Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 34/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 213/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 8/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Abgabe eines Formulars beim Arbeitgeber, um eine sog. Vorausbescheinigung für die Gewährung von Altersrente zu erwerben, steht nicht unter Versicherungsschutz.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung, dass der Unfall vom 05.05.2006 ein Arbeitsunfall ist.
Die 1946 geborene Klägerin, zum Unfallzeitpunkt in der Freistellungsphase auf Grund vereinbarter Altersteilzeit bei der Firma S., erlitt am 05.05.2006 einen Unfall, als sie bei ihrem Arbeitgeber auf einer Treppe stolperte und auf das linke Handgelenk stürzte. Sie erlitt einen Speichenbruch am linken Unterarm.
Die Klägerin wollte ein Formular für eine sog. Vorausbescheinigung bei ihrem Arbeitgeber abgeben, die für die nahtlose Gewährung von Rente wegen Alters erforderlich ist und beim Rentenversicherungsträger vorzulegen ist. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, dieses Formular müsse auf Verlangen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber ausgefüllt werden.
Mit Bescheid vom 17.08.2006 lehnte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ab. Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Bescheinigung benötigt werde, damit die Deutsche Rentenversicherung die Altersrente berechnen könne. Es sei von einem erheblichen eigenwirtschaftlichen Interesse auszugehen.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie habe ihren Arbeitgeber aufgesucht, um eine korrekte Ausfüllung des Formulars für die Vorausbescheinigung zu erreichen. Das Formular sei bereits einmal vom Arbeitgeber fehlerhaft ausgestellt worden. Die Klägerin habe sich persönlich auf das Betriebsgelände begeben, um die Ausfüllung des komplizierten Formulars direkt mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Arbeitgebers, auch unter Einbeziehung von erforderlichen Angaben der Klägerin, vorzunehmen. Da dieser jedoch nicht anwesend gewesen sei, habe man der Klägerin empfohlen, das Formular beim Pförtner abzugeben. Die Ausfüllung des Formulars sei zudem erforderlich gewesen, um ihren Anspruch auf Betriebsrente nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durchzusetzen. Wäre das Formular nicht oder nicht korrekt bzw. rechtzeitig durch den Arbeitgeber ausgefüllt worden, so wären der Klägerin Rentenansprüche verlorengegangen. Dieser Schaden hätte dann gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen. Um diesen Schaden zu vermeiden und um eine ordnungsgemäße Abrechnung der Betriebsrente zu gewährleisten, habe ein wesentliches Interesse des Arbeitgebers bestanden. Selbst wenn man von einer sog. gemischten Tätigkeit ausgehen würde, hätte die Tätigkeit der Klägerin auch dem Arbeitgeber wesentlich gedient.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe vorrangig, wenn nicht sogar ausschließlich gehandelt, um eine Festsetzung ihrer Altersrente zu ermöglichen. Es handele sich insoweit um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Zwar habe das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) Versicherungsschutz angenommen, wenn eine sich im Mutterschutz befindliche Arbeitnehmerin auf dem Wege zur Arbeitsstelle zwecks Abgabe der Lohnsteuerkarte verunfalle (Az.: L 3 U 151/85). Dies sei jedoch mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Bei der Lohnsteuerkarte sei der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet, diese beim Arbeitgeber abzugeben. Vorliegend sei die Bescheinigung jedoch erforderlich gewesen, um die Altersrente festzusetzen. Dieser Umstand sei dem privaten unversicherten Lebensbereich zuzurechnen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 17.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2006 (richtig: 17.01.2007) aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 17.01.2007 ein Arbeitsunfall ist.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses eigenwirtschaftlich gehandelt. Zwar sei der Arbeitgeber gemäß § 194 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) verpflichtet gewesen, das Formular auszufüllen. Diese Verpflichtung stehe jedoch mit dem Kernbereich des Beschäftigungsverhältnisses nicht im Zusammenhang und diene nicht der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses. Es sei weder eine Aufforderung zur persönlichen Vorlage durch den Arbeitgeber erfolgt noch sei ein Termin zur Abgabe vereinbart worden. Die Klägerin sei auch keiner arbeitsvertraglichen Pflicht im Sinne der Altersteilzeit-Vereinbarung nachgekommen. Die Angaben, die vom Arbeitgeber erhoben werden sollten, berührten weder den bestehenden Vergütungsanspruch noch einen Anspruch auf Aufstockungszahlung oder das in der Altersteilzeit-Vereinbarung festgesetzte Beschäftigungsende. Es sei daher keine sich aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ergebende Pflicht erfüllt worden.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Überbringung des Formulars sei im wesentlichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt, da er sich andernfalls schadensersatzpflichtig gemacht hätte. Außerdem sei dies zur ordnungsgemäßen Gewährung der Betriebsrente erforderlich gewesen. Selbst wenn man vorliegend von einer gemischten Tätigkeit ausgehen würde, habe die Tätigkeit dem Arbeitgeber wesentlich gedient. Dass sie ihm überwiegend diene, sei nicht erforderlich.
