L 12 KA 85/10 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 113/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 85/10 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Erlaubnis zur Aus=C3=BCbung des =C3=A4rztlichen Berufs ("Be=
w=C3=A4hrungserlaubnis") nach =C2=A7 8 B=C3=84O ist einer Approbation i.S=
=2Ev. =C2=A7 95a Abs. 1 Nr. 1 SGB V, =C2=A7 3 Abs. 2 Buchst. a =C3=84rzte=
-ZV nicht gleichzustellen.
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.5.2010 aufgehoben. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.



Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin begehrt die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 21.5.2010, mit dem dieses die Anordnung des Sofortvollzugs vom 1.3.2010 hinsichtlich des Bescheides vom 31.3.2008 (Streichung des Antragstellers aus dem Arztregister) aufgehoben hat.

Dem mit Beschluss vom 4.11.1992 als Nervenarzt zugelassenen Antragsteller wurde durch Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte Oberpfalz vom 6.12.2000 die Zulassung wegen vorsätzlicher gröblicher Pflichtverletzung entzogen. Er habe in Fällen, in denen er psychiatrische Rentengutachten für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstellt habe, Leistungen zulasten der vertragsärztlichen Versorgung abgerechnet, wie sich bei der für die Quartale 1/1996-4/1999 durchgeführten Plausibilitätsprüfung ergeben habe. Ferner habe er Leistungen ohne Einlesen der Krankenversicherungskarte abgerechnet, ohne dass die Voraussetzungen der Abrechnungsfähigkeit vorlagen. Gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns habe er einen Schaden von 185.877 DM anerkannt und zurückbezahlt. Den Widerspruch des Antragstellers wies der zweite Berufungszuschuss für Ärzte in der Sitzung am 19.2.2002 ab. Die hiergegen eingelegte Klage zum Sozialgericht München hatte Erfolg. Das SG hob den Bescheid des Berufungsausschusses vom 19.2.2002 auf. Die Berufung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ist unter dem Az.: L 12 KA 21/08 anhängig.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 5.11.2002 wurde der Antragsteller wegen 60 tatmehrheitlich begangener Fälle des Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten auf Bewährung und einer Geldbuße von 15.000 EUR verurteilt. Mit Bescheid vom 9.9.2003 widerrief die Regierung von Oberpfalz die Approbation des Antragstellers. Diese Entscheidung ist seit 25.2.2008 bestandskräftig (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts). Am 6.3.2008 beantragte der Antragsteller bei der Regierung von Oberbayern die Wiedererteilung der Approbation und stellte am 7.3.2008 beim Verwaltungsgericht A-Stadt einen Antrag, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung die Approbation vorläufig wieder zu erteilen. Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht A-Stadt mit Beschluss vom 3.4.2008 ab. Die dagegen eingelegte Be-
schwerde des Antragstellers wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss

vom 10.6.2008 zurück. Die Klage auf Wiedererteilung der ärztlichen Approbation wies das Verwaltungsgericht A-Stadt mit Urteil vom 16.3.2009 ab.

Nachdem die Antragsgegnerin von der Regierung der Oberpfalz informiert worden war, dass der Widerruf der Approbation vom 9.9.2003 bestandskräftig war, strich sie den Antragsteller durch Bescheid vom 31.3.2008 mit Wirkung vom 7.3.2008 aus dem Arztregister. Der Antragsteller erfülle die Eintragungsvoraussetzungen nicht mehr, da er nicht im Besitz einer ärztlichen Approbation sei. Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 23.7.2008 zurück. Hiergegen legte der Antragsteller Klage zum Sozialgericht München ein. Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 25.11.2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31.3.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.7.2008 verpflichtet, die Streichung des Klägers aus dem Arztregister rückgängig zu machen.

