L 9 SO 31/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 21 SO 129/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 31/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.02.2009 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 412,87 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Bestattungskosten i.H.v. 412,87 EUR.

Bestattungskosten von 2.051,45 EUR fielen für die Bestattung von D an. Die 1914 Geborene lebte bis zum 14.06.2001 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Anschließend war sie bis zu ihrem Tod am 02.11.2003 wegen ihrer Pflegebedürftigkeit in einem Seniorenwohnheim der Sozialbetriebe L gGmbH in L untergebracht. Die von der Rente und der Pflegeversicherung nicht gedeckten Heimkosten der Verstorbenen gewährte der Beklagte letztmalig mit Bescheid vom 20.02.2003 für die Zeit vom 01.02.2003 bis zum 31.01.2004 als Delegationsnehmer des Landschaftsverbandes Rheinland aufgrund dessen Satzung über die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vom 19.03.1984 (im Folgenden: Sozialhilfesatzung). Den o.g. Bewilligungsbescheid hob die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2003 ab dem 01.11.2003 auf und bat um Rücküberweisung von 541,48 EUR.

Anlässlich des Todes der Frau D beantragte ihr Sohn, der im Sozialhilfebezug der Klägerin stehende X, bei der Klägerin nach § 15 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) die Übernahme der durch die Geldmittel der Verstorbenen nicht gedeckten Bestattungskosten einschließlich der Friedhofsgebühren. Die Klägerin informierte daraufhin den nach ihrer Ansicht für die Übernahme der Bestattungskosten zuständigen Beklagten. Der Beklagte machte gegenüber der Klägerin seine Unzuständigkeit für die Übernahme der Bestattungskosten geltend. Hierbei verwies er auf eine frühere Stellungnahme des Landschaftsverbandes Rheinland als Delegationsnehmer, wonach - wie im Fall der Verstorbenen - eine Zuständigkeit für die Hilfen nach § 15 BSHG entfalle, wenn ein Empfänger von vollstationärer Hilfe versterbe und die Kosten der Unterbringung im Sterbemonat noch aus eigenen Mitteln beglichen werden könnten, da die insofern maßgebliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 BSHG laufende Leistungen bis zum Tode voraussetze.

Die Klägerin entsprach mit Bescheid vom 04.11.2003 dem Antrag des Herrn X und übernahm die durch die eigenen Mittel der Verstorbenen nicht gedeckten Bestattungskosten i.H.v. 412,87 EUR. Anschließend machte die Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2003 beim Beklagten die Erstattung dieser von ihr aufgewendeten Kosten geltend. Die Beklagte wies die Forderung erneut mit der Begründung zurück, die Hilfegewährung für Frau D sei Ende Oktober 2003 beendet gewesen, da durch deren Geldmittel die Heimkosten im Sterbemonat November voll gedeckt gewesen seien. Die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach § 100 BSHG sei hierdurch entfallen. Vielmehr ergebe sich die Zuständigkeit der Klägerin aus § 97 Abs. 3 Alternative 2 BSHG, da in deren Bereich der Sterbeort gelegen habe.