Die Beklagte wies darauf hin, dass der Arbeitgeber die Klägerin nicht aufgefordert habe, das Formular persönlich vorbeizubringen. Das Formular habe auch in keinem engen und unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kernbereich des Beschäftigungsverhältnisses gestanden und habe auch nicht der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses gedient. Die durch das persönliche Vorbeibringen des Formulars beabsichtigte schnelle Bearbeitung durch den Arbeitgeber erfülle allein den Zweck, der Klägerin die rechtzeitige Gewährung von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Ende der Altersteilzeit sicherzustellen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 05.05.2006 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 und der Bescheid vom 17.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung hat, dass das Ereignis vom 05.05.2006 ein Arbeitsunfall ist.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist daher in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 82 und 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19 und 26). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSGE 58, 80, 83). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigten, wie vorliegend, sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Dies bedeutet nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers auf der Arbeitsstätte versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sog. Betriebsbann nur in der Schifffahrt (§ 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen, wie z.B. Essen oder eigenwirtschaftliche, wie z.B. Einkauf. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zum Zeitpunkt des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung ausüben wollte (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14).
Dabei muss die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 und 17) durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt worden (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Entscheidend sind nicht die subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Maßgeblich ist vielmehr eine objektive Betrachtungsweise dahin, ob ein anhand objektiver Kriterien nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Überbringung des Formulars für eine sog. Vorausbescheinigung nicht bejaht werden. Bei einer sog. Vorausbescheinigung im Sinne des § 194 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Arbeitgeber auf Verlangen von Versicherten das voraussichtliche beitragspflichtige Arbeitsentgelt für die Zeit bis zum Ende der Beschäftigung bis zu drei Monaten im Voraus zu bescheinigen, wenn von dem Versicherten für die Zeit danach eine Rente wegen Alters beantragt wird. Die Vorausbescheinigung ermöglicht es dem Versicherten, den Antrag auf Rente wegen Alters so rechtzeitig zu stellen, dass vor dem Beginn der vollständig berechneten Rente keine Lücke entsteht.
Die Klägerin beanspruchte vom Arbeitgeber die Erlangung der Vorausbescheinigung, um hinsichtlich ihrer Altersrente eine lückenlose Zahlung im Anschluss an das Arbeitsentgelt erreichen zu können. Diese Vorausbescheinigung, die der Arbeitgeber auf Verlangen von Versicherten ausstellen muss, diente daher dem privaten Interesse der Klägerin. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung von Betriebsrente ist und dass sich der Arbeitgeber möglicherweise bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung dieser Vorausbescheinigung schadensersatzpflichtig machen könnte, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Das private Interesse der Klägerin steht im Vordergrund (vgl. Keller in Hauck/Noftz, § 8 Rdnr. 57, 21). Es sind zwar auch Belange des Arbeitgebers berührt, diese betreffen jedoch nicht seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Insbesondere war weder die Zahlung von Beiträgen noch die Zahlung von Entgelt berührt. Die Pflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag waren lediglich mittelbar betroffen. Es handelte sich um eine Tätigkeit der Klägerin im Rahmen einer Sozialversicherungsangelegenheit, der Gewährung der Altersrente. Diese ist dem persönlichen Bereich der Klägerin zuzurechnen (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 Rdnr. 101).
