Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 41 U 385/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 265/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erleidet eine Versicherte bei einem Arbeitsunfall eine Schulterverletzung, stellt die hierbei aufgetretene Rotatorenmanschettenverletzung oftmals nur eine Gelegenheitsursache dar, für deren Folgen die Gesetzliche Unfallversicherung bei vorgeschädigtem Schultergelenk mangels wesentlicher Ursache nicht einstandspflichtig ist.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt wegen der Folgen des Unfalles vom 27.09.2005 und der geklagten schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks eine Verletztenrente gemäß § 56 Abs. 1 und 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII).
Die 1949 geborene Klägerin ist bei der Bäckerei J. S. GmbH in C-Stadt beschäftigt gewesen, als sie am 27.09.2005 im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hausgehilfin im Waschraum der Bäckerei gestürzt und auf den rechten Arm gefallen ist.
Dr. M. hat mit H-Arzt-Bericht vom 27.09.2005 eine Prellung der rechten Schulter diagnostiziert: äußerlich keine Prellmarke, keine Hämatomverfärbung, Druckschmerz im gesamten Schultergelenk rechts; Beweglichkeit in allen Ebenen schmerzhaft eingeschränkt. Das Röntgenergebnis der rechten Schulter hat keine Zeichen einer frischen knöchernen Verletzung ergeben. Entsprechend dem MRT der rechten Schulter vom 30.09.2005 hat Dr. M. mit Verlaufsbericht vom 14.10.2005 mitgeteilt, es habe sich eine ausgedehnte Ruptur der Rotatorenmanschette mit weiterer Refraktion der Supraspinatussehne und bereits eingesetzter Atrophie gezeigt. - Auf Anfrage der Beklagten hat die Klägerin unter dem 22.11.2005 den Unfall wie folgt geschildert: Ich bin in der Arbeit aus einem Raum in den Flur hinaus und wollte nach rechts abbiegen. Dabei bin ich genau zwischen die beiden Türstöcke gerutscht und nach rechts gefallen, hätte meinen Kopf beinahe an den Türstock angeschlagen und habe mich mit der rechten Schulter auffangen wollen; da lag ich schon auf dem Boden. Ich wollte mich nicht festhalten, sondern ich wollte meinen Kopf schützen; deswegen habe ich mich mit der rechten Schulter an dem Türstock "festgehalten".
Die Klägerin ist vom 31.10.2005 bis zum 03.11.2005 stationär im Ortho-Zentrum B-Stadt wegen einer Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter behandelt worden. Anamnestisch hat die Klägerin angegeben, dass sie seit langem über therapieresistente Beschwerden in der rechten Schulter klage. Die Beklagte hat das fachorthopädische Gutachten des Dr. F. vom 24.02.2006 eingeholt. Dieser hat eine ausgeprägte schmerzhafte Bewegungseinschränkung am rechten Schultergelenk nach operativer Versorgung eines Rotatorensehnendefektes, eine subacromiale Engpass-Symptomatik sowie eine Schultereckgelenksarthrose diagnostiziert. Diese würden mangels geeignetem Verletzungsmechanismus jedoch nicht als Unfallfolgen anzusehen sein. Unfallfolgen als solche würden mit Wahrscheinlichkeit nicht mehr vorliegen. Dementsprechend hat es die Beklagte mit dem steitgegenständlichen Bescheid vom 22.03.2006 abgelehnt, Leistungen zu erbringen.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin unter den 15.05.2006 den Unfallhergang wie folgt geschildert: Ich bin am 27.09.2005 während meiner Arbeitstätigkeit als Haushälterin bei der Bäckerei beim Verlassen des Waschraumes auf dem nassen Boden ausgerutscht und nach hinten gefallen. Ich habe im Fallen noch versucht, mich mit dem rechten Arm rückwärts abzufangen, welches mir allerdings nicht gelang und ich, den Türrahmen tuschierend, mit meinem vollen Körpergewicht auf den nach hinten ausgestreckten Arm gefallen bin. Ich hatte unmittelbar nach dem Sturz derart starke Schmerzen, dass es mir nicht möglich war aufzustehen, und ich mich einige Zeit nur sitzend an den Türrahmen lehnen konnte. Erst nach geraumer Zeit gelang es mir mich aufzurappeln. Der bestehende Schaden kann somit nur durch den wuchtigen Sturz auf den rechten nach hinten gestreckten Arm entstanden sein.
Die Beklagte hat den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.03.2006 mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2006 zurückgewiesen. Es sei nochmals deutlich zu machen, dass das Ereignis vom 27.09.2005 kein geeignetes Ereignis für eine Schädigung der Rotatorenmanschette dargestellt habe. Es sei lediglich die Gelegenheit gewesen, bei der die bisher nicht in Erscheinung getretenen degenerativen Veränderungen zum Vorschein gekommen seien. Für diese vorbestehenden Veränderungen und deren Folgen hat die Beklagte aber nicht einzustehen.
