unter den 24. August 2007 erklärt, körperlich leichte Tätigkeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten. In den letzten 12 Monaten hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 15. August bis 26. September 2006 nach stattgehabter Arthroskopie des Kniegelenks mit Innenmeniskusteilresektion und Knorpelglättung und aufgrund des stationären Aufenthalts vom 13. Februar bis 2. März 2007 vorgelegen.
Der Kläger hat Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen von Dr. R., ausgestellt für die A. Baden-Württemberg am 26. Oktober 2007 und 30. November 2007 vorgelegt, in der Arbeitsunfähigkeitszeiten seit 13. Februar 2007 bis voraussichtlich 9. November 2007 bzw. 14. Dezember 2007 bescheinigt sind, sowie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, ausgestellt von Dr. H./W./Dr. Z. am 16. Oktober und 2. November 2007, in denen Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 8. Oktober bis 4. November 2007 bzw. bis 30. November 2007 bescheinigt sind.
Wegen eines Rezidivbandscheibenvorfalls L5/S1 rechts wurden am 15. Januar 2008 eine micro-chirurgische Radikulolyse und Sequestrektomie durchgeführt. Vom 30. Januar bis 20. Februar 2008 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren im Gesundheitszentrum Bad W ... Von dort wurde er als arbeitsunfähig entlassen. Im Entlassungsbericht vom 21. Februar 2008 wurde ausgeführt, unter der Voraussetzung eines komplikationslosen Heilungsverlaufs könne der Kläger aus orthopädischer Sicht leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten.
Der Neurochirurg Dr. B. hat unter dem 30. Mai 2008 die Ansicht vertreten, aufgrund der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule mit chronischem Schmerzsyndrom sei der Kläger auch für leichte Tätigkeiten nicht einsetzbar.
Mit Urteil vom 4. September 2008 hat das SG den Bescheid vom 16. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Juli 2008 befristet bis 31. Juni 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das SG stütze seine Überzeugung auf den Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W ... Daraus gehe hervor, dass die Annahme einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit nur unter der Prognose eines komplikationslosen Heilungsverlaufs getroffen worden sei. Die Befunde, die bei Entlassung des Klägers mitgeteilt worden seien, seien dagegen nicht geeignet, das Wiedererreichen einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit anzunehmen. Die Zeugenaussage von Dr. B. belege, dass bisher nach der Operation eine Besserung der Symptomatik nicht eingetreten sei, weswegen derzeit auch nicht von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Das SG sehe es deswegen als angemessen an, auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 15. Januar 2008 dem Kläger, insbesondere wegen der Schmerzsymptomatik und der Einschränkung der Gehfähigkeit, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, befristet ab 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009, zu gewähren. Die Befristung beruhe auf der Tatsache, dass bei Durchführung konsequenter Krankengymnastik sowie einer adäquaten Schmerztherapie mit einer Besserung der Symptomatik zu rechnen sei. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf des Jahres wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen erreicht werde. Soweit der Kläger dagegen die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung auf Dauer begehre, sei die Klage abzuweisen gewesen. Das SG stütze seine Überzeugung auf die orthopädischen Gutachten von Dr. G., Dr. A. und Dr. Z ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 16. September 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. September 2008 Berufung eingelegt. Der Kläger hat gegen das ihm am 15. September 2008 zugestellte Urteil am 8. Oktober 2008 Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, die Entscheidung des SG sei schon deswegen fehlerhaft, weil - ausgehend von einem Leistungsfall am 15. Januar 2008 - der Rentenbeginn gemäß § 101 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI am 1. August 2008 gewesen wäre. Auch das genannte Rentenende sei falsch. Im Gegensatz zum SG sehe sie eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als bewiesen an. Aus der Auskunft von Dr. B. seien keine klinischen Untersuchungsbefunde zu entnehmen. Auch die Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung von Dr. B. schon einen Monat nicht mehr in dessen Behandlung gestanden habe, werte sie als Indiz dafür, dass das Leistungsvermögen nicht so eingeschränkt gewesen sei, wie Dr. B. und das SG angenommen hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. September 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. September 2008 sowie den Bescheid vom 16. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen habe er einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er seit 2006 auf Dauer außer Stande sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach der ärztlichen Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 10. Juli 2006 sei er aufgrund der Wirbelsäulenbeschwerden und der hinzugekommenen Kniebeschwerden schon damals auch für leichte Tätigkeiten nicht einsetzbar gewesen. Inzwischen sei es zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gekommen. Dem Gutachten von Dr. Z. vom 29. März 2007 sei zu entnehmen, dass er zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen durch die im Dezember 2006 erlittene Wadenbeinfraktur linksseitig mit Belastungsinsuffizienz nicht in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten auszuüben und Gehstrecken von mehr als 500 m zurückzulegen. Darüber hinaus sei Dr. Z. davon ausgegangen, dass wegen der Probleme im Schulter- und Nackenbereich eine Erwerbsfähigkeit nicht gegeben sei. Zu Unrecht habe das SG die Gewährung einer Rente auf Dauer abgelehnt und diese bis 30. Juni 2009 befristet.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein kardiologisch-internistisches Gutachten eingeholt.