Soweit in der Rechtsprechung zum Teil die Abgabe der Lohnsteuerkarte im Betrieb als versicherte Tätigkeit angesehen wurde (vgl. BayLSG, Urteil vom 04.11.1986, Az.: L 3 U 151/85; vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII Rdnr. 89) kann dies vorliegend keine andere Beurteilung ergeben. Die Klägerin erfüllte in diesem Fall eine sich aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ergebende Vertragspflicht. Davon abzugrenzen ist auch bei der Abgabe der Lohnsteuerkarte der Fall, dass die Abgabe im Betrieb allein aus privaten Gründen, z.B. wegen der Änderung der Steuerklasse oder der Eintragung eines Freibetrages, erfolgt. In der Literatur wird in diesem Fall ebenfalls ein Versicherungsschutz als nicht gegeben erachtet (vgl. Keller in Hauck/Noftz, § 8 SGB VII Rdnr. 132, Ziegler in LPK-SGB VII, § 8 Rdnr. 76).
Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die Vorausbescheinigung auszustellen oder die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer sieht der Senat im vorliegenden Fall nicht als ausreichend an, um den erforderlichen Zusammenhang mit dem Unternehmen ausreichend zu begründen.
Das BSG hat zwar in einem Einzelfall einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, der eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für seine weitere Aufenthaltserlaubnis benötigte (BSG, Urteil vom 29.01.1986, 9b RU 76/84, SozR 2200 § 548 Nr. 78). Zur Begründung hat das BSG in diesem Fall darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung auf Grund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis geschuldet habe. Entscheidend ist der sachliche Zusammenhang der konkreten Tätigkeit mit dem Beschäftigungsunternehmen unter Berücksichtigung der Handlungstendenz des Versicherten. Wesentlich diente vorliegend die Ausstellung der Bescheinigung dem Interesse der Klägerin hinsichtlich der nahtlosen Gewährung von Altersrente. Sie hat sich auf das Betriebsgelände begeben, um eine möglichst schnelle und richtige Bearbeitung zu erreichen. Diese dient in erster Linie der Realisierung ihrer Sozialleistungsansprüche. Die Interessen des Arbeitgebers waren nur mittelbar betroffen.
Eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog. gemischten Tätigkeit ist ebenfalls nicht gegeben. Gemischte Tätigkeiten setzen zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen wenigstens eine im sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht. Wird die Tätigkeit untrennbar zu versicherten und privaten Zwecken ausgeführt, so besteht Versicherungsschutz, wenn sie wesentlich dem versicherten Tätigkeitsbereich dient; sie braucht ihm nicht überwiegend zu dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R). Als entscheidendes Kriterium wird regelmäßig darauf abgestellt, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre. Vorliegend liegt lediglich eine einzige Verrichtung vor, die in erster Linie im Interesse der Klägerin vorgenommen wurde.
Selbst wenn man von einer Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.05.2009, B 2 U 12/08 R - SozR 4-2750 § 8 Nr. 33 Rn. 16; BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 2 U 14/10 R) ausgehen würde, ergäbe sich kein Versicherungsschutz. Die konkrete Verrichtung wäre hypothetisch nicht auch dann vorgenommen worden, wenn die private Motivation entfallen wäre.
Der Senat ist der Überzeugung, dass die Klägerin ihren nahtlosen Rentenbezug sichern wollte. Sie wollte nicht Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen. Es gibt keine arbeitsvertragliche Verpflichtung, das Formular für die Vorausbescheinigung beim Arbeitgeber abzugeben. Dass die Klägerin auch im Interesse des Arbeitgebers - als Nebeneffekt - gehandelt hat, ist nicht ausreichend.
Der Senat ist daher der Auffassung, dass die Abgabe des Formulars, um eine Vorausbescheinigung für die Gewährung einer Altersrente zu erhalten, dem unversicherten persönlichen Bereich zuzurechnen ist (vgl. auch Ricke in Kasseler Kommentar § 8 Rdnr. 52, Schulin HS-UV § 30 Rdnr. 27, 126).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs.2 SGG zugelassen, da die vorliegende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist und bislang vom Bundessozialgericht nicht ausreichend geklärt ist.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung, dass der Unfall vom 05.05.2006 ein Arbeitsunfall ist.