Am 22.10.2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass ihr als zuerst angegangener Leistungsträgerin wegen der damit verbundenen Vorleistungsverpflichtung ein Kostenerstattungsanspruch nach § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zustünde. Bei der Frage der Zuständigkeit des Beklagten als Delegationsnehmer des Landschaftsverbandes Rheinland sei zu beachten, dass es nicht darauf ankommen dürfe, dass Sozialhilfe nur deswegen nicht zu leisten sei, weil ein Hilfeempfänger verstorben sei, bevor seine eigenen Mittel, die nicht für den ganzen Monat ausgereicht hätten, verbraucht gewesen seien. Die die Heimkosten abdeckende Sozialhilfe sei unabhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung an den Heimträger jeweils am Monatsanfang für den laufenden Monat zu bewilligen gewesen. Durch den Todesfall habe sich die Bedarfssituation nur im Nachhinein verändert. Erst vom Todestag an sei seitens der Beklagten zu prüfen gewesen, ob und in welcher Höhe Hilfe für den Sterbemonat zu Unrecht gewährt worden und ggf. vom Heimträger zurückzufordern sei. Aus verfahrensökonomischen Gründen erscheine es auch sachgerecht, dass die Zuständigkeit des Beklagten für die Bestattungskosten fortbestehe, weil er sich als bisheriger Sozialhilfeträger mit der persönlichen Situation der Verstorbenen zu deren Lebzeiten befasst habe. Die Kostenübernahme scheitere mit Blick auf das im Sozialhilferecht geltende Nachrangprinzip auch nicht daran, dass die Bestattungskosten nach der L Friedhofsgebührensatzung zu erhebende Gebühren beinhalteten und die Kosten abzüglich dieser Gebühren - bei Stundung, Erlass oder Niederschlagung - vollumfänglich mit den eigenen Mitteln der Verstorbenen hätten beglichen werden können. So fielen unter die i.S.d. § 15 BSHG erforderlichen Kosten der Bestattung nach ganz herrschender Meinung auch die nach der Friedhofsgebührensatzung zu erhebenden Gebühren. Nach dieser Satzung sei auch nur in hier allerdings nicht vorliegenden Ausnahmefällen von der Gebührenerhebung abzusehen. Da der Heimträger aus dem Nachlass der Verstorbenen 1.638,58 EUR vereinnahmt habe und insgesamt Bestattungskosten i.H.v. 2.051,45 EUR angefallen seien, belaufe sich der Erstattungsbetrag auf die verbleibenden 412,87 EUR.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die von ihr im vorliegenden Sozialhilfefall aufgewendeten Kosten für die Bestattung der Frau D von 412,87 EUR nebst Prozesszinsen zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat ausgeführt, die Klägerin könne ihren Kostenerstattungsanspruch schon deshalb nicht auf § 102 SGB X stützen, weil ihr Bewilligungsbescheid vom 04.11.2003 nicht erkennen lasse, dass sie im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit nur als vorläufig verpflichteter Leistungsträger geleistet habe. Die Zuständigkeit der Klägerin ergebe sich vielmehr aus § 97 Abs. 3 Alternative 2 BSHG. Denn der Sterbeort liege im Bereich der Klägerin. Die von dieser angeführte Zuständigkeitsvorschrift des § 97 Abs. 3 Alternative 1 BSHG bzw. § 100 Abs. 2 Halbsatz 1, Alternative 2 BSHG sei nicht einschlägig. Denn im Sterbemonat seien die Heimkosten der Verstorbenen durch deren finanzielle Eigenmittel gedeckt gewesen. Ein Anspruch auf Sozialhilfe habe für den Sterbemonat deshalb nicht bestanden. Zudem sei die Bewilligung der Bestattungskosten wegen des in § 2 BSHG verankerten Nachrangs der Sozialhilfe nicht rechtmäßig gewesen, weil die Klägerin von der Erhebung der nach der Friedhofsgebührensatzung erhobenen Gebühren hätte absehen können. Hierdurch hätten sich die für die Bestattung erforderlichen Kosten reduziert, und es wäre unter Verwendung der Eigenmittel der Verstorbenen eine Leistungsbewilligung nicht vonnöten gewesen.

