Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 155/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 73/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird mit der Maßgabe bezüglich der Bescheidabänderung zurückgewiesen, dass der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufgehoben wird, soweit sein Regelungsgehalt über die Anerkennung des Arbeitsunfalls hinausgeht.
Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie der Klägerin durch einen Arbeitsunfall verursacht worden ist.
Die 1975 geborene Klägerin knickte am 11. März 1992 um 12.55 Uhr beim Aufkommen nach einem Sprung über ein Pferd während des Sportunterrichts mit dem rechten Knie seitlich weg bzw. verdrehte sich dieses und fiel nach vorn. Der am Folgetag um 8.00 Uhr aufgesuchte Facharzt für Chirurgie Dr. E. fand eine Streckhemmung, einen seitlichen Kompressionsschmerz und einen Gelenkerguss, bei dessen Punktion sich 30 ml Blut entleerten. Röntgenologisch sei keine knöcherne Verletzung zu erkennen. Als Diagnose hielt Dr. E. eine Distorsion des rechten Kniegelenkes fest und äußerte den Verdacht auf das Bestehen einer seitlichen Meniskusläsion (Durchgangsarztbericht vom 12. März 1992). In seinem Bericht vom 22. Juli 1993 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. B. über die letzte Vorstellung der Klägerin bei ihm am 5. Mai 1992, bei der er nach Injektion und Punktion eine freie Streckung und Beugung des Kniegelenkes sowie einen leichten Druckschmerz im seitlichen Kniegelenkbereich vorgefunden habe. Zuvor habe mit einer Beweglichkeit von 0-10-60° eine Streckhemmung sowie bei der Innenrotation ein angedeutet positives Kreuzbandzeichen im Sinne von Steinmann I bestanden. Nach seinen Aufzeichnungen im Krankenblatt wurden von ihm folgende Befunde erhoben: 12. März 1992 – Extension/Flexion 0-10-60°, Punktion 30 ml blutiger Erguss, Steinmann I, Bandapparat ohne Befund; 14. März 1992 – Bandapparat ohne Befund, minimale vordere Schublade, Meniskuszeichen negativ, nach Punktion 30 ml blutigseröser Erguss; 30. März 1992 – geht deutlich besser, Streckung/Beugung 0-5-90°, noch 15 ml Erguss; 3. April 1992 – nach Kontusion leichte Schwellung, Druckschmerz im Patellabereich, Streckung/Beugung 0-5-90°; 19. April 1992 – kein Erguss, Laufen geht wieder gut.
Mit Schreiben vom 19. März 2002 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass bei ihr Folgeschäden des Sportunfalls bestünden und diese in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. H. und B. behandelt würden. Bis März 2002 sei sie wegen ihrer Kniebeschwerden nicht in ärztlicher Behandlung gewesen (Schreiben vom 19. Juni 2002). Nach einem Telefonvermerk der Beklagten über ein Gespräch mit der Klägerin vom 5. April 2002 hätten bei ihr nach dem Unfall immer Beschwerden bestanden, die teils mehr oder weniger ausgeprägt gewesen seien. Ihre Kniescheibe sei immer herausgesprungen. Nachdem die Schmerzen immer mehr zugenommen hätten, habe sie sich nunmehr in Behandlung begeben. In einem am 13. Mai 2002 bei der Beklagten eingegangenen Bericht stellte Privatdozent (PD) Dr. H. die Diagnose einer vorderen Kreuzbandruptur rechts. Er habe bei seiner Untersuchung der Klägerin am 10. Mai 2002 dreifach positive Lachmann- und Pivotshift-Tests (Meniskus- und Kreuzbandstabilitätstests) sowie ein Giving way (Einknicken) im rechten Kniegelenk gefunden. Vorgesehen sei eine operative Therapie. Laut Operationsbericht vom 28. Mai 2002 zeigten sich dabei intakte Menisken, eine unauffällige Patellaführung und plica mediopatellaris (Falte der Gelenkinnenhaut), ein stabiles hinteres Kreuzband sowie eine vollständige proximale Ruptur (Riss am oberen Ansatz) des vorderen Kreuzbandes mit stark provozierbarer Schublade. Die Ursprungzone des Kreuzbandes sei leer; es weise keinen rechten Faserverlauf mehr auf. Da immer wieder Fasern in den Gelenkspalt einschlagen und damit eine Streckung verhindern würden, seien diese mit einer motorischen Fräse reseziert worden. Die Rekonstruktion sei mittels intraartikulärer Fixation des Ligamentum patellae (Kniescheibenband) durch Titaninteferenzschrauben erfolgt.
Unter dem 29. Juli 2002 berichtete PD Dr. H. über die Wiedervorstellung der Klägerin am 23. Juli 2002, bei der sich klinisch ein sehr stabiles rechtes Kniegelenk bei einer Streckung/Beugung von 0-3-120°, ein Oberschenkelumfangdefizit rechts im Verhältnis zur Gegenseite von 2,5 cm 20 cm oberhalb des medialen Gelenkspaltes sowie ein flüssiges Gangbild gezeigt hätten. Die am 8. Juli 2002 durchgeführte Röntgenuntersuchung habe einen exakten Sitz der Titanschrauben ergeben. Mit einer vollen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sei in sechs Wochen zu rechnen. Arbeitsfähigkeit trat dann am 24. August 2002 ein.
In seiner beratenden Stellungnahme vom 14. Oktober 2002 führte der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. L. aus, dass die vordere Kreuzbandruptur rechts zwar in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall vom 11. März 1992 stehen könne, wofür die in der Zeit vom 12. März bis 5. Mai 1992 erhobenen Befunde sprächen. Allerdings habe der geschilderte Unfallhergang das vordere Kreuzband nicht isoliert gefährdet. Entscheidend gegen den Ursachenzusammenhang seien daneben die intraoperativ als absolut intakt beschriebenen Knorpel- und Meniskusverhältnisse zu werten, ein Befund, der mit einer über zehn Jahre hinweg bestehenden deutlichen Kreuzbandinsuffizienz nicht vereinbar sei. Entsprechendes gelte für die vom Operateur gefundenen Kreuzbandfasern, die immer wieder in den Gelenkspalt eingeschlagen seien. Zehn Jahre nach einer traumatischen Zusammenhangstrennung könnten derartige Fasern nicht mehr vorhanden sein. Schließlich sei auch die über zehn Jahre hinweg bestehende Beschwerdefreiheit als Indiz gegen die Ursachenbeziehung zu werten.
