L 12 AS 5557/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1898/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5557/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim Vom 22. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 streitig.

Die 1958 geborene, alleinstehende Klägerin bezieht seit 01. Januar 2005 Arbeitslosengeld II (ALG II), das gesondert durch die Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Träger, den Rhein-Neckar-Kreis, erbracht wird. Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 01. November 2008 bis zum 30. April 2009 durch Bescheid vom 01. Oktober 2008 Leistungen in Höhe von 351,- EUR monatlich (Regelleistung), gegen den die Klägerin erfolglos wegen der Höhe der Regelleistung Widerspruch eingelegt hat (Widerspruchsbescheid vom 10. November 2008).

Nachdem sich die Klägerin auf den Vermittlungsvorschlag der Beklagten vom 23. Februar 2009 für eine Vollzeittätigkeit als Personalsachbearbeiterin bei der Firma B. E. GmbH in W. nicht beworben, sondern diesen Vorschlag zurückgesandt hatte (Schreiben vom 25. Februar 2009), senkte die Beklagte mit Bescheid vom 09. März 2009 das ALG II für die Zeit vom 01. April 2009 bis zum 30. Juni 2009 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des der Klägerin zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, in Höhe von monatlich 105,- EUR ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung für diesen Zeitraum gemäß § 48 Abs. 1 SGB X auf. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 07. April 2009) und Klage blieben ohne Erfolg (SG Mannheim, Urteil vom 09. Oktober 2009 - S 5 AS 1542/09 -; die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 08. Juni 2011 - L 12 AS 5175/09 NZB - zurückgewiesen).

Mit Bescheid vom 06. April 2009 bewilligte die Beklagte der erwerbsfähigen Klägerin, die weder über Einkommen noch Vermögen verfügte, für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 30. Oktober 2009 ALG II in Höhe der Regelleistung von monatlich 351,- EUR und setzte - entsprechend dem Sanktionsbescheid - in der Zeit vom 01. Mai bis zum 30. Juni 2009 einen Minderungsbetrag von monatlich 105,- EUR ab.

Den Antrag der Klägerin vom 22. April 2009 auf Gewährung eines Lebensmittelgutscheins in Höhe von monatlich 130,- EUR für die Monate April bis Juni 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 2009 ab. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2009; SG Mannheim, Urteil vom 22. Oktober 2009 - S 6 AS 1996/09 -; Senatsurteil vom 10. Juni 2011 - L 12 AS 5558/09 -).

Der Widerspruch der Klägerin (Schreiben vom 07. Mai 2009) gegen den Bewilligungsbescheid vom 06. April 2009 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2009).

Die Klägerin hat am 09. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Beklagte habe einen illegalen Sanktionsbescheid erlassen. Der Regelsatz sei verfassungswidrig und sichere ihr physiologisches und soziokulturelles Existenzminimum nicht. Die Beklagte habe das Urteil des Hessischen LSG vom 29. Oktober 2008, L 6 AS 336/07 nicht beachtet. Die Regelsatzverordnung berücksichtige nicht die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007. Die Kaufkraft des Hilfeempfängers verringere sich wegen der Inflation ständig. Der Eckregelsatz sei zu gering, daher müsse sie - die Klägerin - unterhalb der Armutsgrenze leben. Der Regelsatz sei auf 781,- EUR anzuheben. Ihre Aufwendungen für Strom, Telefon und Internet, Tages- und Fachzeitschriften, Mitgliedschaften (Sportverein, Stadtbibliothek, Gewerkschaft, Mietverein), Kino und Theater, Nahverkehr, Versicherungen, Gesundheitsfürsorge, Bekleidung und Schuhe, Dienstleistungen, Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe, Möbel und Haushaltsgeräte würden durch die Regelleistung nicht gedeckt.

Während des Rechtsstreits setzte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 18. Juni 2009 die Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2009 auf monatlich 359,- EUR fest. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2009).

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen Richterin am SG Dr. D. hat der Senat mit Beschluss vom 28. Juli 2009 zurückgewiesen (L 12 SF 2986/09 A).

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 22. Oktober 2009 hat die Klägerin Bedenken hinsichtlich der ehrenamtlichen Richterin S.-R. geäußert und diese für befangen gehalten.

Das SG hat die Klage unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter S.-R. und S. abgewiesen. Das SG habe trotz des in der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrages unter Mitwirkung der Richterin S.-R. den Termin fortsetzen und den Rechtsstreit entscheiden dürfen. Das Gericht lasse es dahinstehen, ob bei diesem Befangenheitsantrag ein Fall offenbarer Rechtsmissbräuchlichkeit vorliege. Denn nach § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO könne für den Fall, dass ein Richter während der Verhandlung abgelehnt werde und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung erfordern würde, der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Ein solcher Fall liege hier vor. Die Vorschrift des § 47 Abs. 2 ZPO gestatte auch den Erlass eines Endurteils. Zu Recht sei die Beklagte von einer der Klägerin grundsätzlich - d.h. ohne Berücksichtigung sanktionsbedingter Minderungen - zustehenden Regelleistung von 351,- EUR für die Zeit von Mai bis Juni 2009 und 359,- EUR für die Zeit von Juli bis Oktober 2009 ausgegangen. Die Zuerkennung entsprechender Regelleistungen halte das SG nicht für verfassungswidrig, weshalb von einer Vorlage der Streitigkeit an das Bundesverfassungsgericht abgesehen werde. Streitig sei vorliegend nur die Höhe der Regelleistung gem. § 20 Abs. 2 SGB II ohne Berücksichtigung der in dem Verfahren S 5 AS 1542/09 vor dem SG anhängigen Frage der Rechtmäßigkeit der Minderung der Regelleistung wegen Feststellens des Eintritts einer Sanktion. Weitere Ansprüche, die zu einer höheren Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts führen könnten, seien nicht ersichtlich. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle die Regelleistung des § 20 Abs. 2 SGB II den gesamten notwendigen Lebensunterhalt als soziokulturelles Existenzminimum des Hilfebedürftigen sichern. Es handele sich um eine gesetzlich festgelegte pauschalierte Leistung, die nur nach Maßgabe der §§ 21, 23 Abs. 1 und 3 SGB II Ausnahmen zulasse. Das SG könne nicht erkennen, dass im Wege der verfassungsgemäßen Auslegung es zu der von der Klägerin geltend gemachten Regelleistung in Höhe von monatlich 781,- EUR kommen könne. Deshalb bestehe auch keine Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht. Das SG schließe sich den Ausführungen des Vorlagebeschlusses des BSG vom 27. Januar 2009 (B 14/11b AS 9/07 R) an, ausweislich dessen die Regeleistung für alleinstehende Erwachsene in § 20 Abs. 2 SGB II verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.

Der 2. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg hat das Ablehnungsgesuch gegen die ehrenamtliche Richterin S.-R. mit Beschluss vom 09. November 2009 als unzulässig verworfen (L 2 SF 5077/09 A).

Gegen das ihr am 2. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. Dezember 2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Die am Urteil mitwirkende Schöffin S.-R. sei befangen gewesen. Sie - die Klägerin - habe die ehrenamtliche Richterin wegen Befangenheit in der mündlichen Verhandlung abgelehnt. Ihr Ablehnungsgesuch sei durch das SG verfahrensfehlerhaft und materiell-rechtlich inkorrekt beschieden worden. Der Beschluss des 2. Senats vom 9. November 2009 sei unter Verstoß gegen geltendes Recht und in Übergehung ihres rechtlichen Gehörs zustande gekommen. Der 2. Senat habe ihre Eingabe unter Übergehung des rechtlichen Gehörs vorsätzlich nicht zur Kenntnis genommen. Die Voreingenommenheit des 2. Senats sei unverkennbar, er habe seine Funktion als amtierendes Gericht bewusst missbraucht und bedenkenlos Rechtsbeugung verübt. Das Urteil des SG enthalte nur eine Aneinanderreihung von Textbausteinen ohne eigene richterliche Bewertung. Sie - die Klägerin - habe ihre einzelnen Bedarfe in den einzelnen Abteilungen der Regelsatzverordnung konkret dargetan und beziffert, eine Bedarfsunterdeckung nachgewiesen und daher monatlich 781,- EUR geltend gemacht. Der Regelsatz für Erwachsene sei verfassungswidrig zu niedrig. Die Minderung der Regelleistung wegen einer Sanktion sei zu Unrecht erfolgt.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Oktober 2009 aufzuheben, 2. unter Abänderung des Bescheids vom 06. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Juni 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 781,- EUR zu gewähren. 3. die Rechtssache gem. Art. 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zwecks Normenkontrolle vorzulegen, da die RSV gegen Art. 1 Abs. 1 und 3, 2 Abs. 1, 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 und 80 Abs. 1 GG verstößt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Der 2. Senat des LSG Baden-Württemberg hat auf die "Beschwerde" vom 01. Dezember 2009 gegen den Beschluss vom 09. November 2009 die Klägerin auf dessen Unanfechtbarkeit (§ 177 SGG) hingewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des SG Mannheim S 5 AS 1542/09 und des LSG Baden-Württemberg L 12 AS 5175/09 NZB, L 2 SF 5077/09 A Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) einlegte Berufung ist zulässig und statthaft (§ 143 SGG), da die Klage Geldleistungen von mehr als 750,- EUR betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet der Bescheid vom 06. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Juni 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2009 (vgl. § 96 SGG), mit dem die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 Alg II in Höhe der jeweiligen Regelleistung bewilligt hat. Die in Vollzug des Sanktionsbescheids vom 09. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2009 erfolgte Absetzung von monatlich 105,- EUR für die Zeit vom 01. Mai bis zum 30. Juni 2009 ist vom Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen, da der Sanktionsbescheid durch Urteil des SG Mannheim vom 23. September 2008 (S 5 AS 1542/09) und durch Senatsbeschluss vom 08. Juni 2011 (L 12 AS 5175/09 NZB) rechtskräftig bestätigt wurde und damit die Beteiligten bindet (§§ 145 Abs. 4 S. 4, 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

3. Der Bescheid der Beklagten vom 06. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Juni 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2009 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 zu. Zwar war die Klägerin in diesem Zeitraum Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II, weil sie das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch die Altersgrenze des § 7a SGB II erreicht hatte, erwerbsfähig und auch durchgehend hilfebedürftig war (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Jedoch ist der Klägerin, wie das SG im Urteil vom 22. Oktober 2009 zurecht festgestellt hat, ALG II in der gesetzlichen Höhe bewilligt worden. Insofern nimmt der Senat auf die Darlegungen des SG Bezug und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

4. Ergänzend weist der Senat im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren darauf hin, dass ein wesentlicher Verfahrensfehler, der zur Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs. 1 SGG führen könnte, nicht vorliegt. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, das SG habe trotz des Ablehnungsgesuchs unter Mitwirkung der abgelehnten ehrenamtlichen Richterin S.-R. unter Verletzung der "Wartepflicht" (vgl. § 47 ZPO) entschieden (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09. Juli 2007 - L 1 SF 116/07 -), ist jedenfalls geheilt (dazu z.B. BSG, Beschluss vom 01. August 2000 - B 9 SB 24/00 B -). Denn seit der Zustellung des unanfechtbaren Beschlusses vom 09. November 2009 (L 2 SF 5077/09 A), an den der Senat gebunden ist, ist der in der Mitwirkung der abgelehnten ehrenamtlichen Richterin S.-R. möglicherweise liegende Verfahrensfehler jedenfalls als geheilt anzusehen. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel, das SG habe den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG verletzt, ist nicht ersichtlich. Ihr Einwand, das SG habe ihren Vortrag nicht berücksichtigt, begründet keinen Verfahrensmangel. Das Gericht ist im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe eines Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (BVerfGE 96, 205; BSG, Beschluss vom 05. Oktober 2010 - B 8 SO 62/10 b -). Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör gem. § 62 SGG, Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht angenommen werden, wenn das Gericht Ausführungen eines Beteiligten unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich und offensichtlich haltlos sind (BSG, a.a.O.). Danach war das SG nicht verpflichtet, ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, die Höhe der Regelleistung begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, sich mit den ausführlichen Darlegungen der Klägerin zu ihrem Bedarf auseinanderzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und mit in seine Erwägungen einzubeziehen hat. Dieses ist grundsätzlich anzunehmen, wenn das Gericht den Vortrag entgegengenommen hat (vgl. Keller in Mayer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 62 Rdnr. 7). In den Entscheidungsgründen muss daher nicht zu den vorgetragenen Ausführungen Stellung genommen werden. In Einklang mit diesen Grundsätzen hat das SG in den Entscheidungsgründen die aus seiner Sicht das Urteil tragenden Umstände dargelegt und damit hinreichend den Vortrag der Klägerin berücksichtigt.

Auch in der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte verfassungswidrige Ermittlung der Regelleistung (vgl. Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -) führt nicht dazu, dass die Klägerin eine höhere Regelleistung verlangen kann. Denn das Bundesverfassungsgericht konnte gerade nicht feststellen, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungsbeträge unzureichend sind. Daher sah es den Gesetzgeber nicht unmittelbar von Verfassungs wegen als verpflichtet an, für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II ab 01. Januar 2005 höhere Leistungen festzusetzen. Da die Vorschriften des SGB II weiterhin anwendbar sind und der Gesetzgeber nach den Ausführungen in den Urteilsgründen nicht zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet ist, steht fest, dass es bei den im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund von § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB III festgesetzten Regelleistungen bleibt und die Klägerin mit ihrem Begehren auf Gewährung höherer Leistungen nicht durchdringen kann (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2010 - 1 BvR 395/09 -). Dies hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Verhältnis der Beteiligten im Nichtannahmebeschluss vom 18. Februar 2010 (1 BvR 1523/08) hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes vom 01. Januar bis zum 31. Oktober 2005 ausdrücklich entschieden. Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 (Bundesgesetzblatt I, S. 453) den Regelbedarf für alleinstehende Personen mit Wirkung zum 01. Januar 2011 auf monatlich 364,- EUR festgesetzt, jedoch keine Änderungen für die Vergangenheit vorgenommen. Für eine Vorlage gem. Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht besteht unter diesen Umständen keinerlei Anlass.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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