Mit im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 17.02.2009, zur Geschäftsstelle gegeben am 17.07.2009, hat das Sozialgericht unter Klageabweisung im Übrigen und unter Zulassung der Berufung den Beklagten verpflichtet, die von der Klägerin im Sozialhilfefall D aufgewendeten Kosten der Bestattung i.H.v. 412,87 EUR zu erstatten. Die Anspruchsgrundlage hierfür hat das Sozialgericht in § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15.06.1999 (AG BSHG NRW), § 91 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch i.d.F. vom 18.01.2001 (SGB X), § 15 BSHG i.d.F. vom 23.03.1994 und § 100 BSHG i.d.F. vom 19.06.2001 gesehen. Hiernach bestehe eine Erstattungspflicht dann, wenn der zunächst nach § 4 Abs. 1 AG BSHG NRW verpflichtete örtliche Träger - die Klägerin - die erforderliche Hilfe erbracht habe. Der Beklagte sei demgegenüber aufgrund dessen, dass er vom eigentlich hier nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 der Verordnung zur Ausführung des BSHG vom 15.06.1999 (AV BSHG NRW) zuständigen Landschaftsverband Rheinland zur Aufgabenerfüllung gem. § 3 AG BSHG NRW i.V.m. § 1 Nr. 1 seiner Sozialhilfesatzung herangezogen worden sei, in seiner "Rolle" als überörtlicher Sozialhilfeträger betroffen. Die Passivlegitimation des Beklagten folge hierbei aus § 2 der Sozialhilfesatzung.

Der Kostenerstattungsanspruch scheitere nicht bereits daran, dass der an Herrn X gerichtete Bewilligungsbescheid der Klägerin vom 04.11.2003 nicht erkennen lasse, dass die Leistung der Klägerin an ihn wegen ungeklärter Zuständigkeit erfolge. Diese Voraussetzung sei bereits nur bei dem hier nicht einschlägigen § 102 SGB X genannt. Auch bestehe nicht die Gefahr der nachträglich Umdeutung einer erbrachten Leistung in eine vorläufige Leistung, weil angesichts des der Bescheiderteilung vorangegangenen Zuständigkeitsstreits der Beteiligten die vorläufige Leistungserbringung von vornherein festgestanden habe.

Die vorrangige Zuständigkeit des Beklagten ergebe sich vielmehr aus § 100 Abs. 2 BSHG, wonach sich die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers bei hier vorliegender Gewährung von stationärer Hilfe zur Pflege auch auf die Übernahme der Bestattungskosten gem. § 15 BSHG erstrecke. § 100 Abs. 2 BSHG gehe als Spezialbestimmung für den überörtlichen Träger § 97 Abs. 3 BSHG vor, wobei allerdings die Formulierung zur Zuständigkeitsabgrenzung in § 97 Abs. 3 Alternative 1 BSHG zur Auslegung des § 100 Abs. 2 BSHG herangezogen werden könne. Letztlich sei zu klären, ob der Beklagte, was im Hinblick auf § 15 BSHG zuständigkeitsauslösend gewesen sei, der Hilfeempfängerin bis zu deren Tod Hilfe zur Pflege gem. § 68 BSHG gewährt habe, obwohl deren Mittel rechnerisch im Sterbemonat bis zum Todestag zur Deckung der Heimkosten ausgereicht hätten.

Diese Frage sei i.S.d. klägerischen Begehrens zu beantworten. Es komme nicht darauf an, dass mit den Einkünften der Verstorbenen die Heimkosten bis zum Tag ihres Ablebens hätten gedeckt werden können. Denn der Begriff der "Sozialhilfegewährung bis zum Tode des Hilfeempfängers" sei nicht eng auszulegen, sondern etwa auch dann erfüllt, wenn der Hilfeempfänger kurz vor seinem Tod in ein Krankenhaus gebracht werden müsse und die Kosten dort von der Krankenkasse getragen würden, so dass Sozialhilfe nicht zu leisten sei. Entsprechendes müsse gelten, wenn Sozialhilfe im Sterbemonat nur deswegen nicht zu leisten sei, weil der Hilfeempfänger vor dem Verbrauch seiner Eigenmittel verstorben sei. Der Regelungszweck des § 97 Abs. 3 Alternative 1 BSHG liege gerade darin, dass sich der bisherige Sozialhilfeträger mit der persönlichen Situation des Hilfeempfängers zu dessen Lebzeiten befasst habe und wegen dieser Sachnähe seine Zuständigkeit auch für die Bestattungskosten fortbestehen solle. Die Frage, welcher Träger zuständig sei, dürfe auch nicht davon abhängen, ob der Hilfeempfänger am Anfang oder am Ende des Monats verstorben sei. Hierfür spreche zudem, dass in den Fällen der §§ 29 und 43 BSHG der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 2 BSHG ebenfalls aufgeweicht sei.

