Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 SF 56/10 E
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 234/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und wendet sich gegen die Höhe der Festsetzung seiner Vergütung im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe.
Das Hauptsacheverfahren beim Sozialgericht Magdeburg S 8 R 113/08, in dem der Beschwerdeführer mit der am 7. Februar 2008 erhobenen Klage die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die von ihm vertretene Klägerin verfolgt hatte, endete im Dezember 2009 durch einen außergerichtlichen Vergleich. Bereits mit Beschluss vom 23. Juni 2008 hatte das Sozialgericht der Klägerin für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt.
Am 25. Februar 2010 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung nach dem Rechtsanwaltsgebührengesetz (RVG) i.H.v. insgesamt 1.491,25 EUR. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV, § 14 RVG 460,00 EUR
Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV, § 14 RVG 380,00 EUR
Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV, § 14 RVG 350,00 EUR
Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG (171 Kopien) 43,15 EUR
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme: 1.253,15 EUR
19% Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 238,10 EUR
Kosten insgesamt: 1.491,25 EUR
Mit Beschluss vom 20. April 2010 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Magdeburg den erstattungsfähigen Betrag nach dem RVG wie folgt fest:
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV 325,00 EUR
(MG = 250,00 EUR plus 30% = 75,00 EUR)
Einigungs-/Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV 190,00 EUR
Kopiekosten 43,15 EUR
Pauschale 20,00 EUR
Zwischensumme: 578,15 EUR
MwSt. 109,85 EUR = 688,00 EUR
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der durch den Beschwerdeführer bestimmte Gebührenrahmen überhöht und unbillig sei. In Verfahren vor den Sozialgerichten könne eine Rentenangelegenheit schon deshalb nicht regelmäßig die Höchstgebühr auslösen, da Rentenangelegenheiten typische Sozialgerichtsangelegenheiten seien. Unter Berücksichtigung der Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit mehreren Befundberichten und einem Gutachten erscheine eine um 30 Prozent erhöhte Mittelgebühr der Verfahrensgebühr vorliegend angemessen. Ferner könne die Einigungsgebühr in Höhe der Mittelgebühr als erstattungsfähig angesehen werden. Nicht zu berücksichtigen gewesen sei die beantragte Terminsgebühr, da die Voraussetzungen für eine solche Gebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 bis 3 VV RVG nicht vorlägen. Eine der Nummer 3104 Abs. 1 Ziff. 1 VV entsprechende Regelung, nach der eine Terminsgebühr auch entsteht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgesehen sei, ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde, enthalte die Nummer 3106 VV nicht.
Am 21. Mai 2010 beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung des Gerichts, soweit die Gebühren reduziert und die Terminsgebühr abgesetzt worden seien.
Mit Beschluss von 27. Juli 2010 half das Sozialgericht Magdeburg der Erinnerung gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. April 2010 nicht ab. Die zulässige Erinnerung sei nicht begründet. Bei der Verfahrensgebühr sei die um 30 Prozent erhöhte Mittelgebühr gerade noch – und zwar nach oben – zu rechtfertigen. Auch bei der Einigungsgebühr sei die Mittelgebühr gerechtfertigt. Die Terminsgebühr sei nicht entstanden, da die Nummer 3106 VV RVG genannten Tatbestände erkennbar nicht vorlägen. Bei einem Gegenstandswert von 803,25 EUR sei die Beschwerde gegen diesen Beschluss statthaft.
Gegen den ihm am 30. Juli 2010 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 30. August 2010 Beschwerde beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt und an der ursprünglich geltend gemachten Vergütung festgehalten. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt vorgelegt.
Der Beschwerdeführer beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 aufzuheben, den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 20. April 2010 abzuändern und eine weitere anwaltliche Vergütung i. H. v. 803,25 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Zur Begründung hat er auf die Kostenrechtsprechung des 2. und 4. Senats des LSG Sachsen-Anhalt, insbesondere auf die Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - L 2 AL 67/09 B - sowie vom 30. Oktober 2009 - L 4 P 8/09 B - Bezug genommen.