Mit Bescheid vom 29.1.2010 erteilte die Regierung von Oberbayern auf Vorschlag des Verwaltungsgerichts A-Stadt dem Antragsteller gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 der BÄO eine jederzeit widerrufliche Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes für den Zeitraum vom 1.2.2010 bis 31.1.2012. Unter Bezugnahme auf diese Erlaubnis teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 28.2.2010 mit, dass er im Wege einer Teilabhilfe seine Tätigkeit als Nervenarzt in seiner Vertragsarztpraxis nicht unverzüglich einzustellen habe. Sie stellte fest, dass er seit 1.2.2010 berechtigt sei, bis auf weiteres von seiner Zulassung am bisherigen Praxissitz Gebrauch zu machen.

Mit Schreiben vom 1.3.2010 ordnete die Antragsgegnerin den Sofortvollzug der Streichung aus dem Arztregister durch Bescheid vom 31.3.2008 an. Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse geboten. Das öffentliche Interesse ergebe sich daraus, dass am System der vertragsärztlichen Versorgung nur solche Ärzte teilnehmen könnten, die eine gültige Approbation hätten. Eine zeitlich befristete Berufserlaubnis sei im Interesse der Patienten bzw. der Versichertengemeinschaft nicht ausreichend, da die Versicherten in der Lage sein müssten, zu dem von ihnen konsultierten und zugelassenen Vertragsarzt ein besonderes Vertrauensverhältnis zu entwickeln. Dies setze die Möglichkeit einer dauerhaften Arzt-Patientenbeziehung voraus. Deshalb sei der Besitz einer bestandssicheren Approbation erforderlich. Im Übrigen seien die Zulassungsgremien an die Eintragung eines Arztes im Arztregister gebunden. Würde die Antragsgegnerin einen Arzt im Arztregister belassen, dessen Zulassung bestandskräftig widerrufen worden ist und welcher ledig-
lich mit einer Erlaubnis an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen könnte, würde dies nicht nur den rechtlichen Vorgaben klar zuwiderlaufen, sondern auch dazu führen, einen systemwidrigen Zustand aufrechtzuerhalten, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gebe. Im Übrigen sei nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller durch die sofortige Vollziehung der Streichung aus dem Arztregister ein dauerhafter Schaden entstehe. Die Eintragung könne nämlich dann wieder vorgenommen werden, wenn eine bestandssichere Approbation vorliege.

Am 16.3.2010 beantragte der Antragsteller, den Bescheid der Beklagten vom 1.3.2010 über den Sofortvollzug aufzuheben und die aufschiebende Wirkung nach § 86 a SGG im vorliegenden Verfahren wiederherzustellen. Die Antragsgegnerin habe das Recht auf eine Anordnung des Sofortvollzugs verwirkt, da sie seit März 2008 auf eine Anordnung des Sofortvollzugs verzichtet habe. Außerdem sei der Sofortvollzug nicht im öffentlichen Interesse, da eine Gesundheitsgefährdung der Patienten ausgeschlossen sei. Die Beseitigung eines systemwidrigen Zustandes oder die Herstellung rechtmäßiger Zustände reiche grundsätzlich nicht aus, um das öffentliche Interesse zu rechtfertigen. Die Ausführungen der Antragsgegnerin, eine Berufserlaubnis reiche nicht zur Eintragung ins Arztregister aus, seien offensichtlich unrichtig. So habe das Verwaltungsgericht Freiburg festgestellt, dass die unbeschränkte Berufserlaubnis inhaltlich einer Approbation gleichzustellen sei. Im Übrigen sei entgegen der Ausführungen der Antragsgegnerin davon auszugehen, dass die sofortige Vollziehung der Streichung aus dem Arztregister zu einem dauerhaften Schaden führe. Der Sofortvollzug würde vielmehr zu einer raschen Zulassungsentziehung führen und damit zu irreparablen Folgen, dem Verlust des Vertragsarztsitzes und einer Insolvenz. Im Übrigen seien die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu bejahen. Die unbeschränkte Berufserlaubnis ab dem 1.2.2010 erlaube gemäß § 95 a Abs. 5 SGB V die Eintragung ins Arztregister.

