Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SB 28/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3026/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil das Sozialgericht R. vom 21. April 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin erstrebt die Erhöhung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 22.08.2009 von 70 auf 80 und für die nachfolgende Zeit von 80 auf 90.
Bei der im Jahre 1956 geborenen Klägerin hatte das Landratsamt Sch.-B.-Kreis mit Bescheid vom 12.05.2005 in Ausführung eines im Februar 2005 geschlossenen Vergleichs einen GdB von 70 ab dem 03.03.2003 festgestellt. Dieser Bewertung lagen die Funktionsbeeinträchtigungen "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom" (Teil-GdB 30), "Depression, psychovegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden" (Teil-GdB 30), "Migräne" (Teil-GdB 20), "Ohrgeräusche (Tinnitus), Gefühlsstörung im Gesicht" (Teil-GdB 20), "Teillähmung des linken Wadenbeinnervs, Funktionsbehinderung des linken oberen Sprunggelenks" (Teil-GdB 20), "unwillkürlicher Harnabgang" (Teil-GdB 20) und "Stuhlinkontinenz" (Teil-GdB 10) zu Grunde.
Am 07.05.2007 beantragte die Klägerin die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung bereits berücksichtigter und neu aufgetretener Gesundheitsstörungen. Sie gab an, die Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule habe sich infolge eines Bandscheibenvorfalles verschlechtert. Darüber hinaus bestehe nunmehr als Folge einer zahnärztlichen Operation eine Taubheit zwischen der linken Unterlippe und dem Kinn. Dies betreffe auch den linken Zungenrand, was ihre Arbeitsfähigkeit als Lehrerin beeinträchtige.
Nachdem diese Angaben von mehreren behandelnden Ärzten der Klägerin schriftlich bestätigt worden waren, berücksichtigte der Versorgungsarzt Kohler in seiner gutachterlichen Stellungnahme als zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung eine Sprechstörung der Klägerin, die er gemeinsam mit den Ohrgeräuschen (Tinnitus) und der Gefühlsstörung im Gesicht mit einem Teil-GdB von 30 bewertete. Hinsichtlich der Wirbelsäule teilte er mit, eine wesentliche Verschlimmerung sei nicht feststellbar. Insgesamt sei der GdB von 70 weiterhin ausreichend.
Mit Bescheid vom 02.08.2007 lehnte das Landratsamt Sch.-B.-Kreis daraufhin den Neufeststellungsantrag der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits anerkannten Funktionsstörungen sowie zusätzlich der Sprechstörung ab.
Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, als weitere Funktionsbehinderung liege eine Instabilität des rechten Sprunggelenks vor. Insgesamt stehe ihr ein GdB von 90 zu. Zur Bestätigung legte sie weitere Arztbriefe vor.
Nachdem der Versorgungsarzt Klotschkoff die Ohrgeräusche (Tinnitus) für sich allein mit einem Teil-GdB von 30 und die Sensibilitätsstörungen (Gefühlsstörungen) im Ausbreitungsgebiet des 3. Trigeminusastes links nach zahnärztlichen Eingriffen daneben mit einem Teil-GdB von 20 bewertet und ausgeführt hatte, die relative Instabilität im rechten Sprunggelenk rechtfertige keinen Teil-GdB von mindestens 10, der Gesamt-GdB betrage weiterhin 70, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2007 zurück.
Am 03.01.2008 hat die Klägerin beim Sozialgericht R. Klage erhoben und geltend gemacht, insbesondere die Verschlimmerung an der Halswirbelsäule sowie die nunmehr bestehende Nervenlähmung im Gesicht und die Instabilität im rechten Sprunggelenk rechtfertigten die Annahme einer wesentlichen Verschlimmerung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen. Zur Bestätigung hat sie wiederum ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Das Sozialgericht hat den Entlassungsbericht der Argentalklinik, I.-N. betreffend die nach am 28.03.2008 erfolgter Bandscheibenoperation an der Halswirbelsäule durchgeführte Anschlussheilbehandlung vom 11.04. bis 09.05.2008 beigezogen. Darin ist ausgeführt, nach Angaben der Klägerin sei die Symptomatik im Anschluss an die Operation besser geworden. Bei der Entlassung hätten noch rückläufige Schmerzen im Bereich des Schildknorpels bestanden. Auch seien die Wundverhältnisse reizlos gewesen und habe kein neurologisches Defizit im Bereich der oberen Extremitäten bestanden.
In der Folgezeit hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe zwischenzeitlich einen weiteren Bandscheibenvorfall erlitten. Hierzu hat sie einen Bericht des Radiologen Dannenmaier vorgelegt, aus dem sich ein kleinvolumiger medialer Bandscheibenvorfall TH2/3 ergibt.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. H. sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. G. eingeholt. Dr. H. hat von wechselseitigen negativen Einflüssen der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen berichtet und ausgeführt, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit einem GdB von 30 nicht mehr ausreichend bewertet, da die im Jahre 2008 erfolgte Operation sowie ein hernach, im Juni 2008, erlittener Autounfall und das chronische Schmerzsyndrom die Funktionsbeeinträchtigung wesentlich verschlechtert habe. Darüber hinaus bestünden bei der Klägerin koordinative sensomotorische Störungen und Störungen des Lymphabflusses aus dem Kopfbereich mit häufigen Kopfschmerzen. Insgesamt gehe er von einem GdB von 100 aus. Dr. G. hat vermehrte Nackenschmerzen, ein Taubheitsgefühl der rechten Hand und Schmerzen im Bereich der Schulter sowie der oberen Brustwirbelsäule nach dem Verkehrsunfall vom Juni 2008 und dem Bandscheibenvorfall im Segment TH2/3 mitgeteilt und von einer Kraftminderung in den Händen, vermehrten Schulterbeschwerden rechts sowie vermehrten lumboischialgiformen Beschwerden berichtet. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit einem Teil-GdB von 30 ungenügend erfasst. Insgesamt schätze er den GdB auf 80 bis 90.
Dr. W. hat in seiner daraufhin vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme an der bisherigen Einschätzung festgehalten.
Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. K. hat im vom Sozialgericht sodann eingeholten Sachverständigengutachten ausgeführt, bei der Klägerin bestünden schwere funktionelle Einschränkungen der Halswirbelsäule insbesondere bezüglich der Rotation und der Seitneigung. Darüber hinaus bestehe ein chronisch rezidivierendes zervikozephales Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzausstrahlung in die Kalotte und ein chronisch rezidivierendes zervikobrachiales Wirbelsäulensyndrom links mehr als rechts. Im Bereich der Lendenwirbelsäule liege eine mittelgradige Funktionseinschränkung vor. Im Vordergrund stehe neben einem bereits vor Jahren festgestellten Postdiskektomiesydrom eine bildgebend nachgewiesene erosive Osteochondrose L4/5. Darüber hinaus liege eine Segmentinstabilität L1 bis L4 vor und bestehe insoweit auch eine Retrolisthese von jeweils wenigen Millimetern. In Kombination mit dorsalen Bandscheibenprotrusionen sei hieraus eine relative Spinalkanalstenose ableitbar, welche mittel- bis zeitweise schwergradige Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule erkläre. Schließlich liege ein Bandscheibenvorfall TH2/3 bei Hyperkyphose der Wirbelsäule vor. Durch die chronisch rezidivierende Schmerzsymptomatik sei eine Schmerzchronifizierung Grad III nach Gerbershagen nachgewiesen. An der Wirbelsäule sei seit Erlass des Bescheides vom 12.04.2005 eine wesentliche Änderung der Funktionseinschränkungen eingetreten. Er schätze den Teil-GdB für die Wirbelsäulenbeschwerden auf 40 ab dem Zeitpunkt der durch ihn erfolgten Untersuchung am 23.04.2009, zuvor auf 30. Darüber hinaus bestehe nach Teillähmung des linken Wadenbeinnerven eine unveränderte Schwäche bezüglich der Fußhebung und des Großzehenhebers, die er mit einem Teil-GdB von 20 bewerte. Den Gesamt-GdB schätze er auf 80 ab dem Zeitpunkt seiner Untersuchung am 23.04.2009, für die Zeit davor auf 70.
Die Klägerin hat daraufhin geltend gemacht, bei ihr bestehe ein GdB von 90. Bei einer Gesamtbewertung seien auch ihre Beschwerden am rechten Außenknöchel zu berücksichtigen. Hierzu hat sie einen Arztbrief von Dr. G. vorgelegt, aus dem sich die Verdachtsdiagnose einer distalen Peronäusläsion rechts in Knöchelhöhe ergibt.
Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. (kein Teil-GdB von mindestens 10 für die distale Läsion des Nervus Peronäus rechts mit sensiblem Missempfindungen, jedoch Bewertung der Wirbelsäulenbeschwerden mit einem Teil-GdB von 40 ab April 2009; Gesamt-GdB 80 seit dem 23.04.2009) die Erhöhung des GdB auf 80 ab dem 23.04.2009 im Vergleichswege angeboten. Die Klägerin hat daraufhin ein Attest von Dr. G. vorgelegt. Darin heißt es, neben den Wirbelsäulenbeschwerden und den neurologischen Defiziten sei immer wieder in wechselnder Ausprägung eine depressive Erkrankung zu beobachten gewesen, die sowohl mit einer (delegierten) regulären Psychotherapie als auch mit Antidepressiva zu behandeln gewesen sei. Die depressive Störung habe einen erheblichen Anteil an der Ausprägung des GdB.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2010 hat die Klägerin das Vergleichsangebot des Beklagten als Teilanerkenntnis angenommen und darüber hinaus eine Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 80 für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 22.08.2009 sowie zur Feststellung eines GdB von 90 ab dem 23.08.2009 begehrt.
Mit Urteil vom 21.04.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und entschieden, dass außergerichtliche Kosten der Klägerin nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine wesentliche Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin lasse sich erst für die Zeit ab der Untersuchung durch Dr. K. am 23.04.2009 nachweisen. Der Sachverständige habe schlüssig dargelegt, dass die Verschlechterung der Befunde am Achsorgan im Zusammenhang mit der Halswirbelsäulendistorsion am 06.06.2008 eingetreten sei. Möglicherweise sei es dann in diesem Zusammenhang zu einer zunehmenden Verschlechterung der zervikalen Wirbelsäulenfunktion gekommen, die sich allerdings erst bei der Untersuchung durch Dr. K. habe nachweisen lassen. Ab diesem Zeitpunkt ergebe sich dann ein Teil-GdB von 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule. Eine Verschlechterung der auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht anzunehmen. Mit dem insoweit angesetzten Teil-GdB von 30 sei berücksichtigt, dass bei der Klägerin stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorlägen; Schwankungen im Gesundheitszustand seien von diesem als Durchschnittswert zu verstehenden GdB miterfasst. Hinsichtlich der weiteren bereits anerkannten Funktionsbeeinträchtigungen seien Verschlechterungen nicht erkennbar und auch nicht ausdrücklich geltend gemacht. Die nach zahnärztlichen Eingriffen aufgetretenen Gefühlsstörungen im Ausbreitungsgebiet des 3. Trigeminusastes links mit Beeinträchtigung der Funktion der Unterlippe seien mit einem Teil-GdB von 20 zutreffend in Ansatz gebracht worden. Dass die Klägerin in ihrem Beruf als Lehrerin durch diese Funktionsbeeinträchtigungen stärker betroffen sei als andere behinderte Menschen, sei nicht maßgeblich, da der GdB grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten Beruf zu beurteilen sei. Eine Erhöhung des GdB von 70 für die Zeit bis zum 22.04.2009 bzw. von 80 für die Zeit ab dem 23.04.2009 ergebe sich hieraus nicht. Auch seien die im Bereich des rechten Sprunggelenks nach einer Distorsion aufgetretenen Beschwerden mit einer motorisch leicht eingeschränkten Bewegungsfähigkeit des Fußes nicht geeignet, den Gesamt-GdB noch weiter anzuheben. Nachdem der Beklagte auf das von Dr. K. erstattete Gutachten mit seinem Vergleichsangebot vom 04.08.2009 nach Einschaltung des Ärztlichen Dienstes noch in einem hinnehmbaren zeitlichen Rahmen reagiert habe, sei von einem sofortigen Anerkenntnis auszugehen, das die Verneinung einer Kostenerstattungspflicht rechtfertige.
Gegen das ihr am 01.06.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.06.2010 Berufung eingelegt. Sie verweist auf die Bewertung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen durch die behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. G. in den vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen und trägt ergänzend vor, die Auswirkungen ihres Verkehrsunfalls vom 06.06.2008 seien nicht bzw. nicht angemessen berücksichtigt. Auch das erstinstanzliche Gericht habe in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, im vorliegenden Falle könne ausnahmsweise ein GdB von 90 zugebilligt werden. Daher sei eine entsprechende gütliche Einigung vorgeschlagen worden. Dies habe die Terminsvertreterin des Beklagten allerdings unter Bezugnahme auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. abgelehnt. Dieser habe allerdings keine sachgerechte Bewertung vorgenommen. Auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts sei zu beanstanden, da die Klage zur Hälfte begründet gewesen sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts R. vom 21. April 2010 aufzuheben, den Bescheid vom 2. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 und des Teil-Anerkenntnisses vom 21. April 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 12. April 2005 abzuändern und bei ihr ab dem 1. Juli 2007 einen Grad der Behinderung von 80 sowie ab dem 23. August 2009 einen Grad der Behinderung von 90 festzustellen.
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts R. sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Klägerin erstrebt bei sachdienlicher Fassung ihres Klage- und Berufungsbegehrens (§ 123 SGG) mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. und 2. Alternative SGG) neben der Abänderung der ihrem Erhöhungsbegehren nicht zur Gänze entsprechenden Verwaltungsentscheidungen - unter Einschluss des von ihr angenommenen Teilanerkenntnisses - eine Verurteilung des Beklagten zur weitergehenden Abänderung des einem Erhöhungsanspruch entgegenstehenden bestandskräftigen Bescheides vom 12.04.2005 und erst sodann zur behördlichen Feststellung eines (erhöhten) GdB von 80 ab dem 01.07.2007 sowie von 90 ab dem 23.08.2009.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. mit § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen ist. Die Änderung muss sich mithin nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Dies ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt (vgl. von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, Rdnr. 12 zu § 48).
Hinsichtlich der nach § 69 Abs. 1 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen von der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörde zu treffenden Feststellungentscheidung über das Vorliegen einer Behinderung und des GdB ist dabei zu berücksichtigen, dass diese Entscheidung rechtsverbindlich nur das Vorliegen einer unbenannten Behinderung und den Gesamt-GdB erfasst. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R - SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich, erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Als bloße Begründungselemente für die Feststellung der Behinderung und des Gesamt-GdB sind die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen und deren Bewertung mithin austauschbar. Daher führt eine Änderung des Gesundheitszustandes durch Verbesserung, Verschlechterung, Hinzutreten oder Wegfall von Funktionsbeeinträchtigungen nicht ohne weiteres auch zu einer im Rechtssinne wesentlichen Änderung. Vielmehr liegt eine solche nur dann vor, wenn sich nach einer erneuten Gesamtbewertung der Behinderung und des GdB unter Einbeziehung der geänderten tatsächlichen Verhältnisse Änderungen an dem allein rechtsverbindlichen Feststellungsausspruch über das Vorliegen einer Behinderung und den Gesamt-GdB ergeben. Dies ist angesichts der in § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX normierten Abstufung des GdB nach Zehnergraden bei einem nur den Behinderungsgrad betreffenden Neufeststellungsbegehren erst dann der Fall, wenn die Änderung des Gesamt-GdB wenigstens 10 beträgt (vgl. Teil A Nr. 7 Buchst. a Satz 1 der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" - VG [Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008, BGBl. I, S. 2412)]).
Menschen sind im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind als GdB - wie oben bereits ausgeführt - nach Zehnergraden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Hierfür gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 SGB IX). Liegen mehrere sich gegenseitig beeinflussende Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX).
Der GdB als Ausmaß der Behinderung ist in freier richterlicher Würdigung aller Umstände, wie sie dem Verfahren des § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1979 - 9 RVs 16/78 - SozR 3870 § 3 Nr. 5), gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX unter Zugrundelegung der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen VG - mit denen eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP), von wenigen, soweit einschlägig unten dargestellten Ausnahmen abgesehen, nicht einhergeht - festzustellen.
Die Gesamtbehinderung eines Menschen lässt sich rechnerisch nicht ermitteln. Daher ist für die Bildung des Gesamt-GdB eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig. Auch andere Rechenmethoden sind ungeeignet (BSG, Urteil vom 15.03.1979 a. a. O.). In der Regel wird von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB ausgegangen und sodann geprüft, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen dabei in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. c und d der VG). Dies gilt - selbst im Falle von unabhängig nebeneinander stehenden Funktionsstörungen - umso mehr, je höher der Ausgangs-GdB ist, dessen Erhöhung durch die hinzutretende Funktionsstörung mit einem Teil-GdB von 20 in Frage steht (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 27.04.2006 - L 2 SB 4/05 - zit. nach juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist eine über das angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten hinausgehende wesentliche Änderung der Verhältnisse die beim Erlass des Bescheides vom 12.04.2005 vorgelegen haben, nicht eingetreten. Vielmehr ist der seinerzeit festgestellte Gesamt-GdB der Klägerin von 70 für die Zeit bis zum 22.08.2009 weiterhin angemessen und ist der GdB für die Zeit ab dem 23.08.2009 mit 80 zu bewerten.
Dass und weshalb die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule ab dem 23.08.2009 mit einem Teil-GdB von 40 und für die Zeit davor mit einem Teil-GdB 30 zu bewerten sind, hat das Sozialgericht im Urteil vom 21.04.2010 unter Bezugnahme auf das von ihm eingeholte Gutachten von Dr. K. zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich die von Dr. K. ausführlich dargestellte Ausprägung der Verschlimmerung der Wirbelsäulenbeschwerden und damit eine Erhöhung des hierfür anzusetzenden Teil-GdB von 30 auf 40 erst ab dem Zeitpunkt seiner Untersuchung mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lässt. Mit dieser Erhöhung des Teil-GdB ist - anders als die Klägerin meint - auch den Auswirkungen des von ihr am 06.06.2008 erlittenen Verkehrsunfalls ausreichend Rechnung getragen. Diese Einschätzung entspricht im Übrigen auch derjenigen des behandelnden Orthopäden Dr. H. in der vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage und Teil B Nr. 18.9 der VG, wonach für Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 vorgesehen ist.
Ebenso sind die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin mit zutreffenden Teil-GdB-Werten in die Gesamtbeurteilung eingestellt und ist der hieraus zu ermittelnde Gesamt-GdB angemessen bewertet; auch insoweit wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil verwiesen, denen sich der Senat anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Bezogen auf die Zeit bis zum 22.08.2009 wird der Teil-GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule durch die psychischen Gesundheitsstörungen mit einem Teil-GdB von 30 sowie die insgesamt fünf mit einem Teil-GdB von 20 zu bewertenden und damit leichten (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. d ee der VG) Funktionsbeeinträchtigungen auf 70 erhöht. Die Stuhlinkontinenz mit einem Teil-GdB von 10 führt nicht zu einer weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB. Die von Dr. G. unter dem 05.03.2009 berichtete leichte Einschränkung der Bewegungsfähigkeit des rechten Fußes hat angesichts der von Dr. K. am 23.04.2009 erhobenen seitengleichen Beweglichkeit der Sprunggelenke keinen Teil-GdB zur Folge. Für die Zeit ab dem 23.08.2009 ergibt sich durch die Höherbewertung der Wirbelsäulenbeschwerden mit einem Teil-GdB von 40 statt zuvor 30 eine Erhöhung auch des Gesamt-GdB von 70 auf 80. Insoweit weist der Senat mit Blick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ergänzend darauf hin, dass sich aus einer vom Sozialgericht im Rahmen von Bemühungen zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits gegebenenfalls geäußerten Einschätzung, "im vorliegenden Fall könne ausnahmsweise ein GdB 90 vom Beklagten zugebilligt werden", gerade keine abschließende Bewertung des GdB mit 90, sondern allenfalls die Einschätzung ergibt, eine solche Bewertung sei aufgrund der Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise nicht unmöglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Ebenso erweist sich die auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG gestützte Kostenentscheidung des Sozialgerichts als rechtmäßig. Denn das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass und weshalb von einem "sofortigen" Anerkenntnis des Beklagten auszugehen und mithin eine Erstattungspflicht des Beklagten zu verneinen war. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im Urteil vom 21.04.2010 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin erstrebt die Erhöhung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 22.08.2009 von 70 auf 80 und für die nachfolgende Zeit von 80 auf 90.
Bei der im Jahre 1956 geborenen Klägerin hatte das Landratsamt Sch.-B.-Kreis mit Bescheid vom 12.05.2005 in Ausführung eines im Februar 2005 geschlossenen Vergleichs einen GdB von 70 ab dem 03.03.2003 festgestellt. Dieser Bewertung lagen die Funktionsbeeinträchtigungen "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom" (Teil-GdB 30), "Depression, psychovegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden" (Teil-GdB 30), "Migräne" (Teil-GdB 20), "Ohrgeräusche (Tinnitus), Gefühlsstörung im Gesicht" (Teil-GdB 20), "Teillähmung des linken Wadenbeinnervs, Funktionsbehinderung des linken oberen Sprunggelenks" (Teil-GdB 20), "unwillkürlicher Harnabgang" (Teil-GdB 20) und "Stuhlinkontinenz" (Teil-GdB 10) zu Grunde.
Am 07.05.2007 beantragte die Klägerin die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung bereits berücksichtigter und neu aufgetretener Gesundheitsstörungen. Sie gab an, die Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule habe sich infolge eines Bandscheibenvorfalles verschlechtert. Darüber hinaus bestehe nunmehr als Folge einer zahnärztlichen Operation eine Taubheit zwischen der linken Unterlippe und dem Kinn. Dies betreffe auch den linken Zungenrand, was ihre Arbeitsfähigkeit als Lehrerin beeinträchtige.
Nachdem diese Angaben von mehreren behandelnden Ärzten der Klägerin schriftlich bestätigt worden waren, berücksichtigte der Versorgungsarzt Kohler in seiner gutachterlichen Stellungnahme als zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung eine Sprechstörung der Klägerin, die er gemeinsam mit den Ohrgeräuschen (Tinnitus) und der Gefühlsstörung im Gesicht mit einem Teil-GdB von 30 bewertete. Hinsichtlich der Wirbelsäule teilte er mit, eine wesentliche Verschlimmerung sei nicht feststellbar. Insgesamt sei der GdB von 70 weiterhin ausreichend.
Mit Bescheid vom 02.08.2007 lehnte das Landratsamt Sch.-B.-Kreis daraufhin den Neufeststellungsantrag der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits anerkannten Funktionsstörungen sowie zusätzlich der Sprechstörung ab.
Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, als weitere Funktionsbehinderung liege eine Instabilität des rechten Sprunggelenks vor. Insgesamt stehe ihr ein GdB von 90 zu. Zur Bestätigung legte sie weitere Arztbriefe vor.
Nachdem der Versorgungsarzt Klotschkoff die Ohrgeräusche (Tinnitus) für sich allein mit einem Teil-GdB von 30 und die Sensibilitätsstörungen (Gefühlsstörungen) im Ausbreitungsgebiet des 3. Trigeminusastes links nach zahnärztlichen Eingriffen daneben mit einem Teil-GdB von 20 bewertet und ausgeführt hatte, die relative Instabilität im rechten Sprunggelenk rechtfertige keinen Teil-GdB von mindestens 10, der Gesamt-GdB betrage weiterhin 70, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2007 zurück.
Am 03.01.2008 hat die Klägerin beim Sozialgericht R. Klage erhoben und geltend gemacht, insbesondere die Verschlimmerung an der Halswirbelsäule sowie die nunmehr bestehende Nervenlähmung im Gesicht und die Instabilität im rechten Sprunggelenk rechtfertigten die Annahme einer wesentlichen Verschlimmerung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen. Zur Bestätigung hat sie wiederum ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Das Sozialgericht hat den Entlassungsbericht der Argentalklinik, I.-N. betreffend die nach am 28.03.2008 erfolgter Bandscheibenoperation an der Halswirbelsäule durchgeführte Anschlussheilbehandlung vom 11.04. bis 09.05.2008 beigezogen. Darin ist ausgeführt, nach Angaben der Klägerin sei die Symptomatik im Anschluss an die Operation besser geworden. Bei der Entlassung hätten noch rückläufige Schmerzen im Bereich des Schildknorpels bestanden. Auch seien die Wundverhältnisse reizlos gewesen und habe kein neurologisches Defizit im Bereich der oberen Extremitäten bestanden.
In der Folgezeit hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe zwischenzeitlich einen weiteren Bandscheibenvorfall erlitten. Hierzu hat sie einen Bericht des Radiologen Dannenmaier vorgelegt, aus dem sich ein kleinvolumiger medialer Bandscheibenvorfall TH2/3 ergibt.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. H. sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. G. eingeholt. Dr. H. hat von wechselseitigen negativen Einflüssen der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen berichtet und ausgeführt, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit einem GdB von 30 nicht mehr ausreichend bewertet, da die im Jahre 2008 erfolgte Operation sowie ein hernach, im Juni 2008, erlittener Autounfall und das chronische Schmerzsyndrom die Funktionsbeeinträchtigung wesentlich verschlechtert habe. Darüber hinaus bestünden bei der Klägerin koordinative sensomotorische Störungen und Störungen des Lymphabflusses aus dem Kopfbereich mit häufigen Kopfschmerzen. Insgesamt gehe er von einem GdB von 100 aus. Dr. G. hat vermehrte Nackenschmerzen, ein Taubheitsgefühl der rechten Hand und Schmerzen im Bereich der Schulter sowie der oberen Brustwirbelsäule nach dem Verkehrsunfall vom Juni 2008 und dem Bandscheibenvorfall im Segment TH2/3 mitgeteilt und von einer Kraftminderung in den Händen, vermehrten Schulterbeschwerden rechts sowie vermehrten lumboischialgiformen Beschwerden berichtet. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit einem Teil-GdB von 30 ungenügend erfasst. Insgesamt schätze er den GdB auf 80 bis 90.
Dr. W. hat in seiner daraufhin vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme an der bisherigen Einschätzung festgehalten.
Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. K. hat im vom Sozialgericht sodann eingeholten Sachverständigengutachten ausgeführt, bei der Klägerin bestünden schwere funktionelle Einschränkungen der Halswirbelsäule insbesondere bezüglich der Rotation und der Seitneigung. Darüber hinaus bestehe ein chronisch rezidivierendes zervikozephales Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzausstrahlung in die Kalotte und ein chronisch rezidivierendes zervikobrachiales Wirbelsäulensyndrom links mehr als rechts. Im Bereich der Lendenwirbelsäule liege eine mittelgradige Funktionseinschränkung vor. Im Vordergrund stehe neben einem bereits vor Jahren festgestellten Postdiskektomiesydrom eine bildgebend nachgewiesene erosive Osteochondrose L4/5. Darüber hinaus liege eine Segmentinstabilität L1 bis L4 vor und bestehe insoweit auch eine Retrolisthese von jeweils wenigen Millimetern. In Kombination mit dorsalen Bandscheibenprotrusionen sei hieraus eine relative Spinalkanalstenose ableitbar, welche mittel- bis zeitweise schwergradige Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule erkläre. Schließlich liege ein Bandscheibenvorfall TH2/3 bei Hyperkyphose der Wirbelsäule vor. Durch die chronisch rezidivierende Schmerzsymptomatik sei eine Schmerzchronifizierung Grad III nach Gerbershagen nachgewiesen. An der Wirbelsäule sei seit Erlass des Bescheides vom 12.04.2005 eine wesentliche Änderung der Funktionseinschränkungen eingetreten. Er schätze den Teil-GdB für die Wirbelsäulenbeschwerden auf 40 ab dem Zeitpunkt der durch ihn erfolgten Untersuchung am 23.04.2009, zuvor auf 30. Darüber hinaus bestehe nach Teillähmung des linken Wadenbeinnerven eine unveränderte Schwäche bezüglich der Fußhebung und des Großzehenhebers, die er mit einem Teil-GdB von 20 bewerte. Den Gesamt-GdB schätze er auf 80 ab dem Zeitpunkt seiner Untersuchung am 23.04.2009, für die Zeit davor auf 70.
Die Klägerin hat daraufhin geltend gemacht, bei ihr bestehe ein GdB von 90. Bei einer Gesamtbewertung seien auch ihre Beschwerden am rechten Außenknöchel zu berücksichtigen. Hierzu hat sie einen Arztbrief von Dr. G. vorgelegt, aus dem sich die Verdachtsdiagnose einer distalen Peronäusläsion rechts in Knöchelhöhe ergibt.
Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. (kein Teil-GdB von mindestens 10 für die distale Läsion des Nervus Peronäus rechts mit sensiblem Missempfindungen, jedoch Bewertung der Wirbelsäulenbeschwerden mit einem Teil-GdB von 40 ab April 2009; Gesamt-GdB 80 seit dem 23.04.2009) die Erhöhung des GdB auf 80 ab dem 23.04.2009 im Vergleichswege angeboten. Die Klägerin hat daraufhin ein Attest von Dr. G. vorgelegt. Darin heißt es, neben den Wirbelsäulenbeschwerden und den neurologischen Defiziten sei immer wieder in wechselnder Ausprägung eine depressive Erkrankung zu beobachten gewesen, die sowohl mit einer (delegierten) regulären Psychotherapie als auch mit Antidepressiva zu behandeln gewesen sei. Die depressive Störung habe einen erheblichen Anteil an der Ausprägung des GdB.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2010 hat die Klägerin das Vergleichsangebot des Beklagten als Teilanerkenntnis angenommen und darüber hinaus eine Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 80 für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 22.08.2009 sowie zur Feststellung eines GdB von 90 ab dem 23.08.2009 begehrt.
Mit Urteil vom 21.04.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und entschieden, dass außergerichtliche Kosten der Klägerin nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine wesentliche Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin lasse sich erst für die Zeit ab der Untersuchung durch Dr. K. am 23.04.2009 nachweisen. Der Sachverständige habe schlüssig dargelegt, dass die Verschlechterung der Befunde am Achsorgan im Zusammenhang mit der Halswirbelsäulendistorsion am 06.06.2008 eingetreten sei. Möglicherweise sei es dann in diesem Zusammenhang zu einer zunehmenden Verschlechterung der zervikalen Wirbelsäulenfunktion gekommen, die sich allerdings erst bei der Untersuchung durch Dr. K. habe nachweisen lassen. Ab diesem Zeitpunkt ergebe sich dann ein Teil-GdB von 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule. Eine Verschlechterung der auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht anzunehmen. Mit dem insoweit angesetzten Teil-GdB von 30 sei berücksichtigt, dass bei der Klägerin stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorlägen; Schwankungen im Gesundheitszustand seien von diesem als Durchschnittswert zu verstehenden GdB miterfasst. Hinsichtlich der weiteren bereits anerkannten Funktionsbeeinträchtigungen seien Verschlechterungen nicht erkennbar und auch nicht ausdrücklich geltend gemacht. Die nach zahnärztlichen Eingriffen aufgetretenen Gefühlsstörungen im Ausbreitungsgebiet des 3. Trigeminusastes links mit Beeinträchtigung der Funktion der Unterlippe seien mit einem Teil-GdB von 20 zutreffend in Ansatz gebracht worden. Dass die Klägerin in ihrem Beruf als Lehrerin durch diese Funktionsbeeinträchtigungen stärker betroffen sei als andere behinderte Menschen, sei nicht maßgeblich, da der GdB grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten Beruf zu beurteilen sei. Eine Erhöhung des GdB von 70 für die Zeit bis zum 22.04.2009 bzw. von 80 für die Zeit ab dem 23.04.2009 ergebe sich hieraus nicht. Auch seien die im Bereich des rechten Sprunggelenks nach einer Distorsion aufgetretenen Beschwerden mit einer motorisch leicht eingeschränkten Bewegungsfähigkeit des Fußes nicht geeignet, den Gesamt-GdB noch weiter anzuheben. Nachdem der Beklagte auf das von Dr. K. erstattete Gutachten mit seinem Vergleichsangebot vom 04.08.2009 nach Einschaltung des Ärztlichen Dienstes noch in einem hinnehmbaren zeitlichen Rahmen reagiert habe, sei von einem sofortigen Anerkenntnis auszugehen, das die Verneinung einer Kostenerstattungspflicht rechtfertige.
Gegen das ihr am 01.06.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.06.2010 Berufung eingelegt. Sie verweist auf die Bewertung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen durch die behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. G. in den vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen und trägt ergänzend vor, die Auswirkungen ihres Verkehrsunfalls vom 06.06.2008 seien nicht bzw. nicht angemessen berücksichtigt. Auch das erstinstanzliche Gericht habe in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, im vorliegenden Falle könne ausnahmsweise ein GdB von 90 zugebilligt werden. Daher sei eine entsprechende gütliche Einigung vorgeschlagen worden. Dies habe die Terminsvertreterin des Beklagten allerdings unter Bezugnahme auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. abgelehnt. Dieser habe allerdings keine sachgerechte Bewertung vorgenommen. Auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts sei zu beanstanden, da die Klage zur Hälfte begründet gewesen sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts R. vom 21. April 2010 aufzuheben, den Bescheid vom 2. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 und des Teil-Anerkenntnisses vom 21. April 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 12. April 2005 abzuändern und bei ihr ab dem 1. Juli 2007 einen Grad der Behinderung von 80 sowie ab dem 23. August 2009 einen Grad der Behinderung von 90 festzustellen.
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts R. sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Klägerin erstrebt bei sachdienlicher Fassung ihres Klage- und Berufungsbegehrens (§ 123 SGG) mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. und 2. Alternative SGG) neben der Abänderung der ihrem Erhöhungsbegehren nicht zur Gänze entsprechenden Verwaltungsentscheidungen - unter Einschluss des von ihr angenommenen Teilanerkenntnisses - eine Verurteilung des Beklagten zur weitergehenden Abänderung des einem Erhöhungsanspruch entgegenstehenden bestandskräftigen Bescheides vom 12.04.2005 und erst sodann zur behördlichen Feststellung eines (erhöhten) GdB von 80 ab dem 01.07.2007 sowie von 90 ab dem 23.08.2009.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. mit § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen ist. Die Änderung muss sich mithin nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Dies ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt (vgl. von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, Rdnr. 12 zu § 48).
Hinsichtlich der nach § 69 Abs. 1 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen von der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörde zu treffenden Feststellungentscheidung über das Vorliegen einer Behinderung und des GdB ist dabei zu berücksichtigen, dass diese Entscheidung rechtsverbindlich nur das Vorliegen einer unbenannten Behinderung und den Gesamt-GdB erfasst. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R - SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich, erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Als bloße Begründungselemente für die Feststellung der Behinderung und des Gesamt-GdB sind die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen und deren Bewertung mithin austauschbar. Daher führt eine Änderung des Gesundheitszustandes durch Verbesserung, Verschlechterung, Hinzutreten oder Wegfall von Funktionsbeeinträchtigungen nicht ohne weiteres auch zu einer im Rechtssinne wesentlichen Änderung. Vielmehr liegt eine solche nur dann vor, wenn sich nach einer erneuten Gesamtbewertung der Behinderung und des GdB unter Einbeziehung der geänderten tatsächlichen Verhältnisse Änderungen an dem allein rechtsverbindlichen Feststellungsausspruch über das Vorliegen einer Behinderung und den Gesamt-GdB ergeben. Dies ist angesichts der in § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX normierten Abstufung des GdB nach Zehnergraden bei einem nur den Behinderungsgrad betreffenden Neufeststellungsbegehren erst dann der Fall, wenn die Änderung des Gesamt-GdB wenigstens 10 beträgt (vgl. Teil A Nr. 7 Buchst. a Satz 1 der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" - VG [Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008, BGBl. I, S. 2412)]).
Menschen sind im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind als GdB - wie oben bereits ausgeführt - nach Zehnergraden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Hierfür gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 SGB IX). Liegen mehrere sich gegenseitig beeinflussende Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX).
Der GdB als Ausmaß der Behinderung ist in freier richterlicher Würdigung aller Umstände, wie sie dem Verfahren des § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1979 - 9 RVs 16/78 - SozR 3870 § 3 Nr. 5), gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX unter Zugrundelegung der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen VG - mit denen eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP), von wenigen, soweit einschlägig unten dargestellten Ausnahmen abgesehen, nicht einhergeht - festzustellen.
Die Gesamtbehinderung eines Menschen lässt sich rechnerisch nicht ermitteln. Daher ist für die Bildung des Gesamt-GdB eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig. Auch andere Rechenmethoden sind ungeeignet (BSG, Urteil vom 15.03.1979 a. a. O.). In der Regel wird von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB ausgegangen und sodann geprüft, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen dabei in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. c und d der VG). Dies gilt - selbst im Falle von unabhängig nebeneinander stehenden Funktionsstörungen - umso mehr, je höher der Ausgangs-GdB ist, dessen Erhöhung durch die hinzutretende Funktionsstörung mit einem Teil-GdB von 20 in Frage steht (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 27.04.2006 - L 2 SB 4/05 - zit. nach juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist eine über das angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten hinausgehende wesentliche Änderung der Verhältnisse die beim Erlass des Bescheides vom 12.04.2005 vorgelegen haben, nicht eingetreten. Vielmehr ist der seinerzeit festgestellte Gesamt-GdB der Klägerin von 70 für die Zeit bis zum 22.08.2009 weiterhin angemessen und ist der GdB für die Zeit ab dem 23.08.2009 mit 80 zu bewerten.
Dass und weshalb die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule ab dem 23.08.2009 mit einem Teil-GdB von 40 und für die Zeit davor mit einem Teil-GdB 30 zu bewerten sind, hat das Sozialgericht im Urteil vom 21.04.2010 unter Bezugnahme auf das von ihm eingeholte Gutachten von Dr. K. zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich die von Dr. K. ausführlich dargestellte Ausprägung der Verschlimmerung der Wirbelsäulenbeschwerden und damit eine Erhöhung des hierfür anzusetzenden Teil-GdB von 30 auf 40 erst ab dem Zeitpunkt seiner Untersuchung mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lässt. Mit dieser Erhöhung des Teil-GdB ist - anders als die Klägerin meint - auch den Auswirkungen des von ihr am 06.06.2008 erlittenen Verkehrsunfalls ausreichend Rechnung getragen. Diese Einschätzung entspricht im Übrigen auch derjenigen des behandelnden Orthopäden Dr. H. in der vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage und Teil B Nr. 18.9 der VG, wonach für Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 vorgesehen ist.
Ebenso sind die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin mit zutreffenden Teil-GdB-Werten in die Gesamtbeurteilung eingestellt und ist der hieraus zu ermittelnde Gesamt-GdB angemessen bewertet; auch insoweit wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil verwiesen, denen sich der Senat anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Bezogen auf die Zeit bis zum 22.08.2009 wird der Teil-GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule durch die psychischen Gesundheitsstörungen mit einem Teil-GdB von 30 sowie die insgesamt fünf mit einem Teil-GdB von 20 zu bewertenden und damit leichten (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. d ee der VG) Funktionsbeeinträchtigungen auf 70 erhöht. Die Stuhlinkontinenz mit einem Teil-GdB von 10 führt nicht zu einer weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB. Die von Dr. G. unter dem 05.03.2009 berichtete leichte Einschränkung der Bewegungsfähigkeit des rechten Fußes hat angesichts der von Dr. K. am 23.04.2009 erhobenen seitengleichen Beweglichkeit der Sprunggelenke keinen Teil-GdB zur Folge. Für die Zeit ab dem 23.08.2009 ergibt sich durch die Höherbewertung der Wirbelsäulenbeschwerden mit einem Teil-GdB von 40 statt zuvor 30 eine Erhöhung auch des Gesamt-GdB von 70 auf 80. Insoweit weist der Senat mit Blick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ergänzend darauf hin, dass sich aus einer vom Sozialgericht im Rahmen von Bemühungen zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits gegebenenfalls geäußerten Einschätzung, "im vorliegenden Fall könne ausnahmsweise ein GdB 90 vom Beklagten zugebilligt werden", gerade keine abschließende Bewertung des GdB mit 90, sondern allenfalls die Einschätzung ergibt, eine solche Bewertung sei aufgrund der Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise nicht unmöglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Ebenso erweist sich die auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG gestützte Kostenentscheidung des Sozialgerichts als rechtmäßig. Denn das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass und weshalb von einem "sofortigen" Anerkenntnis des Beklagten auszugehen und mithin eine Erstattungspflicht des Beklagten zu verneinen war. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im Urteil vom 21.04.2010 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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