Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 36 AL 205/09
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AL 57/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
11. Der Prozessbevollmächtigte kann sachkundiger Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO sein.
2. Der sachkundige Vertreter wird in der Regel keine ausreichende Kenntnis haben, wenn es um eine höchstpersönliche Kenntnis geht.
3.Das Gericht muss zum Ausdruck bringen, dass die Aussagen des Vertreters zur Aufklärung des Tatbestandes nicht ausreichend sind.
4. Die Ladung zu einer Parteivernehmung ist nach dem Sozialgerichtsgesetz nicht möglich.
2. Der sachkundige Vertreter wird in der Regel keine ausreichende Kenntnis haben, wenn es um eine höchstpersönliche Kenntnis geht.
3.Das Gericht muss zum Ausdruck bringen, dass die Aussagen des Vertreters zur Aufklärung des Tatbestandes nicht ausreichend sind.
4. Die Ladung zu einer Parteivernehmung ist nach dem Sozialgerichtsgesetz nicht möglich.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (ursprüngliches Az.: S 36 AL 27/07) wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) gegen die Ablehnung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 21. September 2006 bis 13. Dezember 2006 durch die Beklagte und begehrt die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2006. Mit Beschluss vom 17. Juli 2007 hat das Sozialgericht das Verfahren bis zum Abschluss eines Strafverfahrens wegen Urkundenfälschung ausgesetzt.
Der Bf. hat am 11. Februar 2009 die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Er sei sich weiterhin keiner Schuld bewusst.
Das Sozialgericht hat den Bf., der anwaltlich vertreten ist, zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11. Februar 2011 geladen und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen den Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Die Ladung ist dem Bf. am 30. Januar 2011 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden.
Zum Termin am 11. Februar 2011 ist der Bf. nicht erschienen. Der erschienene Prozessbevollmächtigte hat jedoch eine "Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO" vom 5. Februar 2011 vorgelegt. Die Kammervorsitzende hat die ordnungsgemäße Ladung festgestellt und im Anschluss das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten erörtert. Nach geheimer Beratung hat die Kammer die mündliche Verhandlung vertagt und dem Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 100.- EUR auferlegt. In dem von der Kammervorsitzenden aufgrund der mündlichen Verhandlung gefertigten Beschluss hat das Sozialgericht zur Begründung ausgeführt, dass das Nichterscheinen vom Bf. nicht entschuldigt sei. Die dem Bevollmächtigten erteilte Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) entbinde diesen nicht von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen, da die Aussagen des Bevollmächtigten in diesem Verfahren zur Aufklärung des Tatbestandes nicht ausreichend seien. Es sei deshalb gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 141 Abs. 3 ZPO ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR festzusetzen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, er sei im Termin aufgrund der übergebenen Vollmacht ordnungsgemäß gemäß § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO vertreten gewesen. Zumindest sei er hinreichend entschuldigt gewesen. Sollte das Sozialgericht auf einen persönlichen Eindruck Wert legen, komme die Anordnung einer Parteieinvernahme in Betracht.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Der Beschluss über die Verhängung von Ordnungsgeld nach §§ 111, 202 SGG in Verbindung mit § 141 ZPO ist gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 SGG zu begründen, da hiergegen das Rechtsmittel der Beschwerde eröffnet ist. Das Fehlen der Begründung ist ein wesentlicher Verfahrensmangel (so z.B. auch LSG Rheinland-Pfalz, Breith. 1983, 840; Bayer. LSG, Beschluss vom 8. Juli 2010, Az.: L 2 SG 29/10 B), der zur Aufhebung des Beschlusses führt. Dies gilt hier um so mehr als es sich bei der Verhängung von Ordnungsgeld bereits hinsichtlich des "Ob" um eine Ermessensentscheidung handelt. Die Begründung muss deshalb Ausführungen zum Grund der Festsetzung und zur Höhe des Ordnungsgeldes enthalten (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leithe-rer, a.a.O., § 111 Rdnr. 6 b m.w.N.). Vorliegend enthält der in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift ergangene Beschluss zwar keine Begründung. Es ist jedoch ausreichend, wenn diese erst in einer auf die mündliche Verhandlung Bezug nehmenden, schriftlichen Beschlussfassung im Bürowege nachgeholt wird, auch wenn dieser Beschluss nicht Gegenstand der versandten Niederschrift ist. Dabei ist die Unterschrift nur der Vorsitzenden gemäß §§ 142 Abs. 1, 134 Abs. 1 SGG ausreichend.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Da das Gericht gehalten ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung zu treffen, bedarf es vielfach einer persönlichen Anwesenheit des Klägers, um die Sach- und Rechtslage zu klären und/oder zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei, zumal Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens auch die Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung sein kann (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 111 Rdnr. 2).
Allerdings kann die Partei gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO auch bei Anordnung des persönlichen Erscheinens einen voll informierten, zur Abgabe aller nötigen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss bevollmächtigten Vertreter entsenden, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage ist. In der Regel hat die Verhängung von Ordnungsgeld zu unterbleiben, wenn eine das Verfahren abschließende Entscheidung trotz Ausbleibens des Klägers ergehen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 111 Rdnr. 6 a).
Es ist anerkannt, dass als Vertreter auch der Prozessbevollmächtigte auftreten kann. Dieser muss jedoch über ausreichende Kenntnisse über die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Verhältnisse verfügen (so auch Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.12.2009, Az.: 4 Ta 648/09). Der sachkundige Vertreter muss die klärungsbedürftigen Vorgänge entweder aus eigener Anschauung heraus kennen oder so umfassend informiert sein, dass er wie die Partei Auskunft geben kann (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07.09.2010, Az.: L 8 KR 231/09 B). Dies wird in der Regel nicht gegeben sein, wenn es um eine höchstpersönliche Kenntnis des Klägers geht (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl. 2011, § 141 Rdnr. 48). Um eine derartige Kenntnis geht es jedoch im vorliegenden Fall, in dem tatsächliche Verhaltensweisen im Rahmen des damaligen Arbeitsverhältnisses zu klären sind. Zwar vertrat der Prozessbevollmächtigte des Bf. diesen auch bereits im strafrechtlichen Verfahren, so dass er Kenntnisse hinsichtlich des unter dem Gesichtspunkt der Urkundenfälschung gewürdigten Verhaltens des Bf. hat. Allerdings bestreitet der Bf. im sozialgerichtlichen Verfahren ein schuldhaftes Verhalten bzw. die Rechtmäßigkeit der Lösung des Arbeitsverhältnisses wegen vertragswidrigen Verhaltens. Er bestreitet insbesondere das Vorliegen von Urkundenfälschungen und betrügerischen Handlungen. Dabei distanziert er sich ausdrücklich von dem durchgeführten strafrechtlichen Verfahren und stimmte auch der Verwertung der Strafakte nicht zu. Das Sozialgericht sieht sich deshalb zu Recht in der Pflicht, im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG den Bf. persönlich anzuhören. Hierfür sieht das Prozessrecht die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 111 SGG vor. Eine persönliche Ladung zu einer Parteivernehmung ist nach dem Sozialgerichtsgesetz nicht möglich, da § 118 Abs. 1 SGG nicht auf §§ 445 ff ZPO verweist (BSG SozR Nr. 1 zu § 445 ZPO; Zuletzt: BSG vom 13.12.2005, Az.: B 13 RJ 247/05 B).
Das Sozialgericht hat ferner jedenfalls in der Begründung des angefochtenen Beschlusses auch zum Ausdruck gebracht, dass die Aussagen des Bevollmächtigten in diesem Fall zur Aufklärung des Tatbestandes nicht ausreichend sind. Auch wenn nicht ausdrücklich protokolliert (§ 122 SGG i.V.m. 160 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., Rdrn. 46) ist, welche Kenntnis der Kammer noch im Rahmen der Amtsermittlung fehlt, wird aus der Niederschrift deutlich, dass sich die Kammervorsitzende um eine vollständige Aufklärung bemüht hat, indem sie das Sach- und Streitverhältnis mit den anwesenden Beteiligten erörtert hat. Dabei dauerte die mündliche Verhandlung 20 Minuten. Schließlich konnte die Kammer nicht in der Sache entscheiden und musste gleichzeitig mit dem Ordnungsgeldbeschluss den Rechtsstreit vertagen.