Der Orthopäde W. hat im März 2009 mitgeteilt, der Kläger habe ihn seit Juli 2007 mehrmals im Monat aufgesucht. Bis auf die Kniebeschwerden seit ca. April 2008 hätten alle anderen Beschwerden schon vor Juli 2007 bestanden. Von wann bis wann der Kläger auf die Benutzung von Unterarmgehstützen angewiesen gewesen sei, sei ihm nicht bekannt. Seine Unterlagen wiesen Schulterbeschwerden des Klägers nicht aus.
Der Arzt für Anästhesiologie B. hat unter dem 7. April 2009 erklärt, der Kläger habe sich lediglich am 14. November 2008 wegen einer Narkose vorgestellt und sei dementsprechend prämediziert und anästhesiert worden. Aus sonstiger medizinischer Sicht sei ihm wenig bekannt.
Dr. M., Leitende Oberärztin der Abteilung für Radiologie und Radiologische Schmerzbehandlung, hat unter dem 9. November 2009 ausgesagt, beim Kläger sei vom 15. Mai bis 27. August 2009 (sechsmal) eine CT-gesteuerte Schmerztherapie mit gezielter Nervenwurzelinfiltration in Höhe L5/S1 rechts durchgeführt worden. Die Therapie sei abgebrochen worden, weil sich kein Erfolg eingestellt habe. Die Gründe hierfür seien unklar.
Die Ärztin für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Dr. S. hat unter dem 8. Januar 2010 erklärt, sie habe dem Kläger vom 25. September bis 21. Dezember 2009 (viermal) behandelt. Sie habe eine medikamentöse Einstellung ohne wesentliche Besserung vorgenommen. Gründe dafür seien, dass es sich beim Kläger um eine Spinalkanalstenose nach zweifacher Operation an der Lendenwirbelsäule handele.
Dr. F., Arzt für Orthopädie und spezielle Schmerztherapie, hat im Gutachten vom 10. Mai 2010 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/S1 mit radikulären Residuen • Kniegelenksarthrose beidseits • Beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits • Chronisches zervikobrachiales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen • Impingementsyndrom beider Schultern • Morbus Dupuytren links ) rechts. Er hat ausgeführt, im Vordergrund stehe ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit Ausstrahlung in das rechte Bein hinein und verbliebenen Nervenwurzelreizerscheinungen, persistierenden Wurzelstörungen im Sinne einer Sensibilitätsverminderung, einer Missempfindung und einem Reflexausfall sowie einer Nervenwurzelreizung. Die seit mehreren Monaten begonnene Opiatbehandlung bringe nur eine gewisse Linderung der permanenten Schmerzen. Insofern habe sich bereits eine deutliche Chronifizierung eingestellt. Das Gangbild sei hinkend; für längere Strecken benutze der Kläger zwei Unterarmstöcke. Ein Gehen ohne Unterarmstützen sei aber durchaus möglich. Die Schultergelenke seien in der Beweglichkeit frei mit einer endgradigen Schmerzhaftigkeit. Aufgrund der oben genannten Gesundheitsstörungen resultierten folgende Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit: • keine schweren oder mittelschweren körperlichen Arbeiten • kein Heben und Tragen von Lasten über 5 kp • keine gebückten Tätigkeiten • keine knienden oder hockenden Tätigkeiten • keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten • keine Überkopfarbeiten • Vermeidung von Nässe- und Kälteeinfluss. Damit sei eine Leistungsfähigkeit für eine Tätigkeit als Gießereiarbeiter nicht mehr gegeben. Leichte körperliche Arbeiten, möglichst im selbst bestimmten Wechsel zwischen Sitzen und Stehen, seien mindestens 6 Stunden täglich möglich. Eine Wegstrecke von 500 m könne der Kläger viermal täglich zurücklegen. Für eine Strecke von 500 m benötige er ca. 15 Minuten. Er könne auch zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten benutzen. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe mindestens seit dem Jahr 2006.