Der Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, dass die Bewilligung der Klägerin gegenüber Herrn X mit Bescheid vom 04.11.2003 deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil für Herrn X als ebenfalls Hilfebedürftigem die Möglichkeit bestanden habe, bei der Klägerin darauf hinzuwirken, dass die ihn nach der Friedhofsgebührensatzung treffenden Gebühren "fallengelassen" würden mit der Folge, dass ein Anspruch nach § 15 BSHG angesichts der vorhandenen Geldmittel der Verstorbenen nicht mehr bestanden hätte. Stundung und Erlass stünden im Ermessen der Klägerin. Auf Niederschlagung habe der Verpflichtete kein subjektives Recht. Allein die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten wiederum könne nicht zu einer Ermessensreduzierung und damit zu einem Anspruch auf Erlass oder Stundung führen.

Wegen des Zinsanspruchs sei die Klage hingegen abzuweisen gewesen.

Gegen dieses ihm am 22.07.2009 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 14.08.2009 eingelegten Berufung. Aus dem Wortlaut bereits des der Hilfeempfängerin erteilten Bewilligungsbescheides ergebe sich die Abhängigkeit der Leistungsgewährung von den finanziellen Verhältnissen im jeweiligen Leistungsmonat. Bereits aus dem Bewilligungsbescheid selbst folge damit, dass die Hilfeempfängerin für November 2003 keinen Leistungsanspruch gegen den Beklagten gehabt habe, womit dieser auch nicht die Bestattungskosten zu übernehmen habe. Die Leistungen seien im Übrigen unmittelbar durch Zahlung an das Heim und damit gerade nicht durch konkludenten Verwaltungsakt bewirkt worden. Vielmehr sei der Beklagte bzw. der Landschaftsverband Rheinland insofern bloße Zahlstelle gewesen. Gegenüber der Verstorbenen habe man ohnehin nur am 19.10.2001 einen einzigen Verwaltungsakt bekanntgegeben. Dieser Bescheid regele überdies, dass bei fehlendem Bedarf keine Leistungen zu erbringen seien. Dieser Fall sei im Sterbemonat aber eingetreten. Der Beklagte habe auch keinen Informationsvorsprung, der über § 97 Abs. 3 BSHG seine Zuständigkeit begründen könne. Überdies habe die Klägerin die Leistungen auch nicht bloß vorläufig gewährt. Jedenfalls komme solches im Bescheid nicht zum Ausdruck. Anspruchsgrundlage könne somit allenfalls § 105 SGB X sein. Selbst wenn danach aber der Beklagte zuständig sei, scheitere seine Leistungs- und damit Erstattungspflicht aber jedenfalls daran, dass nach seinen Richtlinien zur Übernahme von Bestattungskosten die vorherige Beantragung des Erlasses der Friedhofsgebühren zwingend sei. Soweit das Sozialgericht demgegenüber annehme, ein Anspruch auf Stundung/Erlass dieser Gebühren habe nicht bestanden, weil jedenfalls keine Ermessensreduzierung gegeben sei, werde übersehen, dass Herr X nicht einmal einen solchen Antrag gestellt, die Klägerin ihm aber dennoch die Kosten erstattet habe. Damit habe Herr X eine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit nicht genutzt und die Klägerin ihn hierauf auch nicht hingewiesen. Hätte die Klägerin diesen Hinweis erteilt, Herr X einen solchen Antrag gestellt und die Klägerin diesen negativ beschieden, hätte er - der Beklagte - die Kosten auch übernommen. Dies sei aber eben nicht geschehen, so dass ein Leistungsanspruch des Herrn X schon gar nicht so ohne Weiteres unterstellt werden könne.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.02.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Das Urteil kann nicht mit der Rüge fehlender Gründe angefochten werden, weil es binnen fünf Monaten nach erfolgter Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz/SGG), nämlich am 17.07.2009, zur Geschäftsstelle gegeben worden ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, u.a., 9. Aufl., 2008, Rn. 4 bis 6 zu § 134 SGG).

