L 19 AS 1499/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 111/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1499/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 133/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB mit Beschluss als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 07.07.2010 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und deren Erstattung.

Der am 00.00.1959 geborene Kläger bezog im Anschluss an die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.2005 fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, unterbrochen im Zeitraum vom 01.05. bis 31.08.2007, in dem er eine Tätigkeit als Grabungszeichner ausübte. In seinem erstmaligen Leistungsantrag erklärte der Kläger, dass er über kein Vermögen, das den Wert von 4.850,00 EUR übersteige, verfüge, und gab in den Folgeanträgen jeweils an, dass sich insoweit keine Änderungen ergeben hätten. In dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 01.09.2007 bis 31.10.2008 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagter) wie folgt Leistungen:

01.09. bis 30.09.2007 664,00 EUR (Änderungsbescheid vom 17.06.2008),
01.10. bis 31.12.2007 664,00 EUR (Bescheid vom 18.09.2007),
01.01. bis 31.01.2008 611,74 EUR (Änderungsbescheid vom 20.03.2008)
01.02. bis 31.03.2008 638,74 EUR (Änderungsbescheid vom 20.03.2008),
01.04. bis 30.09.2008 638,74 EUR (Bescheid vom 20.03.2008),
01.09. bis 30.09.2008 664,00 EUR (Bescheid vom 17.06.2008),
01.01. bis 31.10.2008 642,74 EUR (Bescheid vom 19.09.2008).

Nachdem der Beklagte im September 2008 von einem Freistellungsauftrag des Klägers Kenntnis erlangt hatte, wies Letzterer nach, dass bei der W-bank Q eG am 05.12.2006 ein Anlagebetrag von 5.000,00 EUR, am 05.05.2007 eine weitere Gutschrift in Höhe von 3.000,00 EUR zzgl. Zinsen von 28,75 EUR sowie am 03.08.2007 weitere 2.000,00 EUR nebst 49,18 EUR Zinsen gebucht worden waren und für die Zeit vom 03.08. bis 03.11.2008 ein Festgeld von 10.403,02 EUR angelegt worden war. Daraufhin hob der Beklagte die Leistungsbewilligung mit Wirkung vom 01.11.2008 (Bescheid vom 03.11.2008, Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008) und nach Anhörung des Klägers mit dem hier hier angefochtenen Bescheid vom 21.11.2008 seine Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen vom 18.09.2008 (richtig 2007), 20.03.2008, 17.06.2008 und 19.09.2008 für die Zeit vom 01.09.2007 bis 31.10.2008 vollständig auf und verlangte die Erstattung der gewährten Leistungen zzgl. der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 10.887,40 EUR.

Der Kläger legte am 01.12.2008 Widerspruch ein und machte geltend, er habe von Anfang an seine Ersparnisse mit dem Mitarbeiter des Beklagten O besprochen und darauf verwiesen, dass er diese für eine sog. Riesterrente habe verwenden wollen. Letzterer habe ihm erklärt, dass ein Freibetrag von gut 8.000,00 EUR insoweit zur Verfügung stehe. Darüber hinaus habe der Kläger sich 2.000,00 EUR geliehen, die er zwischenzeitlich zurückgezahlt habe. Zur Bestätigung hat er einen Kontoauszug vom 20.11.2008 über die Abbuchung eines Betrages von 2.000,00 EUR sowie eine schriftliche Erklärung des G T vom 21.11.2008 vorgelegt, worin dieser bestätigt, dem Kläger im August 2007 2.000,00 EUR als Darlehen ohne Zinsen geliehen zu haben, die er am 03.11.2007 zurückerhalten habe.

Der Beklagte, der dem Kläger ab dem 01.12.2008 Leistungen wieder bewilligt hat, ersetzte nach Einholung einer Stellungnahme des Mitarbeiters O vom 10.02.2009, worin dieser die Angaben des Klägers als frei erfunden bezeichnete, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.11.2008 durch Rücknahmebescheid vom 28.04.2009 und wies den Widerspruch insoweit zurück, als er die Leistungsbewilligung zurückgenommen und einen Betrag von 9.915,16 EUR verlangt hatte (Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009).