Mit Bescheid vom 27. November 2002 erkannte die Beklagte den Unfall vom 11. März 1992 daraufhin mit einer folgenlos verheilten Verstauchung des rechten Kniegelenkes mit blutigem Gelenkerguss als Arbeitsunfall an und lehnte die Erbringung von Leistungen ab. Die von der Klägerin mit Schreiben vom 19. März 2002 geltend gemachten Beschwerden stünden nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 Widerspruch und machte zur Begründung vor allem geltend, dass Meniskus- und Knorpelschäden beim Abriss eines Kreuzbandes nach einem längeren Zeitraum nicht zwangsläufig aufträten, sondern alters- und belastungsabhängig seien. Auch das Vorhandensein von Kreuzbandfasern anlässlich der Operation spreche nicht gegen eine unfallbedingte Ruptur, da sich diese nicht immer zurückbilden müssten. Abgesehen davon sei jedenfalls die Ursprungszone leer gewesen, was mit einem erst kurz zuvor geschehenen Riss nicht in Einklang zu bringen sei. Schließlich entspreche die angenommene Beschwerdefreiheit über zehn Jahre hinweg nicht ihren Schilderungen.
Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen holte die Beklagte von den Fachärzten für Chirurgie/Unfallchirurgie Dres. Z. und S. das Gutachten vom 7. Oktober 2003 nach ambulanter Untersuchung am 23. September 2003 ein. Die Sachverständigen bewerteten die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) gegenwärtig um 10 vom Hundert (vH) und schätzten im Ergebnis ein, das Unfallereignis sei für die Entstehung der vorderen Kreuzbandruptur rechts ursächlich gewesen. Gestützt werde dies durch den geeigneten Geschehensablauf, die zeitnahe ärztliche Behandlung, den dabei gefundenen Hämathros und das Fehlen konkurrierender Ursachen. Auch ein beschwerdefreies Intervall habe sich nicht bestätigt. Vielmehr habe die Klägerin auf Befragen angegeben, dass seit 1995 zunehmende Instabilitätsbeschwerden mit Folgeumknicktraumen bestanden hätten und sie deshalb regelmäßig eine Bandage getragen habe. Überdies sei wissenschaftlich anerkannt, dass eine chronische Instabilität nicht zwangsläufig zu Sekundärschäden im Kniegelenkbereich führe. Maßgeblich für das Ausmaß der Abnutzung seien Intensität und Häufigkeit der instabilitätsbedingten Subluxationsereignisse. Schließlich seien die intraoperativ angetroffenen Kreuzbandreste kein Argument gegen die Ursachenbeziehung. Denn tibial- oder femoralseitige Stumpfreste oder Fehlinsertionen, bei denen sich das vordere Kreuzband narbig auf das hintere Kreuzband lege, würden oft erst nach Jahrzehnten und nicht selten rein zufällig entdeckt. Klinisch hielten die Sachverständigen bei einer beidseitigen Beweglichkeit von 0-0-130° im Bereich des rechten Kniegelenkes eine deutliche vordere Schublade, einen positiven Lachmanntest sowie ein angedeutet positives Pivot-Shift-Phänomen fest. Röntgenologisch seien rechts deutliche Ausziehungen mit dezenten Abflachungen im Bereich des medialen Femurkondylus (Oberschenkelrolle) zu erkennen.
Nachdem der nachfolgend von der Beklagten nach Aktenlage eingeschaltete Prof. Dr. W. (Chirurgische Universitätsklinik F. ) in seinen Stellungnahmen vom 7. Januar und 23. März 2004 verschiedene weitere Ermittlungen angeregt hatte, teilte die Klägerin unter dem 11. Februar 2004 nochmals mit, sich nach Abschluss der Behandlung durch Dipl.-Med. B. nicht mehr in ärztlicher Betreuung befunden zu haben. Die von diesem verordnete und in ihrem Besitz verbliebene Bandage habe sie auch weiterhin getragen. Weder vor noch nach dem Unfall vom 11. März 1992 habe sie eine Verletzung im Bereich des rechten Knies erlitten. Ihre behandelnden Ärzte hätten auch nie die Diagnose einer herausspringenden Kniescheibe gestellt. Ob sie im Telefonat vom 5. April 2002 entsprechendes angegeben habe, wisse sie nicht mehr. Nach Ablauf der Sportbefreiung habe sie wieder am gymnasialen Sportunterricht teilgenommen und ihre Bandage getragen. Im Juli 2001 habe sie in einem Fitnessstudio mit leichtem Gerätetraining begonnen, wovon die Beinmuskulatur wegen der bestehenden Beschwerden jedoch ausgenommen gewesen sei.
Über das Ergebnis der nochmaligen röntgenologischen Untersuchung der Klägerin vom 12. Februar 2004 berichtete PD Dr. H., dass weder degenerative Vorerkrankungen noch eine Subluxationsstellung der Patella zu erkennen seien. Vielmehr liege eine exakte Patellagleitbahn vor.
Mit Schreiben vom 17. Mai 2004 teilte die für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 21. September 2000 zuständige Krankenkasse der Klägerin der Beklagten mit, dass ihr für diesen Zeitraum keine Erkrankungen der unteren Extremitäten bekannt seien.
In seiner abschließenden Stellungnahme vom 15. Juli 2005 schloss sich Prof. Dr. W. daraufhin der Einschätzung der Dres. Z. und S. an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Selbst wenn ein geeigneter Bewegungsablauf vorgelegen habe, sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem Kreuzbandschaden rechts deshalb unwahrscheinlich, weil dieser erst zehn Jahre später gesichert worden sei und bis dahin Behandlungsfreiheit vorgelegen habe.
Am 28. September 2005 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) H. Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Das SG hat von dem Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Chirotherapie und Sportmedizin Prof. Dr. R. (Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin H.) nach ambulanter Untersuchung am 4. Mai 2006 das Gutachten vom 16. Mai 2006 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 30. Juli und 30. Oktober 2006 fertigen lassen. Dieser ist zu dem Schluss gelangt, die vordere Kreuzbandläsion sei ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Die MdE belaufe sich auf 10 vH. Für den Unfallzusammenhang spreche zunächst die Verletzungstypik des geschilderten Unfallmechanismus mit einem seitlichen Wegknicken bei Überstreckung. Zudem sei nach aktueller wissenschaftlicher Auffassung ein dramatisches Unfallereignis für eine Kreuzbandzerreißung nicht erforderlich. Auch der im zeitlichen Zusammenhang gefundene blutige Erguss, der Druckschmerz am inneren Kniegelenkspalt sowie die minimale vordere Schublade stützten den Kreuzbandriss. Ferner hätten nach den glaubwürdigen Schilderungen der Klägerin kein beschwerdefreies Intervall, sondern mit einem givingway-Syndrom typische Zeichen einer vorderen Kreuzbandinstabilität vorgelegen. Schließlich seien keine Konkurrenzursachen vorhanden. Demgegenüber sei nach einem Zeitraum von zehn Jahren das Auftreten degenerativer Veränderungen nicht zwingend zu erwarten. Klinisch hat Prof. Dr. R. ein unauffälliges Gangbild der Klägerin bei einer Kniebeweglichkeit rechts von 10-0-150° ohne Erguss sowie radiologisch unauffällige Befunde ohne Arthroseanhalt festgehalten.
Unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegten weiteren Stellungnahmen Dr. L.s vom 6. Juli und 14. September 2006 hat die Beklagte hierzu im Wesentlichen eingewandt, ein erforderliches Rasanztrauma zur Verursachung einer isolierten Kreuzbandruptur sei nicht abgelaufen. Auch ein verletzungstypischer Erstbefund liege nicht vor. Vielmehr habe Dipl.-Med. B. seinerzeit den Kapsel-Bandapparat als unauffällig eingeschätzt, wodurch die minimale Schublade entkräftet sei. Der blutige Erguss könne auch als Schleimhautblutung erklärt werden. Schließlich sei das Vorhandensein von Kreuzbandfasern zehn Jahre nach einem Riss nahezu ausgeschlossen.
Mit Urteil vom 22. März 2007 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Riss des vorderen Kreuzbandes am rechten Kniegelenk der Klägerin als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. März 1992 anzuerkennen und in gesetzlichem Umfang zu entschädigen. Zur Begründung hat es sich auf die Bewertungen der Dres. Z. und S. sowie Prof. Dr. R. gestützt, die im Gegensatz zur Ansicht von Dr. L. überzeugten, und deren Ergebnis sich auch Prof. Dr. W. angeschlossen habe. Insbesondere sei die Ansicht Dr. L.s, zehn Jahre nach einem Kreuzbandriss seien Folgeschäden zwingend zu erwarten, durch die Darlegungen der genannten Sachverständigen widerlegt. Abgesehen davon seien auch der erforderliche Erstschaden sowie der Riss des Kreuzbandes belegt. Ob ein ursächlicher Zusammenhang bestehe, beurteile sich nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
Gegen das ihr am 16. Mai 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. Juni 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und unter Wiederholung ihrer Ausführungen an ihrer Ansicht festgehalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. März 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufgehoben wird, soweit sein Regelungsgehalt über die Anerkennung des Arbeitsunfalls hinausgeht.
Sie verteidigt die Entscheidung des SG und hält einen Leistungsantrag nicht mehr aufrecht.
Der Senat hat von dem Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. das nach ambulanter Untersuchung am 16. Januar 2009 erstellte Gutachten vom 16. Februar 2009 eingeholt. Dr. S. hat frei bewegliche Kniegelenke, ein unauffälliges Gangbild, stabile Kapsel-Bandführungen sowie regelrechte äußere Konturen der Kniegelenke festgestellt. Bei Durchsicht der bildgebenden Befunde sei auf den Röntgenbildern vom 12. März 1992, 14. März und 28. Mai 2002 eine unauffällige Knochen- und Gelenkstruktur zu erkennen. Die Aufnahmen vom 8. Juli 2002, 23. September 2003 und 12. Februar 2004 zeigten die zunehmende Ausprägung einer spitzzipfligen Randkantenausziehung am unteren Kniescheibenpol. Im Ergebnis ist Dr. S. zu der Ansicht gelangt, die Ruptur des vorderen Kreuzbandes rechts am 11. März 1992 sei zwar möglich, aber nicht überwiegend wahrscheinlich. Der Grad der MdE sei mit unter 10 vH einzuschätzen. Gleichermaßen denkbar sei, dass es am 11. März 1992 zu einer okkulten (verborgenen) Kreuzbandverletzung oder einer teilweisen Zusammenhangstrennung und im Laufe der Zeit schließlich zu einer vollständigen Ruptur gekommen sei, dass eine in Art und Ausmaß nicht näher bekannte Kniebinnenverletzung ohne Kreuzbandschädigung abgelaufen sei, die erst später aus unbekannten Gründen aufgetreten sei, oder dass der Unfall am 11. März 1992 schließlich auf ein bereits vorgeschädigtes Kreuzband getroffen sei, welches dann in der Folgezeit komplett gerissen sei. Für die Ursächlichkeit des Unfalls spreche zwar, dass der Unfallhergang schon vom Anschein her grundsätzlich zur Verursachung einer Kniebinnenverletzung geeignet sei. Auch der blutige Gelenkerguss sei ein Indiz für eine vordere Kreuzbandschädigung. Allerdings könne als Blutungsquelle auch ein kleiner Einriss der Gelenksbinnenhaut in Frage kommen. Deutlich gegen die Ursachenbeziehung sprächen aber die intraoperativen und bildgebenden Befunde, nach denen weder an den Knorpelflächen noch Menisken oder am hinteren Kreuzband reaktive degenerative Veränderungen beschrieben seien. Schwerwiegende Arthrosen seien nach Literaturangaben langfristig zwar nur selten anzutreffen. Sechs bis 18 Monate nach Rupturen sei jedoch mit zipfeligen Ausziehungen bzw. knöchernen Anbauten an den Kreuzbandhöckern zu rechnen. Auch das Auffinden von Kreuzbandstümpfen, die durch Einschlagen Beschwerden verursacht hätten, sei zehn Jahre nach dem Unfall höchst unwahrscheinlich. Vielmehr seien nach einem solchen Zeitraum in aller Regel eine Verklebung der Restfasern mit dem hinteren Kreuzband, eine gänzliche Auflösung und/oder narbige Verklumpungen zu erwarten. Vorhandene Reste seien eher im Zusammenhang mit einer vorausgegangenen partiellen Ruptur denkbar, welche mit oder ohne äußeren Anlass zeitnahe zur Operation im Jahre 2002 zu einer definitiven Zusammenhangstrennung geführt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 beschwert die Klägerin im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie – wie vom SG zutreffend entschieden – Anspruch auf Anerkennung der Ruptur ihres vorderen Kreuzbandes im rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. März 1992 hat.
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen ein Ursachenzusammenhang im Sinne von – nunmehr – § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) besteht. Hierbei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern eine wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Oktober 2010, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). "Wesentlich" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass der Arbeitsunfall den arthroskopisch gesicherten Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie der Klägerin wesentlich verursacht hat.
Diese Ursachenbeziehung wird zunächst dadurch unterstützt, dass der Unfallhergang zur Verursachung einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes geeignet erscheint. Denn abrupte Bewegungsverzögerungen mit unphysiologischer Belastung (z.B. unkoordinierte Landung beim Skispringen oder Drachenfliegen) gehören jedenfalls zu den gefährdenden Mechanismen (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.10.4.4.2, S. 611: Weber/Ludolph in: Ludolph/Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Oktober 2010, Abschn. VI-1.2.4, S. 5). Eine entsprechende Situation lässt sich im Augenblick der Landung mit den Füßen auf einer hinter dem Pferd liegenden Matte bei gleichzeitigem seitlichen Wegknicken bzw. Verdrehen des rechten Knies schwerlich verkennen. Der Senat folgt deshalb den einleuchtenden Bewertungen durch die Dres. Z., S., S. und Prof. R., zumal letzterer unter Auswertung entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse dargelegt hat, dass auch wesentlich undramatischere Geschehensabläufe zu einem Kreuzbandriss führen können. Abgesehen davon findet die gegenteilige Ansicht Dr. L.s in der von ihm geäußerten Allgemeinheit in seiner eigenen Abhandlung im zitierten Kursbuch so auch gar keine Stütze, weshalb ihr sein Mitverfasser Prof. Dr. W. folgerichtig wohl nicht beigetreten ist.
Daneben wird eine wesentliche kausale Verknüpfung zwischen dem Unfall und dem Kreuzbandriss durch das Verhalten der Klägerin nach dem Unfall, den klinischen Erstbefund, die nachfolgenden Untersuchungsergebnisse, den weiteren Beschwerdeverlauf sowie das Fehlen konkurrierender unfallunabhängiger Erklärungen des Schadensbildes wahrscheinlich gemacht.
So musste die Klägerin nach dem Sportunterricht von ihrem Vater abgeholt werden und suchte sogleich am nächsten Morgen Dr. E. und danach Dipl.-Med. B. auf, die eine Streckhemmung des rechten Kniegelenkes von 0-10-60°, einen seitlichen Kompressionsschmerz, einen Gelenkerguss mit 30 ml blutigem Hämarthros sowie – unter Berücksichtigung des Schwellungszustandes – ein angedeutet positives Kreuzbandzeichen dokumentiert haben. Wie schon die Dres. Z., S. und Prof. R. hat auch Dr. S. im Einklang mit dem medizinischen Erfahrungswissen ausgeführt, dass neben einer eindruckvollen Funktionsstörung gerade ein blutiger Gelenkerguss ein starkes Indiz für einen Kreuzbandriss ist (Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 5). Am 14. März 1992 fand Dipl.-Med. B. nach wie vor eine minimale vordere Schublade und nach Punktion wiederum 30 ml blutigserösen Erguss. Bei der Wiedervorstellung der Klägerin am 30. März 1992 war die Kniegelenksbeweglichkeit mit 0-5-90° schon deutlich gebessert, wenngleich mit 15 ml immer noch ein punktionswürdiger Erguss vorgelegen hatte. Schließlich waren am 19. April 1992 kein Erguss mehr vorhanden und das Laufen wieder gut möglich sowie am 5. Mai 1992 eine freie Streckung und Beugung des Kniegelenkes mit nur noch leichtem seitlichen Druckschmerz erreicht. Damit liegt auch kein zweiphasiger Verlauf mit zunehmender Verschlechterung der Befundlage nach dem Unfallereignis vor, der auf eine (überwiegend) degenerative Schadensentwicklung und damit ein unfallunabhängiges Geschehen hindeutet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.3, S. 414).
Dafür, dass als Blutungsquelle anstatt eines Risses des vorderen Kreuzbandes eine Verletzung der Gelenkinnenhaut angesehen werden müsste, liegen keine greifbaren Ansatzpunkte vor. Dr. S. hat den insoweit von ihm aufgegriffenen Gedanken Dr. L.s ausdrücklich auf einen kleinen Einriss dieser Struktur bezogen, womit schon in quantitativer Hinsicht Bedenken bestehen, einen solchen überhaupt als Erklärung eines zweimaligen blutigen bzw. blutigserösen Erguss von jeweils 30 ml heranzuziehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Plausibilität einer allein durch einen kleinen Innenhautriss vermittelten wochenlangen Streckhemmung. Überdies werden von der Schleimhaut ausgehende Einblutungen in zeitlicher Beziehung ab dem dritten Monat im Zusammenhang mit einer chronischen Instabilität diskutiert (Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 6), so dass sich diese Hypothese angesichts der kreuzbandspezifischen Befundlage und der so kurze Zeit nach dem Unfall aufgetretenen Ergüsse auch von daher nicht aufdrängt. Letztlich hat PD Dr. H. ebenso keine Hinweise auf Schädigungen der Gelenkinnenhaut gefunden, die möglicherweise Rückschlüsse auf eine abgelaufene Verletzung erlauben würden, und die plica mediopatellaris ausdrücklich als intakt beschrieben.
Ebenso sind keine anderen (medizinischen) Erklärungen des Hämathros bzw. des am 28. Mai 2002 gesicherten Kreuzbandschadens ersichtlich. Nachdem PD Dr. H. auf der extra hierzu gefertigten Röntgenaufnahme vom 12. Februar 2004 eine exakte Patellagleitbahn vorgefunden hatte, haben weder Prof. Dr. W. noch Dr. S. ausreichende Hinweise für eine seinerzeit abgelaufene Kniescheibenverrenkung oder wiederkehrende (Sub-)Luxationen gesehen. Soweit Dr. S. anstatt einer am 11. März 1992 eingetretenen okkulten bzw. (Teil-)Verletzung des Kreuzbandes die Möglichkeit eines erst nach dem Unfall geschehenen Risses ins Spiel gebracht hat, finden sich auch insoweit keine greifbaren Indizien. Nach den Angaben der Klägerin ist ihr rechtes Kniegelenk von keinen anderen gefährdenden Ereignissen betroffen gewesen. Daran zu zweifeln, besteht kein Grund, zumal nach den Mitteilungen der zuständigen Krankenkasse für den Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis zum 21. September 2000 keine Erkrankungen bzw. Behandlungen der unteren Extremitäten erfolgt sind. Ein Abstellen auf die Variante, dass das Unfallereignis auf ein bereits vorgeschädigtes Kreuzband getroffen ist, scheidet mangels auch nur irgendwie gesicherten Vorschadens bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne aus (vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 23/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 22)
Schließlich verbleiben beim Senat auch deswegen keine ernsten Zweifel an einer unfallbedingten Verursachung des Kreuzbandrisses, weil radiologisch sowie intraoperativ keine reaktiven degenerativen Veränderungen zu sichern waren bzw. von PD Dr. H. Restfasern mitgeteilt worden sind. Wie die Dres. Z., S. und Prof. R. unter Literaturauswertung übereinstimmend dargelegt haben, sind entsprechende Folgeschäden entgegen den anderslautenden Darstellungen der Dres. L. und S. keineswegs regel- oder gar gesetzmäßig zu erwarten, sondern vom Ausmaß der vorderen Instabilität abhängig, die wegen muskulärer Kompensation lange Zeit klinisch stumm verlaufen kann (ähnlich Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 7 f.). Auch die intraoperativ angetroffenen Kreuzbandreste wecken beim Senat keine derart gravierenden Zweifel, dass allein deswegen eine Verursachung des Risses durch den zehn Jahre zuvor geschehenen Unfall als unwahrscheinlich angesehen werden müsste. Denn die Dres. Z. und S. haben aufgrund ihrer operativen Erfahrungen ausgeführt, dass bei verschiedenen Varianten von Kreuzbandrissen intraoperativ durchaus noch nach vielen Jahren und nicht selten rein zufällig Reststrukturen gefunden werden können. Auch dies geht konform mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen (Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 6), so dass der Senat keine Veranlassung sieht, dieser Argumentation nicht zu folgen. Soweit Dr. S. insoweit anknüpfend an Dr. L. einen zeitnahe zum 28. Mai 2002 abgelaufenen vollständigen Riss bei vorausgegangener Teilruptur in den Raum gestellt hat, liegt auch dafür kein belastbarer Anhalt vor. Denn bei noch teilweise vorhandener Verbindung hätte das Auffinden auch femoralseitiger Restfasern anstatt einer vollständig leeren oberen Ursprungszone nahe gelegen, wie bereits die Klägerin in ihrer Widerspruchsbegründung zutreffend angemerkt hat.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie der Klägerin durch einen Arbeitsunfall verursacht worden ist.
