L 8 R 191/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 29 (3) R 286/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 191/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 6.11.2008 geändert und die Klage hinsichtlich der die Beigeladene zu 1) betreffenden Beitragsforderung abgewiesen. Die Klägerin trägt ¾, die Beklagte ¼ der Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.376,35 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Klägerin für die Beigeladene zu 1), die für sie als Interviewerin und Supervisorin tätig war, aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum von Dezember 1999 bis März 2002 sowie zur gesetzlichen Kranken- und Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum von Mai 2000 bis April 2001 zu zahlen hat. Hinsichtlich der ursprünglich darüber hinaus geltend gemachten Beitragsforderungen für den Zeitraum von September bis November 1999 vollständig, für die Zeiträume von Dezember 1999 bis April 2000 und von August 2001 bis März 2002 jeweils hinsichtlich der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie sozialen Pflegeversicherung hat die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 29.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2005 im Verhandlungstermin am 8.12.2010 aufgehoben.

Die Klägerin ist ein Markt- und Meinungsforschungsunternehmen, welches für verschiedene Auftraggeber Kundenzufriedenheitsbefragungen, Marktpotentialerhebungen und anderweitige Meinungsbefragungen im Streitzeitraum von 1999 bis 2002 durchführte. Sie entwickelte dafür unter anderem auftragsspezifische, strukturierte Interviews mit festgelegten Fragen, welche von den Interviewern der Klägerin telefonisch durchgeführt wurden. Darüber hinaus bestimmte die Klägerin die zu befragenden Zielgruppen, die Zahl der für ein Projekt bzw. eine Studie durchzuführenden Interviews sowie die einzuhaltende sog. Feldzeit, bei der es sich um den Zeitraum handelt, innerhalb dessen das Projekt bzw. die Studie abgeschlossen sein muss. Die Antworten der Gesprächspartner wurden über die für die jeweiligen Aufträge entwickelten Eingabemasken in den Computer eingegeben. Die so gewonnenen Daten wurden empirisch ausgewertet. Zur Durchführung der Interviews stellte die Klägerin den Interviewern Arbeitsplätze mit Computer und Telefon in sogenannten Telefonstudios mit 15 bis 30 Telefonarbeitsplätzen zur Verfügung. Pro 15 Telefonarbeitsplätze befand sich ein Supervisor im Telefonstudio. Dieser hatte auf die Einhaltung studienspezifischer Belange und allgemeiner Regeln der Interviewführung zu achten. Zu diesem Zwecke verfolgten die Supervisoren einzelne Interviews mit, schrieben ein Bewertungsprotokoll, das als Grundlage für die Bewertung der Interview-Qualität diente, und gaben dem Interviewer ein Feedback zu jedem bewerteten Interview. Gleichzeitig sollte diese Maßnahme sicherstellen, dass die Interviews tatsächlich erbracht wurden. Darüber hinaus oblag dem Supervisor die technische und inhaltliche Betreuung der Interviewer während einer Schicht. Der Einsatz der Interviewer erfolgte in einem Schichtsystem von 4-Stunden-Schichten. Pro Stunde war eine bezahlte Pause von 5 Minuten, insgesamt 20 Minuten pro Schicht vorgesehen. Darüber hinaus war hinsichtlich Zeitpunkt und Dauer eine freie Pausenwahl möglich. Die Supervisoren konnten sich hinsichtlich der Tätigkeitszeiten in einen Wochenplan eintragen. Wenn sich für eine bestimmte Zeit mehr Supervisoren eingetragen hatten, als benötigt wurden, entschied die Klägerin verbindlich, wer zu der entsprechenden Zeit tätig sein konnte.

