L 11 R 4478/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 5679/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4478/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin macht einen Anspruch auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente geltend.

Die am 11. Juli 1948 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Bis Oktober 2007 war sie - mit Unterbrechungen - versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Küchenhilfe. Derzeit erhält sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf ihren Antrag vom 3. Mai 2011 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 2011 Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. August 2011 in Höhe von monatlich 728,28 EUR. In der Zeit vom 5. Mai 2003 bis zum 4. Mai 2008 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden. Die Klägerin ist nicht schwerbehindert und war dies auch am 16. November 2000 nicht.

Am 5. Mai 2008 beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Den Antrag begründete sie mit einem Beinleiden. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle in O ... Im Gutachten vom 30. Juni 2008 stellte der Facharzt für Chirurgie Dr. K. erhebliche degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenks mit deutlicher Gehbehinderung, eine Gonalgie (Schmerzen im Kniegelenksbereich) links, einen dringend behandlungsbedürftigen Bluthochdruck und eine Varikosis (Krampfadern der Beine) mit deutlicher Oedembildung als Zeichen einer chronisch venösen Insuffizienz fest. In seiner Leistungsbeurteilung kam er zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund des Bluthochdrucks nur sehr gering belastbar (etwa im Rahmen von 75 Watt) sei und nur noch leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen, insbesondere der Kniegelenke, ohne Hitze und Stress, ohne längeres Gehen und Stehen vollschichtig verrichten könne. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien ebenfalls ausgeschlossen. In Betracht kämen zB noch leichte Montagetätigkeiten. Mit Bescheid vom 10. Juli 2008 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab.

Dagegen legte die Klägerin am 7. August 2008 Widerspruch ein. Über die Stadtverwaltung H. ließ sie zwei ärztliche Befundberichte vorlegen, einen Bericht über eine am 26. September 2007 angefertigte Kernspintomographie des rechten Kniegelenks (Bericht PD Dr. N. vom 26. September 2007) und einen Arztbrief der Gemeinschaftspraxis Allgeier/Scheidmann vom 28. September 2007. Dr. K., den die Beklagte hierzu um Stellungnahme bat, verblieb bei seiner bisherigen Beurteilung (Stellungnahme vom 22. August 2008). Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 mit der Begründung zurück, die Klägerin sei weder ganz noch teilweise erwerbsgemindert.

Am 12. November 2008 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und ua vorgetragen, mit ihren gesundheitlichen Einschränkungen sei ihr der Arbeitsmarkt verschlossen. Der Gutachter habe festgestellt, dass sie nicht einmal mehr als Küchenhilfe zwei Stunden täglich beschäftigt werden könne. Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. N. hat den bereits von der Klägerin vorgelegten Befundbericht vom 26. September 2007 übersandt. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. G. hat mitgeteilt (Schreiben vom 11. März 2009), nach seiner klinisch-internistischen Untersuchung der Klägerin am 19. September 2007 sowie nach dem Blutdruckverlauf unter Medikation sei anzunehmen, dass der Blutdruck im weiteren Verlauf optimal hätte eingestellt werden können. Die Gemeinschaftspraxis Dres A./S. hat angegeben, die Klägerin habe am 26. September 2007 eine intraarticuläre Injektion erhalten, deren Wirkung aber nicht habe beurteilt werden können, da sich die Klägerin danach nicht mehr vorgestellt habe. Anschließend hat das SG von Amts wegen den Chefarzt im O. Klinikum O.-G. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet beauftragt. Anlässlich dieser Begutachtung sind auch Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule und Kniegelenke angefertigt worden, die der Leitende Arzt des Radiologischen Instituts des O. Klinikums Prof. Dr. L. in einer Stellungnahme vom 15. Januar 2010 beurteilt hat. Im Gutachten vom 19. November 2009 hat der Sachverständige Dr. S. eine erhebliche degenerative Veränderung des rechten Kniegelenks und starke degenerative Veränderungen der Hals- und Brustwirbelsäule diagnostiziert und die Auffassung vertreten, die Klägerin könne noch leichte Arbeiten drei- bis sechs Stunden täglich verrichten. Dieser Einschätzung ist die Beklagte unter Hinweis auf die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. L. vom 13. Januar 2010 nicht gefolgt. Der hierzu ergänzend gehörte Sachverständige Dr. S. hat seine Leistungsbeurteilung aufrechterhalten (Stellungnahme vom 19. November 2009). Das SG hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 12. August 2010 zu ihrem Tagesablauf angehört und die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Das SG hat das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen im Hinblick auf die darin festgestellten Einschränkungen der qualitativen Leistungsfähigkeit für schlüssig und nachvollziehbar erachtet. Dem Gutachten hat es aber insoweit nicht zu folgen vermocht, als darin ein zeitlich eingeschränktes Restleistungsvermögen bei der Klägerin angenommen worden ist. Nach Auffassung des SG ist die Klägerin noch in der Lage, leichte Arbeiten unter Beachtung der von Dr. S. genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 24. August 2010 zugestellt worden.

