Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AS 1136/11 ER Berlin
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 476/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011 abgeändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Mietschulden des Antragstellers in Höhe von 1 395,18 EUR als Darlehen zu übernehmen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten für das Verfahren - mit Ausnahme der Kosten für das PKH Beschwerdeverfahren - zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden als Darlehen.
Der Antragsteller ist Mieter einer Wohnung in der P Straße, B. Die beheizte Wohnfläche beträgt 91,15 m², die Wohnfläche insgesamt 109,27 m². Der Antragsteller hat monatlich eine Grundmiete von 421,00 EUR, eine Betriebskostenvorauszahlung von 185,00 EUR sowie eine Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasserkosten von 93,00 EUR (insgesamt 699,00 EUR) zu zahlen. Seit April 2010 befand der Antragsteller, der die Wohnung nach der Trennung von seiner zwischenzeitlich von ihm geschiedenen Ehefrau allein bewohnte, sich aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer Krise und es kam zu Mietrückständen. Seit dem 26. Juni 2010 erhält der Antragsteller Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) einschließlich von Leistungen für Unterkunft und Heizung. Mit Schreiben vom 14. September 2010 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos. Mit Beschluss vom 20. November 2010 wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zum Betreuer des Antragstellers (u. a. mit den Aufgabenkreisen Wohnungsangelegenheiten und Vertretung vor Behörden, Versicherungsträgern und Gerichten) bestellt. Mit Schreiben vom 26. November 2010 forderte der Antragsgegner den Antragsteller zur Senkung der Kosten der Unterkunft auf und erklärte, ab 01. Juni 2011 voraussichtlich nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 378,00 EUR zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 30. November 2010 erhob der Vermieter des Antragstellers eine Räumungs- und Zahlungsklage vor dem Amtsgericht Charlottenburg. Termin zur mündlichen Verhandlung ist anberaumt auf den 07. April 2011. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2010 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Übernahme von Mietschulden als Darlehen. Mit Bescheid vom 05. Januar 2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Mit Schreiben vom 13. Januar 2011 legte der Antragsteller Widerspruch ein. Am 13. Januar 2011 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem er unter Bezugnahme auf die Räumungsklage die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1 637,51 EUR als Darlehen beantragt hat. Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 hat er unter Vorlage eines Mietkontos des Vermieters den Antrag auf die Übernahme von 1 395,18 EUR Mietschulden reduziert. Ergänzend hat er vorgetragen, dass ab 01. März 2011 ein Untermietverhältnis in Aussicht stehe.
Der Antragsgegner hat vorgetragen, die Unterkunft sei nicht angemessen und damit auch nicht erhaltenswert.
Das SG hat mit Beschluss vom 18. Februar 2011 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Es sei zwar von einem drohenden Verlust des vom Antragsteller bewohnten Wohnraums auszugehen. Die Schuldübernahme sei aber wegen der unangemessen hohen Unterkunftskosten nicht gerechtfertigt. In B sei für einen Einpersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 308,50 EUR zzgl. 74,58 EUR Heizkosten angemessen. Der Antragsteller habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die konkrete und absehbare Möglichkeit der Kostensenkung bestehe. Eine konkret absehbare Kostensenkung sei erst mit Vorlage eines abgeschlossenen Untermietvertrags glaubhaft gemacht. Ein Umzug sei dem Antragsteller zumutbar. Er habe zwar auf seine psychischen Probleme hingewiesen, aber aus den von ihm vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, dass ein Umzug unzumutbar sei.
Gegen den ihm am 24. Februar 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 09. März 2011 Beschwerde eingelegt, mit der er (wiederum wie in der Antragsschrift) die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1 637,51 EUR als Darlehen beantragt.
Er trägt vor, das SG verkenne, dass ihm die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe bewilligt seien und auch in Zukunft zu bewilligen seien, weil die Aufforderung zur Senkung der Kosten der Unterkunft rechtswidrig sei. Zudem bestehe Bestandsschutz, da es ihm aus gesundheitlichen Gründen unmöglich sei umzuziehen.
Der Antragsteller hat ein ärztliches Attest beigefügt, in dem bestätigt worden ist, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht umziehen könne. Des weiteren hat er einen Untermietvertrag für die Zeit ab 01. März 2011 eingereicht, nach dem der Untermieter monatlich 350,00 EUR zzgl. Kosten für Gas und Strom zu zahlen hat.
Der Antragsgegner hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).
Im Wesentlichen ist sie auch begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO ).
Dies ist dem Antragsteller (im Beschwerdeverfahren) gelungen. Der Senat hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner in der Hauptsache verpflichtet wird, die von dem Antragsteller geltend gemachten Mietschulden im Rahmen der Höhe der hier ausgesprochenen Verpflichtung zu übernehmen.
Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 22 Abs. 8 SGB II (eingefügt durch Art. 2 Nr. 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I Seite 453, im Wesentlichen inhaltsgleich mit § 22 Abs. 5 SGB II a. F.). Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können danach auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (Satz 2). § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II eröffnet dem Leistungsträger ein Ermessen, das im Falle drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt ist. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Satz 2 vor, ist die Übernahme von Schulden der Regelfall; der Träger der Grundsicherung kann nur in atypischen Einzelfällen von Leistungen (nach § 22 Abs. 8 Satz 4 SGB II zumeist in Form eines Darlehens) zur Mietschuldentilgung absehen.
Hier hat der Antragsteller nunmehr glaubhaft gemacht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von Satz 2 vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass in Höhe von 1 395,18 EUR Schulden bestehen, deren Übernahme gerechtfertigt und notwendig ist und ohne die Übernahme der Schulden Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In Höhe von 1 395,18 EUR bestehen (noch) Schulden. Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Aufstellungen und Berechnungen des Antragstellers und den eingereichten Unterlagen des Vermieters. Soweit der Antragsteller in der Beschwerdeschrift die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1 637,51 EUR begehrt hat, handelt es sich offensichtlich um ein Versehen. Dies ist der Betrag, der ursprünglich in der Antragsschrift entsprechend der damaligen Forderung des Vermieters in der Räumungsklage geltend gemacht worden ist. Dieser Betrag ist jedoch mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 unter Bezugnahme auf das zu diesem Zeitpunkt vorliegende Mietkonto korrigiert und auf 1 395,18 EUR reduziert worden. In dem nach der Beschwerdeschrift eingegangenen Schriftsatz vom 16. März 2011 wird ausgeführt, dass eine Mietschuld von 1 398,99 EUR verbleibt und der Vermieter (nunmehr) eine Forderung von 1 395,18 EUR geltend macht.
Zutreffend ist auch das SG davon ausgegangen, dass in Anbetracht der Räumungsklage ohne die Übernahme der Mietschulden Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Nicht zu beanstanden ist ebenfalls die vom SG vertretene Auffassung, dass § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II (zum damaligen Zeitpunkt noch § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F.) nur greift, wenn es sich um eine erhaltenswerte Wohnung handelt, bei der die anfallenden Kosten angemessen sind (vgl. z. B. Beschluss des erkennenden Senats vom 22. März 2007 L 28 B 269/07 AS ER , dokumentiert unter sozialgerichtsbarkeit.de). Insofern ist dem Antragsteller zwar zuzubilligen, dass nach dem derzeitigen Stand einerseits nicht feststeht, welche Miete für einen Einpersonenhaushalt in B genau angemessen ist, und andererseits feststeht, dass die so genannte AV Wohnen nicht zugrunde gelegt werden kann (vgl. u. a. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2009, B 14 AS 65/09 R, juris). Dennoch bestehen beim Senat keine Zweifel, dass die vom Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG allein zu tragende Bruttokaltmiete von 606,00 EUR nicht angemessen war.
Nach dem im Beschwerdeverfahren eingereichten ab 01. März 2011 geltenden Untermietvertrag ist jedoch glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller die Kosten der Unterkunft auf die Hälfte und damit auf eine Höhe gesenkt hat, die nicht als unangemessen angesehen werden kann. Mithin kann es dahinstehen, ob im Hinblick auf die Kostensenkung bereits die (ggf. konkrete) Aussicht auf ein Untermietverhältnis im Rahmen des § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II ausreichend ist oder hier aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers ein Umzug unzumutbar war.
Der Anordnungsgrund ergibt sich aus dem aufgrund der vom Vermieter erhobenen Räumungsklage anberaumten Verhandlungstermin am 07. April 2011.
Die Beschwerde war zurückzuweisen, soweit in der Beschwerdeschrift ein höherer Betrag als zugesprochen (wenn auch wohl versehentlich) genannt war.
Sie war auch zurückzuweisen, soweit sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren betrifft. Aufgrund der getroffenen Kostenentscheidung besteht kein Bedarf mehr für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dies gilt auch für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Diese ist im Übrigen - soweit sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das PKH Beschwerdeverfahren betrifft - schon gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG sowie auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO. Dem Begehren des Antragstellers ist im Wesentlichen stattgegeben worden. Die nicht zugesprochene Forderung beruht offensichtlich auf einem Versehen und ist nicht ernsthaft verfolgt worden.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Mietschulden des Antragstellers in Höhe von 1 395,18 EUR als Darlehen zu übernehmen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten für das Verfahren - mit Ausnahme der Kosten für das PKH Beschwerdeverfahren - zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden als Darlehen.
Der Antragsteller ist Mieter einer Wohnung in der P Straße, B. Die beheizte Wohnfläche beträgt 91,15 m², die Wohnfläche insgesamt 109,27 m². Der Antragsteller hat monatlich eine Grundmiete von 421,00 EUR, eine Betriebskostenvorauszahlung von 185,00 EUR sowie eine Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasserkosten von 93,00 EUR (insgesamt 699,00 EUR) zu zahlen. Seit April 2010 befand der Antragsteller, der die Wohnung nach der Trennung von seiner zwischenzeitlich von ihm geschiedenen Ehefrau allein bewohnte, sich aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer Krise und es kam zu Mietrückständen. Seit dem 26. Juni 2010 erhält der Antragsteller Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) einschließlich von Leistungen für Unterkunft und Heizung. Mit Schreiben vom 14. September 2010 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos. Mit Beschluss vom 20. November 2010 wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zum Betreuer des Antragstellers (u. a. mit den Aufgabenkreisen Wohnungsangelegenheiten und Vertretung vor Behörden, Versicherungsträgern und Gerichten) bestellt. Mit Schreiben vom 26. November 2010 forderte der Antragsgegner den Antragsteller zur Senkung der Kosten der Unterkunft auf und erklärte, ab 01. Juni 2011 voraussichtlich nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 378,00 EUR zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 30. November 2010 erhob der Vermieter des Antragstellers eine Räumungs- und Zahlungsklage vor dem Amtsgericht Charlottenburg. Termin zur mündlichen Verhandlung ist anberaumt auf den 07. April 2011. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2010 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Übernahme von Mietschulden als Darlehen. Mit Bescheid vom 05. Januar 2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Mit Schreiben vom 13. Januar 2011 legte der Antragsteller Widerspruch ein. Am 13. Januar 2011 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem er unter Bezugnahme auf die Räumungsklage die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1 637,51 EUR als Darlehen beantragt hat. Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 hat er unter Vorlage eines Mietkontos des Vermieters den Antrag auf die Übernahme von 1 395,18 EUR Mietschulden reduziert. Ergänzend hat er vorgetragen, dass ab 01. März 2011 ein Untermietverhältnis in Aussicht stehe.
Der Antragsgegner hat vorgetragen, die Unterkunft sei nicht angemessen und damit auch nicht erhaltenswert.
Das SG hat mit Beschluss vom 18. Februar 2011 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Es sei zwar von einem drohenden Verlust des vom Antragsteller bewohnten Wohnraums auszugehen. Die Schuldübernahme sei aber wegen der unangemessen hohen Unterkunftskosten nicht gerechtfertigt. In B sei für einen Einpersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 308,50 EUR zzgl. 74,58 EUR Heizkosten angemessen. Der Antragsteller habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die konkrete und absehbare Möglichkeit der Kostensenkung bestehe. Eine konkret absehbare Kostensenkung sei erst mit Vorlage eines abgeschlossenen Untermietvertrags glaubhaft gemacht. Ein Umzug sei dem Antragsteller zumutbar. Er habe zwar auf seine psychischen Probleme hingewiesen, aber aus den von ihm vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, dass ein Umzug unzumutbar sei.
Gegen den ihm am 24. Februar 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 09. März 2011 Beschwerde eingelegt, mit der er (wiederum wie in der Antragsschrift) die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1 637,51 EUR als Darlehen beantragt.
Er trägt vor, das SG verkenne, dass ihm die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe bewilligt seien und auch in Zukunft zu bewilligen seien, weil die Aufforderung zur Senkung der Kosten der Unterkunft rechtswidrig sei. Zudem bestehe Bestandsschutz, da es ihm aus gesundheitlichen Gründen unmöglich sei umzuziehen.
Der Antragsteller hat ein ärztliches Attest beigefügt, in dem bestätigt worden ist, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht umziehen könne. Des weiteren hat er einen Untermietvertrag für die Zeit ab 01. März 2011 eingereicht, nach dem der Untermieter monatlich 350,00 EUR zzgl. Kosten für Gas und Strom zu zahlen hat.
Der Antragsgegner hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).
Im Wesentlichen ist sie auch begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO ).
Dies ist dem Antragsteller (im Beschwerdeverfahren) gelungen. Der Senat hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner in der Hauptsache verpflichtet wird, die von dem Antragsteller geltend gemachten Mietschulden im Rahmen der Höhe der hier ausgesprochenen Verpflichtung zu übernehmen.
Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 22 Abs. 8 SGB II (eingefügt durch Art. 2 Nr. 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I Seite 453, im Wesentlichen inhaltsgleich mit § 22 Abs. 5 SGB II a. F.). Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können danach auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (Satz 2). § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II eröffnet dem Leistungsträger ein Ermessen, das im Falle drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt ist. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Satz 2 vor, ist die Übernahme von Schulden der Regelfall; der Träger der Grundsicherung kann nur in atypischen Einzelfällen von Leistungen (nach § 22 Abs. 8 Satz 4 SGB II zumeist in Form eines Darlehens) zur Mietschuldentilgung absehen.
Hier hat der Antragsteller nunmehr glaubhaft gemacht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von Satz 2 vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass in Höhe von 1 395,18 EUR Schulden bestehen, deren Übernahme gerechtfertigt und notwendig ist und ohne die Übernahme der Schulden Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In Höhe von 1 395,18 EUR bestehen (noch) Schulden. Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Aufstellungen und Berechnungen des Antragstellers und den eingereichten Unterlagen des Vermieters. Soweit der Antragsteller in der Beschwerdeschrift die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1 637,51 EUR begehrt hat, handelt es sich offensichtlich um ein Versehen. Dies ist der Betrag, der ursprünglich in der Antragsschrift entsprechend der damaligen Forderung des Vermieters in der Räumungsklage geltend gemacht worden ist. Dieser Betrag ist jedoch mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 unter Bezugnahme auf das zu diesem Zeitpunkt vorliegende Mietkonto korrigiert und auf 1 395,18 EUR reduziert worden. In dem nach der Beschwerdeschrift eingegangenen Schriftsatz vom 16. März 2011 wird ausgeführt, dass eine Mietschuld von 1 398,99 EUR verbleibt und der Vermieter (nunmehr) eine Forderung von 1 395,18 EUR geltend macht.
Zutreffend ist auch das SG davon ausgegangen, dass in Anbetracht der Räumungsklage ohne die Übernahme der Mietschulden Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Nicht zu beanstanden ist ebenfalls die vom SG vertretene Auffassung, dass § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II (zum damaligen Zeitpunkt noch § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F.) nur greift, wenn es sich um eine erhaltenswerte Wohnung handelt, bei der die anfallenden Kosten angemessen sind (vgl. z. B. Beschluss des erkennenden Senats vom 22. März 2007 L 28 B 269/07 AS ER , dokumentiert unter sozialgerichtsbarkeit.de). Insofern ist dem Antragsteller zwar zuzubilligen, dass nach dem derzeitigen Stand einerseits nicht feststeht, welche Miete für einen Einpersonenhaushalt in B genau angemessen ist, und andererseits feststeht, dass die so genannte AV Wohnen nicht zugrunde gelegt werden kann (vgl. u. a. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2009, B 14 AS 65/09 R, juris). Dennoch bestehen beim Senat keine Zweifel, dass die vom Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG allein zu tragende Bruttokaltmiete von 606,00 EUR nicht angemessen war.
Nach dem im Beschwerdeverfahren eingereichten ab 01. März 2011 geltenden Untermietvertrag ist jedoch glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller die Kosten der Unterkunft auf die Hälfte und damit auf eine Höhe gesenkt hat, die nicht als unangemessen angesehen werden kann. Mithin kann es dahinstehen, ob im Hinblick auf die Kostensenkung bereits die (ggf. konkrete) Aussicht auf ein Untermietverhältnis im Rahmen des § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II ausreichend ist oder hier aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers ein Umzug unzumutbar war.
Der Anordnungsgrund ergibt sich aus dem aufgrund der vom Vermieter erhobenen Räumungsklage anberaumten Verhandlungstermin am 07. April 2011.
Die Beschwerde war zurückzuweisen, soweit in der Beschwerdeschrift ein höherer Betrag als zugesprochen (wenn auch wohl versehentlich) genannt war.
Sie war auch zurückzuweisen, soweit sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren betrifft. Aufgrund der getroffenen Kostenentscheidung besteht kein Bedarf mehr für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dies gilt auch für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Diese ist im Übrigen - soweit sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das PKH Beschwerdeverfahren betrifft - schon gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG sowie auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO. Dem Begehren des Antragstellers ist im Wesentlichen stattgegeben worden. Die nicht zugesprochene Forderung beruht offensichtlich auf einem Versehen und ist nicht ernsthaft verfolgt worden.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
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