Der Bf. trägt das Risiko unzureichender Information. Dies gilt vor allem auch dann, wenn der Prozessbevollmächtigte als Vertreter auftritt (Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 141 Rdnr. 18). Da sonstige genügende Entschuldigungsgründe nach § 141 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit §§ 380, 381 ZPO nicht ersichtlich sind und nicht dargelegt wurden, ist die Verhängung des Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden.
Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen die Bf. sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen, auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. sowie auf das Verhalten nach dem Ordnungsverstoß abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR der Fall.
Der Beschluss des Sozialgerichts ist damit rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (ursprüngliches Az.: S 36 AL 27/07) wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) gegen die Ablehnung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 21. September 2006 bis 13. Dezember 2006 durch die Beklagte und begehrt die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2006. Mit Beschluss vom 17. Juli 2007 hat das Sozialgericht das Verfahren bis zum Abschluss eines Strafverfahrens wegen Urkundenfälschung ausgesetzt.
Der Bf. hat am 11. Februar 2009 die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Er sei sich weiterhin keiner Schuld bewusst.
Das Sozialgericht hat den Bf., der anwaltlich vertreten ist, zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11. Februar 2011 geladen und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen den Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Die Ladung ist dem Bf. am 30. Januar 2011 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden.
Zum Termin am 11. Februar 2011 ist der Bf. nicht erschienen. Der erschienene Prozessbevollmächtigte hat jedoch eine "Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO" vom 5. Februar 2011 vorgelegt. Die Kammervorsitzende hat die ordnungsgemäße Ladung festgestellt und im Anschluss das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten erörtert. Nach geheimer Beratung hat die Kammer die mündliche Verhandlung vertagt und dem Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 100.- EUR auferlegt. In dem von der Kammervorsitzenden aufgrund der mündlichen Verhandlung gefertigten Beschluss hat das Sozialgericht zur Begründung ausgeführt, dass das Nichterscheinen vom Bf. nicht entschuldigt sei. Die dem Bevollmächtigten erteilte Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) entbinde diesen nicht von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen, da die Aussagen des Bevollmächtigten in diesem Verfahren zur Aufklärung des Tatbestandes nicht ausreichend seien. Es sei deshalb gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 141 Abs. 3 ZPO ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR festzusetzen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, er sei im Termin aufgrund der übergebenen Vollmacht ordnungsgemäß gemäß § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO vertreten gewesen. Zumindest sei er hinreichend entschuldigt gewesen. Sollte das Sozialgericht auf einen persönlichen Eindruck Wert legen, komme die Anordnung einer Parteieinvernahme in Betracht.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Der Beschluss über die Verhängung von Ordnungsgeld nach §§ 111, 202 SGG in Verbindung mit § 141 ZPO ist gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 SGG zu begründen, da hiergegen das Rechtsmittel der Beschwerde eröffnet ist. Das Fehlen der Begründung ist ein wesentlicher Verfahrensmangel (so z.B. auch LSG Rheinland-Pfalz, Breith. 1983, 840; Bayer. LSG, Beschluss vom 8. Juli 2010, Az.: L 2 SG 29/10 B), der zur Aufhebung des Beschlusses führt. Dies gilt hier um so mehr als es sich bei der Verhängung von Ordnungsgeld bereits hinsichtlich des "Ob" um eine Ermessensentscheidung handelt. Die Begründung muss deshalb Ausführungen zum Grund der Festsetzung und zur Höhe des Ordnungsgeldes enthalten (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leithe-rer, a.a.O., § 111 Rdnr. 6 b m.w.N.). Vorliegend enthält der in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift ergangene Beschluss zwar keine Begründung. Es ist jedoch ausreichend, wenn diese erst in einer auf die mündliche Verhandlung Bezug nehmenden, schriftlichen Beschlussfassung im Bürowege nachgeholt wird, auch wenn dieser Beschluss nicht Gegenstand der versandten Niederschrift ist. Dabei ist die Unterschrift nur der Vorsitzenden gemäß §§ 142 Abs. 1, 134 Abs. 1 SGG ausreichend.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Da das Gericht gehalten ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung zu treffen, bedarf es vielfach einer persönlichen Anwesenheit des Klägers, um die Sach- und Rechtslage zu klären und/oder zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei, zumal Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens auch die Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung sein kann (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 111 Rdnr. 2).
Allerdings kann die Partei gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO auch bei Anordnung des persönlichen Erscheinens einen voll informierten, zur Abgabe aller nötigen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss bevollmächtigten Vertreter entsenden, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage ist. In der Regel hat die Verhängung von Ordnungsgeld zu unterbleiben, wenn eine das Verfahren abschließende Entscheidung trotz Ausbleibens des Klägers ergehen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 111 Rdnr. 6 a).
Es ist anerkannt, dass als Vertreter auch der Prozessbevollmächtigte auftreten kann. Dieser muss jedoch über ausreichende Kenntnisse über die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Verhältnisse verfügen (so auch Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.12.2009, Az.: 4 Ta 648/09). Der sachkundige Vertreter muss die klärungsbedürftigen Vorgänge entweder aus eigener Anschauung heraus kennen oder so umfassend informiert sein, dass er wie die Partei Auskunft geben kann (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07.09.2010, Az.: L 8 KR 231/09 B). Dies wird in der Regel nicht gegeben sein, wenn es um eine höchstpersönliche Kenntnis des Klägers geht (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl. 2011, § 141 Rdnr. 48). Um eine derartige Kenntnis geht es jedoch im vorliegenden Fall, in dem tatsächliche Verhaltensweisen im Rahmen des damaligen Arbeitsverhältnisses zu klären sind. Zwar vertrat der Prozessbevollmächtigte des Bf. diesen auch bereits im strafrechtlichen Verfahren, so dass er Kenntnisse hinsichtlich des unter dem Gesichtspunkt der Urkundenfälschung gewürdigten Verhaltens des Bf. hat. Allerdings bestreitet der Bf. im sozialgerichtlichen Verfahren ein schuldhaftes Verhalten bzw. die Rechtmäßigkeit der Lösung des Arbeitsverhältnisses wegen vertragswidrigen Verhaltens. Er bestreitet insbesondere das Vorliegen von Urkundenfälschungen und betrügerischen Handlungen. Dabei distanziert er sich ausdrücklich von dem durchgeführten strafrechtlichen Verfahren und stimmte auch der Verwertung der Strafakte nicht zu. Das Sozialgericht sieht sich deshalb zu Recht in der Pflicht, im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG den Bf. persönlich anzuhören. Hierfür sieht das Prozessrecht die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 111 SGG vor. Eine persönliche Ladung zu einer Parteivernehmung ist nach dem Sozialgerichtsgesetz nicht möglich, da § 118 Abs. 1 SGG nicht auf §§ 445 ff ZPO verweist (BSG SozR Nr. 1 zu § 445 ZPO; Zuletzt: BSG vom 13.12.2005, Az.: B 13 RJ 247/05 B).
Das Sozialgericht hat ferner jedenfalls in der Begründung des angefochtenen Beschlusses auch zum Ausdruck gebracht, dass die Aussagen des Bevollmächtigten in diesem Fall zur Aufklärung des Tatbestandes nicht ausreichend sind. Auch wenn nicht ausdrücklich protokolliert (§ 122 SGG i.V.m. 160 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., Rdrn. 46) ist, welche Kenntnis der Kammer noch im Rahmen der Amtsermittlung fehlt, wird aus der Niederschrift deutlich, dass sich die Kammervorsitzende um eine vollständige Aufklärung bemüht hat, indem sie das Sach- und Streitverhältnis mit den anwesenden Beteiligten erörtert hat. Dabei dauerte die mündliche Verhandlung 20 Minuten. Schließlich konnte die Kammer nicht in der Sache entscheiden und musste gleichzeitig mit dem Ordnungsgeldbeschluss den Rechtsstreit vertagen.
Der Bf. trägt das Risiko unzureichender Information. Dies gilt vor allem auch dann, wenn der Prozessbevollmächtigte als Vertreter auftritt (Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 141 Rdnr. 18). Da sonstige genügende Entschuldigungsgründe nach § 141 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit §§ 380, 381 ZPO nicht ersichtlich sind und nicht dargelegt wurden, ist die Verhängung des Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden.
Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen die Bf. sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen, auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. sowie auf das Verhalten nach dem Ordnungsverstoß abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR der Fall.
Der Beschluss des Sozialgerichts ist damit rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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