S 14 U 15/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 15/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L U 228/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 16/10 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Mitglied der Beklagten ist.

Der am 1939 geborene Kläger ist seit dem 01.01.1980 Mitglied der Beklagten mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) von 0,6 Hektar (ha), welche sich seinen Angaben nach aufteilt auf 0,41 ha Wiesenfläche, 0,07 ha Haus-/Hofraum und 0,12 ha Ziergarten/Rasen; ein Aufnahmebescheid wurde ihm am 18.04.1980 erteilt. Angabegemäß (so eine Erklärung des Klägers vom 30.07.2005) erfolgt neben einer Ziergarten- und Rasen- bzw. Grünflächenpflege zweimal jährlich das Abmähen der Wiesenfläche, wobei das Schnittgut geheut wird; Bodengewächse außer Ziergewächsen sind nicht vorhanden.

Nachdem der Kläger in der Vergangenheit mehrfach im Rahmen von Widersprüchen gegen Beitragsbescheide geltend gemacht hatte, er sei nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer zu qualifizieren, da die Bearbeitung insbesondere der Wiesenfläche keine Bodenbewirtschaftung darstelle insoweit das Schnittgut lediglich für ihn Abfall darstelle, beantragte er im August 2006, ihn aus der Mitgliedschaft zu entlassen.

Mit Bescheid vom 13.09.2006 lehnte es die Beklagte ab, den Aufnahmebescheid sowohl für die Vergangenheit als auch die Zukunft aufzuheben, wobei sie zur Begründung ausführte, der Kläger sei in Vergangenheit und Gegenwart landwirtschaftlicher Unternehmer; der Aufnahmebescheid sei rechtmäßig gewesen und auch eine Änderung der wesentlichen Verhältnisse sei nicht eingetreten, da der Kläger nach wie vor regelmäßige Tätigkeiten nicht geringer Dauer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen ausübe; hierzu gehöre insbesondere auch das Abmähen von Grünland. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit im wesentlichen gleicher Begründung mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 mit der Ergänzung zurück, seit Jahrzehnten würden in der Rechtsprechung auch kleinste Betriebe im Sinne der landwirtschaftlichen Unfallversicherung als Unternehmen angesehen.

Hiergegen richtet sich die am 19.01.2007 erhobene Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, der jährlich zweimalige Pflegeschnitt des Grünlandes zur Erhaltung des Kulturzustandes im Sinne landschaftspflegerischer Aktivitäten stelle keine Bodenbewirtschaftung dar. Gelegentlich mähe in Nachbarschaftshilfe ein Nachbar das Wiesengrundstück ab, wofür ein Entgelt nicht gefordert und auch nicht gezahlt werde. Das Schnittgut sei für ihn selbst Abfall.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 13.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2006 das frühestmögliche Ende seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen zum Gegenstand ihrer Klageerwiderung und bekräftigte ihre Auffassung, auch das nur zweimalige Mähen der Wiesenfläche sei Bodenbewirtschaftung, da, was eine nochmalige Inaugenscheinnahme der Flächen bestätigt habe, offenbar geheut werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 13.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2006 es abge- lehnt, das Ende der Mitgliedschaft des Klägers festzustellen, so daß der Kläger durch diese Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt ist. Der Kläger war und ist nämlich landwirtschaftlicher Unternehmer und zu Recht mit Aufnahmebescheid vom 18.04.1980 in das Mitgliedsverzeichnis der Beklagten aufgenommen worden; auch sind hiernach keine Änderungen wesentlicher tatsächlicher Art aufgetreten, die eine Aufhebung dieses Bescheides mit Wirkung für die Zukunft rechtfertigten.

Gemäß § 44 Abs. 1 und Abs. 2 des 10. Buches Sozialgesetzbuch -SGB X- ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, der Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen; er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß eines Verwal- tungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 des 7. Buches Sozialgesetzbuch -SGB VII- stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unter- nehmer fest. Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 18.04.1980 getan; dieser Bescheid ist nicht zu beanstanden; auch ist eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, welche dem Bescheid zugrundelagen, nicht eingetreten.

Entgegen der Auffassung des Klägers betreibt dieser ein landwirtschaftliches Unter- nehmen im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 5 a und 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegt ein landwirtschaftliches Unternehmen nach ständiger Recht- sprechung bei einer regelmäßigen Tätigkeit von nicht ganz geringer Dauer vor, welche der Besitzer von Grundstücken zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen aufwendet. Dabei ist erforderlich, daß der Besitzer oder Nutzungs- berechtigte landwirtschaftlicher Flächen diese zum Zwecke der Gewinnung von land- wirtschaftlichen Erzeugnissen bearbeitet und sich damit landwirtschaftlich betätigt; allein das bloße Besitz- oder Nutzungsrecht an landwirtschaftlichen Flächen begründet nicht bereits die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2006 -Az. L 6 U 1442/04-).

Eine derartige Bodenbewirtschaftung betreibt der Kläger nach den Feststellungen der Beklagten, denn er hat insbesondere sein Wiesengrundstück mit einer Fläche von 0,41 ha einer regelmäßigen Pflege unterworfen; die Wiesenfläche wird zweimal im Jahr gemäht und geheut. Daß der Kläger diese Tätigkeiten nicht selbst verrichtet, ist unerheblich, denn ihm ist als Eigentümer der landwirtschaftlichen Flächen das Ergebnis mangels ander- weitiger rechtlicher Vereinbarungen mit den die Tätigkeiten durchführenden verschiedent- lichen Nachbarn zuzurechnen. Da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung auch angegeben hat, das Schnittgut werde von diesen zum Zwecke etwa der Fütterung von Viehbestand verwendet, bestehen an einer Bodenbewirtschaftung in dargelegtem Sinne keine Zweifel; nach dem von der Beklagten in Bezug genommenen Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.02.2006 (Az. L 17 U 253/04) würde es sogar ausreichen, das gemähte Schnittgut, welches dann der Düngung der Wiesenfläche dient, liegen zu lassen; ob dieser Auffassung zu folgen wäre, kann indes dahinstehen. Da der Annahme eines landwirtschaftlichen Unternehmens spätestens seit Inkrafttreten des 7. Buches des Sozialgesetzbuches zum 01.01.1997 auch nicht mehr entgegengehalten werden kann, daß lediglich ein geringfügiger Arbeitsaufwand für die Bodenbewirtschaftung anfällt -die diesbezügliche Rechtsprechung ist unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Gesetzgeber durch die Schaffung von Befreiungsmöglichkeiten eine Bagatellgrenze eingerichtet hat, obsolet geworden-, war die Klage nach alledem bei weiter bestehender Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Unfallversicherung abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; wenn ein versicherter Unternehmer in seiner Eigenschaft als Versicherter klagt, liegt insoweit ein Fall des § 197 a SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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