Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2305/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5350/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Konstanz vom 14.10.2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 21. August 2008 als Arbeitsunfall.
Die 1966 geborene Klägerin, mit einem Kleidergeschäft selbständig als Unternehmerin tätig, war am 21. August 2008 um 19.25 Uhr mit ihrem Rennrad in entsprechender Radbekleidung unterwegs, als sie - die Einbahnstraße in verkehrter Richtung befahrend - in der S.straße frontal von einem entgegenkommenden Auto angefahren worden ist. Sie erlitt u.a. eine BWK-7-Berstungsfraktur nach Polytrauma, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Gesichtsschädelverletzung, ein Wirbelsäulentrauma, ein Thorax- und ein Extremitätentrauma. Vom 21. August bis 17. September 2009 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung, danach in stationärer neurologischer Rehabilitation.
Am 16. Dezember 2008 meldete die Klägerin telefonisch bei der Beklagten das Geschehen und teilte mit, sie habe Kekse für ihren Laden bei der Fa. T. (Fabrikverkauf) kaufen wollen, sei versehentlich verkehrt herum in eine Einbahnstraße gefahren und mit einem ihr entgegen kommenden Auto zusammen geprallt. Der Unfall hätte vom Steuerberater gemeldet werden sollen, was dieser aber offenbar nicht getan habe. Da sie im Koma gelegen habe, habe sie sich nicht selbst darum kümmern können. Daraufhin nahm die Beklagte Ermittlungen auf.
Der ersten telefonischen Schilderung entsprechend stellte die Klägerin das Geschehen auch in dem ihr übersandten Unfallfragebogen dar. Auf Nachfrage der Beklagten erläuterte die Klägerin, dass sie ihren Stammkunden im Geschäft immer Kaffee und Kekse anbiete. Sie fahre im Sommer jeden Tag mit dem Rad ins Geschäft, um sich längere Fußwege zu ersparen. Am Unfalltag sei sie wegen hoher Kundenfrequenz nicht vor 19 Uhr aus dem Laden gekommen und habe sich entschlossen, zum T.-Verkauf in die Hauptfiliale zu fahren, da dort die Auswahl größer sei als im Geschäft in der Stadtmitte, wo sie sonst immer einkaufe. Über die Öffnungszeiten des Hauptgeschäfts habe sie sich keine Gedanken gemacht. Sie sei aber der Meinung gewesen, dass bis 20 Uhr geöffnet sei. Nach dem Einkauf habe sie vorgehabt, wieder direkt in ihr Geschäft zurückzufahren, um weiter zu arbeiten, deshalb habe sie auch nur den Geschäftsschlüssel dabei gehabt. Denn üblicherweise räume sie nach Geschäftsende noch auf und zeichne auch neue Ware aus. Dies habe sie auch am Unfalltag geplant.
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft R. bei.
Mit Bescheid vom 27. April 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21. August 2008 als Arbeitsunfall ab, denn es bestünden Zweifel, ob die Klägerin im Unfallzeitpunkt tatsächlich einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Der Verkauf der Fa. T. schließe in beiden Geschäften bereits um 19 Uhr, was ihr durch frühere Einkäufe hätte bekannt sein müssen. Obwohl es schon spät gewesen sei und noch weitere Arbeiten im Geschäft zu verrichten gewesen seien, habe sie nicht die nahe gelegene Filiale gewählt, sondern das weiter entfernt liegende Hauptgeschäft. Auch sei sie im Unfallzeitpunkt lediglich mit Sportkleidung und Sturzhelm bekleidet gewesen, was für eine kurze Einkaufsfahrt unüblich sei. Es sei darüber hinaus zu erwarten, dass bei einer Einkaufsfahrt persönliche Gegenstände, z.B. ein Rucksack zum Verstauen der Einkäufe, oder eine Geldbörse mit sich geführt werden. Dies sei bei ihr nicht der Fall gewesen. Denn erst am Unfallfolgetag sei ihre Identität nach einem Polizeiaufruf durch ihre Brüder festgestellt worden. Auch habe ihr Bevollmächtigter gegenüber der Staatsanwaltschaft R. angegeben, sie sei auf dem Nachhauseweg gewesen; und in stationärer Behandlung habe sie selbst gegenüber den Ärzten nicht geäußert, dass es sich um eine geschäftliche Fahrt gehandelt habe.
Dagegen erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Widerspruch und brachte vor, bei der Fahrt mit dem Rennrad sei entsprechende Kleidung angezeigt gewesen; auch habe sie sich nicht auf dem Nachhauseweg befunden, was die noch angeschaltete Beleuchtung im Laden und die nicht aufgeräumte Ware belege. Dass sie keine Geldbörse bei sich geführt habe, rechtfertige keine andere Beurteilung, da sie die Ware auch auf Lieferschein erhalten hätte. Da der Weg zum Hauptgeschäft nur kurz gewesen sei, hätte sie ihre Einkäufe auch in Taschen an den Lenker packen können. Im Übrigen habe die Klägerin doch eine Beuteltasche um sich gehabt und darin neben dem Ladenschlüssel etwas Geld mit sich geführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 24. August 2009 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen den bisherigen Vortrag wiederholt. Ergänzend hat ihr Bevollmächtigter vorgetragen, der Umstand, dass in der Widerspruchsbegründung zunächst nicht auf den mitgeführten Beutel hingewiesen worden sei, beruhe auf seinem Versehen. Die Klägerin habe ihr Rennrad immer im Ladengeschäft gehabt und sei von und nach Hause mit dem Auto gefahren.