Der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Klagebegründung vom 23.06.2006 hervorgehoben, dass sich der Unfallhergang nunmehr so dargestellt habe, dass die Klägerin also nicht mit der Schulter an den Türstock geprallt sei, sondern beim Sturz lediglich den Türstock gestreift habe. Insofern sei auch die in der Widerspruchsbegründung vom 28.04.2006 gemachte Darstellung des Unfallherganges zu korrigieren. Da bei einem Sturz aus dem Stand auf den Arm von einer wesentlich höheren Aufprallenergie auszugehen sei als bei einem Anprall aus dem Stand an einen Türstock, sei zunächst der Unfallhergang gerichtlich abzuklären. Dass bei der Klägerin im Bereich des Schultergelenks gewisse Vorschäden vorgelegen hätten, werde hierbei nicht in Abrede gestellt.
Das Sozialgericht München hat die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen und einen Befundbericht von dem Internisten und Hausarzt Dr. C. eingeholt, ebenso die Unterlagen der Röntgengemeinschaftspraxis Prof. Dr. K. und des Radiologischen Zentrums B-Stadt-. Der nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bestellte Sachverständige Dr. G. ist mit fachorthopädischem Gutachten vom 09.08.2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Klägerin retrospektiv durch den Unfall vom 27.09.2005 lediglich eine Kontusion der rechten Schulter bei erheblicher degenerativer Vorschädigung und stattgehabter Massenruptur sowie bereits eingetretener Verfettung und Schrumpfung der Rotatorenmanschettenmuskulatur zugezogen habe. Dieses Krankheitsbild sei jedoch ausschließlich Folge des länger zurückliegenden und bereits weit vorgeschrittenen Degenerationsprozesses ohne zu erwartende Besserung durch die stattgehabte Operation vom November 2005. Unfallbedingt habe eine Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der erlittenen Kontusion längstens für vier Wochen bestanden. - Hierbei hat die Klägerin gegenüber Dr. G. ein Sturzereignis nach hinten auf feuchten Boden geschildert. Inwieweit eine Abstützreaktion des rechten Armes stattgefunden hatte, hat die Klägerin nicht mehr angeben können. Sie wusste lediglich noch, dass sich der rechte Arm unter ihren Körper befunden hatte, als sie am Boden lag.
Die nunmehrigen Bevollmächtigten der Klägerin haben Dr. S. (Klinikum B.) gemäß § 109 SGG benannt. Dieser hat mit orthopädischem Fachgutachten vom 16.02.2008 abschließend zusammenfassend ausgeführt: Aufgrund des letztendlich unklaren Verletzungsmechanismus und des in der Kernspintomographie vorbeschriebenen degenerativen Vorschadens bleibt der Anteil des Unfalles an der Kausalität und damit andauernd schmerzhaft eingeschränkten Schultergelenksbeweglichkeit rechts fraglich. Entsprechend der aktuellen Begutachtungsliteratur können die erhobenen Untersuchungsbefunde im vorliegenden Fall nicht eindeutig eine traumatische Rotatorenmanschettenschädigung belegen, wenn gleich einzelne Veränderungen im Kernspintomogramm (intraartikuläre Einblutung, Ödem am Acromiom) für eine zumindest traumatische Mitverursachung des aktuellen Schaden sprechen.
In Berücksichtigung der Ausführungen der Bevollmächtigten der Klägerin hat das Sozialgericht München Dr. G. um eine Stellungnahme gebeten. Dieser hat unter dem 27.07.2008 darauf hingewiesen, entscheidend für die Bewertung seien die im Kernspintomogramm vom 30.09.2005 nachgewiesenen erheblichen Verschleißschäden an der Rotatorenmanschette. Nachdem entsprechend den divergierenden Angaben der Klägerin der genaue Unfallmechanismus nicht mehr ausreichend zu rekonstruieren sei, bleibe er bei der Bewertung aus seiner Begutachtung vom 09.08.2007. Dr. S. hat mit Stellungnahme vom 15.07.2009 erwidert, dass das Unfallereignis nicht als Auslöser eines Syndroms zu betrachten ist, sondern es durch den Unfall zumindest zu einer Vervollständigung einer partiell vorbestehenden Rotatorenmanschettenruptur oder zur Entstehen einer Massenruptur gekommen ist. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 15.09.2009 vorgelegt. Dieser hat sich sowohl mit dem sogenannten "Säulenkonzept der Begutachtung" sowie der sogenannten "Drittelregel" auseinandergesetzt. Beweisbar sei allenfalls die ausgeprägte vorbestehende Schadensanlage, die allerdings in ihrer Ausprägung bereits soweit vorgeschritten gewesen sei, dass auch die Prellung der rechten Schulter ohne weitere beweisbare Substanzschädigung in der Lage gewesen sei, nachhaltige schmerzhafte funktionelle Beeinträchtigungen nach sich zu ziehen. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit könne man längstens bis zu jenem Tag akzeptieren, als im Ortho-Zentrum B-Stadt der untaugliche Versuch unternommen worden sei, das retrahierte und stark degenerativ veränderte Gewebe zu vernähen bzw. zu refixieren und hiermit eine Heilung zu erreichen.
