Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 2931/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 378/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner Beschäftigung für die Beigeladene zu 2) seit dem 1. Dezember 2003.
Der 1962 geborene Beigeladene zu 1) ist seit Januar 1999 für die Beigeladene zu 2) bzw. ihre Rechtsvorgängerin tätig. Er wurde als abhängig Beschäftigter der Sozialversicherung gemeldet, von seinem Gehalt wurde Lohnsteuer abgeführt. Seit dem 13. Februar 2002 ist der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) in das Handelsregister eingetragen, mittlerweile ist er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäfts-führer der Beigeladenen zu 2). Neben dem Beigeladenen zu 1) sind zwei weitere Geschäftsfüh-rer bestellt. Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) sind die Herstel-lung, der Import und Export von sowie der Großhandel mit Schreibgeräten und Schreibmate-rialien.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2005 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigela-denen zu 2). Er verwies darauf, dass bei Gesellschafterversammlungen seine Meinung ent-scheidend sei, die Gesellschafter seien reine Kapitalgeber und arbeiteten in der GmbH nicht mit. Das gelte auch für die weiteren Geschäftsführer. Er allein personifiziere die GmbH sowohl nach außen als auch nach innen. Bis dato unterliege er weder im alltäglichen Geschäftsgeschehen noch in den strategischen Planungen den Weisungen der Gesellschaft. Er verfüge als einzi-ges operatives Organ über die nötigen Fachkenntnisse. In der Bestimmung von Arbeitszeit und -ort sei er vollständig frei, seine regelmäßige Arbeitszeit betrage etwa 65 Stunden in der Wo-che. Für 21 Personen sei er als Arbeitgeber verantwortlich. Er erhalte einen Bonus nach Um-satzvorgaben, dieses unternehmerisch riskierte Kapital betrage bis zu 25 vom Hundert seiner Festbezüge. Unternehmens- und Eigeninteresse seien gleich gerichtet. Dazu legte er einen aus-gefüllten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von GmbH- Geschäfts-führern vor sowie eine Kopie seines Anstellungsvertrags und Auszüge aus dem Handelsregister betreffend die Beigeladene zu 2).
Durch Bescheid vom 16. Dezember 2005 entschied die Beklagte, dass der Beigeladene zu 1) seit Beginn seiner Mitgliedschaft bei ihr am 1. Dezember 2003 die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nicht erfülle. Als Geschäftsführer stehe er nicht in einem abhängigen Beschäf-tigungsverhältnis und gehöre somit zum Personenkreis der Selbständigen. Die Beiträge in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung könnten auf Antrag erstattet werden. Am 6. Februar 2006 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Erstattung von Beiträgen zur Rentenversicherung für den Zeitraum vom 15. November 2001 bis zum 31. Dezember 2005. Diesen Antrag leitete die Beklagte zusammen mit ihrem Bescheid vom 16. De-zember 2005 an die Klägerin weiter. Die Klägerin bat zunächst um die Vorlage sämtlicher Un-terlagen. Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 forderte sie die Beklagte zur Überprüfung des Be-scheides vom 16. Dezember 2005 auf. Dessen Begründung stütze sich auf die unzutreffende Annahme, dass der Beigeladene zu 1) Gesellschafter-Geschäftsführer sei.
Mit der am 9. Oktober 2006 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 2005 und die Feststellung begehrt, dass der Beigeladene zu 1) der Rentenversicherungspflicht ab dem 1. Dezember 2003 unterliege. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass bei nicht am Stammkapital beteiligten Geschäftsführern einer GmbH nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Gründe, wonach der Beigeladene zu 1) ausnahmsweise als selbständig Tätiger anzusehen sei, seien nicht ersichtlich. Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass bei wertender Betrachtungsweise die Merkmale der Selbständigkeit überwögen. Der Beigeladene zu 1) sei wei-sungsunabhängig, nicht in ein hierarchisches System eingegliedert und leite das Unternehmen als alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 25. Juli 2008 den Bescheid der Beklagten vom 16. De-zember 2006 teilweise aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) ab dem 1. Dezember 2003 versicherungspflichtig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGB VI ist. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klage zunächst fristgemäß eingelegt worden sei. Mangels Rechtsbehelfsbelehrung finde die Klagefrist von einem Jahr Anwendung, die Durchführung eines Vorverfahrens sei nicht erfor-derlich gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte ein Rentenversicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis ab dem 1. Dezember 2003 verneint. Nach den vom Bundessozialgericht mit Urteil vom 24. Januar 2007 (B 12 KR 31/06 R) aufgestellten Maßstäben sei die Tätig-keit des Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung anzusehen. Ein GmbH-Geschäfts-führer sei nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er aufgrund einer Beteiligung an der Gesellschaft oder aufgrund von besonderen Rechten Weisungen an sich verhindern könne. Das gleiche gelte ausnahmsweise, insbesondere bei mit den Gesellschaftern familiär verbundenen Geschäftsführern, wenn das Unternehmen faktisch in einem Maße beherrscht werde, welches die Erteilung von Weisungen ausschließe. Der Beigeladene zu 1) werde aber in einer von der Beigeladenen zu 2) gesetzten Ordnung tätig, die sich aus den Gesellschafterbeschlüssen und dem Anstellungsvertrag ergebe. Die bisher tatsächlich weisungsfrei ausgeübte Tätigkeit könne ebenso wie die Vertretungsbefugnis eingeschränkt werden, ohne dass der Beigeladene zu 1) dies verhindern könne. Auch eine Beendigung der Anstellung insgesamt sei möglich. Der Bei-geladene zu 1) trage auch kein unternehmerisches Risiko, dafür reiche der gewinnabhängige Bonus nicht aus. Auch die Regelungen zum Urlaubsanspruch und zur Entgeltfortzahlung sprä-chen für eine arbeitnehmertypische Eingliederung in den Betrieb.
Gegen das ihm am 21. August 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. September 2008 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Beigeladenen zu 1). Die Klage sei bereits verfristet gewesen, da der Bescheid am 3. März 2006 bekannt gegeben worden sei. Eine förmliche Zustellung sei nicht erforderlich gewesen (Bl. 92/93 GA). Einer gesonderten Rechtbehelfsbelehrung für die Klägerin habe es nicht bedurft, da sie nicht Betei-ligte des Verwaltungsverfahrens gewesen sei.
Auch in der Sache sei das Urteil des Sozialgerichts unrichtig, da er - der Beigeladene zu 1) - nicht versicherungspflichtig beschäftigt worden sei. Das Sozialgericht habe die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend berücksichtigt. Es habe außer Acht gelassen, dass er - der Beigeladene zu 1) - von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit sei und insbesondere, dass er die alleinige und überragende Branchenkenntnis habe, durch die er das Unternehmen auf dem europäischen Markt entscheidend beherrsche. Seit 1992 sei er in der Schreibgerätebranche tätig. Nur durch seine Branchenkenntnisse und Branchenbeziehun-gen sei es der Beigeladenen zu 2) möglich gewesen, sich seit 2001 aus der Verlust- in die Ge-winnzone zu entwickeln. Er sei faktisch weisungsfrei und "Kopf und Seele" der Gesellschaft. Dies sei auch an der Gehaltsentwicklung und den gezahlten Boni ablesbar. Auf den Gesell-schaftsvertrag der Beigeladenen zu 2), ihr Organigramm, den Anstellungsvertrag sowie sonsti-ge Unterlagen zur fachlichen und beruflichen Qualifikation werde Bezug genommen.
Der Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die prozessrechtlichen Einwände des Beigeladenen zu 1) griffen nicht durch. Mangels zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung gelte für die Klageerhebung eine Jahresfrist, die sich ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung an die drittbetroffene Klägerin bemesse. Die mit der Berufung vorgetragene Rechtsauffassung, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehe deswegen nicht, weil in der Praxis das Weisungsrecht der Alleingesellschafterin nicht ausgeübt werde und maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft genommen werden kön-ne, werde nicht geteilt. Nach der Rechtsprechung des BSG sei ein GmbH-Geschäftsführer ohne Beteiligung am Stammkapital grundsätzlich abhängig Beschäftigter der Gesellschaft. Auf die tatsächliche Ausübung eines Aufsichtsrechtes komme es dabei nicht an. Soweit bei Familien-gesellschaften ausnahmsweise etwas anderes gelte, sei eine solche Situation vorliegend nicht gegeben und eine Übertragung der für Familiengesellschaften geltenden Grundsätze auch kaum denkbar. Im Übrigen sei den zu Familiengesellschaften ergangenen Entscheidungen des BSG mangelnde Konsequenz vorzuhalten. Das BSG habe zudem in seinen jüngeren Entscheidungen nochmals klargestellt, dass zu den tatsächlichen Umständen eines zu beurteilenden Vertragsverhältnisses auch die zustehende Rechtsmacht gehöre, unabhängig von ihrer Ausübung. Dafür, dass die Vereinbarungen in dem Gesellschaftsvertrag und in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag nur Scheingeschäfte gewesen sein könnten, sei nichts ersichtlich. Sie würden ganz klar belegen, dass der Beigeladene zu 1) keineswegs die Rechtsmacht habe, weisungsfrei im Unternehmen tätig zu sein.
Die Beklagte hat von einer Stellungnahme zu dem Berufungsverfahren abgesehen.
Die Beigeladene zu 3) hat erklärt, sich den Ausführungen der Beklagten anzuschließen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Ge-genstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Bezug und verweist auf diese. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine ande-re Entscheidung.
Entgegen dem Vorbringen des Beigeladenen zu 1) war die Klage nicht bereits unzulässig. Vor Erhebung der Anfechtungsklage bedurfte es keines Vorverfahrens, weil die Klägerin ein Versicherungsträger nach der Ausnahmevorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGG ist.
Die Klägerin ist auch klagebefugt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Sie macht geltend, durch den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2005 in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ist der Ver-waltungsakt wie hier gegenüber einem Dritten ergangen, ist eine Rechtsverletzung möglich, sofern zumindest mittelbar eigene rechtliche Interessen der Klägerin betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rdnr. 14 unter Hinweis auf die stän-dige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, BSGE 61, 27). Eine solche rechtliche Be-schwer der Klägerin besteht hier. Die in dem Bescheid enthaltenen Feststellungen der Beklag-ten zur Versicherungsfreiheit haben Auswirkung auf ihre Beitragsansprüche.
Die Klage ist auch fristgemäß erhoben. Die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG beginnt gemäß § 66 Abs. 1 SGG nur zu laufen, wenn der "Beteiligte" über den Rechtsbehelf schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Klägerin ist als Versicherungsträger Beteiligte im Sinne dieser Vorschrift. Das ergibt sich aus § 69 Nr. 1 SGG, wonach (alle) Kläger Beteiligte sind. Statt der Monatsfrist war deshalb gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG die Frist von einem Jahr seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes maßgebend. Der angegriffene Bescheid datiert vom 16. Dezember 2005, die Klage wurde am 9. Oktober 2006 und damit innerhalb der Jahresfrist erhoben. Für eine Verwirkung des Klagerechts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. zu diesen Fragen zuletzt Urteil des Senats v. 15. April 2011 - L 1 KR 510/08 -).
Zutreffend hat das Sozialgericht die Anfechtungsklage für begründet gehalten. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in der Rentenversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch - SGB VI -). Das Vorlie-gen einer abhängigen Beschäftigung bestimmt sich nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch - SGB IV -. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, ins-besondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialge-richts - BSG - setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber per-sönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Ver-fassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild, das sich zwar nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt, zu denen aber auch die rechtlich re-levanten Umstände zählen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhän-gigen Beschäftigung erlauben. Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängig-keit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleis-tung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -).
Auszugehen für die Beurteilung einer Beschäftigung ist zunächst vom Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung geht zwar der nur formellen Vereinbarung vor. Aus der Nichtausübung eines Rechts sind aber solange keine Schlüsse zu ziehen, wie die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Bei den tatsächlichen Verhältnissen ist daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Be-teiligten zustehende Rechtsmacht zu berücksichtigen (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45, vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist - mit dem Sozialgericht - von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV auszugehen. Der Beigeladene zu 1) ist am Gesellschaftskapital der Beigeladenen zu 2) nicht beteiligt. Demnach hat er nicht die rechtliche Möglichkeit zu verhindern, dass ihm die Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) Weisungen erteilen. Das sich aus der Gesellschafterstellung ergebende Weisungsrecht gegen-über dem Beigeladenen zu 1) wird nicht dadurch hinfällig, dass es nie praktiziert worden sein mag, worauf allerdings die von den Beteiligten gegenüber dem Sozialgericht gegebene Darstel-lung der tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb hindeutet. Entscheidend ist nämlich nicht die tatsächliche regelmäßige Ausübung des Weisungsrechtes, sondern dessen rechtlicher Bestand. Da das aus der Stellung als Inhaber und Geschäftsführer herrührende Weisungsrecht nie for-mell wirksam aufgehoben worden ist, hätte es in einem Konfliktfall ausgeübt werden können. Dafür spricht schon, dass der Beigeladene zu 1) Gesellschafterbeschlüsse alleine nicht rechtlich wirksam herbeiführen kann, auch wenn - wie vorgetragen - die Gesellschafter tatsächlich bis-her stets seinen Vorstellungen gefolgt sind. Zudem ist der Beigeladene zu 1) nach seinem Ge-schäftsführeranstellungsvertrag für bestimmte Geschäfte außerhalb des laufenden Geschäftsbe-triebes ausdrücklich verpflichtet, die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Dass ein Konfliktfall zwischen dem Beigeladenen zu 1) und den Gesellschaftern bislang nicht eingetre-ten sein mag, ist für die rechtliche Bewertung unerheblich. Insoweit ist - mit der Klägerin - auf die Rechtsprechung des BSG zu verweisen, wonach ein nicht am Stammkapital beteiligter Ge-schäftsführer grundsätzlich abhängig Beschäftigter der GmbH ist (BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R -).
Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) kann auch nicht deswegen als selbständig angesehen werden, weil er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken hätte führen können. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf zu verweisen, dass allein die Überlassung weit reichender Entscheidungsbefugnisse nicht ausreicht, um den Status als abhängig Beschäftigter aufzuheben. Entsprechende Befugnisse sind etwa auch für leitende Angestellte in Großunternehmen typisch, die deswegen aber noch nicht als selbständi-ge Unternehmer anzusehen sind.
Zwar ist nach der zu Familiengesellschaften mbH ergangenen Rechtssprechung des BSG bei Mitarbeit eines Familienangehörigen trotz fehlender Beteiligung am Gesellschaftskapital eine selbständige Tätigkeit anzunehmen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Famili-enmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schaffe, die etwa dadurch zum Ausdruck komme, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens ab-hängig gemacht werde, oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Aus-übung eines Direktionsrechts völlig mangele. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn je-mand - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund von verwandt-schaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 Rar 25/86; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R -). Diese Rechtsprechung setzt die bereits geschilderten allgemeinen Grundsätze aber schon für die Fälle nicht außer Kraft, in denen der Inhaber des Betriebes mit demjenigen verwandt ist, dem die Führung der täglichen Geschäfte übertragen ist. Auch dann müssen nämlich besondere Umstände hinzukommen, die belegen, dass eine Einflussnahme der Kapitalinhabers auf alle geschäftlichen Angelegenheiten faktisch ausge-schlossen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob solche besonderen Umstände außerhalb von Familiengesellschaften überhaupt vorkommen können, was vorliegend indessen nötig wäre, weil es an einer familiären Verbundenheit zwischen Geschäftsführer und Gesellschaftern fehlt. Sie sind hier jedenfalls nicht erkennbar. Der Beigeladene zu 1) macht lediglich geltend, dass er bislang im Betrieb der Beigeladenen zu 2) habe frei "schalten und walten" können. Er über-sieht aber, dass dies nur solange gilt, wie die Gesellschafter der GmbH damit einverstanden sind. Das Fortbestehen der Möglichkeit zum Entzug ihres Einverständnisses, etwa im Falle einer Verschlechterung des Betriebsergebnisses, unterscheidet die Stellung des Beigeladenen zu 1) von der Stellung eines Betriebsinhabers. Warum die Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) auch nur faktisch auf Dauer daran gehindert sein sollten, jemand anderen mit Branchen-kenntnissen als Geschäftsführer an die Stelle des Beigeladenen zu 1) zu setzen, erschließt sich dem Senat nicht und wird auch im Berufungsvorbringen des Beigeladenen zu 1) nicht weiter erläutert.
Im Übrigen belegt das gelebte Rechtsverhältnis, dass die Beteiligten zunächst selbst davon ausgingen, dass der Beigeladene zu 1) auch nach dem 1. Dezember 2003 noch abhängig be-schäftigt war. Entsprechend wurde er zur Sozialversicherung angemeldet und Lohnsteuer auf das gezahlte Gehalt abgeführt. Anhaltspunkte für eine irrtümliche Verfahrensweise liegen nicht vor. Da der Beigeladene zu 1) nach eigenem Vorbringen für mehr als 20 Arbeitnehmer wie ein Arbeitgeber verantwortlich gewesen ist, können ihm sozialversicherungsrechtliche und steuer-liche Fragen nicht völlig fern gewesen sein. Dass die Beigeladenen ihre vorherige Bewertung nun im Nachhinein deswegen in Frage stellen, weil sie sich finanzielle Vorteile davon verspre-chen, entwertet die Aussagekraft ihres vorherigen gelebten Rechtsverhältnisses nicht.
Auch im Rahmen der anzustellenden Gesamtabwägung finden sich keine weiteren Umstände, welche entscheidend auf eine Selbständigkeit hindeuten. Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht, dass der Beigeladene zu 1) monatliche Entgeltzahlungen erhalten hat, die von dem jeweiligen Betriebsergebnis unabhängig waren. Die Gewährung von Urlaub sowie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind in seinem Geschäftsführeranstellungsvertrag ar-beitnehmertypisch geregelt. Der Beigeladene zu 1) trug auch kein Unternehmerrisiko. Er hat dem Betrieb bislang nach eigenem Vorbringen kein Kapital zur Verfügung gestellt. Das Risiko, die für den Fall des Erreichens eines bestimmten Geschäftsergebnisses in Aussicht gestellten Boni nicht zu erhalten, steht dem für Selbständige typischen Risiko des vergütungslosen Ein-satzes der eigenen Arbeitskraft schon deswegen nicht gleich, weil diese Sonderzahlungen im Umfang hinter dem vereinbarten Festgehalt zurückbleiben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da der Beigeladene zu 1) Berufungskläger ist und zum Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht ersicht-lich.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner Beschäftigung für die Beigeladene zu 2) seit dem 1. Dezember 2003.
Der 1962 geborene Beigeladene zu 1) ist seit Januar 1999 für die Beigeladene zu 2) bzw. ihre Rechtsvorgängerin tätig. Er wurde als abhängig Beschäftigter der Sozialversicherung gemeldet, von seinem Gehalt wurde Lohnsteuer abgeführt. Seit dem 13. Februar 2002 ist der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) in das Handelsregister eingetragen, mittlerweile ist er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäfts-führer der Beigeladenen zu 2). Neben dem Beigeladenen zu 1) sind zwei weitere Geschäftsfüh-rer bestellt. Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) sind die Herstel-lung, der Import und Export von sowie der Großhandel mit Schreibgeräten und Schreibmate-rialien.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2005 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigela-denen zu 2). Er verwies darauf, dass bei Gesellschafterversammlungen seine Meinung ent-scheidend sei, die Gesellschafter seien reine Kapitalgeber und arbeiteten in der GmbH nicht mit. Das gelte auch für die weiteren Geschäftsführer. Er allein personifiziere die GmbH sowohl nach außen als auch nach innen. Bis dato unterliege er weder im alltäglichen Geschäftsgeschehen noch in den strategischen Planungen den Weisungen der Gesellschaft. Er verfüge als einzi-ges operatives Organ über die nötigen Fachkenntnisse. In der Bestimmung von Arbeitszeit und -ort sei er vollständig frei, seine regelmäßige Arbeitszeit betrage etwa 65 Stunden in der Wo-che. Für 21 Personen sei er als Arbeitgeber verantwortlich. Er erhalte einen Bonus nach Um-satzvorgaben, dieses unternehmerisch riskierte Kapital betrage bis zu 25 vom Hundert seiner Festbezüge. Unternehmens- und Eigeninteresse seien gleich gerichtet. Dazu legte er einen aus-gefüllten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von GmbH- Geschäfts-führern vor sowie eine Kopie seines Anstellungsvertrags und Auszüge aus dem Handelsregister betreffend die Beigeladene zu 2).
Durch Bescheid vom 16. Dezember 2005 entschied die Beklagte, dass der Beigeladene zu 1) seit Beginn seiner Mitgliedschaft bei ihr am 1. Dezember 2003 die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nicht erfülle. Als Geschäftsführer stehe er nicht in einem abhängigen Beschäf-tigungsverhältnis und gehöre somit zum Personenkreis der Selbständigen. Die Beiträge in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung könnten auf Antrag erstattet werden. Am 6. Februar 2006 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Erstattung von Beiträgen zur Rentenversicherung für den Zeitraum vom 15. November 2001 bis zum 31. Dezember 2005. Diesen Antrag leitete die Beklagte zusammen mit ihrem Bescheid vom 16. De-zember 2005 an die Klägerin weiter. Die Klägerin bat zunächst um die Vorlage sämtlicher Un-terlagen. Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 forderte sie die Beklagte zur Überprüfung des Be-scheides vom 16. Dezember 2005 auf. Dessen Begründung stütze sich auf die unzutreffende Annahme, dass der Beigeladene zu 1) Gesellschafter-Geschäftsführer sei.
Mit der am 9. Oktober 2006 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 2005 und die Feststellung begehrt, dass der Beigeladene zu 1) der Rentenversicherungspflicht ab dem 1. Dezember 2003 unterliege. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass bei nicht am Stammkapital beteiligten Geschäftsführern einer GmbH nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Gründe, wonach der Beigeladene zu 1) ausnahmsweise als selbständig Tätiger anzusehen sei, seien nicht ersichtlich. Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass bei wertender Betrachtungsweise die Merkmale der Selbständigkeit überwögen. Der Beigeladene zu 1) sei wei-sungsunabhängig, nicht in ein hierarchisches System eingegliedert und leite das Unternehmen als alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 25. Juli 2008 den Bescheid der Beklagten vom 16. De-zember 2006 teilweise aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) ab dem 1. Dezember 2003 versicherungspflichtig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGB VI ist. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klage zunächst fristgemäß eingelegt worden sei. Mangels Rechtsbehelfsbelehrung finde die Klagefrist von einem Jahr Anwendung, die Durchführung eines Vorverfahrens sei nicht erfor-derlich gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte ein Rentenversicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis ab dem 1. Dezember 2003 verneint. Nach den vom Bundessozialgericht mit Urteil vom 24. Januar 2007 (B 12 KR 31/06 R) aufgestellten Maßstäben sei die Tätig-keit des Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung anzusehen. Ein GmbH-Geschäfts-führer sei nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er aufgrund einer Beteiligung an der Gesellschaft oder aufgrund von besonderen Rechten Weisungen an sich verhindern könne. Das gleiche gelte ausnahmsweise, insbesondere bei mit den Gesellschaftern familiär verbundenen Geschäftsführern, wenn das Unternehmen faktisch in einem Maße beherrscht werde, welches die Erteilung von Weisungen ausschließe. Der Beigeladene zu 1) werde aber in einer von der Beigeladenen zu 2) gesetzten Ordnung tätig, die sich aus den Gesellschafterbeschlüssen und dem Anstellungsvertrag ergebe. Die bisher tatsächlich weisungsfrei ausgeübte Tätigkeit könne ebenso wie die Vertretungsbefugnis eingeschränkt werden, ohne dass der Beigeladene zu 1) dies verhindern könne. Auch eine Beendigung der Anstellung insgesamt sei möglich. Der Bei-geladene zu 1) trage auch kein unternehmerisches Risiko, dafür reiche der gewinnabhängige Bonus nicht aus. Auch die Regelungen zum Urlaubsanspruch und zur Entgeltfortzahlung sprä-chen für eine arbeitnehmertypische Eingliederung in den Betrieb.
Gegen das ihm am 21. August 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. September 2008 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Beigeladenen zu 1). Die Klage sei bereits verfristet gewesen, da der Bescheid am 3. März 2006 bekannt gegeben worden sei. Eine förmliche Zustellung sei nicht erforderlich gewesen (Bl. 92/93 GA). Einer gesonderten Rechtbehelfsbelehrung für die Klägerin habe es nicht bedurft, da sie nicht Betei-ligte des Verwaltungsverfahrens gewesen sei.
Auch in der Sache sei das Urteil des Sozialgerichts unrichtig, da er - der Beigeladene zu 1) - nicht versicherungspflichtig beschäftigt worden sei. Das Sozialgericht habe die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht hinreichend berücksichtigt. Es habe außer Acht gelassen, dass er - der Beigeladene zu 1) - von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit sei und insbesondere, dass er die alleinige und überragende Branchenkenntnis habe, durch die er das Unternehmen auf dem europäischen Markt entscheidend beherrsche. Seit 1992 sei er in der Schreibgerätebranche tätig. Nur durch seine Branchenkenntnisse und Branchenbeziehun-gen sei es der Beigeladenen zu 2) möglich gewesen, sich seit 2001 aus der Verlust- in die Ge-winnzone zu entwickeln. Er sei faktisch weisungsfrei und "Kopf und Seele" der Gesellschaft. Dies sei auch an der Gehaltsentwicklung und den gezahlten Boni ablesbar. Auf den Gesell-schaftsvertrag der Beigeladenen zu 2), ihr Organigramm, den Anstellungsvertrag sowie sonsti-ge Unterlagen zur fachlichen und beruflichen Qualifikation werde Bezug genommen.
Der Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die prozessrechtlichen Einwände des Beigeladenen zu 1) griffen nicht durch. Mangels zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung gelte für die Klageerhebung eine Jahresfrist, die sich ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung an die drittbetroffene Klägerin bemesse. Die mit der Berufung vorgetragene Rechtsauffassung, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehe deswegen nicht, weil in der Praxis das Weisungsrecht der Alleingesellschafterin nicht ausgeübt werde und maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft genommen werden kön-ne, werde nicht geteilt. Nach der Rechtsprechung des BSG sei ein GmbH-Geschäftsführer ohne Beteiligung am Stammkapital grundsätzlich abhängig Beschäftigter der Gesellschaft. Auf die tatsächliche Ausübung eines Aufsichtsrechtes komme es dabei nicht an. Soweit bei Familien-gesellschaften ausnahmsweise etwas anderes gelte, sei eine solche Situation vorliegend nicht gegeben und eine Übertragung der für Familiengesellschaften geltenden Grundsätze auch kaum denkbar. Im Übrigen sei den zu Familiengesellschaften ergangenen Entscheidungen des BSG mangelnde Konsequenz vorzuhalten. Das BSG habe zudem in seinen jüngeren Entscheidungen nochmals klargestellt, dass zu den tatsächlichen Umständen eines zu beurteilenden Vertragsverhältnisses auch die zustehende Rechtsmacht gehöre, unabhängig von ihrer Ausübung. Dafür, dass die Vereinbarungen in dem Gesellschaftsvertrag und in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag nur Scheingeschäfte gewesen sein könnten, sei nichts ersichtlich. Sie würden ganz klar belegen, dass der Beigeladene zu 1) keineswegs die Rechtsmacht habe, weisungsfrei im Unternehmen tätig zu sein.
Die Beklagte hat von einer Stellungnahme zu dem Berufungsverfahren abgesehen.
Die Beigeladene zu 3) hat erklärt, sich den Ausführungen der Beklagten anzuschließen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Ge-genstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Bezug und verweist auf diese. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine ande-re Entscheidung.
Entgegen dem Vorbringen des Beigeladenen zu 1) war die Klage nicht bereits unzulässig. Vor Erhebung der Anfechtungsklage bedurfte es keines Vorverfahrens, weil die Klägerin ein Versicherungsträger nach der Ausnahmevorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGG ist.
Die Klägerin ist auch klagebefugt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Sie macht geltend, durch den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2005 in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ist der Ver-waltungsakt wie hier gegenüber einem Dritten ergangen, ist eine Rechtsverletzung möglich, sofern zumindest mittelbar eigene rechtliche Interessen der Klägerin betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rdnr. 14 unter Hinweis auf die stän-dige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, BSGE 61, 27). Eine solche rechtliche Be-schwer der Klägerin besteht hier. Die in dem Bescheid enthaltenen Feststellungen der Beklag-ten zur Versicherungsfreiheit haben Auswirkung auf ihre Beitragsansprüche.
Die Klage ist auch fristgemäß erhoben. Die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG beginnt gemäß § 66 Abs. 1 SGG nur zu laufen, wenn der "Beteiligte" über den Rechtsbehelf schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Klägerin ist als Versicherungsträger Beteiligte im Sinne dieser Vorschrift. Das ergibt sich aus § 69 Nr. 1 SGG, wonach (alle) Kläger Beteiligte sind. Statt der Monatsfrist war deshalb gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG die Frist von einem Jahr seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes maßgebend. Der angegriffene Bescheid datiert vom 16. Dezember 2005, die Klage wurde am 9. Oktober 2006 und damit innerhalb der Jahresfrist erhoben. Für eine Verwirkung des Klagerechts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. zu diesen Fragen zuletzt Urteil des Senats v. 15. April 2011 - L 1 KR 510/08 -).
Zutreffend hat das Sozialgericht die Anfechtungsklage für begründet gehalten. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in der Rentenversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch - SGB VI -). Das Vorlie-gen einer abhängigen Beschäftigung bestimmt sich nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch - SGB IV -. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, ins-besondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialge-richts - BSG - setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber per-sönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Ver-fassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild, das sich zwar nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt, zu denen aber auch die rechtlich re-levanten Umstände zählen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhän-gigen Beschäftigung erlauben. Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängig-keit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleis-tung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -).
Auszugehen für die Beurteilung einer Beschäftigung ist zunächst vom Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung geht zwar der nur formellen Vereinbarung vor. Aus der Nichtausübung eines Rechts sind aber solange keine Schlüsse zu ziehen, wie die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Bei den tatsächlichen Verhältnissen ist daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Be-teiligten zustehende Rechtsmacht zu berücksichtigen (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45, vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist - mit dem Sozialgericht - von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV auszugehen. Der Beigeladene zu 1) ist am Gesellschaftskapital der Beigeladenen zu 2) nicht beteiligt. Demnach hat er nicht die rechtliche Möglichkeit zu verhindern, dass ihm die Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) Weisungen erteilen. Das sich aus der Gesellschafterstellung ergebende Weisungsrecht gegen-über dem Beigeladenen zu 1) wird nicht dadurch hinfällig, dass es nie praktiziert worden sein mag, worauf allerdings die von den Beteiligten gegenüber dem Sozialgericht gegebene Darstel-lung der tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb hindeutet. Entscheidend ist nämlich nicht die tatsächliche regelmäßige Ausübung des Weisungsrechtes, sondern dessen rechtlicher Bestand. Da das aus der Stellung als Inhaber und Geschäftsführer herrührende Weisungsrecht nie for-mell wirksam aufgehoben worden ist, hätte es in einem Konfliktfall ausgeübt werden können. Dafür spricht schon, dass der Beigeladene zu 1) Gesellschafterbeschlüsse alleine nicht rechtlich wirksam herbeiführen kann, auch wenn - wie vorgetragen - die Gesellschafter tatsächlich bis-her stets seinen Vorstellungen gefolgt sind. Zudem ist der Beigeladene zu 1) nach seinem Ge-schäftsführeranstellungsvertrag für bestimmte Geschäfte außerhalb des laufenden Geschäftsbe-triebes ausdrücklich verpflichtet, die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Dass ein Konfliktfall zwischen dem Beigeladenen zu 1) und den Gesellschaftern bislang nicht eingetre-ten sein mag, ist für die rechtliche Bewertung unerheblich. Insoweit ist - mit der Klägerin - auf die Rechtsprechung des BSG zu verweisen, wonach ein nicht am Stammkapital beteiligter Ge-schäftsführer grundsätzlich abhängig Beschäftigter der GmbH ist (BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R -).
Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) kann auch nicht deswegen als selbständig angesehen werden, weil er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken hätte führen können. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf zu verweisen, dass allein die Überlassung weit reichender Entscheidungsbefugnisse nicht ausreicht, um den Status als abhängig Beschäftigter aufzuheben. Entsprechende Befugnisse sind etwa auch für leitende Angestellte in Großunternehmen typisch, die deswegen aber noch nicht als selbständi-ge Unternehmer anzusehen sind.
Zwar ist nach der zu Familiengesellschaften mbH ergangenen Rechtssprechung des BSG bei Mitarbeit eines Familienangehörigen trotz fehlender Beteiligung am Gesellschaftskapital eine selbständige Tätigkeit anzunehmen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Famili-enmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schaffe, die etwa dadurch zum Ausdruck komme, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens ab-hängig gemacht werde, oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Aus-übung eines Direktionsrechts völlig mangele. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn je-mand - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund von verwandt-schaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 Rar 25/86; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R -). Diese Rechtsprechung setzt die bereits geschilderten allgemeinen Grundsätze aber schon für die Fälle nicht außer Kraft, in denen der Inhaber des Betriebes mit demjenigen verwandt ist, dem die Führung der täglichen Geschäfte übertragen ist. Auch dann müssen nämlich besondere Umstände hinzukommen, die belegen, dass eine Einflussnahme der Kapitalinhabers auf alle geschäftlichen Angelegenheiten faktisch ausge-schlossen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob solche besonderen Umstände außerhalb von Familiengesellschaften überhaupt vorkommen können, was vorliegend indessen nötig wäre, weil es an einer familiären Verbundenheit zwischen Geschäftsführer und Gesellschaftern fehlt. Sie sind hier jedenfalls nicht erkennbar. Der Beigeladene zu 1) macht lediglich geltend, dass er bislang im Betrieb der Beigeladenen zu 2) habe frei "schalten und walten" können. Er über-sieht aber, dass dies nur solange gilt, wie die Gesellschafter der GmbH damit einverstanden sind. Das Fortbestehen der Möglichkeit zum Entzug ihres Einverständnisses, etwa im Falle einer Verschlechterung des Betriebsergebnisses, unterscheidet die Stellung des Beigeladenen zu 1) von der Stellung eines Betriebsinhabers. Warum die Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) auch nur faktisch auf Dauer daran gehindert sein sollten, jemand anderen mit Branchen-kenntnissen als Geschäftsführer an die Stelle des Beigeladenen zu 1) zu setzen, erschließt sich dem Senat nicht und wird auch im Berufungsvorbringen des Beigeladenen zu 1) nicht weiter erläutert.
Im Übrigen belegt das gelebte Rechtsverhältnis, dass die Beteiligten zunächst selbst davon ausgingen, dass der Beigeladene zu 1) auch nach dem 1. Dezember 2003 noch abhängig be-schäftigt war. Entsprechend wurde er zur Sozialversicherung angemeldet und Lohnsteuer auf das gezahlte Gehalt abgeführt. Anhaltspunkte für eine irrtümliche Verfahrensweise liegen nicht vor. Da der Beigeladene zu 1) nach eigenem Vorbringen für mehr als 20 Arbeitnehmer wie ein Arbeitgeber verantwortlich gewesen ist, können ihm sozialversicherungsrechtliche und steuer-liche Fragen nicht völlig fern gewesen sein. Dass die Beigeladenen ihre vorherige Bewertung nun im Nachhinein deswegen in Frage stellen, weil sie sich finanzielle Vorteile davon verspre-chen, entwertet die Aussagekraft ihres vorherigen gelebten Rechtsverhältnisses nicht.
Auch im Rahmen der anzustellenden Gesamtabwägung finden sich keine weiteren Umstände, welche entscheidend auf eine Selbständigkeit hindeuten. Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht, dass der Beigeladene zu 1) monatliche Entgeltzahlungen erhalten hat, die von dem jeweiligen Betriebsergebnis unabhängig waren. Die Gewährung von Urlaub sowie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind in seinem Geschäftsführeranstellungsvertrag ar-beitnehmertypisch geregelt. Der Beigeladene zu 1) trug auch kein Unternehmerrisiko. Er hat dem Betrieb bislang nach eigenem Vorbringen kein Kapital zur Verfügung gestellt. Das Risiko, die für den Fall des Erreichens eines bestimmten Geschäftsergebnisses in Aussicht gestellten Boni nicht zu erhalten, steht dem für Selbständige typischen Risiko des vergütungslosen Ein-satzes der eigenen Arbeitskraft schon deswegen nicht gleich, weil diese Sonderzahlungen im Umfang hinter dem vereinbarten Festgehalt zurückbleiben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da der Beigeladene zu 1) Berufungskläger ist und zum Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht ersicht-lich.
Rechtskraft
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