Der Beschwerdeführer hat hierzu die Auffassung vertreten, die Vorschriften des RVG ließen ausdrücklich im Prozeßkostenhilfeverfahren die Beschwerde zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Vorschriften im Sozialgerichtsverfahren nicht gelten sollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und das zur Prozesskostenhilfe geführte Beiheft, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats waren, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 ist unzulässig und deshalb nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zu verwerfen.
Die Beschwerde ist nicht statthaft. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist endgültig und ein Rechtsbehelf hiergegen nicht eröffnet (§ 178 Satz 1 SGG). Das Sozialgericht hat in dem angegriffenen Beschluss vom 27. Juli 2010 bereits abschließend entschieden.
Nach § 172 SGG ist gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zum LSG eröffnet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 178 SGG kann gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden (sog. Erinnerung), das endgültig entscheidet. Nach seinem Wortlaut erfasst § 178 SGG auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts und damit auch Festsetzungen von Prozesskostenhilfe(PKH-)vergütungen gegen die Landeskasse. Dies wird auch durch die Regelung des § 197 Abs. 1 SGG bestätigt. Hiernach setzt auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Gegen diese Entscheidung des Urkundsbeamten kann gemäß § 197 Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das dann endgültig entscheidet. Nach dem Festsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. April 2010 und dem diese Entscheidung bestätigenden Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 liegt eine im Sinne der vorgenannten Regelung abschließende Entscheidung des Sozialgerichts vor. Eine (weitere) Beschwerde dagegen ist unstatthaft und damit unzulässig.
Der Senat folgt nicht der gegen diese Rechtsauffassung vertretenen Ansicht, wonach über § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ZPO und die §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ein eigenständiges Beschwerderecht in Kostenfestsetzungsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit angenommen wird (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF -; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 6 B 93/07 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2008 - L 19 B 123/08 AS -; LSG Saarland, Beschluss vom 29. Januar 2009 - L 1 B 16/08 R -, jeweils zitiert nach juris).
Weder über die Regelungen der ZPO noch über diejenigen des RVG kann für das sozialgerichtliche Verfahren ein gesonderter Rechtsbehelf für Vergütungsstreitigkeiten geschaffen werden. Das SGG regelt die Grundlagen des sozialgerichtlichen Verfahrens. Es bildet damit eine eigenständige und in sich abschließende Verfahrensordnung. Die Vorschriften der ZPO oder des Gerichtsverfassungsgesetztes (GVG) sind daher gegenüber dem SGG subsidiär (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, 2008, Rdn. 2 zu § 202) und nur dann anzuwenden, soweit das SGG keine Bestimmungen für Gerichtsverfassung und Verfahren enthält. Das RVG ist mangels unmittelbarer (General-)Verweisung im SGG grundsätzlich nicht anwendbar, sodass von vornherein kein nach diesem Gesetz möglicher Rechtsbehelf im SGG analog herangezogen werden kann. In Anbetracht der Regelung des § 178 SGG besteht dafür auch kein praktisches Bedürfnis.
Kein anderes Ergebnis folgt aus der Verweisung von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG auf die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe in der ZPO. Danach gelten die §§ 114 bis 127 der ZPO entsprechend für das Prozesskostenhilfeverfahren nach dem SGG. Diese Verweisung ermöglicht aber nicht die gleichzeitige Anwendung von Verfahrens- und Rechtsmittelvorschriften aus der ZPO bzw. des RVG neben denen des SGG. So gilt beispielsweise § 127 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren wegen der spezialgesetzlichen Norm des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht uneingeschränkt.
Das von der Gegenauffassung vertretene gleichberechtigte Nebeneinander von RVG und SGG in der Frage von Rechtsbehelfen bei Vergütungsstreitigkeiten ist mit dem SGG nicht vereinbar und führt zu kaum lösbaren Wertungswidersprüchen.
