L 9 U 3038/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 4004/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3038/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) der Haut nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - BK 5101 - sowie die Gewährung von Leistungen.

Der 1946 geborene Kläger arbeitete - gemäß seinen Angaben - von 1970 bis Dezember 1999 bei der Fa. L., später Fa. T. (die nicht mehr existiert), in der Färberei (Stricker, Zuschneider, Trockenausrüstung), war dann arbeitslos und arbeitete danach vom 25. April 2000 bis 31. Januar 2005 bei der Fa. M. GmbH & Co KG, Textilausrüstung (Fa. M.) als Hilfskraft in der Textilfärberei (Bedienung einer Nasslegemaschine, Einfädeln von nassem Stoff in eine Maschine). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 2005 erfolgte durch eine ordentliche Kündigung vom 31. Dezember 2004 wegen Arbeitsrückgang (Mengenrückgang, Schichtabbau), so die Arbeitgeberauskunft vom 8. Juni 2005.

Gemäß dem Hautarztbericht der Dermatologin W. vom 30. Oktober 2001 begab sich der Kläger wegen erstmals im März und April 2001 aufgetretener Hauterscheinungen an beiden Unterarmen und Händen, die er auf Kontakt mit nassem gefärbtem Stoff zurückführte, in hautärztliche Behandlung. Er hatte bis April 2001 durch Umbaumaßnahmen am (eigenen) Haus auch Zementkontakt. Bis Juni 2001 waren die Hauterscheinungen fast abgeheilt. Ab 22. Oktober 2001 trat eine massive Verschlechterung ein. Die Hautärztin W. erhob gerötete, infiltrierte und relativ scharf begrenzte Herde an beiden Unterarmen, besonders im Bereich der Streckseiten und der Handgelenke, an den Handrücken ebenfalls flächige, gerötete, infiltrierte Bezirke sowie multiple Bläschen an den Kanten aller Finger. Sie diagnostizierte ein Kontaktekzem der Hände mit Verdacht auf beruflich ausgelöste Kontaktallergie sowie auf irritative Hautschädigung durch Nassarbeit. Deswegen schlug sie eine Behandlung mit Cortison-Lösung und das Tragen von Schutzhandschuhen vor. Sie ging von einer beruflichen Verursachung aus, da die Erkrankung im Urlaub abgeheilt sei. Zement und Gips werde jetzt gemieden. Die Testungen hätten im April 2001 positive Reaktionen auf Kaliumdichromat und Perubalsam ergeben. Arbeitsunfähigkeit habe wegen der Erkrankung nicht bestanden. Hierzu legte die Hautärztin W. Aufzeichnungen über Allergietestungen vom 29. Oktober 2001 vor.

Die Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft, später BG Energie Textil Elektro, jetzt BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (Beklagte), leitete weitere Ermittlungen ein. Sie holte Berichte des Allgemeinmediziners Dr. A. vom 3. Dezember 2001 (einmalige Behandlung am 16. Juli 2001; Befund: multiple Pusteln, teils zerkratzt, an beiden Händen und beiden Unterarmen, multiple kleine Pusteln, scharf begrenzt, daneben Kratzspuren und Hautrötungen; Diagnose [D]: allergisches Ekzem; Arbeitsunfähigkeit nicht attestiert) und der Hautärztin W. vom 18. Dezember 2001, die über die weiteren Befunderhebungen und Behandlungen berichtete (es bestehe ein Anhalt für eine berufliche bedingte Hauterkrankung, da der Kläger im Epicutantest auf verwendete Weichmacher reagiert habe und sich die Hauterscheinungen im Urlaub und bei längerer Abwesenheit von der Arbeit gebessert hätten), ein. Ferner holte sie den Bericht des Betriebsarztes Dr. M. vom 25. Januar 2002 nach dessen Aufsuchen des Klägers am Arbeitsplatz ein (der Kläger arbeite an einer Maschine, an der der fertig gefärbte Stoff mit Hilfe von Wasser auf eine Rolle gezogen werde, wobei der Kläger den Stoff anzubinden und zu schauen habe, dass dies richtig ablaufe; auf der anderen Seite der Maschine werde der Stoff teilweise durch Wasser mit Weichmachern gezogen, anschließend über eine Rolle getrocknet und laufe dann automatisch in einen Container; bei der Arbeit bestehe ständiger Kontakt mit feuchtem Stoff und gelegentlich auch mit Weichmachern; seit April 2001 sei es zu gelegentlicher Bläschenbildung mit Juckreiz im Bereich der Hände gekommen und nach dem Aufplatzen der Bläschen seien kleine Ekzemherde entstanden; Hautschutz- und Pflegemaßnahmen seien bis dahin nicht verwendet worden, am 10. Januar 2002 habe sich ein kleiner Ekzemherd im Bereich der rechten Hand gezeigt bei ansonsten unauffälligem Hautbefund, wobei sich der Kläger kurz vorher im Urlaub befunden habe; der Kläger sei über die Verwendung von Hautschutz- und -pflegemaßnahmen aufgeklärt worden und die Arbeitgeberin werde geeignete Schutzhandschuhe besorgen; der weitere Verlauf der Hauterkrankung sollte unter regelmäßiger Verwendung von Hautschutz- und Hautpflegemaßnahmen sowie dem Tragen von Schutzhandschuhen abgewartet werden). Sicherheitsdatenblätter waren dem Bericht von Dr. M. beigefügt. Die Hautärztin W. berichtete dann am 28. März 2002 über weitere Vorstellungen vom 8. Februar und 8. März 2002, wobei sich vereinzelte Ekzemherde am rechten Daumenrücken, linken Handgelenk dorsal, rechten Unterarm innen und außen und linken Unterarm innen gefunden hätten und damit die Erkrankung nicht abgeheilt gewesen sei. Der Kläger sollte sehr lange Schutzhandschuhe tragen. Bis jetzt erschienen die Arbeitsschutzmaßnahmen nicht optimal.

Ferner holte die Beklagte einen Bericht des Technischen Aufsichtsbeamten (TAB) H. (H.) vom 15. März 2002 ein. Er führte - nach Besichtigung des Arbeitsplatzes und einem Gespräch mit der Geschäftsleitung sowie dem Kläger - aus, die Allergieteste hätten eine Reaktion auf Kaliumdichromat und Perubalsam ergeben sowie - beim Test von Berufsstoffen - eine geringe Reaktion auf eingesetzte Weichmacher. Am 27. Februar 2002 sei der Kläger nahezu beschwerdefrei gewesen. Es seien kleinere hellrote Flecken am Unterarm erkennbar gewesen. Der Kläger habe täglich mehrmaligen teilweise längeren Hautkontakt zu restfeuchter Ware. Er trage seit einiger Zeit konsequent mit Textil gefütterte Gummihandschuhe. Die tägliche maximale Tragezeit liege bei einer Stunde. Der Kläger arbeite an einem Feuchtarbeitsplatz, wobei darüber hinaus in geringem Umfang ein Hautkontakt mit eingesetzten Weichmachern in verdünnter Form nicht ausgeschlossen werden könne. Der Kontakt lasse sich jedoch weitestgehend durch konsequentes Tragen von Schutzhandschuhen reduzieren. Kontakt zu anderen hautreizenden Stoffen sei nicht zu ermitteln gewesen. Die mechanische Hautbelastung am Arbeitsplatz sei eher gering und weitere Präventivmaßnahmen seien nicht möglich.

Mit Bescheid vom 16. April 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 ab, da der Kläger nach dem Ermittlungsergebnis seine berufliche Tätigkeit unter Beachtung von Hautschutz- und -pflegemaßnahmen wieder nahezu beschwerdefrei ausführen könne; auch für weitergehende Maßnahmen nach § 3 BKV seien die Voraussetzungen nicht erfüllt.

In einem am 1. August 2002 eingegangenen Bericht teilte die Hautärztin Dr. S. mit, der Kläger sei seit 17. Juni 2002 in ihrer Behandlung. Hierzu legte sie Aufzeichnungen über Allergieteste vor und berichtete über die erhobenen Befunde. Im Dezember 2002 machte sie auf Nachfrage weitere Angaben (am 17. Juni 2002 streng begrenzte Rötung und Schuppung der Haut im Bereich der Handrücken und Unterarme, vollständige Abheilung im Sommer 2002 während eines vierwöchigen Urlaubs, am 21. Oktober 2002 Hände intakt, lediglich am rechten Unterarm zwei kleine fleckige diskrete Rötungen, seit 27. August 2002 keine Behandlungsbedürftigkeit mehr, die epidermale Sensibilisierung durch den Weichmacher Sil sei beruflich bedingt, damit auch die dadurch ausgelöste Kontaktdermatitis, wobei es sich allerdings nicht um eine schwere Erkrankung handle; der Kontakt lasse sich durch Schutzmaßnahmen vermeiden, die Arbeitsfähigkeit sei durch konsequente Pflegemaßnahmen und Tragen von Handschuhen bei Umgang mit Sil vorläufig zu erhalten).

Der Kläger selbst gab unter dem 1. September 2002 an, er leide unter sehr starkem Juckreiz und Rötungen verschiedener Hautpartien, die dann auch immer sehr trocken und rissig seien. Dr. S. habe verschiedene Salben verschrieben, die den Juckreiz gelindert hätten und worauf teilweise die Rötungen zurückgegangen seien. Während seines Urlaubs habe er keinerlei Beschwerden gehabt. Da ihm die Hautstellen normal erschienen seien, habe er die Salben nicht mehr benutzt. Nachdem er nun wieder eine Woche arbeite, seien die Hautstellen erneut gereizt. Einzige durchgeführte Hautschutzmaßnahme sei das Tragen von Gummihandschuhen.

Dr. M. berichtete am 3. Dezember 2002 über eine erneute Untersuchung vom 19. November 2002. Vor dem Sommerurlaub sei es zu ausgeprägten Hautveränderungen im Handbereich gekommen. Die Ursache hierfür seien vermutlich handwerkliche Tätigkeiten im privaten Bereich. Durch die jetzt bekannte Kaliumdichromat-Allergie sei es vermutlich im Umgang mit Baustoffen zu diesen Veränderungen gekommen. Im Urlaub sei die Haut relativ rasch abgeheilt und beschwerdefrei gewesen. Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nach dem Urlaub (jetzt 2 ½ Monate) habe sich die Haut in einem relativen guten Zustand gehalten. Es komme vereinzelt zu kleinen Ekzemen im Unterarm- und Handbereich, die hauptsächlich aufträten, wenn die Hautschutzmaßnahmen nicht kontinuierlich eingehalten würden. Dr. S. habe eine Allergie gegen Kaliumdichromat und den Weichmacher Sil (Berufsstoff) festgestellt. Bei Hautkontakt mit diesem Stoff komme es relativ rasch zu Juckreiz und Rötungen. Wenn die Schutzmaßnahmen berücksichtigt seien, sei der Kläger weitgehendst beschwerdefrei. Seit dem Urlaub habe sich bei konsequenter Anwendung der Hautschutz- und -pflegemaßnahmen ein weitgehendst guter Allgemeinzustand der Haut gezeigt. Es würden derzeit lange Handschuhe bis zum Oberarm verwendet sowie Hautschutzcreme (Taktosan) und ein mildes Reinigungsmitte (Stokolan unparfumiert). Aus arbeitsmedizinischer Sicht sei bei konsequenter Anwendung der genannten Schutzmaßnahmen ein Weiterverbleiben am jetzigen Arbeitsplatz möglich. Unter diesen Maßnahmen träten weitestgehend keine Hautveränderung auf. Der Kläger werde sich bei erneutem Auftreten von Hautveränderungen bei ihm, Dr. M., melden und er werde dann über den weiteren Verlauf informieren. Danach stellte sich der Kläger nicht mehr bei Dr. M. vor.

Am 17. Mai 2005 beantragte der Kläger, seinen Fall "wieder aufzunehmen". Seine Hauterkrankung sei ursprünglich durch seine Arbeitsplatzumgebung bedingt. Seit 1. Februar 2005 sei er nicht mehr berufstätig, dennoch habe er Hautbeschwerden, weswegen ihm Dr. S. geraten habe, die Beklagte zu informieren.

Die Fa. M. teilte am 8. Juni 2005 auf Anfrage mit, der Kläger habe bis 31. Januar 2005 gearbeitet und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt sei wegen "Mengenrückgang, Schichtabbau" erfolgt.

Dr. S. erstattete dann am 9. Juni 2005 eine ärztliche Anzeige über eine BK und berichtete über die erhobenen Befunde. Am 1. Juli 2005 erstattete sie auf Aufforderung der Beklagten einen ausführlichen Bericht und gab an, der Kläger sei im Juli 2002 auf einen "trockenen Arbeitsplatz" umgesetzt worden. Die vereinbarten Hautschutz- und -pflegemaßnahmen seien konsequent durchgeführt worden. Dennoch sei es immer wieder zu weiteren Aufflammreaktionen gekommen, wenn auch in geringerer Ausprägung. Eine Nachtestung im Juli 2002 habe die epidermale Sensibilisierung durch Kaliumdichromat und Sil Weichmacher bestätigt und es sei weiterhin trotz der von der Beklagten gewährten Behandlungsübernahme gemäß § 3 BKV zu einem wechselhaften Krankheitsverlauf gekommen. Abheilungen seien nur bei völliger Arbeitsruhe zu erzielen gewesen. Im Mai 2005 sei auch dies - wegen einer mykotischen Superinfektion - nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger habe zwar seine berufliche Tätigkeit am 31. Januar 2005 zwangsweise durch Personalabbau aufgeben müssen, doch sei ihm eine Rückkehr in den Beruf in einem anderen Betrieb auf Grund der Erkrankungen und der Sensibilisierung verschlossen, da nur beim bisherigen Arbeitgeber durch starkes Entgegenkommen und passende Arbeitsplatzwahl unter der Erkrankung eine Tätigkeit überhaupt möglich gewesen sei. Eine Rückkehr in den Textilbereich sei nicht möglich. Außerdem handle es sich bei Kaliumdichromat um ein ubiquitär vorkommendes Allergen, das auch in weiten Teilen anderer Berufe Probleme bereiten würde. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK lägen vor. Die Schwere der Erkrankung sei begründet durch die epidermale Sensibilisierung durch Kaliumdichromat sowie den chronisch rezidivierenden Krankheitsverlauf. Die Voraussetzungen zur Anerkennung der Erkrankung seien zwischenzeitlich auch durch die Berufsaufgabe gegeben, nachdem durch die Sensibilisierung und den chronischen Krankheitsverlauf dem Kläger eine Tätigkeit in einem vergleichbaren Betrieb verschlossen sei. Die BK bedinge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH.

Dr. M. berichtete am 1. September 2005, nach seinen Kenntnissen und nach Rücksprache mit der früheren Arbeitgeberin hätten beim Kläger keine nennenswerten Hautprobleme vorgelegen. Unter Einhaltung der Hautschutz- und -pflegemaßnahmen habe er weitgehendst beschwerdefrei arbeiten können. Einzige Ursache für die Entlassung und das Ausscheiden des Klägers zum 31. Januar 2005 sei nach Rücksprache mit der Firma ein Auftragsrückgang gewesen. Hautprobleme hätten keine Rolle gespielt. Eine Aufgabe des Arbeitsplatzes wegen Hautveränderungen sei sicherlich nicht erforderlich gewesen.

Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2005 die Rücknahme des Bescheids vom 16. April 2002 ab. Der Ablehnungsbescheid sei nicht zu beanstanden. Die Aufgabe des Arbeitsplatzes sei nicht wegen Hautveränderungen erforderlich gewesen: Vielmehr hätte der Kläger diesbezüglich weiter arbeiten können. Sein Arbeitsverhältnis sei auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen aufgelöst worden. Die vorliegende Hauterkrankung habe somit nicht objektiv zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit als Hilfskraft in der Textilfärberei der Fa. M. gezwungen. Eine BK 5101 liege auch weiterhin nicht vor und auch für weitergehende Maßnahmen nach § 3 BKV seien die Voraussetzungen nicht erfüllt.

Dagegen erhob der Kläger am 11. Oktober 2005 Widerspruch. Der frühere Bescheid sei unrichtig. Seine Erkrankung sei zumindest schwer und chronisch rückfällig gewesen. Ferner sei er weiterhin in Behandlung bei Dr. S. gewesen. Deren Beurteilung sei höheres Gewicht beizumessen als der Aussage des Dr. M., der von 2002 bis zum Ende der Beschäftigung lediglich zweimal im Betrieb bei ihm gewesen sei. Auch wenn er unter den untypischen Bedingungen der Fa. M. hätte weiter arbeiten können, wäre ein Weiterarbeiten in einem "normalen" Ausrüstungsbetrieb nicht möglich gewesen. Damit habe eine "zwanghafte Berufsaufgabe" vorgelegen. Dr. S. habe die MdE zutreffend auf 20 vH. geschätzt. Auch über ein Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb hätten noch Hauterscheinungen vorgelegen. Die Hauterkrankung bestehe fort. Für ihre Entstehung sei die berufliche Tätigkeit zumindest gleichwertige Ursache.

Die Beklagte holte ein hautärztliches Gutachten des Dr. H. vom 23. August 2006 ein. Dieser gelangte im Wesentlichen zum Ergebnis, im Epicutan-Test hätten sich positive Reaktionen auf Kaliumdichromat und zwei mitgebrachte Weichmacher gezeigt. Eine Allergie gegen Perubalsam habe sich nicht bestätigen lassen. Der Kläger mache noch einen leichten, gelegentlichen Juckreiz und vereinzelte Rötungen geltend. An beiden Händen zeigten sich mit Schwerpunkt an den Handrücken sowie vereinzelt auch an den Unterarmen und am rechten Handgelenk noch diskrete Resterytheme und ganz vereinzelte feinlamellöse Schuppungen mit relativ trockener Haut. Es handle sich um ein rezidivierendes Handekzem und eine Chromat-Sensibilisierung. Die Resterytheme mit der Ekzematisierung seien sicherlich teilweise auf die berufliche Hautbelastung zurückzuführen. Nicht zwingend auf die berufliche Hautbelastung zurückzuführen seien die chronische Abnutzungsdermatose und der gelegentliche Juckreiz. Die Hauterkrankung sei sicherlich wiederholt rückfällig, aber nicht als schwer zu beurteilen. Ein medizinischer Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Hilfskraft in einer Färberei habe nicht bestanden. Ferner bestehe keine MdE und seien Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation nicht zu empfehlen. Ob die konkrete Gefahr bestehe, dass eine BK entstehe, wiederauflebe oder sich verschlimmere, wenn der Kläger eine Tätigkeit als Hilfskraft in einer Färberei aufnehme, sei nicht sicher zu beurteilen. Auf alle Fälle seien jedoch strenger Hautschutz und regelmäßige Kontrolle dann empfehlenswert. Er empfehle zunächst nur weitere hautärztliche Kontrollen. Bei entsprechenden Hautschutzmaßnahmen seien dem Kläger keine Berufstätigkeiten verschlossen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 zurück. Die Hauterkrankung habe nicht objektiv zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit als Hilfskraft in der Textilfärberei bei der Fa. M. gezwungen. Unter Berücksichtigung des ab 2001 bekannten Erkrankungsverlaufs sei eine Aufgabe des Arbeitsplatzes als Hilfskraft in der Textilfärberei wegen der Hautveränderungen unter Beachtung von Hautschutz- und Hautpflegemaßnahmen nicht erforderlich gewesen. Auch weiterhin liege eine BK 5101 nicht vor. Ferner seien die Voraussetzungen für weitergehende Maßnahmen nach § 3 BKV nicht erfüllt.

Deswegen hat der Kläger am 30. Oktober 2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zuletzt hat er in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Bescheid vom 26. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine BK 5101 anzuerkennen. Die Ablehnung der Anerkennung einer BK vom 16. April 2002 sei rechtswidrig. Insbesondere sei die Begründung, die Erkrankung sei weder schwer noch wiederholt rückfällig, sachlich unrichtig gewesen, weil eine ärztliche Untersuchung hierzu damals nicht erfolgt sei. Das nun bei Dr. H. eingeholte Gutachten sei widersprüchlich. Wie Dr. S. bestätigt habe, sei es nach dem 16. April 2002 zu einem protrahierten Krankheitsverlauf mit wiederkehrenden Aufflammreaktionen der Haut gekommen sowie zu spontanen Abheilungen während des Jahresurlaubs und einer dreiwöchigen Arbeitsunfähigkeit (wegen einer Augenoperation). Die Hauterkrankung sei zumindest wiederholt rückfällig. Dr. S. habe dargelegt, dass die Hautekzemerkrankung nie vollständig abgeheilt sei, damit sei sie auch zusätzlich schwer. Die Sensibilisierung sei durch die Weichmacher verursacht. Dem vom SG - auf seinen Antrag nach § 109 Sozialgerichtgesetz (SGG) eingeholten - Gutachten des Prof. Dr. D. sei nicht zu folgen. Es sei widersprüchlich. Wie Dr. S. bestätigt habe, sei er längere Zeit ununterbrochen mehrmals hintereinander erkrankt. Ferner bestehe bezüglich der Allergie gegen Kaliumdichromat ein ausreichend wahrscheinlicher Zusammenhang.

In dem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D., das dieser am 14. August 2007 mit PD Dr. W. und dem Assistenzarzt S. erstellt hat, hat der Sachverständige nach Untersuchung und Aktenlage die Diagnosen "Verdacht auf Zustand nach irritativ provoziertem Kontaktekzem der Hände und Arme beidseits (2001 bis 2005), vorbekannte Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Kaliumdichromat (aktuell bestätigt), Sil-Weichmachern (aktuell nicht reproduzierbar) und Perubalsam (aktuell nicht bestätigt)", "Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber (Nitrobutyl)morphollin (Bioban P 1487)" sowie - als Nebendiagnosen - u. a. "Erythrosis interfollikularis colli" gestellt. Beim Kläger seien erstmalig im März 2001 Hauterscheinungen in Form von Rötung mit Juckreiz und anschließender Bläschenbildung aufgetreten. Anschließend sei es immer wieder zu chronisch rezidivierenden ekzematösen Hauterscheinungen an den Händen, Unterarmen und teilweise auch am Unterschenkel gekommen. Zusätzlich habe Juckreiz vorgelegen. Arbeitsunfähigkeit habe deswegen zu keinem Zeitpunkt bestanden und die Hauterscheinungen hätten jeweils gut auf die dermatologische Therapie angesprochen. Nach sorgfältiger Abwägung sei die Diagnose eines irritativ provozierten Kontaktekzems der Hände und Arme zu stellen. Insofern bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit und dem Auftreten der Hauterscheinungen. Es handle sich um eine wiederholt rückfällige Hauterkrankung. Die Schwere der Erkrankung könne weder klinisch noch auf Grund der Dauer der Behandlungsbedürftigkeit begründet werden. Auch im Jahr 2002, als die Hauterscheinungen offensichtlich am stärksten ausgeprägt gewesen seien, habe keine ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit über 6 Monate bestanden. Am 21. Oktober 2002 habe sich der Kläger nochmals bei Dr. S. vorgestellt, es hätten sich aber keine behandlungsbedürftigen Hauterscheinungen gezeigt. Anschließende dokumentierte ärztliche Behandlungen bis zur Tätigkeitaufgabe im Januar 2005 fänden sich nicht in der Akte. Bei Fortführung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit in der Fa. M. habe keine Gefahr der Wiederkehr bzw. der Verschlimmerung der Hauterkrankung, die nicht zu beseitigen gewesen wäre, z. B. durch konsequente Beachtung der Schutzmaßnahmen, bestanden. Der Kläger habe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses weitgehend hauterscheinungsfrei arbeiten können. Wie vom Betriebsarzt dokumentiert, habe die Durchführung und Einhaltung von Arbeitsschutzmaßnahmen jeweils zu einer deutlichen Besserung bzw. Abheilung geführt, dass eine Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit immer möglich gewesen sei. Zu keinem Zeitpunkt habe die Hauterkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt, die für die Entstehung der Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich gewesen seien oder hätten sein können.

Das SG hat ferner eine Auskunft der Fa. M. eingeholt. Nach dem Aktenvermerk vom 18. März 2008 hat Frau F. von der Fa. M. telefonisch erklärt, der Kläger habe nach April 2002 keinen anderen Arbeitsplatz erhalten. Er habe lediglich mitgeteilt, er leide an einem Hautausschlag, welcher allerdings auch zu Hause beim Weinherstellen auftrete. Der Hautausschlag sei 2001 der Beklagten gemeldet worden und daraufhin habe der Betriebsarzt Dr. M. die Anweisung erteilt, dass der Kläger Schutzhandschuhe tragen solle und man habe zwei verschiedene Hautschutzcremes besorgen müssen, die der Kläger dann von 2002 bis 2005 verwendet habe.

Auf Anfrage des SG hat Dr. B., Praxiskollege von Dr. S., am 20. März 2008 die Behandlungsdaten des Klägers in der Zeit vom 17. Juni 2002 bis 6. Oktober 2005 mitgeteilt.

Mit Urteil vom 28. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag sei nur noch Streitgegenstand, ob mit Aufgabe der Tätigkeit bei der Fa. M. nun der Versicherungsfall der BK 5101 eingetreten sei. Dies sei nicht der Fall, auch nicht unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Äußerungen. Unter Berücksichtigung der Berichte der behandelnden Hautärztinnen und des Betriebsarztes sowie des Gutachtens von Dr. H. sei das vorliegende rezidivierende Handekzem teilweise auf die berufliche Hautbelastung zurückzuführen. Die festgestellte Chromat-Sensibilisierung sei dagegen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit außerberuflich geworben. Eine Chromatbelastung am Arbeitsplatz sei nicht beschrieben. Der Kläger habe aber trotz der rezidivierenden Handekzeme, die teilweise auf die berufliche Hautbelastung zurückzuführen gewesen seien, seine Tätigkeit weiter ausüben können, was auch Frau Fessler von der Fa. M. auf telefonische Anfrage bestätigt habe. Eine innerbetriebliche Umsetzung auf einen trockenen Arbeitsplatz habe nach Angaben von Frau F. nicht stattgefunden. Entsprechende Angaben der Dr. S. hätten sich somit nicht bestätigen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil des SG verwiesen.

Gegen das am 11. Juni 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Juni 2008 Berufung eingelegt.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. A. hat am 13. Dezember 2008 die Untersuchungsdaten seit 19. März 2001 sowie die dabei erhobenen Befunde und erfolgten Behandlungen mitgeteilt. Danach hat er am 16. Juli 2001, 18. März, 4. September und 9. Dezember 2003, 3. Februar, 9. und 22. Juni 2004 sowie dann - nach Beendigung der Tätigkeit - wiederum am 10. Mai 2005 näher beschriebene Hauterscheinungen festgestellt. Der Hautarzt Dr. B. hat am 9. Januar 2009 den Bericht seiner Praxiskollegin Dr. S. vom 3. April 2007 vorgelegt und über die anlässlich der Behandlung der Dr. S. gefertigten Aufzeichnungen berichtet. Danach haben Anamnese - bzw. Befunderhebungen am 17. Juni, 21. Juni, 15. Juli, 27. August, 21. Oktober und 16. Dezember 2002, 10. Februar 2003, 15. März 2004 sowie dann am 15. Mai und 30. Oktober 2007 stattgefunden. Dr. S. hat am 26. Mai 2009 unter Berücksichtigung der ihr noch zugänglichen Praxisakten mitgeteilt, sie könne sich noch an die Untersuchungen des Klägers nach Januar 2001 erinnern und die Einzelheiten ihren damaligen Aufzeichnungen entnehmen. Die Erstvorstellung des Klägers sei am 17. Juni 2002 erfolgt. Der weitere Verlauf sei auch bei der damals klinisch noch relativ unspektakulären Befundsituation absehbar gewesen. Im Juni 2002 habe sie mit Frau R. von der Fa. M. vereinbart, dass der Kläger zumindest vorübergehend an einen trockenen Arbeitsplatz versetzt werde, um den Verlauf besser beurteilen zu können und eventuell den Arbeitsplatz erhalten zu können. Bei der Kontrolle am 21. Juni 2002 sei bereits eine Besserung sichtbar gewesen, der Juckreiz habe nachgelassen und im Weiteren sei es insgesamt zwar zu einem milderen aber dennoch wechselnden Verlauf gekommen. Eine Allergietestung mit eigenen Berufsstoffen habe zusätzlich zu Kaliumdichromat eine Sensibilisierung durch Sil ergeben. Da der Kläger wie auch anfangs eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgelehnt und den Arbeitsplatzverlust gefürchtet habe, sei am 24. Juli 2002 bei Kontakt mit Sil oder Sil-behandelnden Stoffen das Tragen von Handschuhen vereinbart worden, was sich im gesamten weiteren Verlauf als sehr schwierig erwiesen habe. Nach Wiederaufnahme der Arbeit nach dem Urlaub habe sich nach dem ersten Arbeitstag bereits wieder Juckreiz eingestellt. Der Kläger habe keine Krankschreibung gewünscht und eine betriebliche Umsetzung sei nicht möglich gewesen. Am 13. Dezember 2002 habe sie einen weiteren Hautarztbericht an die Beklagte gefertigt, auf den sie verweise. Für weitere 3 Monate sei eine Kostenübernahmeerklärung für Heilbehandlungen und Hautschutz gemäß § 3 BKV erfolgt. Bis zum 30. Juni 2003 sei der Verlauf wechselnd gewesen und der Kläger habe zwischenzeitlich selbst Pflegesalben, Hautschutz und Steroide einsetzen können. In den Urlauben sei es zu einer weitgehend spontanen Besserung gekommen, nicht mehr aber zu einer vollständigen Abheilung wie noch 2002. Am 17. November 2003 während einer anderweitigen 8-wöchigen Arbeitsunfähigkeit habe sich der Kläger vorgestellt und habe man nur minimale chronische Hautveränderungen mit einem Verdacht auf eine mykotische Superinfektion gefunden. Am 15. März 2004 habe man wiederum den Versuch unternommen, einen Arbeitsplatzwechsel herbeizuführen, da immer wieder Aufflammreaktionen trotz Handschuhen aufgetreten seien. Ein vollständiger Schutz sei bei der Arbeit auch mit Handschuhen nicht gewährleistet gewesen. Am 1. Juni 2005 sei dann die endgültige Anzeige über eine BK erfolgt. Die nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit noch bestehenden Hautprobleme hätten bei dem langjährigen Verlauf nicht für eine wesentliche außerberufliche Komponente gesprochen. Sie habe den Kläger am 17. Juni, 21. Juni, 28. Juni, 12. Juli, 15. Juli, 24. Juli, 27. August, 21. Oktober und 16. Dezember 2002, 10. Februar, 8. April, 30. Juni, 17. November und 19. November 2003, 15. März 2004, 13. Mai, 30. Mai und 13. Juni 2005, 27. Juni 2006 sowie 15. Mai und 30. Oktober 2007 untersucht. Bezüglich der Befunde verweise sie auf die vorgelegten Berichte. Darüber hinaus könne sie nach so langer Zeit keine detaillierteren Angaben machen.

Der Senat hat außerdem Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat am 14. August 2009 mitgeteilt, nach der Untersuchung vom 9. November 2002, über die er am 3. Dezember 2002 berichtet habe, habe er den Kläger nicht mehr untersucht. An präventiven Hautschutz- und -pflegemaßnahmen habe er die Hautschutzcreme Taktosan, eine milde Reinigungscreme, und als Hauptpflegemittel Stokolan unparfümiert empfohlen. Am 9. November 2002 habe sich ein ordentlicher Hautzustand gezeigt. Am 19. November 2002 habe er mit dem Kläger ausdrücklich vereinbart, dass dieser sich bei Auftreten von Hautbeschwerden wieder melden würde.

Der Senat hat ferner eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. D. vom 29. August 2010 eingeholt. Er ist unter Berücksichtigung der weiteren Auskünfte der behandelnden Ärzte zum Ergebnis gelangt, die Erkrankung sei klinisch nicht schwer, aber vermutlich wiederholt rückfällig gewesen. Nach dem Ermittlungsergebnis habe die Hautärztin W. den Kläger im Jahr 2001 behandelt und seien durch Dr. S. Behandlungen zwischen 17. Juni 2002 und 30. Oktober 2007 erfolgt. Hierbei lägen durchaus längerer Zeitintervalle vor, in denen keine Behandlung bzw. Vorstellung erfolgt sei. Nach den Angaben seien die meisten Hautprobleme offensichtlich im Jahr 2002 aufgetreten und im Jahr 2003 weniger hautfachärztliche Behandlungen notwendig gewesen. Im Jahr 2004 sei der Kläger nur einmal, im Jahr 2005 zweimal, im Jahr 2006 einmal sowie im Jahr 2007 erneut zweimal in hautärztlicher Behandlung gewesen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei durch Kündigung wegen schlechter Auftragslage erfolgt. Aus medizinischen Gründen habe in keiner Weise der objektive Zwang zur Tätigkeitsaufgabe am 31. Januar 2005 bestanden. Davor sei der Kläger das letzte Mal im Mai 2004, also 9 Monate vorher dermatologisch behandelt worden, so die Angaben der Dr. S., und nach der Berufsaufgabe erst wieder im Mai 2005. Dazu sei im Mai 2005 eine Hautmykose diagnostiziert worden, also eine Pilzerkrankung, die offensichtlich nicht durch eine seit 5 Monaten nicht mehr ausgeübte vorher berufliche Tätigkeit ausgelöst worden sein könne. Die Hautveränderungen seien insgesamt allenfalls als leicht einzustufen. Zusammenfassend werde deutlich, dass keine BK 5101 vorliege. Die Kontaktsensibilisierung gegenüber Dichromat sei nicht beruflich erworben und auch nicht beruflich relevant. Zusätzlich sei nicht von einer klinisch sehr starken Sensibilisierung auszugehen, so dass auch nicht so viele Arbeitsplätze verschlossen wären.

Neben dem zuletzt im Klageverfahren (nur noch) erhobenen Begehren auf Anerkennung einer BK hat der Kläger im Berufungsverfahren auch (wieder) beantragt, ihm "sich hieraus ergebende Leistungen" zu gewähren, insbesondere auch Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV. Er trägt im Wesentlichen vor, er sei ab 2002 laufend in Behandlung bei Dr. S. gewesen. Trotz Umsetzung auf einen trockenen Arbeitsplatz sei es immer wieder zu weiteren Aufflammreaktionen gekommen, wenn auch in geringerer Ausprägung. Bei einer Nachtestung im Juli 2002 hätten sich eine epidermale Sensibilisierung durch Kaliumdichromat und Sil-Weichmacher gezeigt. Zwar habe er seine berufliche Tätigkeit im Januar 2005 wegen Personalabbau aufgeben müssen, doch sei ihm eine Rückkehr in einen anderen Betrieb auf Grund der Erkrankung verschlossen gewesen, da er im letzten Betrieb nur durch starkes Entgegenkommen des Arbeitgebers und passende Arbeitsplatzwahl die Tätigkeit überhaupt habe ausführen können. Eine Rückkehr in den Textilbereich sei durch die Erkrankung nicht möglich. Außerdem handele es sich bei Kaliumdichromat um ein ubiquitär vorkommendes Allergen, das auch in weiten Teilen anderer Berufe Probleme bereiten würde. Soweit Prof. Dr. D. davon ausgehe, dass er bis zur Kündigung weitgehend hauterscheinungsfrei habe arbeiten können, stehe dies im Gegensatz zur Aussage der Dr. S., wonach ständige Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen habe. Auch sei die Begutachtung nicht durch Prof. Dr. D. erfolgt, sondern durch den Assistenzarzt Shab. Prof. Dr. Diepgen habe zwar immer wieder während der Untersuchung hereingeschaut, die wesentlichen Untersuchungen jedoch nicht durchgeführt. Er hätte sehr wohl objektiv krankgeschrieben werden müssen, was auch Dr. S. gewollt habe. Er habe sich aus Angst um den Arbeitsplatz aber nicht krankschreiben lassen. Trotz Arbeitsschutzmaßnahmen sei es immer wieder zu berufsbedingten Hautveränderungen in Form von Juckreiz, Rötungen und Bläschenbildungen gekommen, die sich dann in den Urlauben spontan gebessert hätten. Im Lauf der Zeit sei es aber nicht mehr zu einer vollständigen Abheilung wie noch 2002 gekommen.

Der Kläger beantragt zum Teil sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. März 2008 aufzuheben sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 26. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm die sich hieraus ergebenden Leistungen zu gewähren, insbesondere auch Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Ausführungen von Dr. H. und Prof. Dr. D ... Ein objektiver Zwang zur Tätigkeitsaufgabe habe auf Grund der Hauterkrankung nicht bestanden. Bei Durchführung von Arbeitsschutzmaßnahmen sei es jeweils zu einer deutlichen Besserung bzw. Abheilung der Hauterscheinungen gekommen, weswegen eine Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit immer möglich gewesen sei. Im Übrigen verweist sie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorlegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig, was der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Begehrens auch beantragt hat, nämlich die Feststellung, dass es sich bei seiner Hauterkrankung um eine BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV handelt. Damit ist Gegenstand des Rechtsstreits eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG), mit der die Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten und die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die geltend gemachte Erkrankung eine BK ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 2. April 2009, B 2 U 30/07 R, in Juris).

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren zusätzlich die Gewährung von sich aus dem Vorliegen der BK "ergebenden Leistungen", "insbesondere auch Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung" begehrt, ist sein Begehren unzulässig, da er im Verfahren vor dem SG zuletzt allein die Anerkennung der BK bzw. sinngemäß deren Feststellung beantragt hat. Das SG hat deshalb zu Recht nur darüber entschieden. Soweit die Beklagte einen Verwaltungsakt über die Ablehnung konkreter Leistungen überhaupt erlassen hat, ist dieser damit nach § 77 SGG bindend geworden und dieses weitere Begehren auf Gewährung von Leistungen somit unzulässig.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten BK 5101, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgerichtsgesetz (SGBVII) sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung Gebrauch gemacht und in der BKV unter der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV als BK bezeichnet: "Schwere oder wiederholte rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen sowie die in der BKV bezeichnete Krankheit gehören, nachgewiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können. Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller - wesentlichen - Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand November 2006, E § 9 SGB VII Rdnr. 26). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 91). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30; 121, 123; 43, 110, 112). Das gleiche gilt, wenn der für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität erforderliche wahrscheinliche Zusammenhang nicht nachweisbar ist.

Die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung an einer BK vorliegen müssen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten. Als solcher sind durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnene Erkenntnisse anzunehmen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (BSG, Urt. vom 27. Juni 2006 - B 2 U 5/05 R - SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV bzw. BKVO müssen damit folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Es muss eine Hauterkrankung vorliegen, diese muss schwer oder wiederholt rückfällig sein, sie muss durch Einwirkungen entstanden sein, denen der Kläger infolge seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt war und sie muss zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen stellen die beim Kläger erstmalig im März 2001 in Form von Rötung mit Juckreiz und anschließender Bläschenbildung aufgetretenen Hauterscheinungen und die danach immer wieder aufgetretenen chronisch rezidivierenden ekzematösen Hauterscheinungen an den Händen, Unterarmen und teilweise auch am Unterschenkel, bezüglich derer die Diagnose eines irritativ provozierten Kontaktekzems der Hände und Arme zu stellen ist, eine (nachdem es wiederholt zu Abheilungen gekommen ist) wiederholt rückfällige Hauterkrankung dar, die mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen ist. Dafür sprechen insbesondere der Verlauf der Hauterscheinungen und auch deren Lokalisation und Morphe. Dies ergibt sich schlüssig und überzeugend aus den Ausführungen von Dr. H., die auch Prof. Dr. D. bestätigt hat. Die festgestellte Chromat-Sensibilisierung ist dagegen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen. Dies entnimmt der Senat ebenfalls den Ausführungen von Dr. H ... Es ergibt sich auch daraus, dass der Kläger zum einen nach dem Ergebnis der Ermittlungen des TAD keinen beruflichen Kontakt zu Kaliumdichromat hatte und zum anderen außerberuflich, beim Hausbau, Kontakt mit Zement hatte, der diesen Stoff enthielt. Da die ersten Beschwerden auch im Zusammenhang mit den außerberuflichen Bauarbeiten aufgetreten sind, besteht insofern kein Anhalt für einen wahrscheinlichen Zusammenhang der Reaktion auf Kaliumdichromat mit beruflichen Tätigkeiten des Klägers.

Ein Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten und beruflich bedingten Hauterkrankung als BK 5101 besteht gleichwohl nicht, denn der Kläger war auf Grund der beruflich verursachten Hauterkrankung zur Vermeidung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens einer Hauterkrankung nicht gezwungen, seine berufliche Tätigkeit aufzugeben und zu unterlassen. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber auf Grund schlechter Arbeitslage am 31. Januar 2005 gekündigt. Zum Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Hauterscheinungen im März 2001 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger wegen Hauterscheinungen nicht krankgeschrieben. Er war unter Berücksichtigung der Angaben insbesondere der Hautärztin Dr. S. nach der den Senat überzeugenden Einschätzung des Prof. Dr. D. bei Beachtung der angezeigten und erforderlichen Hautschutzmaßnahmen (Verwendung von Salben, zweckmäßigen Reinigungsmitteln und Benutzung von Handschuhen) in der Lage, seine berufliche Tätigkeit über Jahre fortzusetzten. Er war nicht gezwungen seine berufliche Tätigkeit aufzugeben und war auch nach seinem nicht krankheitsbedingten Ausscheiden bei der Fa. M. nicht gehindert, eine entsprechende Tätigkeit unter Anwendung entsprechender Hautschutzmaßnahmen wieder aufzunehmen. Der Senat schließt sich insofern den für ihn schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Prof. Dr. D. in dessen ergänzender gutachterlicher Stellungnahme an. Soweit Dr. S. die Auffassung vertritt, der Kläger sei gezwungen gewesen, seine berufliche Tätigkeit nicht weiterfortzusetzen bzw. nicht wiederaufzunehmen, findet dies keine hinreichende Stütze in dem von ihr dokumentierten Krankheits- und Behandlungsverlauf, insbesondere hat sich wiederholt gezeigt, dass bei entsprechenden auch zumutbaren Maßnahmen es dem Kläger möglich war über Jahre seine berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Der Kläger hat sich zu Dr. S. nach Dezember 2002 nur am 10. Februar, 8. April, 30. Juni, 17. November und 19. November 2003, 15. März 2004, 13. Mai, 30. Mai und 13. Juni 2005, 27. Juni 2006 sowie 15. Mai und 30. Oktober 2007 zur Behandlung begeben. Dr S. kann gemäß ihrer Aussage über die in den Akten enthaltenen Befunde hinaus keine näheren weiteren Angaben zu konkreten Befunden mehr machen. Auch nach der Auskunft der Arbeitgeberin waren über die genannten Schutzmaßnahmen hinaus keine besonderen weiteren Maßnahmen erforderlich und konnte der Kläger seine berufliche Tätigkeit fortsetzen. Dabei hatte er nach dem erstmaligen Auftreten von Hautbeschwerden im Jahr 2002 keinen besonderen und für seine Tätigkeit untypischen Arbeitsplatz zugeteilt bekommen, was der Auskunft der Fa. M. (Frau F.) gegenüber dem SG zu entnehmen ist. Auch sind von März 2004 über das Ausscheiden bei der Fa. M. am 31. Januar 2005 hinaus bis Mai 2005, also dreieinhalb Monate nach Beendigung der Beschäftigung, keine hautärztlichen Untersuchungen erfolgt und entsprechende Befunde dokumentiert, so dass der für die Feststellung der BK 5101 erforderliche Aufgabe- und Unterlassungszwang nicht festzustellen ist. Hierfür spricht auch, dass der Kläger sich nach der letzten betriebsärztlichen Untersuchung durch Dr. M. im November 2002 bei diesem nicht mehr gemeldet bzw. vorgestellt hat, ob gleich vereinbart war, dass er sich bei Auftreten von Hautbeschwerden wieder melden sollte. Dann wäre gegebenenfalls zu prüfen gewesen, ob weitere oder andere Schutzvorkehrungen zur Fortführung der Tätigkeit zu treffen gewesen wären. Angesichts dessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass die durchgeführten Hautschutzmaßnahmen nicht gegriffen haben und der Kläger nach dem Arbeitsplatzverlust aus medizinischen Gründen zur Vermeidung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens einer Hauterkrankung gehindert war, bei Durchführung zumutbarer Hautschutzmaßnahmen in seinem bisherigen Berufsbereich wieder tätig zu sein. Aus diesen Gründen schließt sich der Senat den im Ergebnis übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter Dr. H. und Prof. Dr. D. an.

Da somit ein Aufgabe- bzw. Unterlassungszwang aus medizinischen Gründen nicht feststellbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten BK 5101.

Der Senat weist deshalb die Berufung des Klägers zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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