Das SG hat bei der Steuerberaterin der Klägerin nachgefragt, u.a. ob dieser aufgetragen worden sei, das Geschehen als Arbeitsunfall zu melden. Dies hat die Steuerberaterin K. in ihrer Auskunft vom 1. Februar 2010 verneint. Vielmehr sei es so gewesen, dass sie selbst den Bruder der Klägerin darauf aufmerksam gemacht habe, es könne sich um einen Berufsunfall handeln, der deshalb der Berufsgenossenschaft angezeigt werden sollte. Eine Mitarbeiterin habe sich dann am 28. August 2008 bei der BG erkundigt und die Auskunft erhalten, dass die Meldung auch noch später erfolgen könne, wenn der Betroffene im Koma liege.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. März 2010 hat das SG die Klägerin angehört und im Nachgang die Tochter der Klägerin und den Polizeihauptmeister D. schriftlich als Zeugen befragt. Die Brüder der Klägerin E. und R. haben unter dem 7. April 2010 eine schriftliche Stellungnahme gegenüber dem SG abgegeben und u.a. ausgeführt, neben dem Ladenschlüssel habe die ihnen von der Polizei übergebene Beuteltasche ein Handy sowie Bargeld (20,- EUR -Schein und 5,- EUR in Münzen) enthalten. Der Stellungnahme des PHM D.war u.a. ein Fotografie bei der Unfallaufnahme beigefügt, auf der die Klägerin noch auf dem Asphalt liegend mit einer schwarzen Beuteltasche um die Hüften zu sehen ist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Stellungnahmen verwiesen.
Mit Urteil vom 14. Oktober 2010 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 21. August 2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Das Gericht sei zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin im Zeitpunkt ihres Unfalls auf dem Weg zur Fa. T. gewesen sei, um dort Gebäck für ihr Ladengeschäft einzukaufen und damit auf einem Betriebsweg. Grundlage dieser Beurteilung sei im Wesentlichen die persönliche Darlegung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung, die durch die sonstigen Angaben und erhobenen Beweise gestützt worden sei. Soweit Abweichungen im Vortrag aufgetreten seien, habe dies auf Missverständnissen zwischen der Klägerin und ihrem Bevollmächtigten beruht. Die Angaben der Klägerin selbst seien jedoch in sich stimmig, schlüssig und überzeugend. Der Umstand, dass die Ladengeschäfte in der Innenstadt von R. durchweg zwischen 18 und 19 Uhr schließen, mache es auch nachvollziehbar, dass die Klägerin den am Stadtrand gelegenen Fabrikverkauf habe aufsuchen wollen. Dass sie sich vorher nicht über dessen Öffnungszeiten erkundigt habe, könne nicht zu ihrem Nachteil ausgelegt werden, da es jedenfalls nicht unwahrscheinlich sei, dass ein Fabrikverkauf am Stadtrand länger geöffnet habe. Es habe sich um den Weg dorthin auch um eine relativ kurze Strecke gehandelt, die mit dem Rennrad in weniger als 10 Minuten zu bewältigen gewesen wäre. Auch der Umstand, dass die Klägerin Sportbekleidung getragen habe, spreche nicht gegen einen Betriebsweg, sondern sei bei einer Fahrt auf dem Rennrad nachvollziehbar. Einkäufe könnten darüber hinaus auch an einer Plastiktüte am Lenker transportiert werden. Der Umstand, dass im Verwaltungsverfahren nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin Geld bei sich getragen habe, habe sich nach der im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme dahingehend geklärt, dass die Klägerin eine Beuteltasche bei sich getragen habe. Der Bruder der Klägerin habe auch bestätigt, dass darin geringe Mengen Bargeld enthalten gewesen seien.
Gegen das ihr am 29. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. November 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Überzeugung des SG werde nicht geteilt, da sie sich nicht durch belastbare Anknüpfungstatsachen objektivieren lasse. Die Angaben der Klägerin würden sich in mehreren Punkten widersprechen; auch könne nicht vorbehaltlos dem Bruder der Klägerin geglaubt werden, der ihr als Familienangehöriger nahe stehe. Es seien von Anfang an Ungereimtheiten festzustellen: Der Wechsel des Einkaufsortes von der Innenstadt an den Stadtrand, Unkenntnis über die Öffnungszeiten des Verkaufs, der Vortrag zum Zahlungsmittel (mit Bargeld, auf Rechnung), fehlende Belege über frühere Einkäufe, Benutzung des Rennrads in Sportkleidung ohne Beförderungsmöglichkeit der Einkäufe, Frage der Beschäftigung einer Aushilfe etc.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und führt zur Begründung aus: Es sei nicht allein infolge des verwandtschaftlichen Näheverhältnisses des Bruders der Klägerin von einem Tendenzverhalten auszugehen. Er sei erst vom Gericht dazu befragt worden und habe im Vorfeld keinen Anlass gehabt, entsprechende Informationen mitzuteilen. Auch könne bei einem Rennrad am Lenker eine Tragetasche transportiert werden. Dass wegen kleinerer Beträge, die für Gebäck in der Vergangenheit ausgegeben worden seien, keine Belege gesammelt worden seien, sei bereits hinreichend erklärt worden. Die von der Beklagten aufgeführten angeblichen Unstimmigkeiten seien zum einen dadurch zu erklären, dass es zwischen der Klägerin und ihrem ehemaligen Bevollmächtigten zu Kommunikationsproblemen gekommen sei, zum anderen auch durch die erheblichen Kopfverletzungen, die die Klägerin bei dem Unfall erlitten habe und die zu Erinnerungslücken geführt hätten.
Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2011 die Klägerin angehört und Herrn E. M. als Zeugen vernommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin war am 21. August 2008 auf einem versicherten Betriebsweg, als sie verunglückte.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3, oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92 S 258; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. zuletzt BSG vom 9. November 2010 - B 2 U 14/10 R unter Verweis auf BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 RdNr. 10 m.w.N.; BSG vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 RdNr. 10 m.w.N.). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.).
Die Klägerin befand sich auf einem versicherten Betriebsweg. Ein solcher unterscheidet sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit, die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versichert sind, dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht lediglich der versicherten Tätigkeit vorausgeht oder sich ihr anschließt. Ein solcher Weg ist Teil der versicherten Tätigkeit (vgl. zuletzt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 BSG unter Verweis auf SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 RdNr 13).
Der für die Zurechnung einer Verrichtung zum versicherten Bereich notwendige innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70 S. 197; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84 S. 234; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich. Bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1 S. 4 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR aaO). Innerhalb dieser Wertung stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 19). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 und Nr. 17), so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90 und SozR 3-2200 § 550 Nr. 14).
Der Senat ist nach der Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2011, nach der Einvernahme des Zeugen E. M. sowie nach umfassender Würdigung des Akteninhalts der Überzeugung, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zum Fabrikverkauf der Fa. T. befunden hatte, um dort Gebäck für ihre Kunden einzukaufen und damit der Vollbeweis für einen versicherten Betriebsweg erbracht ist.
Zur Begründung verweist der Senat zunächst umfassend auf die durch das SG Konstanz im angefochtenen Urteil vorgenommene Würdigung der Sachlage, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung inhaltlich in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Anhörung der Klägerin durch den Senat sowie die Einvernahme des Zeugen E. M.durch den Senat hat die vom SG vorgenommene Würdigung bestätigt. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren geäußerten Einwände vermochten diese Überzeugung nicht zu erschüttern.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass jedenfalls zu Beginn des (Verwaltungs-)Verfahrens Angaben der Klägerin durch ihren Bevollmächtigten erfolgten, die im späteren Verlauf korrigiert bzw. richtig gestellt werden mussten. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die Klägerin bei ihrem Unfall schwerste Kopfverletzungen erlitten hat und insbesondere den in jeder Hinsicht glaubhaften Ausführungen ihres als Zeugen vernommenen Bruders noch lange Zeit nach dem Unfall, auch nach Abschluss der neurologischen Rehabilitationsbehandlung, unter erheblichen kognitiven Defiziten gelitten hat. Die Klägerin hat Dinge durcheinandergebracht, hat sich an Sachen nicht erinnert und, wie der Zeuge nachvollziehbar weiter schilderte, mitunter auch Dinge erzählt, die nicht der Wahrheit entsprochen haben, ohne dass dies zielgerichtet oder von der Klägerin auf andere Weise steuerbar erfolgt wäre. Diesem Zustand entsprechend stand die Klägerin, wie der Zeuge im Termin berichtete, nach dem Unfall zunächst auch unter Betreuung. Wenn in dieser Phase Angaben der Klägerin aktenkundig geworden sind, von denen sie sich später wieder distanzierte oder diese richtig stellte, ist der Beklagten zwar zuzugeben, dass bei isolierter Betrachtung der veränderten Angaben Zweifel an der Glaubwürdigkeit zunächst nicht von der Hand zu weisen sind. Allerdings hat die Klägerin, als sie weitgehend wieder in der Lage war, sich um ihre persönlichen Angelegenheiten zu kümmern, verglichen mit ihren Angaben vor dem SG und dem Senat konsistent und glaubwürdig ein und denselben Geschehensablauf geschildert und war auch in der Lage, vorher entstandene Zweifel auszuräumen.
Dies bezieht sich auch auf die Frage, ob sie im Unfallzeitpunkt Geld mit sich geführt hat. Wie das SG ermitteln konnte, hatte die Klägerin, wie von ihr von Anfang an behauptet, eine Bauchtasche mit sich geführt, worin sich ihr Handy, der Geschäftsschlüssel und Bargeld im Wert von etwa 25,- EUR befunden hatten. Dass sich darin auch Geld befunden hatte, hat der Zeuge E. M. dem Senat überzeugend und glaubwürdig versichert. Er hat, zusammen mit seinem Bruder, diese Bauchtasche von der Polizei ausgehändigt bekommen und konnte sich noch zweifelsfrei an ihren Inhalt erinnern. Auch die Ausführungen der Klägerin zu dieser Frage im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigen diesen Umstand. Anders als die Beklagte in ihrem Vorbringen im Berufungsschriftsatz ausführt, hat der Senat keinen Anlass, an den Angaben des Zeugen zu zweifeln. Weder war eine Beschönigungstendenz erkennbar, zugunsten seiner Schwester für diese günstige Ausführungen zu tätigen, noch kann allein aus dem verwandtschaftlichen Näheverhältnis auf eine solche Tendenz geschlossen werden, noch ist es zur Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage erforderlich, dass diese durch andere Beweismittel gestützt wird. Wenn sich ein Zeuge (der Polizeibeamte) nicht erinnert, Geld in der Beuteltasche gesehen zu haben, ein anderer durchaus und an dessen Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, genügt dies, um den Beweis der Tatsache anzunehmen.
Die Klägerin hat darüber hinaus nachvollziehbar geschildert, dass sie aufgrund ihrer Arbeitsbelastung und als alleinerziehende Mutter einer Tochter darauf angewiesen war, während der Geschäftszeiten oder in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäftsschluss kleinere Besorgungen zu tätigen, zu denen sie ihr Rennrad benutzte. Dabei hat die Klägerin eindrücklich dargelegt, dass ihr Arbeitstag regelmäßig bis in die Nacht gedauert hat, dass sie vor der Öffnung ihres Geschäfts morgens um 10 Uhr entweder mit Buchhaltungsarbeiten, dringenden Erledigungen, die sich nicht auf die Abendstunden hatten verschieben lassen oder einmal monatlich mit Familieneinkäufen beschäftigt war. Sie hat weiter nachvollziehbar dargestellt, dass sie den Weg zu T. außerhalb der Innenstadt deshalb nach 19 Uhr angetreten hatte, weil sie davon ausgegangen war, dass alle Geschäfte "auf der grünen Wiese" regelmäßig bis 20 Uhr geöffnet haben, warum also nicht auch der Fabrikverkauf. Es hätte möglicherweise nahe gelegen, dies vorab per Internet oder Telefon abzuklären. Dass die Klägerin dies nicht getan hat, kann ihr aber auch nicht zum Nachteil gereichen, da auch möglicherweise unüberlegte oder unvernünftige Handlungen unter Versicherungsschutz stehen.
Entsprechendes gilt für die Benutzung des Rennrads ohne Rucksack oder ein ähnliches Behältnis zum Transport der Einkäufe. Diesbezüglich hat die Klägerin überzeugend und konsistent ausgeführt, dass das Rennrad in ihrem Leben einen besonderen Stellenwert hatte und sie dieses - auch aus Zeitgründen - immer benutzte, um kleinere Besorgungen zu erledigen. Die Klägerin hat dabei auch demonstriert, wie sie üblicherweise kleinere Plastiktüten oder Ähnliches am Lenkrad gegriffen und gehalten hat und damit problemlos auch kleinere Tüten transportieren konnte. Auch der Umstand, dass die Klägerin Rennradkleidung und entsprechende Schuhe getragen hat, führt zu keiner abweichenden Bewertung. Es ist vielmehr nachvollziehbar, dass eine Fahrt auf dem Rennrad, gleichgültig, wie weit, wesentlich einfacher in entsprechender Kleidung zu bewerkstelligen ist als in der Kleidung, die die Klägerin in ihrem Geschäft getragen hat. Entsprechendes gilt für in der Regel leicht anzuschnallende Rennradschuhe und den Helm. Dass die Klägerin, die diesbezüglich routiniert war, für den Bekleidungswechsel nicht viel Zeit benötigt hat und es für sie selbstverständlich war, sich für das Rennrad umzuziehen, hat den Senat überzeugt.
Soweit die Beklagte wegen der fehlenden Belege für frühere Einkäufe bei T. Einwände hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens formuliert, führen auch diese nicht zu einer abweichenden Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Klägerin durch den Senat. Unabhängig davon, dass für die Frage des versicherten Betriebsweges keine Erforderlichkeit besteht, dass die Klägerin überhaupt schon einmal bei T. gewesen war und auch versichert gewesen wäre, wenn es sich um den ersten Besuch bei einem der Ladengeschäfte gehandelt hätte, hat sie, wie schon vor dem SG, nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass sie regelmäßig Belege über kleinere Beträge nicht gesammelt hat. Auch dies ist für den Senat nachvollziehbar und kein Anlass, an dem von ihr geäußerten Fahrtziel zu zweifeln.
Was die Frage der Aushilfskraft anbelangt konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung ebenfalls geklärt werden, dass in der Tat für das Jahr 2008 Lohn für Beschäftigte gemeldet worden war. Die Klägerin hat diesbezüglich überzeugend dargelegt, dass sie bis September 2008 eine Putzfrau (dieser wurde nach dem Unfall durch die Tochter der Klägerin gekündigt) und auch Aushilfskräfte, insbesondere an Wochenenden, beschäftigt hatte, jedoch nicht mehr ab etwa Juni oder Juli 2008. Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, hatte der Senat nicht. Daher stand der Klägerin regelmäßig keine andere Person zur Verfügung, die ihr die Besorgung von Gebäck für Kunden hätte abnehmen können. Aber auch dann, wenn die Klägerin im fraglichen Zeitpunkt Aushilfskräfte beschäftigt hätte, wäre der Versicherungsschutz nicht aufgehoben, wenn sie sich dennoch selbst auf den Weg gemacht hätte, um das Gebäck zu besorgen.
Auch hinsichtlich der späten Unfallmeldung hat der Senat nach der Einvernahme des Zeugen E. M. im Termin zur mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass dieser Umstand nicht zu Zweifeln an der Betriebsdienlichkeit der Radfahrt der Klägerin berechtigt. Der Zeuge hat glaubhaft dargelegt, dass er sich nach dem Unfall der Klägerin zunächst mit der Steuerberaterin zusammen gesetzt hat, um sich einen Überblick über die Versicherungen der Klägerin und sonstige Verpflichtungen, die auch im Zeitraum ihrer schweren Erkrankung zu erfüllen waren, zu verschaffen. Im Zuge dieser Gespräche mit der Steuerberaterin hat diese den Zeugen darauf aufmerksam gemacht, dass der Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall sein könne, weil die Klägerin vom Geschäft aus unterwegs gewesen war (sie hatte nur ihre Geschäftsschlüssel bei sich) und deshalb auch eine Meldung an die Berufsgenossenschaft erfolgen sollte. Allerdings ging der Zeuge davon aus, dass die Steuerberaterin diese Meldung erledigen werde, während die Steuerberaterin davon ausgegangen war, er kümmere sich darum. Erst als die Klägerin nach längerer Zeit wieder in der Lage war, das unfallbringende Geschehen dem Zeugen zu schildern, hatte sich dieser wieder an die Frage der Unfallmeldung erinnert und deshalb mit der Steuerberaterin nochmals Kontakt aufgenommen. Vor dem Hintergrund der schweren (Kopf-)Verletzungen, die die Klägerin erlitten hatte, der Dauer ihrer Genesung und der jedenfalls in einer Übergangszeit erheblichen kognitiven Beeinträchtigungen hat der Senat keinen Anlass davon auszugehen, dass die Zeitdauer zwischen dem Unfall und der Unfallmeldung auf anderen Umständen beruht. Vor dem Hintergrund, dass sich insbesondere der Zeuge neben seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit noch um die (finanziellen) Belange der Klägerin gekümmert hat, erscheint es dem Senat auch nachvollziehbar, dass erst nach einer gewissen Zeit das offenbar entstandene Missverständnis aufgefallen war und die Unfallmeldung nachgeholt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 21. August 2008 als Arbeitsunfall.
Die 1966 geborene Klägerin, mit einem Kleidergeschäft selbständig als Unternehmerin tätig, war am 21. August 2008 um 19.25 Uhr mit ihrem Rennrad in entsprechender Radbekleidung unterwegs, als sie - die Einbahnstraße in verkehrter Richtung befahrend - in der S.straße frontal von einem entgegenkommenden Auto angefahren worden ist. Sie erlitt u.a. eine BWK-7-Berstungsfraktur nach Polytrauma, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Gesichtsschädelverletzung, ein Wirbelsäulentrauma, ein Thorax- und ein Extremitätentrauma. Vom 21. August bis 17. September 2009 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung, danach in stationärer neurologischer Rehabilitation.
Am 16. Dezember 2008 meldete die Klägerin telefonisch bei der Beklagten das Geschehen und teilte mit, sie habe Kekse für ihren Laden bei der Fa. T. (Fabrikverkauf) kaufen wollen, sei versehentlich verkehrt herum in eine Einbahnstraße gefahren und mit einem ihr entgegen kommenden Auto zusammen geprallt. Der Unfall hätte vom Steuerberater gemeldet werden sollen, was dieser aber offenbar nicht getan habe. Da sie im Koma gelegen habe, habe sie sich nicht selbst darum kümmern können. Daraufhin nahm die Beklagte Ermittlungen auf.
Der ersten telefonischen Schilderung entsprechend stellte die Klägerin das Geschehen auch in dem ihr übersandten Unfallfragebogen dar. Auf Nachfrage der Beklagten erläuterte die Klägerin, dass sie ihren Stammkunden im Geschäft immer Kaffee und Kekse anbiete. Sie fahre im Sommer jeden Tag mit dem Rad ins Geschäft, um sich längere Fußwege zu ersparen. Am Unfalltag sei sie wegen hoher Kundenfrequenz nicht vor 19 Uhr aus dem Laden gekommen und habe sich entschlossen, zum T.-Verkauf in die Hauptfiliale zu fahren, da dort die Auswahl größer sei als im Geschäft in der Stadtmitte, wo sie sonst immer einkaufe. Über die Öffnungszeiten des Hauptgeschäfts habe sie sich keine Gedanken gemacht. Sie sei aber der Meinung gewesen, dass bis 20 Uhr geöffnet sei. Nach dem Einkauf habe sie vorgehabt, wieder direkt in ihr Geschäft zurückzufahren, um weiter zu arbeiten, deshalb habe sie auch nur den Geschäftsschlüssel dabei gehabt. Denn üblicherweise räume sie nach Geschäftsende noch auf und zeichne auch neue Ware aus. Dies habe sie auch am Unfalltag geplant.
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft R. bei.
Mit Bescheid vom 27. April 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21. August 2008 als Arbeitsunfall ab, denn es bestünden Zweifel, ob die Klägerin im Unfallzeitpunkt tatsächlich einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Der Verkauf der Fa. T. schließe in beiden Geschäften bereits um 19 Uhr, was ihr durch frühere Einkäufe hätte bekannt sein müssen. Obwohl es schon spät gewesen sei und noch weitere Arbeiten im Geschäft zu verrichten gewesen seien, habe sie nicht die nahe gelegene Filiale gewählt, sondern das weiter entfernt liegende Hauptgeschäft. Auch sei sie im Unfallzeitpunkt lediglich mit Sportkleidung und Sturzhelm bekleidet gewesen, was für eine kurze Einkaufsfahrt unüblich sei. Es sei darüber hinaus zu erwarten, dass bei einer Einkaufsfahrt persönliche Gegenstände, z.B. ein Rucksack zum Verstauen der Einkäufe, oder eine Geldbörse mit sich geführt werden. Dies sei bei ihr nicht der Fall gewesen. Denn erst am Unfallfolgetag sei ihre Identität nach einem Polizeiaufruf durch ihre Brüder festgestellt worden. Auch habe ihr Bevollmächtigter gegenüber der Staatsanwaltschaft R. angegeben, sie sei auf dem Nachhauseweg gewesen; und in stationärer Behandlung habe sie selbst gegenüber den Ärzten nicht geäußert, dass es sich um eine geschäftliche Fahrt gehandelt habe.
Dagegen erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Widerspruch und brachte vor, bei der Fahrt mit dem Rennrad sei entsprechende Kleidung angezeigt gewesen; auch habe sie sich nicht auf dem Nachhauseweg befunden, was die noch angeschaltete Beleuchtung im Laden und die nicht aufgeräumte Ware belege. Dass sie keine Geldbörse bei sich geführt habe, rechtfertige keine andere Beurteilung, da sie die Ware auch auf Lieferschein erhalten hätte. Da der Weg zum Hauptgeschäft nur kurz gewesen sei, hätte sie ihre Einkäufe auch in Taschen an den Lenker packen können. Im Übrigen habe die Klägerin doch eine Beuteltasche um sich gehabt und darin neben dem Ladenschlüssel etwas Geld mit sich geführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 24. August 2009 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen den bisherigen Vortrag wiederholt. Ergänzend hat ihr Bevollmächtigter vorgetragen, der Umstand, dass in der Widerspruchsbegründung zunächst nicht auf den mitgeführten Beutel hingewiesen worden sei, beruhe auf seinem Versehen. Die Klägerin habe ihr Rennrad immer im Ladengeschäft gehabt und sei von und nach Hause mit dem Auto gefahren.
Das SG hat bei der Steuerberaterin der Klägerin nachgefragt, u.a. ob dieser aufgetragen worden sei, das Geschehen als Arbeitsunfall zu melden. Dies hat die Steuerberaterin K. in ihrer Auskunft vom 1. Februar 2010 verneint. Vielmehr sei es so gewesen, dass sie selbst den Bruder der Klägerin darauf aufmerksam gemacht habe, es könne sich um einen Berufsunfall handeln, der deshalb der Berufsgenossenschaft angezeigt werden sollte. Eine Mitarbeiterin habe sich dann am 28. August 2008 bei der BG erkundigt und die Auskunft erhalten, dass die Meldung auch noch später erfolgen könne, wenn der Betroffene im Koma liege.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. März 2010 hat das SG die Klägerin angehört und im Nachgang die Tochter der Klägerin und den Polizeihauptmeister D. schriftlich als Zeugen befragt. Die Brüder der Klägerin E. und R. haben unter dem 7. April 2010 eine schriftliche Stellungnahme gegenüber dem SG abgegeben und u.a. ausgeführt, neben dem Ladenschlüssel habe die ihnen von der Polizei übergebene Beuteltasche ein Handy sowie Bargeld (20,- EUR -Schein und 5,- EUR in Münzen) enthalten. Der Stellungnahme des PHM D.war u.a. ein Fotografie bei der Unfallaufnahme beigefügt, auf der die Klägerin noch auf dem Asphalt liegend mit einer schwarzen Beuteltasche um die Hüften zu sehen ist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Stellungnahmen verwiesen.
Mit Urteil vom 14. Oktober 2010 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 21. August 2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Das Gericht sei zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin im Zeitpunkt ihres Unfalls auf dem Weg zur Fa. T. gewesen sei, um dort Gebäck für ihr Ladengeschäft einzukaufen und damit auf einem Betriebsweg. Grundlage dieser Beurteilung sei im Wesentlichen die persönliche Darlegung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung, die durch die sonstigen Angaben und erhobenen Beweise gestützt worden sei. Soweit Abweichungen im Vortrag aufgetreten seien, habe dies auf Missverständnissen zwischen der Klägerin und ihrem Bevollmächtigten beruht. Die Angaben der Klägerin selbst seien jedoch in sich stimmig, schlüssig und überzeugend. Der Umstand, dass die Ladengeschäfte in der Innenstadt von R. durchweg zwischen 18 und 19 Uhr schließen, mache es auch nachvollziehbar, dass die Klägerin den am Stadtrand gelegenen Fabrikverkauf habe aufsuchen wollen. Dass sie sich vorher nicht über dessen Öffnungszeiten erkundigt habe, könne nicht zu ihrem Nachteil ausgelegt werden, da es jedenfalls nicht unwahrscheinlich sei, dass ein Fabrikverkauf am Stadtrand länger geöffnet habe. Es habe sich um den Weg dorthin auch um eine relativ kurze Strecke gehandelt, die mit dem Rennrad in weniger als 10 Minuten zu bewältigen gewesen wäre. Auch der Umstand, dass die Klägerin Sportbekleidung getragen habe, spreche nicht gegen einen Betriebsweg, sondern sei bei einer Fahrt auf dem Rennrad nachvollziehbar. Einkäufe könnten darüber hinaus auch an einer Plastiktüte am Lenker transportiert werden. Der Umstand, dass im Verwaltungsverfahren nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin Geld bei sich getragen habe, habe sich nach der im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme dahingehend geklärt, dass die Klägerin eine Beuteltasche bei sich getragen habe. Der Bruder der Klägerin habe auch bestätigt, dass darin geringe Mengen Bargeld enthalten gewesen seien.
Gegen das ihr am 29. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. November 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Überzeugung des SG werde nicht geteilt, da sie sich nicht durch belastbare Anknüpfungstatsachen objektivieren lasse. Die Angaben der Klägerin würden sich in mehreren Punkten widersprechen; auch könne nicht vorbehaltlos dem Bruder der Klägerin geglaubt werden, der ihr als Familienangehöriger nahe stehe. Es seien von Anfang an Ungereimtheiten festzustellen: Der Wechsel des Einkaufsortes von der Innenstadt an den Stadtrand, Unkenntnis über die Öffnungszeiten des Verkaufs, der Vortrag zum Zahlungsmittel (mit Bargeld, auf Rechnung), fehlende Belege über frühere Einkäufe, Benutzung des Rennrads in Sportkleidung ohne Beförderungsmöglichkeit der Einkäufe, Frage der Beschäftigung einer Aushilfe etc.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und führt zur Begründung aus: Es sei nicht allein infolge des verwandtschaftlichen Näheverhältnisses des Bruders der Klägerin von einem Tendenzverhalten auszugehen. Er sei erst vom Gericht dazu befragt worden und habe im Vorfeld keinen Anlass gehabt, entsprechende Informationen mitzuteilen. Auch könne bei einem Rennrad am Lenker eine Tragetasche transportiert werden. Dass wegen kleinerer Beträge, die für Gebäck in der Vergangenheit ausgegeben worden seien, keine Belege gesammelt worden seien, sei bereits hinreichend erklärt worden. Die von der Beklagten aufgeführten angeblichen Unstimmigkeiten seien zum einen dadurch zu erklären, dass es zwischen der Klägerin und ihrem ehemaligen Bevollmächtigten zu Kommunikationsproblemen gekommen sei, zum anderen auch durch die erheblichen Kopfverletzungen, die die Klägerin bei dem Unfall erlitten habe und die zu Erinnerungslücken geführt hätten.
Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2011 die Klägerin angehört und Herrn E. M. als Zeugen vernommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin war am 21. August 2008 auf einem versicherten Betriebsweg, als sie verunglückte.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3, oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92 S 258; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. zuletzt BSG vom 9. November 2010 - B 2 U 14/10 R unter Verweis auf BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 RdNr. 10 m.w.N.; BSG vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 RdNr. 10 m.w.N.). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.).
Die Klägerin befand sich auf einem versicherten Betriebsweg. Ein solcher unterscheidet sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit, die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versichert sind, dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht lediglich der versicherten Tätigkeit vorausgeht oder sich ihr anschließt. Ein solcher Weg ist Teil der versicherten Tätigkeit (vgl. zuletzt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 BSG unter Verweis auf SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 RdNr 13).
Der für die Zurechnung einer Verrichtung zum versicherten Bereich notwendige innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70 S. 197; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84 S. 234; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich. Bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1 S. 4 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR aaO). Innerhalb dieser Wertung stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 19). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 und Nr. 17), so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90 und SozR 3-2200 § 550 Nr. 14).
Der Senat ist nach der Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2011, nach der Einvernahme des Zeugen E. M. sowie nach umfassender Würdigung des Akteninhalts der Überzeugung, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zum Fabrikverkauf der Fa. T. befunden hatte, um dort Gebäck für ihre Kunden einzukaufen und damit der Vollbeweis für einen versicherten Betriebsweg erbracht ist.
Zur Begründung verweist der Senat zunächst umfassend auf die durch das SG Konstanz im angefochtenen Urteil vorgenommene Würdigung der Sachlage, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung inhaltlich in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Anhörung der Klägerin durch den Senat sowie die Einvernahme des Zeugen E. M.durch den Senat hat die vom SG vorgenommene Würdigung bestätigt. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren geäußerten Einwände vermochten diese Überzeugung nicht zu erschüttern.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass jedenfalls zu Beginn des (Verwaltungs-)Verfahrens Angaben der Klägerin durch ihren Bevollmächtigten erfolgten, die im späteren Verlauf korrigiert bzw. richtig gestellt werden mussten. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die Klägerin bei ihrem Unfall schwerste Kopfverletzungen erlitten hat und insbesondere den in jeder Hinsicht glaubhaften Ausführungen ihres als Zeugen vernommenen Bruders noch lange Zeit nach dem Unfall, auch nach Abschluss der neurologischen Rehabilitationsbehandlung, unter erheblichen kognitiven Defiziten gelitten hat. Die Klägerin hat Dinge durcheinandergebracht, hat sich an Sachen nicht erinnert und, wie der Zeuge nachvollziehbar weiter schilderte, mitunter auch Dinge erzählt, die nicht der Wahrheit entsprochen haben, ohne dass dies zielgerichtet oder von der Klägerin auf andere Weise steuerbar erfolgt wäre. Diesem Zustand entsprechend stand die Klägerin, wie der Zeuge im Termin berichtete, nach dem Unfall zunächst auch unter Betreuung. Wenn in dieser Phase Angaben der Klägerin aktenkundig geworden sind, von denen sie sich später wieder distanzierte oder diese richtig stellte, ist der Beklagten zwar zuzugeben, dass bei isolierter Betrachtung der veränderten Angaben Zweifel an der Glaubwürdigkeit zunächst nicht von der Hand zu weisen sind. Allerdings hat die Klägerin, als sie weitgehend wieder in der Lage war, sich um ihre persönlichen Angelegenheiten zu kümmern, verglichen mit ihren Angaben vor dem SG und dem Senat konsistent und glaubwürdig ein und denselben Geschehensablauf geschildert und war auch in der Lage, vorher entstandene Zweifel auszuräumen.
Dies bezieht sich auch auf die Frage, ob sie im Unfallzeitpunkt Geld mit sich geführt hat. Wie das SG ermitteln konnte, hatte die Klägerin, wie von ihr von Anfang an behauptet, eine Bauchtasche mit sich geführt, worin sich ihr Handy, der Geschäftsschlüssel und Bargeld im Wert von etwa 25,- EUR befunden hatten. Dass sich darin auch Geld befunden hatte, hat der Zeuge E. M. dem Senat überzeugend und glaubwürdig versichert. Er hat, zusammen mit seinem Bruder, diese Bauchtasche von der Polizei ausgehändigt bekommen und konnte sich noch zweifelsfrei an ihren Inhalt erinnern. Auch die Ausführungen der Klägerin zu dieser Frage im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigen diesen Umstand. Anders als die Beklagte in ihrem Vorbringen im Berufungsschriftsatz ausführt, hat der Senat keinen Anlass, an den Angaben des Zeugen zu zweifeln. Weder war eine Beschönigungstendenz erkennbar, zugunsten seiner Schwester für diese günstige Ausführungen zu tätigen, noch kann allein aus dem verwandtschaftlichen Näheverhältnis auf eine solche Tendenz geschlossen werden, noch ist es zur Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage erforderlich, dass diese durch andere Beweismittel gestützt wird. Wenn sich ein Zeuge (der Polizeibeamte) nicht erinnert, Geld in der Beuteltasche gesehen zu haben, ein anderer durchaus und an dessen Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, genügt dies, um den Beweis der Tatsache anzunehmen.
Die Klägerin hat darüber hinaus nachvollziehbar geschildert, dass sie aufgrund ihrer Arbeitsbelastung und als alleinerziehende Mutter einer Tochter darauf angewiesen war, während der Geschäftszeiten oder in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäftsschluss kleinere Besorgungen zu tätigen, zu denen sie ihr Rennrad benutzte. Dabei hat die Klägerin eindrücklich dargelegt, dass ihr Arbeitstag regelmäßig bis in die Nacht gedauert hat, dass sie vor der Öffnung ihres Geschäfts morgens um 10 Uhr entweder mit Buchhaltungsarbeiten, dringenden Erledigungen, die sich nicht auf die Abendstunden hatten verschieben lassen oder einmal monatlich mit Familieneinkäufen beschäftigt war. Sie hat weiter nachvollziehbar dargestellt, dass sie den Weg zu T. außerhalb der Innenstadt deshalb nach 19 Uhr angetreten hatte, weil sie davon ausgegangen war, dass alle Geschäfte "auf der grünen Wiese" regelmäßig bis 20 Uhr geöffnet haben, warum also nicht auch der Fabrikverkauf. Es hätte möglicherweise nahe gelegen, dies vorab per Internet oder Telefon abzuklären. Dass die Klägerin dies nicht getan hat, kann ihr aber auch nicht zum Nachteil gereichen, da auch möglicherweise unüberlegte oder unvernünftige Handlungen unter Versicherungsschutz stehen.
Entsprechendes gilt für die Benutzung des Rennrads ohne Rucksack oder ein ähnliches Behältnis zum Transport der Einkäufe. Diesbezüglich hat die Klägerin überzeugend und konsistent ausgeführt, dass das Rennrad in ihrem Leben einen besonderen Stellenwert hatte und sie dieses - auch aus Zeitgründen - immer benutzte, um kleinere Besorgungen zu erledigen. Die Klägerin hat dabei auch demonstriert, wie sie üblicherweise kleinere Plastiktüten oder Ähnliches am Lenkrad gegriffen und gehalten hat und damit problemlos auch kleinere Tüten transportieren konnte. Auch der Umstand, dass die Klägerin Rennradkleidung und entsprechende Schuhe getragen hat, führt zu keiner abweichenden Bewertung. Es ist vielmehr nachvollziehbar, dass eine Fahrt auf dem Rennrad, gleichgültig, wie weit, wesentlich einfacher in entsprechender Kleidung zu bewerkstelligen ist als in der Kleidung, die die Klägerin in ihrem Geschäft getragen hat. Entsprechendes gilt für in der Regel leicht anzuschnallende Rennradschuhe und den Helm. Dass die Klägerin, die diesbezüglich routiniert war, für den Bekleidungswechsel nicht viel Zeit benötigt hat und es für sie selbstverständlich war, sich für das Rennrad umzuziehen, hat den Senat überzeugt.
Soweit die Beklagte wegen der fehlenden Belege für frühere Einkäufe bei T. Einwände hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens formuliert, führen auch diese nicht zu einer abweichenden Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Klägerin durch den Senat. Unabhängig davon, dass für die Frage des versicherten Betriebsweges keine Erforderlichkeit besteht, dass die Klägerin überhaupt schon einmal bei T. gewesen war und auch versichert gewesen wäre, wenn es sich um den ersten Besuch bei einem der Ladengeschäfte gehandelt hätte, hat sie, wie schon vor dem SG, nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass sie regelmäßig Belege über kleinere Beträge nicht gesammelt hat. Auch dies ist für den Senat nachvollziehbar und kein Anlass, an dem von ihr geäußerten Fahrtziel zu zweifeln.
Was die Frage der Aushilfskraft anbelangt konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung ebenfalls geklärt werden, dass in der Tat für das Jahr 2008 Lohn für Beschäftigte gemeldet worden war. Die Klägerin hat diesbezüglich überzeugend dargelegt, dass sie bis September 2008 eine Putzfrau (dieser wurde nach dem Unfall durch die Tochter der Klägerin gekündigt) und auch Aushilfskräfte, insbesondere an Wochenenden, beschäftigt hatte, jedoch nicht mehr ab etwa Juni oder Juli 2008. Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, hatte der Senat nicht. Daher stand der Klägerin regelmäßig keine andere Person zur Verfügung, die ihr die Besorgung von Gebäck für Kunden hätte abnehmen können. Aber auch dann, wenn die Klägerin im fraglichen Zeitpunkt Aushilfskräfte beschäftigt hätte, wäre der Versicherungsschutz nicht aufgehoben, wenn sie sich dennoch selbst auf den Weg gemacht hätte, um das Gebäck zu besorgen.
Auch hinsichtlich der späten Unfallmeldung hat der Senat nach der Einvernahme des Zeugen E. M. im Termin zur mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass dieser Umstand nicht zu Zweifeln an der Betriebsdienlichkeit der Radfahrt der Klägerin berechtigt. Der Zeuge hat glaubhaft dargelegt, dass er sich nach dem Unfall der Klägerin zunächst mit der Steuerberaterin zusammen gesetzt hat, um sich einen Überblick über die Versicherungen der Klägerin und sonstige Verpflichtungen, die auch im Zeitraum ihrer schweren Erkrankung zu erfüllen waren, zu verschaffen. Im Zuge dieser Gespräche mit der Steuerberaterin hat diese den Zeugen darauf aufmerksam gemacht, dass der Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall sein könne, weil die Klägerin vom Geschäft aus unterwegs gewesen war (sie hatte nur ihre Geschäftsschlüssel bei sich) und deshalb auch eine Meldung an die Berufsgenossenschaft erfolgen sollte. Allerdings ging der Zeuge davon aus, dass die Steuerberaterin diese Meldung erledigen werde, während die Steuerberaterin davon ausgegangen war, er kümmere sich darum. Erst als die Klägerin nach längerer Zeit wieder in der Lage war, das unfallbringende Geschehen dem Zeugen zu schildern, hatte sich dieser wieder an die Frage der Unfallmeldung erinnert und deshalb mit der Steuerberaterin nochmals Kontakt aufgenommen. Vor dem Hintergrund der schweren (Kopf-)Verletzungen, die die Klägerin erlitten hatte, der Dauer ihrer Genesung und der jedenfalls in einer Übergangszeit erheblichen kognitiven Beeinträchtigungen hat der Senat keinen Anlass davon auszugehen, dass die Zeitdauer zwischen dem Unfall und der Unfallmeldung auf anderen Umständen beruht. Vor dem Hintergrund, dass sich insbesondere der Zeuge neben seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit noch um die (finanziellen) Belange der Klägerin gekümmert hat, erscheint es dem Senat auch nachvollziehbar, dass erst nach einer gewissen Zeit das offenbar entstandene Missverständnis aufgefallen war und die Unfallmeldung nachgeholt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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