Im Folgenden hat das Sozialgericht München die Klage mit Urteil vom 14.04.2010 abgewiesen und sich hierbei vor allem auf die Ausführungen des Dr. G. und des Dr. B. gestützt. Dr. S. habe die sogenannte "Drittelregelung" missverstanden.
Die Bevollmächtigten der Klägerin hoben mit Berufungsbegründung vom 04.06.2010 hervor, dass entsprechend den Ausführungen des Dr. S. bzw. in Berücksichtigung der divergierenden ärztlichen Auffassungen das Sozialgericht verpflichtet gewesen wäre, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären und dies nicht der Verwaltung zu überlassen, um die offenkundigen Widersprüche zwischen den gerichtlich bestellten Sachverständigen zu klären.
Der Senat zog die Unfall-Akten der Beklagten, die Streitakten des Sozialgerichts München sowie die umfassend bestehenden Röntgen- und MRT-Aufnahmen der Klägerin bei (vgl. Beweisanordnung vom 25.08.2010). Der gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG bestellte Sachverständige Dr. C. kam mit orthopädischem Fachgutachten vom 10.10.2010 zu dem Ergebnis, dass die unfallbedingt stattgehabte Schulterprellung nach etwa zwei Wochen folgenlos ausgeheilt sei. Die hypertrophe Schultereckgelenksarthrose beidseits, degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette beidseits mit Partialruptur links und Massenruptur mit Defektarthropathie seien nicht ursächlich auf den Unfall vom 27.09.2005 zurückzuführen. Hierbei hat Dr. C. sich den Unfallhergang nochmals von der Klägerin schildern lassen: Die Klägerin gibt an, an der Beschäftigungsstelle (Bäckerei) einen Gang entlang gegangen zu sein. Sie sei beim abbiegenden Durchtreten einer Tür (die Tür war links angeschlagen, die Klägerin bog nach rechts ab) auf den Boden zu Fall gekommen, ausgerutscht und nach rechts Richtung Türrahmen gestürzt. Um mit dem Kopf dort nicht anzustoßen, habe sie sich mit der Schulter und dem am Körper angelegten Arm am Türrahmen abgestützt und sei dann gefallen und am Boden zum Liegen gekommen. Im Folgenden hat die Klägerin (aktenkundig auf Bl. 44) die Sturzsituation während der Untersuchung demonstriert: Der Türanschlag war links; sie stürzte mit Schulter und Oberarm gegen den Türrahmen rechts, um ein Anschlagen des Kopfes am Türrahmen zu verhindern.
Gestützt auf die eidesstattliche Versicherung des Sohnes der Klägerin, der bei der Begutachtung der Klägerin übersetzt hat, rügten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Befangenheitsantrag vom 10.11.2010, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. C. einen unzutreffenden Sachverhalt bzw. Unfallmechanismus zugrunde gelegt habe. Der Senat wies den Antrag auf Ablehnung des Gutachters Dr. C. wegen Besorgnis der Befangenheit mit Beschluss vom 10.12.2010 zurück. Denn Dr. C. habe sich mit den unterschiedlichen aktenkundigen Schilderungen zum Unfallhergang kritisch auseinandergesetzt, ebenso mit dem Erstuntersuchungsbefund, der untypisch für eine unfallbedingte Zerreißung der Muskel-Sehnenplatte sei. Das zeitnah nach dem Unfall angefertigte Kernspintomogramm des rechten Schultergelenkes sowie die im NMR dargestellte Flüssigkeit sprächen mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine degenerative Ursache. Dr. C. habe somit nicht nur den fraglichen Unfallhergang gewürdigt, sondern sein Votum vor allem auch auf drei medizinische Gesichtspunkte gestützt.
In der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2011 stellt der Bevollmächtigte die Anträge aus dem Schriftsatz vom 04.06.2010:
Das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 22.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2006 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass bei der Klägerin die Gesundheitsstörung "schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks" als Folge des Arbeitsunfalles vom 27.09.2005 eingetreten ist, welche eine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Unfall bedingt.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 28.06.2010,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs. 2 SGG auf die beigezogenen Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht München hat die Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2006 mit Urteil vom 14.04.2010 zutreffend abgewiesen.