Die 1946 geborene Klägerin, zum Unfallzeitpunkt in der Freistellungsphase auf Grund vereinbarter Altersteilzeit bei der Firma S., erlitt am 05.05.2006 einen Unfall, als sie bei ihrem Arbeitgeber auf einer Treppe stolperte und auf das linke Handgelenk stürzte. Sie erlitt einen Speichenbruch am linken Unterarm.
Die Klägerin wollte ein Formular für eine sog. Vorausbescheinigung bei ihrem Arbeitgeber abgeben, die für die nahtlose Gewährung von Rente wegen Alters erforderlich ist und beim Rentenversicherungsträger vorzulegen ist. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, dieses Formular müsse auf Verlangen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber ausgefüllt werden.
Mit Bescheid vom 17.08.2006 lehnte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ab. Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Bescheinigung benötigt werde, damit die Deutsche Rentenversicherung die Altersrente berechnen könne. Es sei von einem erheblichen eigenwirtschaftlichen Interesse auszugehen.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie habe ihren Arbeitgeber aufgesucht, um eine korrekte Ausfüllung des Formulars für die Vorausbescheinigung zu erreichen. Das Formular sei bereits einmal vom Arbeitgeber fehlerhaft ausgestellt worden. Die Klägerin habe sich persönlich auf das Betriebsgelände begeben, um die Ausfüllung des komplizierten Formulars direkt mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Arbeitgebers, auch unter Einbeziehung von erforderlichen Angaben der Klägerin, vorzunehmen. Da dieser jedoch nicht anwesend gewesen sei, habe man der Klägerin empfohlen, das Formular beim Pförtner abzugeben. Die Ausfüllung des Formulars sei zudem erforderlich gewesen, um ihren Anspruch auf Betriebsrente nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durchzusetzen. Wäre das Formular nicht oder nicht korrekt bzw. rechtzeitig durch den Arbeitgeber ausgefüllt worden, so wären der Klägerin Rentenansprüche verlorengegangen. Dieser Schaden hätte dann gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen. Um diesen Schaden zu vermeiden und um eine ordnungsgemäße Abrechnung der Betriebsrente zu gewährleisten, habe ein wesentliches Interesse des Arbeitgebers bestanden. Selbst wenn man von einer sog. gemischten Tätigkeit ausgehen würde, hätte die Tätigkeit der Klägerin auch dem Arbeitgeber wesentlich gedient.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe vorrangig, wenn nicht sogar ausschließlich gehandelt, um eine Festsetzung ihrer Altersrente zu ermöglichen. Es handele sich insoweit um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Zwar habe das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) Versicherungsschutz angenommen, wenn eine sich im Mutterschutz befindliche Arbeitnehmerin auf dem Wege zur Arbeitsstelle zwecks Abgabe der Lohnsteuerkarte verunfalle (Az.: L 3 U 151/85). Dies sei jedoch mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Bei der Lohnsteuerkarte sei der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet, diese beim Arbeitgeber abzugeben. Vorliegend sei die Bescheinigung jedoch erforderlich gewesen, um die Altersrente festzusetzen. Dieser Umstand sei dem privaten unversicherten Lebensbereich zuzurechnen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 17.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2006 (richtig: 17.01.2007) aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 17.01.2007 ein Arbeitsunfall ist.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses eigenwirtschaftlich gehandelt. Zwar sei der Arbeitgeber gemäß § 194 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) verpflichtet gewesen, das Formular auszufüllen. Diese Verpflichtung stehe jedoch mit dem Kernbereich des Beschäftigungsverhältnisses nicht im Zusammenhang und diene nicht der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses. Es sei weder eine Aufforderung zur persönlichen Vorlage durch den Arbeitgeber erfolgt noch sei ein Termin zur Abgabe vereinbart worden. Die Klägerin sei auch keiner arbeitsvertraglichen Pflicht im Sinne der Altersteilzeit-Vereinbarung nachgekommen. Die Angaben, die vom Arbeitgeber erhoben werden sollten, berührten weder den bestehenden Vergütungsanspruch noch einen Anspruch auf Aufstockungszahlung oder das in der Altersteilzeit-Vereinbarung festgesetzte Beschäftigungsende. Es sei daher keine sich aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ergebende Pflicht erfüllt worden.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Überbringung des Formulars sei im wesentlichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt, da er sich andernfalls schadensersatzpflichtig gemacht hätte. Außerdem sei dies zur ordnungsgemäßen Gewährung der Betriebsrente erforderlich gewesen. Selbst wenn man vorliegend von einer gemischten Tätigkeit ausgehen würde, habe die Tätigkeit dem Arbeitgeber wesentlich gedient. Dass sie ihm überwiegend diene, sei nicht erforderlich.