Die 1975 geborene Klägerin knickte am 11. März 1992 um 12.55 Uhr beim Aufkommen nach einem Sprung über ein Pferd während des Sportunterrichts mit dem rechten Knie seitlich weg bzw. verdrehte sich dieses und fiel nach vorn. Der am Folgetag um 8.00 Uhr aufgesuchte Facharzt für Chirurgie Dr. E. fand eine Streckhemmung, einen seitlichen Kompressionsschmerz und einen Gelenkerguss, bei dessen Punktion sich 30 ml Blut entleerten. Röntgenologisch sei keine knöcherne Verletzung zu erkennen. Als Diagnose hielt Dr. E. eine Distorsion des rechten Kniegelenkes fest und äußerte den Verdacht auf das Bestehen einer seitlichen Meniskusläsion (Durchgangsarztbericht vom 12. März 1992). In seinem Bericht vom 22. Juli 1993 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. B. über die letzte Vorstellung der Klägerin bei ihm am 5. Mai 1992, bei der er nach Injektion und Punktion eine freie Streckung und Beugung des Kniegelenkes sowie einen leichten Druckschmerz im seitlichen Kniegelenkbereich vorgefunden habe. Zuvor habe mit einer Beweglichkeit von 0-10-60° eine Streckhemmung sowie bei der Innenrotation ein angedeutet positives Kreuzbandzeichen im Sinne von Steinmann I bestanden. Nach seinen Aufzeichnungen im Krankenblatt wurden von ihm folgende Befunde erhoben: 12. März 1992 – Extension/Flexion 0-10-60°, Punktion 30 ml blutiger Erguss, Steinmann I, Bandapparat ohne Befund; 14. März 1992 – Bandapparat ohne Befund, minimale vordere Schublade, Meniskuszeichen negativ, nach Punktion 30 ml blutigseröser Erguss; 30. März 1992 – geht deutlich besser, Streckung/Beugung 0-5-90°, noch 15 ml Erguss; 3. April 1992 – nach Kontusion leichte Schwellung, Druckschmerz im Patellabereich, Streckung/Beugung 0-5-90°; 19. April 1992 – kein Erguss, Laufen geht wieder gut.
Mit Schreiben vom 19. März 2002 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass bei ihr Folgeschäden des Sportunfalls bestünden und diese in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. H. und B. behandelt würden. Bis März 2002 sei sie wegen ihrer Kniebeschwerden nicht in ärztlicher Behandlung gewesen (Schreiben vom 19. Juni 2002). Nach einem Telefonvermerk der Beklagten über ein Gespräch mit der Klägerin vom 5. April 2002 hätten bei ihr nach dem Unfall immer Beschwerden bestanden, die teils mehr oder weniger ausgeprägt gewesen seien. Ihre Kniescheibe sei immer herausgesprungen. Nachdem die Schmerzen immer mehr zugenommen hätten, habe sie sich nunmehr in Behandlung begeben. In einem am 13. Mai 2002 bei der Beklagten eingegangenen Bericht stellte Privatdozent (PD) Dr. H. die Diagnose einer vorderen Kreuzbandruptur rechts. Er habe bei seiner Untersuchung der Klägerin am 10. Mai 2002 dreifach positive Lachmann- und Pivotshift-Tests (Meniskus- und Kreuzbandstabilitätstests) sowie ein Giving way (Einknicken) im rechten Kniegelenk gefunden. Vorgesehen sei eine operative Therapie. Laut Operationsbericht vom 28. Mai 2002 zeigten sich dabei intakte Menisken, eine unauffällige Patellaführung und plica mediopatellaris (Falte der Gelenkinnenhaut), ein stabiles hinteres Kreuzband sowie eine vollständige proximale Ruptur (Riss am oberen Ansatz) des vorderen Kreuzbandes mit stark provozierbarer Schublade. Die Ursprungzone des Kreuzbandes sei leer; es weise keinen rechten Faserverlauf mehr auf. Da immer wieder Fasern in den Gelenkspalt einschlagen und damit eine Streckung verhindern würden, seien diese mit einer motorischen Fräse reseziert worden. Die Rekonstruktion sei mittels intraartikulärer Fixation des Ligamentum patellae (Kniescheibenband) durch Titaninteferenzschrauben erfolgt.
Unter dem 29. Juli 2002 berichtete PD Dr. H. über die Wiedervorstellung der Klägerin am 23. Juli 2002, bei der sich klinisch ein sehr stabiles rechtes Kniegelenk bei einer Streckung/Beugung von 0-3-120°, ein Oberschenkelumfangdefizit rechts im Verhältnis zur Gegenseite von 2,5 cm 20 cm oberhalb des medialen Gelenkspaltes sowie ein flüssiges Gangbild gezeigt hätten. Die am 8. Juli 2002 durchgeführte Röntgenuntersuchung habe einen exakten Sitz der Titanschrauben ergeben. Mit einer vollen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sei in sechs Wochen zu rechnen. Arbeitsfähigkeit trat dann am 24. August 2002 ein.
In seiner beratenden Stellungnahme vom 14. Oktober 2002 führte der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. L. aus, dass die vordere Kreuzbandruptur rechts zwar in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall vom 11. März 1992 stehen könne, wofür die in der Zeit vom 12. März bis 5. Mai 1992 erhobenen Befunde sprächen. Allerdings habe der geschilderte Unfallhergang das vordere Kreuzband nicht isoliert gefährdet. Entscheidend gegen den Ursachenzusammenhang seien daneben die intraoperativ als absolut intakt beschriebenen Knorpel- und Meniskusverhältnisse zu werten, ein Befund, der mit einer über zehn Jahre hinweg bestehenden deutlichen Kreuzbandinsuffizienz nicht vereinbar sei. Entsprechendes gelte für die vom Operateur gefundenen Kreuzbandfasern, die immer wieder in den Gelenkspalt eingeschlagen seien. Zehn Jahre nach einer traumatischen Zusammenhangstrennung könnten derartige Fasern nicht mehr vorhanden sein. Schließlich sei auch die über zehn Jahre hinweg bestehende Beschwerdefreiheit als Indiz gegen die Ursachenbeziehung zu werten.
Mit Bescheid vom 27. November 2002 erkannte die Beklagte den Unfall vom 11. März 1992 daraufhin mit einer folgenlos verheilten Verstauchung des rechten Kniegelenkes mit blutigem Gelenkerguss als Arbeitsunfall an und lehnte die Erbringung von Leistungen ab. Die von der Klägerin mit Schreiben vom 19. März 2002 geltend gemachten Beschwerden stünden nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 Widerspruch und machte zur Begründung vor allem geltend, dass Meniskus- und Knorpelschäden beim Abriss eines Kreuzbandes nach einem längeren Zeitraum nicht zwangsläufig aufträten, sondern alters- und belastungsabhängig seien. Auch das Vorhandensein von Kreuzbandfasern anlässlich der Operation spreche nicht gegen eine unfallbedingte Ruptur, da sich diese nicht immer zurückbilden müssten. Abgesehen davon sei jedenfalls die Ursprungszone leer gewesen, was mit einem erst kurz zuvor geschehenen Riss nicht in Einklang zu bringen sei. Schließlich entspreche die angenommene Beschwerdefreiheit über zehn Jahre hinweg nicht ihren Schilderungen.
Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen holte die Beklagte von den Fachärzten für Chirurgie/Unfallchirurgie Dres. Z. und S. das Gutachten vom 7. Oktober 2003 nach ambulanter Untersuchung am 23. September 2003 ein. Die Sachverständigen bewerteten die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) gegenwärtig um 10 vom Hundert (vH) und schätzten im Ergebnis ein, das Unfallereignis sei für die Entstehung der vorderen Kreuzbandruptur rechts ursächlich gewesen. Gestützt werde dies durch den geeigneten Geschehensablauf, die zeitnahe ärztliche Behandlung, den dabei gefundenen Hämathros und das Fehlen konkurrierender Ursachen. Auch ein beschwerdefreies Intervall habe sich nicht bestätigt. Vielmehr habe die Klägerin auf Befragen angegeben, dass seit 1995 zunehmende Instabilitätsbeschwerden mit Folgeumknicktraumen bestanden hätten und sie deshalb regelmäßig eine Bandage getragen habe. Überdies sei wissenschaftlich anerkannt, dass eine chronische Instabilität nicht zwangsläufig zu Sekundärschäden im Kniegelenkbereich führe. Maßgeblich für das Ausmaß der Abnutzung seien Intensität und Häufigkeit der instabilitätsbedingten Subluxationsereignisse. Schließlich seien die intraoperativ angetroffenen Kreuzbandreste kein Argument gegen die Ursachenbeziehung. Denn tibial- oder femoralseitige Stumpfreste oder Fehlinsertionen, bei denen sich das vordere Kreuzband narbig auf das hintere Kreuzband lege, würden oft erst nach Jahrzehnten und nicht selten rein zufällig entdeckt. Klinisch hielten die Sachverständigen bei einer beidseitigen Beweglichkeit von 0-0-130° im Bereich des rechten Kniegelenkes eine deutliche vordere Schublade, einen positiven Lachmanntest sowie ein angedeutet positives Pivot-Shift-Phänomen fest. Röntgenologisch seien rechts deutliche Ausziehungen mit dezenten Abflachungen im Bereich des medialen Femurkondylus (Oberschenkelrolle) zu erkennen.
Nachdem der nachfolgend von der Beklagten nach Aktenlage eingeschaltete Prof. Dr. W. (Chirurgische Universitätsklinik F. ) in seinen Stellungnahmen vom 7. Januar und 23. März 2004 verschiedene weitere Ermittlungen angeregt hatte, teilte die Klägerin unter dem 11. Februar 2004 nochmals mit, sich nach Abschluss der Behandlung durch Dipl.-Med. B. nicht mehr in ärztlicher Betreuung befunden zu haben. Die von diesem verordnete und in ihrem Besitz verbliebene Bandage habe sie auch weiterhin getragen. Weder vor noch nach dem Unfall vom 11. März 1992 habe sie eine Verletzung im Bereich des rechten Knies erlitten. Ihre behandelnden Ärzte hätten auch nie die Diagnose einer herausspringenden Kniescheibe gestellt. Ob sie im Telefonat vom 5. April 2002 entsprechendes angegeben habe, wisse sie nicht mehr. Nach Ablauf der Sportbefreiung habe sie wieder am gymnasialen Sportunterricht teilgenommen und ihre Bandage getragen. Im Juli 2001 habe sie in einem Fitnessstudio mit leichtem Gerätetraining begonnen, wovon die Beinmuskulatur wegen der bestehenden Beschwerden jedoch ausgenommen gewesen sei.
Über das Ergebnis der nochmaligen röntgenologischen Untersuchung der Klägerin vom 12. Februar 2004 berichtete PD Dr. H., dass weder degenerative Vorerkrankungen noch eine Subluxationsstellung der Patella zu erkennen seien. Vielmehr liege eine exakte Patellagleitbahn vor.
Mit Schreiben vom 17. Mai 2004 teilte die für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 21. September 2000 zuständige Krankenkasse der Klägerin der Beklagten mit, dass ihr für diesen Zeitraum keine Erkrankungen der unteren Extremitäten bekannt seien.
In seiner abschließenden Stellungnahme vom 15. Juli 2005 schloss sich Prof. Dr. W. daraufhin der Einschätzung der Dres. Z. und S. an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Selbst wenn ein geeigneter Bewegungsablauf vorgelegen habe, sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem Kreuzbandschaden rechts deshalb unwahrscheinlich, weil dieser erst zehn Jahre später gesichert worden sei und bis dahin Behandlungsfreiheit vorgelegen habe.
Am 28. September 2005 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) H. Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Das SG hat von dem Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Chirotherapie und Sportmedizin Prof. Dr. R. (Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin H.) nach ambulanter Untersuchung am 4. Mai 2006 das Gutachten vom 16. Mai 2006 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 30. Juli und 30. Oktober 2006 fertigen lassen. Dieser ist zu dem Schluss gelangt, die vordere Kreuzbandläsion sei ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Die MdE belaufe sich auf 10 vH. Für den Unfallzusammenhang spreche zunächst die Verletzungstypik des geschilderten Unfallmechanismus mit einem seitlichen Wegknicken bei Überstreckung. Zudem sei nach aktueller wissenschaftlicher Auffassung ein dramatisches Unfallereignis für eine Kreuzbandzerreißung nicht erforderlich. Auch der im zeitlichen Zusammenhang gefundene blutige Erguss, der Druckschmerz am inneren Kniegelenkspalt sowie die minimale vordere Schublade stützten den Kreuzbandriss. Ferner hätten nach den glaubwürdigen Schilderungen der Klägerin kein beschwerdefreies Intervall, sondern mit einem givingway-Syndrom typische Zeichen einer vorderen Kreuzbandinstabilität vorgelegen. Schließlich seien keine Konkurrenzursachen vorhanden. Demgegenüber sei nach einem Zeitraum von zehn Jahren das Auftreten degenerativer Veränderungen nicht zwingend zu erwarten. Klinisch hat Prof. Dr. R. ein unauffälliges Gangbild der Klägerin bei einer Kniebeweglichkeit rechts von 10-0-150° ohne Erguss sowie radiologisch unauffällige Befunde ohne Arthroseanhalt festgehalten.
Unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegten weiteren Stellungnahmen Dr. L.s vom 6. Juli und 14. September 2006 hat die Beklagte hierzu im Wesentlichen eingewandt, ein erforderliches Rasanztrauma zur Verursachung einer isolierten Kreuzbandruptur sei nicht abgelaufen. Auch ein verletzungstypischer Erstbefund liege nicht vor. Vielmehr habe Dipl.-Med. B. seinerzeit den Kapsel-Bandapparat als unauffällig eingeschätzt, wodurch die minimale Schublade entkräftet sei. Der blutige Erguss könne auch als Schleimhautblutung erklärt werden. Schließlich sei das Vorhandensein von Kreuzbandfasern zehn Jahre nach einem Riss nahezu ausgeschlossen.
Mit Urteil vom 22. März 2007 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Riss des vorderen Kreuzbandes am rechten Kniegelenk der Klägerin als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. März 1992 anzuerkennen und in gesetzlichem Umfang zu entschädigen. Zur Begründung hat es sich auf die Bewertungen der Dres. Z. und S. sowie Prof. Dr. R. gestützt, die im Gegensatz zur Ansicht von Dr. L. überzeugten, und deren Ergebnis sich auch Prof. Dr. W. angeschlossen habe. Insbesondere sei die Ansicht Dr. L.s, zehn Jahre nach einem Kreuzbandriss seien Folgeschäden zwingend zu erwarten, durch die Darlegungen der genannten Sachverständigen widerlegt. Abgesehen davon seien auch der erforderliche Erstschaden sowie der Riss des Kreuzbandes belegt. Ob ein ursächlicher Zusammenhang bestehe, beurteile sich nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
Gegen das ihr am 16. Mai 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. Juni 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und unter Wiederholung ihrer Ausführungen an ihrer Ansicht festgehalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. März 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufgehoben wird, soweit sein Regelungsgehalt über die Anerkennung des Arbeitsunfalls hinausgeht.
Sie verteidigt die Entscheidung des SG und hält einen Leistungsantrag nicht mehr aufrecht.
Der Senat hat von dem Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. das nach ambulanter Untersuchung am 16. Januar 2009 erstellte Gutachten vom 16. Februar 2009 eingeholt. Dr. S. hat frei bewegliche Kniegelenke, ein unauffälliges Gangbild, stabile Kapsel-Bandführungen sowie regelrechte äußere Konturen der Kniegelenke festgestellt. Bei Durchsicht der bildgebenden Befunde sei auf den Röntgenbildern vom 12. März 1992, 14. März und 28. Mai 2002 eine unauffällige Knochen- und Gelenkstruktur zu erkennen. Die Aufnahmen vom 8. Juli 2002, 23. September 2003 und 12. Februar 2004 zeigten die zunehmende Ausprägung einer spitzzipfligen Randkantenausziehung am unteren Kniescheibenpol. Im Ergebnis ist Dr. S. zu der Ansicht gelangt, die Ruptur des vorderen Kreuzbandes rechts am 11. März 1992 sei zwar möglich, aber nicht überwiegend wahrscheinlich. Der Grad der MdE sei mit unter 10 vH einzuschätzen. Gleichermaßen denkbar sei, dass es am 11. März 1992 zu einer okkulten (verborgenen) Kreuzbandverletzung oder einer teilweisen Zusammenhangstrennung und im Laufe der Zeit schließlich zu einer vollständigen Ruptur gekommen sei, dass eine in Art und Ausmaß nicht näher bekannte Kniebinnenverletzung ohne Kreuzbandschädigung abgelaufen sei, die erst später aus unbekannten Gründen aufgetreten sei, oder dass der Unfall am 11. März 1992 schließlich auf ein bereits vorgeschädigtes Kreuzband getroffen sei, welches dann in der Folgezeit komplett gerissen sei. Für die Ursächlichkeit des Unfalls spreche zwar, dass der Unfallhergang schon vom Anschein her grundsätzlich zur Verursachung einer Kniebinnenverletzung geeignet sei. Auch der blutige Gelenkerguss sei ein Indiz für eine vordere Kreuzbandschädigung. Allerdings könne als Blutungsquelle auch ein kleiner Einriss der Gelenksbinnenhaut in Frage kommen. Deutlich gegen die Ursachenbeziehung sprächen aber die intraoperativen und bildgebenden Befunde, nach denen weder an den Knorpelflächen noch Menisken oder am hinteren Kreuzband reaktive degenerative Veränderungen beschrieben seien. Schwerwiegende Arthrosen seien nach Literaturangaben langfristig zwar nur selten anzutreffen. Sechs bis 18 Monate nach Rupturen sei jedoch mit zipfeligen Ausziehungen bzw. knöchernen Anbauten an den Kreuzbandhöckern zu rechnen. Auch das Auffinden von Kreuzbandstümpfen, die durch Einschlagen Beschwerden verursacht hätten, sei zehn Jahre nach dem Unfall höchst unwahrscheinlich. Vielmehr seien nach einem solchen Zeitraum in aller Regel eine Verklebung der Restfasern mit dem hinteren Kreuzband, eine gänzliche Auflösung und/oder narbige Verklumpungen zu erwarten. Vorhandene Reste seien eher im Zusammenhang mit einer vorausgegangenen partiellen Ruptur denkbar, welche mit oder ohne äußeren Anlass zeitnahe zur Operation im Jahre 2002 zu einer definitiven Zusammenhangstrennung geführt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 beschwert die Klägerin im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie – wie vom SG zutreffend entschieden – Anspruch auf Anerkennung der Ruptur ihres vorderen Kreuzbandes im rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. März 1992 hat.
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen ein Ursachenzusammenhang im Sinne von – nunmehr – § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) besteht. Hierbei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern eine wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Oktober 2010, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). "Wesentlich" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass der Arbeitsunfall den arthroskopisch gesicherten Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie der Klägerin wesentlich verursacht hat.
Diese Ursachenbeziehung wird zunächst dadurch unterstützt, dass der Unfallhergang zur Verursachung einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes geeignet erscheint. Denn abrupte Bewegungsverzögerungen mit unphysiologischer Belastung (z.B. unkoordinierte Landung beim Skispringen oder Drachenfliegen) gehören jedenfalls zu den gefährdenden Mechanismen (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.10.4.4.2, S. 611: Weber/Ludolph in: Ludolph/Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Oktober 2010, Abschn. VI-1.2.4, S. 5). Eine entsprechende Situation lässt sich im Augenblick der Landung mit den Füßen auf einer hinter dem Pferd liegenden Matte bei gleichzeitigem seitlichen Wegknicken bzw. Verdrehen des rechten Knies schwerlich verkennen. Der Senat folgt deshalb den einleuchtenden Bewertungen durch die Dres. Z., S., S. und Prof. R., zumal letzterer unter Auswertung entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse dargelegt hat, dass auch wesentlich undramatischere Geschehensabläufe zu einem Kreuzbandriss führen können. Abgesehen davon findet die gegenteilige Ansicht Dr. L.s in der von ihm geäußerten Allgemeinheit in seiner eigenen Abhandlung im zitierten Kursbuch so auch gar keine Stütze, weshalb ihr sein Mitverfasser Prof. Dr. W. folgerichtig wohl nicht beigetreten ist.
Daneben wird eine wesentliche kausale Verknüpfung zwischen dem Unfall und dem Kreuzbandriss durch das Verhalten der Klägerin nach dem Unfall, den klinischen Erstbefund, die nachfolgenden Untersuchungsergebnisse, den weiteren Beschwerdeverlauf sowie das Fehlen konkurrierender unfallunabhängiger Erklärungen des Schadensbildes wahrscheinlich gemacht.
So musste die Klägerin nach dem Sportunterricht von ihrem Vater abgeholt werden und suchte sogleich am nächsten Morgen Dr. E. und danach Dipl.-Med. B. auf, die eine Streckhemmung des rechten Kniegelenkes von 0-10-60°, einen seitlichen Kompressionsschmerz, einen Gelenkerguss mit 30 ml blutigem Hämarthros sowie – unter Berücksichtigung des Schwellungszustandes – ein angedeutet positives Kreuzbandzeichen dokumentiert haben. Wie schon die Dres. Z., S. und Prof. R. hat auch Dr. S. im Einklang mit dem medizinischen Erfahrungswissen ausgeführt, dass neben einer eindruckvollen Funktionsstörung gerade ein blutiger Gelenkerguss ein starkes Indiz für einen Kreuzbandriss ist (Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 5). Am 14. März 1992 fand Dipl.-Med. B. nach wie vor eine minimale vordere Schublade und nach Punktion wiederum 30 ml blutigserösen Erguss. Bei der Wiedervorstellung der Klägerin am 30. März 1992 war die Kniegelenksbeweglichkeit mit 0-5-90° schon deutlich gebessert, wenngleich mit 15 ml immer noch ein punktionswürdiger Erguss vorgelegen hatte. Schließlich waren am 19. April 1992 kein Erguss mehr vorhanden und das Laufen wieder gut möglich sowie am 5. Mai 1992 eine freie Streckung und Beugung des Kniegelenkes mit nur noch leichtem seitlichen Druckschmerz erreicht. Damit liegt auch kein zweiphasiger Verlauf mit zunehmender Verschlechterung der Befundlage nach dem Unfallereignis vor, der auf eine (überwiegend) degenerative Schadensentwicklung und damit ein unfallunabhängiges Geschehen hindeutet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.3, S. 414).
Dafür, dass als Blutungsquelle anstatt eines Risses des vorderen Kreuzbandes eine Verletzung der Gelenkinnenhaut angesehen werden müsste, liegen keine greifbaren Ansatzpunkte vor. Dr. S. hat den insoweit von ihm aufgegriffenen Gedanken Dr. L.s ausdrücklich auf einen kleinen Einriss dieser Struktur bezogen, womit schon in quantitativer Hinsicht Bedenken bestehen, einen solchen überhaupt als Erklärung eines zweimaligen blutigen bzw. blutigserösen Erguss von jeweils 30 ml heranzuziehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Plausibilität einer allein durch einen kleinen Innenhautriss vermittelten wochenlangen Streckhemmung. Überdies werden von der Schleimhaut ausgehende Einblutungen in zeitlicher Beziehung ab dem dritten Monat im Zusammenhang mit einer chronischen Instabilität diskutiert (Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 6), so dass sich diese Hypothese angesichts der kreuzbandspezifischen Befundlage und der so kurze Zeit nach dem Unfall aufgetretenen Ergüsse auch von daher nicht aufdrängt. Letztlich hat PD Dr. H. ebenso keine Hinweise auf Schädigungen der Gelenkinnenhaut gefunden, die möglicherweise Rückschlüsse auf eine abgelaufene Verletzung erlauben würden, und die plica mediopatellaris ausdrücklich als intakt beschrieben.
Ebenso sind keine anderen (medizinischen) Erklärungen des Hämathros bzw. des am 28. Mai 2002 gesicherten Kreuzbandschadens ersichtlich. Nachdem PD Dr. H. auf der extra hierzu gefertigten Röntgenaufnahme vom 12. Februar 2004 eine exakte Patellagleitbahn vorgefunden hatte, haben weder Prof. Dr. W. noch Dr. S. ausreichende Hinweise für eine seinerzeit abgelaufene Kniescheibenverrenkung oder wiederkehrende (Sub-)Luxationen gesehen. Soweit Dr. S. anstatt einer am 11. März 1992 eingetretenen okkulten bzw. (Teil-)Verletzung des Kreuzbandes die Möglichkeit eines erst nach dem Unfall geschehenen Risses ins Spiel gebracht hat, finden sich auch insoweit keine greifbaren Indizien. Nach den Angaben der Klägerin ist ihr rechtes Kniegelenk von keinen anderen gefährdenden Ereignissen betroffen gewesen. Daran zu zweifeln, besteht kein Grund, zumal nach den Mitteilungen der zuständigen Krankenkasse für den Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis zum 21. September 2000 keine Erkrankungen bzw. Behandlungen der unteren Extremitäten erfolgt sind. Ein Abstellen auf die Variante, dass das Unfallereignis auf ein bereits vorgeschädigtes Kreuzband getroffen ist, scheidet mangels auch nur irgendwie gesicherten Vorschadens bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne aus (vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 23/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 22)
Schließlich verbleiben beim Senat auch deswegen keine ernsten Zweifel an einer unfallbedingten Verursachung des Kreuzbandrisses, weil radiologisch sowie intraoperativ keine reaktiven degenerativen Veränderungen zu sichern waren bzw. von PD Dr. H. Restfasern mitgeteilt worden sind. Wie die Dres. Z., S. und Prof. R. unter Literaturauswertung übereinstimmend dargelegt haben, sind entsprechende Folgeschäden entgegen den anderslautenden Darstellungen der Dres. L. und S. keineswegs regel- oder gar gesetzmäßig zu erwarten, sondern vom Ausmaß der vorderen Instabilität abhängig, die wegen muskulärer Kompensation lange Zeit klinisch stumm verlaufen kann (ähnlich Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 7 f.). Auch die intraoperativ angetroffenen Kreuzbandreste wecken beim Senat keine derart gravierenden Zweifel, dass allein deswegen eine Verursachung des Risses durch den zehn Jahre zuvor geschehenen Unfall als unwahrscheinlich angesehen werden müsste. Denn die Dres. Z. und S. haben aufgrund ihrer operativen Erfahrungen ausgeführt, dass bei verschiedenen Varianten von Kreuzbandrissen intraoperativ durchaus noch nach vielen Jahren und nicht selten rein zufällig Reststrukturen gefunden werden können. Auch dies geht konform mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen (Weber/Ludolph, a.a.O., Abschn. VI-1.2.4, S. 6), so dass der Senat keine Veranlassung sieht, dieser Argumentation nicht zu folgen. Soweit Dr. S. insoweit anknüpfend an Dr. L. einen zeitnahe zum 28. Mai 2002 abgelaufenen vollständigen Riss bei vorausgegangener Teilruptur in den Raum gestellt hat, liegt auch dafür kein belastbarer Anhalt vor. Denn bei noch teilweise vorhandener Verbindung hätte das Auffinden auch femoralseitiger Restfasern anstatt einer vollständig leeren oberen Ursprungszone nahe gelegen, wie bereits die Klägerin in ihrer Widerspruchsbegründung zutreffend angemerkt hat.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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