Am 21. September 2010 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie verweist zur Begründung auf ihren Vortrag vor dem SG und ist der Ansicht, dass das SG ohne ersichtliche eigene Sachkunde von der medizinischen Einschätzung des Sachverständigen abgewichen sei.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, vom 1. Mai 2008 bis 31. Juli 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2010 zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die frühere Berichterstatterin des Verfahrens hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 16. Dezember 2010 erörtert. Dabei ist auch zur Sprache gekommen, dass die Klägerin eine vorgezogene Altersrente für Frauen beziehen könnte. Die Klägerin hat hierzu erklärt, sie möchte eine Entscheidung des Senats und habe derzeit nicht die Absicht, eine andere Rente zu beantragen.

Die Beklagte hat die Rentenauskunft (Probeberechnung) vom 21. Dezember 2010 vorgelegt. Danach würde der monatliche Zahlbetrag einer Altersrente für Frauen bei einem Rentenbeginn am 1. Januar 2011 und unter Berücksichtigung der bis zum 31. Dezember 2009 zurückgelegten Versicherungszeiten 701,53 EUR betragen. Nach der von der Klägerin vorgelegten Renteninformation der Beklagten vom 6. November 2008 entsprach die bis zum damaligen Zeitpunkt erreichte Anwartschaft der Klägerin für eine Regelaltersrente einem monatlichen Rentenbetrag von 821,11 EUR.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Versicherte haben gemäß Abs 2 dieser Vorschrift Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß Abs 1 Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägern noch in der Lage ist, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord-, Schicht-, und Nachtarbeit sind ihr nicht mehr möglich. Auch Arbeiten in Kälte, Nässe oder im Freien sind zu meiden.

Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen bei der Klägerin degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und der Kniegelenke. Dabei ist allerdings der radiologische Befund nicht besonders gravierend. Nach den im O. Klinikum anlässlich der Begutachtung durch Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen zeigte sich eine medialbetonte Gonarthrose beidseits, rechts betont, degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule (HWS) mit angedeuteter Kyphosierung und geringer Instabilität im Segment Halswirbelkörper (HWK) 5/6. Im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) zeigte sich eine S-förmige Skoliose mit ventralen und lateralen Abstützreaktionen sowie Osteochondrosis intervertebralis. Dies ergibt sich aus der Befundung der Röntgenaufnahmen durch den Leitenden Arzt des Radiologischen Instituts Prof. Dr. L. vom 15. Januar 2010 (AS 67/69 der SG-Akte). Auch der klinische Befund war zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. S. nicht schwerwiegend. Im Bereich der Nackenmuskulatur fanden sich beidseits ein paravertebraler Hartspann und muskuläre Verspannungen mit Druckdolenz beidseits. Die gesamte HWS war klopf- und druckschmerzhaft. Jedoch waren die Drehbewegungen und die Seitwärtsbeugung nur mäßig eingeschränkt. Im Bereich der oberen Extremitäten waren keine senso-motorischen Defizite festzustellen und die peripheren Reflexe waren beidseits auslösbar. Alle Gelenke waren frei beweglich. Die klinische Befunderhebung der Kniegelenke durch Dr. S. ergab keine Ergüsse, keine Bandinstabilitäten und einen unauffälligen Band-Kapsel-Apparat. In beiden Kniegelenken war lediglich ein Druckschmerz auslösbar. Auch in den unteren Extremitäten waren neurologische Ausfälle nicht feststellbar, ebenso keine deutlichen Muskelverschmälerungen. Zehenspitzengang und Fersengang waren sicher durchführbar, ebenso der Einbeinstand. Allerdings war das rechte Bein im Sinne eines Lymphödems angeschwollen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. S. vom 19. November 2009 (AS 49/61 der SG-Akte). Dessen Befunde, die der Senat nicht in Zweifel zieht, sind auch heute noch maßgebend, da die Klägern eine Verschlimmerung weder dargetan noch belegt hat. Auch aus den aktenkundigen Unterlagen ergeben sich keine Hinweise für eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit der Begutachtung durch Dr. S ...