Der bei der Klägerin bestehende Rotatorenmanschettenschaden ist nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Ursache auf das Unfallereignis vom 27.09.2005 zurückzuführen.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nachdem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Unfallhergang von der Klägerin unterschiedlich geschildert worden ist. Fraglich ist insbesondere, ob es sich um einen Sturz aus dem Stand heraus gehandelt hat oder dieser beim Gehen auf nassen Boden erfolgt ist. Weiterhin ist fraglich, ob die Klägerin mit der Schulter an den Türstock lediglich angeprallt ist oder den Sturz aufgefangen hat. Unklar ist weiterhin, ob bei dem Sturz der rechte Arm nach hinten gestreckt worden ist oder nicht. Zum Vierten ist nicht geklärt, ob die Klägerin auf den Boden liegen geblieben ist oder sich zeitweilig sitzend an den Türrahmen gelehnt hat, bis sie sich aufgerappelt hat.
Je nach dem welcher Unfallschilderung der Klägerin man folgt, liegt ein für das Auftreten eines Rotatorenmanschettenschadens geeigneter bzw. ungeeigneter Unfallmechanismus vor (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl.
Rz. 8.2.5.2 mit weiteren Nachweisen).
Nachdem die Klägerin bei dem Unfall vom 27.09.2005 alleine gewesen ist und Zeugen somit nicht zur Verfügung stehen, kann nicht sicher beurteilt werden, welche der divergierenden Unfallschilderungen der Klägerin die zutreffende ist. Vor allem gibt es keinen Grundsatz dahingehend, dass stets der zeitnächsten Unfallschilderung und nicht einer späteren Unfallschilderung zu folgen sei (BSG, Beschluss vom 12.04.2005 - B 2 U 272/04 B). Denn unter Umständen beruhen die hier divergierenden Unfallschilderungen auf den nicht ausreichenden Deutschkenntnissen wie von den Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen. Auf die eidesstattliche Versicherung des Sohnes der Klägerin vom 10.11.2010 kommt es daher nicht an.
Für den Senat ist vielmehr entscheidend, dass aus medizinischer Sicht entsprechend den Ausführungen des Dr. C. mit Gutachten vom 10.10.2010 ein unfallrechtlich relevanter Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 27.09.2005 und der Rotatorenmanschettenverletzung nicht gegeben ist. Bereits der Erstuntersuchungsbefund des
Dr. M. vom 27.09.2005 ist untypisch für eine unfallbedingte Zerreißung der Muskel-Sehnenplatte. Dr. M. hat äußerlich keine Prellmarke und auch keine Hämatomverfärbung feststellen können, sondern lediglich einen Druckschmerz im gesamten Schultergelenk rechts sowie eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit in allen Ebenen beschrieben. Von wesentlicher Bedeutung ist das Kernspintomogramm des Radiologischen Zentrums B-Stadt vom 30.09.2005. Das zeitnah nach dem Unfall angefertigte Kernspintomogramm des rechten Schultergelenkes zeigt ausgeprägte Verschleißerscheinungen des Schultereckgelenkes sowie eine breite Defektzone der Sehnenplatte mit bereits erkennbarer deutlicher Gewebeartrophie und Retraktion. Solche Veränderungen sind unvereinbar mit einem Ereignis drei Tage zuvor, da ihre Entstehung eher Monate bis Jahre bedarf. Auch dem Operationsbericht des Dr. K. vom 31.10.2005 ist zu entnehmen, dass am AC-Gelenk knöcherne Anbauten bestanden haben, die abgetragen worden sind. Die ebenfalls im NMR dargestellte Flüssigkeit entspricht mit hoher Wahrscheinlichkeit einem synovialem Reizerguss im Rahmen einer Degeneration.
Damit hat Dr. C. die gutachterlichen Ausführungen des Dr. G. F. vom 24.02.2006 und des Dr. G. vom 09.08.2007 bestätigt.
Soweit Dr. S. mit Gutachten vom 16.02.2008 auf die sogenannte "Drittelregelung" abgestellt und ausgeführt hat, unter Zusammenschau sämtlicher Vorbefunde ergibt sich somit unter Betrachtung der klinischen Veränderungen das Bild einer durch den Unfall zumindest teilursächlich entstandenen Rotatorenmanschettenläsion, wird dies durch die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 15.09.2009 widerlegt. Es entspricht der zivilrechtlich geltenden Kausalitätstheorie, dass selbst unter der Annahme eines weit fortgeschrittenen degenerativen Sehnenschadens die Unfallumstände nicht so unbedeutend sind, als dass sie unbeachtet entfallen könnten. Hier ist vielleicht in Hinblick auf die sozialrechtlich-unfallrechtlich zu berücksichtigende Kausalitätstheorie der wesentlichen (Mit-)Bedingung zu beachten, dass die Beklagte für einen Vorschaden nicht einstandspflichtig ist, wenn sich dieser erst gelegentlich eines Unfalles wie hier am 27.09.2005 manifestiert hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 ist somit zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2).
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt wegen der Folgen des Unfalles vom 27.09.2005 und der geklagten schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks eine Verletztenrente gemäß § 56 Abs. 1 und 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII).
Die 1949 geborene Klägerin ist bei der Bäckerei J. S. GmbH in C-Stadt beschäftigt gewesen, als sie am 27.09.2005 im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hausgehilfin im Waschraum der Bäckerei gestürzt und auf den rechten Arm gefallen ist.
Dr. M. hat mit H-Arzt-Bericht vom 27.09.2005 eine Prellung der rechten Schulter diagnostiziert: äußerlich keine Prellmarke, keine Hämatomverfärbung, Druckschmerz im gesamten Schultergelenk rechts; Beweglichkeit in allen Ebenen schmerzhaft eingeschränkt. Das Röntgenergebnis der rechten Schulter hat keine Zeichen einer frischen knöchernen Verletzung ergeben. Entsprechend dem MRT der rechten Schulter vom 30.09.2005 hat Dr. M. mit Verlaufsbericht vom 14.10.2005 mitgeteilt, es habe sich eine ausgedehnte Ruptur der Rotatorenmanschette mit weiterer Refraktion der Supraspinatussehne und bereits eingesetzter Atrophie gezeigt. - Auf Anfrage der Beklagten hat die Klägerin unter dem 22.11.2005 den Unfall wie folgt geschildert: Ich bin in der Arbeit aus einem Raum in den Flur hinaus und wollte nach rechts abbiegen. Dabei bin ich genau zwischen die beiden Türstöcke gerutscht und nach rechts gefallen, hätte meinen Kopf beinahe an den Türstock angeschlagen und habe mich mit der rechten Schulter auffangen wollen; da lag ich schon auf dem Boden. Ich wollte mich nicht festhalten, sondern ich wollte meinen Kopf schützen; deswegen habe ich mich mit der rechten Schulter an dem Türstock "festgehalten".
Die Klägerin ist vom 31.10.2005 bis zum 03.11.2005 stationär im Ortho-Zentrum B-Stadt wegen einer Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter behandelt worden. Anamnestisch hat die Klägerin angegeben, dass sie seit langem über therapieresistente Beschwerden in der rechten Schulter klage. Die Beklagte hat das fachorthopädische Gutachten des Dr. F. vom 24.02.2006 eingeholt. Dieser hat eine ausgeprägte schmerzhafte Bewegungseinschränkung am rechten Schultergelenk nach operativer Versorgung eines Rotatorensehnendefektes, eine subacromiale Engpass-Symptomatik sowie eine Schultereckgelenksarthrose diagnostiziert. Diese würden mangels geeignetem Verletzungsmechanismus jedoch nicht als Unfallfolgen anzusehen sein. Unfallfolgen als solche würden mit Wahrscheinlichkeit nicht mehr vorliegen. Dementsprechend hat es die Beklagte mit dem steitgegenständlichen Bescheid vom 22.03.2006 abgelehnt, Leistungen zu erbringen.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin unter den 15.05.2006 den Unfallhergang wie folgt geschildert: Ich bin am 27.09.2005 während meiner Arbeitstätigkeit als Haushälterin bei der Bäckerei beim Verlassen des Waschraumes auf dem nassen Boden ausgerutscht und nach hinten gefallen. Ich habe im Fallen noch versucht, mich mit dem rechten Arm rückwärts abzufangen, welches mir allerdings nicht gelang und ich, den Türrahmen tuschierend, mit meinem vollen Körpergewicht auf den nach hinten ausgestreckten Arm gefallen bin. Ich hatte unmittelbar nach dem Sturz derart starke Schmerzen, dass es mir nicht möglich war aufzustehen, und ich mich einige Zeit nur sitzend an den Türrahmen lehnen konnte. Erst nach geraumer Zeit gelang es mir mich aufzurappeln. Der bestehende Schaden kann somit nur durch den wuchtigen Sturz auf den rechten nach hinten gestreckten Arm entstanden sein.
Die Beklagte hat den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.03.2006 mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2006 zurückgewiesen. Es sei nochmals deutlich zu machen, dass das Ereignis vom 27.09.2005 kein geeignetes Ereignis für eine Schädigung der Rotatorenmanschette dargestellt habe. Es sei lediglich die Gelegenheit gewesen, bei der die bisher nicht in Erscheinung getretenen degenerativen Veränderungen zum Vorschein gekommen seien. Für diese vorbestehenden Veränderungen und deren Folgen hat die Beklagte aber nicht einzustehen.
Der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Klagebegründung vom 23.06.2006 hervorgehoben, dass sich der Unfallhergang nunmehr so dargestellt habe, dass die Klägerin also nicht mit der Schulter an den Türstock geprallt sei, sondern beim Sturz lediglich den Türstock gestreift habe. Insofern sei auch die in der Widerspruchsbegründung vom 28.04.2006 gemachte Darstellung des Unfallherganges zu korrigieren. Da bei einem Sturz aus dem Stand auf den Arm von einer wesentlich höheren Aufprallenergie auszugehen sei als bei einem Anprall aus dem Stand an einen Türstock, sei zunächst der Unfallhergang gerichtlich abzuklären. Dass bei der Klägerin im Bereich des Schultergelenks gewisse Vorschäden vorgelegen hätten, werde hierbei nicht in Abrede gestellt.
Das Sozialgericht München hat die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen und einen Befundbericht von dem Internisten und Hausarzt Dr. C. eingeholt, ebenso die Unterlagen der Röntgengemeinschaftspraxis Prof. Dr. K. und des Radiologischen Zentrums B-Stadt-. Der nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bestellte Sachverständige Dr. G. ist mit fachorthopädischem Gutachten vom 09.08.2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Klägerin retrospektiv durch den Unfall vom 27.09.2005 lediglich eine Kontusion der rechten Schulter bei erheblicher degenerativer Vorschädigung und stattgehabter Massenruptur sowie bereits eingetretener Verfettung und Schrumpfung der Rotatorenmanschettenmuskulatur zugezogen habe. Dieses Krankheitsbild sei jedoch ausschließlich Folge des länger zurückliegenden und bereits weit vorgeschrittenen Degenerationsprozesses ohne zu erwartende Besserung durch die stattgehabte Operation vom November 2005. Unfallbedingt habe eine Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der erlittenen Kontusion längstens für vier Wochen bestanden. - Hierbei hat die Klägerin gegenüber Dr. G. ein Sturzereignis nach hinten auf feuchten Boden geschildert. Inwieweit eine Abstützreaktion des rechten Armes stattgefunden hatte, hat die Klägerin nicht mehr angeben können. Sie wusste lediglich noch, dass sich der rechte Arm unter ihren Körper befunden hatte, als sie am Boden lag.
Die nunmehrigen Bevollmächtigten der Klägerin haben Dr. S. (Klinikum B.) gemäß § 109 SGG benannt. Dieser hat mit orthopädischem Fachgutachten vom 16.02.2008 abschließend zusammenfassend ausgeführt: Aufgrund des letztendlich unklaren Verletzungsmechanismus und des in der Kernspintomographie vorbeschriebenen degenerativen Vorschadens bleibt der Anteil des Unfalles an der Kausalität und damit andauernd schmerzhaft eingeschränkten Schultergelenksbeweglichkeit rechts fraglich. Entsprechend der aktuellen Begutachtungsliteratur können die erhobenen Untersuchungsbefunde im vorliegenden Fall nicht eindeutig eine traumatische Rotatorenmanschettenschädigung belegen, wenn gleich einzelne Veränderungen im Kernspintomogramm (intraartikuläre Einblutung, Ödem am Acromiom) für eine zumindest traumatische Mitverursachung des aktuellen Schaden sprechen.
In Berücksichtigung der Ausführungen der Bevollmächtigten der Klägerin hat das Sozialgericht München Dr. G. um eine Stellungnahme gebeten. Dieser hat unter dem 27.07.2008 darauf hingewiesen, entscheidend für die Bewertung seien die im Kernspintomogramm vom 30.09.2005 nachgewiesenen erheblichen Verschleißschäden an der Rotatorenmanschette. Nachdem entsprechend den divergierenden Angaben der Klägerin der genaue Unfallmechanismus nicht mehr ausreichend zu rekonstruieren sei, bleibe er bei der Bewertung aus seiner Begutachtung vom 09.08.2007. Dr. S. hat mit Stellungnahme vom 15.07.2009 erwidert, dass das Unfallereignis nicht als Auslöser eines Syndroms zu betrachten ist, sondern es durch den Unfall zumindest zu einer Vervollständigung einer partiell vorbestehenden Rotatorenmanschettenruptur oder zur Entstehen einer Massenruptur gekommen ist. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 15.09.2009 vorgelegt. Dieser hat sich sowohl mit dem sogenannten "Säulenkonzept der Begutachtung" sowie der sogenannten "Drittelregel" auseinandergesetzt. Beweisbar sei allenfalls die ausgeprägte vorbestehende Schadensanlage, die allerdings in ihrer Ausprägung bereits soweit vorgeschritten gewesen sei, dass auch die Prellung der rechten Schulter ohne weitere beweisbare Substanzschädigung in der Lage gewesen sei, nachhaltige schmerzhafte funktionelle Beeinträchtigungen nach sich zu ziehen. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit könne man längstens bis zu jenem Tag akzeptieren, als im Ortho-Zentrum B-Stadt der untaugliche Versuch unternommen worden sei, das retrahierte und stark degenerativ veränderte Gewebe zu vernähen bzw. zu refixieren und hiermit eine Heilung zu erreichen.
