Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2757/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2257/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.03.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahr 1952 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Elektromechaniker und war nachfolgend an der Technischen Fachhochschule B. im Studiengang Elektronik eingeschrieben. Zeugnisse über Abschlussprüfungen kann der Kläger nicht vorlegen. Zuletzt stand der Kläger von August 1988 bis Juni 1995 als Kundendiensttechniker bei der B. + N. GmbH (zwischenzeitlich C. E. Deutschland KG), von November 1997 bis August 1998 als PC-Netzwerkkonstrukteur bei der K. GmbH und von September 1998 bis März 1999 als Netzwerktechniker im Bereich Informationstechnik bei der Firma H. in einem Arbeitsverhältnis. Seither ist er nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 01.09.1999 bis 29.02.2000 übte er eine selbstständige Tätigkeit aus. Zum 21.12.2004 meldete er ein Gewerbe "EDV-Service" an. Daneben bezog er ab April 1999 Arbeitslosengeld, seit Juni 2005 erhält er Arbeitslosengeld II.
Der Kläger leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einer koronaren Erkrankung (Hinterwandinfarkt im Jahr 2000). Wegen eines im Jahr 1989 diagnostizierten Morbus Hodgkin musste der Kläger chemotherapeutisch behandelt und bestrahlt werden. Beim Kläger liegt eine Schädigung des rechten Nervus femoralis mit Auswirkungen auf die Hüftbeugung und Kniestreckung vor, die als Spätfolge der eben genannten Bestrahlungen angesehen wird (zuletzt Arztbrief des Facharztes für Neurologie Dr. B. , Universitätsklinikum T. , vom Januar 2011, Bl.110 LSG-Akte). Unter den Diagnosen "emotional instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ, zwanghaft phobisch-narzisstische Anteile" erfolgten in der Vergangenheit vereinzelt fachärztliche Behandlungen (siehe beispielsweise Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin, Psychotherapie, Psychoanalyse Dr. W. vom März 1999, Bl. 24 SG-Akte).
Den Rentenantrag des Klägers vom Mai 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.07.2005 und Widerspruchsbescheid vom 02.03.2006 ab. Grundlage waren das internistische Gutachten von Dr. B. , ein Befundbericht des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. St. und ein psychiatrisches Gutachten von Dr. St ... Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Netzwerkingenieur mehr als sechs Stunden täglich Arbeiten verrichten. Dr. B. sah - auch unter kardiologischem Blickwinkel - eine ausreichend gute Belastbarkeit. Dr. St. schloss das Vorliegen nervenärztlich relevanter Leiden aus, es bestünden lediglich gewisse gewöhnungsbedürftige Persönlichkeitsmerkmale sowie narzisstische Züge.
Am 03.04.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg mit dem Hinweis, unter Schweißausbrüchen und Atemnot beim Prospekte-Austragen und nachlassender Konzentration zu leiden und einen Rückgang seiner Aufträge im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit verzeichnen zu müssen, Klage erhoben. Auf Nachfrage hat er zudem auf zwischenzeitlich aufgetretene Probleme mit seinem rechten Bein hingewiesen.
Nach Verweisung des Rechtsstreits an das örtlich zuständige Sozialgericht Reutlingen (SG) hat der Kläger den Arztbrief des Radiologen Dr. E. , des Neurologen und Oberarztes am Universitätsklinikum T. Dr. St. sowie eine Bescheinigung von Dr. St. vorgelegt. Dr. E. hat wegen einer angegebenen anfallsartigen Schwäche der unteren rechten Extremität ein MRT des Schädels im Oktober 2006 durchgeführt und dabei multiple Entmarkungsherde beschrieben. Dr. St. hat wegen der vom Kläger berichteten rezidivierenden Sturzneigung durch Einknicken des rechten Beins sowie einer diffus verteilten Gefühlsstörung im Bereich des rechten Beines im Mai 2007 verschiedene Therapieempfehlungen erteilt. Dr. St. hat von einer Vorsprache des Klägers im Juni 2007 berichtet, bei der dieser angegeben habe, durch die Femoraliallähmung nicht mehr Auto fahren zu können.
Das SG hat den Facharzt für Neurologie (Physikalische Therapie, Nervenarzt, Psychotherapie) Dr. N. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Bei seiner Untersuchung am 30.08.2007 hat der Kläger angegeben, immer wieder einzuknicken, mittlerweile Probleme beim Auto fahren und Beschwerden an den Mittelfingern beider Hände zu haben, maximal 700 bis 800 m gehen zu können sowie unter Konzentrationsstörungen und aggressiven Impulsen zu leiden. Befragt zum Tagesablauf hat er mitgeteilt, nachts gerne am Teleskop zu sitzen und die Sterne zu beobachten. Ansonsten beschäftige er sich mit Bildverarbeitung, kämpfe gegen das Landratsamt und "hänge viel rum". Dr. N. hat eine Atrophie der rechten Oberschenkelmuskulatur mit einer Differenz von ca. 2 cm, ein paretisches Hinken rechts und eine latente Aggressivität beschrieben. Die vom Kläger angegebene Gehstrecke hat er für glaubhaft erachtet, auch dass der Kläger nicht mehr Auto fahren könne. Er hat die Schädigung des rechten Nervus femoralis mit Parese des rechten Hüftbeugers und Kniestreckers, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ sowie eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert. Eine Erkrankung des Gehirns liege nicht vor; die beschriebenen Entmarkungsherde seien häufig und ohne krankhafte Bedeutung. Er hat den Kläger in der Lage erachtet, eine weitgehend im Sitzen ausgeübte Tätigkeit vollschichtig zu verrichten. Eine Gehstrecke von maximal 700 bis 800 m sei zu bewältigen.
