L 18 AS 826/11 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 94 AS 9292/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 826/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wird, die Übernahme der Kosten für die in dem angefochtenen Beschluss bezeichnete Wohnung in der dort bezeichneten Höhe zuzusichern. Der Antragsgegner trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren.

Gründe:

Über die Beschwerde hat der Vorsitzende und Berichterstatter in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet, wobei klarzustellen war, dass die gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ergangene einstweilige Anordnung des Sozialgerichts (SG) den Antragsgegner nicht zu einer "vorläufigen" Zusicherung iSv § 22 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) verpflichtet, sondern unter – hier ausnahmsweise zulässiger - Vorwegnahme der Hauptsache zu einer letztlich vom Gesetz auch nur vorgesehenen endgültigen Zusicherung. Das SG hat hierauf unter II. 2. seines Beschlusses auch zutreffend hingewiesen.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf die Zusicherung in der vom SG ausgeworfenen Höhe. Insoweit wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss (II. 1.) Bezug genommen und von einer Begründung insoweit abgesehen. Ergänzend verweist das Gericht darauf, dass in Anbetracht der belegten Risikoschwangerschaft der Antragstellerin ein Umzugstermin in geraumem Abstand vor der (erst) im August 2011 erwarteten Geburt gerade angezeigt sein dürfte. Im Übrigen ist ein Umzug nicht erst dann "erforderlich" iSv § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II, wenn er zwingend notwendig ist, sondern bereits dann, wenn – wie hier - objektiv Gründe von Gewicht für ihn sprechen. Der Schichtdienst des Lebensgefährten, der selbst keine Leistungen nach dem SGB II bezieht, stellt gerade vor dem Hintergrund des wünschenswerten Abschlusses der Berufsausbildung als Voraussetzung einer späteren Erwerbstätigkeit einen nachvollziehbaren Grund für die Anmietung einer 3-Zimmer-Wohnung dar. Selbst wenn der erwartete Säugling im Schlafzimmer der Eltern bzw eines Elternteils schlafen kann und auch sollte, dürfte sich spätestens nach Ausbildung eines Tag-Nacht-Rhythmus des Kindes zwingend die Notwendigkeit einer ungestörten Schlafmöglichkeit des Lebensgefährten auch am Tage ergeben. Derartige Voraussetzungen sind bei der gegenwärtig von der Antragstellerin bewohnten Unterkunft auch in Anbetracht des ungünstigen Schnitts der Wohnung nicht gegeben.

Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben. Ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist der Antragstellerin nicht zuzumuten, da die Wohnung nur noch für kurze Zeit von der Vermieterin vorgehalten wird. Dies wurde in einem Telefonat vom heutigen Tag dem Berichterstatter gegenüber bestätigt. Die Antragstellerin könnte zwar die Wohnung auch ohne vorherige Zusicherung anmieten und dann die Kosten der Unterkunft (KdU), so diese nicht in vollem Umfang vom Antragsgegner übernommen werden, ggf im Wege einstweiligen Rechtsschutzes auch gerichtlich geltend machen. Auch hier wäre dann aber zwingend zu prüfen (vgl § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II), ob der Umzug erforderlich war, da ansonsten nur die bisherigen KdU-Leistungen weiter zu gewähren sind. Die Antragstellerin hat zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes daher ein schützenswertes Interesse, die Erforderlichkeit im vorgenannten Sinne bereits im Zusicherungsverfahren zu klären. Eine Verweisung auf den möglicherweise noch entspannten Wohnungsmarkt in B kommt ebenfalls nicht in Betracht, da andernfalls die Erteilung einer Zusicherung zu den künftigen KdU im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von vornherein ausgeschlossen wäre, ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren aber regelmäßig zu "spät" ist, da der (künftige) Vermieter die Wohnung regelmäßig nicht so lange vorhält. Jedenfalls im vorliegenden Fall wäre bei einem Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Wohnung für die Antragstellerin nicht mehr verfügbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 199 Abs. 2 SGG hat sich mit der Entscheidung über die Beschwerde erledigt.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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