Der Kläger hat u. a. einen Arztbrief der Klinik für Kardiologie der R.-Klinik vom 1. Juli 2010 über einen stationären Aufenthalt vom 29. Juni bis 1. Juli 2010 vorgelegt. Bei der dort durchgeführten Herzkatheteruntersuchung wurde eine koronare Eingefäßerkrankung mit einer ca. 60 %-igen hämodynamisch nicht relevanten RIM-Abgangsstenose und nur geringen Wandunregelmäßigkeiten des RCX festgestellt. Es wurde eine hypertensive Herzerkrankung diagnostiziert ohne Notwendigkeit einer koronaren Intervention und mit der Empfehlung einer konservativen-medikamentösen Therapie. Ferner hat der Kläger Arztbriefe von Dr. R. vom 20. August 2010 vorgelegt, der wegen eines akuten Meniskusrisses links eine Arthroskopie und Resektion einer Zyste vorgeschlagen hat.
Prof. Dr. S., Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin 3 am R.-Krankenhaus, hat im auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 15. Februar 2011 auf seinem Fachgebiet eine koronare Eingefäßerkrankung diagnostiziert. Er hat ausgeführt, die Leistung während der Ergometrie (75 Watt, 100 Watt seien nur 29 Sekunden leistbar gewesen) lasse leichte Tätigkeiten zu. Führendes Problem seien die generalisierten Schmerzen des Klägers. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit beruhe vor allem auf der orthopädischen Schmerzsymptomatik. Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Arbeiten mit gleichförmiger Körperhaltung, auf Leitern und Gerüsten, mit Treppensteigen, unter starkem Kälte- oder Wärmeeinfluss oder unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen sowie Fließband- und Akkordarbeiten seien dem Kläger nicht zumutbar bzw. ungeeignet. Leichte Arbeiten könnten 3 bis 6 Stunden pro Tag verrichtet werden. Selbstständige Lagewechsel und regelmäßige Pausen (beispielsweise stündlich über 10 Minuten) sollten möglich sein. Objektiv könne der Kläger einmalig eine Wegstrecke von 500 m zu Fuß zurücklegen; das Zurücklegen dieser Strecke viermal täglich sei dem Kläger nicht zumutbar.
Dr. B. hat in der Stellungnahme vom 25. März 2011 ausgeführt, im kardiologisch-internistischen Gutachten werde an erster Stelle eine diffuse koronare Herzkrankheit mit hämodynamisch nicht relevanter Stenose eines Seitenastes der Herzkranzgefäße genannt. Auch hätten im kardialen Stress-Kernspintomogramm keine Belastungsischämien gesehen werden können. Dieser Untersuchung komme insofern eine besondere Bedeutung zu, als diese als die zuverlässigste Untersuchungsmethode der hier im Vordergrund stehenden Herzerkrankung anzusehen sei. Eine funktionelle Beeinträchtigung durch die subjektiven kardialen Beschwerden sei somit nicht belegt oder auch nur wahrscheinlich gemacht. Bei der objektiv dokumentierten Belastbarkeit (Belastungs-EKG von 75 Watt und einer Dauerbelastbarkeit von ca. 50 Watt) sei somit von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen. Weshalb der Gutachter von einem 3 bis 6-stündigen Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten ausgehe, sei nicht nachvollziehbar und werde auch nicht begründet. Auch die Ausführungen des Gutachters hinsichtlich der Pausen und der Wegstrecke sowie der sonstigen Einschränkungen bezögen sich offensichtlich ausschließlich und allein auf die orthopädischen Leiden. Die entsprechenden Einschränkungen würden von dem Gutachter auch nicht mit Leiden aus seinem Fachgebiet begründet. Eine Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung ergebe sich aus internistisch-kardiologischer Sicht nicht. Es sei weiterhin von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten auszugehen.
Der Kläger hat einen Entlassungsbericht der Sportklinik S. über einen Aufenthalt vom 25. bis 26. März 2011 vorgelegt, bei dem eine Facettengelenksdenervation/Radiofrequenz-Thermo-koagulation durchgeführt worden ist. Die Operation und der postoperative Verlauf gestalteten sich danach komplikationslos. Weiter hat der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgenbescheinigung) des Orthopäden W. vom 11. April 2011 vorgelegt, der eine Arbeitsunfähigkeit bis 24. April 2011 bescheinigt und als Beginn der Arbeitsunfähigkeit den 26. Oktober 2010 nennt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegten Berufungen der Beklagten und des Klägers sind zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger war, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats bis zu seiner Wadenbeinfraktur im Dezember 2006 nicht erwerbsgemindert. Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats bis zur Wadenbeinfraktur im Dezember 2006 nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, des Gutachtens des Chirurgen Dr. G. vom 15. Februar 2006, der sachverständigen Zeugenaussage der Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. vom 7. Juli 2006 sowie der insoweit übereinstimmenden Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. A. vom 28. November 2006 sowie des Orthopäden Dr. Z. vom 29. März 2007, der das Gutachten auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erstattet hat.