Das SG hat Dr. St. nochmals als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat im Januar 2008 mitgeteilt, der Kläger habe im selben Monat angegeben, Probleme beim Arbeiten mit Axt und Hammer zu haben. Es habe sich eine Schwellung der Hände gezeigt. Er habe eine rheumatologische Abklärung empfohlen. Ferner hat Dr. St. noch einen Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom Oktober 2006 vorgelegt, in dem dieser von einer Vorstellung des Klägers wegen seit vier Monaten bestehendem Einknicken im rechten Bein ca. alle ein bis drei Tage ohne Schmerzen berichtete.
Die Beklagte hat die Stellungnahme ihres berufskundlichen Beraters H. vorgelegt (Bl. 119 SG-Akte)
Mit Urteil vom 26.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne - so u.a. die berufskundliche Stellungnahme des Beraters H. - noch Tätigkeiten eines Netzwerktechnikers bzw. eines IT-Systemadministrators, allerdings ohne Außendiensttätigkeit, verrichten. Dem stünden die Nervenschädigung im Bereich des rechten Beins sowie die zuletzt angegebenen Beschwerden im Bereich der Finger mit einer gewissen Herabminderung der Feingeschicklichkeit nicht entgegen. Der Kläger könne noch zumutbar einen Arbeitsplatz erreichen.
Gegen das ihm am 14.04.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.05.2008 Berufung eingelegt. Er bestreitet unter Vorlage verschiedener Unterlagen, dass er mit den bei ihm bestehenden Funktionseinschränkungen noch eine Tätigkeit im EDV-Bereich ausüben könne. Bei der Tätigkeit als Systemadministrator handle es sich nicht um eine vorwiegend sitzende Tätigkeit. Die Angaben zur Wegstrecke bei Dr. N. habe er auf der Grundlage einer Strecke gemacht, die er mit dem 50 cm³-Roller und dem PKW abgefahren sei. Es habe keine Veranlassung gegeben, diese Strecke zu Fuß zurückzulegen. Die "kaputten Finger" habe er schon lange, nur habe er immer die Zähne zusammengebissen. Schließlich hat der Kläger im Dezember 2010 seine Äußerung zur Klärung der Wegstreckenangabe insoweit korrigiert, als er einmal tatsächlich dorthin gelaufen sei, die Wegstrecke jedoch falsch eingeschätzt habe. Selbst beinamputierte Menschen könnten nach entsprechenden Umbauten (der Kläger hat hierzu Unterlagen vorgelegt) Motorrad fahren. Er könne nicht in einem Callcenter arbeiten, da es im Computerbereich keines in Baden-Württemberg gebe. Im Übrigen sei er nicht wegefähig. Wegen ständiger Stürze werde er zwischenzeitlich wegen Schmerzen im rechten Oberarm/Schulter behandelt und trage, um bei Stürzen keine weiteren Schäden zu bekommen, außerhalb des Hauses grundsätzlich Motorradkleidung mit Protektoren (so auch im Arztbrief von Dr. B. vom Januar 2011 vermerkt). Soweit ihm vom Universitätsklinikum T. eine Gehhilfe empfohlen wurde, stelle sich die Frage, was er im Winter mache.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.03.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.03.2006 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aus medizinischer Sicht sei in der Gesamtschau nur von einem begrenzten Leidensdruck auszugehen.
Der Senat hat die Firmen H. GmbH, K. GmbH und C. E. Deutschland KG zu den Tätigkeiten des Klägers befragt. Die Firma H. hat mitgeteilt, der Kläger sei als Fachangestellter mit übertariflicher Bezahlung beschäftigt gewesen und habe seine Aufgaben nur bedingt erfüllen können. Die K. GmbH hat mitgeteilt, die Tätigkeit des Klägers habe körperlich nur wenige Anforderungen gestellt, fast alle Tätigkeiten - mit Ausnahme von Installationen von Computern - seien am Schreibtisch zu erledigen gewesen. Die C. E. KG hat sich zu keiner Auskunft mehr in der Lage gesehen.
