Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 AL 562/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 232/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Verfahren bei dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des der Klägerin für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg).
Die 1945 geborene, geschiedene Klägerin hatte nach Beendigung der zehnjährigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zunächst eine Berufsausbildung zur Gärtnerin absolviert. Von 1967 bis 1968 sowie von 1970 bis 1971 war sie als Bibliotheksverwalterin erwerbstätig. Von 1974 bis 1989 arbeitete sie als Dokumentalistin beim B Verlag in B, bevor sie von 1990 bis 1993 eine freiberufliche Tätigkeit als Journalistin für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften im S und in H ausübte. Vom 1. Januar 1994 bis 31. Oktober 2007 war sie als Redakteurin beim "D", einer Lokalzeitung des Gewerbevereins M e. V. in M beschäftigt. Dort bezog sie zuletzt ein Bruttogehalt von ca. 3.580 EUR (netto ca. 2.250 EUR). Arbeitsunfähigkeit bestand seit dem 26. August 2005. Vom 7. Oktober 2005 bis einschließlich 2. November 2007 bezog die Klägerin (zur Arbeitslosenversicherung beitragspflichtiges) Krankentagegeld von der S I, S Krankenversicherung a. G. Ausweislich des Bescheides des Versorgungsamtes B vom 3. November 2005 ist der Grad der Behinderung (GdB) bei der Klägerin ab dem 23. September 2005 mit 60 festgestellt. Seit dem 1. November 2009 bezieht die Klägerin Rente.
Am 24. September 2007 meldete sich die Klägerin mit Wirkung vom 1. November 2007 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte mit zwei Bescheiden vom 9. November 2007 vorläufig Alg für die Zeit ab 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 für die Dauer von 540 Kalendertagen in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 25,75 EUR (tägliches Bemessungsentgelt = 65,33 EUR; Lohnsteuerklasse I). Zu den noch ungeklärten Punkten des Leistungsantrages und zu der Ermessensentscheidung teilte die Beklagte mit, dass die Bescheinigung über den Krankentagegeldbezug von der Iduna-Versicherung angefordert werde. Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2007 bewilligte die Beklagte vorläufig die Übernahme der Beiträge zur privaten Krankenversicherung. Den gegen die Bescheide vom 9. November 2007 gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2007 als unbegründet zurück.
Mit "abschließendem" Änderungsbescheid vom 25. Februar 2008 bewilligte die Beklagte die mit den vorgenannten vorläufigen Bewilligungsbescheiden gewährten Leistungen endgültig.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klägerin vorgetragen, das Leistungsentgelt sei zu niedrig bemessen, da sie aufgrund ihrer Qualifikation zumindest in die Qualifikationsgruppe 2 nach § 132 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) einzuordnen sei. Sie sei annähernd 14 Jahre lang die verantwortliche Redakteurin einer Zeitung gewesen, wobei eine solche Stelle regelmäßig mit einer Fachkraft mit Fachschulabschluss, wenn nicht sogar mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss besetzt werde. Sie sei bereits 15 Jahre als Dokumentalistin beim B Verlag sowie 4 Jahr als freiberufliche Journalistin tätig gewesen. Allein wegen dieser fast 20-jährigen Berufserfahrung sei sie als verantwortliche Chefredakteurin beim "D" eingestellt worden. Im Übrigen sei das letzte Bruttogehalt iHv ca. 3.600 EUR auch ein Hinweis darauf, dass die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 zutreffend sei. Sie verwies auf die Stellenbeschreibung des Gewerbevereins M vom 1. Januar 1994 sowie auf die Einschätzung ihres ehemaligen Arbeitgebers vom 7. Dezember 2007, ferner auf die Abschlussbeurteilung und den Funktionsplan für Dokumentalisten des B Verlages sowie die Zeugnisse über die Sprachkundigenprüfung Ia, II und III und auf das Zeugnis des Gewerbevereins M e. V. vom 7. Dezember 2007.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von höherem Alg ab 3. November 2007 gerichtete Klage mit Urteil vom 13. Mai 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Alg ab 3. November 2007. Da die Klägerin im erweiterten Bemessungsrahmen keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt im Umfang von 150 Tagen gehabt habe, sei nach § 132 Abs. 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III sei der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspreche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken habe. Eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2, die für Beschäftigungen vorgesehen sei, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erforderten, käme nicht in Betracht. Bei der Frage, auf welche Beschäftigung die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken habe, fehle es an einer weitergehenden gesetzlichen Regelung. Die Klägerin verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Dies entspreche der Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3. Die Tätigkeit einer Redakteurin habe sie zuletzt im Oktober 2005 ausgeübt. Die spezifischen regionalen Kenntnisse sowie das besondere Vertrauensverhältnis zum Gewerbeverein, welche die Klägerin während ihrer Tätigkeit beim "D" erworben habe, seien durch den Umzug nach B verloren gegangen.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Das SG habe lediglich ihren Berufsabschluss, hingegen nicht die Zusatzqualifikationen und die gewonnene berufliche Erfahrung gewürdigt. Überdies sei fraglich, ob die Klägerin der Qualifikationsgruppe, die ihrem vor über 40 Jahren erworbenen Berufsabschluss entspräche, noch zugeordnet werden könne. Schließlich sei die Klägerin über 14 Jahre in einem Beruf tätig gewesen, der regelmäßig zumindest einen Fachhochschulabschluss voraussetze. In dem Beruf als Gärtnerin sei sie nicht vermittelbar.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25. Februar 2008 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 03. November 2007 bis 02. Mai 2009 höheres Arbeitslosengeld unter Bemessung mindestens nach der Qualifikationsgruppe 2 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für zutreffend. Unter Berücksichtigung der durch die Klägerin gewonnenen Berufserfahrung und –praxis sei eine Vermittlung in eine Tätigkeit eines Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, Bereich Information und Dokumentation, erfolgversprechend. Diese Tätigkeit sei der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen.
Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Anspruch der Klägerin auf Alg von insgesamt 25,76 EUR kalendertäglich für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 25. Februar 2008 ist unbegründet. Die Klage gegen die nur vorläufigen Bewilligungsbescheide vom 9. November 2007 und 19. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2007 war zunächst unzulässig, da die Bescheide unter dem Vorbehalt des § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III standen, mithin eine abschließende Verwaltungsentscheidung der Beklagten, durch die die Klägerin beschwert sein könnte, (noch) nicht vorlag. Allerdings ist die Klage mit Bekanntgabe des Bescheides vom 25. Februar 2008 zulässig geworden, da dieser Bescheid eine endgültige Regelung verlautbart und gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 anzuwendenden Fassung Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 112 Nr. 8 und BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). Das SG hat über diesen Bescheid indes nicht entschieden, so dass der Senat über ihn erstinstanzlich kraft Klage zu befinden hatte (vgl. BSG SozR 4-1500 § 96 Nr. 4). Nachdem sich die Klägerin ausdrücklich nicht mehr gegen die Bescheide vom 9. November 2007 und 19. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2007 wendet, die sich mit Bekanntgabe des Bescheides vom 25. Februar 2008 erledigt haben (vgl. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X -), ist der Rechtsstreit insoweit erledigt (vgl. §§ 153 Abs. 1, 102 Satz 2 SGG). Zu entscheiden war mithin nur noch über die Klage gegen den Bescheid vom 25. Februar 2008. Dieser Bescheid ist im angefochtenen Umfang nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von höherem Alg für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009. Die von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Höhe des Alg – nur die insoweit getroffene Verwaltungsentscheidung ist zwischen den Beteiligten streitig - ist nicht zu beanstanden.
Der Klägerin stand für die Zeit ab 3. November 2007 dem Grunde nach – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – ein Anspruch auf Alg für 540 Kalendertage zu. Die Klägerin hat sich am 24. September 2007 mit Wirkung zum 1. November 2007 arbeitslos gemeldet, so dass insoweit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 122 Abs. 1 SGB III). Allerdings hat sie bis einschließlich 2. November 2007 Krankentagegeld bezogen, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen erst zum 3. November 2007 erfüllt sind. Die Klägerin war ab 3. November 2007 arbeitslos iS der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 bis 121 SGB III. Sie hatte zudem auch die Anwartschaftszeit iSv § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III iVm den §§ 123, 124 SGB III erfüllt. Denn sie hatte in der am 2. November 2007 beginnenden zweijährigen Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, und zwar bereits durch den Krankentagegeldbezug vom 7. Oktober 2005 bis 2. November 2007 gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III.
Die Beklagte hat für den streitigen Zeitraum zu Recht Alg in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 25,76 EUR bewilligt. Nach § 129 Nr. 2 SGB III in der hier anwendbaren, seit 01. August 2001 geltenden Fassung beträgt das Alg 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), dass sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I, 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn ua der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Die Übergangsregelung in § 434j Abs. 5 SGB III findet vorliegend keine Anwendung, weil der Alg-Anspruch der Klägerin nicht vor dem 1. Januar 2005 entstanden ist. Weder im Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III noch im erweiterten Bemessungsrahmen des § 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch der Klägerin auf Arbeitsentgelt festgestellt werden. Denn in der Zeit vom 3. November 2005 bis 2. November 2007 hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. In dieser Zeit stand sie in einem Versicherungspflichtverhältnis auf Grund des Krankentagegeldbezuges gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Bei der Klägerin ist daher als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den auf Grund des Versicherungsfalls eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansieht und deshalb stattdessen den voraussichtlichen aktuell erzielbaren Lohn zur Bemessungsgrundlage erhebt, bestehen nicht. Die fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III und die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung in § 132 Abs. 2 SGB III verstoßen weder gegen Verfassungs- noch gegen Gemeinschaftsrecht (vgl. BSG, Urteile vom 29. Mai 2008, B 11a/ 7a AL 64/06 R und B 11a AL 23/07 R – juris; BSG, Urteil vom 6. Mai 2009, B 11 AL 7/08 R = SozR 4-4300 § 130 Nr. 5; BSG, Urteil vom 21. Juli 2009, B 7 AL 23/08 R = SozR 4-4300 § 132 Nr. 3; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 11 AL 42/08 R – juris; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2009, B 7 AL 39/08 R – juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. März 2010, 1 BvL 11/07 - juris).
Nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III ist der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III legt zu diesem Zweck vier näher bezeichnete Qualifikationsgruppen fest, denen jeweils in Abhängigkeit von der für eine Beschäftigung erforderlichen Ausbildung ein Arbeitsentgelt in Höhe eines bestimmten Bruchteils der Bezugsgröße zugeordnet ist. Die Bezugsgröße ist das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag (§ 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – SGB IV -). Sie wurde nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der vom 8. November 2006 bis 31. August 2009 geltenden Fassung (BGBl 2006, I 2407) vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Voraus für jedes Kalenderjahr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt, für das Jahr 2007 ausnahmsweise durch Gesetz. Die Bezugsgröße (West) im hier maßgeblichen Jahr 2007 betrug 29.400,- EUR jährlich (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2007 (Sozialversicherungs-Rechengrößengesetz 2007) vom 2. Dezember 2006 – BGBl I 2742, 2746).
Die Beklagte hat die Klägerin zutreffend der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet. Denn die Beklagte hatte insoweit ihre Vermittlungsbemühungen für die Klägerin in erster Linie auf Beschäftigungen zu erstrecken, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (vgl. § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III). Da der Gesetzgeber die Suche nach der insoweit maßgeblichen Beschäftigung ausdrücklich auf Tätigkeiten eingeschränkt hat, auf die sich die Vermittlungsbemühungen "in erster Linie" zu erstrecken haben, können nur diejenigen Tätigkeiten für die fiktive Bemessung relevant sein, mit denen der Arbeitslose bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 11 AL 42/08 R - juris). Dies war die von der Beklagten genannte Tätigkeit einer Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, bei der es sich um eine Tätigkeit nach abgeschlossener Berufsausbildung von drei Jahren handelt. In dieser Tätigkeit hätte die Klägerin im maßgeblichen Alg-Bezugszeitraum in Anbetracht ihrer Berufserfahrung im Medienbereich, zunächst als Dokumentalistin, später als Journalistin und Redakteurin, bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Auf die berufskundliche Stellungnahme der Agentur für Arbeit P vom 19. Oktober 2009, gegen die die Klägerin durchgreifende Einwendungen nicht erhoben hat, wird insoweit Bezug genommen. Eine Vermittlung in den Beruf der Redakteurin kam schon deshalb nicht in Betracht, weil nach den eingeholten Auskünften der Beklagten bei Personalabteilungen zweier Tageszeitungen, nämlich der N W Zeitung und des W V, eine Einstellung ohne den Abschluss eines Studiums und der Absolvierung eines Volontariats nicht erfolgt wäre, wobei die zwanzigjährige Berufserfahrung insoweit unerheblich war. Die Klägerin hätte bei Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens als Redakteurin nicht mehr in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Sie hat zwar als freiberufliche Redakteurin nach ihren eigenen Angaben mehrere Jahre gearbeitet und war beim "D" ca. 14 Jahre als Redakteurin beschäftigt. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf Grund ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, die Tätigkeit einer Redakteurin auf dem Niveau einer abgeschlossenen Fachschulausbildung oder gar dem Niveau eines abgeschlossenen Fachhochschul- oder Hochschulstudiums – worüber sie nicht verfügt - wettbewerbsfähig in voller Breite auszuüben. Die Tätigkeit beim "D" kann auch nicht als vollwertige journalistische Chefredakteurstätigkeit angesehen werden, denn der "D" versteht sich vorrangig als Werbe- und Anzeigenblatt des Gewerbevereins M e. V., der zwar mit einigen Bildern und kurzen Texten ausgestattet ist, das breite Spektrum einer Tages- oder Wochenzeitung jedoch bei weitem nicht erreicht. Der private wie auch geschäftliche Anzeigenteil überwiegt im Vergleich zu redaktionellen Beiträgen. Nach der Stellenbeschreibung vom 1. Januar 1994 unterstanden der Klägerin beim "D" der Mitarbeiter im Front-Office, der Medienberater bzw. Anzeigenakquisiteur sowie Aushilfskräfte im Front-Office und im Anzeigengeschäft. Damit steht jedoch fest, dass die der Klägerin beim "D" übertragenen Personalführungsaufgaben nicht vergleichbar sind mit den Aufgaben einer Leitenden Redakteurin oder einer Chefredakteurin einer großen regionalen oder überregionalen Tageszeitung und dies schon deshalb nicht, weil die Personalstärken und Redaktionsgrößen keinem Vergleich standhalten. Überdies konnte die Klägerin nach dem Umzug nach B auch nicht mehr von den geknüpften Geschäftskontakten anlässlich der Tätigkeit für den Gewerbeverein Me. V. profitieren. Auch konnte sich die nach der Stellenbeschreibung erforderliche Zusammenarbeit mit Verbänden und Vereinen im gesamten Erscheinungsgebiet (M und Umgebung) nicht mehr positiv auf die Integration der Klägerin in den Arbeitsmarkt auswirken.
Hinsichtlich der Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3 für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 folgt aus § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von 65,33 EUR täglich (Bezugsgröße 2007: 29.400,- EUR jährlich, geteilt durch 450). Auch die weitere Berechnung der Beklagten entspricht den Bestimmungen in § 133 SGB III, wonach zur Ermittlung des Leistungsentgelts im Sinne des § 129 SGB III eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 vH (= 13,72 EUR) des Bemessungsentgelts abzuziehen ist. Ob die Lohnsteuer nach dem Berechnungsmodell des § 133 Abs. 1 Nr. 2 SGB III mit 8,24 EUR - wie geschehen - richtig errechnet wurde oder die Berechnungen des Senats mit 8,22 EUR zutreffen, kann dahinstehen, nachdem die Beklagte sich der Berechnungsweise des Senats, der sich des interaktiven Abgabenrechners des Bundesministeriums der Finanzen für das Jahr 2007 (https://www.abgabenrechner.de/bl2007/) bedient hat, angeschlossen hat und einem um 0,01 EUR höheren Anspruch auf Alg anerkannt hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 21. Juli 2009, B 7 AL 23/08 R – juris). Werden ein Lohnsteuerabzug von 8,22 EUR und ein Solidaritätszuschlag von 0,45 EUR zugrunde gelegt, ergibt sich ein Leistungsentgelt von 42,94 EUR täglich, welches nach § 129 Nr. 2 SGB III (einfacher Leistungssatz von 60 Prozent) zu einem Alg-Anspruch von 25,76 EUR täglich führt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des der Klägerin für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg).
Die 1945 geborene, geschiedene Klägerin hatte nach Beendigung der zehnjährigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zunächst eine Berufsausbildung zur Gärtnerin absolviert. Von 1967 bis 1968 sowie von 1970 bis 1971 war sie als Bibliotheksverwalterin erwerbstätig. Von 1974 bis 1989 arbeitete sie als Dokumentalistin beim B Verlag in B, bevor sie von 1990 bis 1993 eine freiberufliche Tätigkeit als Journalistin für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften im S und in H ausübte. Vom 1. Januar 1994 bis 31. Oktober 2007 war sie als Redakteurin beim "D", einer Lokalzeitung des Gewerbevereins M e. V. in M beschäftigt. Dort bezog sie zuletzt ein Bruttogehalt von ca. 3.580 EUR (netto ca. 2.250 EUR). Arbeitsunfähigkeit bestand seit dem 26. August 2005. Vom 7. Oktober 2005 bis einschließlich 2. November 2007 bezog die Klägerin (zur Arbeitslosenversicherung beitragspflichtiges) Krankentagegeld von der S I, S Krankenversicherung a. G. Ausweislich des Bescheides des Versorgungsamtes B vom 3. November 2005 ist der Grad der Behinderung (GdB) bei der Klägerin ab dem 23. September 2005 mit 60 festgestellt. Seit dem 1. November 2009 bezieht die Klägerin Rente.
Am 24. September 2007 meldete sich die Klägerin mit Wirkung vom 1. November 2007 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte mit zwei Bescheiden vom 9. November 2007 vorläufig Alg für die Zeit ab 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 für die Dauer von 540 Kalendertagen in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 25,75 EUR (tägliches Bemessungsentgelt = 65,33 EUR; Lohnsteuerklasse I). Zu den noch ungeklärten Punkten des Leistungsantrages und zu der Ermessensentscheidung teilte die Beklagte mit, dass die Bescheinigung über den Krankentagegeldbezug von der Iduna-Versicherung angefordert werde. Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2007 bewilligte die Beklagte vorläufig die Übernahme der Beiträge zur privaten Krankenversicherung. Den gegen die Bescheide vom 9. November 2007 gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2007 als unbegründet zurück.
Mit "abschließendem" Änderungsbescheid vom 25. Februar 2008 bewilligte die Beklagte die mit den vorgenannten vorläufigen Bewilligungsbescheiden gewährten Leistungen endgültig.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klägerin vorgetragen, das Leistungsentgelt sei zu niedrig bemessen, da sie aufgrund ihrer Qualifikation zumindest in die Qualifikationsgruppe 2 nach § 132 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) einzuordnen sei. Sie sei annähernd 14 Jahre lang die verantwortliche Redakteurin einer Zeitung gewesen, wobei eine solche Stelle regelmäßig mit einer Fachkraft mit Fachschulabschluss, wenn nicht sogar mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss besetzt werde. Sie sei bereits 15 Jahre als Dokumentalistin beim B Verlag sowie 4 Jahr als freiberufliche Journalistin tätig gewesen. Allein wegen dieser fast 20-jährigen Berufserfahrung sei sie als verantwortliche Chefredakteurin beim "D" eingestellt worden. Im Übrigen sei das letzte Bruttogehalt iHv ca. 3.600 EUR auch ein Hinweis darauf, dass die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 zutreffend sei. Sie verwies auf die Stellenbeschreibung des Gewerbevereins M vom 1. Januar 1994 sowie auf die Einschätzung ihres ehemaligen Arbeitgebers vom 7. Dezember 2007, ferner auf die Abschlussbeurteilung und den Funktionsplan für Dokumentalisten des B Verlages sowie die Zeugnisse über die Sprachkundigenprüfung Ia, II und III und auf das Zeugnis des Gewerbevereins M e. V. vom 7. Dezember 2007.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von höherem Alg ab 3. November 2007 gerichtete Klage mit Urteil vom 13. Mai 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Alg ab 3. November 2007. Da die Klägerin im erweiterten Bemessungsrahmen keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt im Umfang von 150 Tagen gehabt habe, sei nach § 132 Abs. 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III sei der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspreche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken habe. Eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2, die für Beschäftigungen vorgesehen sei, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erforderten, käme nicht in Betracht. Bei der Frage, auf welche Beschäftigung die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken habe, fehle es an einer weitergehenden gesetzlichen Regelung. Die Klägerin verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Dies entspreche der Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3. Die Tätigkeit einer Redakteurin habe sie zuletzt im Oktober 2005 ausgeübt. Die spezifischen regionalen Kenntnisse sowie das besondere Vertrauensverhältnis zum Gewerbeverein, welche die Klägerin während ihrer Tätigkeit beim "D" erworben habe, seien durch den Umzug nach B verloren gegangen.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Das SG habe lediglich ihren Berufsabschluss, hingegen nicht die Zusatzqualifikationen und die gewonnene berufliche Erfahrung gewürdigt. Überdies sei fraglich, ob die Klägerin der Qualifikationsgruppe, die ihrem vor über 40 Jahren erworbenen Berufsabschluss entspräche, noch zugeordnet werden könne. Schließlich sei die Klägerin über 14 Jahre in einem Beruf tätig gewesen, der regelmäßig zumindest einen Fachhochschulabschluss voraussetze. In dem Beruf als Gärtnerin sei sie nicht vermittelbar.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25. Februar 2008 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 03. November 2007 bis 02. Mai 2009 höheres Arbeitslosengeld unter Bemessung mindestens nach der Qualifikationsgruppe 2 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für zutreffend. Unter Berücksichtigung der durch die Klägerin gewonnenen Berufserfahrung und –praxis sei eine Vermittlung in eine Tätigkeit eines Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, Bereich Information und Dokumentation, erfolgversprechend. Diese Tätigkeit sei der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen.
Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Anspruch der Klägerin auf Alg von insgesamt 25,76 EUR kalendertäglich für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 25. Februar 2008 ist unbegründet. Die Klage gegen die nur vorläufigen Bewilligungsbescheide vom 9. November 2007 und 19. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2007 war zunächst unzulässig, da die Bescheide unter dem Vorbehalt des § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III standen, mithin eine abschließende Verwaltungsentscheidung der Beklagten, durch die die Klägerin beschwert sein könnte, (noch) nicht vorlag. Allerdings ist die Klage mit Bekanntgabe des Bescheides vom 25. Februar 2008 zulässig geworden, da dieser Bescheid eine endgültige Regelung verlautbart und gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 anzuwendenden Fassung Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 112 Nr. 8 und BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). Das SG hat über diesen Bescheid indes nicht entschieden, so dass der Senat über ihn erstinstanzlich kraft Klage zu befinden hatte (vgl. BSG SozR 4-1500 § 96 Nr. 4). Nachdem sich die Klägerin ausdrücklich nicht mehr gegen die Bescheide vom 9. November 2007 und 19. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2007 wendet, die sich mit Bekanntgabe des Bescheides vom 25. Februar 2008 erledigt haben (vgl. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X -), ist der Rechtsstreit insoweit erledigt (vgl. §§ 153 Abs. 1, 102 Satz 2 SGG). Zu entscheiden war mithin nur noch über die Klage gegen den Bescheid vom 25. Februar 2008. Dieser Bescheid ist im angefochtenen Umfang nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von höherem Alg für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009. Die von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Höhe des Alg – nur die insoweit getroffene Verwaltungsentscheidung ist zwischen den Beteiligten streitig - ist nicht zu beanstanden.
Der Klägerin stand für die Zeit ab 3. November 2007 dem Grunde nach – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – ein Anspruch auf Alg für 540 Kalendertage zu. Die Klägerin hat sich am 24. September 2007 mit Wirkung zum 1. November 2007 arbeitslos gemeldet, so dass insoweit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 122 Abs. 1 SGB III). Allerdings hat sie bis einschließlich 2. November 2007 Krankentagegeld bezogen, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen erst zum 3. November 2007 erfüllt sind. Die Klägerin war ab 3. November 2007 arbeitslos iS der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 bis 121 SGB III. Sie hatte zudem auch die Anwartschaftszeit iSv § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III iVm den §§ 123, 124 SGB III erfüllt. Denn sie hatte in der am 2. November 2007 beginnenden zweijährigen Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, und zwar bereits durch den Krankentagegeldbezug vom 7. Oktober 2005 bis 2. November 2007 gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III.
Die Beklagte hat für den streitigen Zeitraum zu Recht Alg in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 25,76 EUR bewilligt. Nach § 129 Nr. 2 SGB III in der hier anwendbaren, seit 01. August 2001 geltenden Fassung beträgt das Alg 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), dass sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I, 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn ua der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Die Übergangsregelung in § 434j Abs. 5 SGB III findet vorliegend keine Anwendung, weil der Alg-Anspruch der Klägerin nicht vor dem 1. Januar 2005 entstanden ist. Weder im Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III noch im erweiterten Bemessungsrahmen des § 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch der Klägerin auf Arbeitsentgelt festgestellt werden. Denn in der Zeit vom 3. November 2005 bis 2. November 2007 hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. In dieser Zeit stand sie in einem Versicherungspflichtverhältnis auf Grund des Krankentagegeldbezuges gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Bei der Klägerin ist daher als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den auf Grund des Versicherungsfalls eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansieht und deshalb stattdessen den voraussichtlichen aktuell erzielbaren Lohn zur Bemessungsgrundlage erhebt, bestehen nicht. Die fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III und die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung in § 132 Abs. 2 SGB III verstoßen weder gegen Verfassungs- noch gegen Gemeinschaftsrecht (vgl. BSG, Urteile vom 29. Mai 2008, B 11a/ 7a AL 64/06 R und B 11a AL 23/07 R – juris; BSG, Urteil vom 6. Mai 2009, B 11 AL 7/08 R = SozR 4-4300 § 130 Nr. 5; BSG, Urteil vom 21. Juli 2009, B 7 AL 23/08 R = SozR 4-4300 § 132 Nr. 3; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 11 AL 42/08 R – juris; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2009, B 7 AL 39/08 R – juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. März 2010, 1 BvL 11/07 - juris).
Nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III ist der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III legt zu diesem Zweck vier näher bezeichnete Qualifikationsgruppen fest, denen jeweils in Abhängigkeit von der für eine Beschäftigung erforderlichen Ausbildung ein Arbeitsentgelt in Höhe eines bestimmten Bruchteils der Bezugsgröße zugeordnet ist. Die Bezugsgröße ist das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag (§ 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – SGB IV -). Sie wurde nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der vom 8. November 2006 bis 31. August 2009 geltenden Fassung (BGBl 2006, I 2407) vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Voraus für jedes Kalenderjahr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt, für das Jahr 2007 ausnahmsweise durch Gesetz. Die Bezugsgröße (West) im hier maßgeblichen Jahr 2007 betrug 29.400,- EUR jährlich (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2007 (Sozialversicherungs-Rechengrößengesetz 2007) vom 2. Dezember 2006 – BGBl I 2742, 2746).
Die Beklagte hat die Klägerin zutreffend der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet. Denn die Beklagte hatte insoweit ihre Vermittlungsbemühungen für die Klägerin in erster Linie auf Beschäftigungen zu erstrecken, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (vgl. § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III). Da der Gesetzgeber die Suche nach der insoweit maßgeblichen Beschäftigung ausdrücklich auf Tätigkeiten eingeschränkt hat, auf die sich die Vermittlungsbemühungen "in erster Linie" zu erstrecken haben, können nur diejenigen Tätigkeiten für die fiktive Bemessung relevant sein, mit denen der Arbeitslose bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 11 AL 42/08 R - juris). Dies war die von der Beklagten genannte Tätigkeit einer Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, bei der es sich um eine Tätigkeit nach abgeschlossener Berufsausbildung von drei Jahren handelt. In dieser Tätigkeit hätte die Klägerin im maßgeblichen Alg-Bezugszeitraum in Anbetracht ihrer Berufserfahrung im Medienbereich, zunächst als Dokumentalistin, später als Journalistin und Redakteurin, bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Auf die berufskundliche Stellungnahme der Agentur für Arbeit P vom 19. Oktober 2009, gegen die die Klägerin durchgreifende Einwendungen nicht erhoben hat, wird insoweit Bezug genommen. Eine Vermittlung in den Beruf der Redakteurin kam schon deshalb nicht in Betracht, weil nach den eingeholten Auskünften der Beklagten bei Personalabteilungen zweier Tageszeitungen, nämlich der N W Zeitung und des W V, eine Einstellung ohne den Abschluss eines Studiums und der Absolvierung eines Volontariats nicht erfolgt wäre, wobei die zwanzigjährige Berufserfahrung insoweit unerheblich war. Die Klägerin hätte bei Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens als Redakteurin nicht mehr in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Sie hat zwar als freiberufliche Redakteurin nach ihren eigenen Angaben mehrere Jahre gearbeitet und war beim "D" ca. 14 Jahre als Redakteurin beschäftigt. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf Grund ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, die Tätigkeit einer Redakteurin auf dem Niveau einer abgeschlossenen Fachschulausbildung oder gar dem Niveau eines abgeschlossenen Fachhochschul- oder Hochschulstudiums – worüber sie nicht verfügt - wettbewerbsfähig in voller Breite auszuüben. Die Tätigkeit beim "D" kann auch nicht als vollwertige journalistische Chefredakteurstätigkeit angesehen werden, denn der "D" versteht sich vorrangig als Werbe- und Anzeigenblatt des Gewerbevereins M e. V., der zwar mit einigen Bildern und kurzen Texten ausgestattet ist, das breite Spektrum einer Tages- oder Wochenzeitung jedoch bei weitem nicht erreicht. Der private wie auch geschäftliche Anzeigenteil überwiegt im Vergleich zu redaktionellen Beiträgen. Nach der Stellenbeschreibung vom 1. Januar 1994 unterstanden der Klägerin beim "D" der Mitarbeiter im Front-Office, der Medienberater bzw. Anzeigenakquisiteur sowie Aushilfskräfte im Front-Office und im Anzeigengeschäft. Damit steht jedoch fest, dass die der Klägerin beim "D" übertragenen Personalführungsaufgaben nicht vergleichbar sind mit den Aufgaben einer Leitenden Redakteurin oder einer Chefredakteurin einer großen regionalen oder überregionalen Tageszeitung und dies schon deshalb nicht, weil die Personalstärken und Redaktionsgrößen keinem Vergleich standhalten. Überdies konnte die Klägerin nach dem Umzug nach B auch nicht mehr von den geknüpften Geschäftskontakten anlässlich der Tätigkeit für den Gewerbeverein Me. V. profitieren. Auch konnte sich die nach der Stellenbeschreibung erforderliche Zusammenarbeit mit Verbänden und Vereinen im gesamten Erscheinungsgebiet (M und Umgebung) nicht mehr positiv auf die Integration der Klägerin in den Arbeitsmarkt auswirken.
Hinsichtlich der Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 3 für die Zeit vom 3. November 2007 bis 2. Mai 2009 folgt aus § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von 65,33 EUR täglich (Bezugsgröße 2007: 29.400,- EUR jährlich, geteilt durch 450). Auch die weitere Berechnung der Beklagten entspricht den Bestimmungen in § 133 SGB III, wonach zur Ermittlung des Leistungsentgelts im Sinne des § 129 SGB III eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 vH (= 13,72 EUR) des Bemessungsentgelts abzuziehen ist. Ob die Lohnsteuer nach dem Berechnungsmodell des § 133 Abs. 1 Nr. 2 SGB III mit 8,24 EUR - wie geschehen - richtig errechnet wurde oder die Berechnungen des Senats mit 8,22 EUR zutreffen, kann dahinstehen, nachdem die Beklagte sich der Berechnungsweise des Senats, der sich des interaktiven Abgabenrechners des Bundesministeriums der Finanzen für das Jahr 2007 (https://www.abgabenrechner.de/bl2007/) bedient hat, angeschlossen hat und einem um 0,01 EUR höheren Anspruch auf Alg anerkannt hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 21. Juli 2009, B 7 AL 23/08 R – juris). Werden ein Lohnsteuerabzug von 8,22 EUR und ein Solidaritätszuschlag von 0,45 EUR zugrunde gelegt, ergibt sich ein Leistungsentgelt von 42,94 EUR täglich, welches nach § 129 Nr. 2 SGB III (einfacher Leistungssatz von 60 Prozent) zu einem Alg-Anspruch von 25,76 EUR täglich führt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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