L 4 R 535/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 95/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 535/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt (sinngemäß) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Antragsgegnerin zur Gewährung einer Kinderrehabilitation für ihre Tochter L. in ihrer Begleitung in der Fachklinik M. in Bad B. zu verpflichten.

Die am 1966 geborene Antragstellerin nahm mit ihrer am 17. Januar 1998 geborenen Tochter L. zuletzt vom 26. August bis 09. September 2009 an einer Mutter-Kind-Kur in der H. in D. teil. Am 28. April 2010 beantragte sie bei der Antragsgegnerin die Gewährung einer Leistung zur Kinderrehabilitation für L. und gab hierzu an, laut Haus- und Kinderarzt sei eine Begleitung durch sie für L. notwendig.

Die Antragsgegnerin bewilligte mit an die Antragstellerin gerichtetem Bescheid vom 21. Juni 2010 dem Kind L. eine stationäre Kinderrehabilitation für die Dauer von sechs Wochen und wählte hierzu die A.-Klinik in B. als geeignete Rehabilitationseinrichtung aus. Mit Bescheid vom 15. Juli 2010 ergänzte die Antragsgegnerin ihren Bewilligungsbescheid um die Übernahme erforderlicher Fahrkosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung für die Antragstellerin für zehn Tage. Am 11. August 2010 trat L. in Begleitung der Antragstellerin die Rehabilitationsmaßnahme an, am 20. August 2010 reisten beide jedoch vorzeitig ab.

Mit Schreiben vom 30. August 2010 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin die Gründe für den Abbruch der Rehabilitationsmaßnahme mit (ungeeignete Einrichtung) und beantragte sinngemäß die erneute Bewilligung einer Kinderrehabilitationsmaßnahme für ihre Tochter in einer geeigneten Klinik. Mit Bescheid vom 23. November 2010 lehnte es die Antragsgegnerin ab, eine Ersatzrehabilitation zu bewilligen. Nach erneuter Prüfung sei die Auswahl der Rehabilitationsklinik nicht zu beanstanden. Die Kinderrehabilitation hätte in der A.-Klinik B.-Heilstätten in dem bewilligten Umfang durchgeführt werden können, da die Einrichtung indikationsgerecht sei.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2010, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 22. Dezember 2010, legte die Antragstellerin hiergegen Widerspruch ein. Das angestrebte Rehabilitationsziel sei nicht erreicht worden, weil die Klinik nicht optimal ausgesucht worden sei. L. benötige eine Fachklinik für ihre posttraumatische Belastungsstörung und ihr Burnout-Syndrom.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09. März 2011 wies die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Vor Ablauf von vier Jahren nach Leistungen zur Rehabilitation sei eine weitere Rehabilitationsleistung nur möglich, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Diese Voraussetzungen lägen nach ärztlicher Überprüfung unter Berücksichtigung der vorgetragenen Einwände sowie aller medizinischen Unterlagen nicht vor. Der Widerspruchsbescheid endet mit folgender Belehrung:

"Ihr Recht

Gegen diesen Widerspruchsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe schriftlich Klage erheben beim

Sozialgericht Karlsruhe, Karl-Friedrich-Straße 13, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: Postfach 100259, 76232 Karlsruhe).

Sie können sich aber auch an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichtes wenden und Ihre Klage schriftlich aufnehmen lassen."

Nach Mitteilung der Antragsgegnerin wurde der Widerspruchsbescheid noch am 9. März 2011 zur Post gegeben.

Klage gegen den Widerspruchsbescheid hat die Antragstellerin laut Mitteilung des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 04. Mai 2011 und Mitteilung der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2011 bis dato nicht erhoben.

Am 13. Januar 2011 beantragte die Antragstellerin zur Niederschrift des SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zur Gewährung einer Kinderrehabilitation für ihre Tochter L. in ihrer Begleitung in der Fachklinik M. in Bad B. zu verpflichten. Die Kur müsse ihrer Meinung nach sofort angetreten werden, da die Gesundheit ihrer Tochter erheblich gefährdet sei und diese schon seit den Herbstferien nicht in die Schule gehen könne.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen mit dem Hinweis, ambulante fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung seien ausreichend.

Mit Beschluss vom 01. Februar 2011 lehnte das SG den Antrag auf einstweilige Anordnung ab. Die Antragstellerin habe eine besondere Eilbedürftigkeit ihres Begehrens und die Unzumutbarkeit eines Abwartens der Entscheidung in der Hauptsache nicht glaubhaft gemacht.

Gegen den ihr am 03. Februar 2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 08. Februar 2011 Beschwerde beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Ihre Tochter und sie seien beide kurbedürftig. Die Fachklinik M. sei für sie die optimale Klinik. Die Antragstellerin hat die Stellungnahme des Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Friedl vom 12. Januar 2011 vorgelegt.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01. Februar 2011 aufzuheben und die Antragsgegnerin zur Gewährung medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen für sich und ihre Tochter in der Fachklinik für psychosomatische Krankheiten M. in Bad B. zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und hat am 24. März 2011 den Widerspruchsbescheid vom 09. März 2011 in Kopie vorgelegt. Auf der Kopie ist ein Absendevermerk ersichtlich.

Der Senat hat eine weitere Kopie des Widerspruchsbescheides mit Verfügung vom 25. März 2011 der Antragstellerin übersandt. Eine Anfrage des Senats, ob mit der Beschwerde eine Kinderrehabilitation (nur) für L. oder eine Mutter-Kind-Kur für L. und die Antragstellerin begehrt werde und ob Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitssorge für L. der Antragstellerin zustünden oder gegebenenfalls wem sonst, hat die Antragstellerin nicht beantwortet. Auf Anfrage des Senats hat die Sozial- und Jugendbehörde (Jugendamt) der Stadt Karlsruhe mit Schreiben vom 27. April 2011 mitgeteilt, es sei mit Beschluss des Amtsgerichts P. vom 04. Januar 2011 zum Pfleger für L. F. u.a. für die Bereiche des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Gesundheitssorge bestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des einstweiligen Rechtsschutzes in beiden Rechtszügen sowie der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Einer der Ausschlussgründe nach § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht gegeben.

Die Beschwerde ist indes nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist (zwischenzeitlich) unzulässig.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Entscheidung trifft das Gericht der Hauptsache.

Die Antragstellerin begehrt hier eine einstweilige Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, nämlich den Antrag auf Bewilligung von Rehabilitationsmaßnahmen, und damit eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG.

Dieser Antrag ist aber (zwischenzeitlich) unzulässig, da er nicht geltend gemacht werden kann, wenn feststeht, dass die Antragstellerin keinen durchsetzbaren Hauptanspruch besitzt.

Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid vom 21. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. März 2011 binnen der Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 SGG) keine Klage erhoben, wie die Nachfrage beim zuständigen SG ergeben hat. Damit ist dieser Bescheid bestandskräftig. In einem solchen Fall ist aber ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, der zwar vor und auch während des Hauptsacheverfahrens gestellt werden kann, nicht mehr statthaft (so auch Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 11. August 2005, Aktenzeichen L 9 B 4/05 AS, Juris, m.w.N.).

Der Widerspruchsbescheid ist nach § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben. Der Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird (§ 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Beteiligten sind hierbei über die Zulässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren (§ 85 Abs. 3 Satz 4 SGG). Die Antragsgegnerin hat den Bescheid vom 23. November 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 09. März 2011 diesen Vorschriften entsprechend und auch zutreffend der Antragstellerin und nicht ihrer Tochter bekannt gegeben. Beteiligte im Verwaltungsverfahren und Betroffene des Verwaltungsaktes im Sinne der genannten Vorschriften ist nämlich die Antragstellerin selbst und nicht ihre Tochter. Die Antragstellerin hat den Antrag auf Rehabilitationsleistungen im eigenen Namen und nicht als gesetzliche Vertreterin ihrer Tochter gestellt. § 31 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) lautet wie folgt: Als sonstige Leistungen zur Teilhabe können erbracht werden: Stationäre Heilbehandlung für Kinder von Versicherten, Beziehern einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder für Bezieher einer Waisenrente, wenn hierdurch voraussichtlich eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit beseitigt oder eine beeinträchtigte Gesundheit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die Leistungen setzen nach § 31 Abs. 2 SGB VI voraus, dass der Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erfüllt. Die Leistung knüpft also an den Status des Versicherten oder Rentenbeziehers an, für dessen Kinder eine Leistung gewährt wird. Ein eigener Leistungsanspruch für das Kind unabhängig vom Status der Eltern wird gerade nicht statuiert.

Der Widerspruchsbescheid ist Verwaltungsakt und gilt daher, nachdem er im Inland durch die Post übermittelt worden ist, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post - hier am 12. März 2011 - als bekannt gegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X).

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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