Der Senat hat ferner den Facharzt für Innere Medizin Sch. (Nachfolger des früheren Hausarztes Dr. St. ) schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat mitgeteilt, der Kläger habe eine Sturzneigung von ein- bis zweimal wöchentlich angegeben und zuletzt auch Beschwerden im linken Bein geltend gemacht. Untersuchungsbefunde hierzu lägen ihm nicht vor. Diese Problematik sei für den Kläger derart lebensbestimmend, dass seine kardiale Situation sowie der Diabetes für ihn nur peripher wichtig seien. Die sporadischen Hausarztbesuche beschränkten sich seit Juli 2009 auf das Abholen der erforderlichen Medikamente mit kurzen persönlichen Konversationen. Wegen der Sturzneigung habe er keine ärztliche Behandlung bei ihm in Anspruch genommen. Nach eigenen Aussagen fahre der Kläger nur mit dem Motorroller, im PKW sei er als Beifahrer unterwegs.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die hier maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargestellt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger weder die Voraussetzungen einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gehbehinderung auf Grund einer Nervenschädigung im Bereich des rechten Beins mit Lähmung der Hüftbeuger- und Kniestreckmuskulatur sowie trotz einer gewissen Kraftminderung der Hände mit einer gewissen Herabminderung der Feingeschicklichkeit und trotz der Erkrankungen auf dem internistischen Fachgebiet (Zustand nach Herzhinterwandinfarkt, Diabetes mellitus, Zustand nach Morbus Hodgkin) überwiegend im Sitzen durchzuführende Tätigkeiten auch in seinem ursprünglichen Berufsbereich des Nerzwerktechnikers bzw. des IT-Systemadministrators noch mindestens sechs Stunden täglich ausführen und die zur Erreichung eines Arbeitsplatzes üblichen Wegstrecken (vier Mal täglich 500 Meter in ca. 20 Minuten) zu Fuß noch zurücklegen kann, mithin wegefähig ist. Der Senat, der wie das SG sowohl das Gutachten von Dr. N. als auch die Stellungnahme des berufskundlichen Beraters H. für überzeugend erachtet, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger unter Vorlage verschiedenster Unterlagen im Berufungsverfahren bestreitet, dass es sich bei einer Tätigkeit als Systemadministrator um eine vorwiegend sitzende Tätigkeit handelt, ist dies nicht stichhaltig. Der Senat bezweifelt nicht, dass die Tätigkeit eines IT-Systemadministrators im Zusammenhang mit dem Aufbau von Hardware und Kundenbesuchen mit stehenden und gehenden Arbeitshaltungen und in Maßen körperlicher Anstrengung durch Bewegen von Lasten sowie durch wiederholtes Bücken geprägt sein kann. Nach der Stellungnahme des Beraters H. wird die Tätigkeit des IT-Systemadministrators jedoch überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel verrichtet und es gibt in großen Unternehmen und Behörden umfangreiche EDV-Abteilungen, die keine externe Kundschaft haben und bei denen der Anschluss und Transport von schweren PC-Gerätschaften durch Informationselektroniker oder von Elektronikern der Informations- und Telekommunikationstechnik erledigt wird.
Soweit der Kläger darauf hinweist, dass in Stellenbeschreibungen des Systemadministrators oder Netzwerkadministrators immer wieder auch die Hardwareinstallation und ähnlich belastende Tätigkeiten auftauchen, trifft dies zu. Er verkennt jedoch dabei, dass, wie sich gerade aus den von ihm selbst vorgelegten "Gedanken zum Berufsbild des Systemadministrators" (Bl. 9 LSG-Akte) ergibt, dass das Berufsbild des Systemadministrators verschiedene Schwerpunkte aufweisen kann. Neben dem Schwerpunkt Netzwerk/Infrastruktur, auf den der Kläger wegen dort dokumentierter körperlicher Belastungen bei "Planung und Ausbau der physikalischen Netzwerkstruktur" hingewiesen hat, gibt es - so die vom Kläger eingereichten Unterlagen (Bl. 10 LSG-Akte) - die Schwerpunkte Betriebssysteme, Storage, Datenbanken und Webserver/ Mailsysteme, die diese körperlichen Belastungen nicht aufweisen. Dies bestätigt im Ergebnis die Darstellung des Berufsberaters H. zum Vorhandensein von für den Kläger leidensgerechten Arbeitsplätzen im EDV-Bereich. Im Ansatz räumt dies selbst der Kläger mit seinem Vorbringen zu Arbeitsplätzen in Callcentern ein. Soweit der Kläger behauptet, in Baden-Württemberg gebe es keine Callcenter ist dies nicht entscheidungserheblich, da bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage auf das gesamte Bundesgebiet abzustellen ist (Gürtner in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI Rdnr. 46).
Auch die Firma K. hat gegenüber dem Senat bestätigt, dass "fast alle" Tätigkeiten des Klägers am Schreibtisch auszuführen waren. Soweit sie von einem verbliebenen "Rest" mit Installationen von Personalcomputern bzw. dem Zusammenbau von Personalcomputern in der Werkstatt berichtet hat, geht der Senat nach den dargelegten Erwägungen davon aus, dass es auch Arbeitsplätze ohne diesen "Rest" gibt.
Soweit das SG eine "gewisse" Beeinträchtigung der Hände bei der Entscheidung mitberücksichtigte, hat der Kläger durch sein Vorbringen im Berufungsverfahren, schon lange "kaputte Finger" zu haben, bestätigt, dass diese Beschwerden eine - somit in der Vergangenheit trotz dieser Beschwerden tatsächlich ausgeübte - Tätigkeit im EDV-Bereich nicht ausschließen. Auch die vom Senat eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Facharztes Sch. hat wiederum, wie schon vom SG angesprochen, gezeigt, dass hinsichtlich der Beschwerden an den Händen weder fach- noch hausärztliche Behandlungen erfolgen. Eine erhebliche Bedeutung vermag daher auch der Senat diesen Beschwerden nicht beizumessen.