Die aufgrund ihrer Zulassung im Urteil des Sozialgerichts Köln statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Der Erstattungsanspruch der Klägerin, den diese zutreffend im Wege der echten Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG geltend gemacht hat (vgl. dazu auch Keller, a.a.O., Rn. 41 zu § 54 SGG), ist begründet. Anspruchsgrundlage sind die §§ 5 Abs. 1 AG BSHG NRW, 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X und 15, 100 Abs. 2 BSHG jeweils in ihrer im November 2003 geltenden Fassung.

Der Beklagte ist der Klägerin zur Erstattung der von der Klägerin für die Verstorbene getätigten Bestattungsaufwendungen i.H.v. 412,87 EUR verpflichtet. Anspruchsgrundlage ist § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der bestimmt:

"Erbringt ein Beauftragter Sozialleistungen für einen Auftraggeber, ist dieser zur Erstattung verpflichtet".

Die Anwendbarkeit des § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X ergibt sich aus § 5 Abs. 1 AG BSHG NRW, der in den Fällen §§ 3, 4 AG BSHG NRW auf die genannte Erstattungsvorschrift verweist. Ein Fall des § 4 Abs. 1 AG BSHG NRW liegt vor, weil zwischen dem örtlichen und dem überörtlichen Träger streitig ist, wer zuständig ist, und deshalb der örtliche Träger zur Hilfegewährung - vorläufig - verpflichtet ist. Insoweit zutreffend hat das Sozialgericht die Klägerin, in deren Zuständigkeitsbereich die Verstorbene untergebracht war, als örtlichen Träger (kreisfreie Stadt i.S.d. § 1 AG BSHG NRW) angesehen.

Die Funktion des überörtlichen Trägers nimmt der Beklagte wahr. Zwar kann überörtlicher Träger gem. § 1 AG BSHG NRW vorliegend an sich nur der Landschaftsverband Rheinland sein. Dieser ist nämlich gem. §§ 100 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG, 2 Abs. 1 Nr. 1 AG BSHG NRW zuständig für Hilfen in besonderen Lebenslagen für nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behinderte Personen, wenn es erforderlich ist, die Hilfe - u.a. auch Hilfe zur Pflege gem. § 68 BSHG - in Einrichtungen zu gewähren (vgl. auch Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.08.1996, Az.: 17 A 4171/93, Rn. 13). Da die Verstorbene in einer Einrichtung untergebracht war und ihr mit Bescheid vom 19.10.2001 Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG gewährt wurde, war der überörtliche Träger zuständig, was sich auch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AV BSHG NRW ergibt.

Der Landschaftsverband hat seine Zuständigkeit mit dem bereits erwähnten Bescheid des Beklagten vom 19.10.2001 und der dann durchgängigen Leistungsgewährung auch zutreffend vom Beklagten wahrnehmen lassen. Gem. § 3 Abs. 1 AG BSHG NRW konnte er nämlich den beklagten Kreis zur Aufgabenwahrnehmung durch Satzung in der Weise heranziehen, dass Letzterer im eigenen Namen entschied und somit - wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat - anstelle des Landschaftsverbandes passivlegitimiert ist. Diese Heranziehung des beklagten Kreises ist gem. §§ 1 Nr. 1, 4 der Sozialhilfesatzung erfolgt.