Die von der Klägerin eingesetzten Interviewer wurden von dieser durch eine allgemeine Schulung auf ihre Tätigkeit als Interviewer vorbereitet. Dazu erhielten sie studienspezifische Einweisungen. Der konkrete Einsatz der Interviewer wurde wöchentlich im Voraus für die folgende Kalenderwoche zeitlich festgelegt und verbindlich vereinbart, wobei schriftliche Vereinbarungen nicht geschlossen wurden. Zum Zweck der Einsatzplanung fanden sich die Interviewer bei der Klägerin zu einer festgelegten Zeit persönlich ein, um mit den für die Klägerin tätigen Supervisoren die konkreten Einsätze für die folgende Kalenderwoche zu verhandeln. Dabei gaben die Interviewer jeweils an, an welchen Tagen sie in welchen Schichten arbeiten wollten. Diesen Wünschen wurde soweit wie möglich Rechnung getragen. Wenn zu den nachgefragten Zeiträumen keine Arbeit zu vergeben war, wurde im Einzelnen verhandelt, ob ein Einsatz zu einer anderen Zeit erfolgen konnte. Falls auf diesem Wege der Bedarf an Interviewern nicht gedeckt werden konnte, wurden weitere Interviewer telefonisch kontaktiert, bis der Arbeitskräftebedarf gedeckt war. Falls auch auf diesem Wege der Arbeitskräftebedarf nicht gedeckt werden konnte, musste die Projektplanung entsprechend angepasst werden. Zusätzlich konnten durch kurzfristig angenommene Aufträge weitere Bedarfe an Interviewern entstehen, die die Klägerin ebenfalls durch telefonische Kontaktaufnahmen zu decken versuchte. Die Interviewer konnten nicht wählen, bei welchen konkreten Studien sie eingesetzt wurden. Die Auswahl lag insoweit vielmehr bei der Klägerin. Ohne Angabe von Gründen konnten die Interviewer ihren Einsatz bis 8 Bürostunden vor Schichtbeginn absagen. Zu Beginn des Einsatzes mussten die Interviewer ihre Anfangszeit auf dem Einsatzplan notieren und die für sie vorgesehene Studie dort ablesen. Die Abrechnung erfolgte elektronisch. Dazu mussten sich die Interviewer im System mit einer persönlichen Identifikationsnummer, der sog. CATI-Nummer, einloggen. Alle geleisteten Tätigkeitszeiten wurden sodann automatisch erfasst.

Die Klägerin behandelte die für sie tätigen Interviewer als nicht sozialversicherungspflichtige freie Mitarbeiter. Sie zahlte den Interviewern eine Vergütung auf Stundenbasis. Sie setzte sich aus einem Basisstundensatz (14 DM bzw. 7,16 EUR) und erfolgsabhängigen Parametern (Schlagzahl, Ausschöpfung, Interviewqualität) zusammen, die zu einer Erhöhung des Stundensatzes bis auf 18 DM bzw. 9,20 EUR führen konnten. Teilweise handelten Interviewer höhere Stundensätze aus. Außerdem zahlte die Klägerin an Interviewer, die eine bestimmte Stundenzahl für sie tätig waren, einen Treue-Aufschlag zum Stundensatz. Die Zahlung des Entgelts erfolgte monatlich nach dem von der Klägerin festgehaltenen zeitlichen Umfang der Tätigkeit. Hierüber erhielt der Interviewer monatlich einen Kontoauszug. Eine Rechnungsstellung durch die Interviewer erfolgte nicht.