Von einer fehlenden Wegefähigkeit (Fähigkeit vier Mal täglich eine Fußstrecke von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.) kann sich der Senat - wie schon das SG - ebenfalls nicht überzeugen. Der Senat hat auf der Grundlage der vorliegenden Befunde, insbesondere des Universitätsklinikums T. , keinen Zweifel daran, dass beim Kläger eine Schädigung des rechten Nervus femoralis vorliegt, die Auswirkungen auf die Hüftbeugung und Kniestreckung hat. Angesichts der vielfältig dokumentierten anamnestischen Angaben des Klägers zu einer Sturzneigung, die als solche von keinem der behandelnden Ärzte in Frage gestellt wurde, hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass diese Sturzneigung besteht. Diese schließt jedoch - wie Dr. N. überzeugend dargestellt hat - ein berufliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für überwiegend sitzende Tätigkeiten und auch die Wegefähigkeit des Klägers nicht aus.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Wegstreckenangabe gegenüber Dr. N. dahingehend korrigiert hat, dass die von ihm damals zu Grunde gelegte Strecke tatsächlich nur 450 m betrage, ändert dies nichts an dem Umstand, dass Dr. N. nicht nur wegen der damaligen Angaben des Klägers, sondern auch auf Grund des von ihm erhobenen Befundes von der Zumutbarkeit von Wegstrecken von 700 bis 800 m ausgegangen ist. Im Übrigen hält der Senat die neue Behauptung des Klägers, dass er nur 450 m, also nur rund 50 m weniger als für die Feststellung der Wegefähigkeit erforderlich, zu Fuß zurücklegen könne für wenig plausibel. Zudem könnte der Kläger mit dem von ihm gebrauchten Motorroller Arbeitsplätze erreichen (vgl. BSG, a.a.O.: Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten, insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs, zu berücksichtigen). Auf den genauen Umfang seiner Wegefähigkeit zu Fuß kommt es damit im Ergebnis gar nicht an.
Das Ausmaß der Sturzneigung und die Sturzhäufigkeit bleiben für den Senat unklar. Sichere Dokumentationen liegen nicht vor. Davon, dass der Kläger - wie zuletzt von ihm behauptet - ständig stürzt und mithin die Wegefähigkeit sowie auch die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit für eine leichte sechsstündige Tätigkeit im Sitzen entgegen der Auffassung von Dr. N. nicht mehr gegeben sein könnten, kann sich der Senat daher nicht überzeugen. Dem behandelnden Facharzt Sch. hat der Kläger - so dessen Zeugenaussage vom November 2011 gegenüber dem Senat - nur von ein bis zwei Stürzen pro Woche und damit von deutlich weniger Stürzen als noch im Jahr 2006 von Dr. H. anamnestisch wiedergegeben (kurzes schmerzfreies Einknicken alle ein bis drei Tage) und schon gar nicht von ständigen Stürzen berichtet. Die zuletzt vom Kläger angegebene Behandlungsnotwendigkeit wegen eines Sturzes auf den Schulter-Oberarmbereich belegt keine konkrete Sturzfrequenz. Gegen die behaupteten ständigen Stürze spricht, dass der Kläger bis auf die wenigen Vorsprachen im Universitätsklinikum T. keine nachhaltige fachärztliche Behandlung in Anspruch nimmt und die Vorsprachen in T. eben nicht zu (vorgeschlagenen) weitergehenden Behandlungen oder - obwohl von Dr. B. zuletzt ausdrücklich empfohlen - zur Verordnung von Hilfsmitteln geführt haben. Das behauptete Ausmaß der Sturzereignisse und der fehlende Gebrauch einer Gehhilfe bei gleichzeitig vorhandener Mobilität mit einem 50 cm³-Roller kann der Senat nicht in Einklang bringen. Es ist für den Senat nicht schlüssig, anstatt eine Gehhilfe zu benutzen, um Stürze zu vermeiden, alleine Motorradkleidung zum Abmildern der Folgen von Stürzen zu tragen. Naheliegender ist für den Senat, das Tragen der Motorradbekleidung im Zusammenhang mit der Benutzung des 50 cm³-Rollers zu sehen. Soweit der Kläger den Nichtgebrauch einer Gehhilfe mit den fraglichen Einsatzmöglichkeiten im Winter zu erklären versucht, kann dies der Senat ebenfalls nicht nachvollziehen. Es ist nicht plausibel, dass der Kläger über viele Monate von Frühjahr bis Herbst die behaupteten ständigen Stürze in Kauf nimmt, nur weil es im Winter zu Problemen bei der Benutzung einer Gehhilfe kommen könnte. Im Zusammenhang mit den Angaben des sachverständigen Zeugen Sch. vom November 2010 (s. eben) ergibt sich für den Senat hinsichtlich des von Dr. B. anlässlich der im Laufe des Berufungsverfahrens erfolgten Untersuchung im Januar 2011 als "sehr unsicher" beschriebenen Gangbilds mit "an Wänden halten" bei gleichzeitiger Feststellung einer ansonsten "vollkräftigen Muskulatur" kein stimmiges Bild. Dies umso mehr, als sich nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Sch. die Hausarztbesuche seit Juli 2009 auf das Abholen der erforderlichen Medikamente mit kurzen persönlichen Konversationen beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahr 1952 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Elektromechaniker und war nachfolgend an der Technischen Fachhochschule B. im Studiengang Elektronik eingeschrieben. Zeugnisse über Abschlussprüfungen kann der Kläger nicht vorlegen. Zuletzt stand der Kläger von August 1988 bis Juni 1995 als Kundendiensttechniker bei der B. + N. GmbH (zwischenzeitlich C. E. Deutschland KG), von November 1997 bis August 1998 als PC-Netzwerkkonstrukteur bei der K. GmbH und von September 1998 bis März 1999 als Netzwerktechniker im Bereich Informationstechnik bei der Firma H. in einem Arbeitsverhältnis. Seither ist er nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 01.09.1999 bis 29.02.2000 übte er eine selbstständige Tätigkeit aus. Zum 21.12.2004 meldete er ein Gewerbe "EDV-Service" an. Daneben bezog er ab April 1999 Arbeitslosengeld, seit Juni 2005 erhält er Arbeitslosengeld II.