Die beim Kläger bis Dezember 2006 im Vordergrund stehenden Gesundheitsstörungen (Rezidivbandscheibenvorfall bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1, Halswirbelsäulen- (HWS)-Syndrom, Gonarthrose links ) rechts, beginnende Arthrose beider Hüftgelenke, Impingementsyndrom beider Schultergelenke) führten lediglich zu qualitativen Einschränkungen (keine körperlich schweren und mittelschweren Tätigkeiten, kein Heben/Tragen von Lasten über 10 kg, kein überwiegendes/langes Stehen, keine Überkopfarbeiten, keine gleichförmigen Körperhaltungen, kein häufiges Bücken, Knien, Hocken, kein häufiges Treppensteigen, Steigen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Akkord- und Fließbandarbeiten, keine Arbeiten an gefährdenden Maschinen, unter Kälte und Zugluft, keine Nachtschichtarbeiten). Der Kläger war damit jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender bzw. wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde in normaltemperierten Räumen zur Normalarbeitszeit mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen des Chirurgen Dr. G. sowie der Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. sowie Dr. Abel und Dr. Z ... Die hiervon abweichende - fachfremde - Beurteilung des Internisten Dr. B. ist durch die übereinstimmenden Beurteilungen der Orthopäden und insbesondere durch die Sachverständigengutachten von Dr. A. und Dr. Z. widerlegt. Dr. B. räumt selbst ein, dass die maßgeblichen Beschwerden beim Kläger nicht auf seinem - dem internistischem - Fachgebiet, sondern auf orthopädischem Gebiet liegen.
Aufgrund der Wadenbeinfraktur und den sich anschließenden Erkrankungen war der Kläger nach Überzeugung des Senats ab dem Zeitpunkt der Fraktur (Ende Dezember 2006) bis Dezember 2009 nicht in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens des Orthopäden Dr. Z., der sachverständigen Zeugenaussage des Chirurgen Dr. R. vom 20. August 2007, den von Dr. R. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die A. Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2007 und 30. November 2007, aus denen sich eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit vom 13. Februar 2007 bis 9. November 2007 bzw. 14. Dezember 2007 ergibt, sowie den von den Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, dem Arztbrief über die Operation des Rezidivbandscheibenvorfalls am 15. Januar 2008, dem Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W. vom 21. Februar 2008, der sachverständigen Zeugenaussage des Orthopäden W. vom 2. März 2009, der über Kniebeschwerden des Klägers seit April 2008 berichtet hat, die im November 2008 zu einer Arthroskopie führten, sowie der sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. und Dr. S., die den Kläger vom 15. Mai bis 27. August 2009 bzw. 25. September bis 21. Dezember 2009 schmerztherapeutisch behandelt haben.
Ausgehend vom Eintritt eines Leistungsfalls im Dezember 2006 steht dem Kläger, der die allgemeine Wartezeit erfüllt und in dem dem Leistungsfall vorausgehenden maßgeblichen Fünfjahreszeitraum mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet hat (insofern wird auf den Versicherungsverlauf vom 16. Februar 2006 verwiesen), gemäß § 101 Abs. 1 SGB VI ab 1. Juli 2007, dem Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit, Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Aufgrund der Wadenbeinfraktur war der Kläger zunächst einige Wochen arbeitsunfähig. Wegen der eingetretenen Wundinfektion mit der Notwendigkeit einer operativen Revision schlossen sich der Krankenhausaufenthalt vom 13. Februar bis 2. März 2007 sowie weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten bis Dezember 2007 an, wie der Senat der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. R. sowie den von ihm sowie den Orthopäden Dr. H./W./Dr. Z. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entnimmt. Angesichts der seit Dezember 2006 durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit liegt keine vorübergehende, nicht länger als sechs Monate dauernde Arbeitsunfähigkeit, sondern eine Erwerbsminderung vor. Diese dauerte auch danach noch an, da der Kläger im Januar 2008 wegen des Rezidivbandscheibenvorfalls operativ behandelt wurde und sich anschließend bis 20. Februar 2008 im Heilverfahren befand, aus dem er arbeitsunfähig entlassen wurde. Angesichts dessen und des Umstandes, dass seit ca. April 2008 Kniebeschwerden hinzukamen, die im November 2008 eine Arthroskopie erforderlich machten, die CT-gesteuerte Schmerztherapie vom 15. Mai bis 27. August 2009 erfolglos war und erst nach der Schmerztherapie mit Opiatgabe vom 25. September bis 21. Dezember 2009 eine gewisse Besserung einsetzte, sieht der Senat einen mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bis Dezember 2009 nicht als gegeben an.