Bereits der Wortlaut des § 56 Abs. 2 RVG lässt die Beschwerde gegen Erinnerungsentscheidungen nicht generell für alle Gerichtszweige zu (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Auflage 2006, Rdn. 17 zu § 56). Das RVG enthält klare Bezüge zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, orientiert sich an der dort geltenden Prozessordnung und lässt erweiternde Anwendungen für andere Gerichtszweige, die ggf. völlig unterschiedlichen Prozessgrundsätzen folgen, nicht ohne weiteres zu. Beispielhaft wird auf § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG ("Oberlandesgericht") oder auch § 33 Abs. 6 RVG ("Landgericht") verwiesen. Auch bestehen gravierende Unterschiede zwischen SGG und RVG in den Kernbereichen des Prozessrechts. Dies zeigt sich anschaulich in der Frage der Beschwerdefrist. Während § 173 SGG ausdrücklich eine Monatsfrist für die Beschwerde bestimmt, verringert § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG diese Frist auf lediglich zwei Wochen. Im Gegensatz zu § 33 Abs. 4 Satz 1 RVG besteht zudem seit der Aufhebung des § 174 SGG mit Wirkung ab dem 1. April 2008 kein Abhilferecht des Sozialgerichts, dessen Entscheidung angefochten wird. SGG und RVG sind in diesen wesentlichen Punkten daher nicht konform.
Erhebliche Wertungswidersprüche bestehen auch bei der richterlichen Besetzung der jeweiligen Senate in Beschwerdeverfahren nach §§ 33, 56 RVG. Nach § 33 Abs. 8 RVG entscheidet das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Dieser Einzelrichter kann die Sache nur unter bestimmten Voraussetzungen dem Senat übertragen (vgl. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Anders ist die Besetzung im Beschwerdeverfahren nach § 172 SGG. Hier hat der Senat als Beschwerdegericht nach §§ 33 Satz 2, 12 Abs. 1 Satz 2 SGG immer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter zu entscheiden. Die Übertragung auf einen Einzelrichter wie im RVG sieht das SGG bei der Beschwerde nicht vor.
Das von der Gegenansicht für möglich erklärte Nebeneinander von SGG und RVG schafft verfassungsrechtlich bedenkliche Unklarheiten, wer gesetzlicher Richter in einem Beschwerdeverfahren bei einem Vergütungsstreit vor dem Landessozialgericht sein soll. Die bedeutsame Frage nach dem gesetzlichen Richter haben das LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 9. August 2007 - L 20 B 91/07 AS - und das LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 6 B 93/07 - (jeweils zitiert nach juris) erkannt, jedoch nicht eingehend erörtert. Demgegenüber bleibt diese Frage in anderen Entscheidungen, in denen die Gegenansicht vertreten wird (vgl. z.B. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 1 B 127/08 SK -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Mai 2007 - L 10 B 6/07 SB -; Thüringer LSG, Beschluss vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF -, jeweils zitiert nach juris), unerwähnt.
Die Wertungswidersprüche zwischen SGG und RVG und die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten können durch einen klaren Vorrang des SGG beseitigt werden. Dieses Vorrangverhältnis ist auch in § 202 SGG grundsätzlich angelegt. Hiernach gelten ZPO und GVG, wie bereits ausgeführt, nur, soweit das SGG keine Bestimmungen für das Verfahren enthält und eine Gesetzeslücke nicht geschlossen werden kann. Eine derartige Gesetzeslücke ist wegen der Regelung in § 178 SGG, wonach das gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten angerufene Gericht endgültig entscheidet, nicht anzunehmen. Der generelle Ausschluss der weitergehenden Beschwerdemöglichkeit im Erinnerungsverfahren findet sich im SGG auch als durchgehender Rechtssatz wieder (vgl. § 178 Satz 1 SGG; § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG; § 197 Abs. 2 SGG).
Das Vorrangprinzip, die Frage von Rechtsbehelfen allein in der jeweiligen Prozessordnung zu regeln, wird auch im Vergleich zur Verwaltungsgerichtsbarkeit bestätigt. So hat der Gesetzgeber für verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ausdrücklich die Beschwerde nach § 146 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) oberhalb eines Beschwerdegegenstandes von 200 EUR zugelassen. In der VwGO ist dabei wie im RVG die Beschwerdefrist auf zwei Wochen bestimmt (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit die notwendige Angleichung zwischen VwGO und RVG vorgenommen worden. Der Ausschluss des Beschwerderechts im Kosten- und Vergütungsfestsetzungsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit dient im Übrigen auch der Einheitlichkeit des Verfahrens. So können unterschiedliche Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG und im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 55, 56 RVG vermieden werden. Es ist kein hinreichender Grund dafür erkennbar, in Kostenfestsetzungsverfahren gegen den unterlegenen Verfahrensgegner das Sozialgericht endgültig über die Kosten entscheiden zu lassen, in Verfahren über die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse aber seine Entscheidung mit der Beschwerde überprüfbar zu machen (wie hier LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O.).
