Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 4022/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2920/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt ab dem 30.05.2006 Arbeitslosengeld (Alg) für einen längeren Zeitraum als 360 Tagen.
Die am 01.09.1952 geborene Klägerin war ab dem 21.03.1988 als "Mitarbeiterin in der Montage und Qualitätsendkontrolle" sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte am 30.06.2004 das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 31.12.2004. Mit Schreiben vom 23.09.2004 stellte er die Klägerin "ab sofort frei, der Arbeit fern zu bleiben". In einem Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Pforzheim (1 Ca 350/04) schlossen die Klägerin und ihr Arbeitgeber am 23.11.2004 einen gerichtlich protokollierten Vergleich. Dieser sah vor, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2004 gegen Zahlung einer Abfindung von EUR 25.000,00 endete und die Klägerin "unter Anrechnung etwaiger Resturlaubs- und Freizeitansprüche unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt (bleibt)".
Die Klägerin hatte sich am 01.07.2004 arbeitssuchend gemeldet. Am 30.09.2004 meldete sie sich sodann auch arbeitslos und beantragte Alg. Den am 04.10.2004 unterschriebenen Antrag reichte sie am 11.10.2004 bei der Beklagten ein. Sie hatte darin angekreuzt, sie übe keine Beschäftigung von mehr als 15 Stunden aus, sie sei bereit, alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit zu nutzen und sei zurzeit nicht arbeitsunfähig erkrankt. In grüner Schrift ist auf dem Antragsformular in dem Feld "Eingangsstempel" das Datum 01.01.2005 notiert. Der Arbeitgeber kreuzte in der vorläufigen und der endgültigen Arbeitsbescheinigung vom 04.10.2004 und 28.12.2004 jeweils nicht das Feld an, das Beschäftigungsverhältnis sei bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis beendet, z. B. durch eine Freistellung. Am 03.12.2004 ging bei der Beklagten das Protokoll des Vergleichs vor dem ArbG Pforzheim vom 23.11.2004 ein.
Ab dem 30.12.2004 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt (AU-Bescheinigung von Internist Haub von diesem Tag). Die Krankenkasse der Klägerin, die AOK Baden-Württemberg, teilte diesem Arzt mit, dass die Klägerin arbeitslos sei und daher Arbeitsunfähigkeit nur anzunehmen sei, wenn die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten für mindestens 15 Stunden wöchentlich zu verrichten. Arzt Haub antwortete in seiner Stellungnahme vom 15.01.2005, das Leistungsvermögen der Klägerin liege unter drei Stunden täglich. Die AOK beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg mit einer Begutachtung und gab die gleichen Hinweise wie dem Arzt. Der MDK stellte in seinem Gutachten vom 19.01.2005 fest, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit könnten nicht bestätigt werden, ein positives Leistungsprofil sei "auch bei inzwischen ab 01.01.2005 arbeitsloser Patientin" nicht festzustellen. Zu entsprechenden Feststellungen kamen die weiteren Gutachten des MDK vom 11.03.2005 und 22.04.2005. Ab dem 01.01.2005 bezog die Klägerin Krankengeld (Krg) von ihrer Krankenkasse, der AOK Baden-Württemberg.
Mit Bescheid vom 04.01.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Alg ab. Dieser ruhe, weil die Klägerin Krg beziehe. Ein Rechtsbehelf wurde nicht eingelegt.
Die Klägerin bezog bis 15.06.2005 weiter Krg. Vom 16.06. bis 07.07.2005 absolvierte sie zu Lasten der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden-Württemberg eine stationäre Re¬habilitationsmaßnahme und bezog Übergangsgeld. Aus dieser Maßnahme wurde sie als "sofort arbeitsfähig" entlassen (Entlassungsbericht vom 27.07.2005 der Federsee-Klinik Bad Buchau). Die AOK stellte daraufhin die Zahlung von Krg ein. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 08.07.2005 teilte der Ehemann der Klägerin der Beklagten diesen Sachverhalt mit. Auf Aufforderung der Beklagten hin sprach die Klägerin am 11.07.2005 persönlich vor und teilte mit, sie sei weiterhin arbeitsunfähig erkrankt und beziehe auch weiterhin Krg. Tatsächlich half die AOK mit Bescheid vom 08.09.2005 dem Widerspruch der Klägerin ab und nahm die Zahlung von Krg wieder auf, nachdem der MDK in seinem Gutachten vom 11.08.2005 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit anerkannt hatte. Am 02.09.2005 hatte außerdem die LVA Baden-Württemberg der AOK mitgeteilt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, sodass ein Anspruch auf Rente nicht bestehe. Letztlich bezog die Klägerin Krg bis zur Aussteuerung am 29.05.2006.
Am 13.04.2006 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alg. Sie gab an, sie sei nur bis zum 29.05.2006 arbeitsunfähig erkrankt und werde sich danach den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stellen. Der Arbeitgeber reichte eine weitere Arbeitsbescheinigung (vom 19.04.2006) ein, in der wiederum keine Angaben zu einer Freistellung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses enthalten waren.
Mit Bescheid vom 07.06.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 30.05.2006 bis zum 28.05.2007 Alg für 360 Tage mit einem täglichen Zahlbetrag von EUR 28,22.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie trug vor, sie habe - bereits - "am 01.01.2005" Alg beantragt. Wegen des Bezugs von Krg habe ihr Leistungsanspruch geruht. Der Anspruch auf Alg betrage daher 26 Monate.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 21.07.2006. Sie führte aus, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Alg für eine längere Dauer als 360 Tage zu. Die Formulierung aus dem Bescheid vom 04.01.2005, der Leistungsanspruch ruhe, sei unzutreffend. Ein Anspruch könne nur ruhen, wenn er zuvor entstanden sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Die Klägerin habe wegen der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit bis zum 29.05.2006 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung stehen können. Ein Anspruch auf Alg sei daher vor dem 30.05.2006 nicht entstanden. Der nunmehr entstandene Anspruch dauere angesichts des Lebensalters der Klägerin nur 360 Tage. Die Übergangsregelung in § 434l Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) greife nicht ein, weil der Anspruch auf Alg erst nach dem 31.01.2006 entstanden sei.
Wegen einer Ortsabwesenheit der Klägerin über drei Wochen hinaus hob die Beklagte die Bewilligung von Alg zunächst mit Bescheid vom 13.09.2006 für die Zeit vom 06.10. bis 27.10.2006 auf (und bewilligte ab dem 28.10.2006 für noch 233 Tage bis zum 19.06.2007 erneut Alg). Sodann hob die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 21.09.2006 die Alg-Bewilligung ab dem 15.09.2006 ganz auf. Gegen letzteren Bescheid erhob die Klägerin unter dem 22.11.2006 Widerspruch mit der Begründung, die fragliche Ortsabwesenheit sei genehmigt worden. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte - nach der Rückkehr der Klägerin - zunächst mit Bescheid vom 31.10.2006 ab dem 30.10.2006 erneut Alg für - noch - 254 Tage bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 16.11.2006 Widerspruch wegen der Gesamtdauer des Alg-Anspruchs, wobei sie ausführte, ihrer Ansicht nach sei dieser Bescheid in das bereits laufende Verfahren einbezogen worden. Auf den ersten Widerspruch der Klägerin vom 22.11.2006 hin erließ die Beklagte sodann den Abhilfebescheid vom 18.01.2007, mit dem der Bescheid vom 21.09.2006 ganz aufgehoben und der Neubewilligungsbescheid vom 31.10.2006 dahin abgeändert wurde, dass Alg bereits wieder ab dem 28.10.2006 zu zahlen sei. Letztlich verblieb es daher nur bei der Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 06.10. bis 27.10.2006. Ein entsprechender Änderungsbescheid (Neubewilligung von Alg für noch 254 Tage ab dem 28.10.2006) erging ebenfalls am 18.01.2007.
Wegen der Dauer des bewilligen Alg-Anspruchs hat die Klägerin am 21.08.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat dort beantragt, die Beklagte unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide zur Gewährung von Alg für 780 Tage ab dem 30.05.2006 zu verurteilen. Sie hatte zunächst behauptet, sie habe nach der Entlassung aus der Rehabilitation, im August 2005, bei der Beklagten vorgesprochen und Alg beantragt. Später hat sie hierzu vorgetragen, ihr Ehemann habe sie am 08.07.2005 als arbeitssuchend gemeldet, um an einen Leistungsbezug und einen Versicherungsschutz zu gelangen. Auch habe sie am 11.07.2005 den Entlassungsbericht vorgelegt, der ihr Arbeitsfähigkeit attestiert habe. Hierdurch habe sie sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Gleichwohl habe die Beklagte kein Alg bewilligt. Das Krg sei dann nach langem "Hin und Her" rückwirkend weiterbewilligt worden. Bis zu dieser rückwirkenden Bewilligung des Krg hätte aber die Beklagte Alg bezahlen müssen. Es sei daher damals der Anspruch auf Alg entstanden, sodass sich die Klägerin auf die vertrauensschützende Übergangsregelung in § 434l SGB III berufen könne. Diese Vorschrift sei auch nach Sinn und Zweck anwendbar, da die Klägerin ihren Arbeitsplatz schon zum 31.12.2004 verloren habe. Außerdem, so hat die Klägerin weiter vorgetragen, habe die Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 04.01.2005 das Bestehen eines Anspruchs auf Alg festgestellt und lediglich dessen Ruhen angeordnet. Letztlich könne es ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass sie den legalen Trick unterlassen habe, den Krg-Bezug kurzzeitig zu unterbrechen und Alg zu beziehen, wodurch sich die Bezugsdauer dieses Anspruchs mehr als verdoppelt hätte.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 23.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, nach der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung des § 127 SGB III n.F. habe die Beklagte zu Recht nur für 360 Tage Alg bewilligt. Ferner greife die Übergangsregelung in § 434l Abs. 1 SGB III i.V.m. § 127 SGB III a.F. nicht ein. Diese Vertrauensschutzregelung betreffe vor allem Arbeitnehmer, die bereits am 01.01.2004 ein längeres Anwartschaftsrecht erworben hätten und bis zum 01.02.2006 weiterbeschäftigt gewesen seien. Tatsächlich geschützt seien nur die realisierten Alg-Ansprüche. Dabei komme es auf das Entstehen des Stammrechts vor dem 01.02.2006 an, das durch Ruhenstatbestände nicht gehindert sei. Die Klägerin gehöre zwar grundsätzlich zu dem Personenkreis, den der Schutzzweck der Übergangsregelung erfasse, da sie am 01.01.2004 bereits eine Anwartschaft auf einen Alg-Anspruch von 22 Monaten erworben habe, der sich wegen Vollendung des 52. Lebensjahrs im September 2004 um vier Monate verlängert habe. Jedoch sei der Anspruch der Klägerin auf Alg nicht vor dem 31.01.2006 entstanden.