Mit seiner dagegen am 20.05.2009 vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, dass er die Mitarbeiter des Beklagten über seine Anlagepläne informiert habe.

Das SG hat den Kläger angehört und den Mitarbeiter des Beklagten O als Zeugen vernommen. Wegen deren Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.11.2009 verwiesen.

Mit Urteil vom 07.07.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 03.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.09.2010 Berufung eingelegt mit der er geltend macht, über die Möglichkeiten der Verwendung seines Vermögens, welches er nicht habe verheimlichen wollen, durch die Mitarbeiter des Beklagten falsch beraten worden zu sein.

Der Zeuge O habe ihm glaubhaft anlässlich seiner Antragstellung zum 01.09.2007 versichert, dass er 250,- EUR pro Lebensjahr als Vermögen haben dürfe. Infolge dieser Auskunft habe er beabsichtigt, das entsprechende Vermögen für eine sog. Riesterrente zu verwenden. Die gegenteiligen Bekundungen des Zeugen seien widersprüchlich, weil er im Verwaltungsverfahren noch erklärt habe, dass es ein Gespräch dieser Art nicht gegeben habe, vor dem SG aber lediglich bekundet habe, dass "wir bei solchen Gelegenheiten hinsichtlich des Vermögens befragen und dann entsprechend Nachweise fordern, wenn Vermögen angegeben wird". Diese Aussage sei nicht geeignet, den klägerischen Vortrag zu widerlegen. Zu einer Anlage des Vermögens in einer Rentenform sei es lediglich wegen der besonderen Umstände - Tod der Mutter - nicht gekommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Detmold vom 07.07.2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 28.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Ansicht, der Kläger habe zumindest grob fahrlässig das Vorhandensein seines Festgeldkontos nicht mitgeteilt und dadurch die Leistungsüberzahlung schuldhaft verursacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Beklagte befugt gewesen ist, die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 31.10.2008 zurückzunehmen und die Erstattung der in dieser Zeit erbrachten Leistungen einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu verlangen.

Die Berechtigung zur Rücknahme der Leistungsbewilligung folgt aus § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. §§ 330 Abs. 2 SGB III, 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X. Danach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung vom 01.09.2007 ist von Anfang an rechtwidrig erfolgt, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide vom 18.09.2007 wie auch der späteren Bescheide vom 20.03., 17.06. und 19.09.2008 durchgehend nicht bedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II und damit nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II nicht leistungsberechtigt gewesen ist.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der Kläger verfügte im streitigen Zeitpunkt über ein Vermögen, das seine Bedürftigkeit ausgeschlossen hat.

Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände gemäß § 12 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen.Der Kläger besaß im Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 01.09.2007 ein Barvermögen von 14.934,23 EUR (10.403,02 EUR Festgeld, 4.531,21 EUR auf dem Girokonto) bzw. im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides vom 18.09.2007 ein Barvermögen von 14.556,- EUR. Zusätzlich verfügte er über die ihm von dem Zeugen T überlassene Summe von 2.000,- EUR, die hier jedoch außer Betracht bleiben kann. Diese Verhältnisse stehen aufgrund der Angaben des Klägers im Verwaltungs- und Klageverfahren sowie der von ihm vorgelegten Kontoauszüge und den weiteren Ermittlungen der Beklagten zur Überzeugung des Senats fest und sind zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Von dem Vermögen sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 in der bis zum 01.01.2011 gültigen Fassung (alte Fassung = a.F.) ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,- EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 3.100,- EUR abzusetzen. Der Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. belief sich am 01.09.2007 auf 7.050,- EUR (47 Lebensjahre x 150 EUR) bzw. am 01.01.2008 auf 7.200,- EUR (Vollendung des 48. Lebensjahres). Hinzu kommt ein Freibetrag in Höhe von 750,- EUR für notwendige Anschaffungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II a.F.). Ausgehend von dem niedrigeren Barvermögen von 14556,- EUR errechnet sich ein berücksichtigungsfähiges Vermögen von 6.756,- EUR bzw. 6.606,- EUR.

