L 13 AS 4328/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2017/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4328/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 Euro auferlegt.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin im Rahmen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff SGB II einen Zuschuss zu den Beiträgen einer privaten Krankenversicherung (§ 26 Abs. 2 SGB II) zu gewähren hat, obwohl die Klägerin bei keinem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Krankheit versichert ist.

Die 1950 geborene Klägerin war bis Mitte der 1980er Jahre bei der Ba. E.Kasse gesetzlich gegen Krankheit versichert. 1986 zog sie zum Zweck eines Studienaufenthalts in die USA, wo ihr zunächst von der Gastuniversität Krankenversicherungsschutz gewährt wurde. 1989 schloss sie einen Krankenversicherungsvertrag mit der damaligen V. Versicherungen AG, die 2002 in der Al.-Unternehmensgruppe aufging und zum 1. Januar 2003 in Al. Private Krankenversicherungs-AG (APKV) umbenannt wurde. 1994 kehrte die Klägerin in die Bundesrepublik zurück. Danach wurde ihr Vertragsverhältnis mit der APKV beendet. Seitdem war sie weder Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse noch ist sie bei einem Versicherungsunternehmen privat krankenversichert.

Am 16. Januar 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff SGB II. Ergänzend legte sie ein Schreiben der APKV vor, in dem diese die Klägerin über den zum 1. Juli 2007 eingeführten Standardtarif unterrichtete. Mit Bescheid vom 29. Januar 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 31. Juli 2009 in Höhe von monatlich 585,23 Euro (Regelleistung: 351,00 Euro, Kosten der Unterkunft und Heizung: 234,23 Euro). Im Bescheid teilte die Beklagte der Klägerin ergänzend mit: "O., Marianne nicht versichert in der Kranken- und Pflegeversicherung".

Mit Bescheiden vom 27. Februar 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom - 16. Januar 2008 bis 31. Januar 2008 Regelleistungen in Höhe von 185,07 Euro, - 1. Februar 2008 bis 12. Februar 2008 Regelleistungen in Höhe von 138,80 Euro, - 1. März 2008 bis 30. Juni 2008 Regelleistungen in Höhe von 347,00 Euro monatlich, - 1. Juli 2008 bis 31. August 2008 Regelleistungen in Höhe von 351,00 Euro monatlich und vom - 1. September 2008 bis 31. Januar 2009 in Höhe von 506,00 Euro (Regelleistung: 351,00 Euro; Kosten der Unterkunft: 155,00 Euro) monatlich. Mit einem Änderungsbescheid vom 27. Februar 2009 setzte die Beklagte die monatliche Leistung für die Zeit vom 1. Februar 2009 bis 31. Juli 2009 auf 506,00 Euro (Regelleistung: 351,00 Euro; Kosten der Unterkunft: 155,00 Euro) fest. In allen Bescheiden wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, diese sei während des Bezugs von Alg II im jeweiligen Zeitraum bei der Ba. E.Kasse in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Die Beklagte meldete die Klägerin bei der Ba. E.Kasse rückwirkend zum 16. Januar 2008 als Versicherungspflichtige an. Den gegen diese Bescheide erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2009 zurück. Die Klägerin habe zwar unter Vorlage einer Zuschrift der Al. erklärt, privat krankenversichert zu sein, eine Übernahme privater Krankenversicherungsbeiträge komme aber nur bei Vorlage eines Nachweises über die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht. Diesen Nachweis habe sie nicht vorgelegt.

Die Ba. E.Kasse befreite die Klägerin mit Bescheid vom 21. April 2009 mit Wirkung zum 16. Januar 2008 gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V.

Gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 6. April 2009 hat die Klägerin am 7. Mai 2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben (S 9 AS 2017/09) und ausgeführt, ein Nachweis über die Kosten der privaten Krankenversicherung sei erst nach Erhalt einer Rechnung möglich, die sie noch nicht habe. Eine Rechnung sei aber erst nach erfolgter Anmeldung zu erwarten. Ohne Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung durch die Beklagte könne ein Antrag bei einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung nicht gestellt werden, da anderenfalls Kosten entstünden, die sie nicht bezahlen könne.

Mit Urteil vom 29. Juli 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit sich die Klage gegen die Anmeldung bei der gesetzlichen Krankenversicherung als Versicherungspflichtige wende, sei diese mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht zulässig. Die Klägerin verfolge mit ihrem Antrag das Ziel, dass aus den Regelungen zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung, die in den beanstandeten Bescheiden enthalten seien, einstweilen keine Konsequenzen gezogen würden. Das sei der Fall, denn die Ba. E.Kasse habe der Klägerin mitgeteilt, sie rückwirkend zum Januar 2008 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien und behandele die Klägerin nicht als pflichtversichertes Mitglied. Auch die Beklagte leite aus der beanstandeten Regelung zurzeit keine Folgen zum Nachteil der Klägerin ab. Im Übrigen sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Übernahme der privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die genaue Höhe des zu Bedarfs sei nicht nachgewiesen und ihr Antrag daher nicht hinreichend konkretisiert. Zwischen den Beteiligten stehe nicht im Streit, ob die Beklagte einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der jeweils geltenden Fassung ab dem 16. Januar 2008 zu leisten habe. Ein Zuschuss setze allerdings voraus, dass überhaupt Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten seien. Bereits daran fehle es im vorliegenden Fall.

Gegen das ihr am 14. August 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. September 2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sinngemäß hat die Klägerin ausgeführt, eine Beitragsrechnung dürfe nicht entstehen, wenn dafür keine Kosten-deckung des Leistungsträgers vorhanden sei. Die Kostenübernahme von nur der Hälfte des Betrags, den eine private Krankenversicherung in diesem Fall der zu versichernden Person in Rechnung stelle, sei verfassungswidrig. Der Aktenvermerk vom 26. Februar 2009 von Frau Smitran, einer Mitarbeiterin der Beklagten, sei falsch, dadurch sei sie in die Defensive gebracht worden und befinde sich noch immer. In einem anderen Rechtssystem werde ein Aktenvermerk, der während eines eskalierten Konflikts erstellt und bestritten werde, als ungültig gewertet, wenn, wie hier bei Vorsprachen von Monat zu Monat über ein Jahr hinweg keine Aktenvermerke erstellt würden, und sogar, wie hier, ein Löschungsvermerk in der Verwaltungsakte bestehe. Sie habe das Versicherungsunternehmen bisher nur deshalb nicht benannt, weil es wiederholt zu massiven und eklatanten datenschutzrechtlichen Verletzungen seitens der Beklagten gekommen sei. Sie habe bisher auch keinen Abschluss einer Krankenversicherung angestrebt, weil ihr nicht zugesagt worden sei, dass die vollen Kosten übernommen würden. Sie habe wiederholt darauf hingewiesen, dass überhaupt keine Pflichtversicherung bestanden habe. Sie habe auch nie Mitwirkungspflichten verletzt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 27. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. April.2009 zu verurteilen, ihr Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ab dem 16. Januar 2008 in voller Höhe der Beiträge zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 5. Januar 2011 erklärt: "Sehr geehrte Frau O., hiermit bestätige ich Ihnen, dass die Beitragszahlung an ein privates Krankenversicherungs-unternehmen, in Ihrem Fall die Al. Krankenversicherung, gemäß § 26 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 12 Abs. 1 c Satz 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes übernommen werden. Dies gilt, wenn Sie in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind. Die Übernahme gilt für die Dauer des tatsächlichen Bedarfs. Die Beitragshöhe ist gemäß § 12 Abs. 1 c Satz 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in Ihrem Fall im Basistarif (ohne Selbstbehalt) zu halbieren. Die Bezahlung der Beiträge erfolgt erst nach Vorlage der Bestätigung durch das private Krankenversicherungsunternehmen, dass Sie aufgenommen wurden."

Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 18. Februar 2011 erörtert. Die Beklagte hat in diesem Termin erneut anerkannt, der Klägerin einen Beitrag in Höhe des hälftigen Basistarifs (§ 12 Abs. 1c S. 4 und 6 Versicherungsvertragsgesetztes) zu zahlen und die Höhe des Zuschusses am vollen hälftigen Basistarif auszurichten. Dies bedeute für die Klägerin, dass sie keine eigenen Mittel für die Begleichung des hälftigen Basistarifs aufwenden müsse. Wenn die Klägerin nachweise, dass sie für einen Zeitraum nach Antragstellung Beiträge zu einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zu zahlen habe, werde die Beklagte diese entsprechend übernehmen. In diesem Termin war die Klägerin auch darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt ist. Ebenso wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Fortführung des Rechtsstreits als missbräuchlich angesehen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG (L 13 AS 4328/10; L 7 SF 2967/09 A; L 7 SF 2966/09 A; L 7 AS 2965/09 ER-B) sowie die beigezogenen Akten des SG (S 9 AS 2017/09; S 9 AS 2041/09 ER; S 9 AS 1763/09 ER) und der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte vorliegend gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden. Die Beteiligten waren im Erörterungstermin am 18. Februar 2011 auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hingewiesen worden, ihnen war Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Senat hat das ihm eingeräumte Ermessen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage, § 158 SGG Rdnr. 7) dahingehend ausgeübt, durch Beschluss zu entscheiden, da keine Gesichtspunkte ersichtlich oder von den Beteiligten vorgetragen worden sind, die eine mündliche Verhandlung als sachdienlich erscheinen lassen.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses nach § 26 Abs. 2 SGB II in der jeweils geltenden Fassung gegen die Beklagte. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 27. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2008 sind nicht rechtswidrig, die Klägerin wird nicht in ihren Rechten verletzt.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) sind Bescheide der Beklagten vom 27. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2008 nicht nur, soweit sie die Gewährung eines Zuschusses nach § 26 Abs. 2 SGB II ablehnen, sondern auch soweit darin über die Regelleistung entschieden wurde. Nach dem Vorbringen im Verfahren wendet sich die Klägerin nicht gegen die Höhe der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung; insofern hat das BSG bereits anerkannt, dass es sich bei den Verfügungen betreffend die Regelleistung einerseits und die Unterkunfts- sowie Heizkosten andererseits um abtrennbare Verfügungen handelt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 18 f). Da jedoch die Zuschüsse nach § 26 Abs. 2 SGB II streitgegenständlich nicht von den mit den angefochtenen Bescheiden bewilligten Regelleistungen trennen lassen (dazu BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 108/10 R - juris Rdnr. 13), war vorliegend jeweils der Bescheid - auch soweit er eine Bewilligung der Regelleistung enthielt - Gegenstand des Rechtsstreits.

Das Urteil des SG war nicht wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin aufzuheben. Eine förmliche Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 29. Juli 2010 konnte der Senat nicht feststellen, auch war die Klägerin nicht zum Termin erschienen. Der Mangel des Zustellungsnachweises wird aber dadurch ersetzt, dass die Klägerin die Ladung tatsächlich und rechtzeitig bekommen hatte. Denn sie hat auf die Terminsladung mit einem Verlegungsantrag reagiert. Mit dem tatsächlichen Erhalt der Ladung sind ggf. Zustellungsmängel geheilt (§ 8 VwZG; § 9 LVwZG). Das SG musste auch nicht dem Verlegungsantrag der Klägerin nachkommen. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil.

Die Beklagte hat die der Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden bewilligte monatliche Regelleistung gem. §§ 19, 20 SGB II zutreffend berechnet. Soweit die Klägerin im Rahmen der Regelleistung bzw. zusätzlich zu dieser auch die Übernahme der privaten Krankenversi-cherungsbeiträge bei einem privaten Versicherungsunternehmen begehrt, sind Klage und Berufung ebenfalls nicht erfolgreich. Für den geltend gemachten Anspruch auf Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung hält das SGB II in § 26 Abs. 2 SGB II eine entsprechende Anspruchsgrundlage vor. Voraussetzung eines solchen Zuschusses ist - wie bei allen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 bis 28 SGB II -, dass zunächst ein Bedarf besteht. Denn bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 bis 28 SGB II, wozu auch der Zuschuss nach § 26 Abs. 2 SGB II gehört, handelt es sich um bedarfsabhängige Fürsorgeleistungen des Staates (st. Rsp. seit BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14/7b AS 12/07 R - juris Rdnr. 18, zuletzt BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris Rdnr. 33). Dieser Bedarf entsteht im Rahmen des § 26 Abs. 2 SGB II frühestens mit dem Beginn der privaten Krankenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, also dem Beginn des privaten Krankenversicherungsverhältnisses, spätestens, wenn das private Krankenversicherungsunternehmen Beiträge geltend macht (zur Höhe des Bedarfs vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 108/10 R - juris). Da die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert war und auch keinen Beitragsansprüchen eines privaten Krankenversicherungsunternehmens ausgesetzt war, liegt schon kein Bedarf vor, den die Beklagte nach § 26 Abs. 2 SGB II zu decken hätte. Da die Leistungsgewährung vorliegend alleine daran scheitert, dass sich die Klägerin - auch trotz des seit 1. Januar 2009 bestehenden Versicherungszwangs (vgl. § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG) - bisher nicht versichert und damit einen Bedarf nicht verursacht hat, war die Beklagte auch nicht verpflichtet aus ihren Anerkenntnissen Zahlungen an die Klägerin abzuleiten.

Soweit sich die Klägerin auf angeblich falsche Aktenvermerke der Beklagten, Vertrauensschutz durch Versprechungen der Beklagten, ihr die Übernahme der Beiträge zu bestätigen (dem ist die Beklagte zuletzt erneut mit Schreiben vom 5. Januar 2011 und im Erörterungstermin nachgekommen), Datenschutzverstöße der Beklagten oder ausländisches Recht, das vorliegend nicht anwendbar ist, beruft, kommt es hierauf im vorliegenden Fall nicht an, sodass sich auch hieraus ein Erfolg der Klage nicht ergeben kann.

Nur ergänzend sei ausgeführt, dass nach § 12 Abs. 1c Satz 4 bis 6 VAG sich der Beitrag zur privaten Krankenversicherung für Hilfebedürftige nach dem SGB II um die Hälfte vermindert. Daher hat die Klägerin - wenn sie denn ein privates Krankenversicherungsverhältnis begründet für die Dauer des SGB-II-Leistungsbezuges - als Beitrag nur die Hälfte des zum Basistarif anfallenden Beitrags zu bezahlen. Die Beklagte hat anerkannt, diesen Betrag voll zu übernehmen, also den vollen halben Basistarif zu bezahlen (dazu vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 108/10 R - juris). Dieses Anerkenntnis der Beklagten entspricht geltendem Recht und lässt bei der Klägerin keine Beitragslücke offen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung ist durch den Berichterstatter im Erörterungstermin vom 18. Februar 2011 erfolgt. Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall auch missbräuchlich. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unbegründet ist, sie also von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl. BVerfG, NJW 1996 S. 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 13 AS 5202/07 - juris m.w.N.) Der Klägerin musste spätestens aufgrund der Hinweise des Berichterstatters vom 18. Februar 2011 bewusst sein, dass ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben wird. Alleine die Klägerin hat es in der Hand, durch Herbeiführung einer privaten Krankenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen den von § 26 Abs. 2 SGB II gedeckten Bedarf zu begründen; die Beklagte hat die aus der Entstehung eines solchen Bedarfs resultierenden Leistungspflichten bereits mehrfach, schriftlich und in vollem Umfang (voller halber Basistarif) und entsprechend dem geltenden Recht anerkannt. Damit hängt der Erfolg des Berufungsverfahrens alleine am Verhalten der Klägerin, der Begründung privaten Krankenversicherungsverhältnisses zu einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, ab. Da die Klägerin sich insoweit weigert, ein solches Krankenversicherungsverhältnis zu begründen, vereitelt sie in Kenntnis der Rechtsfolgen den Erfolg des Berufungsverfahrens, nimmt aber dennoch bewusst staatlichen Rechtsschutz in Anspruch. Ein verständiger Beteiligter würde bei dieser Sachlage das Berufungsverfahren nicht weiter führen. Dieses uneinsichtige Verhalten stellt nach Auffassung des Senats einen gravierenden Fall des Missbrauchs prozessualer Rechte dar. Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens deshalb die Auferlegung einer Verschuldensgebühr für geboten. Die Höhe der auferlegten Kosten entspricht der gesetzlichen Mindestgebühr (§ 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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