Es besteht auch ein Streit zwischen dem Beklagten in seiner Funktion als überörtlicher Leistungsträger und der Klägerin als örtlicher Leistungsträgerin über die Zuständigkeit hinsichtlich der Erbringung der Bestattungskosten. Damit liegt gleichzeitig ein Fall des § 4 Abs. 1 AG BSHG NRW vor, so dass über § 5 Abs. 1 AG BSHG NRW die Erstattungsvorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X entsprechende Anwendung findet.

Die entsprechende Anwendung des § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil aus dem Herrn X am 04.11.2003 von der Klägerin erteilten Bestattungskostenübernahmebescheid nicht hervorgeht, dass die Klägerin die Leistung ihm gegenüber allein wegen einer im Verhältnis zum Beklagten ungeklärten Zuständigkeit übernommen hat. Denn § 4 Abs. 1 AG BSHG NRW verpflichtet die Klägerin gerade, bei ungeklärter Zuständigkeit diese Kosten zunächst zu übernehmen. Eines darüber hinausgehenden Hinweises auf den Grund der Leistungserbringung bedarf es hingegen nicht. Da § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X zudem die zu § 102 SGB X speziellere Vorschrift ist (vgl. Engelmann in: von Wulffen, 6. Aufl., 2008, Rn. 3 zu § 91 SGB X), ist Voraussetzung seiner Anwendbarkeit entgegen der Rechtsansichten des Beklagten auch nicht eine im Leistungsbescheid zum Ausdruck kommende bloß vorläufige Leistungsbewilligung.

Die Klägerin hat auch i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X als Beauftragte für den Beklagten als Auftraggeber Sozialleistungen erbracht, so dass der Beklagte zu deren Erstattung verpflichtet ist. Denn gem. § 100 Abs. 2 BSHG erstreckt sich die Zuständigkeit des Beklagten auch auf die Hilfe nach § 15 BSHG, also auf die Bestattungskosten für die Verstorbene. Insbesondere ist dies nicht bereits deshalb zu verneinen, weil der Beklagte seinen gegenüber dem Heim erteilten Pflegewohngeldbescheid vom 20.03.2003 mit bestandskräftigem Aufhebungsbescheid vom 17.11.2003 ab dem 01.11.2003 aufgehoben, also letztlich nur bis zum 31.10.2003 die "Haupt"-Leistung nach § 100 Abs. 1 BSHG gewährt hat.

Dies ergibt sich daraus, dass der Sinn der in § 100 Abs. 2 BSHG vorgenommenen Ausdehnung der Zuständigkeit auf alle anderen dem Hilfesuchenden zustehenden Leistungen, für welche die Voraussetzungen nach diesem Gesetz gleichzeitig vorliegen, darin besteht, dass ein Sozialhilfeträger für alle Leistungen eines Hilfefalles zuständig ist und nicht bei einer hilfebedürftigen Person zwei Sozialhilfeträger über die verschiedenen Leistungen entscheiden sollen (Schoch in LPK-BSHG, 6. Aufl., 2003, Rn. 56 zu § 100 BSHG). Hierbei erstreckt sich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers auch auf die Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten, wenn die stationäre Hilfe nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 BSHG durch den Tod des Hilfeempfängers beendet wird (Mergler/Zink, 4. Aufl., 24. Lief., Stand Januar 1998, Rn. 100 zu § 100 BSHG). Hat der überörtliche Träger also im Zeitpunkt des Bedarfseintritts für die Gewährung von Leistungen nach § 100 Abs. 2 BSHG tatsächlich Leistungen nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 BSHG gewährt, ist er auch für die Leistungsgewährung nach § 100 Abs. 2 BSHG zuständig. Dies gilt auch für die Bestattungskosten (Bräutigam in Fichtner, 2. Aufl., 2003, Rn. 39 u. 41 zu § 100 BSHG).

Der Bedarf für die Übernahme von Bestattungskosten nach § 15 BSHG ist mit dem Tod der Frau D am 02.11.2003 eingetreten. Bis dahin hat der Beklagte auch Leistungen nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG für die Verstorbene tatsächlich gewährt, also gezahlt, die er erst mit Bescheid vom 17.11.2003 ab dem 01.11.2003 aufgehoben und zurückgefordert hat. Die stationäre Hilfeleistung nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG ist auch erst durch den Tod der Hilfeempfängerin beendet worden. Deren Tod kann nämlich nicht hinweggedacht werden, ohne das ihr Hilfebedürftigkeit entfallen wäre. Die Zuständigkeit des Beklagten auch für die Hilfe nach § 15 BSHG ist demnach nicht bereits deshalb zu verneinen, weil der Beklagte seinen gegenüber dem Heim erteilten Pflegewohngeldbescheid vom 20.02.2003 mit bestandskräftigem Aufhebungsbescheid vom 17.11.2003 ab dem 01.11.2003 aufgehoben, also letztlich nur bis zum 31.10.2003 die "Haupt"-Leistungen nach § 100 Abs. 1 BSHG gewährt hat. Einer Erstattungspflicht steht ferner nicht § 91 Abs. 1 Satz 3 SGB X entgegen. Hiernach besteht eine Erstattungspflicht nicht, soweit Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden sind und den Beauftragten hierfür ein Verschulden trifft. Der Sohn der Verstorbenen, Herr X, ist zunächst als i.S.d. § 15 BSHG zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichteter anzusehen, dem es aufgrund eigener Sozialhilfebedürftigkeit nicht zuzumuten war, die Kosten zu tragen. Die Bestattungskosten kann die Klägerin somit allenfalls dann fahrlässig und damit schuldhaft (zum anwendbaren Sorgfaltsmaßstab vgl. Engelmann, a.a.O., Rn. 6 zu § 91 SGB X) zu Unrecht erbracht haben, wenn sie es pflichtwidrig unterlassen hat, Herrn X auf die Möglichkeit der Stundung, der Niederschlagung oder des Erlasses der städtischen Friedhofsgebühren hinzuweisen und in Ermangelung einer entsprechenden Regelung in der Friedhofsatzung der Stadt L selbst zu veranlassen, bei der Stadt einen entsprechenden Antrag nach § 32 der Gemeindehaushaltsverordnung i.d.F. vom 14.05.1995 (GemHVO NRW) unter Berufung auf seine eigene Sozialhilfebedürftigkeit als Möglichkeit zur Selbsthilfe gem. § 2 BSHG zu stellen.

Zur Geltendmachung dieses Anspruchs war Herr X aber bereits nicht verpflichtet. Hinsichtlich des Absehens von der Beitreibung der städtischen Friedhofsgebühren räumt § 32 GemHVO NRW der Stadt nämlich Ermessen und Herrn X damit lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung ein. In einer insoweit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellation hat der Senat bereits mit Urteil vom 30.10.2008, Az.: L 9 SO 22/07, Rn. 33) entschieden, dass es bei einem solchen lediglich im Ermessen stehenden Anspruch bereits an einer hinreichenden Erfolgsaussicht seiner Durchsetzung mangelt, so dass der Anspruchsberechtigte - hier: Herr X - darauf nicht verwiesen werden kann. Denn wie der Senat bereits in dem zitierten Urteil dargelegt hat, kann allein die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Hinterbliebenen nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null und damit nicht zu einem Anspruch auf Erlass oder Ermäßigung der Friedhofsgebühren führen, weil sonst die Vorschrift des in Nachfolge des § 15 BSHG geltenden § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Bezug auf Friedhofsgebühren überflüssig wäre, weil dann sämtliche Friedhofsträger bei wirtschaftlich bedürftigen Hinterbliebenen stets auf ihre Gebührenforderungen verzichten müssten. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch betreffend § 15 BSHG fest.

Auch sonst ist die Erstattungsforderung keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Sätze 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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