Für die Richtigkeit dieser Wertung spricht zunächst für die hergebrachte sozialgerichtliche Ansicht, die mit beachtlicher Begründung wegen der "sprachlich" eindeutigen Bestimmung in den §§ 178 Satz 1, 189 Abs. 2 Satz 2, 197 Abs. 2 SGG zunächst eine Beschwerdemöglichkeit in Kostenfestsetzungenverfahren generell abgelehnt hatte (vgl. dazu Schuwerack, SGb 1972, S. 348 ff). Aber auch die seit dem 1. April 2008 geltende Neuregelung des § 172 SGG spricht gegen ein aus dem RVG abzuleitendes besonderes Beschwerderecht. Nach § 172 Abs. 3 SGG ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG) oder gegen erstinstanzliche Kostengrundentscheidungen (§ 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG) ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat damit die Rechtskraft von erstinstanzlichen Entscheidungen der Sozialgerichte stärker betont. Es ist daher nicht nachvollziehbar, die Hauptsacheentscheidungen der Sozialgerichte über die Bewilligung von PKH nur eingeschränkt für anfechtbar zu erklären, jedoch das PKH-Nebenverfahren über die Festsetzung der Höhe der jeweiligen Vergütung mit einem zusätzlichen Rechtsweg vor dem Landessozialgericht auszustatten (so auch Löffler in der Anmerkung zum Beschluss des Thüringer LSG vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF -, SGb 2008, S. 621 ff).
Das Normengefüge der §§ 172 ff. SGG ist daher im Vergütungsfestsetzungsverfahren abschließend und rechtfertigt keine RVG-Beschwerde an das Landessozialgericht. Dies gilt auch in Verfahren auf Festsetzung von PKH-Gebühren gegen die Staatskasse (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2008 - L 1 B 60/08 SF AL - und Beschluss vom 23. Juli 2008 - L 18 B 76/08 SF -; LSG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2005 - L 9 B 166/02 KR -; LSG Niedersachsen-Bremen; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - L 9 B 19/08 AS SF -, zitiert jeweils nach juris).
Die Ablehnung eines über die Erinnerung hinausgehenden Beschwerderechts in Vergütungsfestsetzungsstreitigkeiten ist auch mit den Besonderheiten des Kostenrechts im SGG zu rechtfertigen. Gerade wegen der weitgehenden Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens und dem ohnehin vereinfachten Pauschalvergütungssystem im SGG hat das Kostenrecht dort zu keiner Zeit eine große praktische Bedeutung erlangt. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung des Beschwerderechts in Kostenfestsetzungsverfahren ist vor diesem Hintergrund daher folgerichtig und im Gegensatz zur ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nachvollziehbar.
Der Hinweis der Gegenmeinung, nur die weitgehende Zulassung der Beschwerde im Vergütungsfestsetzungsverfahren ermögliche eine landesweit möglichst einheitliche Festsetzung von Prozesskostenvergütungen (so LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O.) rechtfertigt keine andere Bewertung. Dieses rechtspolitische Argument reicht zur Begründung eines systemwidrigen Rechtsbehelfs nicht aus. Eine Vereinheitlichung von Vergütungsfestsetzungen könnte im Übrigen organisatorisch durch entsprechende Kostenkammern der jeweiligen Sozialgerichte erreicht werden.
Die vom Sozialgericht aus den genannten Gründen fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung und die Zulassung einer weiteren Beschwerdemöglichkeit sind rechtlich unbeachtlich. Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kann ein Rechtsmittel, das gesetzlich - wie hier - ausgeschlossen ist, nicht eröffnen (Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, vor § 143 Rn. 14 b; BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R -, zitiert nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und wendet sich gegen die Höhe der Festsetzung seiner Vergütung im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe.
Das Hauptsacheverfahren beim Sozialgericht Magdeburg S 8 R 113/08, in dem der Beschwerdeführer mit der am 7. Februar 2008 erhobenen Klage die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die von ihm vertretene Klägerin verfolgt hatte, endete im Dezember 2009 durch einen außergerichtlichen Vergleich. Bereits mit Beschluss vom 23. Juni 2008 hatte das Sozialgericht der Klägerin für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt.
Am 25. Februar 2010 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung nach dem Rechtsanwaltsgebührengesetz (RVG) i.H.v. insgesamt 1.491,25 EUR. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV, § 14 RVG 460,00 EUR
Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV, § 14 RVG 380,00 EUR
Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV, § 14 RVG 350,00 EUR
Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG (171 Kopien) 43,15 EUR
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme: 1.253,15 EUR
19% Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 238,10 EUR
Kosten insgesamt: 1.491,25 EUR
Mit Beschluss vom 20. April 2010 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Magdeburg den erstattungsfähigen Betrag nach dem RVG wie folgt fest:
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV 325,00 EUR
(MG = 250,00 EUR plus 30% = 75,00 EUR)
Einigungs-/Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV 190,00 EUR
Kopiekosten 43,15 EUR
Pauschale 20,00 EUR
Zwischensumme: 578,15 EUR
MwSt. 109,85 EUR = 688,00 EUR
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der durch den Beschwerdeführer bestimmte Gebührenrahmen überhöht und unbillig sei. In Verfahren vor den Sozialgerichten könne eine Rentenangelegenheit schon deshalb nicht regelmäßig die Höchstgebühr auslösen, da Rentenangelegenheiten typische Sozialgerichtsangelegenheiten seien. Unter Berücksichtigung der Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit mehreren Befundberichten und einem Gutachten erscheine eine um 30 Prozent erhöhte Mittelgebühr der Verfahrensgebühr vorliegend angemessen. Ferner könne die Einigungsgebühr in Höhe der Mittelgebühr als erstattungsfähig angesehen werden. Nicht zu berücksichtigen gewesen sei die beantragte Terminsgebühr, da die Voraussetzungen für eine solche Gebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 bis 3 VV RVG nicht vorlägen. Eine der Nummer 3104 Abs. 1 Ziff. 1 VV entsprechende Regelung, nach der eine Terminsgebühr auch entsteht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgesehen sei, ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde, enthalte die Nummer 3106 VV nicht.
Am 21. Mai 2010 beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung des Gerichts, soweit die Gebühren reduziert und die Terminsgebühr abgesetzt worden seien.
Mit Beschluss von 27. Juli 2010 half das Sozialgericht Magdeburg der Erinnerung gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. April 2010 nicht ab. Die zulässige Erinnerung sei nicht begründet. Bei der Verfahrensgebühr sei die um 30 Prozent erhöhte Mittelgebühr gerade noch – und zwar nach oben – zu rechtfertigen. Auch bei der Einigungsgebühr sei die Mittelgebühr gerechtfertigt. Die Terminsgebühr sei nicht entstanden, da die Nummer 3106 VV RVG genannten Tatbestände erkennbar nicht vorlägen. Bei einem Gegenstandswert von 803,25 EUR sei die Beschwerde gegen diesen Beschluss statthaft.
Gegen den ihm am 30. Juli 2010 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 30. August 2010 Beschwerde beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt und an der ursprünglich geltend gemachten Vergütung festgehalten. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt vorgelegt.
Der Beschwerdeführer beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 aufzuheben, den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 20. April 2010 abzuändern und eine weitere anwaltliche Vergütung i. H. v. 803,25 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Zur Begründung hat er auf die Kostenrechtsprechung des 2. und 4. Senats des LSG Sachsen-Anhalt, insbesondere auf die Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - L 2 AL 67/09 B - sowie vom 30. Oktober 2009 - L 4 P 8/09 B - Bezug genommen.