Aufgrund der degenerativen Veränderungen der HWS und BWS sowie der Kniegelenke ist die körperliche Belastbarkeit der Klägerin in diesen Bereichen eingeschränkt. Ihr sind keine Tätigkeiten mehr zumutbar, die mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg verbunden sind, weil dies aufgrund der verminderten Belastbarkeit zu Beschwerden führen kann. Auch häufiges Bücken sowie Zwangshaltungen sind aus diesem Grund zu vermeiden. Insoweit stimmt der Senat mit der Beurteilung durch den gerichtlichen Sachverständigen überein. Eine weitergehende Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit lässt sich jedoch mit den dargelegten Befunden nicht begründen. Wesentliche, dh das altersübliche Maß überschreitende Einschränkungen der körperlichen Funktionen wie zB Beweglichkeit der Gelenke und Aufbau der Muskulatur liegen auch im Bereich der Wirbelsäule und der Extremitäten nicht vor. Der Senat vermag aus diesem Grund ebenso wie das SG keine Gründe dafür zu erkennen, weshalb die Klägerin die ihr noch zumutbaren leichten Tätigkeiten nur noch drei bis sechsstündig verrichten können soll. Der Senat ist angesichts der fehlenden Funktionseinschränkungen vielmehr davon überzeugt, dass die Klägerin die ihr zumutbaren leichten Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.

Auf internistischem Gebiet ist ein Bluthochdruck zu beachten, der aber gut einstellbar ist. Bereits der behandelnde Internist hat in seiner schriftlichen Auskunft dargelegt, dass nach seiner klinisch-internistischen Untersuchung der Klägerin am 19. September 2007 sowie nach dem Blutdruckverlauf unter Medikation anzunehmen sei, dass der Blutdruck im weiteren Verlauf optimal hätte eingestellt werden können. Daraus ergeben sich deshalb keine weiteren Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin. Der Umstand, dass ein Versicherter an einer Gesundheitsstörung leidet, für die ein eigener Krankheitsbegriff (Diagnose) existiert und die außerdem eine Behandlung erfordert, ist für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit unerheblich. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Krankheit (ggf trotz Behandlung) zu Einschränkungen im Bereich der körperlichen oder geistigen Fähigkeiten (Funktionseinbußen) führt, die das berufliche Leistungsvermögen mindern. Dies ist bei dem festgestellten, gut behandelbaren Bluthochdruck nicht der Fall.

Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss ihr eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Die Klägerin kann zwar - wie oben ausgeführt - bestimmte Tätigkeiten (zB häufiges Bücken, Arbeiten in Zwangshaltungen sowie auf Leitern und Gerüsten) nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber kaum über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit Zeitdruck oder in Nacht- und Wechselschicht, mit häufigem Bücken, kniend, auf Leitern und Gerüsten oder in Zwangshaltung, mit Kraftaufwand für das Bewegen schwerer Gegenstände oder Überkopfarbeiten, die von Dr. S. - zu Recht - als nicht zumutbar angesehen werden, sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft sind ganz allgemein der Gesundheit abträglich. Diese Einschränkungen führen nicht dazu, dass die auf nur noch leichte körperliche Tätigkeiten (zB leichte Montagetätigkeiten) begrenzte berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zusätzlich eingeschränkt wird. Daher besteht keine Pflicht, der Klägerin konkrete Tätigkeiten, die sie mit ihrem Leistungsvermögen noch verrichten kann, zu benennen.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Als ungelernte Arbeitnehmerin kann die Klägerin auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Aus diesem Grund ist unerheblich, ob sie ihre zuletzt verrichtet Tätigkeit als Küchenhilfe noch ausüben kann oder nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved