Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 R 6004/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 1102/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anrechnung einer Rente aus eigener Versicherung auf eine Hinterbliebenenrente. Die Klägerin ist 1927 geboren worden. Die Sozialversicherung der DDR gewährte ihr seit 1969 eine Ehrenpension für Kämpfer gegen den Faschismus in Höhe von anfangs 160,- M. Von der Staatlichen Versicherung der DDR erhielt sie außerdem ab 1. Mai 1982 eine Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats in Höhe von 660,-M. Darin enthalten war eine Rente aus der Sozialversicherung in Höhe von 350,- M. Die Altersversorgung wurde nach Umwertung in DM und Rentenanpassungen seit 1. Januar 1992 als Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der Beklagten weitergewährt. Die Beklagte zahlte ferner anstelle der Ehrenpension eine Entschädigungsrente an die Klägerin aus. Wegen der Zugehörigkeit der Klägerin zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) stellte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme zuerst durch Bescheid vom 24. August 1995 Daten nach dem AAÜG fest. Die Altersrente wurde daran anschließend durch Bescheid vom 22. Februar 1996 rückwirkend ab 1. Juli 1990 neu festgestellt. Nachdem der Versorgungsträger bei der Beklagten durch Bescheid vom 18. Februar 1997 mit Wirkung ab 1. Januar 1997 neue Feststellungen nach dem AAÜG getroffen hatte, stellte die Beklagte die Regelaltersrente durch Bescheid vom 29. Juli 1997 mit Wirkung ab 1. Januar 1997 nochmals neu fest. Ein weiteres Mal wurde die Altersrente mit Wirkung ab 1. Januar 1997 durch den Bescheid vom 6. Oktober 1998 neu festgestellt, da weitere Versicherungszeiten sowie eine Mitteilung des Bundesverwaltungsamtes als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für nationale Sicherheit zu berücksichtigen waren. Der Zahlbetrag der Altersrente ab 1. Juli 1998 betrug 1.470,42 DM; außerdem wurde die Entschädigungsrente in Höhe von (unverändert) 1.400,- DM weitergezahlt. Dem 1931 geborenen Ehemann der Klägerin (im folgenden: Versicherter) bewilligte die
Beklagte auf seinen Antrag hin durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 2. April 1996 Regelaltersrente ab dem 1. Mai 1996. In die Rentenberechnung flossen Daten ein, die die Wehrbereichsverwaltung VII als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Nationalen Volksarmee der Beklagten mitgeteilt und dem Versicherten durch Bescheid vom 10. November 1995 bekannt gegeben hatte. Der Versicherte starb am 21. Oktober 1999. Auf ihren Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 6. Januar 2000 große Witwenrente ab 1. November 1999. Ab 1. Februar 2000 wurde die Rente um anzurechnendes Einkommen - die Altersrente der Klägerin aus eigener Versicherung - gemindert. Zum 1. Juli 2005 wurde der Zahlbetrag der Witwenrente unter Berücksichtigung der zum selben Datum angepassten Versichertenrente neu berechnet; es ergab sich nach Lage der Akten eine Nachzahlung, die an die Klägerin ausgekehrt wurde. Durch Bescheid vom 1. März 2007 stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin wegen Gesetzesänderungen rückwirkend ab dem 1. Mai 1999 neu fest und errechnete für die Zeit bis 31. März 2007 eine Nachzahlung von 4.540,83 EUR. Außerdem errechnete sie wegen der Neuberechnung ab 1. Mai 1999 Zinsansprüche zugunsten der Klägerin in Höhe von 488,80 (Bescheid vom 2. Mai 2007). Durch Bescheid vom 26. März 2007 berechnete die Beklagte wegen der neu festgesetzten Al-tersrente auch die Witwenrente rückwirkend ab 1. Mai 1999 neu, errechnete für den Zeitraum bis zum 30. April 2007 eine Überzahlung von 1.546,23 EUR und erklärte, dass die Überzahlung mit der Versichertenrente verrechnet werde. Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Voraussetzungen für die rückwirkende Neuberechnung der Witwenrente und die Verrechnung der sich daraus ergebenden Überzahlung mit der Nachzahlung aus der Altersrente lägen nicht vor. Es sei nicht ihr Ver-schulden, dass die Gesetzesänderung bei der Altersrente erst jetzt berücksichtigt werde. Das Geld fließe ihr schließlich auch nicht rückwirkend zu. Die Beklagte erließ daraufhin einen Bescheid mit Datum des 19. April 2007, der die Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, dass er Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde. Durch ihn nahm sie den Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente vom 6. Januar 2000 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. November 1999 zurück. Die Witwenrente sei wegen der Anrechnung von Einkommen rückwirkend neu zu berechnen gewesen, nachdem die Versichertenrente ihrerseits rückwirkend neu festgestellt worden sei. Dadurch habe sich eine Überzahlung von 1.546,23 EUR ergeben. Die Überzahlung werde mit der einbehaltenen Nachzahlung der Versichertenrente verrechnet, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zulässig sei. Der Rentenbescheid könne sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft zurückgenommen werden. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides berufen und die Fristen für die Rücknahme seien nicht abgelaufen. Die
vorzunehmende Ermessensausübung führe zu keinem anderen Ergebnis. Der (Renten-)Bescheid habe den Hinweis enthalten, dass sich die Zahlung einer Versichertenrente auf die Höhe der (Witwen-)Rente auswirken könne. Die Klägerin habe daher gewusst, dass sich die Höhe der einen Rente unmittelbar auf die Höhe der anderen auswirke. Die Rücknahme des Bescheides sei gerechtfertigt, weil die entstandene Überzahlung durch die Nachzahlung der Versicherten-rente voll ausgeglichen werden könne. Es sei deshalb weder davon auszugehen, dass es zu einer wirtschaftlichen oder finanziellen Härte komme, noch dass Sozialhilfe überhaupt oder ver-stärkt in Anspruch genommen werden müsse. Durch ein weiteres Schreiben vom 19. April 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach Verrechnung des Erstattungsbetrages von 1.546,23 EUR ein Betrag von 2.994,60 EUR nachgezahlt werde. Die Klägerin machte weiterhin geltend, dass sie sich auf Vertrauensschutz berufen könne. Sie könne auch nicht erkennen, dass Ermessen ausgeübt worden sei. Abgesehen davon sei die Nachzahlung erst im April 2007 zugeflossen, sodass erst dann eine Änderung eingetreten sei, die für die Zukunft berücksichtigt werden könne. Durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bescheid vom 6. Januar 2000 sei rechtswidrig begünstigend gewesen, da in Gestalt der
Versichertenrente der Klägerin Einkommen anzurechnen gewesen sei. Auf Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie dessen Rechtswidrigkeit jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Dieser Bescheid habe den eindeutigen Hinweis erhalten, dass eine eigene Versichertenrente die Höhe der Witwenrente beeinflussen könne. Nachdem durch den Be-scheid vom 1. März 2007 die Versichertenrente rückwirkend erhöht worden sei, habe es sich der Klägerin geradezu aufdrängen müssen, dass die Witwenrente in unzutreffender Höhe geleistet worden sei. Ermessensgesichtspunkte stünden der "Rückforderung" nicht entgegen. Es werde nicht unbillig in die persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin eingegriffen, da sich nach Verrechnung mit dem Nachzahlungsbetrag keine tatsächliche Zahlungspflicht ergebe. Mit ihrer Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, dass eine rückwirkende Änderung des Bescheides über die Bewilligung von Witwenrente wegen Vertrauensschutzes ausgeschlossen sei. Es habe sich ihr nicht aufdrängen müssen, dass der Erstbescheid rechtswidrig gewesen sei. Bei dessen Erlass im Jahr 2000 sei sie bereits 72 Jahre alt gewesen. Jedenfalls in diesem Alter müsse der Bürger darauf vertrauen können, dass die Behörde die Gesetze kenne und richtig anwende. Sie sei auch nie darauf hingewiesen worden, dass sich die Witwenrente rückwirkend ändern könne. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn die Behörde erst nach sieben Jahren die Rechtmäßigkeit eines Bescheides herstelle. Als der Bescheid über die Witwenrente gekommen sei, sei für sie nur interessant gewesen, dass sie auch weiterhin finanziell abgesichert sei. Für die Zukunft werde die Rücknahme nicht beanstandet, da allgemein bekannt sei, dass anderes Einkommen auf die Witwenrente angerechnet werde und Einkommensänderungen insofern auch zu einer Änderung in der Höhe der Witwenrente führen könnten. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass die Klägerin selbst einräume, dass die Einkommensanrechnung auf Witwenrenten allgemein bekannt sei. Ein erhebliches Mitverschulden ihrerseits an der eingetretenen Überzahlung sehe sie nicht. Durch Urteil vom 8. Mai 2008 hat das Sozialgericht entsprechend dem Klageantrag den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2007 insoweit aufgehoben als der Bescheid vom 6. Januar 2000 auch für die Vergangenheit zurückgenommen und eine Überzahlung festgestellt wird. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 6. Januar 2000 mit Wirkung für die Vergangenheit lägen nicht vor. Der Bescheid sei im Zeitpunkt seines Erlasses nicht rechtswidrig gewesen. Die
Änderung des AAÜG, die zur rückwirkenden Neuberechnung der Altersrente der Klägerin geführt habe, mache den Bescheid vom 6. Januar 2000 erst ab dem Zeitpunkt des Erlasses des
Neuberechnungsbescheides rechtswidrig. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte weiter die Auffassung vertreten, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien. Der Bescheid vom 6. Januar 2000 sei im Rechtssinn von Anfang an rechtswidrig gewesen. Es sei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Überprüfung des Bescheides abzustellen. Aber selbst wenn davon ausgegangen werde, dass eine nachträgliche Änderung der entscheidungserheblichen Verhältnisse eingetreten sei, so führe das dazu, dass bereits das erzielte Einkommen ausreiche, um den Bescheid rückwirkend aufheben zu können. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, Vertrauensschutz zu genießen, der eine rückwirkende Änderung des Bescheides vom 6. Januar 2000 ausschließe. Sie habe nie von sich aus ein eige-nes Verfahren geführt, da Schriftstücke, die auch nur den Anschein eines amtlichen Schreibens hätten, sie aufregten. Im Übrigen sei der streitige Betrag bisher nicht ausgezahlt worden, obwohl bereits der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. März 2007 aufschiebende Wirkung gehabt habe. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten betreffend die Klägerin (2 Bände) und den Versicherten (1 Band) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Ein-zelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist jedoch, wie das Sozialgericht insoweit im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, nicht der während des Verfahrens überwiegend erörterte § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. mit Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Da-nach kann sich eine von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigte nicht auf ein die Rücknahme ausschließendes Vertrauen berufen, wenn sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente und die Anrechnung von Einkommen vom 6. Januar 2000 war bereits nicht von Anfang an rechtswidrig. Er setzte die Witwenrente ab 1. Dezember 1999 fest. Die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf die Witwenrente wirkten sich erst ab dem 1. Februar 2000 und damit ab einem Zeitpunkt nach seinem Erlass aus: Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ist der Rentenversicherungsträger ermächtigt, auf Witwenrenten nach Ablauf des sogenannten "Sterbevierteljahres" (§ 67 Nr. 6 i. V. mit § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) Einkommen von Berechtigten, das mit einer Witwenrente "zusammentrifft", auf die monatlichen Zahlungsansprüche anspruchsvernichtend anzurechnen, soweit das Einkommen als anrechenbar in Betracht kommt (s. §§ 18a, 18b Abs. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV] und 97 Abs. 2 SGB VI). Ein Zusammentreffen von Einkommen und Witwenrente liegt im Rechtssinne vor, wenn die Rentenberechtigte für denselben Zahlungszeitraum (bei Renten: für einen bestimmten Kalendermonat, § 118 Abs. 1 SGB VI) gegen den Träger der Rentenversicherung aus einem Rentenstammrecht einen Zahlungsanspruch auf Rente hat und ihr zeitgleich außerdem ein Recht auf Einkommen zusteht (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA 110/00 R, SozR 3-2600 § 97 Nr. 3). Die Altersrente der Klägerin ist anrechenbares Einkommen, § 18 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB IV. Sie war deshalb, jedoch erst ab 1. Februar 2000, in der Höhe anzurechnen, die sich aus dem Bescheid vom 6. Januar 2000 ergab. Ebenso wenig kann der Klägerin vorgehalten werden, dass sie die Rechtswidrigkeit des Be-scheides vom 6. Januar 2006 infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat. Zwar war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 - 1 BvR 1926/96 u. a., BVerfGE 100, 104ff., das dem Bundesgesetzgeber einen Normsetzungsauftrag bis zum 30. Juni 2001 erteilt hatte, den er mit dem 2. AAÜG-Änderungsgesetz umgesetzt hat, im Zeitpunkt des
Erlasses des Bescheides vom 6. Januar 2000 bereits verkündet. Die Klägerin musste in diesem Zeit-punkt jedoch nicht die Auswirkungen kennen, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts konkret auf ihren Anspruch auf Witwenrente haben würde (s. etwa auch BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 42). Das Recht der Beklagten, den Bescheid vom 26. März 2007 zu setzen, ergibt sich jedoch aus § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist (Satz 1). Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse soll er unter anderem aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Nr. 3). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (Satz 3). Eine wesentliche Veränderung in den für die Anrechnungsentscheidung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen war durch die Neufestsetzung der Altersrente der Klägerin eingetreten, die, soweit ersichtlich, auf § 307b Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1939) beruhte, der gemäß Art. 13 Abs. 5 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes für die Klägerin ab 1. Mai 1999 galt (ihr Altersrentenbescheid war am 29. April 1999 bindend). Die Festsetzung der höheren Altersrente bewirkte, dass im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 SGB X bereits ab dem 1. Februar 2000, nicht erst ab dem Zufluss der Rentennachzahlung, höheres Einkommen auf die Witwenrente
anzurechnen war. Ermessen hatte die Beklagte nicht auszuüben. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sieht als Regelfall ("soll") vor, dass der begünstigende Bescheid in den gesetzlich genannten Fällen mit Wir-kung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Nur in atypischen Fällen kann die Beklagte im Wege des Ermessens davon abweichen (ständige Rechtsprechung des BSG, s. zuletzt etwa Urteil vom 13. Juli 2010 - B 13 R 77/09 R). Ob ein solch atypischer Fall vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es müssen Merkmale vorliegen, die signifikant vom typischen Fall abweichen, in dem die Rechtswidrigkeit eines ursprünglich richtigen Verwaltungsakts ebenfalls durch nachträgliche Veränderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Hierbei ist zu prüfen, ob die mit der Aufhebung verbundene Pflicht zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) nach Lage des Falls eine Härte bedeutete, die den Leistungsbezieher in atypischer Weise stärker belastete als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ebenso ist Fehlverhalten des Leistungsträgers einzubeziehen, das als eine atypische Behandlung des Falls im Sinne einer Abweichung von der grund-sätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist. Diese Maßstäbe berücksichtigend, liegt kein atypischer Fall vor. Besonders hart ist die Klägerin von dem hier streitigen Bescheid nicht betroffen. Sie hat keinerlei Erstattungen zu leisten. Die Anrechnung führt lediglich dazu, dass sich die Nachzahlung der Altersrente mindert. Der Beklagten kann auch kein Fehler bei der Sachbearbeitung vorgehalten werden. Die Verzögerungen bei der Neuberechnung der Altersrente, die aus dem gleichen Grund wie bei der Klägerin bei einer sehr großen Anzahl Rentenbezieher vorzunehmen war, werden kraft Gesetzes dadurch ausgeglichen, dass die Nachzahlbeträge der Altersrente zu verzinsen sind. Der angefochtene Bescheid kann auch auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X anstelle des § 45 SGB X gestützt werden, ohne dass die Voraussetzungen für eine Umdeutung (§ 43 SGB X) erfüllt sein müssen. Denn der Verfügungssatz des Bescheides ändert sich nicht, ausgetauscht wird lediglich die Rechtsgrundlage (s. dazu etwa BSG SozR 3-1300 § 24 Nr. 1). Es bedurfte ferner keinen erneuten Anhörung (§ 24 SGB X). Der Sachverhalt, der für eine Entscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X einschließlich der Prüfung eines atypischen Falls maßgeblich ist, gleicht im wesentlich dem, der eine Entscheidung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X begründen kann. Schließlich hat die Beklagte auch die Jahresfrist gewahrt, binnen derer der Bescheid zu ergeben hatte (§ 48 Abs. 4 Satz 1 i. V. mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Senat berücksichtigt dabei, dass der Rechtsstreit möglicherweise nicht oder nicht über zwei Instanzenzüge hinweg geführt worden wäre, wenn der angefochtene Bescheid von vornherein auf die zutreffende Rechtsgrundlage gestützt worden wäre. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anrechnung einer Rente aus eigener Versicherung auf eine Hinterbliebenenrente. Die Klägerin ist 1927 geboren worden. Die Sozialversicherung der DDR gewährte ihr seit 1969 eine Ehrenpension für Kämpfer gegen den Faschismus in Höhe von anfangs 160,- M. Von der Staatlichen Versicherung der DDR erhielt sie außerdem ab 1. Mai 1982 eine Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats in Höhe von 660,-M. Darin enthalten war eine Rente aus der Sozialversicherung in Höhe von 350,- M. Die Altersversorgung wurde nach Umwertung in DM und Rentenanpassungen seit 1. Januar 1992 als Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der Beklagten weitergewährt. Die Beklagte zahlte ferner anstelle der Ehrenpension eine Entschädigungsrente an die Klägerin aus. Wegen der Zugehörigkeit der Klägerin zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) stellte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme zuerst durch Bescheid vom 24. August 1995 Daten nach dem AAÜG fest. Die Altersrente wurde daran anschließend durch Bescheid vom 22. Februar 1996 rückwirkend ab 1. Juli 1990 neu festgestellt. Nachdem der Versorgungsträger bei der Beklagten durch Bescheid vom 18. Februar 1997 mit Wirkung ab 1. Januar 1997 neue Feststellungen nach dem AAÜG getroffen hatte, stellte die Beklagte die Regelaltersrente durch Bescheid vom 29. Juli 1997 mit Wirkung ab 1. Januar 1997 nochmals neu fest. Ein weiteres Mal wurde die Altersrente mit Wirkung ab 1. Januar 1997 durch den Bescheid vom 6. Oktober 1998 neu festgestellt, da weitere Versicherungszeiten sowie eine Mitteilung des Bundesverwaltungsamtes als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für nationale Sicherheit zu berücksichtigen waren. Der Zahlbetrag der Altersrente ab 1. Juli 1998 betrug 1.470,42 DM; außerdem wurde die Entschädigungsrente in Höhe von (unverändert) 1.400,- DM weitergezahlt. Dem 1931 geborenen Ehemann der Klägerin (im folgenden: Versicherter) bewilligte die
Beklagte auf seinen Antrag hin durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 2. April 1996 Regelaltersrente ab dem 1. Mai 1996. In die Rentenberechnung flossen Daten ein, die die Wehrbereichsverwaltung VII als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Nationalen Volksarmee der Beklagten mitgeteilt und dem Versicherten durch Bescheid vom 10. November 1995 bekannt gegeben hatte. Der Versicherte starb am 21. Oktober 1999. Auf ihren Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 6. Januar 2000 große Witwenrente ab 1. November 1999. Ab 1. Februar 2000 wurde die Rente um anzurechnendes Einkommen - die Altersrente der Klägerin aus eigener Versicherung - gemindert. Zum 1. Juli 2005 wurde der Zahlbetrag der Witwenrente unter Berücksichtigung der zum selben Datum angepassten Versichertenrente neu berechnet; es ergab sich nach Lage der Akten eine Nachzahlung, die an die Klägerin ausgekehrt wurde. Durch Bescheid vom 1. März 2007 stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin wegen Gesetzesänderungen rückwirkend ab dem 1. Mai 1999 neu fest und errechnete für die Zeit bis 31. März 2007 eine Nachzahlung von 4.540,83 EUR. Außerdem errechnete sie wegen der Neuberechnung ab 1. Mai 1999 Zinsansprüche zugunsten der Klägerin in Höhe von 488,80 (Bescheid vom 2. Mai 2007). Durch Bescheid vom 26. März 2007 berechnete die Beklagte wegen der neu festgesetzten Al-tersrente auch die Witwenrente rückwirkend ab 1. Mai 1999 neu, errechnete für den Zeitraum bis zum 30. April 2007 eine Überzahlung von 1.546,23 EUR und erklärte, dass die Überzahlung mit der Versichertenrente verrechnet werde. Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Voraussetzungen für die rückwirkende Neuberechnung der Witwenrente und die Verrechnung der sich daraus ergebenden Überzahlung mit der Nachzahlung aus der Altersrente lägen nicht vor. Es sei nicht ihr Ver-schulden, dass die Gesetzesänderung bei der Altersrente erst jetzt berücksichtigt werde. Das Geld fließe ihr schließlich auch nicht rückwirkend zu. Die Beklagte erließ daraufhin einen Bescheid mit Datum des 19. April 2007, der die Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, dass er Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde. Durch ihn nahm sie den Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente vom 6. Januar 2000 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. November 1999 zurück. Die Witwenrente sei wegen der Anrechnung von Einkommen rückwirkend neu zu berechnen gewesen, nachdem die Versichertenrente ihrerseits rückwirkend neu festgestellt worden sei. Dadurch habe sich eine Überzahlung von 1.546,23 EUR ergeben. Die Überzahlung werde mit der einbehaltenen Nachzahlung der Versichertenrente verrechnet, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zulässig sei. Der Rentenbescheid könne sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft zurückgenommen werden. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides berufen und die Fristen für die Rücknahme seien nicht abgelaufen. Die
vorzunehmende Ermessensausübung führe zu keinem anderen Ergebnis. Der (Renten-)Bescheid habe den Hinweis enthalten, dass sich die Zahlung einer Versichertenrente auf die Höhe der (Witwen-)Rente auswirken könne. Die Klägerin habe daher gewusst, dass sich die Höhe der einen Rente unmittelbar auf die Höhe der anderen auswirke. Die Rücknahme des Bescheides sei gerechtfertigt, weil die entstandene Überzahlung durch die Nachzahlung der Versicherten-rente voll ausgeglichen werden könne. Es sei deshalb weder davon auszugehen, dass es zu einer wirtschaftlichen oder finanziellen Härte komme, noch dass Sozialhilfe überhaupt oder ver-stärkt in Anspruch genommen werden müsse. Durch ein weiteres Schreiben vom 19. April 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach Verrechnung des Erstattungsbetrages von 1.546,23 EUR ein Betrag von 2.994,60 EUR nachgezahlt werde. Die Klägerin machte weiterhin geltend, dass sie sich auf Vertrauensschutz berufen könne. Sie könne auch nicht erkennen, dass Ermessen ausgeübt worden sei. Abgesehen davon sei die Nachzahlung erst im April 2007 zugeflossen, sodass erst dann eine Änderung eingetreten sei, die für die Zukunft berücksichtigt werden könne. Durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bescheid vom 6. Januar 2000 sei rechtswidrig begünstigend gewesen, da in Gestalt der
Versichertenrente der Klägerin Einkommen anzurechnen gewesen sei. Auf Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie dessen Rechtswidrigkeit jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Dieser Bescheid habe den eindeutigen Hinweis erhalten, dass eine eigene Versichertenrente die Höhe der Witwenrente beeinflussen könne. Nachdem durch den Be-scheid vom 1. März 2007 die Versichertenrente rückwirkend erhöht worden sei, habe es sich der Klägerin geradezu aufdrängen müssen, dass die Witwenrente in unzutreffender Höhe geleistet worden sei. Ermessensgesichtspunkte stünden der "Rückforderung" nicht entgegen. Es werde nicht unbillig in die persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin eingegriffen, da sich nach Verrechnung mit dem Nachzahlungsbetrag keine tatsächliche Zahlungspflicht ergebe. Mit ihrer Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, dass eine rückwirkende Änderung des Bescheides über die Bewilligung von Witwenrente wegen Vertrauensschutzes ausgeschlossen sei. Es habe sich ihr nicht aufdrängen müssen, dass der Erstbescheid rechtswidrig gewesen sei. Bei dessen Erlass im Jahr 2000 sei sie bereits 72 Jahre alt gewesen. Jedenfalls in diesem Alter müsse der Bürger darauf vertrauen können, dass die Behörde die Gesetze kenne und richtig anwende. Sie sei auch nie darauf hingewiesen worden, dass sich die Witwenrente rückwirkend ändern könne. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn die Behörde erst nach sieben Jahren die Rechtmäßigkeit eines Bescheides herstelle. Als der Bescheid über die Witwenrente gekommen sei, sei für sie nur interessant gewesen, dass sie auch weiterhin finanziell abgesichert sei. Für die Zukunft werde die Rücknahme nicht beanstandet, da allgemein bekannt sei, dass anderes Einkommen auf die Witwenrente angerechnet werde und Einkommensänderungen insofern auch zu einer Änderung in der Höhe der Witwenrente führen könnten. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass die Klägerin selbst einräume, dass die Einkommensanrechnung auf Witwenrenten allgemein bekannt sei. Ein erhebliches Mitverschulden ihrerseits an der eingetretenen Überzahlung sehe sie nicht. Durch Urteil vom 8. Mai 2008 hat das Sozialgericht entsprechend dem Klageantrag den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2007 insoweit aufgehoben als der Bescheid vom 6. Januar 2000 auch für die Vergangenheit zurückgenommen und eine Überzahlung festgestellt wird. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 6. Januar 2000 mit Wirkung für die Vergangenheit lägen nicht vor. Der Bescheid sei im Zeitpunkt seines Erlasses nicht rechtswidrig gewesen. Die
Änderung des AAÜG, die zur rückwirkenden Neuberechnung der Altersrente der Klägerin geführt habe, mache den Bescheid vom 6. Januar 2000 erst ab dem Zeitpunkt des Erlasses des
Neuberechnungsbescheides rechtswidrig. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte weiter die Auffassung vertreten, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien. Der Bescheid vom 6. Januar 2000 sei im Rechtssinn von Anfang an rechtswidrig gewesen. Es sei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Überprüfung des Bescheides abzustellen. Aber selbst wenn davon ausgegangen werde, dass eine nachträgliche Änderung der entscheidungserheblichen Verhältnisse eingetreten sei, so führe das dazu, dass bereits das erzielte Einkommen ausreiche, um den Bescheid rückwirkend aufheben zu können. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, Vertrauensschutz zu genießen, der eine rückwirkende Änderung des Bescheides vom 6. Januar 2000 ausschließe. Sie habe nie von sich aus ein eige-nes Verfahren geführt, da Schriftstücke, die auch nur den Anschein eines amtlichen Schreibens hätten, sie aufregten. Im Übrigen sei der streitige Betrag bisher nicht ausgezahlt worden, obwohl bereits der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. März 2007 aufschiebende Wirkung gehabt habe. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten betreffend die Klägerin (2 Bände) und den Versicherten (1 Band) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Ein-zelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist jedoch, wie das Sozialgericht insoweit im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, nicht der während des Verfahrens überwiegend erörterte § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. mit Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Da-nach kann sich eine von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigte nicht auf ein die Rücknahme ausschließendes Vertrauen berufen, wenn sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente und die Anrechnung von Einkommen vom 6. Januar 2000 war bereits nicht von Anfang an rechtswidrig. Er setzte die Witwenrente ab 1. Dezember 1999 fest. Die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf die Witwenrente wirkten sich erst ab dem 1. Februar 2000 und damit ab einem Zeitpunkt nach seinem Erlass aus: Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ist der Rentenversicherungsträger ermächtigt, auf Witwenrenten nach Ablauf des sogenannten "Sterbevierteljahres" (§ 67 Nr. 6 i. V. mit § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) Einkommen von Berechtigten, das mit einer Witwenrente "zusammentrifft", auf die monatlichen Zahlungsansprüche anspruchsvernichtend anzurechnen, soweit das Einkommen als anrechenbar in Betracht kommt (s. §§ 18a, 18b Abs. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV] und 97 Abs. 2 SGB VI). Ein Zusammentreffen von Einkommen und Witwenrente liegt im Rechtssinne vor, wenn die Rentenberechtigte für denselben Zahlungszeitraum (bei Renten: für einen bestimmten Kalendermonat, § 118 Abs. 1 SGB VI) gegen den Träger der Rentenversicherung aus einem Rentenstammrecht einen Zahlungsanspruch auf Rente hat und ihr zeitgleich außerdem ein Recht auf Einkommen zusteht (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA 110/00 R, SozR 3-2600 § 97 Nr. 3). Die Altersrente der Klägerin ist anrechenbares Einkommen, § 18 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB IV. Sie war deshalb, jedoch erst ab 1. Februar 2000, in der Höhe anzurechnen, die sich aus dem Bescheid vom 6. Januar 2000 ergab. Ebenso wenig kann der Klägerin vorgehalten werden, dass sie die Rechtswidrigkeit des Be-scheides vom 6. Januar 2006 infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat. Zwar war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 - 1 BvR 1926/96 u. a., BVerfGE 100, 104ff., das dem Bundesgesetzgeber einen Normsetzungsauftrag bis zum 30. Juni 2001 erteilt hatte, den er mit dem 2. AAÜG-Änderungsgesetz umgesetzt hat, im Zeitpunkt des
Erlasses des Bescheides vom 6. Januar 2000 bereits verkündet. Die Klägerin musste in diesem Zeit-punkt jedoch nicht die Auswirkungen kennen, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts konkret auf ihren Anspruch auf Witwenrente haben würde (s. etwa auch BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 42). Das Recht der Beklagten, den Bescheid vom 26. März 2007 zu setzen, ergibt sich jedoch aus § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist (Satz 1). Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse soll er unter anderem aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Nr. 3). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (Satz 3). Eine wesentliche Veränderung in den für die Anrechnungsentscheidung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen war durch die Neufestsetzung der Altersrente der Klägerin eingetreten, die, soweit ersichtlich, auf § 307b Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1939) beruhte, der gemäß Art. 13 Abs. 5 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes für die Klägerin ab 1. Mai 1999 galt (ihr Altersrentenbescheid war am 29. April 1999 bindend). Die Festsetzung der höheren Altersrente bewirkte, dass im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 SGB X bereits ab dem 1. Februar 2000, nicht erst ab dem Zufluss der Rentennachzahlung, höheres Einkommen auf die Witwenrente
anzurechnen war. Ermessen hatte die Beklagte nicht auszuüben. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sieht als Regelfall ("soll") vor, dass der begünstigende Bescheid in den gesetzlich genannten Fällen mit Wir-kung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Nur in atypischen Fällen kann die Beklagte im Wege des Ermessens davon abweichen (ständige Rechtsprechung des BSG, s. zuletzt etwa Urteil vom 13. Juli 2010 - B 13 R 77/09 R). Ob ein solch atypischer Fall vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es müssen Merkmale vorliegen, die signifikant vom typischen Fall abweichen, in dem die Rechtswidrigkeit eines ursprünglich richtigen Verwaltungsakts ebenfalls durch nachträgliche Veränderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Hierbei ist zu prüfen, ob die mit der Aufhebung verbundene Pflicht zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) nach Lage des Falls eine Härte bedeutete, die den Leistungsbezieher in atypischer Weise stärker belastete als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ebenso ist Fehlverhalten des Leistungsträgers einzubeziehen, das als eine atypische Behandlung des Falls im Sinne einer Abweichung von der grund-sätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist. Diese Maßstäbe berücksichtigend, liegt kein atypischer Fall vor. Besonders hart ist die Klägerin von dem hier streitigen Bescheid nicht betroffen. Sie hat keinerlei Erstattungen zu leisten. Die Anrechnung führt lediglich dazu, dass sich die Nachzahlung der Altersrente mindert. Der Beklagten kann auch kein Fehler bei der Sachbearbeitung vorgehalten werden. Die Verzögerungen bei der Neuberechnung der Altersrente, die aus dem gleichen Grund wie bei der Klägerin bei einer sehr großen Anzahl Rentenbezieher vorzunehmen war, werden kraft Gesetzes dadurch ausgeglichen, dass die Nachzahlbeträge der Altersrente zu verzinsen sind. Der angefochtene Bescheid kann auch auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X anstelle des § 45 SGB X gestützt werden, ohne dass die Voraussetzungen für eine Umdeutung (§ 43 SGB X) erfüllt sein müssen. Denn der Verfügungssatz des Bescheides ändert sich nicht, ausgetauscht wird lediglich die Rechtsgrundlage (s. dazu etwa BSG SozR 3-1300 § 24 Nr. 1). Es bedurfte ferner keinen erneuten Anhörung (§ 24 SGB X). Der Sachverhalt, der für eine Entscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X einschließlich der Prüfung eines atypischen Falls maßgeblich ist, gleicht im wesentlich dem, der eine Entscheidung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X begründen kann. Schließlich hat die Beklagte auch die Jahresfrist gewahrt, binnen derer der Bescheid zu ergeben hatte (§ 48 Abs. 4 Satz 1 i. V. mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Senat berücksichtigt dabei, dass der Rechtsstreit möglicherweise nicht oder nicht über zwei Instanzenzüge hinweg geführt worden wäre, wenn der angefochtene Bescheid von vornherein auf die zutreffende Rechtsgrundlage gestützt worden wäre. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved