Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 126/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 242/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erleidet ein Versicherter arbeitsunfallbedingt ein Schalltrauma, ist der zuständige Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung nur hierfür einstands- und entschädigungspflichtig, nicht jedoch für den vorbestehenden Hörschaden oder einen schicksalhaft bedingt eintretenden weiteren Hörschaden
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Verletztenrente gemäß § 56 Abs.1 des Siebten Buches - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 50 v.H. auf Grund des Unfalles vom 29.10.2003.
Der 1956 geborene Kläger ist bei der Firma L. G. L. GmbH in S. beschäftigt gewesen und sollte ausweislich der Unfallanzeige vom 01.06.2004 am Unfalltag in einem Kessel Schlacke vom Rost entfernen. Für diese Tätigkeit wird ein etwa 5 m langes mittels Pressluft (6 Bar) von innen gekühltes Metallrohr verwendet. Bei dieser Tätigkeit hat sich plötzlich der Pressluftschlauch am hinteren Ende der "Stocherstange" infolge der starken Erwärmung des Metallrohres gelöst. Der unter Druck stehende Luftschlauch hat den Kläger mit erheblicher Wucht am Kopf rechts getroffen. Trotz Tragens der vorgeschriebenen Schutzausrüstung (Helm mit Gesichtsschutz, der zerbrochen ist, Hitzeschutzhandschuhe und Hitzeschutzkleidung) ist der Kläger hierbei am rechten Ohr verletzt worden. Der Dr. R. hat mit Unfallbericht vom 04.05.2004 ein Knalltrauma rechts diagnostiziert. Ausweislich des Audiogramms hat eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links vorgelegen. Die deutliche Hörverschlechterung rechts gegenüber dem Vergleichsbefund vom 11.09.2001 ist als Hörsturz gedeutet und nach dem Stennert-Schema behandelt worden. Dr. R. hat mit Arztbrief vom 18.05.2004 bestätigt, dass durch das Knalltrauma vom 29.10.2003 eine schon länger bestehende Schwerhörigkeit verschlechtert worden ist.
Das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz hat unter dem 23.07.2004 ermittelt, dass bei dem Abreißen des Druckschlauches ein Spitzenwert des Schalldrucks von 155 dB betragen hat. Dies entspricht einem bewerteten Maximalwert zwischen 130 und 140 dB und ist grundsätzlich geeignet, einen Gehörschaden durch ein Einzelschallereignis zu verursachen. - Auf Veranlassung der Beklagten hat Dr. R. auch ältere Audiogramme vorgelegt und mit Arztbrief vom 16.09.2004 bestätigt, dass der Kläger seit vielen Jahren an Schwerhörigkeit links mehr als rechts leide; zusätzlich habe er 2003 das Knalltrauma am rechten Ohr erlitten. - Das Klinikum A. hat unter dem 25.09.2001 berichtet, dass der Kläger dort wegen akuten Wortfindungsstörungen vom 12.09.2001 bis 18.09.2001 behandelt worden ist. Diagnostiziert worden sind ein Mediateilinfarkt links mit Leitungsaphasie bei vaskulären Risikofaktoren (familiäre Belastung, Nikotinabusus, Hypercholesterinämie). Die Kliniken S. in G. haben im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme vom 12.06.2002 bis 10.07.2002 eine gute Rückbildung erzielen können. - Die Beklagte hat es mit Bescheid vom 30.06.2006 abgelehnt, bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach der Nr.2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen. Bei dem Kläger liege keine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit vor. Grundlage dieser Entscheidung ist die Stellungnahme des Gewerbearztes im Gewerbeaufsichtsamt C-Stadt vom 11.05.2006 gewesen.
Im Folgenden hat die Beklagte ein Gutachten von Dr. O. eingeholt. Dieser hat mit HNO-ärztlichem Gutachten vom 16.11.2006 ausgeführt, dass der Kläger ein Knalltrauma mit Hochtonhörverlust rechts erlitten habe. Die MdE hierfür betrage unter 10 v.H. Der überwiegende Teil des Hörschadens des rechten Ohres habe schon vor dem Unfall vom 29.10.2003 bestanden. Dies gelte auch für die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 07.12.2006 hat die Beklagte anerkannt, dass es bei dem Unfall vom 29.10.2003 zu einem Knalltrauma des rechten Ohres gekommen ist. Unfallbedingt habe eine Arbeitsunfähigkeit vom 13.11.2003 bis 28.11.2003 bestanden. Die Hörbeeinträchtigung habe zu keiner messbaren Erwerbseinbuße geführt. Als Folgen des Arbeitsunfalles könne die bestehende Innenohrschwerhörigkeit beidseits nicht anerkannt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2007 hat die Beklagte nochmals darauf hingewiesen, dass zum Unfallzeitpunkt bereits eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links bestanden habe. Trotz des Knalltraumas, das das rechte Ohr betroffen habe, bedinge die zusätzliche unfallbedingte Schädigung keine messbare MdE.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht Augsburg die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen und Prof. Dr. S. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur ärztlichen Sachverständigen bestellt. Diese ist mit HNO-ärztlichem Gutachten vom 20.04.2008 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vertäubung ebenso wie der nach wenigen Tagen gebesserte Tinnitus nicht zu einer anhaltenden Verschlimmerung des vorbestehenden Gehörschadens geführt habe. Folgen des Unfalles würden ab der 27. Woche nach dem Unfall nicht mehr vorliegen.
Auf Veranlassung des Bevollmächtigten des Klägers ist Prof. Dr. S. um Stellungnahme gebeten worden. Diese hat unter dem 25.09.2008 ausgeführt, dass die subjektiven Hörtests des Klägers stimmig seien und durch die otoakustischen Emissionen objektiviert werden konnten. Es habe keinen Anhalt für Fehlangaben des Klägers gegeben.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben die Klage aufrechterhalten und Unterlagen des behandelnden es Dr. R. aus dem Jahr 2007 vorgelegt. Danach habe bereits am 07.07.2000 eine hochgradige Schwerhörigkeit links und eine geringgradige Schwerhörigkeit rechts bestanden. Die Hörtestung vom 13.11.2003 (wenige Tage nach dem Unfall vom 29.10.2003) habe eine erhebliche Zunahme der Schwerhörigkeit rechts ergeben. Nunmehr habe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts bei gleichbleibender hochgradiger Schwerhörigkeit links vorgelegen. Für einen Zusammenhang mit dem Knalltrauma würde ein von ihm beobachteter Bluterguss am rechten Trommelfell sprechen.
Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage mit Urteil vom 18.06.2009 abgewiesen und sich hierbei auf die gutachterlichen Ausführungen der Prof. Dr. S. vom 20.04.2008 und 25.09.2008 gestützt. In Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. R. spräche mehr gegen eine Ursächlichkeit des Unfalles vom 29.10.2003 für eine Verschlechterung des Hörvermögens als dafür, insbesondere die fehlende C5-Senke sowie die Progredienz des Hörverlustes nach dem Unfall.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 19.06.2009 ging am 22.06.2009 beim Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein. Von Seiten des Senats wurden die Unfall-Akten der Beklagten sowie die erstinstanzlichen Streitakten beigezogen.
Die Bevollmächtigten des Klägers wiesen mit Berufungsbegründung vom 16.11.2009 nochmals auf die Ausführungen des Dr. R. vom 03.01.2007 hin, mit denen dieser einen Zusammenhang mit dem Knalltrauma auf Grund des von ihm beobachteten Blutergusses am rechten Trommelfell angenommen hat.
Der Senat bestellte Dr. C. (Chefarzt am Klinikum C-Stadt) gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 SGG zum ärztlichen Sachverständigen. Dieser kam mit HNO-ärztlichem Gutachten vom 10.05.2010 zu dem Ergebnis, dass durch das Knalltrauma eine Verschlimmerung der vorbestehenden Innenohrschwerhörigkeit rechts verursacht worden sei. Diese Verschlimmerung habe insbesondere den tiefen Frequenzbereich betroffen. Zusätzlich zur Tieftonschädigung sei eine Verschlimmerung der vorbestehenden Mitteltonsenke und Hochtonschwäche rechts eingetreten. Bereits zwischen April 2004 und November 2004 sei eine deutliche Besserung der Hörschwelle rechts zu verzeichnen gewesen. Eine weitere Besserung sei eindeutig durch die Begutachtung im November 2006 belegt. Es sei deshalb zu empfehlen, unfallbedingt eine MdE von 10 v.H. für die Zeit vom 29.04.2004 bis zum 06.11.2006 anzuerkennen; danach betrage die unfallbedingte MdE unter 10 v.H. Die Einholung von Zusatzgutachten sei nicht erforderlich.
Die Beklagte wies mit Stellungnahme vom 10.06.2010 darauf hin, dass entsprechend den gutachterlichen Ausführungen des Dr. O. und der Prof. Dr. S. bereits ab dem 29.04.2004 von einer MdE unter 10 v.H. auszugehen sei. Unabhängig davon fehle es an einem Stützrententatbestand im Sinne von § 56 Abs.1 Satz 2 SGB VII.
Die Bevollmächtigten des Klägers beantragten mit Schriftsatz vom 16.08.2010 den Prof. Dr. D. als Sachverständigen zu hören. Der Senat zog dessen Behandlungsunterlagen bei und ließ diese von Dr. C. auswerten. Dieser führte mit HNO-ärztlicher Stellungnahme vom 12.10.2010 aus, dass ein vielschichtiges Krankheitsbild vorliege, welches insbesondere durch den Zustand nach Apoplex im Jahr 2001 bereits zu einer erheblichen Schädigung geführt habe. Diese sei unter anderem durch verschiedene Hörprüfungen vor dem Unfall vom 29.10.2003 als schicksalshafte unfallunabhängige Hörstörung belegt. Im Rahmen seiner Begutachtung habe er auf die von dem Dr. R. registrierte akute Hörverschlechterung rechts nach dem Unfall hingewiesen, sodass diese als relevante Veränderung gegenüber den Vorbefunden belegt sei. Spätere Verschlechterungen, Jahre nach dem Unfall, seien auf die bereits vorbestehende Innenohrerkrankung beidseits zurückzuführen. In diesem Zusammenhang seien auch die neurootologischen Befunde zu werten, die als Teil der unfallunabhängigen Funktionsstörung im peripheren und zentralen vestibulocochleären System begründet seien und nicht als Unfallfolge gewertet werden könnten.
Die Bevollmächtigten des Klägers wiederholten mit Schriftsatz vom 10.11.2010 ihren Antrag, Prof. Dr. D. gutachtlich zu hören und weiterhin ein arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen.
In der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2011 beantragt der Bevollmächtigte des Klägers entsprechend seinem Schriftsatz vom 16.11.2009,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.06.2009 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 07.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2007 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf Grund des unfallbedingten Knalltraumas rechts vom 29.10.2003 Verletztenrente nach einer MdE von 50 v.H. zu bewilligen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 14.07.2009,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.06.2009 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage gegen den Bescheid vom 07.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2007 zutreffend abgewiesen. Der Kläger hat gemäß § 56 Abs.1 SGB VII keinen Anspruch auf Bewilligung einer Verletztenrente auf Grund des Unfalles vom 29.10.2003.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, der im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Hiervon ausgehend ist darauf hinzuweisen, dass bei dem Kläger die vorbestehenden Funktionsstörungen an beiden Ohren von den Folgen des am 29.10.2003 erlittenen Knalltraumas rechts abzugrenzen sind. Dies gilt auch für die später eingetretene Verschlechterung des Hörvermögens rechts. Die Beklagte ist nur für die Folgen des Knalltraumas vom 29.10.2003 einstands- und entschädigungspflichtig, nicht jedoch für den bei dem Kläger bestehenden Hörschaden insgesamt.
Ausweislich der Gutachten des Dr. O. vom 16.11.2006, der Prof. Dr. S. vom 20.04.2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 25.09.2008 und des Dr. C. vom 10.05.2010 mit ergänzender Stellungnahme vom 12.10.2010 hat bei dem Kläger zu dem Unfallzeitpunkt 29.10.2003 bereits eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links bestanden. Auf Grund der Hörschwellenaudiogramme zwischen dem 13.11.2003 von Dr. R. und den folgenden Audiogrammen ist eine vorübergehende Verschlimmerung des Grades der Schwerhörigkeit rechts zu verzeichnen gewesen. Dr. C. hat mit Gutachten vom 10.05.2010 schlüssig und überzeugend dargelegt, dass es bereits zwischen April 2004 und November 2004 wieder zu einer deutlichen Besserung der Hörschwelle rechts gekommen ist. Eine weitere Besserung ist durch die Begutachtung bei Dr. O. am 06.11.2006 (vgl. dessen Gutachten vom 16.11.2006) eindeutig belegt.
Die unfallbedingte Gesundheitsstörung "Verschlimmerung des Grades der Schwerhörigkeit rechts" ist von allen am Verfahren beteiligten Gutachtern als gering beschrieben worden. In diesem Zusammenhang kann der Senat offenlassen, ob für den Zeitraum vom 29.04.2004 bis zum 06.11.2006 retrospektiv eine MdE von 10 v.H. oder unter 10 v.H. vorgelegen hat. Denn es liegt kein Stützrententatbestand im Sinne von § 56 Abs.1 Satz 2 SGB VII vor.
Im Übrigen wird eine MdE von 20 v.H. im Sinne von § 56 Abs.1 Satz 1 SGB VII zweifelsfrei nicht erreicht. Insoweit hat sich Dr. C. mit ergänzender Stellungnahme vom 12.10.2010 mit den von Prof. Dr. D. zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen eingehend auseinandergesetzt und ebenfalls für den Senat schlüssig und überzeugend hervorgehoben, dass ein vielschichtiges Krankheitsbild vorliegt, welches insbesondere durch den Zustand nach Apoplex im Jahre 2001 bereits zu einer erheblichen Schädigung geführt hat. Diese ist unter anderem durch verschiedene Hörprüfungen vor dem Unfall vom 29.10.2003 als schicksalshafte unfallunabhängige Hörstörung belegt. Im Rahmen seiner Begutachtung hat Dr. C. auf die von dem behandelnden Dr. R. registrierte akute Hörverschlechterung rechts nach dem Unfall hingewiesen, sodass diese als relevante Veränderung gegenüber den Vorbefunden belegt ist. Dies korrespondiert mit dem Hinweis des Dr. R. vom 03.01.2007, dass er unmittelbar nach dem Knalltrauma am 13.11.2003 einen Bluterguss am rechten Trommelfell beobachtet hat. Später ist dieser Bluterguss nicht mehr beschrieben worden, weder von Dr. O. noch von Prof. Dr. S. oder Dr. C ...
Spätere Verschlechterungen sind entsprechend den Ausführungen des Dr. C. mit ergänzender Stellungnahme vom 12.10.2010 nicht auf den Unfall, sondern auf die bereits vorbestehende Innenohrerkrankung beidseits zurückzuführen. In diesem Zusammenhang sind auch die neurootologischen Befunde des Prof. Dr. D. zu werten, die als Teil der unfallunabhängigen Funktionsstörung im peripheren und zentralen vestibulocochleären System begründet sind und nicht als Unfallfolge gewertet werden können.
Soweit die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 10.11.2010 den Antrag auf Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens wiederholt haben, ist dies nicht erforderlich gewesen. Denn das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz hat bereits unter dem 23.07.2004 darauf hingewiesen, dass auf Grund des Schalltraumas ein Spitzenpegel von 155 dB erreicht worden ist und der bewertete Maximalwert zwischen 130 und 140 dB gelegen hat, also dieses Einzelschallereignis durchaus in der Lage gewesen ist, einen Gehörschaden zu verursachen. Und ein solcher ist von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt worden. Außerdem hat der Kläger keine äußeren Verletzungen hinnehmen müssen, weil er bei dem Unfall vom 29.10.2003 einen Helm mit Gesichtsschutz getragen hat, auch wenn dieser wegen der Wucht des Aufschlages hierbei zerbrochen ist.
Im Übrigen ist es nicht erforderlich gewesen, Prof. Dr. D. zu dem Beweisthema gutachtlich zu hören. Denn Dr. C. hat abschließend die Einholung von weiteren Gutachten nicht für geboten gehalten. Außerdem hat der bereits langjährig im Sozialrecht tätige Bevollmächtigte des Klägers Prof. Dr. D. nicht nach § 109 SGG, das heißt auf Kostenrisiko des Klägers, benannt. Auf Grund des Hinweises des BayLSG vom 26.10.2010 ist ihm auch bekannt gewesen, dass der Senat die Einholung weiterer Gutachten auf Kosten der Staatskasse nicht beabsichtigt (§ 106 Abs.3 Nr.5 SGG).
Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.06.2009 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Verletztenrente gemäß § 56 Abs.1 des Siebten Buches - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 50 v.H. auf Grund des Unfalles vom 29.10.2003.
Der 1956 geborene Kläger ist bei der Firma L. G. L. GmbH in S. beschäftigt gewesen und sollte ausweislich der Unfallanzeige vom 01.06.2004 am Unfalltag in einem Kessel Schlacke vom Rost entfernen. Für diese Tätigkeit wird ein etwa 5 m langes mittels Pressluft (6 Bar) von innen gekühltes Metallrohr verwendet. Bei dieser Tätigkeit hat sich plötzlich der Pressluftschlauch am hinteren Ende der "Stocherstange" infolge der starken Erwärmung des Metallrohres gelöst. Der unter Druck stehende Luftschlauch hat den Kläger mit erheblicher Wucht am Kopf rechts getroffen. Trotz Tragens der vorgeschriebenen Schutzausrüstung (Helm mit Gesichtsschutz, der zerbrochen ist, Hitzeschutzhandschuhe und Hitzeschutzkleidung) ist der Kläger hierbei am rechten Ohr verletzt worden. Der Dr. R. hat mit Unfallbericht vom 04.05.2004 ein Knalltrauma rechts diagnostiziert. Ausweislich des Audiogramms hat eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links vorgelegen. Die deutliche Hörverschlechterung rechts gegenüber dem Vergleichsbefund vom 11.09.2001 ist als Hörsturz gedeutet und nach dem Stennert-Schema behandelt worden. Dr. R. hat mit Arztbrief vom 18.05.2004 bestätigt, dass durch das Knalltrauma vom 29.10.2003 eine schon länger bestehende Schwerhörigkeit verschlechtert worden ist.
Das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz hat unter dem 23.07.2004 ermittelt, dass bei dem Abreißen des Druckschlauches ein Spitzenwert des Schalldrucks von 155 dB betragen hat. Dies entspricht einem bewerteten Maximalwert zwischen 130 und 140 dB und ist grundsätzlich geeignet, einen Gehörschaden durch ein Einzelschallereignis zu verursachen. - Auf Veranlassung der Beklagten hat Dr. R. auch ältere Audiogramme vorgelegt und mit Arztbrief vom 16.09.2004 bestätigt, dass der Kläger seit vielen Jahren an Schwerhörigkeit links mehr als rechts leide; zusätzlich habe er 2003 das Knalltrauma am rechten Ohr erlitten. - Das Klinikum A. hat unter dem 25.09.2001 berichtet, dass der Kläger dort wegen akuten Wortfindungsstörungen vom 12.09.2001 bis 18.09.2001 behandelt worden ist. Diagnostiziert worden sind ein Mediateilinfarkt links mit Leitungsaphasie bei vaskulären Risikofaktoren (familiäre Belastung, Nikotinabusus, Hypercholesterinämie). Die Kliniken S. in G. haben im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme vom 12.06.2002 bis 10.07.2002 eine gute Rückbildung erzielen können. - Die Beklagte hat es mit Bescheid vom 30.06.2006 abgelehnt, bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach der Nr.2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen. Bei dem Kläger liege keine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit vor. Grundlage dieser Entscheidung ist die Stellungnahme des Gewerbearztes im Gewerbeaufsichtsamt C-Stadt vom 11.05.2006 gewesen.