Eine Erwerbsminderung, d.h. ein Leistungsvermögen von unter 6 Stunden, vermag der Senat jedoch ab Januar 2010 beim Kläger nicht mehr festzustellen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Gutachtens des Arztes für Orthopädie und spezielle Schmerztherapie von Dr. F., der den Kläger im Mai 2010 untersucht hat. Danach führen die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen (vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/S1 mit radikulären Residuen, Kniegelenksarthrose beidseits, beginnende Hüftarthrose beidseits, chronisches zervikobrachiales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen, Impingementsyndrom beider Schultern) zwar zu qualitativen Einschränkungen (keine schweren und mittelschweren Arbeiten, kein Heben/Tragen von Lasten über 5 kg, keine gebückten, knienden oder hockenden Tätigkeiten, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, unter Kälte und Nässeeinfluss, keine Überkopfarbeiten), hindern den Kläger jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder oder überwiegend sitzender Körperhaltung 6 Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger ist auch in der Lage, viermal täglich mehr als 500 m in zumutbarer Zeit (500 m in ca. 15 Minuten) zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen.
Durch die beim Kläger diagnostizierte koronare Eingefäßerkrankung, die lediglich eine medikamentöse Therapie und kardiologische Verlaufskontrolle erfordert, wird das Leistungsvermögen des Klägers nicht weitergehend eingeschränkt, wie Dr. B. für den Senat nachvollziehbar und überzeugend in den beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 28. Juli 2010 und vom 25. März 2011 ausgeführt hat.
Der hiervon abweichenden Beurteilung von Prof. Dr. S. im Gutachten vom 15. Februar 2011 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn dieser hat keine weiteren Gesundheitsstörungen als die Eingefäßerkrankung auf seinem Fachgebiet beim Kläger diagnostiziert. Signifikante EKG-Veränderungen hat er verneint und auch im kardialen Stress-Kernspintomogramm fand sich kein Nachweis einer Belastungsischämie. Prof. Dr. S. räumt selbst ein, dass anhand der vorliegenden Befunde kein Hinweis für eine hämodynamisch Relevanz der bekannten Stenose des Ramus intermedius vorhanden ist. Angesichts dessen vermag der Senat - wie Dr. B. - keine weiteren Einschränkungen aufgrund der internistischen Befunde festzustellen und insbesondere keine Befunde, die angesichts einer Belastbarkeit bis 75 Watt Pausen bei leichten sechsstündigen Tätigkeiten erforderten. Auch vermag der Senat nicht zu erkennen, warum der Kläger nicht in der Lage sein soll, viermal täglich eine Wegstrecke von über 500 m zurückzulegen, zumal er in dem von Prof. Dr. S. durchgeführten Gehstreckentest für 500 m 16:32 Minuten benötigte. Eine Begründung für seine Beurteilung hat Prof. Dr. S. nicht abgegeben. Der Senat folgt deswegen den übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. A. und Dr. F., die keine Einschränkung der Wegefähigkeit angenommen haben, zumal Prof. Dr. S. die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen als führend für die Einschränkung der Leistungsfähigkeit angesehen hat und auf internistischem Gebiet keine Gesundheitsstörungen ersichtlich sind, die zu einer Einschränkung des Gehvermögens führen würden.
Der Umstand, dass der Orthopäde W. den Kläger seit 26. Oktober 2010 als arbeitsunfähig angesehen hat, belegt keine wesentliche Verschlechterung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. S. vom 15. Februar 2011. Denn bei den dortigen Untersuchungen im Dezember 2010 und Januar 2011 berichtete der Kläger über eine lange orthopädische Vorgeschichte und nicht über eine wesentliche Verschlimmerung seit Ende Oktober 2010 bzw. seit dem orthopädischem Gutachten vom Mai 2010. Die am 25. bzw. 26. März 2011 erfolgte Facettengelenksdenervation sowie der postoperative Verlauf gestalteten sich komplikationslos, wie dem Entlassungsbericht der Sportklinik vom 28. März 2011 zu entnehmen ist, so dass sich auch daraus keine wesentliche und dauerhafte Verschlechterung ableiten lässt.
Nach alledem waren das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom Dezember 2006 bereits vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten war insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger teilweise Erfolg hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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