Die Antragsgegnerin führte demgegenüber aus, dass die Anordnung des Sofortvollzugs am 1.3.2010 deshalb erforderlich geworden sei, weil der Antragsteller ab 1.2.2010 über eine jederzeit widerrufliche Berufsausübungserlaubnis verfüge und deshalb wieder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen könne. Damit bestehe erst seit dem 1.2.2010 die Gefahr des Tätigwerdens des Antragstellers in der vertragsärztlichen Versorgung ohne die Wesentlichste aller Voraussetzungen, die Approbation, und mithin Eilbedürftigkeit.

Im Übrigen sei das öffentliche Interesse für die Anordnung des Sofortvollzugs nach wie vor gegeben. Fehle es an der Approbation, sei das öffentliche Interesse stets tangiert. Beim Widerruf der Approbation handle es sich nämlich um eine konstitutiv-feststellende Verwaltungsentscheidung, die auch der Antragsgegnerin gegenüber Drittbindungswirkung entfalte mit der Folge, dass sie als Registerstelle vom Inhalt dieser auch für sie verbindlichen Entscheidung der Approbationsbehörde nicht abweichen dürfe. Ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug ergebe sich auch daraus, dass in der Hauptsache keine Erfolgsaussichten bestünden. Die dem Antragsteller erteilte Berufsausübungserlaubnis sei einer Approbation nicht gleichzustellen und berechtige nicht zu einer Eintragung im Arztregister. Auch § 95 a Abs. 5 S. 2 SGB V sehe keine Abweichung vom Approbationserfordernis vor.

Mit Beschluss vom 21.5.2010 hob das SG die Anordnung des Sofortvollzugs auf und stellte die aufschiebende Wirkung der Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache wieder her. Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt sei die letzte Verwaltungsentscheidung, also die Anordnung des Sofortvollzugs vom 1.3.2010. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt über eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BÄO, befristet bis 31.1.2012, verfügte, spreche im konkreten Fall mehr dafür als dagegen, dass diese Erlaubnis einer Approbation gleichkomme. Sie sei nämlich nicht beschränkt. Insofern bestehe eine Übereinstimmung mit der Approbation. Auf die jederzeitige Widerruflichkeit der Berufsausübungserlaubnis komme es nicht an, da auch die Approbation widerruflich sei, soweit die Voraussetzungen nach § 3 BÄO nicht mehr vorlägen. Bei summarischer Prüfung scheine der einzige Unterschied in der Befristung der Erlaubnis bis 31.1.2012 zu bestehen. Im Hinblick darauf, dass sich offensichtlich bei der Approbationsbehörde und auch bei den angerufenen Verwaltungsgerichten die Auffassung manifestiert habe, der Antragsteller könne grundsätzlich davon ausgehen, dass er nach Ablauf der Genehmigung die Approbation wieder erhalte, sei bei dieser Sachlage die dem Antragsteller erteilte Erlaubnis vorbehaltlich einer abschließenden Beurteilung durch das Gericht als einer Approbation annähernd gleichwertig zu betrachten. Da das grundsätzliche Interesse an der Herstellung eines rechtmäßigen Zustands für die Anordnung der Sofortvollzugs nicht ausreiche, sei die Anordnung des Sofortvollzugs nicht ausreichend begründet. Da die Streichung aus dem Arztregister in engem Zusammenhang mit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Tätigkeit stehe,
könne ein Dauerschaden nicht ausgeschlossen werden. Außerdem dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine Wiederzulassung aufgrund der Bedarfsplanung problematisch sei.

Gegen diesen Beschluss legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein.

Sie beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.5.2010 insoweit aufzuheben, als dem Antrag des Antragstellers stattgegeben wurde und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Das SG habe die Erfolgsaussichten der Hauptsache unzutreffend gewürdigt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sei die Sach- und Rechtslage am 1.3.2010, da das Schreiben vom 1.3.2010 kein Verwaltungsakt, sondern nur ein unselbstständiger Annex zur Streichung aus dem Arztregister sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger weder eine Approbation noch eine Berufsausübungserlaubnis gehabt. Im Übrigen wären die Erfolgsaussichten auch nicht höher, wenn als maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt der 1.3.2010 zu Grunde gelegt würde. Eine Berufsausübungserlaubnis und eine Approbation seien nicht annähernd gleichwertig, wie das SG angenommen habe. Die Neufassung des § 95 Abs. 5 S. 1 SGB V im Jahre 2007 lasse keinen Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Eintragung ins Arztregister auch durch inländische Berufsausübungserlaubnisse nach §§ 8 und 10 BÄO erlauben wollte.

Der Antragsteller wies in dem Schreiben vom 21.9.2010 darauf hin, dass die Streichung aus dem Arztregister zu einem dauerhaften Schaden, einer Existenzzerstörung, führe und deshalb bei der Folgenabwägung zu berücksichtigen sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei, wie das SG zutreffend festgestellt habe, der 1.3.2010. Insoweit handle es sich nicht lediglich um einen unselbstständigen Annex. Der Antragsteller weist im Übrigen auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei Zulassungsentziehungen hin.

Er beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Bezug genommen sowie auf die beigezogenen Gerichtsakten beider Instanzen im Zulassungsentziehungsverfahren, die Akten des zweiten Berufungsausschusses und des Zulassungsausschusses Ärzte Oberpfalz.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Das SG ist unzutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG nicht vorlagen. Es hat die Anordnung des Sofortvollzuges vom 1.3.2010 deshalb zu Unrecht aufgehoben.

Hat die Verwaltung nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG den Sofortvollzug angeordnet, erfolgt durch das Gericht der Hauptsache eine Rechtmäßigkeitskontrolle, also eine Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung. Dabei ist eine summarische Prüfung vorzunehmen, bei der aufgrund einer Glaubhaftmachung der entscheidungserheblichen Tatsachen ohne Beweisaufnahme eine vollständige und abschließende rechtliche Prüfung vorgenommen wird.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 31.3.2010, die kein eigener Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X ist, sondern eine Nebenentscheidung über die Vollziehbarkeit des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes, hier der Streichung aus dem Arztregister, ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin war als Registerbehörde und den Verwaltungsakt erlassende Behörde zuständig, die § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG vorgesehene Schriftform ist eingehalten und das öffentliche Interesse am Sofortvollzug ist hinreichend dargelegt.

Die Anordnung ist auch materiell rechtmäßig.

Soweit die Verwaltung den Sofortvollzug nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG angeordnet hat, ist aufgrund der Rechtmäßigkeitsprüfung des zu Grunde liegenden Verwaltungsakts, das heißt der Streichung aus dem Arztregister, festzustellen, ob im konkreten Einzelfall wegen der Rechtswidrigkeit das Vollzugsinteresse entfällt oder wegen der Rechtmäßigkeit das Suspensivinteresse.

Die Prüfung der Streichung aus dem Arztregister vom 31.3.2008 ergibt, dass diese rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage ist § 7 Ärzte-ZV. Nach § 7 Buchstabe c Ärzte-ZV wird ein Arzt aus dem Arztregister gestrichen, wenn die Voraussetzungen für seine Eintragung nach
§ 3 Abs. 2 Buchstabe a Ärzte-ZV nicht mehr gegeben sind, wenn also die Approbation als Arzt nicht mehr vorliegt. Der Widerruf der Approbation wurde mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht bestandskräftig. Damit war der Tatbestand von § 7 Buchstabe c Ärzte-ZV beim Erlass des Verwaltungsaktes erfüllt. Der Antragsteller war aus dem Arztregister zu streichen.

Nimmt man entgegen der Rechtsauffassung des Senats zu Gunsten des Antragstellers entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Zulassungsentziehungen (Urteil vom 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R) an, dass bei einer noch nicht vollzogenen Streichung aus dem Arztregister Änderungen zu Gunsten des Arztes bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu berücksichtigen sind, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die dem Kläger ab 1.2.2010 erteilte Erlaubnis nach § 8 BÄO ist einer Approbation im Sinne von § 95a Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 3 Abs. 2 Buchstabe a Ärzte-ZV nicht gleichzustellen.

Nach § 8 Abs. 1 BÄO kann bei Personen, deren Approbation widerrufen wurde, anstelle einer wieder beantragten Approbation eine Erlaubnis bis zu einer Dauer von zwei Jahren erteilt und die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Approbation für diesen Zeitraum zurückgestellt werden. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass die nach § 8 Abs. 1 BÄO erteilte "Bewährungserlaubnis" im Vergleich zur Approbation ein "minus" ist. Lägen alle Voraussetzungen für die Erteilung einer Approbation vor, so wäre diese unmittelbar antragsgemäß zu erteilen. Die "Bewährungserlaubnis" wird nach der gesetzlichen Regelung also dann erteilt, wenn noch nicht alle Voraussetzungen für die Erteilung einer Approbation erfüllt sind, insbesondere, wenn noch kein Verhalten prognostiziert werden kann, das eine Unwürdigkeit oder eine Unzuverlässigkeit ausschließt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO). Wird eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 BÄO erteilt, so ergibt sich zwingend, dass die Voraussetzungen für die Approbation im Erteilungszeitpunkt nicht vorliegen.

Unabhängig vom maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ergibt sich also, dass der Antragsteller keine Approbation hatte/hat und infolgedessen die Streichung aus dem Arztregister gemäß § 7 Buchstabe c Ärzte-ZV rechtmäßig ist. Damit hat das Hauptsacheverfahren keine Erfolgsaussichten. Dies bedeutet, dass das Vollziehungsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt.

Im Übrigen besteht bei der Streichung aus dem Arztregister ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug, da bezüglich der Approbation, der Eintragung ins Arztregister und der Zulassung als Vertragsarzt unterschiedliche Verwaltungszuständigkeiten bestehen. So ist für die Approbationsbescheinigung die Regierung, für den Arztregistereintrag die Kassenärztliche Vereinigung und für die Zulassung der Zulassungsausschuss zuständig. Dieses gegliederte Zuständigkeitssystem setzt voraus, dass konstitutiv-feststellende Verwaltungsentscheidungen eine Drittbindungswirkung haben, so dass die Registerbehörde nicht vom Inhalt einer verbindlichen Entscheidung der Approbationsbehörde abweichen darf (sogenanntes Abweichungsverbot, Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.8.2005, B 6 KA 68/04 ER). Die Drittbindungswirkung erfordert auch, dass die die Approbation betreffenden Entscheidungen unverzüglich von der Registerbehörde umgesetzt werden. Der Antragsgegnerin ist deshalb zuzustimmen, dass ein systemwidriger Zustand, in dem der Status der Approbation und die Eintragung ins Arztregister auseinanderfallen, zu verhindern ist. Das öffentliche Interesse am Funktionieren des gegliederten Zuständigkeitssystems rechtfertigt die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

Die Streichung aus dem Arztregister stellt noch keinen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar, so dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter bei Eingriffen in die Berufs-
freiheit fordert, nicht anwendbar ist. Entsprechende Eingriffe in die Berufsfreiheit entstehen erst bei einer Zulassungsentziehung.

Einen Verwirkungstatbestand vermag der Senat nicht zu erkennen. Besondere Umstände, die eine Verwirkung begründen könnten (Verwirkungsverhalten), ergeben sich weder aus den Akten noch aus dem Parteivortrag. Alleine der Zeitablauf genügt zur Annahme einer Verwirkung nicht.

Damit war der Antrag, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, abzulehnen. Der Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 21.5.2010 war stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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