Der Kläger leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einer koronaren Erkrankung (Hinterwandinfarkt im Jahr 2000). Wegen eines im Jahr 1989 diagnostizierten Morbus Hodgkin musste der Kläger chemotherapeutisch behandelt und bestrahlt werden. Beim Kläger liegt eine Schädigung des rechten Nervus femoralis mit Auswirkungen auf die Hüftbeugung und Kniestreckung vor, die als Spätfolge der eben genannten Bestrahlungen angesehen wird (zuletzt Arztbrief des Facharztes für Neurologie Dr. B. , Universitätsklinikum T. , vom Januar 2011, Bl.110 LSG-Akte). Unter den Diagnosen "emotional instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ, zwanghaft phobisch-narzisstische Anteile" erfolgten in der Vergangenheit vereinzelt fachärztliche Behandlungen (siehe beispielsweise Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin, Psychotherapie, Psychoanalyse Dr. W. vom März 1999, Bl. 24 SG-Akte).
Den Rentenantrag des Klägers vom Mai 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.07.2005 und Widerspruchsbescheid vom 02.03.2006 ab. Grundlage waren das internistische Gutachten von Dr. B. , ein Befundbericht des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. St. und ein psychiatrisches Gutachten von Dr. St ... Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Netzwerkingenieur mehr als sechs Stunden täglich Arbeiten verrichten. Dr. B. sah - auch unter kardiologischem Blickwinkel - eine ausreichend gute Belastbarkeit. Dr. St. schloss das Vorliegen nervenärztlich relevanter Leiden aus, es bestünden lediglich gewisse gewöhnungsbedürftige Persönlichkeitsmerkmale sowie narzisstische Züge.
Am 03.04.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg mit dem Hinweis, unter Schweißausbrüchen und Atemnot beim Prospekte-Austragen und nachlassender Konzentration zu leiden und einen Rückgang seiner Aufträge im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit verzeichnen zu müssen, Klage erhoben. Auf Nachfrage hat er zudem auf zwischenzeitlich aufgetretene Probleme mit seinem rechten Bein hingewiesen.
Nach Verweisung des Rechtsstreits an das örtlich zuständige Sozialgericht Reutlingen (SG) hat der Kläger den Arztbrief des Radiologen Dr. E. , des Neurologen und Oberarztes am Universitätsklinikum T. Dr. St. sowie eine Bescheinigung von Dr. St. vorgelegt. Dr. E. hat wegen einer angegebenen anfallsartigen Schwäche der unteren rechten Extremität ein MRT des Schädels im Oktober 2006 durchgeführt und dabei multiple Entmarkungsherde beschrieben. Dr. St. hat wegen der vom Kläger berichteten rezidivierenden Sturzneigung durch Einknicken des rechten Beins sowie einer diffus verteilten Gefühlsstörung im Bereich des rechten Beines im Mai 2007 verschiedene Therapieempfehlungen erteilt. Dr. St. hat von einer Vorsprache des Klägers im Juni 2007 berichtet, bei der dieser angegeben habe, durch die Femoraliallähmung nicht mehr Auto fahren zu können.
Das SG hat den Facharzt für Neurologie (Physikalische Therapie, Nervenarzt, Psychotherapie) Dr. N. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Bei seiner Untersuchung am 30.08.2007 hat der Kläger angegeben, immer wieder einzuknicken, mittlerweile Probleme beim Auto fahren und Beschwerden an den Mittelfingern beider Hände zu haben, maximal 700 bis 800 m gehen zu können sowie unter Konzentrationsstörungen und aggressiven Impulsen zu leiden. Befragt zum Tagesablauf hat er mitgeteilt, nachts gerne am Teleskop zu sitzen und die Sterne zu beobachten. Ansonsten beschäftige er sich mit Bildverarbeitung, kämpfe gegen das Landratsamt und "hänge viel rum". Dr. N. hat eine Atrophie der rechten Oberschenkelmuskulatur mit einer Differenz von ca. 2 cm, ein paretisches Hinken rechts und eine latente Aggressivität beschrieben. Die vom Kläger angegebene Gehstrecke hat er für glaubhaft erachtet, auch dass der Kläger nicht mehr Auto fahren könne. Er hat die Schädigung des rechten Nervus femoralis mit Parese des rechten Hüftbeugers und Kniestreckers, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ sowie eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert. Eine Erkrankung des Gehirns liege nicht vor; die beschriebenen Entmarkungsherde seien häufig und ohne krankhafte Bedeutung. Er hat den Kläger in der Lage erachtet, eine weitgehend im Sitzen ausgeübte Tätigkeit vollschichtig zu verrichten. Eine Gehstrecke von maximal 700 bis 800 m sei zu bewältigen.
Das SG hat Dr. St. nochmals als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat im Januar 2008 mitgeteilt, der Kläger habe im selben Monat angegeben, Probleme beim Arbeiten mit Axt und Hammer zu haben. Es habe sich eine Schwellung der Hände gezeigt. Er habe eine rheumatologische Abklärung empfohlen. Ferner hat Dr. St. noch einen Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom Oktober 2006 vorgelegt, in dem dieser von einer Vorstellung des Klägers wegen seit vier Monaten bestehendem Einknicken im rechten Bein ca. alle ein bis drei Tage ohne Schmerzen berichtete.
Die Beklagte hat die Stellungnahme ihres berufskundlichen Beraters H. vorgelegt (Bl. 119 SG-Akte)
Mit Urteil vom 26.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne - so u.a. die berufskundliche Stellungnahme des Beraters H. - noch Tätigkeiten eines Netzwerktechnikers bzw. eines IT-Systemadministrators, allerdings ohne Außendiensttätigkeit, verrichten. Dem stünden die Nervenschädigung im Bereich des rechten Beins sowie die zuletzt angegebenen Beschwerden im Bereich der Finger mit einer gewissen Herabminderung der Feingeschicklichkeit nicht entgegen. Der Kläger könne noch zumutbar einen Arbeitsplatz erreichen.
Gegen das ihm am 14.04.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.05.2008 Berufung eingelegt. Er bestreitet unter Vorlage verschiedener Unterlagen, dass er mit den bei ihm bestehenden Funktionseinschränkungen noch eine Tätigkeit im EDV-Bereich ausüben könne. Bei der Tätigkeit als Systemadministrator handle es sich nicht um eine vorwiegend sitzende Tätigkeit. Die Angaben zur Wegstrecke bei Dr. N. habe er auf der Grundlage einer Strecke gemacht, die er mit dem 50 cm³-Roller und dem PKW abgefahren sei. Es habe keine Veranlassung gegeben, diese Strecke zu Fuß zurückzulegen. Die "kaputten Finger" habe er schon lange, nur habe er immer die Zähne zusammengebissen. Schließlich hat der Kläger im Dezember 2010 seine Äußerung zur Klärung der Wegstreckenangabe insoweit korrigiert, als er einmal tatsächlich dorthin gelaufen sei, die Wegstrecke jedoch falsch eingeschätzt habe. Selbst beinamputierte Menschen könnten nach entsprechenden Umbauten (der Kläger hat hierzu Unterlagen vorgelegt) Motorrad fahren. Er könne nicht in einem Callcenter arbeiten, da es im Computerbereich keines in Baden-Württemberg gebe. Im Übrigen sei er nicht wegefähig. Wegen ständiger Stürze werde er zwischenzeitlich wegen Schmerzen im rechten Oberarm/Schulter behandelt und trage, um bei Stürzen keine weiteren Schäden zu bekommen, außerhalb des Hauses grundsätzlich Motorradkleidung mit Protektoren (so auch im Arztbrief von Dr. B. vom Januar 2011 vermerkt). Soweit ihm vom Universitätsklinikum T. eine Gehhilfe empfohlen wurde, stelle sich die Frage, was er im Winter mache.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.03.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.03.2006 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aus medizinischer Sicht sei in der Gesamtschau nur von einem begrenzten Leidensdruck auszugehen.
Der Senat hat die Firmen H. GmbH, K. GmbH und C. E. Deutschland KG zu den Tätigkeiten des Klägers befragt. Die Firma H. hat mitgeteilt, der Kläger sei als Fachangestellter mit übertariflicher Bezahlung beschäftigt gewesen und habe seine Aufgaben nur bedingt erfüllen können. Die K. GmbH hat mitgeteilt, die Tätigkeit des Klägers habe körperlich nur wenige Anforderungen gestellt, fast alle Tätigkeiten - mit Ausnahme von Installationen von Computern - seien am Schreibtisch zu erledigen gewesen. Die C. E. KG hat sich zu keiner Auskunft mehr in der Lage gesehen.