Im Folgenden hat die Beklagte ein Gutachten von Dr. O. eingeholt. Dieser hat mit HNO-ärztlichem Gutachten vom 16.11.2006 ausgeführt, dass der Kläger ein Knalltrauma mit Hochtonhörverlust rechts erlitten habe. Die MdE hierfür betrage unter 10 v.H. Der überwiegende Teil des Hörschadens des rechten Ohres habe schon vor dem Unfall vom 29.10.2003 bestanden. Dies gelte auch für die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 07.12.2006 hat die Beklagte anerkannt, dass es bei dem Unfall vom 29.10.2003 zu einem Knalltrauma des rechten Ohres gekommen ist. Unfallbedingt habe eine Arbeitsunfähigkeit vom 13.11.2003 bis 28.11.2003 bestanden. Die Hörbeeinträchtigung habe zu keiner messbaren Erwerbseinbuße geführt. Als Folgen des Arbeitsunfalles könne die bestehende Innenohrschwerhörigkeit beidseits nicht anerkannt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2007 hat die Beklagte nochmals darauf hingewiesen, dass zum Unfallzeitpunkt bereits eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links bestanden habe. Trotz des Knalltraumas, das das rechte Ohr betroffen habe, bedinge die zusätzliche unfallbedingte Schädigung keine messbare MdE.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht Augsburg die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen und Prof. Dr. S. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur ärztlichen Sachverständigen bestellt. Diese ist mit HNO-ärztlichem Gutachten vom 20.04.2008 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vertäubung ebenso wie der nach wenigen Tagen gebesserte Tinnitus nicht zu einer anhaltenden Verschlimmerung des vorbestehenden Gehörschadens geführt habe. Folgen des Unfalles würden ab der 27. Woche nach dem Unfall nicht mehr vorliegen.
Auf Veranlassung des Bevollmächtigten des Klägers ist Prof. Dr. S. um Stellungnahme gebeten worden. Diese hat unter dem 25.09.2008 ausgeführt, dass die subjektiven Hörtests des Klägers stimmig seien und durch die otoakustischen Emissionen objektiviert werden konnten. Es habe keinen Anhalt für Fehlangaben des Klägers gegeben.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben die Klage aufrechterhalten und Unterlagen des behandelnden es Dr. R. aus dem Jahr 2007 vorgelegt. Danach habe bereits am 07.07.2000 eine hochgradige Schwerhörigkeit links und eine geringgradige Schwerhörigkeit rechts bestanden. Die Hörtestung vom 13.11.2003 (wenige Tage nach dem Unfall vom 29.10.2003) habe eine erhebliche Zunahme der Schwerhörigkeit rechts ergeben. Nunmehr habe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts bei gleichbleibender hochgradiger Schwerhörigkeit links vorgelegen. Für einen Zusammenhang mit dem Knalltrauma würde ein von ihm beobachteter Bluterguss am rechten Trommelfell sprechen.
Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage mit Urteil vom 18.06.2009 abgewiesen und sich hierbei auf die gutachterlichen Ausführungen der Prof. Dr. S. vom 20.04.2008 und 25.09.2008 gestützt. In Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. R. spräche mehr gegen eine Ursächlichkeit des Unfalles vom 29.10.2003 für eine Verschlechterung des Hörvermögens als dafür, insbesondere die fehlende C5-Senke sowie die Progredienz des Hörverlustes nach dem Unfall.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 19.06.2009 ging am 22.06.2009 beim Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein. Von Seiten des Senats wurden die Unfall-Akten der Beklagten sowie die erstinstanzlichen Streitakten beigezogen.
Die Bevollmächtigten des Klägers wiesen mit Berufungsbegründung vom 16.11.2009 nochmals auf die Ausführungen des Dr. R. vom 03.01.2007 hin, mit denen dieser einen Zusammenhang mit dem Knalltrauma auf Grund des von ihm beobachteten Blutergusses am rechten Trommelfell angenommen hat.
Der Senat bestellte Dr. C. (Chefarzt am Klinikum C-Stadt) gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 SGG zum ärztlichen Sachverständigen. Dieser kam mit HNO-ärztlichem Gutachten vom 10.05.2010 zu dem Ergebnis, dass durch das Knalltrauma eine Verschlimmerung der vorbestehenden Innenohrschwerhörigkeit rechts verursacht worden sei. Diese Verschlimmerung habe insbesondere den tiefen Frequenzbereich betroffen. Zusätzlich zur Tieftonschädigung sei eine Verschlimmerung der vorbestehenden Mitteltonsenke und Hochtonschwäche rechts eingetreten. Bereits zwischen April 2004 und November 2004 sei eine deutliche Besserung der Hörschwelle rechts zu verzeichnen gewesen. Eine weitere Besserung sei eindeutig durch die Begutachtung im November 2006 belegt. Es sei deshalb zu empfehlen, unfallbedingt eine MdE von 10 v.H. für die Zeit vom 29.04.2004 bis zum 06.11.2006 anzuerkennen; danach betrage die unfallbedingte MdE unter 10 v.H. Die Einholung von Zusatzgutachten sei nicht erforderlich.
Die Beklagte wies mit Stellungnahme vom 10.06.2010 darauf hin, dass entsprechend den gutachterlichen Ausführungen des Dr. O. und der Prof. Dr. S. bereits ab dem 29.04.2004 von einer MdE unter 10 v.H. auszugehen sei. Unabhängig davon fehle es an einem Stützrententatbestand im Sinne von § 56 Abs.1 Satz 2 SGB VII.
Die Bevollmächtigten des Klägers beantragten mit Schriftsatz vom 16.08.2010 den Prof. Dr. D. als Sachverständigen zu hören. Der Senat zog dessen Behandlungsunterlagen bei und ließ diese von Dr. C. auswerten. Dieser führte mit HNO-ärztlicher Stellungnahme vom 12.10.2010 aus, dass ein vielschichtiges Krankheitsbild vorliege, welches insbesondere durch den Zustand nach Apoplex im Jahr 2001 bereits zu einer erheblichen Schädigung geführt habe. Diese sei unter anderem durch verschiedene Hörprüfungen vor dem Unfall vom 29.10.2003 als schicksalshafte unfallunabhängige Hörstörung belegt. Im Rahmen seiner Begutachtung habe er auf die von dem Dr. R. registrierte akute Hörverschlechterung rechts nach dem Unfall hingewiesen, sodass diese als relevante Veränderung gegenüber den Vorbefunden belegt sei. Spätere Verschlechterungen, Jahre nach dem Unfall, seien auf die bereits vorbestehende Innenohrerkrankung beidseits zurückzuführen. In diesem Zusammenhang seien auch die neurootologischen Befunde zu werten, die als Teil der unfallunabhängigen Funktionsstörung im peripheren und zentralen vestibulocochleären System begründet seien und nicht als Unfallfolge gewertet werden könnten.
Die Bevollmächtigten des Klägers wiederholten mit Schriftsatz vom 10.11.2010 ihren Antrag, Prof. Dr. D. gutachtlich zu hören und weiterhin ein arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen.
In der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2011 beantragt der Bevollmächtigte des Klägers entsprechend seinem Schriftsatz vom 16.11.2009,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.06.2009 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 07.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2007 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf Grund des unfallbedingten Knalltraumas rechts vom 29.10.2003 Verletztenrente nach einer MdE von 50 v.H. zu bewilligen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 14.07.2009,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.06.2009 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage gegen den Bescheid vom 07.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2007 zutreffend abgewiesen. Der Kläger hat gemäß § 56 Abs.1 SGB VII keinen Anspruch auf Bewilligung einer Verletztenrente auf Grund des Unfalles vom 29.10.2003.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, der im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Hiervon ausgehend ist darauf hinzuweisen, dass bei dem Kläger die vorbestehenden Funktionsstörungen an beiden Ohren von den Folgen des am 29.10.2003 erlittenen Knalltraumas rechts abzugrenzen sind. Dies gilt auch für die später eingetretene Verschlechterung des Hörvermögens rechts. Die Beklagte ist nur für die Folgen des Knalltraumas vom 29.10.2003 einstands- und entschädigungspflichtig, nicht jedoch für den bei dem Kläger bestehenden Hörschaden insgesamt.
Ausweislich der Gutachten des Dr. O. vom 16.11.2006, der Prof. Dr. S. vom 20.04.2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 25.09.2008 und des Dr. C. vom 10.05.2010 mit ergänzender Stellungnahme vom 12.10.2010 hat bei dem Kläger zu dem Unfallzeitpunkt 29.10.2003 bereits eine mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links bestanden. Auf Grund der Hörschwellenaudiogramme zwischen dem 13.11.2003 von Dr. R. und den folgenden Audiogrammen ist eine vorübergehende Verschlimmerung des Grades der Schwerhörigkeit rechts zu verzeichnen gewesen. Dr. C. hat mit Gutachten vom 10.05.2010 schlüssig und überzeugend dargelegt, dass es bereits zwischen April 2004 und November 2004 wieder zu einer deutlichen Besserung der Hörschwelle rechts gekommen ist. Eine weitere Besserung ist durch die Begutachtung bei Dr. O. am 06.11.2006 (vgl. dessen Gutachten vom 16.11.2006) eindeutig belegt.
Die unfallbedingte Gesundheitsstörung "Verschlimmerung des Grades der Schwerhörigkeit rechts" ist von allen am Verfahren beteiligten Gutachtern als gering beschrieben worden. In diesem Zusammenhang kann der Senat offenlassen, ob für den Zeitraum vom 29.04.2004 bis zum 06.11.2006 retrospektiv eine MdE von 10 v.H. oder unter 10 v.H. vorgelegen hat. Denn es liegt kein Stützrententatbestand im Sinne von § 56 Abs.1 Satz 2 SGB VII vor.
Im Übrigen wird eine MdE von 20 v.H. im Sinne von § 56 Abs.1 Satz 1 SGB VII zweifelsfrei nicht erreicht. Insoweit hat sich Dr. C. mit ergänzender Stellungnahme vom 12.10.2010 mit den von Prof. Dr. D. zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen eingehend auseinandergesetzt und ebenfalls für den Senat schlüssig und überzeugend hervorgehoben, dass ein vielschichtiges Krankheitsbild vorliegt, welches insbesondere durch den Zustand nach Apoplex im Jahre 2001 bereits zu einer erheblichen Schädigung geführt hat. Diese ist unter anderem durch verschiedene Hörprüfungen vor dem Unfall vom 29.10.2003 als schicksalshafte unfallunabhängige Hörstörung belegt. Im Rahmen seiner Begutachtung hat Dr. C. auf die von dem behandelnden Dr. R. registrierte akute Hörverschlechterung rechts nach dem Unfall hingewiesen, sodass diese als relevante Veränderung gegenüber den Vorbefunden belegt ist. Dies korrespondiert mit dem Hinweis des Dr. R. vom 03.01.2007, dass er unmittelbar nach dem Knalltrauma am 13.11.2003 einen Bluterguss am rechten Trommelfell beobachtet hat. Später ist dieser Bluterguss nicht mehr beschrieben worden, weder von Dr. O. noch von Prof. Dr. S. oder Dr. C ...
Spätere Verschlechterungen sind entsprechend den Ausführungen des Dr. C. mit ergänzender Stellungnahme vom 12.10.2010 nicht auf den Unfall, sondern auf die bereits vorbestehende Innenohrerkrankung beidseits zurückzuführen. In diesem Zusammenhang sind auch die neurootologischen Befunde des Prof. Dr. D. zu werten, die als Teil der unfallunabhängigen Funktionsstörung im peripheren und zentralen vestibulocochleären System begründet sind und nicht als Unfallfolge gewertet werden können.
Soweit die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 10.11.2010 den Antrag auf Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens wiederholt haben, ist dies nicht erforderlich gewesen. Denn das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz hat bereits unter dem 23.07.2004 darauf hingewiesen, dass auf Grund des Schalltraumas ein Spitzenpegel von 155 dB erreicht worden ist und der bewertete Maximalwert zwischen 130 und 140 dB gelegen hat, also dieses Einzelschallereignis durchaus in der Lage gewesen ist, einen Gehörschaden zu verursachen. Und ein solcher ist von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt worden. Außerdem hat der Kläger keine äußeren Verletzungen hinnehmen müssen, weil er bei dem Unfall vom 29.10.2003 einen Helm mit Gesichtsschutz getragen hat, auch wenn dieser wegen der Wucht des Aufschlages hierbei zerbrochen ist.
Im Übrigen ist es nicht erforderlich gewesen, Prof. Dr. D. zu dem Beweisthema gutachtlich zu hören. Denn Dr. C. hat abschließend die Einholung von weiteren Gutachten nicht für geboten gehalten. Außerdem hat der bereits langjährig im Sozialrecht tätige Bevollmächtigte des Klägers Prof. Dr. D. nicht nach § 109 SGG, das heißt auf Kostenrisiko des Klägers, benannt. Auf Grund des Hinweises des BayLSG vom 26.10.2010 ist ihm auch bekannt gewesen, dass der Senat die Einholung weiterer Gutachten auf Kosten der Staatskasse nicht beabsichtigt (§ 106 Abs.3 Nr.5 SGG).
Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.06.2009 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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