Die Beigeladene zu 1) übte die Tätigkeit als Interviewerin für die Klägerin entsprechend den vorstehenden Ausführungen von September 1999 bis Juni 2000 und von August 2001 bis Januar 2002 aus. Als Supervisorin war sie für die Klägerin von Juli 2000 bis April 2001 entsprechend den vorstehenden Ausführungen tätig. Sie unterhielt keine eigenen Geschäfts- bzw. Büroräume und setzte kein eigenes Kapital ein. Die Vergütung für ihre Tätigkeiten für die Klägerin handelte sie mit dieser nicht aus, sondern akzeptierte die ihr von der Klägerin genannten Konditionen. Es kam vor, dass sie von Seiten der Klägerin während einer Schicht gefragt wurde, ob sie über die Schicht hinaus eine bestimmte Anzahl von Interviews oder eine bestimmte Schicht, beispielsweise auch mal an einem Wochenende, übernahm. Soweit sie dies im Einzelfall ablehnte, wurde dies zur Kenntnis genommen. Sanktionen für Ablehnungen wurden nicht in Aussicht gestellt. Über die bezahlten Pausen hinaus machte sie keine Pausen. Bei einem Projekt, einem Headhunting-Projekt zur Besetzung einer Stelle im IT-Bereich, führte sie die Befragungen vom privaten Telefonanschluss aus. Hier war sie in der Gestaltung der Fragen sehr frei, weil es darum ging, möglichst viele Informationen zu erhalten. Die Tätigkeit als Supervisorin wurde von der Klägerin als freiberufliche Tätigkeit behandelt. Hinsichtlich dieser Tätigkeit erwartete die Klägerin, dass sie - die Beigeladene zu 1) - eine bestimmte Mindeststundenzahl arbeitete. Erwartet wurde auch, dass sie nicht bestimmte Zeiten, wie beispielsweise Samstage oder Sonntage, von vornherein ausschloss. In diese Tätigkeit wurde sie von einem Tag auf den anderen eingearbeitet. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht abgeschlossen. Sie erhielt einen festen Stundenlohn.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 kündigte die Beklagte mit Anhörungsschreiben vom 18.8.2003 gegenüber der Klägerin an, die in diesem Zeitraum für die Klägerin tätigen Interviewer als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte einzustufen. Zur Begründung führte sie aus, dass die von der Klägerin eingesetzten Interviewer keine Gewerbeanmeldung hätten, keine eigenen Geschäfts-/Büroräume unterhielten und kein eigenes Kapital eingesetzt, Preise nicht frei gestaltet, Angebote nicht abgegeben und keine eigene Werbung betrieben werde. Zu Beginn der Tätigkeit werde eine Interviewerschulung von der Klägerin durchgeführt und im Anschluss daran fänden überwachte Probeinterviews statt. Die Übernahme der Schichten sei durch nicht absolvierte studienspezifische Schulungen sowie durch bereits besetzte Schichten eingeschränkt. Auch seien bestimmte studienspezifische Anweisungen sowie weitere Verhaltensregeln zu beachten gewesen. Die Einhaltung dieser Vorgaben sei durch regelmäßiges Abhören der Telefoninterviews kontrolliert worden. Eine eigenbestimmte Auswahl der Studien sei nicht möglich gewesen. Die Absage einer Schicht habe innerhalb einer festgelegten Zeitspanne erfolgen müssen. Sei dies nicht der Fall gewesen, habe die Beendigung des Mitarbeiterverhältnisses gedroht. Es sei den Arbeitnehmern demnach nicht möglich gewesen, im Wesentlichen selbst über ihre Arbeitszeit zu verfügen. Die Vergütung der Tätigkeit habe zudem umfangreiche Berechnungsmodi beinhaltet. Berücksichtigt worden seien die Anzahl der geführten Interviews, das Verhältnis der verweigerten Interviews zu der Gesamtzahl der zu führenden Gespräche, die Tätigkeitsdauer für die Klägerin sowie die Bewertung der kontrollierten Gespräche. Die Art und Weise der Durchführung der Interviews sei so detailliert vorgegeben worden, dass den lnterviewern kein wesentlicher eigener Gestaltungsspielraum bei den Befragungen geblieben sei. Es liege eine wesentliche Eingliederung in einen fremden Betriebsablauf mit persönlicher Abhängigkeit vor.

Die Klägerin nahm mit Schriftsatz vom 26.8.2003, bei der Beklagten eingegangen am 27.8.2003, zu dem Anhörungsschreiben der Beklagten Stellung. Weisungen an die Interviewer würden nur insoweit erfolgen, als es nach der Natur des jeweils erteilten Auftrages unerlässlich sei. Zur Qualitätssicherung könne es den Interviewern nicht überlassen werden, welche Fragen sie wie und in welcher Reihenfolge an die zu befragenden Bevölkerungskreise richten. Auch die Antworten müssten zur Sicherung des marktforscherischen Qualitätsstandards in einheitlicher Form erfasst und den Fragen zugeordnet werden. Die Verwendung von einheitlichen Fragebögen mit vorgegebenen Antworten sei sachlich erforderlich und werde den Interviewern durch entsprechende Programme bzw. Abfrage-/Eingabemasken auf Arbeitsplatzrechnern zur Verfügung gestellt. Darüber hinausgehende Weisungen hinsichtlich des Inhalts ihrer Tätigkeit erhielten die Interviewer nicht. Die allgemeine Einweisung wie auch die 10- bis 20-minütigen studienspezifischen Einweisungen der Interviewer durch die Klägerin sei sachlich bedingt durch die Notwendigkeit, den Interviewern technisch, methodisch, psychologisch und studienspezifisch das notwendige Rüstzeug für die verlangten Qualitätsmaßstäbe zu vermitteln. Auch der sogenannte Schichtbetrieb sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Interviews müssten mit Blick auf die bei der Bevölkerung für Interviews erforderliche Bereitschaft im Rahmen üblicher Zeiten getätigt werden. Die Einteilung von Einzelaufträgen an die Interviewer im Rahmen der Schichten sei sachlich erforderlich, um eine auskömmliche Nutzung der vorhandenen Mittel - Räume, Telefonanlage, Rechner, Leitungskapazitäten - zu ermöglichen. Weisungen bezüglich der Schichteinteilung würden nicht erfolgen. Vielmehr würden die Interviewer mitteilen, dass und zu welchen Zeiten sie bereit wären, Aufträge anzunehmen. Soweit entsprechende Auftragsvolumina vorhanden seien, würden daraufhin - auch zeitlich - bestimmte Aufträge erteilt. Die Möglichkeit, innerhalb einer Frist bereits zugesagte Schichten wieder abzusagen, und das Fehlen von Zusagen bezüglich des Beschäftigungsumfangs sprächen gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses.

