Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 3503/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1580/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Aufforderung des Beklagten, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Der am 07.12.1956 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Rahmen eines früheren Antrages fügte er eine Erklärung zum Umfang seiner Erwerbsfähigkeit bei, wonach für ihn Tätigkeiten im Stadtarchiv oder als Dokumentar, nicht jedoch andere Anlerntätigkeiten in Frage kämen. Eine Vermittlung in Arbeit sei daher nicht realistisch.
Mit Schreiben vom 11.09.2008 wurde der Kläger durch den Beklagten zu einer ärztlichen Untersuchung am 19.09.2008 geladen, zu der er nicht erschien. Mit Schreiben des Beklagten vom 11.11.2008 wurde der Kläger erneut zu einer ärztlichen Untersuchung am 18.11.2008 beim Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit zur Abklärung der Erwerbsfähigkeit eingeladen. Dem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung angeschlossen, in der u.a. mitgeteilt wird, dass bei einer Verletzung der Meldepflicht das Arbeitslosengeld II um 10% der maßgebenden Regelleistung abgesenkt werde. Eine Rechtsmittelbelehrung wurde nicht erteilt.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, er sei bereits im September 2008 ärztlich untersucht worden. Die dem Beklagten hierüber vorliegenden ärztlichen Untersuchungsunterlagen könnten zur Abklärung der Erwerbsfähigkeit herangezogen werden. Auch sei die Meldeaufforderung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
Nachdem der Kläger zum Untersuchungstermin am 18.11.2008 nicht erschien, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008 zurück. Seine Entscheidung begründete er damit, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zu einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung erscheinen müssten. Der Einladung, die der Überprüfung der Erwerbsfähigkeit dienen sollte und die den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe, sei der Kläger nicht nachgekommen.
Nachdem der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.12.2008 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.12.2008 versagte, da der Kläger zu den anberaumten Untersuchungsterminen beim Ärztlichen Dienst nicht erschienen sei, bewilligte er mit Bescheid vom 02.12.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.12.2008 – 31.05.2008.
Am 01.12.2008 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008 unter Bezugnahme auf die Begründung des gegen die Meldeaufforderung beim Sozialgericht Konstanz (SG) geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Klage zum SG erhoben. Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.
Mit Urteil vom 11.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, bei der angefochtenen Einladung zur ärztlichen Untersuchung handle es sich schon aus formalen Gründen um einen Verwaltungsakt. Dieser habe sich durch Zeitablauf erledigt, weswegen die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft sei. Als solche sei die Klage zulässig, wobei das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse in der Wiederholungsgefahr gründe. Die Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung sei rechtmäßig. Mit der Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung habe der Beklagte einen nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zulässigen Zweck verfolgt. Im Hinblick auf die vom Kläger selbst eingeschränkte Vermittlungsfähigkeit (Tätigkeiten im Stadtarchiv oder als Dokumentar) habe für den Beklagten auch Anlass zu einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung bestanden. Eine ärztliche Untersuchung sei auch nicht deswegen entbehrlich gewesen, weil der Kläger eine ärztliche Bescheinigung seiner ihn in Düsseldorf behandelnden Ärztin vorgelegt habe, da diese Bescheinigung lediglich bestätige, dass der Kläger mit den vorhandenen Gesundheitsstörungen eine Tätigkeit im Stadtarchiv oder als Dokumentar ausüben könne, hieraus jedoch nicht ersichtlich sei, warum dem Kläger nicht auch andere Tätigkeiten möglich sein sollten. Die Aufforderung sei schließlich auch klar bestimmt gewesen.