Im Folgenden hat das Sozialgericht München die Klage mit Urteil vom 14.04.2010 abgewiesen und sich hierbei vor allem auf die Ausführungen des Dr. G. und des Dr. B. gestützt. Dr. S. habe die sogenannte "Drittelregelung" missverstanden.
Die Bevollmächtigten der Klägerin hoben mit Berufungsbegründung vom 04.06.2010 hervor, dass entsprechend den Ausführungen des Dr. S. bzw. in Berücksichtigung der divergierenden ärztlichen Auffassungen das Sozialgericht verpflichtet gewesen wäre, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären und dies nicht der Verwaltung zu überlassen, um die offenkundigen Widersprüche zwischen den gerichtlich bestellten Sachverständigen zu klären.
Der Senat zog die Unfall-Akten der Beklagten, die Streitakten des Sozialgerichts München sowie die umfassend bestehenden Röntgen- und MRT-Aufnahmen der Klägerin bei (vgl. Beweisanordnung vom 25.08.2010). Der gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG bestellte Sachverständige Dr. C. kam mit orthopädischem Fachgutachten vom 10.10.2010 zu dem Ergebnis, dass die unfallbedingt stattgehabte Schulterprellung nach etwa zwei Wochen folgenlos ausgeheilt sei. Die hypertrophe Schultereckgelenksarthrose beidseits, degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette beidseits mit Partialruptur links und Massenruptur mit Defektarthropathie seien nicht ursächlich auf den Unfall vom 27.09.2005 zurückzuführen. Hierbei hat Dr. C. sich den Unfallhergang nochmals von der Klägerin schildern lassen: Die Klägerin gibt an, an der Beschäftigungsstelle (Bäckerei) einen Gang entlang gegangen zu sein. Sie sei beim abbiegenden Durchtreten einer Tür (die Tür war links angeschlagen, die Klägerin bog nach rechts ab) auf den Boden zu Fall gekommen, ausgerutscht und nach rechts Richtung Türrahmen gestürzt. Um mit dem Kopf dort nicht anzustoßen, habe sie sich mit der Schulter und dem am Körper angelegten Arm am Türrahmen abgestützt und sei dann gefallen und am Boden zum Liegen gekommen. Im Folgenden hat die Klägerin (aktenkundig auf Bl. 44) die Sturzsituation während der Untersuchung demonstriert: Der Türanschlag war links; sie stürzte mit Schulter und Oberarm gegen den Türrahmen rechts, um ein Anschlagen des Kopfes am Türrahmen zu verhindern.
Gestützt auf die eidesstattliche Versicherung des Sohnes der Klägerin, der bei der Begutachtung der Klägerin übersetzt hat, rügten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Befangenheitsantrag vom 10.11.2010, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. C. einen unzutreffenden Sachverhalt bzw. Unfallmechanismus zugrunde gelegt habe. Der Senat wies den Antrag auf Ablehnung des Gutachters Dr. C. wegen Besorgnis der Befangenheit mit Beschluss vom 10.12.2010 zurück. Denn Dr. C. habe sich mit den unterschiedlichen aktenkundigen Schilderungen zum Unfallhergang kritisch auseinandergesetzt, ebenso mit dem Erstuntersuchungsbefund, der untypisch für eine unfallbedingte Zerreißung der Muskel-Sehnenplatte sei. Das zeitnah nach dem Unfall angefertigte Kernspintomogramm des rechten Schultergelenkes sowie die im NMR dargestellte Flüssigkeit sprächen mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine degenerative Ursache. Dr. C. habe somit nicht nur den fraglichen Unfallhergang gewürdigt, sondern sein Votum vor allem auch auf drei medizinische Gesichtspunkte gestützt.
In der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2011 stellt der Bevollmächtigte die Anträge aus dem Schriftsatz vom 04.06.2010:
Das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 22.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2006 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass bei der Klägerin die Gesundheitsstörung "schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks" als Folge des Arbeitsunfalles vom 27.09.2005 eingetreten ist, welche eine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Unfall bedingt.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 28.06.2010,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs. 2 SGG auf die beigezogenen Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht München hat die Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2006 mit Urteil vom 14.04.2010 zutreffend abgewiesen.
