L 12 AS 6110/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 598/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 6110/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. November 2009 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2008 im Hinblick auf den Abzug der Energiepauschale streitig.

Die Kläger bewohnen eine Wohnung in der H. Straße in O., für die sie eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 587,64 EUR sowie eine Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von monatlich 350,00 EUR zu entrichten haben. Die Nebenkostenvorauszahlung umfasst u.a. die Kosten der Warmwasseraufbereitung sowie der Haushaltsenergie. In der Wohnung wohnen neben den Klägern ihre Kinder V. G. Junior (geboren 1988), der Leistungen nach dem SGB XII bezieht, und E. G. (geboren 1982).

Die Kläger stehen im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II, wobei eine getrennte Aufgabenwahrnehmung durch die Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Träger, den Beklagten, stattfindet. Mit Bescheid vom 20. März 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2008 Arbeitslosengeld II (Alg II) und zwar Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 437,47 EUR. Dabei berücksichtigte der Beklagte den Anteil der Kaltmiete und Nebenkostenvorauszahlung für zwei Personen und setzte eine Energiepauschale in Höhe von monatlich 31,08 EUR ab. Der Widerspruch der Kläger hatte keinen Erfolg (Widerspruchsschreiben vom 17. April 2008; Widerspruchsbegründung vom 12. September 2008; Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2009).

Hiergegen haben die Kläger am 26. Februar 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und sich gegen den Abzug der Energiepauschale in Höhe von 31,08 EUR gewandt. Der Abzug der sogenannten Energiepauschale in Höhe von 31,08 EUR und ab 1. Juli 2008 in Höhe von 39,80 EUR sei zu Unrecht erfolgt. Der Sohn der Kläger V. G. Junior sei schwerstpflegebedürftig und müsse rund um die Uhr betreut und versorgt werden. Daher bestehe ein erheblich höherer Energieaufwand. Die Kosten der Warmwasserzubereitung und für Kochfeuer stellten Heizkosten dar.

Das SG hat mit Urteil vom 24. November 2009 die Klage abgewiesen. Der Abzug der Warmwasser- und sonstigen Energiekostenpauschale sei rechtmäßig gewesen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 27. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Dezember 2009 eingelegte Berufung der Kläger. Der aufgrund der Behinderung des Sohnes V. bestehende erhöhte Energiebedarf stelle einen Einzel- und Ausnahmefall dar, in dem der Abzug einer Energiepauschale nicht gerechtfertigt sei.

Die Kläger beantragen,

1. das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. November 2009 aufzuheben, 2. unter Abänderung des Bescheids vom 20. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2009 den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. September 2008 Kosten der Unterkunft in Höhe von 468,82 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte habe für den streitgegenständlichen Zeitraum die tatsächlich angefallenen Kosten der Kläger - in Höhe des ihnen zuzuordnenden Anteils - in vollem Umfang übernommen. Der Abzug der Energiepauschale sei nicht zu beanstanden.

Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 20. April 2011, zu dem die Kläger nicht erschienen sind, darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht zulässig und daher als unzulässig zu verwerfen sein dürfte, wobei die Entscheidung über die Verwerfung der Berufung durch Beschluss ergehen kann.

Die Kläger nahmen dahingehend Stellung, dass sie seit April 2008 allen Folgebescheiden hinsichtlich des Abzuges der Energiepauschale widersprochen hätten, weil nach ihrer Auffassung die Abzüge rechtswidrig seien. Die Kläger bitten das Gericht, die Beklagte zu verurteilen und die unzulässig abgezogene Energiepauschale für den Zeitraum April bis September 2008 zu erstatten und dabei ihren Fall als Einzelfall zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nach § 144 SGG nicht zulässig, weil die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht wird, die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG) und die Berufung nicht zugelassen wurde.

Gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Kläger sind durch das erstinstanzliche Urteil nicht in dem von § 144 Abs. 1 SGG vorausgesetzten Maße beschwert, denn mit dem im Klageverfahren beanspruchten Betrag wird der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht. Erstinstanzlich wurde der Antrag als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage formuliert, mit dem unter Abänderung des Bescheids vom 20. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2009 die Gewährung von Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 468,82 EUR - anstatt des bewilligten Monatsbetrages von 437,74 EUR - für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. September 2008 begehrt wurde. Damit steht die Gewährung eines weiteren Betrages von 31,08 EUR je Monat, mithin für den streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt von insgesamt 186,48 EUR im Streit. Somit wird der maßgebliche Beschwerdewert für das Berufungsverfahren nicht erreicht. Auch betrifft der Streitgegenstand keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr, sondern lediglich Leistungen für sechs Monate. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bescheide des Beklagten für Folgezeiträume ab Oktober 2008 nicht nach § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits geworden sind (vgl. nur BSGE 97, 217 ff.). Die Berufungsfähigkeit bezieht sich auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel, also vorliegend auf den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2008 (vgl. BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - B 4 AS 77/10 B -).

Die demnach gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Zulassung der Berufung im Urteil des SG liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen zu entnehmen. Daher kann die von den Klägern erstrebte Überprüfung des angefochtenen Urteils durch das LSG nur dann stattfinden, wenn sie erfolgreich eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung (sog. Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG) dort einlegen. Zwar ist die Nichtzulassungsbeschwerde beim LSG grundsätzlich innerhalb eines Monats nach der Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen, da die Kläger keine Nichtzulassungsbeschwerde beim LSG eingelegt haben, sondern - trotz des in der Rechtsmittelbelehrung enthaltenen Hinweises auf die erforderliche Zulassung - ausdrücklich Berufung. Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann insbesondere auch nicht dem Rechtsmittelschreiben der Kläger vom 27. Dezember 2009 im Wege der Auslegung entnommen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG lässt sich der Mangel der Zulassung im laufenden Verfahren grundsätzlich nicht durch Umdeutung der unstatthaften Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 145 SGG beheben und zwar auch dann, wenn der Rechtsmittelführer nicht rechtskundig vertreten ist (beispielsweise BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R -).

Die somit vorliegende unzulässige Berufung war nach § 158 SGG zu verwerfen. Der Senat hat von dem ihm in § 158 Satz 2 SGG eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht, die Berufung durch Beschluss zu verwerfen. Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Kläger konnten ihre Einwendungen vor dem SG und dem LSG vorbringen, zumal sie vor dem SG ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem SG verzichtet haben. Im Übrigen haben sie auf den entsprechenden gerichtlichen Hinweis keineswegs bestritten, dass der für die Statthaftigkeit ihrer Berufung erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist, sodass auch nicht etwa gerichtliche Fürsorge- oder Hinweispflichten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nahelegen, wie das bei unklarer Prozesslage der Fall ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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