Der Beschwerdeführer hat hierzu die Auffassung vertreten, die Vorschriften des RVG ließen ausdrücklich im Prozeßkostenhilfeverfahren die Beschwerde zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Vorschriften im Sozialgerichtsverfahren nicht gelten sollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und das zur Prozesskostenhilfe geführte Beiheft, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats waren, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 ist unzulässig und deshalb nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zu verwerfen.
Die Beschwerde ist nicht statthaft. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist endgültig und ein Rechtsbehelf hiergegen nicht eröffnet (§ 178 Satz 1 SGG). Das Sozialgericht hat in dem angegriffenen Beschluss vom 27. Juli 2010 bereits abschließend entschieden.
Nach § 172 SGG ist gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zum LSG eröffnet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 178 SGG kann gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden (sog. Erinnerung), das endgültig entscheidet. Nach seinem Wortlaut erfasst § 178 SGG auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts und damit auch Festsetzungen von Prozesskostenhilfe(PKH-)vergütungen gegen die Landeskasse. Dies wird auch durch die Regelung des § 197 Abs. 1 SGG bestätigt. Hiernach setzt auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Gegen diese Entscheidung des Urkundsbeamten kann gemäß § 197 Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das dann endgültig entscheidet. Nach dem Festsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. April 2010 und dem diese Entscheidung bestätigenden Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2010 liegt eine im Sinne der vorgenannten Regelung abschließende Entscheidung des Sozialgerichts vor. Eine (weitere) Beschwerde dagegen ist unstatthaft und damit unzulässig.
Der Senat folgt nicht der gegen diese Rechtsauffassung vertretenen Ansicht, wonach über § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ZPO und die §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ein eigenständiges Beschwerderecht in Kostenfestsetzungsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit angenommen wird (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF -; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 6 B 93/07 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2008 - L 19 B 123/08 AS -; LSG Saarland, Beschluss vom 29. Januar 2009 - L 1 B 16/08 R -, jeweils zitiert nach juris).
Weder über die Regelungen der ZPO noch über diejenigen des RVG kann für das sozialgerichtliche Verfahren ein gesonderter Rechtsbehelf für Vergütungsstreitigkeiten geschaffen werden. Das SGG regelt die Grundlagen des sozialgerichtlichen Verfahrens. Es bildet damit eine eigenständige und in sich abschließende Verfahrensordnung. Die Vorschriften der ZPO oder des Gerichtsverfassungsgesetztes (GVG) sind daher gegenüber dem SGG subsidiär (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, 2008, Rdn. 2 zu § 202) und nur dann anzuwenden, soweit das SGG keine Bestimmungen für Gerichtsverfassung und Verfahren enthält. Das RVG ist mangels unmittelbarer (General-)Verweisung im SGG grundsätzlich nicht anwendbar, sodass von vornherein kein nach diesem Gesetz möglicher Rechtsbehelf im SGG analog herangezogen werden kann. In Anbetracht der Regelung des § 178 SGG besteht dafür auch kein praktisches Bedürfnis.
Kein anderes Ergebnis folgt aus der Verweisung von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG auf die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe in der ZPO. Danach gelten die §§ 114 bis 127 der ZPO entsprechend für das Prozesskostenhilfeverfahren nach dem SGG. Diese Verweisung ermöglicht aber nicht die gleichzeitige Anwendung von Verfahrens- und Rechtsmittelvorschriften aus der ZPO bzw. des RVG neben denen des SGG. So gilt beispielsweise § 127 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren wegen der spezialgesetzlichen Norm des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht uneingeschränkt.
Das von der Gegenauffassung vertretene gleichberechtigte Nebeneinander von RVG und SGG in der Frage von Rechtsbehelfen bei Vergütungsstreitigkeiten ist mit dem SGG nicht vereinbar und führt zu kaum lösbaren Wertungswidersprüchen.
Bereits der Wortlaut des § 56 Abs. 2 RVG lässt die Beschwerde gegen Erinnerungsentscheidungen nicht generell für alle Gerichtszweige zu (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Auflage 2006, Rdn. 17 zu § 56). Das RVG enthält klare Bezüge zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, orientiert sich an der dort geltenden Prozessordnung und lässt erweiternde Anwendungen für andere Gerichtszweige, die ggf. völlig unterschiedlichen Prozessgrundsätzen folgen, nicht ohne weiteres zu. Beispielhaft wird auf § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG ("Oberlandesgericht") oder auch § 33 Abs. 6 RVG ("Landgericht") verwiesen. Auch bestehen gravierende Unterschiede zwischen SGG und RVG in den Kernbereichen des Prozessrechts. Dies zeigt sich anschaulich in der Frage der Beschwerdefrist. Während § 173 SGG ausdrücklich eine Monatsfrist für die Beschwerde bestimmt, verringert § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG diese Frist auf lediglich zwei Wochen. Im Gegensatz zu § 33 Abs. 4 Satz 1 RVG besteht zudem seit der Aufhebung des § 174 SGG mit Wirkung ab dem 1. April 2008 kein Abhilferecht des Sozialgerichts, dessen Entscheidung angefochten wird. SGG und RVG sind in diesen wesentlichen Punkten daher nicht konform.
Erhebliche Wertungswidersprüche bestehen auch bei der richterlichen Besetzung der jeweiligen Senate in Beschwerdeverfahren nach §§ 33, 56 RVG. Nach § 33 Abs. 8 RVG entscheidet das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Dieser Einzelrichter kann die Sache nur unter bestimmten Voraussetzungen dem Senat übertragen (vgl. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Anders ist die Besetzung im Beschwerdeverfahren nach § 172 SGG. Hier hat der Senat als Beschwerdegericht nach §§ 33 Satz 2, 12 Abs. 1 Satz 2 SGG immer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter zu entscheiden. Die Übertragung auf einen Einzelrichter wie im RVG sieht das SGG bei der Beschwerde nicht vor.
Das von der Gegenansicht für möglich erklärte Nebeneinander von SGG und RVG schafft verfassungsrechtlich bedenkliche Unklarheiten, wer gesetzlicher Richter in einem Beschwerdeverfahren bei einem Vergütungsstreit vor dem Landessozialgericht sein soll. Die bedeutsame Frage nach dem gesetzlichen Richter haben das LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 9. August 2007 - L 20 B 91/07 AS - und das LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 6 B 93/07 - (jeweils zitiert nach juris) erkannt, jedoch nicht eingehend erörtert. Demgegenüber bleibt diese Frage in anderen Entscheidungen, in denen die Gegenansicht vertreten wird (vgl. z.B. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 1 B 127/08 SK -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Mai 2007 - L 10 B 6/07 SB -; Thüringer LSG, Beschluss vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF -, jeweils zitiert nach juris), unerwähnt.
Die Wertungswidersprüche zwischen SGG und RVG und die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten können durch einen klaren Vorrang des SGG beseitigt werden. Dieses Vorrangverhältnis ist auch in § 202 SGG grundsätzlich angelegt. Hiernach gelten ZPO und GVG, wie bereits ausgeführt, nur, soweit das SGG keine Bestimmungen für das Verfahren enthält und eine Gesetzeslücke nicht geschlossen werden kann. Eine derartige Gesetzeslücke ist wegen der Regelung in § 178 SGG, wonach das gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten angerufene Gericht endgültig entscheidet, nicht anzunehmen. Der generelle Ausschluss der weitergehenden Beschwerdemöglichkeit im Erinnerungsverfahren findet sich im SGG auch als durchgehender Rechtssatz wieder (vgl. § 178 Satz 1 SGG; § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG; § 197 Abs. 2 SGG).
Das Vorrangprinzip, die Frage von Rechtsbehelfen allein in der jeweiligen Prozessordnung zu regeln, wird auch im Vergleich zur Verwaltungsgerichtsbarkeit bestätigt. So hat der Gesetzgeber für verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ausdrücklich die Beschwerde nach § 146 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) oberhalb eines Beschwerdegegenstandes von 200 EUR zugelassen. In der VwGO ist dabei wie im RVG die Beschwerdefrist auf zwei Wochen bestimmt (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit die notwendige Angleichung zwischen VwGO und RVG vorgenommen worden. Der Ausschluss des Beschwerderechts im Kosten- und Vergütungsfestsetzungsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit dient im Übrigen auch der Einheitlichkeit des Verfahrens. So können unterschiedliche Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG und im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 55, 56 RVG vermieden werden. Es ist kein hinreichender Grund dafür erkennbar, in Kostenfestsetzungsverfahren gegen den unterlegenen Verfahrensgegner das Sozialgericht endgültig über die Kosten entscheiden zu lassen, in Verfahren über die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse aber seine Entscheidung mit der Beschwerde überprüfbar zu machen (wie hier LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O.).