Mit Bescheid vom 29.12.2004, der den Prozessbevollmächtigten am 31.12.2004 zuging, machte die Beklagte eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladene zu 1) in Höhe von 9.376,35 Euro geltend und stufte diese als abhängig Beschäftigte der Klägerin ein. Außerhalb dieses Verfahrens verlangt die Beklagte von der Klägerin 48.040,03 Euro für andere Interviewer, insgesamt also 57.416,38 Euro.

Die Klägerin erhob am 27.1.2005 Widerspruch gegen diesen Bescheid und verwies zur Begründung auf ihre Stellungnahme vom 26.8.2003. Ergänzend führte sie aus, dass die Interviewer auch für andere Marktforschungsunternehmen tätig seien und ihre Tätigkeit in diesem Zusammenhang in den Studios dieser Unternehmen erbrächten. Die Bereitstellung von Geräten durch sie, die Klägerin, sei erforderlich, denn es sei schlicht nicht möglich, die existierende Vielzahl von Hardware- sowie Softwarekonfigurationen und Telefonanlagenstandards in wirtschaftlich auskömmlicher Weise überörtlich zu integrieren. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.9.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 17.10.2005 zum Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Ergänzend zu ihrem vorprozessualen Vortrag hat sie unter anderem auf die Parallelen zu der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.11.1974, 8 RU 266/73, verwiesen, in welcher das BSG die für den Erhalt auswertbarer Unterlagen erforderlichen Anweisungen nicht als Indiz einer abhängigen Beschäftigung von Interviewern bewertet habe. Zudem sei auch in der damaligen Konstellation die Vergütung von einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung abhängig gemacht und ein zeitlicher Rahmen vorgegeben worden. In Abgrenzung zu der eine abhängige Beschäftigung von Interviewern bejahenden Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 2.2.2006, L 16 KR 253/04, weise der vorliegende Sachverhalt erhebliche Unterschiede auf. Unter anderem würden im Falle der Klägerin anders als in dem vom LSG NRW entschiedenen Fall eine Vielzahl von Auftragsangeboten von Seiten der Mitarbeiter abgelehnt (Absagequote von 70,44 %)‚ die Interviewer hätten kein Passwort zum Einloggen, die Rechnungsstellung erfolge nicht durch die Klägerin und die Mitarbeiter seien vielfach auch für andere Marktforschungsunternehmen tätig.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2005 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist bei ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung geblieben. Der Entscheidung des BSG vom 14.11.1974, 8 RU 266/73, habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Anders als im vorliegenden Rechtsstreit sei in der damaligen Fallgestaltung der Honoraranspruch einschließlich des Spesen- und Unkostenersatzes erst bei ordnungsgemäßer Erledigung entstanden. Vorliegend würde der Stundenaufwand der Interviewer bezahlt. Ein unternehmerisches Risiko bestehe für die Interviewer der Klägerin nicht. Die neuere Rechtsprechung messe zudem dem Indiz, ob ein Auftrag angenommen oder abgelehnt werden könne, nicht mehr dieselbe Bedeutung zu. In dem 1974 entschiedenen Fall habe das BSG die Interviewer auch deshalb als selbstständig angesehen, weil sie nicht in einem derartigen Umfang den Weisungen der Auftraggeberin unterlegen hätten, dass dadurch jede eigene Dispositionsbefugnis praktisch ausgeschlossen gewesen sei.

Mit Urteil vom 6.11.2008 hat das SG Köln den Bescheid vom 29.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2005 aufgehoben. Es ist im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung von einem Überwiegen der für eine selbständige Tätigkeit und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte ausgegangen.

Gegen das ihr am 11.12.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6.1.2009 Berufung eingelegt (Aktenzeichen L 8 R 2/09).

Der Senat hat mit Beschluss vom 2.3.2010 in dem Verfahren L 8 R 2/09 den Rechtsstreit hinsichtlich der Beitragsforderungen der Beklagten, soweit sie sich auf die vormaligen Beigeladenen zu 2) bis 10) beziehen, getrennt, anschließend die Beiladung der nicht mehr am jeweiligen streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Interviewer aufgehoben (Beschluss vom 23.4.2010) und die jeweils beteiligten Sozialversicherungsträger - hier die DAK als Einzugsstelle und Träger der Pflegeversicherung sowie die Bundesagentur für Arbeit (BA) - beigeladen (Beschluss vom 6.9.2010).

Die Beklagte wiederholt und vertieft zur Begründung ihrer Berufung ihr bisheriges Vorbringen. Es handele sich um eine Tätigkeit nach detaillierten Weisungen, die im Gegensatz zur Auffassung des SG weit über das sachlich notwendige Maß hinausgingen. Die Beklagte beruft sich insoweit auf das Urteil des LSG NRW vom 2.2.2006, L 16 KR 253/04. Die tatsächlichen Verhältnisse zwischen den von der Klägerin eingesetzten Interviewern und denjenigen, die das LSG NRW als abhängig beschäftigt gewertet habe, wiesen keinen wesentlichen Unterschied auf. Vorliegend könne nicht von einer frei gestalteten Tätigkeit ausgegangen werden. Den Interviewern sei nicht nur das Ziel ihrer Tätigkeit (Erstellung eines Interviews), sondern auch die Art und Weise, und zwar über das sachlich notwendige Maß hinaus, vorgegeben. Das Tätigwerden der Interviewer werde derart fremdbestimmt, dass auch unter Berücksichtigung der methodisch bedingten Vorgaben schon begrifflich keine selbstständige Tätigkeit mehr vorliege. Die Interviewer hätten auch keine eigene Arbeitsorganisation, sondern seien im Gegensatz zur Auffassung des SG bei Ausübung ihrer Tätigkeit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden. Die Interviewer hätten auch kein Unternehmerrisiko, sondern allenfalls ein Einkommensrisiko getragen. Denn sie hätten nur dann kein Geld bekommen, wenn sie nicht gearbeitet hätten. Zudem sei die Höhe der Vergütung nicht maßgeblich von der Güte der Interviews abhängig gewesen. Innerhalb des von der Klägerin einseitig vorgegebenen Rahmens zwischen 14 und 18 DM seien nur geringfügige Steigerungen möglich gewesen. Die Interviewer hätten keine Unternehmerchancen gehabt, weil sie den Wert ihrer Leistung allenfalls in äußerst begrenztem Umfang hätten beeinflussen können. Lediglich hinsichtlich der Arbeitszeit habe eine in dem von der Klägerin einseitig vorgegebenen Rahmen gewisse Freiheit bestanden. Diese habe sich allerdings darauf beschränkt, sich für die von der Klägerin als Rahmen vorgegebenen Schichten eintragen zu lassen. Unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles überwögen vorliegend die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 6.11.2008 zu ändern und die Klage hinsichtlich der den Beigeladenen zu 1) betreffenden Beitragsforderung abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, sowohl Interviewer als auch Klägerin wünschten ihre Rechtsbeziehung zueinander derart, dass die Interviewer als freie Auftragnehmer für die Klägerin tätig würden. Unzutreffend gehe die Beklagte davon aus, dass die Interviewer bei der Erbringung der Leistungen "vollkommen auf die betrieblichen Strukturen der Klägerin angewiesen" seien. Die Interviewer könnten vielmehr "ihre" Leistungen ohne weiteres auch für andere Auftraggeber, einschließlich der durchaus unmittelbar vor Ort ansässigen Wettbewerber der Klägerin, erbringen und seien nicht auf die betrieblichen Strukturen der Klägerin angewiesen. Ausdruck der keineswegs arbeitnehmertypischen Selbstständigkeit sei es auch gewesen, dass ein Interviewer die weitere Ausführung eines Auftrags aus Gründen des "guten Geschmacks" abgelehnt habe. Der Inhalt der seinerzeitigen Befragung habe dazu geführt, dass die Interviewer von den Angerufenen beschimpft bzw. auch sehr deutlich angesprochen worden seien. Der betreffende Interviewer habe die Vorstellungen der von ihm angerufenen Personen und ihre heftigen Reaktionen nachvollziehen können. Er habe seine Weigerung, den Auftrag weiter auszuführen, gegenüber der Klägerin entsprechend nachdrücklich begründet. Die Klägerin habe sich durch dessen Argumente überzeugen lassen und habe in der Folge das gesamte Befragungsobjekt abgebrochen. Bei Absagen bzw. Verspätungen sei die Vorlage eines ärztlichen Attestes nicht verlangt worden.

Der Senat hat in Erörterungsterminen am 3.11.2010 den Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, Dr. O, in dem Streitverfahren L 8 R 2/09 und die Beigeladene zu 1) in vorliegendem Streitverfahren gehört. Die Sitzungsniederschrift aus dem Streitverfahren L 8 R 2/09 ist zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht worden. Auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, nachdem er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 29.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2005 nur noch hinsichtlich der die Beigeladene zu 1) betreffenden Beitragsforderung, soweit nicht entsprechend den Ausführungen im Tatbestand die Beklagte den angefochtenen Bescheid aufgehoben hat.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der noch streitigen Beitragsforderung zu Unrecht aufgehoben. Denn die Klage ist insoweit zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 29.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2005 ist hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Beitragsforderung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit fordert die Beklagte zu Recht Beiträge für die Beigeladene zu 1) zur Sozialversicherung nach.

Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht zur Arbeitsförderung. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung für den Zeitraum von Dezember 1999 bis April 2001 und von August 2001 bis März 2002 sowie in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung von Mai 2000 bis April 2001 angenommen und die Höhe der daher von der Klägerin für diese Versicherungszweige zu zahlenden Beiträge festgesetzt.

Die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in den verschiedenen Versicherungs-zweigen ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Danach ist Voraussetzung jeweils eine abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.

Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil v. 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, SozR 2200 § 1127 Nr. 8; v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; v. 10.8.2000, B 12 KR 21/98 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 15; v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45; v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die (schriftlichen) vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Abwicklung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen.

Ausgehend davon hat die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum zur Klägerin hinsichtlich der Tätigkeiten sowohl als Interviewerin als auch als Supervisorin in einer abhängigen Beschäftigung gestanden. Entgegen der Auffassung des SG zeigen die Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, wohingegen Aspekte, die für eine Qualifikation als selbstständige Tätigkeit sprechen, nur in geringem Umfang vorhanden sind.

Der Senat legt seiner Beurteilung die Beschreibung der Tätigkeiten zugrunde, wie sie letztlich übereinstimmend und unwidersprochen durch die Beigeladene zu 1) und die Klägerin in den Terminen vor dem SG und vor dem LSG sowie schriftsätzlich erfolgt ist. Danach war die Beigeladene zu 1) für die Klägerin im Streitzeitraum von November 1999 bis Juni 2000 und von August 2001 bis Januar 2002 als Interviewerin sowie von Juli 2000 bis April 2001 als Supervisorin tätig. Ihrer Tätigkeit als Interviewerin ging eine Einweisung in die Interviewertätigkeit durch die Klägerin voraus. Darüber hinaus erhielt sie studienspezifische Einweisungen. Die Beigeladene zu 1) arbeitete mit Ausnahme eines Headhunting-Projekts ausschließlich in den Studios der Klägerin mit deren Betriebsmitteln. Investitionen hat sie nicht getätigt. Sie unterhielt keine eigenen Geschäfts- oder Büroräume. Der Fragenkatalog der Interviews war von der Klägerin vorgegeben. Die Durchführung der Interviews hatte unter Anwendung der von der Klägerin vorgegebenen Soft- und Hardware zu erfolgen und erfolgte unter zeitweiser Kontrolle der Supervisoren. Die Klägerin entschied, bei welchen Studien die Beigeladene zu 1) eingesetzt wurde. Die Vergütung erfolgte auf Stundenbasis. Sie setzte sich aus einem Basisstundensatz (14 DM bzw. 7,16 EUR) und erfolgsabhängigen Parametern (Schlagzahl, Ausschöpfung, Qualität) zusammen, die zu einer Erhöhung des Stundensatzes bis auf 18 DM bzw. 9,20 EUR führen konnten. Das Honorar war von der Klägerin festgelegt und von der Beigeladenen zu 1) akzeptiert worden. Die Abrechnung erfolgte auf der Basis der von der Klägerin automatisch erfassten Daten. Eine Rechnungsstellung durch die Beigeladene zu 1) erfolgte nicht.

In ihre Tätigkeit als Supervisorin wurde die Beigeladene zu 1) von der Klägerin eingearbeitet. Diese Tätigkeit verrichtete sie ausschließlich in den Studios der Klägerin mit deren Betriebsmitteln. Die Klägerin erwartete von der Beigeladenen zu 1), dass sie eine Mindeststundenzahl arbeitete und bestimmte Zeiten wie Samstage oder Sonntage nicht von vornherein ausschloss. Sie konnte sich hinsichtlich der Tätigkeitszeit in einen Wochenplan eintragen. Wenn sich mehr Supervisoren für eine Schicht eingetragen hatten, als benötigt wurden, entschied die Klägerin verbindlich, welche der Supervisoren in der entsprechenden Schicht arbeiteten. Die Beigeladene zu 1) erhielt eine feste Vergütung nach Stundenaufwand, die von der Klägerin vorgegeben war.