Der bei der Klägerin bestehende Rotatorenmanschettenschaden ist nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Ursache auf das Unfallereignis vom 27.09.2005 zurückzuführen.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nachdem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Unfallhergang von der Klägerin unterschiedlich geschildert worden ist. Fraglich ist insbesondere, ob es sich um einen Sturz aus dem Stand heraus gehandelt hat oder dieser beim Gehen auf nassen Boden erfolgt ist. Weiterhin ist fraglich, ob die Klägerin mit der Schulter an den Türstock lediglich angeprallt ist oder den Sturz aufgefangen hat. Unklar ist weiterhin, ob bei dem Sturz der rechte Arm nach hinten gestreckt worden ist oder nicht. Zum Vierten ist nicht geklärt, ob die Klägerin auf den Boden liegen geblieben ist oder sich zeitweilig sitzend an den Türrahmen gelehnt hat, bis sie sich aufgerappelt hat.
Je nach dem welcher Unfallschilderung der Klägerin man folgt, liegt ein für das Auftreten eines Rotatorenmanschettenschadens geeigneter bzw. ungeeigneter Unfallmechanismus vor (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl.
Rz. 8.2.5.2 mit weiteren Nachweisen).
Nachdem die Klägerin bei dem Unfall vom 27.09.2005 alleine gewesen ist und Zeugen somit nicht zur Verfügung stehen, kann nicht sicher beurteilt werden, welche der divergierenden Unfallschilderungen der Klägerin die zutreffende ist. Vor allem gibt es keinen Grundsatz dahingehend, dass stets der zeitnächsten Unfallschilderung und nicht einer späteren Unfallschilderung zu folgen sei (BSG, Beschluss vom 12.04.2005 - B 2 U 272/04 B). Denn unter Umständen beruhen die hier divergierenden Unfallschilderungen auf den nicht ausreichenden Deutschkenntnissen wie von den Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen. Auf die eidesstattliche Versicherung des Sohnes der Klägerin vom 10.11.2010 kommt es daher nicht an.
Für den Senat ist vielmehr entscheidend, dass aus medizinischer Sicht entsprechend den Ausführungen des Dr. C. mit Gutachten vom 10.10.2010 ein unfallrechtlich relevanter Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 27.09.2005 und der Rotatorenmanschettenverletzung nicht gegeben ist. Bereits der Erstuntersuchungsbefund des
Dr. M. vom 27.09.2005 ist untypisch für eine unfallbedingte Zerreißung der Muskel-Sehnenplatte. Dr. M. hat äußerlich keine Prellmarke und auch keine Hämatomverfärbung feststellen können, sondern lediglich einen Druckschmerz im gesamten Schultergelenk rechts sowie eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit in allen Ebenen beschrieben. Von wesentlicher Bedeutung ist das Kernspintomogramm des Radiologischen Zentrums B-Stadt vom 30.09.2005. Das zeitnah nach dem Unfall angefertigte Kernspintomogramm des rechten Schultergelenkes zeigt ausgeprägte Verschleißerscheinungen des Schultereckgelenkes sowie eine breite Defektzone der Sehnenplatte mit bereits erkennbarer deutlicher Gewebeartrophie und Retraktion. Solche Veränderungen sind unvereinbar mit einem Ereignis drei Tage zuvor, da ihre Entstehung eher Monate bis Jahre bedarf. Auch dem Operationsbericht des Dr. K. vom 31.10.2005 ist zu entnehmen, dass am AC-Gelenk knöcherne Anbauten bestanden haben, die abgetragen worden sind. Die ebenfalls im NMR dargestellte Flüssigkeit entspricht mit hoher Wahrscheinlichkeit einem synovialem Reizerguss im Rahmen einer Degeneration.
Damit hat Dr. C. die gutachterlichen Ausführungen des Dr. G. F. vom 24.02.2006 und des Dr. G. vom 09.08.2007 bestätigt.
Soweit Dr. S. mit Gutachten vom 16.02.2008 auf die sogenannte "Drittelregelung" abgestellt und ausgeführt hat, unter Zusammenschau sämtlicher Vorbefunde ergibt sich somit unter Betrachtung der klinischen Veränderungen das Bild einer durch den Unfall zumindest teilursächlich entstandenen Rotatorenmanschettenläsion, wird dies durch die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 15.09.2009 widerlegt. Es entspricht der zivilrechtlich geltenden Kausalitätstheorie, dass selbst unter der Annahme eines weit fortgeschrittenen degenerativen Sehnenschadens die Unfallumstände nicht so unbedeutend sind, als dass sie unbeachtet entfallen könnten. Hier ist vielleicht in Hinblick auf die sozialrechtlich-unfallrechtlich zu berücksichtigende Kausalitätstheorie der wesentlichen (Mit-)Bedingung zu beachten, dass die Beklagte für einen Vorschaden nicht einstandspflichtig ist, wenn sich dieser erst gelegentlich eines Unfalles wie hier am 27.09.2005 manifestiert hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2010 ist somit zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2).
Rechtskraft
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