Für die Richtigkeit dieser Wertung spricht zunächst für die hergebrachte sozialgerichtliche Ansicht, die mit beachtlicher Begründung wegen der "sprachlich" eindeutigen Bestimmung in den §§ 178 Satz 1, 189 Abs. 2 Satz 2, 197 Abs. 2 SGG zunächst eine Beschwerdemöglichkeit in Kostenfestsetzungenverfahren generell abgelehnt hatte (vgl. dazu Schuwerack, SGb 1972, S. 348 ff). Aber auch die seit dem 1. April 2008 geltende Neuregelung des § 172 SGG spricht gegen ein aus dem RVG abzuleitendes besonderes Beschwerderecht. Nach § 172 Abs. 3 SGG ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG) oder gegen erstinstanzliche Kostengrundentscheidungen (§ 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG) ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat damit die Rechtskraft von erstinstanzlichen Entscheidungen der Sozialgerichte stärker betont. Es ist daher nicht nachvollziehbar, die Hauptsacheentscheidungen der Sozialgerichte über die Bewilligung von PKH nur eingeschränkt für anfechtbar zu erklären, jedoch das PKH-Nebenverfahren über die Festsetzung der Höhe der jeweiligen Vergütung mit einem zusätzlichen Rechtsweg vor dem Landessozialgericht auszustatten (so auch Löffler in der Anmerkung zum Beschluss des Thüringer LSG vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF -, SGb 2008, S. 621 ff).
Das Normengefüge der §§ 172 ff. SGG ist daher im Vergütungsfestsetzungsverfahren abschließend und rechtfertigt keine RVG-Beschwerde an das Landessozialgericht. Dies gilt auch in Verfahren auf Festsetzung von PKH-Gebühren gegen die Staatskasse (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2008 - L 1 B 60/08 SF AL - und Beschluss vom 23. Juli 2008 - L 18 B 76/08 SF -; LSG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2005 - L 9 B 166/02 KR -; LSG Niedersachsen-Bremen; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - L 9 B 19/08 AS SF -, zitiert jeweils nach juris).
Die Ablehnung eines über die Erinnerung hinausgehenden Beschwerderechts in Vergütungsfestsetzungsstreitigkeiten ist auch mit den Besonderheiten des Kostenrechts im SGG zu rechtfertigen. Gerade wegen der weitgehenden Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens und dem ohnehin vereinfachten Pauschalvergütungssystem im SGG hat das Kostenrecht dort zu keiner Zeit eine große praktische Bedeutung erlangt. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung des Beschwerderechts in Kostenfestsetzungsverfahren ist vor diesem Hintergrund daher folgerichtig und im Gegensatz zur ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nachvollziehbar.
Der Hinweis der Gegenmeinung, nur die weitgehende Zulassung der Beschwerde im Vergütungsfestsetzungsverfahren ermögliche eine landesweit möglichst einheitliche Festsetzung von Prozesskostenvergütungen (so LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O.) rechtfertigt keine andere Bewertung. Dieses rechtspolitische Argument reicht zur Begründung eines systemwidrigen Rechtsbehelfs nicht aus. Eine Vereinheitlichung von Vergütungsfestsetzungen könnte im Übrigen organisatorisch durch entsprechende Kostenkammern der jeweiligen Sozialgerichte erreicht werden.
Die vom Sozialgericht aus den genannten Gründen fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung und die Zulassung einer weiteren Beschwerdemöglichkeit sind rechtlich unbeachtlich. Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kann ein Rechtsmittel, das gesetzlich - wie hier - ausgeschlossen ist, nicht eröffnen (Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, vor § 143 Rn. 14 b; BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R -, zitiert nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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