Zum einen sei kein Anspruch auf Alg durch die Arbeitslosmeldung ab dem 01.01.2005 entstanden. Die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 04.01.2005 nicht die Entstehung eines Alg-Anspruchs ab dem 01.01.2005 festgestellt, sondern die Zahlung ausdrücklich abgelehnt. Die Ausführung, der Anspruch ruhe wegen des Bezugs von Krg, sei nur ein Begründungselement gewesen, das die Beklagte nicht binde.
Außerdem hätte die Klägerin zum 01.01.2005 auch keinen Alg-Anspruch gehabt, da sie wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Ein Anspruch auf Alg sei auch nicht nach § 125 SGB III fingiert worden, denn zum 01.01.2005 habe keine Prognose vorgelegen, dass die Leistungsminderung der Klägerin voraussichtlich für mehr als sechs Monate andauern werde. Und es habe auch kein Anspruch auf Alg nach § 126 SGB III bestanden, da die Klägerin bereits bei Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitsunfähig gewesen sei.
Auch durch eine Arbeitslosmeldung vom 11.07.2005 sei kein Anspruch entstanden. Auch zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nicht verfügbar gewesen. Allein der Umstand, dass sie als arbeitsfähig aus der Rehabilitation entlassen worden sei, begründe keinen Anspruch. Die Arbeitsfähigkeit müsse objektiv vorliegen. Die Klägerin habe aber nach ihren Angaben vom 08. und 11.07.2005 Widerspruch gegen die Einstellung der Krg-Zahlungen eingelegt und sich für arbeitsunfähig gehalten. Dadurch, dass die AOK auf den Widerspruch hin die Arbeitsunfähigkeit anerkannt habe, stehe objektiv fest, dass die Klägerin ab dem 08.07.2005 arbeitsunfähig gewesen sei. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, vorläufig Alg zu bewilligen.
Auch ein Anspruch aus § 125 SGB III komme für die Zeit ab dem 08.07.2005 nicht in Betracht. Die Nahtlosigkeitsregelung verbiete der Beklagten nur, die - objektive - Verfügbarkeit eines Arbeitslosen zu verneinen, bevor der zuständige Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit festgestellt habe. Die Vorschrift sei nicht auf Fälle anwendbar, in denen eine Leistungsminderung noch nicht feststehe.
Gegen dieses Urteil, das ihren Prozessbevollmächtigten am 04.12.2007 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 19.12.2007 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Sie hat zunächst vorgetragen, zumindest das Stammrecht eines Anspruchs auf Alg sei bereits vor dem 01.02.2006 entstanden. Die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 04.01.2005 keineswegs einen Leistungsanspruch abgelehnt, sondern nur wegen des Ruhenstatbestandes einen Auszahlungsanspruch abgelehnt. Auch treffe es nicht zu, dass sie am 01.01.2005 nicht verfügbar gewesen sei. Die Begriffe der Arbeitsunfähigkeit im Kranken- und im Arbeitslosenversicherungsrecht seien völlig verschieden. Ansonsten ergebe die Regelung über das Ruhen des Alg-Anspruchs bei Krg-Bezug keinen Sinn. Die Klägerin habe aber eine körperlich leichte Tätigkeit mindestens 15 Stunden wöchentlich ausüben können. Dafür spreche auch, dass die weitere Arbeitsunfähigkeit zwischen ihr und der AOK streitig gewesen sei. Bei einer anderen Betrachtungsweise, so die Klägerin weiter, wäre die Neufassung des § 127 SGB III trotz der Übergangsregelung in § 434l SGB III verfassungswidrig. Die Neuregelung hätte, um verfassungsmäßig zu sein, einer schonenden Übergangsregelung bedurft. Denkbar wäre etwa gewesen, die maximale Anspruchsdauer jährlich um einen Monat zu verringern.
Mit Beschluss vom 24.07.2008 hat der Senat das Ruhen des Berufungsverfahrens angeordnet. Dies geschah im Hinblick auf den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 08.05.2007, das gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG), § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt hatte, ob § 127 SGB III in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG vereinbar sei.
Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 22.07.2009 (1 BvL 10/07) den Vorlagebeschluss des SG Berlin vom 08.05.2007 als unzulässig verworfen hatte, hat die Klägerin das Berufungsverfahren am 18.06.2010 wieder aufgerufen.
Der Senat hat unter dem 13.01.2011 darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin möglicherweise ein Stammrecht auf Alg bereits am 23.11.2004 entstanden war, nachdem sie ihr Arbeitgeber unwiderruflich von der weiteren Tätigkeit freigestellt habe und die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.
Die Klägerin hält ihr bisheriges Vorbringen aufrecht und verweist ergänzend auf Ausführungen des BVerfG in dem genannten Beschluss über die Rechtswirkungen des Ruhens eines Alg-An-spruchs und das Verhältnis zwischen Arbeitsunfähigkeit im kranken- und (fehlender) Verfügbarkeit im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2006 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab dem 30. Mai 2006 für 780 Tage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Sie meint, die Übergangsregelung in § 434l Abs. 1 SGB III sei wegen ihrer zeitlichen Spanne vom 01.01.2004 bis zum 31.01.2006 angemessen gewesen. Sie trägt vor, der MDK habe am 19.01.2005 Arbeitsunfähigkeit attestiert. Auch habe es am 01.01.2005 an der subjektiven Verfügbarkeit gefehlt. Die Klägerin habe sich nicht trotz ihrer Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Zu dem Hinweis des Senats vom 13.01.2011 führt die Beklagte ergänzend an, die Klägerin habe sich am 30.09.2004 erst "zum 01.01.2005" arbeitslos gemeldet und den Inhalt dieser Arbeitslosmeldung danach nicht mehr geändert, vor allem nicht durch Vorlage des Protokolls über den Vergleich vor dem ArbG Pforzheim. Solange sie arbeitsfähig und damit verfügbar gewesen sei, habe es daher an einer wirksamen Arbeitslosmeldung gefehlt.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand der Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und damit auch der Berufung sind auch die Änderungsbescheide der Beklagten vom 13.09.2006, 31.10.2006 und 18.01.2007. Mit diesen Bescheiden hatte die Beklagte jeweils neu den noch vorhandenen Alg-Anspruch und damit auch die restliche Anspruchsdauer festgesetzt. Diese Bescheide wurden daher nach § 96 Abs. 1 SGG in das zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Klagverfahren vor dem SG einbezogen. Dies gilt jedoch nicht für den Bescheid vom 21.09.2006. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte die laufende Bewilligung lediglich aufgehoben und daher keine Aussagen zur restlichen Dauer des verbliebenen Alg-Anspruchs getroffen. Außerdem hatte sie diesen Aufhebungsbescheid mit dem Abhilfebescheid vom 18.01.2007 wieder vollen Umfangs aufgehoben.
II. Mit diesem Inhalt ist die Berufung der Klägerin zulässig. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulassungsbedürftig. Die Klägerin ist aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert, außerdem betrifft die Klage wiederkehrende Leistungen für noch 14 Monate, also für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
III. Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.
Zwar war die Klage zulässig. Insbesondere konnte die Klägerin ihre Klage nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG auf eine Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach beschränken. Ebenso ist es möglich, dass - weitergehend - nur die Dauer des bewilligten Alg-Anspruchs in Streit gestellt wird, denn bei diesem Merkmal handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes (BSG, Urteil vom 14.09.2010, B 7 AL 23/09 Rn, Juris Rn. 9).
Jedoch ist die Klage unbegründet. Die Bewilligung eines Alg-Anspruchs mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen durch den Bewilligungsbescheid vom 07.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2006 ist rechtmäßig. Die Klägerin hatte ab dem 30.05.2006 nur einen solchen einen Anspruch inne.
1. Die Beklagte hat ihrer Entscheidung über den Alg-Anspruch der Klägerin ab dem 30.05.2006 zu Recht § 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB III in der Fassung des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S. 3002) zu Grunde gelegt. Nach dieser Vorschrift betrug der Anspruch auf Alg nach einer Vorversicherungszeit von 24 Monaten 12 Monate, erst für Arbeitslose ab Vollendung des 55. Lebensjahrs verlängerte er sich auf 15 bzw. 18 Monate. Diese Fassung des § 127 SGB III war zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Sie galt fort bis zum 31.12.2007, nämlich bis zu der weiteren Änderung durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch vom 08.04.2008 (BGBl I S. 681). Grundsätzlich galt § 127 SGB III in der Fassung ab dem 01.01.2004 daher auch an dem hier maßgeblichen Stichtag, dem 30.05.2006, dem Beginn des hier streitigen Anspruchs auf Alg. Nach dieser Regelung hätte die Beklagte zu Recht Alg nur für 360 Tage zugesprochen.
2. Eine längere Anspruchsdauer ergibt sich auch nicht aus den Übergangsregelungen in § 434l Abs. 1 oder Abs. 2 SGB III.
a) Beide Vorschriften wurden durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt eingefügt. Nach Abs. 1 ist § 127 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Rechts der Arbeitsförderung (ARFG) vom 24.03.1997 (BGBl I S. 594) weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Alg bis zum 31.01.2006 entstanden war, insoweit war § 127 SGB III in der vom 01.01.2004 geltenden Fassung nicht anzuwenden. § 434l Abs. 2 SGB III regelt den Fall, dass ein alter Anspruch auf Alg mit längerer Bezugsdauer nicht ausgeschöpft wurde und durch die Entstehung eines neuen Anspruchs erloschen war (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). In diesem Fall verlängert sich die Dauer des neuen Anspruchs nach § 127 Abs. 4 SGB III um die Restdauer des alten Anspruchs. Nach der Übergangsvorschrift in § 434l Abs. 2 SGB III ist dann als Höchstdauer (mindestens) die Dauer des alten, erloschenen Anspruchs zu Grunde zu legen. Bei der Klägerin ist am 30.05.2006 zwar ein neuer, unter der Geltung des neuen Rechts entstandener Anspruch entstanden, da sie auf Grund des Bezugs von Krg weiterhin versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung war. Sofern sie jedoch zuvor, also bis zum 31.01.2006, einen Anspruch auf Alg mit längerer Dauer erworben hatte, dann war auch dieser neue Anspruch bis zur Bezugsdauer des alten Anspruchs zu verlängern.
b) Die Klägerin hatte jedoch bis zum 31.01.2006, dem Auslaufen der Übergangsregelung, keinen Anspruch auf Alg erworben.
Nach § 40 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entstehen Ansprüche, sobald ihre im Gesetz bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Hiernach verlangt § 434l Abs. 1 und Abs. 2 SGB III mehr als dass der Arbeitslose in der genannten Zeitspanne eine bloße Anwartschaft auf Alg von bestimmter Dauer erworben hatte, die nur noch von einer in seinem Belieben stehenden Handlung, nämlich der Arbeitslosmeldung, abhing. Andererseits war es nicht notwendig, dass bereits einzelne Zahlungsansprüche durch Bescheid zugesprochen waren. Die Übergangsregelung setzte vielmehr voraus, dass ein so genanntes "Stammrecht" auf Alg entstanden war.
Ein solches Stammrecht lag vor, wenn bei dem Arbeitslosen in der Übergangszeit vom 01.01.2004 bis zum 31.01.2006 an mindestens einem Tag (zu einem Zeitpunkt) gleichzeitig alle materiellen, positiven Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg vorgelegen hatten. Diese Vor-aussetzungen waren bis zum 31.12.2004 in § 117 SGB III a.F. geregelt und sind seit dem 01.01.2005 - inhaltlich unverändert - in § 118 Abs. 1 SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I S. 2848) enthalten. Es handelt sich die Arbeitslosigkeit (§ 119 SGB III n.F.), die Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III n.F.) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit nach §§ 123 f. SGB III n.F. (vgl. zu allem BVerfG, Beschluss vom 22.07.2009 (a.a.O., Juris Rn. 29 m.w.N.). War ein solches Stammrecht zu irgendeinem Zeitpunkt in der genannten Spanne entstanden, so konnten aus ihm heraus Leistungsansprüche auch in der Zeit nach dem 31.01.2006 geltend gemacht werden, und zwar solange, bis das Stammrecht durch Verbrauch oder nach § 147 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB III erloschen war. Auf eine Bewilligung einzelner Zahlungsansprüche aus diesem Stammrecht kam es dabei nicht an.
Nach diesen Anforderungen hatte die Klägerin bis zum 31.01.2006 kein Stammrecht auf Alg erworben.
aa) Dies gilt zunächst für die Zeit vor dem 01.01.2005. In diesem Zeitraum war die Klägerin nicht arbeitslos im damaligen Sinne bzw. sie hatte sich nicht für diesen Zeitraum bei der Beklagten arbeitslos gemeldet.
(1) Arbeitslos war damals nach § 118 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB III a.F., wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und daher beschäftigungslos war und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchte. Diese Vorschrift war hier noch anwendbar, denn die Neufassung der §§ 117 bis 119 SGB III durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt trat erst zum 01.01.2005 in Kraft.
(a) Die Klägerin war zwar spätestens ab dem 23.11.2004 beschäftigungslos.
Ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne ist nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Hiernach setzt ein Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich ein (zivilrechtlich wirksames) Arbeitsverhältnis voraus. Umgekehrt jedoch kann das Beschäftigungsverhältnis enden, auch wenn das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht. Das Beschäftigungsverhältnis setzt die faktische Ausfüllung der arbeitsrechtlichen Pflichten voraus, also grundsätzlich das Fortbestehen des Direktionsrechts (§ 315 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) und die Eingliederung in den Betrieb. Daher endet das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber endgültig auf sein Direktionsrecht verzichtet. Dies ist unter anderem dann anzunehmen, wenn er gekündigt hat und den Arbeitnehmer unwiderruflich von der weiteren Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten freistellt (vgl. im Einzelnen Brand, in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 119 Rn. 10 f., 16). Dagegen reicht eine nur widerrufliche Freistellung von der Arbeitspflicht nicht aus. Das hat das LSG Nordrhein-Westfalen - gerade zu § 434l Abs. 1 SGB III - in seinem Urteil vom 23.02.2010 (L 1 AL 9/09, Juris Rn. 26 ff.) bestätigt.
Die Klägerin nun war auf Grund des Vergleichs, den sie am 23.11.2004 vor dem ArbG Pforzheim mit ihrem Arbeitgeber geschlossen hatte, mindestens ab diesem Tag unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt. Jenes Protokoll begründet den vollen Beweis des darin beurkundeten Vorgangs, §§ 46 Abs 2 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 415 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), also hier der tatsächlichen Abgabe der im Protokoll festgehaltenen Erklärungen durch die Parteien des dortigen Verfahrens. Dieser Vergleich wurde der Beklagten am 03.12.2004 bekannt, wie sich aus ihrem Eingangsstempel auf dem Protokoll ergibt.
(b) Die Klägerin suchte jedoch vor dem 01.01.2005 - noch - keine versicherungspflichtige Beschäftigung.
Eine Beschäftigung suchte nach § 119 Abs. 1 SGB III a.F., wer alle Möglichkeiten nutzte oder nutzen wollte, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stand, also verfügbar war. Verfügbar war nach § 119 Abs. 2 SGB III a.F., wer arbeitsfähig und arbeitsbereit war. Die in § 119 Abs. 3 und Abs. 4 SGB III a.F. näher definierte Arbeitsfähigkeit lag grundsätzlich vor, wenn der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden in der Woche umfassende Beschäftigung aufnehmen konnte und durfte und hierzu bereit (subjektive Verfügbarkeit) und in der Lage war (objektive Verfügbarkeit).
Die Klägerin war zwar ab dem 23.11.2004 objektiv verfügbar, denn arbeitsunfähig erkrankt und damit - womöglich - nicht mehr verfügbar war sie erst ab dem 30.12.2004.
Es fehlte jedoch an der subjektiven Verfügbarkeit. Die Klägerin ging selbst davon aus, dass ihr Beschäftigungsverhältnis erst zum 31.12.2004 enden würde. Sie hatte sich daher den Vermittlungsbemühungen der Beklagten - noch - nicht zur Verfügung gestellt, sondern erst zum 01.01.2005. Dies ergibt sich aus den handschriftlichen Einträgen in dem Antrag auf Alg vom 04.10.2005, nämlich aus dem dort angegebenen Datum. Auch wenn dieses Datum ein Mitarbeiter der Beklagten eingetragen hat, wie sich aus der verwendeten grünen Schrift ergibt, so hatte die Klägerin mit ihrer Unterschrift solche Einträge gebilligt und gedeckt. Es war auch nachvollziehbar, dass die Klägerin erst ab dem 01.01.2005 die Dienste der Beklagten in Anspruch nehmen, vor allem Alg beziehen wollte, denn bis zum 31.12.2004 bestand zumindest ihr Arbeitsverhältnis noch und sie erhielt weiterhin (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt, das einen Anspruch auf Alg zum Ruhen gebracht hätte.
(2) Die Voraussetzungen einer Arbeitslosmeldung bestimmten sich in jenem Zeitraum, zu dem auch der 23.11.2004 gehörte, im Gegensatz zu den anderen Voraussetzungen des Alg-Anspruchs bereits nach neuem Recht. Mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hatte der Gesetzgeber auch die Regelung über die Arbeitslosmeldung geringfügig geändert, nämlich vor allem die in § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III genannte Frist von zwei auf drei Monate verlängert. Eine Übergangsregelung hierfür hat er jedoch nicht erlassen. Insbesondere umfasst § 434j Abs. 3 SGB III nur die §§ 123 ff. SGB III, nicht aber § 122 SGB III. Daher war diese Neufassung bereits ab ihrem In-Kraft-Treten, dem 01.01.2004, anwendbar.
(a) Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Arbeitsagentur zu melden. Dies hatte die Klägerin am 30.09.2004 getan, nachdem sie sich bereits am 01.07.2004 arbeitssuchend nach § 37b SGB III a.F. gemeldet hatte.
(b) Diese Arbeitslosmeldung entfaltete Wirkung jedoch erst zum 01.01.2005.
Zwar handelt es sich bei der Arbeitslosmeldung nicht um eine Willenserklärung. Vielmehr ist sie eine Tatsachenerklärung (vgl. Spellbrink, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Oktober 2005, § 122 Rn. 21 f. m.w.N.) und unterliegt deshalb auch nicht den Gestaltungsmöglichkeiten einer Willenserklärung (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.1986, 7 RAr 48/84, Juris Rn. 16 ff.). Dementsprechend kann sie nicht aufschiebend befristet erklärt (§§ 158, 163 BGB) oder zurückgenommen werden. Sie ist von dem Antrag auf Zahlung von Arbeitslosengeld zu unterscheiden, der gemäß § 323 Abs. 1 Satz 2, § 324 Abs. 2 Satz 1 SGB III auch zu oder mit Wirkung ab einem späteren Zeitpunkt gestellt werden kann (BVerfG, Beschluss vom 22.07.2009, 1 BvL 9/07, Juris Rn. 32 m.w.N.).
Aus diesem Grunde ist in der Rechtsprechung z. B. anerkannt, dass eine Arbeitslosmeldung, von der ausdrücklich in § 122 Abs. 3 SGB III geregelten Ausnahme abgesehen, nicht zurückwirken kann (Spellbrink, a.a.O., Rn. 36).
Daraus folgt jedoch nicht, dass eine Arbeitslosmeldung ihre "Wirkung" immer sofort entfaltet. Die Arbeitslosmeldung als Tatsachenmitteilung ist die Angabe des Versicherten gegenüber der Beklagten, dass Arbeitslosigkeit eingetreten sei (BSG, Urteil vom 03.12.2009, B 11 AL 40/08 R, Juris, Rn. 16). Liegt noch keine Arbeitslosigkeit vor, dann geht eine Arbeitslosmeldung - jedenfalls nach der Grundregel in § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III - ins Leere, ohne dass man davon sprechen könnte, sie sei "unwirksam". Eine Ausnahme hiervon besteht nur nach § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Nach dieser Vorschrift ist eine Arbeitslosmeldung (erst) zulässig, wenn der Eintritt der Arbeitslosigkeit binnen der nächsten drei Monate zu erwarten ist. Diese Sonderregelung bedeutet zwar nicht, dass eine in diesem Sinne verfrühte Arbeitslosmeldung unwirksam ist und sie der Versicherte bei Beginn der Arbeitslosigkeit wiederholen müsste (Lüdtke, in: Lehr- und Praxiskommentar [LPK] SGB III, 2008, § 122 Rn. 4). Vielmehr erlaubt § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Bundesagentur nur, eine verfrühte Arbeitslosmeldung zurückzuweisen. Gleichwohl hat auch eine solche vorzeitige Arbeitslosmeldung erst für den Zeitpunkt Bedeutung, in dem dann tatsächlich Arbeitslosigkeit eintritt. Im Ergebnis "wirkt" daher auch eine Arbeitslosmeldung erst ab dem Zeitpunkt, an dem sich der nunmehr arbeitslos gewordene Versicherte den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stellt, also subjektiv verfügbar ist.
Hiernach kommt es nicht darauf an, dass sich die Klägerin außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums des § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III, nämlich schon am 30.09.2004, arbeitslos gemeldet, die Beklagte diese Arbeitslosmeldung aber gleichwohl entgegengenommen hat. Aus den Umständen bei der Arbeitslosmeldung ergab sich, dass die Klägerin die Vermittlungsbemühungen der Beklagten erst ab dem 01.01.2005 in Anspruch nehmen wollte. Dies spiegelt sich dann in dem handschriftlich eingetragenen entsprechenden Datum in dem Alg-Antrag vom 04.10.2004 wider, die die Klägerin mit ihrer Unterschrift akzeptiert hat.
bb) Auch am 01.01.2005 ist ein Anspruch der Klägerin auf Alg nicht entstanden. Den Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil zu diesem Zeitpunkt ist zu folgen.
(1) An diesem Tag lag zwar eine wirksame Arbeitslosmeldung vor, nämlich jene vom 30.09.2004. Dass diese Arbeitslosmeldung mindestens ab dem 01.01.2005 "wirken" sollte, räumt auch die Beklagte ein.
(2) Die Klägerin war jedoch ab diesem Datum nicht (mehr) arbeitslos. Sie war zwar, wie ausgeführt, mindestens seit dem 23.11.2004 beschäftigungslos. Es fehlte jedoch am 01.01.2005 an der Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III in der nunmehr geltenden Fassung vom 01.01.2005.
Zum einen war die Klägerin nicht (mehr) objektiv verfügbar im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III n.F. Sie war nämlich gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Gutachten des MDK vom 19.01.2005 und der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes Haug vom 30.12.2004. Nach diesen Unterlagen war die Klägerin ab dem 30.12.2004 im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) arbeitsunfähig erkrankt. In ihrem Falle sind die rechtlichen Voraussetzungen einer Arbeitsfähigkeit im kranken- und der Verfügbarkeit im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne aber deckungsgleich. Zwar liegt Arbeitsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien (ArbUnfRiLi) grundsätzlich schon dann vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr (vollschichtig) ausüben kann. Dies gilt jedoch nur für beschäftigte Versicherte. Ist ein Versicherter dagegen bereits arbeitslos, dann bestimmt § 2 Abs. 3 ArbUnfRiLi, dass er arbeitsunfähig ist, wenn er krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den er sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben, hierbei ist es unerheblich, welcher Tätigkeit er vor der Arbeitslosigkeit nachging. Die Klägerin nun war bereits seit dem 23.11.2004 arbeitslos, weil an diesem Tage ihr Beschäftigungsverhältnis geendet hatte. Sie hatte sich in ihrer Arbeitslosmeldung vom 30.09.2004 zum 01.01.2005 dem Arbeitsmarkt für eine mindestens 15stündige Tätigkeit zur Verfügung gestellt. Genau diese Tätigkeit konnte sie nach dem Gutachten und der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr ausüben. Damit fehlte es gleichzeitig an ihrer objektiven Verfügbarkeit.
Zur Überzeugung des Senats war die Klägerin ab dem 30.12.2004 auch nicht mehr subjektiv verfügbar im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 3 SGB III n.F ... Denn sie hatte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und außerdem bei der AOK - letztlich erfolgreich - Krg beantragt. Damit hat sie deutlich gezeigt, dass sie keine Vermittlungsbemühungen der Beklagten mehr akzeptiert hätte.
(3) Aus § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III konnte die Klägerin am 01.01.2005 keinen Alg-Anspruch herleiten. Diese Norm über eine sechswöchige Leistungsfortzahlung im Krankheitsfalle greift nur ein, wenn ein Arbeitsloser "während des Bezugs von Arbeitslosigkeit" erkrankt. Diese Vorschrift stellt nicht auf das bloße Stammrecht auf Alg, sondern auf tatsächliche Zahlungen oder ggfs. bereits bewilligte, aber noch nicht ausgezahlte einzelne Leistungsansprüche. Die Klägerin hatte jedoch vor dem 30.12.2004 kein Alg bezogen.
(4) Ein Anspruch der Klägerin auf Alg ergibt sich auch nicht aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 SGB III. Denn diese Vorschrift greift nur ein, wenn der Versicherte allein deswegen nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausüben "kann" und der Rentenversicherungsträger keine verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt hat. Die Vorschrift ersetzt also nur die fehlende objektive Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III (vgl. Brand, a.a.O., § 125 Rn. 2). Ein Anspruch besteht dagegen weiterhin nicht, wenn - auch - andere Voraussetzungen fehlen, z. B. - wie hier - die subjektive Verfügbarkeit. Hinzu kommt, dass die materiellen Voraussetzungen der Nahtlosigkeitsregelung bei der Klägerin am 01.01.2005 nicht vorlagen. Es war keine Prognose gestellt oder zu stellen, nach der bei ihr von einer dauerhaften, also mehr als sechs Monate andauernden vollen Erwerbsminderung auszugehen war. Erwerbsminderung und Arbeitsunfähigkeit bzw. fehlende Verfügbarkeit sind nicht deckungsgleich. Die Klägerin war zwar letztlich für erheblich mehr als sechs Monate arbeitsunfähig erkrankt. Das war jedoch am 01.01.2005 nicht absehbar. Vielmehr hatte - bei einer retrospektiven Betrachtung - später z. B. die LVA Baden-Württemberg eine Erwerbsminderung verneint, so in dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik und auch in dem Schreiben an die AOK vom 02.09.2005. Dass bei der Klägerin keine dauerhafte Erwerbsminderung vorlag, zeigt sich - wiederum bei einer Betrachtung ex post - auch darin, dass ihre Arbeitsunfähigkeit nach dem Ende des Krg-Anspruchs endete und sie sich wieder einschränkungslos den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stellen konnte.
cc) Da hiernach die Klägerin bereits nach materiellem Recht vor dem 01.01.2005 keinen Anspruch auf Alg erworben hatte, lässt der Senat offen, ob der Bescheid der Beklagten vom 04.01.2005 so zu verstehen ist, dass mit ihm ein solcher Anspruch - bestandskräftig - verneint worden ist. Wenn der Bescheid bereits einen Anspruch auf Alg dem Grunde nach verneinen sollte, dann könnte die Klägerin einen solchen Anspruch für die Zeit vor Erlass des Bescheids ohnehin nur im Überprüfungswege (§ 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) geltend machen.
dd) Ein Anspruch der Klägerin auf Alg ist auch nicht am 08. oder 11.07.2005 entstanden.
Zu diesem Zeitpunkt hätte sich die Klägerin erneut bei der Beklagten arbeitslos melden müssen, denn die Wirkung ihrer Arbeitslosmeldung vom 30.09.2004 war - selbst wenn man nur von ihrer Wirksamkeit zum 01.01.2005 ausgeht - inzwischen nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III erloschen, weil die Klägerin zwischenzeitlich mehr als sechs Wochen nicht arbeitslos gewesen war. Eine solche Meldung hätte die Klägerin überhaupt nur bei ihrer persönlichen Vorsprache am 11.07. abgeben können (§ 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III), denn am 08.07. hatte es nur einen telefonischen Kontakt zur Beklagten gegeben, und zwar nicht durch sie, sondern durch ihren Ehemann. Am 11.07.2005 war die Klägerin jedoch nicht aus freien Stücken, sondern auf Aufforderung der Beklagten erschienen. Und sie hat sich hier auch nicht arbeitslos gemeldet, sondern angegeben, sie halte sich weiterhin für arbeitsunfähig erkrankt und wolle daher weiterhin Krg - und eben keine Leistungen der Beklagten - beziehen.
Außerdem fehlte der Klägerin am 08. und 11.07.2005 aus den genannten Gründen die subjektive Verfügbarkeit, also die Bereitschaft, Vermittlungsbemühungen der Beklagten anzunehmen. Es kann daher offen bleiben, ob die Klägerin ab dieser Zeit auch noch arbeitsunfähig und damit objektiv nicht verfügbar war, auch wenn der Entlassungsbericht über die Rehabilitationsmaßnahme und zunächst auch die AOK davon ausgegangen waren, die Klägerin sei nunmehr wieder arbeitsfähig.
Da es in jedem Falle auch an der subjektiven Verfügbarkeit fehlte, ist auch im Juli 2005 kein Anspruch auf Alg gem. § 125 Abs. 1 SGB III entstanden.
3. Dass auf die Klägerin für den am 30.05.2006 entstandenen Anspruch auf Alg bereits die Neufassung des § 127 Abs. 2 SGB III anzuwenden ist und sie sich nicht auf die Übergangsregelungen in § 434l Abs. 1 oder Abs. 2 SGB III berufen kann, ist auch mit der Verfassung vereinbar. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG scheidet daher aus.
Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 01.10.2008 (L 3 AL 114/08, Juris Rn. 16 ff.) die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung bejaht. Inzwischen hat auch das BSG in dem Urteil vom 14.09.2010 (B 7 AL 23/09 R, Juris Rn. 12 ff.) ausgeführt, dass die Neuregelung auch unter Berücksichtigung der Übergangsregelung weder die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG noch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder - im Hinblick auf die Äquivalenz zwischen Leistungen und Beiträgen der Versicherten - die Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt.
Im Falle der Klägerin ist ergänzend lediglich auszuführen, dass auch ihre Arbeitsunfähigkeit während des größten Teils der Übergangsfrist, nämlich vom 31.12.2004 bis zum 29.05.2006, keine andere Beurteilung rechtfertigt. Eine Ungleichbehandlung wegen Krankheit (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt darin nicht, denn der Stichtag für das Auslaufen der Übergangsregelung, der 31.01.2006, war fix und unabhängig von individuellen Umständen gesetzt, knüpfte also nicht etwa an die Gesundheit des Versicherten an. Im Übrigen war die Übergangsfrist vom 01.01.2004 bis zum 31.01.2006 so lang, dass jeglicher Anspruch auf Alg, der seine Entstehungsvoraussetzungen noch unter altem Recht, also vor dem 01.01.2004, hatte, bis zu diesem Zeitpunkt ausgelaufen wäre. Dass ein Versicherter am Ende einer Übergangsfrist die Voraussetzungen der Übergangsregelung nicht erfüllt, ist kein derart atypischer Umstand, dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, für ihn eine - weitere - Übergangsvorschrift vorzusehen.
IV. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
V. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Soweit es um die Anwendung des § 434l Abs. 1 SGB III geht, beruht das Urteil auf tatrichterlichen Würdigungen des Sachverhalts. Die Frage, ob die Neufassung des § 127 Abs. 2 SGB III durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt verfassungswidrig sei, hat das BSG mit dem genannten Urteil vom 14.09.2010 bereits beantwortet. Die ansonsten eventuell noch bedeutsame Rechtsfrage, ob die Wirkungen einer Arbeitslosmeldung auf einen späteren Zeitpunkt bezogen werden können mit der Folge, dass trotz einer zwischenzeitlich eintretenden Arbeitslosigkeit kein Alg-Anspruch entsteht, lässt sich nach Ansicht des Senats ohne Weiteres aus dem Gesetz und der vorliegenden ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung beantworten.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt ab dem 30.05.2006 Arbeitslosengeld (Alg) für einen längeren Zeitraum als 360 Tagen.
Die am 01.09.1952 geborene Klägerin war ab dem 21.03.1988 als "Mitarbeiterin in der Montage und Qualitätsendkontrolle" sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte am 30.06.2004 das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 31.12.2004. Mit Schreiben vom 23.09.2004 stellte er die Klägerin "ab sofort frei, der Arbeit fern zu bleiben". In einem Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Pforzheim (1 Ca 350/04) schlossen die Klägerin und ihr Arbeitgeber am 23.11.2004 einen gerichtlich protokollierten Vergleich. Dieser sah vor, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2004 gegen Zahlung einer Abfindung von EUR 25.000,00 endete und die Klägerin "unter Anrechnung etwaiger Resturlaubs- und Freizeitansprüche unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt (bleibt)".
Die Klägerin hatte sich am 01.07.2004 arbeitssuchend gemeldet. Am 30.09.2004 meldete sie sich sodann auch arbeitslos und beantragte Alg. Den am 04.10.2004 unterschriebenen Antrag reichte sie am 11.10.2004 bei der Beklagten ein. Sie hatte darin angekreuzt, sie übe keine Beschäftigung von mehr als 15 Stunden aus, sie sei bereit, alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit zu nutzen und sei zurzeit nicht arbeitsunfähig erkrankt. In grüner Schrift ist auf dem Antragsformular in dem Feld "Eingangsstempel" das Datum 01.01.2005 notiert. Der Arbeitgeber kreuzte in der vorläufigen und der endgültigen Arbeitsbescheinigung vom 04.10.2004 und 28.12.2004 jeweils nicht das Feld an, das Beschäftigungsverhältnis sei bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis beendet, z. B. durch eine Freistellung. Am 03.12.2004 ging bei der Beklagten das Protokoll des Vergleichs vor dem ArbG Pforzheim vom 23.11.2004 ein.
Ab dem 30.12.2004 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt (AU-Bescheinigung von Internist Haub von diesem Tag). Die Krankenkasse der Klägerin, die AOK Baden-Württemberg, teilte diesem Arzt mit, dass die Klägerin arbeitslos sei und daher Arbeitsunfähigkeit nur anzunehmen sei, wenn die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten für mindestens 15 Stunden wöchentlich zu verrichten. Arzt Haub antwortete in seiner Stellungnahme vom 15.01.2005, das Leistungsvermögen der Klägerin liege unter drei Stunden täglich. Die AOK beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg mit einer Begutachtung und gab die gleichen Hinweise wie dem Arzt. Der MDK stellte in seinem Gutachten vom 19.01.2005 fest, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit könnten nicht bestätigt werden, ein positives Leistungsprofil sei "auch bei inzwischen ab 01.01.2005 arbeitsloser Patientin" nicht festzustellen. Zu entsprechenden Feststellungen kamen die weiteren Gutachten des MDK vom 11.03.2005 und 22.04.2005. Ab dem 01.01.2005 bezog die Klägerin Krankengeld (Krg) von ihrer Krankenkasse, der AOK Baden-Württemberg.
Mit Bescheid vom 04.01.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Alg ab. Dieser ruhe, weil die Klägerin Krg beziehe. Ein Rechtsbehelf wurde nicht eingelegt.
Die Klägerin bezog bis 15.06.2005 weiter Krg. Vom 16.06. bis 07.07.2005 absolvierte sie zu Lasten der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden-Württemberg eine stationäre Re¬habilitationsmaßnahme und bezog Übergangsgeld. Aus dieser Maßnahme wurde sie als "sofort arbeitsfähig" entlassen (Entlassungsbericht vom 27.07.2005 der Federsee-Klinik Bad Buchau). Die AOK stellte daraufhin die Zahlung von Krg ein. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 08.07.2005 teilte der Ehemann der Klägerin der Beklagten diesen Sachverhalt mit. Auf Aufforderung der Beklagten hin sprach die Klägerin am 11.07.2005 persönlich vor und teilte mit, sie sei weiterhin arbeitsunfähig erkrankt und beziehe auch weiterhin Krg. Tatsächlich half die AOK mit Bescheid vom 08.09.2005 dem Widerspruch der Klägerin ab und nahm die Zahlung von Krg wieder auf, nachdem der MDK in seinem Gutachten vom 11.08.2005 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit anerkannt hatte. Am 02.09.2005 hatte außerdem die LVA Baden-Württemberg der AOK mitgeteilt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, sodass ein Anspruch auf Rente nicht bestehe. Letztlich bezog die Klägerin Krg bis zur Aussteuerung am 29.05.2006.
Am 13.04.2006 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alg. Sie gab an, sie sei nur bis zum 29.05.2006 arbeitsunfähig erkrankt und werde sich danach den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stellen. Der Arbeitgeber reichte eine weitere Arbeitsbescheinigung (vom 19.04.2006) ein, in der wiederum keine Angaben zu einer Freistellung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses enthalten waren.
Mit Bescheid vom 07.06.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 30.05.2006 bis zum 28.05.2007 Alg für 360 Tage mit einem täglichen Zahlbetrag von EUR 28,22.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie trug vor, sie habe - bereits - "am 01.01.2005" Alg beantragt. Wegen des Bezugs von Krg habe ihr Leistungsanspruch geruht. Der Anspruch auf Alg betrage daher 26 Monate.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 21.07.2006. Sie führte aus, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Alg für eine längere Dauer als 360 Tage zu. Die Formulierung aus dem Bescheid vom 04.01.2005, der Leistungsanspruch ruhe, sei unzutreffend. Ein Anspruch könne nur ruhen, wenn er zuvor entstanden sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Die Klägerin habe wegen der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit bis zum 29.05.2006 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung stehen können. Ein Anspruch auf Alg sei daher vor dem 30.05.2006 nicht entstanden. Der nunmehr entstandene Anspruch dauere angesichts des Lebensalters der Klägerin nur 360 Tage. Die Übergangsregelung in § 434l Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) greife nicht ein, weil der Anspruch auf Alg erst nach dem 31.01.2006 entstanden sei.
Wegen einer Ortsabwesenheit der Klägerin über drei Wochen hinaus hob die Beklagte die Bewilligung von Alg zunächst mit Bescheid vom 13.09.2006 für die Zeit vom 06.10. bis 27.10.2006 auf (und bewilligte ab dem 28.10.2006 für noch 233 Tage bis zum 19.06.2007 erneut Alg). Sodann hob die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 21.09.2006 die Alg-Bewilligung ab dem 15.09.2006 ganz auf. Gegen letzteren Bescheid erhob die Klägerin unter dem 22.11.2006 Widerspruch mit der Begründung, die fragliche Ortsabwesenheit sei genehmigt worden. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte - nach der Rückkehr der Klägerin - zunächst mit Bescheid vom 31.10.2006 ab dem 30.10.2006 erneut Alg für - noch - 254 Tage bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 16.11.2006 Widerspruch wegen der Gesamtdauer des Alg-Anspruchs, wobei sie ausführte, ihrer Ansicht nach sei dieser Bescheid in das bereits laufende Verfahren einbezogen worden. Auf den ersten Widerspruch der Klägerin vom 22.11.2006 hin erließ die Beklagte sodann den Abhilfebescheid vom 18.01.2007, mit dem der Bescheid vom 21.09.2006 ganz aufgehoben und der Neubewilligungsbescheid vom 31.10.2006 dahin abgeändert wurde, dass Alg bereits wieder ab dem 28.10.2006 zu zahlen sei. Letztlich verblieb es daher nur bei der Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 06.10. bis 27.10.2006. Ein entsprechender Änderungsbescheid (Neubewilligung von Alg für noch 254 Tage ab dem 28.10.2006) erging ebenfalls am 18.01.2007.
Wegen der Dauer des bewilligen Alg-Anspruchs hat die Klägerin am 21.08.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat dort beantragt, die Beklagte unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide zur Gewährung von Alg für 780 Tage ab dem 30.05.2006 zu verurteilen. Sie hatte zunächst behauptet, sie habe nach der Entlassung aus der Rehabilitation, im August 2005, bei der Beklagten vorgesprochen und Alg beantragt. Später hat sie hierzu vorgetragen, ihr Ehemann habe sie am 08.07.2005 als arbeitssuchend gemeldet, um an einen Leistungsbezug und einen Versicherungsschutz zu gelangen. Auch habe sie am 11.07.2005 den Entlassungsbericht vorgelegt, der ihr Arbeitsfähigkeit attestiert habe. Hierdurch habe sie sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Gleichwohl habe die Beklagte kein Alg bewilligt. Das Krg sei dann nach langem "Hin und Her" rückwirkend weiterbewilligt worden. Bis zu dieser rückwirkenden Bewilligung des Krg hätte aber die Beklagte Alg bezahlen müssen. Es sei daher damals der Anspruch auf Alg entstanden, sodass sich die Klägerin auf die vertrauensschützende Übergangsregelung in § 434l SGB III berufen könne. Diese Vorschrift sei auch nach Sinn und Zweck anwendbar, da die Klägerin ihren Arbeitsplatz schon zum 31.12.2004 verloren habe. Außerdem, so hat die Klägerin weiter vorgetragen, habe die Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 04.01.2005 das Bestehen eines Anspruchs auf Alg festgestellt und lediglich dessen Ruhen angeordnet. Letztlich könne es ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass sie den legalen Trick unterlassen habe, den Krg-Bezug kurzzeitig zu unterbrechen und Alg zu beziehen, wodurch sich die Bezugsdauer dieses Anspruchs mehr als verdoppelt hätte.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 23.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, nach der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung des § 127 SGB III n.F. habe die Beklagte zu Recht nur für 360 Tage Alg bewilligt. Ferner greife die Übergangsregelung in § 434l Abs. 1 SGB III i.V.m. § 127 SGB III a.F. nicht ein. Diese Vertrauensschutzregelung betreffe vor allem Arbeitnehmer, die bereits am 01.01.2004 ein längeres Anwartschaftsrecht erworben hätten und bis zum 01.02.2006 weiterbeschäftigt gewesen seien. Tatsächlich geschützt seien nur die realisierten Alg-Ansprüche. Dabei komme es auf das Entstehen des Stammrechts vor dem 01.02.2006 an, das durch Ruhenstatbestände nicht gehindert sei. Die Klägerin gehöre zwar grundsätzlich zu dem Personenkreis, den der Schutzzweck der Übergangsregelung erfasse, da sie am 01.01.2004 bereits eine Anwartschaft auf einen Alg-Anspruch von 22 Monaten erworben habe, der sich wegen Vollendung des 52. Lebensjahrs im September 2004 um vier Monate verlängert habe. Jedoch sei der Anspruch der Klägerin auf Alg nicht vor dem 31.01.2006 entstanden.
Zum einen sei kein Anspruch auf Alg durch die Arbeitslosmeldung ab dem 01.01.2005 entstanden. Die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 04.01.2005 nicht die Entstehung eines Alg-Anspruchs ab dem 01.01.2005 festgestellt, sondern die Zahlung ausdrücklich abgelehnt. Die Ausführung, der Anspruch ruhe wegen des Bezugs von Krg, sei nur ein Begründungselement gewesen, das die Beklagte nicht binde.
Außerdem hätte die Klägerin zum 01.01.2005 auch keinen Alg-Anspruch gehabt, da sie wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Ein Anspruch auf Alg sei auch nicht nach § 125 SGB III fingiert worden, denn zum 01.01.2005 habe keine Prognose vorgelegen, dass die Leistungsminderung der Klägerin voraussichtlich für mehr als sechs Monate andauern werde. Und es habe auch kein Anspruch auf Alg nach § 126 SGB III bestanden, da die Klägerin bereits bei Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitsunfähig gewesen sei.
Auch durch eine Arbeitslosmeldung vom 11.07.2005 sei kein Anspruch entstanden. Auch zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nicht verfügbar gewesen. Allein der Umstand, dass sie als arbeitsfähig aus der Rehabilitation entlassen worden sei, begründe keinen Anspruch. Die Arbeitsfähigkeit müsse objektiv vorliegen. Die Klägerin habe aber nach ihren Angaben vom 08. und 11.07.2005 Widerspruch gegen die Einstellung der Krg-Zahlungen eingelegt und sich für arbeitsunfähig gehalten. Dadurch, dass die AOK auf den Widerspruch hin die Arbeitsunfähigkeit anerkannt habe, stehe objektiv fest, dass die Klägerin ab dem 08.07.2005 arbeitsunfähig gewesen sei. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, vorläufig Alg zu bewilligen.
Auch ein Anspruch aus § 125 SGB III komme für die Zeit ab dem 08.07.2005 nicht in Betracht. Die Nahtlosigkeitsregelung verbiete der Beklagten nur, die - objektive - Verfügbarkeit eines Arbeitslosen zu verneinen, bevor der zuständige Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit festgestellt habe. Die Vorschrift sei nicht auf Fälle anwendbar, in denen eine Leistungsminderung noch nicht feststehe.
Gegen dieses Urteil, das ihren Prozessbevollmächtigten am 04.12.2007 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 19.12.2007 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Sie hat zunächst vorgetragen, zumindest das Stammrecht eines Anspruchs auf Alg sei bereits vor dem 01.02.2006 entstanden. Die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 04.01.2005 keineswegs einen Leistungsanspruch abgelehnt, sondern nur wegen des Ruhenstatbestandes einen Auszahlungsanspruch abgelehnt. Auch treffe es nicht zu, dass sie am 01.01.2005 nicht verfügbar gewesen sei. Die Begriffe der Arbeitsunfähigkeit im Kranken- und im Arbeitslosenversicherungsrecht seien völlig verschieden. Ansonsten ergebe die Regelung über das Ruhen des Alg-Anspruchs bei Krg-Bezug keinen Sinn. Die Klägerin habe aber eine körperlich leichte Tätigkeit mindestens 15 Stunden wöchentlich ausüben können. Dafür spreche auch, dass die weitere Arbeitsunfähigkeit zwischen ihr und der AOK streitig gewesen sei. Bei einer anderen Betrachtungsweise, so die Klägerin weiter, wäre die Neufassung des § 127 SGB III trotz der Übergangsregelung in § 434l SGB III verfassungswidrig. Die Neuregelung hätte, um verfassungsmäßig zu sein, einer schonenden Übergangsregelung bedurft. Denkbar wäre etwa gewesen, die maximale Anspruchsdauer jährlich um einen Monat zu verringern.
Mit Beschluss vom 24.07.2008 hat der Senat das Ruhen des Berufungsverfahrens angeordnet. Dies geschah im Hinblick auf den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 08.05.2007, das gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG), § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt hatte, ob § 127 SGB III in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG vereinbar sei.
Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 22.07.2009 (1 BvL 10/07) den Vorlagebeschluss des SG Berlin vom 08.05.2007 als unzulässig verworfen hatte, hat die Klägerin das Berufungsverfahren am 18.06.2010 wieder aufgerufen.
Der Senat hat unter dem 13.01.2011 darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin möglicherweise ein Stammrecht auf Alg bereits am 23.11.2004 entstanden war, nachdem sie ihr Arbeitgeber unwiderruflich von der weiteren Tätigkeit freigestellt habe und die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.
Die Klägerin hält ihr bisheriges Vorbringen aufrecht und verweist ergänzend auf Ausführungen des BVerfG in dem genannten Beschluss über die Rechtswirkungen des Ruhens eines Alg-An-spruchs und das Verhältnis zwischen Arbeitsunfähigkeit im kranken- und (fehlender) Verfügbarkeit im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2006 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab dem 30. Mai 2006 für 780 Tage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Sie meint, die Übergangsregelung in § 434l Abs. 1 SGB III sei wegen ihrer zeitlichen Spanne vom 01.01.2004 bis zum 31.01.2006 angemessen gewesen. Sie trägt vor, der MDK habe am 19.01.2005 Arbeitsunfähigkeit attestiert. Auch habe es am 01.01.2005 an der subjektiven Verfügbarkeit gefehlt. Die Klägerin habe sich nicht trotz ihrer Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Zu dem Hinweis des Senats vom 13.01.2011 führt die Beklagte ergänzend an, die Klägerin habe sich am 30.09.2004 erst "zum 01.01.2005" arbeitslos gemeldet und den Inhalt dieser Arbeitslosmeldung danach nicht mehr geändert, vor allem nicht durch Vorlage des Protokolls über den Vergleich vor dem ArbG Pforzheim. Solange sie arbeitsfähig und damit verfügbar gewesen sei, habe es daher an einer wirksamen Arbeitslosmeldung gefehlt.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand der Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und damit auch der Berufung sind auch die Änderungsbescheide der Beklagten vom 13.09.2006, 31.10.2006 und 18.01.2007. Mit diesen Bescheiden hatte die Beklagte jeweils neu den noch vorhandenen Alg-Anspruch und damit auch die restliche Anspruchsdauer festgesetzt. Diese Bescheide wurden daher nach § 96 Abs. 1 SGG in das zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Klagverfahren vor dem SG einbezogen. Dies gilt jedoch nicht für den Bescheid vom 21.09.2006. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte die laufende Bewilligung lediglich aufgehoben und daher keine Aussagen zur restlichen Dauer des verbliebenen Alg-Anspruchs getroffen. Außerdem hatte sie diesen Aufhebungsbescheid mit dem Abhilfebescheid vom 18.01.2007 wieder vollen Umfangs aufgehoben.
II. Mit diesem Inhalt ist die Berufung der Klägerin zulässig. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulassungsbedürftig. Die Klägerin ist aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert, außerdem betrifft die Klage wiederkehrende Leistungen für noch 14 Monate, also für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
III. Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.
Zwar war die Klage zulässig. Insbesondere konnte die Klägerin ihre Klage nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG auf eine Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach beschränken. Ebenso ist es möglich, dass - weitergehend - nur die Dauer des bewilligten Alg-Anspruchs in Streit gestellt wird, denn bei diesem Merkmal handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes (BSG, Urteil vom 14.09.2010, B 7 AL 23/09 Rn, Juris Rn. 9).
Jedoch ist die Klage unbegründet. Die Bewilligung eines Alg-Anspruchs mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen durch den Bewilligungsbescheid vom 07.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2006 ist rechtmäßig. Die Klägerin hatte ab dem 30.05.2006 nur einen solchen einen Anspruch inne.
1. Die Beklagte hat ihrer Entscheidung über den Alg-Anspruch der Klägerin ab dem 30.05.2006 zu Recht § 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB III in der Fassung des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S. 3002) zu Grunde gelegt. Nach dieser Vorschrift betrug der Anspruch auf Alg nach einer Vorversicherungszeit von 24 Monaten 12 Monate, erst für Arbeitslose ab Vollendung des 55. Lebensjahrs verlängerte er sich auf 15 bzw. 18 Monate. Diese Fassung des § 127 SGB III war zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Sie galt fort bis zum 31.12.2007, nämlich bis zu der weiteren Änderung durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch vom 08.04.2008 (BGBl I S. 681). Grundsätzlich galt § 127 SGB III in der Fassung ab dem 01.01.2004 daher auch an dem hier maßgeblichen Stichtag, dem 30.05.2006, dem Beginn des hier streitigen Anspruchs auf Alg. Nach dieser Regelung hätte die Beklagte zu Recht Alg nur für 360 Tage zugesprochen.
2. Eine längere Anspruchsdauer ergibt sich auch nicht aus den Übergangsregelungen in § 434l Abs. 1 oder Abs. 2 SGB III.
a) Beide Vorschriften wurden durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt eingefügt. Nach Abs. 1 ist § 127 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Rechts der Arbeitsförderung (ARFG) vom 24.03.1997 (BGBl I S. 594) weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Alg bis zum 31.01.2006 entstanden war, insoweit war § 127 SGB III in der vom 01.01.2004 geltenden Fassung nicht anzuwenden. § 434l Abs. 2 SGB III regelt den Fall, dass ein alter Anspruch auf Alg mit längerer Bezugsdauer nicht ausgeschöpft wurde und durch die Entstehung eines neuen Anspruchs erloschen war (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). In diesem Fall verlängert sich die Dauer des neuen Anspruchs nach § 127 Abs. 4 SGB III um die Restdauer des alten Anspruchs. Nach der Übergangsvorschrift in § 434l Abs. 2 SGB III ist dann als Höchstdauer (mindestens) die Dauer des alten, erloschenen Anspruchs zu Grunde zu legen. Bei der Klägerin ist am 30.05.2006 zwar ein neuer, unter der Geltung des neuen Rechts entstandener Anspruch entstanden, da sie auf Grund des Bezugs von Krg weiterhin versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung war. Sofern sie jedoch zuvor, also bis zum 31.01.2006, einen Anspruch auf Alg mit längerer Dauer erworben hatte, dann war auch dieser neue Anspruch bis zur Bezugsdauer des alten Anspruchs zu verlängern.
b) Die Klägerin hatte jedoch bis zum 31.01.2006, dem Auslaufen der Übergangsregelung, keinen Anspruch auf Alg erworben.
Nach § 40 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entstehen Ansprüche, sobald ihre im Gesetz bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Hiernach verlangt § 434l Abs. 1 und Abs. 2 SGB III mehr als dass der Arbeitslose in der genannten Zeitspanne eine bloße Anwartschaft auf Alg von bestimmter Dauer erworben hatte, die nur noch von einer in seinem Belieben stehenden Handlung, nämlich der Arbeitslosmeldung, abhing. Andererseits war es nicht notwendig, dass bereits einzelne Zahlungsansprüche durch Bescheid zugesprochen waren. Die Übergangsregelung setzte vielmehr voraus, dass ein so genanntes "Stammrecht" auf Alg entstanden war.
Ein solches Stammrecht lag vor, wenn bei dem Arbeitslosen in der Übergangszeit vom 01.01.2004 bis zum 31.01.2006 an mindestens einem Tag (zu einem Zeitpunkt) gleichzeitig alle materiellen, positiven Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg vorgelegen hatten. Diese Vor-aussetzungen waren bis zum 31.12.2004 in § 117 SGB III a.F. geregelt und sind seit dem 01.01.2005 - inhaltlich unverändert - in § 118 Abs. 1 SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I S. 2848) enthalten. Es handelt sich die Arbeitslosigkeit (§ 119 SGB III n.F.), die Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III n.F.) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit nach §§ 123 f. SGB III n.F. (vgl. zu allem BVerfG, Beschluss vom 22.07.2009 (a.a.O., Juris Rn. 29 m.w.N.). War ein solches Stammrecht zu irgendeinem Zeitpunkt in der genannten Spanne entstanden, so konnten aus ihm heraus Leistungsansprüche auch in der Zeit nach dem 31.01.2006 geltend gemacht werden, und zwar solange, bis das Stammrecht durch Verbrauch oder nach § 147 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB III erloschen war. Auf eine Bewilligung einzelner Zahlungsansprüche aus diesem Stammrecht kam es dabei nicht an.
Nach diesen Anforderungen hatte die Klägerin bis zum 31.01.2006 kein Stammrecht auf Alg erworben.
aa) Dies gilt zunächst für die Zeit vor dem 01.01.2005. In diesem Zeitraum war die Klägerin nicht arbeitslos im damaligen Sinne bzw. sie hatte sich nicht für diesen Zeitraum bei der Beklagten arbeitslos gemeldet.
(1) Arbeitslos war damals nach § 118 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB III a.F., wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und daher beschäftigungslos war und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchte. Diese Vorschrift war hier noch anwendbar, denn die Neufassung der §§ 117 bis 119 SGB III durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt trat erst zum 01.01.2005 in Kraft.
(a) Die Klägerin war zwar spätestens ab dem 23.11.2004 beschäftigungslos.
Ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne ist nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Hiernach setzt ein Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich ein (zivilrechtlich wirksames) Arbeitsverhältnis voraus. Umgekehrt jedoch kann das Beschäftigungsverhältnis enden, auch wenn das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht. Das Beschäftigungsverhältnis setzt die faktische Ausfüllung der arbeitsrechtlichen Pflichten voraus, also grundsätzlich das Fortbestehen des Direktionsrechts (§ 315 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) und die Eingliederung in den Betrieb. Daher endet das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber endgültig auf sein Direktionsrecht verzichtet. Dies ist unter anderem dann anzunehmen, wenn er gekündigt hat und den Arbeitnehmer unwiderruflich von der weiteren Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten freistellt (vgl. im Einzelnen Brand, in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 119 Rn. 10 f., 16). Dagegen reicht eine nur widerrufliche Freistellung von der Arbeitspflicht nicht aus. Das hat das LSG Nordrhein-Westfalen - gerade zu § 434l Abs. 1 SGB III - in seinem Urteil vom 23.02.2010 (L 1 AL 9/09, Juris Rn. 26 ff.) bestätigt.
Die Klägerin nun war auf Grund des Vergleichs, den sie am 23.11.2004 vor dem ArbG Pforzheim mit ihrem Arbeitgeber geschlossen hatte, mindestens ab diesem Tag unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt. Jenes Protokoll begründet den vollen Beweis des darin beurkundeten Vorgangs, §§ 46 Abs 2 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 415 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), also hier der tatsächlichen Abgabe der im Protokoll festgehaltenen Erklärungen durch die Parteien des dortigen Verfahrens. Dieser Vergleich wurde der Beklagten am 03.12.2004 bekannt, wie sich aus ihrem Eingangsstempel auf dem Protokoll ergibt.
(b) Die Klägerin suchte jedoch vor dem 01.01.2005 - noch - keine versicherungspflichtige Beschäftigung.
Eine Beschäftigung suchte nach § 119 Abs. 1 SGB III a.F., wer alle Möglichkeiten nutzte oder nutzen wollte, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stand, also verfügbar war. Verfügbar war nach § 119 Abs. 2 SGB III a.F., wer arbeitsfähig und arbeitsbereit war. Die in § 119 Abs. 3 und Abs. 4 SGB III a.F. näher definierte Arbeitsfähigkeit lag grundsätzlich vor, wenn der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden in der Woche umfassende Beschäftigung aufnehmen konnte und durfte und hierzu bereit (subjektive Verfügbarkeit) und in der Lage war (objektive Verfügbarkeit).
Die Klägerin war zwar ab dem 23.11.2004 objektiv verfügbar, denn arbeitsunfähig erkrankt und damit - womöglich - nicht mehr verfügbar war sie erst ab dem 30.12.2004.
Es fehlte jedoch an der subjektiven Verfügbarkeit. Die Klägerin ging selbst davon aus, dass ihr Beschäftigungsverhältnis erst zum 31.12.2004 enden würde. Sie hatte sich daher den Vermittlungsbemühungen der Beklagten - noch - nicht zur Verfügung gestellt, sondern erst zum 01.01.2005. Dies ergibt sich aus den handschriftlichen Einträgen in dem Antrag auf Alg vom 04.10.2005, nämlich aus dem dort angegebenen Datum. Auch wenn dieses Datum ein Mitarbeiter der Beklagten eingetragen hat, wie sich aus der verwendeten grünen Schrift ergibt, so hatte die Klägerin mit ihrer Unterschrift solche Einträge gebilligt und gedeckt. Es war auch nachvollziehbar, dass die Klägerin erst ab dem 01.01.2005 die Dienste der Beklagten in Anspruch nehmen, vor allem Alg beziehen wollte, denn bis zum 31.12.2004 bestand zumindest ihr Arbeitsverhältnis noch und sie erhielt weiterhin (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt, das einen Anspruch auf Alg zum Ruhen gebracht hätte.
(2) Die Voraussetzungen einer Arbeitslosmeldung bestimmten sich in jenem Zeitraum, zu dem auch der 23.11.2004 gehörte, im Gegensatz zu den anderen Voraussetzungen des Alg-Anspruchs bereits nach neuem Recht. Mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hatte der Gesetzgeber auch die Regelung über die Arbeitslosmeldung geringfügig geändert, nämlich vor allem die in § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III genannte Frist von zwei auf drei Monate verlängert. Eine Übergangsregelung hierfür hat er jedoch nicht erlassen. Insbesondere umfasst § 434j Abs. 3 SGB III nur die §§ 123 ff. SGB III, nicht aber § 122 SGB III. Daher war diese Neufassung bereits ab ihrem In-Kraft-Treten, dem 01.01.2004, anwendbar.
(a) Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Arbeitsagentur zu melden. Dies hatte die Klägerin am 30.09.2004 getan, nachdem sie sich bereits am 01.07.2004 arbeitssuchend nach § 37b SGB III a.F. gemeldet hatte.
(b) Diese Arbeitslosmeldung entfaltete Wirkung jedoch erst zum 01.01.2005.
Zwar handelt es sich bei der Arbeitslosmeldung nicht um eine Willenserklärung. Vielmehr ist sie eine Tatsachenerklärung (vgl. Spellbrink, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Oktober 2005, § 122 Rn. 21 f. m.w.N.) und unterliegt deshalb auch nicht den Gestaltungsmöglichkeiten einer Willenserklärung (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.1986, 7 RAr 48/84, Juris Rn. 16 ff.). Dementsprechend kann sie nicht aufschiebend befristet erklärt (§§ 158, 163 BGB) oder zurückgenommen werden. Sie ist von dem Antrag auf Zahlung von Arbeitslosengeld zu unterscheiden, der gemäß § 323 Abs. 1 Satz 2, § 324 Abs. 2 Satz 1 SGB III auch zu oder mit Wirkung ab einem späteren Zeitpunkt gestellt werden kann (BVerfG, Beschluss vom 22.07.2009, 1 BvL 9/07, Juris Rn. 32 m.w.N.).
Aus diesem Grunde ist in der Rechtsprechung z. B. anerkannt, dass eine Arbeitslosmeldung, von der ausdrücklich in § 122 Abs. 3 SGB III geregelten Ausnahme abgesehen, nicht zurückwirken kann (Spellbrink, a.a.O., Rn. 36).
Daraus folgt jedoch nicht, dass eine Arbeitslosmeldung ihre "Wirkung" immer sofort entfaltet. Die Arbeitslosmeldung als Tatsachenmitteilung ist die Angabe des Versicherten gegenüber der Beklagten, dass Arbeitslosigkeit eingetreten sei (BSG, Urteil vom 03.12.2009, B 11 AL 40/08 R, Juris, Rn. 16). Liegt noch keine Arbeitslosigkeit vor, dann geht eine Arbeitslosmeldung - jedenfalls nach der Grundregel in § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III - ins Leere, ohne dass man davon sprechen könnte, sie sei "unwirksam". Eine Ausnahme hiervon besteht nur nach § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Nach dieser Vorschrift ist eine Arbeitslosmeldung (erst) zulässig, wenn der Eintritt der Arbeitslosigkeit binnen der nächsten drei Monate zu erwarten ist. Diese Sonderregelung bedeutet zwar nicht, dass eine in diesem Sinne verfrühte Arbeitslosmeldung unwirksam ist und sie der Versicherte bei Beginn der Arbeitslosigkeit wiederholen müsste (Lüdtke, in: Lehr- und Praxiskommentar [LPK] SGB III, 2008, § 122 Rn. 4). Vielmehr erlaubt § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Bundesagentur nur, eine verfrühte Arbeitslosmeldung zurückzuweisen. Gleichwohl hat auch eine solche vorzeitige Arbeitslosmeldung erst für den Zeitpunkt Bedeutung, in dem dann tatsächlich Arbeitslosigkeit eintritt. Im Ergebnis "wirkt" daher auch eine Arbeitslosmeldung erst ab dem Zeitpunkt, an dem sich der nunmehr arbeitslos gewordene Versicherte den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stellt, also subjektiv verfügbar ist.
Hiernach kommt es nicht darauf an, dass sich die Klägerin außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums des § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III, nämlich schon am 30.09.2004, arbeitslos gemeldet, die Beklagte diese Arbeitslosmeldung aber gleichwohl entgegengenommen hat. Aus den Umständen bei der Arbeitslosmeldung ergab sich, dass die Klägerin die Vermittlungsbemühungen der Beklagten erst ab dem 01.01.2005 in Anspruch nehmen wollte. Dies spiegelt sich dann in dem handschriftlich eingetragenen entsprechenden Datum in dem Alg-Antrag vom 04.10.2004 wider, die die Klägerin mit ihrer Unterschrift akzeptiert hat.
bb) Auch am 01.01.2005 ist ein Anspruch der Klägerin auf Alg nicht entstanden. Den Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil zu diesem Zeitpunkt ist zu folgen.
(1) An diesem Tag lag zwar eine wirksame Arbeitslosmeldung vor, nämlich jene vom 30.09.2004. Dass diese Arbeitslosmeldung mindestens ab dem 01.01.2005 "wirken" sollte, räumt auch die Beklagte ein.
(2) Die Klägerin war jedoch ab diesem Datum nicht (mehr) arbeitslos. Sie war zwar, wie ausgeführt, mindestens seit dem 23.11.2004 beschäftigungslos. Es fehlte jedoch am 01.01.2005 an der Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III in der nunmehr geltenden Fassung vom 01.01.2005.
Zum einen war die Klägerin nicht (mehr) objektiv verfügbar im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III n.F. Sie war nämlich gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Gutachten des MDK vom 19.01.2005 und der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes Haug vom 30.12.2004. Nach diesen Unterlagen war die Klägerin ab dem 30.12.2004 im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) arbeitsunfähig erkrankt. In ihrem Falle sind die rechtlichen Voraussetzungen einer Arbeitsfähigkeit im kranken- und der Verfügbarkeit im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne aber deckungsgleich. Zwar liegt Arbeitsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien (ArbUnfRiLi) grundsätzlich schon dann vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr (vollschichtig) ausüben kann. Dies gilt jedoch nur für beschäftigte Versicherte. Ist ein Versicherter dagegen bereits arbeitslos, dann bestimmt § 2 Abs. 3 ArbUnfRiLi, dass er arbeitsunfähig ist, wenn er krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den er sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben, hierbei ist es unerheblich, welcher Tätigkeit er vor der Arbeitslosigkeit nachging. Die Klägerin nun war bereits seit dem 23.11.2004 arbeitslos, weil an diesem Tage ihr Beschäftigungsverhältnis geendet hatte. Sie hatte sich in ihrer Arbeitslosmeldung vom 30.09.2004 zum 01.01.2005 dem Arbeitsmarkt für eine mindestens 15stündige Tätigkeit zur Verfügung gestellt. Genau diese Tätigkeit konnte sie nach dem Gutachten und der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr ausüben. Damit fehlte es gleichzeitig an ihrer objektiven Verfügbarkeit.
Zur Überzeugung des Senats war die Klägerin ab dem 30.12.2004 auch nicht mehr subjektiv verfügbar im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 3 SGB III n.F ... Denn sie hatte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und außerdem bei der AOK - letztlich erfolgreich - Krg beantragt. Damit hat sie deutlich gezeigt, dass sie keine Vermittlungsbemühungen der Beklagten mehr akzeptiert hätte.
(3) Aus § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III konnte die Klägerin am 01.01.2005 keinen Alg-Anspruch herleiten. Diese Norm über eine sechswöchige Leistungsfortzahlung im Krankheitsfalle greift nur ein, wenn ein Arbeitsloser "während des Bezugs von Arbeitslosigkeit" erkrankt. Diese Vorschrift stellt nicht auf das bloße Stammrecht auf Alg, sondern auf tatsächliche Zahlungen oder ggfs. bereits bewilligte, aber noch nicht ausgezahlte einzelne Leistungsansprüche. Die Klägerin hatte jedoch vor dem 30.12.2004 kein Alg bezogen.
(4) Ein Anspruch der Klägerin auf Alg ergibt sich auch nicht aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 SGB III. Denn diese Vorschrift greift nur ein, wenn der Versicherte allein deswegen nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausüben "kann" und der Rentenversicherungsträger keine verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt hat. Die Vorschrift ersetzt also nur die fehlende objektive Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III (vgl. Brand, a.a.O., § 125 Rn. 2). Ein Anspruch besteht dagegen weiterhin nicht, wenn - auch - andere Voraussetzungen fehlen, z. B. - wie hier - die subjektive Verfügbarkeit. Hinzu kommt, dass die materiellen Voraussetzungen der Nahtlosigkeitsregelung bei der Klägerin am 01.01.2005 nicht vorlagen. Es war keine Prognose gestellt oder zu stellen, nach der bei ihr von einer dauerhaften, also mehr als sechs Monate andauernden vollen Erwerbsminderung auszugehen war. Erwerbsminderung und Arbeitsunfähigkeit bzw. fehlende Verfügbarkeit sind nicht deckungsgleich. Die Klägerin war zwar letztlich für erheblich mehr als sechs Monate arbeitsunfähig erkrankt. Das war jedoch am 01.01.2005 nicht absehbar. Vielmehr hatte - bei einer retrospektiven Betrachtung - später z. B. die LVA Baden-Württemberg eine Erwerbsminderung verneint, so in dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik und auch in dem Schreiben an die AOK vom 02.09.2005. Dass bei der Klägerin keine dauerhafte Erwerbsminderung vorlag, zeigt sich - wiederum bei einer Betrachtung ex post - auch darin, dass ihre Arbeitsunfähigkeit nach dem Ende des Krg-Anspruchs endete und sie sich wieder einschränkungslos den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stellen konnte.
cc) Da hiernach die Klägerin bereits nach materiellem Recht vor dem 01.01.2005 keinen Anspruch auf Alg erworben hatte, lässt der Senat offen, ob der Bescheid der Beklagten vom 04.01.2005 so zu verstehen ist, dass mit ihm ein solcher Anspruch - bestandskräftig - verneint worden ist. Wenn der Bescheid bereits einen Anspruch auf Alg dem Grunde nach verneinen sollte, dann könnte die Klägerin einen solchen Anspruch für die Zeit vor Erlass des Bescheids ohnehin nur im Überprüfungswege (§ 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) geltend machen.
dd) Ein Anspruch der Klägerin auf Alg ist auch nicht am 08. oder 11.07.2005 entstanden.
Zu diesem Zeitpunkt hätte sich die Klägerin erneut bei der Beklagten arbeitslos melden müssen, denn die Wirkung ihrer Arbeitslosmeldung vom 30.09.2004 war - selbst wenn man nur von ihrer Wirksamkeit zum 01.01.2005 ausgeht - inzwischen nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III erloschen, weil die Klägerin zwischenzeitlich mehr als sechs Wochen nicht arbeitslos gewesen war. Eine solche Meldung hätte die Klägerin überhaupt nur bei ihrer persönlichen Vorsprache am 11.07. abgeben können (§ 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III), denn am 08.07. hatte es nur einen telefonischen Kontakt zur Beklagten gegeben, und zwar nicht durch sie, sondern durch ihren Ehemann. Am 11.07.2005 war die Klägerin jedoch nicht aus freien Stücken, sondern auf Aufforderung der Beklagten erschienen. Und sie hat sich hier auch nicht arbeitslos gemeldet, sondern angegeben, sie halte sich weiterhin für arbeitsunfähig erkrankt und wolle daher weiterhin Krg - und eben keine Leistungen der Beklagten - beziehen.
Außerdem fehlte der Klägerin am 08. und 11.07.2005 aus den genannten Gründen die subjektive Verfügbarkeit, also die Bereitschaft, Vermittlungsbemühungen der Beklagten anzunehmen. Es kann daher offen bleiben, ob die Klägerin ab dieser Zeit auch noch arbeitsunfähig und damit objektiv nicht verfügbar war, auch wenn der Entlassungsbericht über die Rehabilitationsmaßnahme und zunächst auch die AOK davon ausgegangen waren, die Klägerin sei nunmehr wieder arbeitsfähig.
Da es in jedem Falle auch an der subjektiven Verfügbarkeit fehlte, ist auch im Juli 2005 kein Anspruch auf Alg gem. § 125 Abs. 1 SGB III entstanden.
3. Dass auf die Klägerin für den am 30.05.2006 entstandenen Anspruch auf Alg bereits die Neufassung des § 127 Abs. 2 SGB III anzuwenden ist und sie sich nicht auf die Übergangsregelungen in § 434l Abs. 1 oder Abs. 2 SGB III berufen kann, ist auch mit der Verfassung vereinbar. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG scheidet daher aus.
Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 01.10.2008 (L 3 AL 114/08, Juris Rn. 16 ff.) die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung bejaht. Inzwischen hat auch das BSG in dem Urteil vom 14.09.2010 (B 7 AL 23/09 R, Juris Rn. 12 ff.) ausgeführt, dass die Neuregelung auch unter Berücksichtigung der Übergangsregelung weder die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG noch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder - im Hinblick auf die Äquivalenz zwischen Leistungen und Beiträgen der Versicherten - die Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt.
Im Falle der Klägerin ist ergänzend lediglich auszuführen, dass auch ihre Arbeitsunfähigkeit während des größten Teils der Übergangsfrist, nämlich vom 31.12.2004 bis zum 29.05.2006, keine andere Beurteilung rechtfertigt. Eine Ungleichbehandlung wegen Krankheit (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt darin nicht, denn der Stichtag für das Auslaufen der Übergangsregelung, der 31.01.2006, war fix und unabhängig von individuellen Umständen gesetzt, knüpfte also nicht etwa an die Gesundheit des Versicherten an. Im Übrigen war die Übergangsfrist vom 01.01.2004 bis zum 31.01.2006 so lang, dass jeglicher Anspruch auf Alg, der seine Entstehungsvoraussetzungen noch unter altem Recht, also vor dem 01.01.2004, hatte, bis zu diesem Zeitpunkt ausgelaufen wäre. Dass ein Versicherter am Ende einer Übergangsfrist die Voraussetzungen der Übergangsregelung nicht erfüllt, ist kein derart atypischer Umstand, dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, für ihn eine - weitere - Übergangsvorschrift vorzusehen.
IV. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
V. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Soweit es um die Anwendung des § 434l Abs. 1 SGB III geht, beruht das Urteil auf tatrichterlichen Würdigungen des Sachverhalts. Die Frage, ob die Neufassung des § 127 Abs. 2 SGB III durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt verfassungswidrig sei, hat das BSG mit dem genannten Urteil vom 14.09.2010 bereits beantwortet. Die ansonsten eventuell noch bedeutsame Rechtsfrage, ob die Wirkungen einer Arbeitslosmeldung auf einen späteren Zeitpunkt bezogen werden können mit der Folge, dass trotz einer zwischenzeitlich eintretenden Arbeitslosigkeit kein Alg-Anspruch entsteht, lässt sich nach Ansicht des Senats ohne Weiteres aus dem Gesetz und der vorliegenden ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung beantworten.
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