Der Senat hat ferner den Facharzt für Innere Medizin Sch. (Nachfolger des früheren Hausarztes Dr. St. ) schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat mitgeteilt, der Kläger habe eine Sturzneigung von ein- bis zweimal wöchentlich angegeben und zuletzt auch Beschwerden im linken Bein geltend gemacht. Untersuchungsbefunde hierzu lägen ihm nicht vor. Diese Problematik sei für den Kläger derart lebensbestimmend, dass seine kardiale Situation sowie der Diabetes für ihn nur peripher wichtig seien. Die sporadischen Hausarztbesuche beschränkten sich seit Juli 2009 auf das Abholen der erforderlichen Medikamente mit kurzen persönlichen Konversationen. Wegen der Sturzneigung habe er keine ärztliche Behandlung bei ihm in Anspruch genommen. Nach eigenen Aussagen fahre der Kläger nur mit dem Motorroller, im PKW sei er als Beifahrer unterwegs.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die hier maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargestellt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger weder die Voraussetzungen einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gehbehinderung auf Grund einer Nervenschädigung im Bereich des rechten Beins mit Lähmung der Hüftbeuger- und Kniestreckmuskulatur sowie trotz einer gewissen Kraftminderung der Hände mit einer gewissen Herabminderung der Feingeschicklichkeit und trotz der Erkrankungen auf dem internistischen Fachgebiet (Zustand nach Herzhinterwandinfarkt, Diabetes mellitus, Zustand nach Morbus Hodgkin) überwiegend im Sitzen durchzuführende Tätigkeiten auch in seinem ursprünglichen Berufsbereich des Nerzwerktechnikers bzw. des IT-Systemadministrators noch mindestens sechs Stunden täglich ausführen und die zur Erreichung eines Arbeitsplatzes üblichen Wegstrecken (vier Mal täglich 500 Meter in ca. 20 Minuten) zu Fuß noch zurücklegen kann, mithin wegefähig ist. Der Senat, der wie das SG sowohl das Gutachten von Dr. N. als auch die Stellungnahme des berufskundlichen Beraters H. für überzeugend erachtet, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger unter Vorlage verschiedenster Unterlagen im Berufungsverfahren bestreitet, dass es sich bei einer Tätigkeit als Systemadministrator um eine vorwiegend sitzende Tätigkeit handelt, ist dies nicht stichhaltig. Der Senat bezweifelt nicht, dass die Tätigkeit eines IT-Systemadministrators im Zusammenhang mit dem Aufbau von Hardware und Kundenbesuchen mit stehenden und gehenden Arbeitshaltungen und in Maßen körperlicher Anstrengung durch Bewegen von Lasten sowie durch wiederholtes Bücken geprägt sein kann. Nach der Stellungnahme des Beraters H. wird die Tätigkeit des IT-Systemadministrators jedoch überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel verrichtet und es gibt in großen Unternehmen und Behörden umfangreiche EDV-Abteilungen, die keine externe Kundschaft haben und bei denen der Anschluss und Transport von schweren PC-Gerätschaften durch Informationselektroniker oder von Elektronikern der Informations- und Telekommunikationstechnik erledigt wird.
Soweit der Kläger darauf hinweist, dass in Stellenbeschreibungen des Systemadministrators oder Netzwerkadministrators immer wieder auch die Hardwareinstallation und ähnlich belastende Tätigkeiten auftauchen, trifft dies zu. Er verkennt jedoch dabei, dass, wie sich gerade aus den von ihm selbst vorgelegten "Gedanken zum Berufsbild des Systemadministrators" (Bl. 9 LSG-Akte) ergibt, dass das Berufsbild des Systemadministrators verschiedene Schwerpunkte aufweisen kann. Neben dem Schwerpunkt Netzwerk/Infrastruktur, auf den der Kläger wegen dort dokumentierter körperlicher Belastungen bei "Planung und Ausbau der physikalischen Netzwerkstruktur" hingewiesen hat, gibt es - so die vom Kläger eingereichten Unterlagen (Bl. 10 LSG-Akte) - die Schwerpunkte Betriebssysteme, Storage, Datenbanken und Webserver/ Mailsysteme, die diese körperlichen Belastungen nicht aufweisen. Dies bestätigt im Ergebnis die Darstellung des Berufsberaters H. zum Vorhandensein von für den Kläger leidensgerechten Arbeitsplätzen im EDV-Bereich. Im Ansatz räumt dies selbst der Kläger mit seinem Vorbringen zu Arbeitsplätzen in Callcentern ein. Soweit der Kläger behauptet, in Baden-Württemberg gebe es keine Callcenter ist dies nicht entscheidungserheblich, da bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage auf das gesamte Bundesgebiet abzustellen ist (Gürtner in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI Rdnr. 46).
Auch die Firma K. hat gegenüber dem Senat bestätigt, dass "fast alle" Tätigkeiten des Klägers am Schreibtisch auszuführen waren. Soweit sie von einem verbliebenen "Rest" mit Installationen von Personalcomputern bzw. dem Zusammenbau von Personalcomputern in der Werkstatt berichtet hat, geht der Senat nach den dargelegten Erwägungen davon aus, dass es auch Arbeitsplätze ohne diesen "Rest" gibt.
Soweit das SG eine "gewisse" Beeinträchtigung der Hände bei der Entscheidung mitberücksichtigte, hat der Kläger durch sein Vorbringen im Berufungsverfahren, schon lange "kaputte Finger" zu haben, bestätigt, dass diese Beschwerden eine - somit in der Vergangenheit trotz dieser Beschwerden tatsächlich ausgeübte - Tätigkeit im EDV-Bereich nicht ausschließen. Auch die vom Senat eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Facharztes Sch. hat wiederum, wie schon vom SG angesprochen, gezeigt, dass hinsichtlich der Beschwerden an den Händen weder fach- noch hausärztliche Behandlungen erfolgen. Eine erhebliche Bedeutung vermag daher auch der Senat diesen Beschwerden nicht beizumessen.
Von einer fehlenden Wegefähigkeit (Fähigkeit vier Mal täglich eine Fußstrecke von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.) kann sich der Senat - wie schon das SG - ebenfalls nicht überzeugen. Der Senat hat auf der Grundlage der vorliegenden Befunde, insbesondere des Universitätsklinikums T. , keinen Zweifel daran, dass beim Kläger eine Schädigung des rechten Nervus femoralis vorliegt, die Auswirkungen auf die Hüftbeugung und Kniestreckung hat. Angesichts der vielfältig dokumentierten anamnestischen Angaben des Klägers zu einer Sturzneigung, die als solche von keinem der behandelnden Ärzte in Frage gestellt wurde, hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass diese Sturzneigung besteht. Diese schließt jedoch - wie Dr. N. überzeugend dargestellt hat - ein berufliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für überwiegend sitzende Tätigkeiten und auch die Wegefähigkeit des Klägers nicht aus.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Wegstreckenangabe gegenüber Dr. N. dahingehend korrigiert hat, dass die von ihm damals zu Grunde gelegte Strecke tatsächlich nur 450 m betrage, ändert dies nichts an dem Umstand, dass Dr. N. nicht nur wegen der damaligen Angaben des Klägers, sondern auch auf Grund des von ihm erhobenen Befundes von der Zumutbarkeit von Wegstrecken von 700 bis 800 m ausgegangen ist. Im Übrigen hält der Senat die neue Behauptung des Klägers, dass er nur 450 m, also nur rund 50 m weniger als für die Feststellung der Wegefähigkeit erforderlich, zu Fuß zurücklegen könne für wenig plausibel. Zudem könnte der Kläger mit dem von ihm gebrauchten Motorroller Arbeitsplätze erreichen (vgl. BSG, a.a.O.: Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten, insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs, zu berücksichtigen). Auf den genauen Umfang seiner Wegefähigkeit zu Fuß kommt es damit im Ergebnis gar nicht an.
Das Ausmaß der Sturzneigung und die Sturzhäufigkeit bleiben für den Senat unklar. Sichere Dokumentationen liegen nicht vor. Davon, dass der Kläger - wie zuletzt von ihm behauptet - ständig stürzt und mithin die Wegefähigkeit sowie auch die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit für eine leichte sechsstündige Tätigkeit im Sitzen entgegen der Auffassung von Dr. N. nicht mehr gegeben sein könnten, kann sich der Senat daher nicht überzeugen. Dem behandelnden Facharzt Sch. hat der Kläger - so dessen Zeugenaussage vom November 2011 gegenüber dem Senat - nur von ein bis zwei Stürzen pro Woche und damit von deutlich weniger Stürzen als noch im Jahr 2006 von Dr. H. anamnestisch wiedergegeben (kurzes schmerzfreies Einknicken alle ein bis drei Tage) und schon gar nicht von ständigen Stürzen berichtet. Die zuletzt vom Kläger angegebene Behandlungsnotwendigkeit wegen eines Sturzes auf den Schulter-Oberarmbereich belegt keine konkrete Sturzfrequenz. Gegen die behaupteten ständigen Stürze spricht, dass der Kläger bis auf die wenigen Vorsprachen im Universitätsklinikum T. keine nachhaltige fachärztliche Behandlung in Anspruch nimmt und die Vorsprachen in T. eben nicht zu (vorgeschlagenen) weitergehenden Behandlungen oder - obwohl von Dr. B. zuletzt ausdrücklich empfohlen - zur Verordnung von Hilfsmitteln geführt haben. Das behauptete Ausmaß der Sturzereignisse und der fehlende Gebrauch einer Gehhilfe bei gleichzeitig vorhandener Mobilität mit einem 50 cm³-Roller kann der Senat nicht in Einklang bringen. Es ist für den Senat nicht schlüssig, anstatt eine Gehhilfe zu benutzen, um Stürze zu vermeiden, alleine Motorradkleidung zum Abmildern der Folgen von Stürzen zu tragen. Naheliegender ist für den Senat, das Tragen der Motorradbekleidung im Zusammenhang mit der Benutzung des 50 cm³-Rollers zu sehen. Soweit der Kläger den Nichtgebrauch einer Gehhilfe mit den fraglichen Einsatzmöglichkeiten im Winter zu erklären versucht, kann dies der Senat ebenfalls nicht nachvollziehen. Es ist nicht plausibel, dass der Kläger über viele Monate von Frühjahr bis Herbst die behaupteten ständigen Stürze in Kauf nimmt, nur weil es im Winter zu Problemen bei der Benutzung einer Gehhilfe kommen könnte. Im Zusammenhang mit den Angaben des sachverständigen Zeugen Sch. vom November 2010 (s. eben) ergibt sich für den Senat hinsichtlich des von Dr. B. anlässlich der im Laufe des Berufungsverfahrens erfolgten Untersuchung im Januar 2011 als "sehr unsicher" beschriebenen Gangbilds mit "an Wänden halten" bei gleichzeitiger Feststellung einer ansonsten "vollkräftigen Muskulatur" kein stimmiges Bild. Dies umso mehr, als sich nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Sch. die Hausarztbesuche seit Juli 2009 auf das Abholen der erforderlichen Medikamente mit kurzen persönlichen Konversationen beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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