L 9 R 5703/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 8656/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5703/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.01.2009 hinaus.

Die 1959 geborene Klägerin kam im März 1989 aus Griechenland in die Bundesrepublik Deutschland. Von April 1989 bis zu ihrer Arbeitsunfähigkeit ab 10.01.2003 war sie als Montiererin beschäftigt.

Mit Bescheid vom 14.05.2003 gewährte die Landesversicherungsanstalt Westfalen (nunmehr: Deutsche Rentenversicherung Westfalen - DRV Westfalen -) der Klägerin auf Grund eines Leistungsfalls vom 10.01.2003 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.08.2003 bis 31.01.2005. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. K. hatte im zugrundeliegenden Befundbericht vom 03.02.2003 bei der Klägerin eine monopolar depressiv verlaufende Zyklothymie (sogenannte rapid-cycling) diagnostiziert und ausgeführt, innerhalb der 3 Jahre, seitdem er die Klägerin behandele, sei es immer wieder zu sehr schweren und sehr plötzlich einbrechenden depressiven Episoden mit Suizidalität gekommen. Insgesamt seien 5-mal stationäre psychiatrische Akutbehandlungen erfolgt, die mehrere Wochen gedauert hätten. Derzeit erfolge eine psychiatrische Dauerbehandlung mit Antidepressiva sowie eine neu begonnene Prophylaxe mit Lithium. Er hoffe, dass durch die Prophylaxe eine dauerhafte Stabilität erreicht werden könne.

Mit Bescheid vom 19.10.2004 gewährte die DRV Westfalen die Rente weiterhin auf Zeit bis zum 31.01.2007. Unter dem 28.09.2004 hatte Dr. K. mitgeteilt, die intensive psychiatrische Behandlung habe keine anhaltende und für eine Erwerbstätigkeit ausreichende Besserung gebracht.

Mit Bescheid vom 04.12.2006 gewährte die DRV Westfalen die Rente weiterhin auf Zeit bis zum 31.01.2009. Unter dem 17.11.2006 hatte Dr. K. eine Befundänderung in den letzten 12 Monaten verneint und ausgeführt, unter einer konsequenten Prophylaxe mit Lithium seien manische Episoden nicht mehr aufgetreten. Allerdings komme es immer wieder zu leichteren und mittelgradigen depressiven Episoden. Deswegen erfolge neben der Prophylaxe auch eine ständige antidepressive Medikation.

Nachdem die Klägerin im November 2007 nach Griechenland verzogen ist, wurde die Beklagte für die Klägerin zuständig.

Am 27.10.2008 beantragte die Klägerin unter Übersendung von Kopien ihres Gesundheitsbuchs und Bescheinigungen von Dr. K. sowie einer psychiatrischen Klinik in Griechenland die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. G. vom 30.04.2008 (nach der Lithium-Therapie sei eine Stabilisierung eingetreten; leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen seien vollschichtig zumutbar) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.2009 die Weitergewährung von Rente über den Monat Januar 2009 hinaus ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 24.06.2009 unter Vorlage ärztlicher Unterlagen Widerspruch ein. In Auswertung dieser Unterlagen, die aus den Jahren 2001, 2002 und 2007 stammten, hielt Dr. G. eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung für erforderlich.

Die Beklagte ließ die Klägerin von dem Neurologen und Psychiater Prof. Dr. K. begutachten. Dieser diagnostizierte bei der Klägerin im Gutachten vom 19.08.2009 Anpassungsstörungen mit depressiven Komponenten. Er führte aus, deutliche depressive Erscheinungen im Rahmen eines endogenen oder reaktiven Krankheitsbildes lägen nicht vor. Die Klägerin sei medikamentös gut eingestellt; Nebenwirkungen der Medikation seien nicht vorhanden. Festgestellt habe er eine leichte depressive Verstimmung, die durch gedrückte Stimmungslage, leichte Ermüdbarkeit und Aktivitätseinbußen gekennzeichnet sei, so dass schwere und mittelschwere Arbeiten nicht zumutbar seien. Leichte einfache Arbeiten - vorwiegend im Sitzen - ohne Wechsel- und Nachschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Eigen- und Fremdgefährdung seien der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zumutbar.

Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2009 den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 21.12.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, mit der sie die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung begehrt. Die Klägerin hat eine Bescheinigung der Psychiatrischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses I. vorgelegt, in der angegeben wird, dass sie dort im Jahr 2001 zweimal wegen einer affektiven bipolaren Störung behandelt worden sei, sowie eine Bescheinigung der Psychiaterin M. vom 05.03.2010, die angab, die Klägerin leide seit 2001 an einer affektiven bipolaren Psychose und werde medikamentös behandelt.

Der Neurologe und Psychiater Dr. S. hat dazu in der Stellungnahme vom 08.06.2010 ausgeführt, aus den vorgelegten Bescheinigungen ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Sie sei grundsätzlich in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das SG stütze seine Überzeugung im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. K ... Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 08.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.12.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie sei nicht in der Lage, mindestens 2 Stunden täglich eine Erwerbstätigkeit auszuüben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Stuttgart vom 30. November 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. Januar 2009 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über 30.01.2009 hinaus hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht mehr erfüllt, weil sie in der Lage ist, leichte einfache Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen in einem Umfang von wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten und ihr solche Tätigkeiten aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auch zumutbar sind. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Neue medizinische Gesichtspunkte haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Das SG hat vielmehr zutreffend dargelegt, dass es - ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. K. - seit dem letzten Selbstmordversuch im Jahr 2005 mit stationärer Behandlung zu einer wesentlichen Besserung im Gesundheitszustand der Klägerin gekommen ist. Seitdem hat die Klägerin - nach ihren eigenen Angaben - eingesehen, dass sie ihre Medikamente regelmäßig einnehmen muss, dementsprechend ist die von Dr. K. schon im Jahr 2003 erwartete Stabilisierung nunmehr eingetreten. Die Klägerin selbst hat bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. K. auch eingeräumt, dass sie sich seit ihrer Rückkehr nach Griechenland (aufgrund des Klimas und der Umgebung) sowie der regelmäßigen Medikamenteneinnahme sehr gut fühle und nunmehr auch wieder ihren Haushalt bewältigen könne. Angesichts dessen ist die Beurteilung von Prof. Dr. K. nachvollziehbar und überzeugend, dass die Klägerin trotz der Anpassungsstörungen mit depressiven Komponenten in der Lage ist, leichte einfache Arbeiten - vorwiegend im Sitzen - mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten.

Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Grunde für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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