Ein weiterer Abzug nach § 12 Abs. 2 Nrn. 2, 3 SGB II a.F. wegen als Altersvorsorge geförderten Vermögens oder geldwerter Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, hat nicht zu erfolgen, weil der Kläger sein Vermögen nicht entsprechend angelegt hatte.

Ebenso fehlen Anhaltspunkte, die unter Berücksichtigung der Anlage des Geldes eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 2 Nr. 6 SGB II a.F. begründen könnten. Die Anwendung dieser Bestimmung verlangt Umstände, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. BSG Urt. v. 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R = juris Rn. 20 m.w.Nachw.). Solche Umstände hat der Kläger nicht geltend gemacht und solche sind auch im Hinblick auf sein Lebensalter, seinen bisherigen beruflichen Werdegang und die Art der Anlage seines Vermögens nicht ersichtlich. Dieses war lediglich teilweise für eine Dauer von drei Monaten auf einem Festgeldkonto angelegt und konnte daher ohne weiteres ohne jeden Verlust verwendet werden, weil mit dem Barvermögen auf seinem Girokonto ausreichend weiteres Geld zur Verfügung stand.

Der anzurechnende Vermögensbetrag überstieg die monatlich von dem Kläger in Höhe von höchstens 664,- EUR zu beanspruchenden Leistungen, sodass auch unter Berücksichtigung von Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung keine Bedürftigkeit bestand. Dies gilt für die gesamte Zeit vom 01.09.2007 bis zum 31.10.2008, obwohl das anzurechnende Vermögen die in diesen Zeitraum erbrachten Leistungen unterschritten hat. Die Regelung über die Berücksichtigung von Vermögen nach § 12 SGB II ist im Wesentlichen dem bisherigen Recht der Arbeitslosenhilfe nachgebildet (vgl. BT- Drucks. 15/1516 S. 53). Zwar sah die bis zum 31.12.2001 gültige Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) in § 9 vor, dass Bedürftigkeit nicht für die Zeit voller Wochen bestehe, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergebe, nachdem sich die Arbeitslosenhilfe richte. Daraus hat die Rechtsprechung einen fiktiven Verbrauch des Vermögens gefolgert (BSG Urt. v. 06.04.2000 - B 11 AL 31/99 R = SozR 3-4100 § 137 Nr. 12 S. 86; Urt. v. 09.08.2001 - B 11 AL 11/01 R = SozR 3-4300 § 193 Nr. 2 S. 4). Diese Vorschrift war aber in der ab dem 01.01.2002 geltenden AlhiV (BGBl I 2001, 3734) nicht mehr enthalten, sodass ein fiktiver Verbrauchszeitraum nicht mehr anzunehmen war (vgl. Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts 2003, § 13 Rn. 189). Hieran hat § 12 SGB II angeknüpft mit der Folge, dass tatsächlich vorhandenes Vermögen bis zu den in § 12 SGB II vorgegebenen Grenzen berücksichtigungsfähig bleibt und nur der tatsächliche Verbrauch des Vermögens eine wesentliche Änderung herbeiführen kann (BSG Beschl. v. 30.07.2008 - B 14 AS 14/08 B = juris Rn. 5). Da dem Kläger aber das den Freibetrag übersteigende Vermögen während des gesamten hier streitigen Leistungszeitraums zur Verfügung stand, fehlte ihm insgesamt die Bedürftigkeit.