Die Beklagte wies darauf hin, dass der Arbeitgeber die Klägerin nicht aufgefordert habe, das Formular persönlich vorbeizubringen. Das Formular habe auch in keinem engen und unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kernbereich des Beschäftigungsverhältnisses gestanden und habe auch nicht der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses gedient. Die durch das persönliche Vorbeibringen des Formulars beabsichtigte schnelle Bearbeitung durch den Arbeitgeber erfülle allein den Zweck, der Klägerin die rechtzeitige Gewährung von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Ende der Altersteilzeit sicherzustellen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 05.05.2006 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 und der Bescheid vom 17.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung hat, dass das Ereignis vom 05.05.2006 ein Arbeitsunfall ist.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist daher in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 82 und 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19 und 26). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSGE 58, 80, 83). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigten, wie vorliegend, sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Dies bedeutet nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers auf der Arbeitsstätte versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sog. Betriebsbann nur in der Schifffahrt (§ 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen, wie z.B. Essen oder eigenwirtschaftliche, wie z.B. Einkauf. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zum Zeitpunkt des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung ausüben wollte (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14).
Dabei muss die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 und 17) durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt worden (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Entscheidend sind nicht die subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Maßgeblich ist vielmehr eine objektive Betrachtungsweise dahin, ob ein anhand objektiver Kriterien nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Überbringung des Formulars für eine sog. Vorausbescheinigung nicht bejaht werden. Bei einer sog. Vorausbescheinigung im Sinne des § 194 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Arbeitgeber auf Verlangen von Versicherten das voraussichtliche beitragspflichtige Arbeitsentgelt für die Zeit bis zum Ende der Beschäftigung bis zu drei Monaten im Voraus zu bescheinigen, wenn von dem Versicherten für die Zeit danach eine Rente wegen Alters beantragt wird. Die Vorausbescheinigung ermöglicht es dem Versicherten, den Antrag auf Rente wegen Alters so rechtzeitig zu stellen, dass vor dem Beginn der vollständig berechneten Rente keine Lücke entsteht.
Die Klägerin beanspruchte vom Arbeitgeber die Erlangung der Vorausbescheinigung, um hinsichtlich ihrer Altersrente eine lückenlose Zahlung im Anschluss an das Arbeitsentgelt erreichen zu können. Diese Vorausbescheinigung, die der Arbeitgeber auf Verlangen von Versicherten ausstellen muss, diente daher dem privaten Interesse der Klägerin. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung von Betriebsrente ist und dass sich der Arbeitgeber möglicherweise bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung dieser Vorausbescheinigung schadensersatzpflichtig machen könnte, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Das private Interesse der Klägerin steht im Vordergrund (vgl. Keller in Hauck/Noftz, § 8 Rdnr. 57, 21). Es sind zwar auch Belange des Arbeitgebers berührt, diese betreffen jedoch nicht seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Insbesondere war weder die Zahlung von Beiträgen noch die Zahlung von Entgelt berührt. Die Pflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag waren lediglich mittelbar betroffen. Es handelte sich um eine Tätigkeit der Klägerin im Rahmen einer Sozialversicherungsangelegenheit, der Gewährung der Altersrente. Diese ist dem persönlichen Bereich der Klägerin zuzurechnen (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 Rdnr. 101).
Soweit in der Rechtsprechung zum Teil die Abgabe der Lohnsteuerkarte im Betrieb als versicherte Tätigkeit angesehen wurde (vgl. BayLSG, Urteil vom 04.11.1986, Az.: L 3 U 151/85; vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII Rdnr. 89) kann dies vorliegend keine andere Beurteilung ergeben. Die Klägerin erfüllte in diesem Fall eine sich aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ergebende Vertragspflicht. Davon abzugrenzen ist auch bei der Abgabe der Lohnsteuerkarte der Fall, dass die Abgabe im Betrieb allein aus privaten Gründen, z.B. wegen der Änderung der Steuerklasse oder der Eintragung eines Freibetrages, erfolgt. In der Literatur wird in diesem Fall ebenfalls ein Versicherungsschutz als nicht gegeben erachtet (vgl. Keller in Hauck/Noftz, § 8 SGB VII Rdnr. 132, Ziegler in LPK-SGB VII, § 8 Rdnr. 76).
Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die Vorausbescheinigung auszustellen oder die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer sieht der Senat im vorliegenden Fall nicht als ausreichend an, um den erforderlichen Zusammenhang mit dem Unternehmen ausreichend zu begründen.
Das BSG hat zwar in einem Einzelfall einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, der eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für seine weitere Aufenthaltserlaubnis benötigte (BSG, Urteil vom 29.01.1986, 9b RU 76/84, SozR 2200 § 548 Nr. 78). Zur Begründung hat das BSG in diesem Fall darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung auf Grund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis geschuldet habe. Entscheidend ist der sachliche Zusammenhang der konkreten Tätigkeit mit dem Beschäftigungsunternehmen unter Berücksichtigung der Handlungstendenz des Versicherten. Wesentlich diente vorliegend die Ausstellung der Bescheinigung dem Interesse der Klägerin hinsichtlich der nahtlosen Gewährung von Altersrente. Sie hat sich auf das Betriebsgelände begeben, um eine möglichst schnelle und richtige Bearbeitung zu erreichen. Diese dient in erster Linie der Realisierung ihrer Sozialleistungsansprüche. Die Interessen des Arbeitgebers waren nur mittelbar betroffen.
Eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog. gemischten Tätigkeit ist ebenfalls nicht gegeben. Gemischte Tätigkeiten setzen zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen wenigstens eine im sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht. Wird die Tätigkeit untrennbar zu versicherten und privaten Zwecken ausgeführt, so besteht Versicherungsschutz, wenn sie wesentlich dem versicherten Tätigkeitsbereich dient; sie braucht ihm nicht überwiegend zu dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R). Als entscheidendes Kriterium wird regelmäßig darauf abgestellt, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre. Vorliegend liegt lediglich eine einzige Verrichtung vor, die in erster Linie im Interesse der Klägerin vorgenommen wurde.
Selbst wenn man von einer Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.05.2009, B 2 U 12/08 R - SozR 4-2750 § 8 Nr. 33 Rn. 16; BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 2 U 14/10 R) ausgehen würde, ergäbe sich kein Versicherungsschutz. Die konkrete Verrichtung wäre hypothetisch nicht auch dann vorgenommen worden, wenn die private Motivation entfallen wäre.
Der Senat ist der Überzeugung, dass die Klägerin ihren nahtlosen Rentenbezug sichern wollte. Sie wollte nicht Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen. Es gibt keine arbeitsvertragliche Verpflichtung, das Formular für die Vorausbescheinigung beim Arbeitgeber abzugeben. Dass die Klägerin auch im Interesse des Arbeitgebers - als Nebeneffekt - gehandelt hat, ist nicht ausreichend.
Der Senat ist daher der Auffassung, dass die Abgabe des Formulars, um eine Vorausbescheinigung für die Gewährung einer Altersrente zu erhalten, dem unversicherten persönlichen Bereich zuzurechnen ist (vgl. auch Ricke in Kasseler Kommentar § 8 Rdnr. 52, Schulin HS-UV § 30 Rdnr. 27, 126).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.03.2010 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs.2 SGG zugelassen, da die vorliegende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist und bislang vom Bundessozialgericht nicht ausreichend geklärt ist.
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