L 18 AL 155/11 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 AL 669/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 155/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Über die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts (SG) hat der Vorsitzende und Berichterstatter in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bzw. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 68 Abs. 1, Abs. 2 Satz 6, 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) entschieden.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist, soweit er durch das SG abgelehnt und mit der Beschwerde zur Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) gestellt wird, zulässig – worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat und auf dessen Ausführungen insoweit verwiesen wird –, aber nicht begründet. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung des SG wendet, ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet.

Zwar ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG eröffnet. Denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Arbeitsförderung. Ungeachtet ihrer privaten Rechtsform nimmt die Antragsgegnerin als von der Beigeladenen nach §§ 2 und 3 der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch – AZWV - vom 16. Juni 2004 (BGBl. I S. 1100) anerkannte fachkundige Stelle im Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach §§ 84, 85 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) hoheitliche Aufgaben wahr und wird damit als "Beliehene" tätig (vgl Niewald, in Gagel, SGB III, Stand: Dezember 2005, § 84nF Rn 28ff.; Eicher, in Eicher/Schlegel, SGB III, vor §3 84 -87, Rn 14 ff.). Soweit die Beigeladene und die Zertifizierungsstellen in ihrer Rechtspraxis von einer privatrechtlichen Natur der Zertifikate ausgehen, lässt sich diese Auslegung nicht mit dem Wortlaut der AZWV und des § 87 SGB III vereinbaren (siehe dazu näher: Eicher, aaO Rn 15). Der Zuordnung von Zertifizierungsentscheidungen zum öffentlichen Recht steht auch die Begründung zur AZWV, in der von dem Privatrecht zuzuordnenden vertraglichen Regelungen zwischen Bildungsträger und Zertifizierungsstelle die Rede ist, nicht entgegen. Denn bestimmte Ausgestaltungen des Zertifizierungsverhältnisses mögen privatrechtlich zu regeln sein, was jedoch nicht die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der Zulassungsentscheidungen in Frage stellt (Zwei-Stufen-Theorie). § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG greift somit hinsichtlich der Maßnahmen des Entzugs bzw. der Aussetzung der Zulassung eines Maßnahmeträgers und der von ihm durchgeführten Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (vgl LSG Hamburg, Beschluss vom 30. Januar 2009 – L 5 B 3/09 ER AL - juris), denen Verwaltungsaktqualität zukommt (vgl Niewald, aaO, Rn 30 sowie zur Entscheidung über die Anerkennung einer Weiterbildungsmaßnahme BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 – B 11 AL 59/02 R - juris). Nach alledem hat das SG zutreffend den Rechtsweg zu den Sozialgerichten bejaht. Allerdings hätte es im Hinblick auf die erstinstanzlich von der Beigeladenen erhobene Rüge der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges nach § 17a Abs. 3 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) hierüber vorab entscheiden müssen. Die Pflicht zur Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG trifft grundsätzlich auch das LSG. Der Senat war jedoch ausnahmsweise nicht gehindert, insgesamt über die Beschwerde zu entscheiden, denn er bejaht die Zulässigkeit des Rechtsweges und hätte im Falle einer Vorabentscheidung keinen Anlass gesehen, die weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG an das Bundessozialgericht zuzulassen (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Januar 2007 – L 23 B 8/07 SO ER -, juris; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 51 Rn 62). Insbesondere wäre eine Zulassung der Beschwerde nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage in Betracht gekommen, weil sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt und praktisch außer Zweifel steht (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 160 Rn 8a).

Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu beurteilende Antrag der Antragstellerin ist in dem noch streitigen Umfang nicht begründet, da eine Eilbedürfigkeit iS eines unaufschiebbar eiligen Regelungsbedürfnisses insoweit nicht ersichtlich ist. Die Antragstellerin hat unter Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung ihres Prokuristen erklärt, erst "in den nächsten Wochen und Monaten" überhaupt Zulassungsanträge für die hier noch streitigen Maßnahmen stellen zu wollen, und zwar bis 30. September 2011. Bislang seien solche Anträge noch gar nicht gestellt worden. Es fehlt daher bisher schon an einer Entscheidung der Antragsgegnerin, gegen die die Antragstellerin um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachsuchen könnte. Unabhängig davon, ob damit insoweit möglicherweise bereits das zu fordernde Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes insgesamt fehlte, ist jedenfalls nicht dargetan, weshalb derzeit ein Abwarten der Antragstellerin auf eine Entscheidung der Antragsgegnerin bzw auf einen Beginn der Maßnahmen unzumutbar wäre und zu nicht rückgängig zu machenden Nachteilen führen würde. Ein Anordnungsgrund ist daher nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Beigeladenen sind aus Billigkeitsgründen nach § 162 Abs. 3 VwGO keine Kosten zu erstatten, da diese weder Anträge gestellt noch das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat (vgl Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 162 Rn 23).

Die Streitwertfestsetzung für dieses Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 4 iVm § 52 Abs. 2 GKG und § 5 Zivilprozessordnung. Ausgehend vom Regelstreitwert von 5.000,- EUR und unter Berücksichtigung, dass hier noch vier Maßnahmen in Streit stehen, ergibt dies einen Streitwert von 20.000.- EUR (4 x 5.000,- EUR), der für das Eilverfahren auf die Hälfte zu reduzieren ist. Im Hinblick darauf war auch die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des SG für das erstinstanzliche Verfahren zurückzuweisen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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