Während ihrer Tätigkeiten als Interviewerin und Supervisorin war die Beigeladene zu 1) vollständig in den Betrieb der Klägerin eingegliedert, d.h. in die von ihr vorgegebene Ordnung, innerhalb derer mit Hilfe sächlicher oder sonstiger Mittel ein von der Klägerin als Unternehmerin bestimmter arbeitstechnischer Zweck verfolgt werden sollte (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation: BSG, Urteil vom 10.8.2000, B 12 KR 21/98 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 15). Dies gilt sowohl für den Ort als auch für den organisatorischen Rahmen. Die Beigeladene zu 1) hat - mit Ausnahme einer Tätigkeit als Interviewerin bei einem Headhunting-Projekt - ausschließlich in den Betriebsräumen mit Betriebsmitteln, insbesondere der Hard- und Software der Klägerin gearbeitet, war vollständig in die von der Klägerin einseitig vorgegebene Betriebsorganisation eingebunden. Als Interviewerin unterlag sie der Kontrolle der Supervisoren.

Auch inhaltlich bestand hinsichtlich beider Tätigkeiten eine vollständige Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Die Festlegung der Studien, zu deren Durchführung die Beigeladene zu 1) Interviews zu führen hatte, sowie des jeweiligen Fragenkatalogs und des Interviewablaufs, ebenso die allgemeine Einweisung in die Tätigkeit eines Interviewers vor Tätigkeitsaufnahme sowie die studienspezifischen Einweisungen erfolgten durch die Klägerin. Durch die Supervisoren erfolgten Hinweise zur Qualitätsverbesserung. Der Inhalt der Tätigkeit als Supervisorin war inhaltlich von der Klägerin festgelegt. Auf die Darstellung im Tatbestand wird verwiesen. In beiden Tätigkeiten fehlten nennenswerte inhaltliche Gestaltungsspielräume für die Beigeladene zu 1).

Die Beigeladene zu 1) war in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit nicht frei. Sie konnte zwar selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang sie für die Klägerin als Interviewerin arbeiten wollte. Sie war nicht verpflichtet, über das von ihr übernommene Stundenpensum hinaus Arbeit und diese zu bestimmten Zeiten zu leisten. Sie konnte ihre Arbeit aber nur im zeitlichen Rahmen der einvernehmlich aufgestellten Schichtenpläne der Klägerin erbringen und nur nach Maßgabe des Schichtenplans der Klägerin disponieren (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation: BSG, Urteil vom 10.8.2000, B 12 KR 21/98 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 15). Die Beigeladene zu 1) hat über die von der Klägerin vorgesehenen bezahlten Pausen von fünf Minuten pro Stunde und damit 20 Minuten pro Schicht hinaus keine Pausen gemacht. Selbst wenn die Beigeladene zu 1) hier größere Freiheiten hätte in Anspruch nehmen können und genommen hätte, wäre dies kein Gesichtspunkt von derartigem Gewicht gewesen, dass er das Gesamtbild einer fast vollständigen Eingliederung in den Betrieb und die Arbeitsorganisation der Klägerin hätte in Frage stellen können (vgl. LSG NRW, Urteil vom 2.2.2006, L 16 KR 253/04, juris). Letztlich ist aber festzustellen, dass eine abweichende Pausenregelung von den Vertragsparteien nicht gelebt und damit für das Vertragsverhältnis nicht prägend wurde. Hinsichtlich der Tätigkeit als Supervisorin wurde von der Beigeladenen zu 1) seitens der Klägerin darüber hinaus eine Mindestarbeitszeit und beispielsweise auch ein Einsatz an Samstagen und Sonntagen erwartet. Letztlich entschied die Klägerin auch verbindlich über die konkrete Tätigkeitszeit, wenn dies erforderlich war.

Der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin steht, insbesondere hinsichtlich der Tätigkeit als Interviewerin, nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1) das Recht hatte, Arbeitsangebote der Klägerin abzulehnen (vgl. BSG, Urt. v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, zum Ausbeiner, juris). Auch tritt eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurück, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (BSG, Urt. v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, zum Transportfahrer, juris).