Gegen das am 22.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.04.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, die Einladung sei kein Verwaltungsakt aus formellen Gründen, da sie nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen sei. Die von Dr. von Kusserow am 25.09.2008 ausgestellte ärztliche Bescheinigung sei als Nachweis der Erwerbsfähigkeit ausreichend gewesen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Aufforderung des Beklagten vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2008 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf seine bisherigen Ausführungen und den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides
Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) ist zulässig. Dies gilt trotz des Umstandes, dass der Kläger über keine ladungsfähige Anschrift verfügt. Grundsätzlich erfordert ein zulässiges Rechtsschutzbegehren, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt wird; die Angabe "postlagernd" genügt diesem Erfordernis nicht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18.11.2003 - B 1 KR 1/02 S veröffentlicht in juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 92 Rn. 3). Der obdachlose Kläger, der denknotwendigerweise eine Wohnanschrift nicht mitteilen kann, ist jedoch über die Anschrift des SG erreichbar, da er dort regelmäßig vorspricht und an ihn gerichtete Schriftstücke - bspw. auch die Mitteilung des Senats über die beabsichtigte Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG - abholt, so dass auch Zustellungen des Gerichts möglich sind.
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Soweit der Kläger hierzu vorgebracht hat, das SG habe während der mündlichen Verhandlung die Frage, ob die Einladung zur ärztlichen Untersuchung ein Verwaltungsakt darstellt oder nicht, nicht erörtert, dies sei deswegen in der zweiten Tatsacheninstanz zu klären, erfordert nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger wendet sich -unverändert- gegen die Einladung des Beklagten, zu einer ärztlichen Untersuchung beim Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit am 18.11.2008 zu erscheinen. Bei der Einladung handelt es sich jedenfalls um einen formalen Verwaltungsakt. Der Beklagte hat seiner Entscheidung spätestens durch den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008, in dessen Gestalt die Entscheidung Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung wurde (vgl. § 95 SGG), formal den Charakter eines Verwaltungsaktes verliehen. Dass der Beklagte, wie vom Kläger zutreffend angeführt wird, zu der Aufforderung keine Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu begründen, da sich die getroffene Maßnahme - die Einladung zur ärztlichen Untersuchung - nach dem vom Beklagten zum Ausdruck gebrachten Willen, trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung als Verwaltungsakt darstellt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 03.04.2003 -B 13 RJ 39/02 R- veröffentlicht in juris).
Durch das fruchtlose Verstreichenlassen des Termins am 18.11.2008 hat sich die Rechtswirkung der Einladung jedoch erschöpft. Der Regelungsinhalt des Einladungsschreibens vom 11.11.2008 hat sich darauf beschränkt, dass der Kläger am 18.11.2008 zu einer ärztlichen Untersuchung Vorsprache erscheinen sollte. Soweit der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.12.2008 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.12.2008 versagt hat, weil der Kläger zu dem anberaumten Untersuchungstermin beim Ärztlichen Dienst nicht erschienen ist, hat sie diesen Bescheid später wieder aufgehoben und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.12.2008 – 31.05.2008 bewilligt. Die Wirkungen der Einladung haben sich mithin zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch). Eine Aufhebung der Aufforderung kann im Wege der Anfechtungsklage nicht mehr erreicht werden. Vielmehr ist das Begehren, wie von SG zutreffend angenommen, als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft.
Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt hat auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt in Betracht bei Präjudiziabilität, d.h., wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann, Schadensinteresse, Rehabilitationsinteresse sowie bei Wiederholungsgefahr (BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - veröffentlicht in juris). Der Beklagte ist gegenüber dem Kläger nie davon abgerückt, dass er berechtigt war, ihn zu einer ärztlichen Untersuchung einzuladen. Der Kläger musste daher damit rechnen, dass es auch zukünftig zu vergleichbaren Aufforderungen durch die Beklagte kommen würde. Ihm wurde im einem Schreiben vom 16.12.2008 ausdrücklich angekündigt, dass sich der Beklagte auch weiterhin bemühen werde, ihn zu einer ärztlichen Untersuchung zu verpflichten. Da der Kläger nach wie vor zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II zählt, ist auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats von einer weiter bestehenden Wiederholungsgefahr auszugehen.
Die Aufforderung des Beklagten, der Kläger habe am 18.11.2008 zu einer ärztlichen Untersuchung zu erscheinen, ist jedoch rechtmäßig. Nach § 59 SGB II findet die Vorschrift des § 309 Abs. 1 SGB III über die allgemeine Meldepflicht entsprechende Anwendung. Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose während der Zeit, für die er Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit ihn dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Aufforderung kann nach § 309 Abs. 2 Nr. 5 SGB III zum Zwecke der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfolgen. Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ist u.a. gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II die Erwerbsfähigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da der Kläger selbst seine Vermittlungsfähigkeit auf Tätigkeiten im Stadtarchiv oder als Dokumentar beschränkt hat, bestand für den Beklagten Anlass, die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers zu überprüfen; mit der erfolgten Aufforderung hat der Beklagte mithin einen nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III zulässigen Zweck verfolgt. Die dem Kläger auferlegte Mitwirkungsverpflichtung hat auch die Grenzen des § 65 Sozialgesetzbuch Erstes Buch gewahrt. Insb. wurde der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) beachtet. Dies gilt auch in Ansehung der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung von Dr. von Kusserow. Dort wird, ohne Benennung der erhobenen Befunde, lediglich mitgeteilt, dass der Kläger ohne medizinische Einschränkungen als Archivar tätig sein könne, jedoch keine Aussage dazu getätigt, ob und ggf. in welchem zeitlichen Umfang der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten, die der Kläger selbst als unrealistisch bezeichnet hat, verrichten kann. Dem Beklagten stand mithin mit der Auswertung der ärztlichen Bescheinigung kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung, die Erwerbsfähigkeit des Klägers festzustellen. Auch ist es dem Kläger ohne Weiteres zumutbar gewesen, den Termin beim Ärztlichen Dienst wahrzunehmen. Die Aufforderung hat schließlich den Zweck bezeichnet und klar und bestimmt vermittelt, zu welchem Zeitpunkt der Kläger an welchem Ort erscheinen soll; der Kläger konnte ohne Weiteres das ihm abverlangte Verhalten erkennen.
Die Aufforderung des Beklagten vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2008 ist mithin rechtsmäßig. Das SG hat die Fortsetzungsfeststellungsklage daher zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Aufforderung des Beklagten, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Der am 07.12.1956 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Rahmen eines früheren Antrages fügte er eine Erklärung zum Umfang seiner Erwerbsfähigkeit bei, wonach für ihn Tätigkeiten im Stadtarchiv oder als Dokumentar, nicht jedoch andere Anlerntätigkeiten in Frage kämen. Eine Vermittlung in Arbeit sei daher nicht realistisch.
Mit Schreiben vom 11.09.2008 wurde der Kläger durch den Beklagten zu einer ärztlichen Untersuchung am 19.09.2008 geladen, zu der er nicht erschien. Mit Schreiben des Beklagten vom 11.11.2008 wurde der Kläger erneut zu einer ärztlichen Untersuchung am 18.11.2008 beim Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit zur Abklärung der Erwerbsfähigkeit eingeladen. Dem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung angeschlossen, in der u.a. mitgeteilt wird, dass bei einer Verletzung der Meldepflicht das Arbeitslosengeld II um 10% der maßgebenden Regelleistung abgesenkt werde. Eine Rechtsmittelbelehrung wurde nicht erteilt.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, er sei bereits im September 2008 ärztlich untersucht worden. Die dem Beklagten hierüber vorliegenden ärztlichen Untersuchungsunterlagen könnten zur Abklärung der Erwerbsfähigkeit herangezogen werden. Auch sei die Meldeaufforderung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
Nachdem der Kläger zum Untersuchungstermin am 18.11.2008 nicht erschien, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008 zurück. Seine Entscheidung begründete er damit, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, zu einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung erscheinen müssten. Der Einladung, die der Überprüfung der Erwerbsfähigkeit dienen sollte und die den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe, sei der Kläger nicht nachgekommen.
Nachdem der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.12.2008 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.12.2008 versagte, da der Kläger zu den anberaumten Untersuchungsterminen beim Ärztlichen Dienst nicht erschienen sei, bewilligte er mit Bescheid vom 02.12.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.12.2008 – 31.05.2008.
Am 01.12.2008 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008 unter Bezugnahme auf die Begründung des gegen die Meldeaufforderung beim Sozialgericht Konstanz (SG) geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Klage zum SG erhoben. Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.
Mit Urteil vom 11.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, bei der angefochtenen Einladung zur ärztlichen Untersuchung handle es sich schon aus formalen Gründen um einen Verwaltungsakt. Dieser habe sich durch Zeitablauf erledigt, weswegen die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft sei. Als solche sei die Klage zulässig, wobei das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse in der Wiederholungsgefahr gründe. Die Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung sei rechtmäßig. Mit der Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung habe der Beklagte einen nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zulässigen Zweck verfolgt. Im Hinblick auf die vom Kläger selbst eingeschränkte Vermittlungsfähigkeit (Tätigkeiten im Stadtarchiv oder als Dokumentar) habe für den Beklagten auch Anlass zu einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung bestanden. Eine ärztliche Untersuchung sei auch nicht deswegen entbehrlich gewesen, weil der Kläger eine ärztliche Bescheinigung seiner ihn in Düsseldorf behandelnden Ärztin vorgelegt habe, da diese Bescheinigung lediglich bestätige, dass der Kläger mit den vorhandenen Gesundheitsstörungen eine Tätigkeit im Stadtarchiv oder als Dokumentar ausüben könne, hieraus jedoch nicht ersichtlich sei, warum dem Kläger nicht auch andere Tätigkeiten möglich sein sollten. Die Aufforderung sei schließlich auch klar bestimmt gewesen.
Gegen das am 22.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.04.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, die Einladung sei kein Verwaltungsakt aus formellen Gründen, da sie nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen sei. Die von Dr. von Kusserow am 25.09.2008 ausgestellte ärztliche Bescheinigung sei als Nachweis der Erwerbsfähigkeit ausreichend gewesen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Aufforderung des Beklagten vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2008 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf seine bisherigen Ausführungen und den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides
Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) ist zulässig. Dies gilt trotz des Umstandes, dass der Kläger über keine ladungsfähige Anschrift verfügt. Grundsätzlich erfordert ein zulässiges Rechtsschutzbegehren, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt wird; die Angabe "postlagernd" genügt diesem Erfordernis nicht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18.11.2003 - B 1 KR 1/02 S veröffentlicht in juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 92 Rn. 3). Der obdachlose Kläger, der denknotwendigerweise eine Wohnanschrift nicht mitteilen kann, ist jedoch über die Anschrift des SG erreichbar, da er dort regelmäßig vorspricht und an ihn gerichtete Schriftstücke - bspw. auch die Mitteilung des Senats über die beabsichtigte Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG - abholt, so dass auch Zustellungen des Gerichts möglich sind.
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Soweit der Kläger hierzu vorgebracht hat, das SG habe während der mündlichen Verhandlung die Frage, ob die Einladung zur ärztlichen Untersuchung ein Verwaltungsakt darstellt oder nicht, nicht erörtert, dies sei deswegen in der zweiten Tatsacheninstanz zu klären, erfordert nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger wendet sich -unverändert- gegen die Einladung des Beklagten, zu einer ärztlichen Untersuchung beim Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit am 18.11.2008 zu erscheinen. Bei der Einladung handelt es sich jedenfalls um einen formalen Verwaltungsakt. Der Beklagte hat seiner Entscheidung spätestens durch den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008, in dessen Gestalt die Entscheidung Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung wurde (vgl. § 95 SGG), formal den Charakter eines Verwaltungsaktes verliehen. Dass der Beklagte, wie vom Kläger zutreffend angeführt wird, zu der Aufforderung keine Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu begründen, da sich die getroffene Maßnahme - die Einladung zur ärztlichen Untersuchung - nach dem vom Beklagten zum Ausdruck gebrachten Willen, trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung als Verwaltungsakt darstellt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 03.04.2003 -B 13 RJ 39/02 R- veröffentlicht in juris).
Durch das fruchtlose Verstreichenlassen des Termins am 18.11.2008 hat sich die Rechtswirkung der Einladung jedoch erschöpft. Der Regelungsinhalt des Einladungsschreibens vom 11.11.2008 hat sich darauf beschränkt, dass der Kläger am 18.11.2008 zu einer ärztlichen Untersuchung Vorsprache erscheinen sollte. Soweit der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.12.2008 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.12.2008 versagt hat, weil der Kläger zu dem anberaumten Untersuchungstermin beim Ärztlichen Dienst nicht erschienen ist, hat sie diesen Bescheid später wieder aufgehoben und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.12.2008 – 31.05.2008 bewilligt. Die Wirkungen der Einladung haben sich mithin zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch). Eine Aufhebung der Aufforderung kann im Wege der Anfechtungsklage nicht mehr erreicht werden. Vielmehr ist das Begehren, wie von SG zutreffend angenommen, als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft.
Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt hat auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt in Betracht bei Präjudiziabilität, d.h., wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann, Schadensinteresse, Rehabilitationsinteresse sowie bei Wiederholungsgefahr (BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - veröffentlicht in juris). Der Beklagte ist gegenüber dem Kläger nie davon abgerückt, dass er berechtigt war, ihn zu einer ärztlichen Untersuchung einzuladen. Der Kläger musste daher damit rechnen, dass es auch zukünftig zu vergleichbaren Aufforderungen durch die Beklagte kommen würde. Ihm wurde im einem Schreiben vom 16.12.2008 ausdrücklich angekündigt, dass sich der Beklagte auch weiterhin bemühen werde, ihn zu einer ärztlichen Untersuchung zu verpflichten. Da der Kläger nach wie vor zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II zählt, ist auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats von einer weiter bestehenden Wiederholungsgefahr auszugehen.
Die Aufforderung des Beklagten, der Kläger habe am 18.11.2008 zu einer ärztlichen Untersuchung zu erscheinen, ist jedoch rechtmäßig. Nach § 59 SGB II findet die Vorschrift des § 309 Abs. 1 SGB III über die allgemeine Meldepflicht entsprechende Anwendung. Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose während der Zeit, für die er Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit ihn dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Aufforderung kann nach § 309 Abs. 2 Nr. 5 SGB III zum Zwecke der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfolgen. Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ist u.a. gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II die Erwerbsfähigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da der Kläger selbst seine Vermittlungsfähigkeit auf Tätigkeiten im Stadtarchiv oder als Dokumentar beschränkt hat, bestand für den Beklagten Anlass, die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers zu überprüfen; mit der erfolgten Aufforderung hat der Beklagte mithin einen nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III zulässigen Zweck verfolgt. Die dem Kläger auferlegte Mitwirkungsverpflichtung hat auch die Grenzen des § 65 Sozialgesetzbuch Erstes Buch gewahrt. Insb. wurde der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) beachtet. Dies gilt auch in Ansehung der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung von Dr. von Kusserow. Dort wird, ohne Benennung der erhobenen Befunde, lediglich mitgeteilt, dass der Kläger ohne medizinische Einschränkungen als Archivar tätig sein könne, jedoch keine Aussage dazu getätigt, ob und ggf. in welchem zeitlichen Umfang der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten, die der Kläger selbst als unrealistisch bezeichnet hat, verrichten kann. Dem Beklagten stand mithin mit der Auswertung der ärztlichen Bescheinigung kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung, die Erwerbsfähigkeit des Klägers festzustellen. Auch ist es dem Kläger ohne Weiteres zumutbar gewesen, den Termin beim Ärztlichen Dienst wahrzunehmen. Die Aufforderung hat schließlich den Zweck bezeichnet und klar und bestimmt vermittelt, zu welchem Zeitpunkt der Kläger an welchem Ort erscheinen soll; der Kläger konnte ohne Weiteres das ihm abverlangte Verhalten erkennen.
Die Aufforderung des Beklagten vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2008 ist mithin rechtsmäßig. Das SG hat die Fortsetzungsfeststellungsklage daher zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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