An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass der größte Teil dieses Vermögens dem Kläger während des laufenden Leistungsbezugs im Zeitraum Oktober 2006 bis zum 30.04.2007 zugeflossen ist (nach den Angaben des Klägers vor dem Senat 14.452,80 EUR). Selbst wenn diese Beträge im Hinblick auf den Zufluss während des laufenden Leistungsbezuges als Einkommen im Sinne des § 11 SGB X anzusehen wären (zur Unterscheidung vgl. BSG Urt. v. 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 Rn. 18; Urt. v. 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 Rn. 24) mit der Folge, dass die Leistungsbewilligung schon ab Oktober 2006 mangels Bedürftigkeit rechtswidrig gewesen und ggf. von dem Beklagten aufzuheben wäre, bliebe ein maßgeblicher Anteil des Vermögens mit Wirkung vom 01.09.2007 anzurechnen. Die monatlichen Leistungen des Beklagten im Zeitraum von Oktober 2006 bis April 2007 beliefen sich einschließlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf 789,50 EUR (662,- EUR, 113,05 EUR, 14,45 EUR), entsprechend für sieben Monate auf 5.526,50 EUR. Die verbleibende Differenz von 1.229,50 EUR bzw. 1.079,50 EUR begründet aber ab September 2007 anzurechnendes Vermögen, weil zwischen dem 01.05. und 31.08.2007 und damit für mehr als einen Monat der Leistungsbezug unterbrochen worden war, sodass sich das nicht verbrauchte Einkommen in Vermögen wandelte (vgl. BSG Urt. v. 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R, a.a.O. Rn. 31). Auch dieser Betrag stand durchgehend im Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 31.10.2008 dem Kläger zur Verfügung und schloss daher seine Bedürftigkeit aus.

Das Unterlassen der Mitteilung über die Vermögenswerte ist dem Kläger zur Überzeugung des Senates auch zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X zuzurechnen. Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X gegeben, wenn der Kläger als Begünstigter die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. In einem solchen Maße hat die erforderliche Sorgfalt verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchtet, wobei das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umstände des Falles zu beurteilen ist (BSG Urt. v. 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R = SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 S. 143 m.w.Nachw.). Diesbezüglich hat der Senat keinen Zweifel, dass es sich dem Kläger hätte aufdrängen müssen, den Beklagten über sein Vermögen zu informieren. Dies gilt selbst dann, wenn man seinen Vortrag als zutreffend unterstellt, der Zeuge O habe ihm einen Betrag von 250,- EUR pro Lebensjahr als geschütztes Vermögen beschrieben. Unter Zugrundelegung dieses Betrages hätte sich das Schonvermögen des Klägers lediglich auf 11.750,- EUR bzw. 11.900,- EUR belaufen, sodass ein wesentlicher Betrag verblieb, den der Kläger verschwiegen hat. Soweit er vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, er habe sowohl diesen Freibetrag als auch zusätzlich das von ihm als sog. Riesterrente anzulegende Vermögen als geschützt angesehen, ist dieses nicht glaubhaft. Zum einen hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine solche Behauptung aufgestellt, obwohl der Beklagte ihn bereits im Rahmen der getroffenen Widerspruchsentscheidung auf das aus seiner Sicht anzurechnende Vermögen in Höhe von 14.609,14 EUR verwiesen hatte. Da der Kläger außerdem zum 01.09.2007 eine entsprechende Vermögensanlage gar nicht vorgenommen hatte, hätte sich ihm die Frage aufdrängen müssen, inwieweit noch nicht angelegtes Vermögen zusätzlich zu dem Freibetrag schon geschützt sein konnte. Angesichts der Ausbildung und des intellektuellen Leistungsvermögens des Klägers besteht danach für den Senat kein Zweifel, dass es ihm ohne weiteres hätte einleuchten müssen, dass er sein Gesamtvermögen nicht verschweigen durfte. Hinzu kommt, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren unzutreffende Angaben über Barabhebungen zum Zweck der Darlehenstilgung gemacht hat, was ebenfalls nicht für die Glaubwürdigkeit seiner Angaben spricht.

Hat der Beklagte daher zu Recht die Leistungsbewilligung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. §§ 330 Abs. 2 SGB III, 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X aufgehoben, ist der Kläger nach § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X zur Erstattung der erbrachten Leistungen verpflichtet. Dass der geforderte Erstattungsbetrag hinsichtlich der monatlichen Leistungen unzutreffend der Berechnung nach ist, wird weder vom Kläger geltend gemacht noch bestehen hierfür Anhaltspunkte.

Des weiteren hat der Kläger nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1, 5 SGB III die von dem Beklagten für ihn erbrachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Auch insoweit bestehen hinsichtlich der Höhe des Erstattungsbetrages an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung keine Zweifel.

Die Berufung ist daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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