Zudem hat die Beigeladene zu 1) keinerlei Unternehmerrisiko getragen, das für eine selbstständige Tätigkeit sprechen könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.5.2008, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Eine solche Ungewissheit hat es hier jedoch nicht gegeben. Die Beigeladene zu 1) hat weder eigenes Kapital noch eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Sie verfügte über keine eigenen Betriebsmittel und Betriebsstätte, sondern arbeitete ausschließlich - von einer Ausnahme abgesehen - in der Betriebsstätte der Klägerin mit deren Betriebsmitteln. Die Beigeladene zu 1) lief noch nicht einmal Gefahr, für ihre Tätigkeit nicht bezahlt zu werden. Noch weniger bestand die Gefahr, die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einzusetzen. Denn die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) wurden auf Stundenbasis vergütet. Die Vergütung war hinsichtlich der Tätigkeit als Interviewerin zum weit überwiegenden Teil und hinsichtlich der Tätigkeit als Supervisorin vollständig erfolgsunabhängig. Die Steigerung des Stundensatzes konnte für die Interviewertätigkeit nur in engen Grenzen nach Maßgabe der von der Klägerin einseitig vorgegebenen Parameter und bis zu dem von der Klägerin einseitig vorgegebenen Höchstbetrag erzielt werden, so dass im Wesentlichen die Vergütungssteigerung nur durch eine Erhöhung der Stundenzahl erreicht werden konnte, wie es typischerweise dem Bild einer abhängigen Beschäftigung entspricht. Allerdings waren der Erhöhung der Stundenzahl dadurch gewisse Grenzen gesetzt, dass - nach den schlüssigen Ausführungen der Klägerin - kaum jemand über eine 4-Stunden-Schicht hinaus in der Lage ist, konzentriert Befragungen durchzuführen. Ein für eine abhängige Beschäftigung typischer Umstand besteht auch darin, dass die Höhe der Vergütung nicht zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1) ausgehandelt, sondern von der Klägerin für beide Tätigkeiten einseitig vorgegeben wurde. Soweit ein Aushandeln der Vergütung gelegentlich vorgekommen ist, betrifft dies nicht die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und ist daher vorliegend unbeachtlich. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht im Übrigen, dass die Abrechnung der Vergütung durch die Klägerin auf der Grundlage der von ihr gespeicherten Tätigkeitsdaten der Beigeladenen zu 1) und ohne Rechnungsstellung durch die Beigeladene zu 1) erfolgte.

Einziger Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit als Interviewerin ist der Umstand, dass keine Beschäftigungspflicht der Klägerin und keine Pflicht der Beigeladenen zu 1), für die Klägerin tätig zu werden, bestand. Auch nach der Vereinbarung von Einzelaufträgen konnte die Beigeladene zu 1) die Durchführung unter Beachtung bestimmter Fristen ohne Angabe von Gründen ablehnen, was sie auch getan hat. Der Umstand, dass sogar nach Beginn einer Befragung die weitere Durchführung von einem Interviewer aufgrund der Reaktionen der Zielpersonen abgelehnt worden ist, fällt schon deshalb nicht entscheidend ins Gewicht, da es sich um einen nicht das Vertragsverhältnis der Beigeladenen zu 1) betreffenden und die Tätigkeit der Interviewer im Allgemeinen nicht prägenden Ausnahmefall handelte. Hinsichtlich der Tätigkeit als Supervisorin bestanden diese Freiheiten - wie bereits dargelegt - in einem noch deutlich geringeren Umfang.

Die Höhe der noch streitigen Beitragsforderung ist von der Klägerin nicht beanstandet worden. Rechts- und Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich. Die (noch) streitige Beitragsforderung ist auch nicht verjährt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem teilweisen Obsiegen der Klägerin Rechnung. Vorliegend entsprach es nach Ansicht des Senats, entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG, Urteil v. 14.11.2002, B 13 RJ 19/01 R, SozR 3-5795 § 10d Nr. 1; BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 6 KA 9/03 R, SozR 4-2500 § 98 Nr. 3) nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der unterlegenen Klägerin aufzuerlegen, da diese keine eigenen (erfolgreichen) Anträge gestellt haben.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die vom Senat vorgenommene Beurteilung der Interviewer-Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) kommt zwar zu einem anderen Ergebnis als das BSG in dem Urteil vom 14.11.1974, 8 RU 266/73, USK 74145; es liegt gleichwohl keine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG vor. Denn das Gesamtbild der Tätigkeit der Interviewer in dem vom BSG entschiedenen Fall unterscheidet sich grundlegend von dem vom Senat zu beurteilenden Fall. Die Freiheiten, die jenseits der methodisch bedingten Vorgaben in dem vom BSG entschiedenen Fall für Interviewer bestanden, räumt die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) weder vertraglich noch tatsächlich ein. Darüber hinaus trugen die Interviewer im früheren Fall ein unternehmereigentümliches finanzielles Risiko.

Der Streitwert richtet sich nach der ursprünglich streitigen Beitragsforderung betreffend die Beigeladene zu 1).
Rechtskraft
Aus
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